Szenario-Planung & Simulation - Haufe.de
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2011 Jan./Feb. I Ausgabe 1 I www.controllermagazin.<strong>de</strong> Zugleich Mitglie<strong>de</strong>rzeitschrift <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins<br />
B 12688 I 36. Jg I EUR 23,30 I ISSN 1616-0495<br />
Themen im Focus<br />
CONTROLLER®<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> & <strong>Simulation</strong><br />
Projektcontrolling<br />
Arbeitsergebnisse aus <strong>de</strong>r Controller-Praxis<br />
Basel III<br />
Nachhaltiges Controlling<br />
Verwaltungshan<strong>de</strong>ln messen<br />
Working Capital Management
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<strong>de</strong>n Blickpunkt. Versprochen.<br />
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www.haufe.<strong>de</strong>/controlling-office
Editorial<br />
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,<br />
wir schreiben das Jahr 2011, sind um eine Krise und weitere Erfahrungen<br />
reicher. Unter guten wirtschaftlichen Vorzeichen dürfen wir die sportliche<br />
Herausfor<strong>de</strong>rung annehmen, unsere budgetierten Ziele zu erreichen o<strong>de</strong>r<br />
sogar zu übertreffen.<br />
Gute Vorsätze<br />
Wie sieht es bei Ihnen mit <strong>de</strong>n „Guten Vorsätzen zu Neujahr” aus. Haben<br />
Sie sich hier privat o<strong>de</strong>r beruflich etwas vorgenommen?<br />
Statistisch, so habe ich gelesen, liegt hier die Misserfolgswahrscheinlichkeit<br />
lei<strong>de</strong>r bei hohen 80 % bis 90 %. Warum? Weil Neujahr ein zufälliger<br />
Tag ist, die Vorsätze selten konkret, gar schriftlich festgehalten wer<strong>de</strong>n.<br />
Erfolgsverbesserer heißen:<br />
1. Ziele konkret (beobachtbar / messbar) zu formulieren und<br />
2. Positiv (gewünschten Zielzustand beschreiben, nicht nur das, was<br />
jetzt als störend und negativ empfun<strong>de</strong>n wird), sowie<br />
3. Schriftlich (d.h. nachvollziehbar, zu En<strong>de</strong> gedacht) und<br />
4. Sozial verbindlich (Partner und Freun<strong>de</strong> ggf. einbeziehen als Unterstützer).<br />
Es geht also um Verän<strong>de</strong>rung, und die fällt uns Menschen naturgemäß<br />
schwer; wir bleiben lieber beim Gewohnten, beim Vertrauten. Um aus solchen<br />
Routinen auszubrechen, ist meist ein heftiger Anlass notwendig.<br />
Auslöser für Verän<strong>de</strong>rung<br />
Hillary Clinton hatte bereits 2009, zugegeben etwas scharf, formuliert:<br />
„Never waste a good crisis”. Vielleicht sind manche Verän<strong>de</strong>rungen,<br />
auch im Kopf, von <strong>de</strong>r Krise begünstigt, vielleicht erst ermöglicht wor<strong>de</strong>n.<br />
Über gefestigte Tabus und „heilige Kühe” durfte man auf einmal nach<strong>de</strong>nken,<br />
re<strong>de</strong>n, sie in Frage stellen. Das Sammeln von Für- und Wi<strong>de</strong>r-<br />
Argumenten, die intensive Auseinan<strong>de</strong>rsetzung machte auch in unserer<br />
Firma überraschen<strong>de</strong>rweise Kritiker von neuen Vorhaben zu <strong>de</strong>ren Befürwortern.<br />
Und aus <strong>de</strong>m Pro und Kontra ergab sich nicht eine <strong>de</strong>mokratische<br />
Abstimmung, son<strong>de</strong>rn eine ganz neue Lösung.<br />
Im Alltag lernen<br />
CM Januar / Februar 2008 2011<br />
Eigentlich müsste es doch auch ohne solche Einschnitte gehen. Ein Controller<br />
brachte in unserem Stufe 3-Seminar einmal ein schönes Beispiel.<br />
Je<strong>de</strong>n Freitagmorgen im Büro wür<strong>de</strong> er die erste halbe Stun<strong>de</strong> ohne Störungen<br />
reservieren, um zu reflektieren, was die Woche so passiert war.<br />
Für ihn war es ein Bilanzieren, ein Sammeln <strong>de</strong>r „Lessons learned” aus<br />
<strong>de</strong>r täglichen Arbeit. Aus diesem Fundus entstün<strong>de</strong>n seine Verän<strong>de</strong>rungsvorhaben,<br />
dieser Schatz sei Quelle <strong>de</strong>r Verbesserung und <strong>de</strong>s Lernens.<br />
Erfahrungen machen wir zuhauf. In Projekten, bei Präsentationen, in Sitzungen<br />
– gute und manchmal auch weniger erfreuliche. Arm ist dann nur,<br />
wer daraus keine Schlüsse zieht, nichts lernt. Deshalb gehören Erfahrungen<br />
immer wie<strong>de</strong>r auch schriftlich festgehalten (für die nächste<br />
Durchführung, für die Kolleginnen und Kollegen), nach <strong>de</strong>r abgeschlossenen<br />
<strong>Planung</strong>, nach einem been<strong>de</strong>ten Projekt genauso wie nach einem<br />
abgebrochenen Projekt. Und vielleicht auch je<strong>de</strong>n Freitagmorgen.<br />
Lebenslanges Lernen und Persönlichkeitsentwicklung sind unsere<br />
ständigen Begleiter. Sie machen uns im Beruf wertvoller, als erfahrene,<br />
ausgeglichene, leistungsfähige und belastbare Mitarbeiter. Spannung<br />
und Entspannung, die man selber aktiv ausbalanciert und gestaltet. Wenn<br />
es Ihnen als Person gut geht, können Sie sich positiv einbringen im Unternehmen.<br />
Soweit einige Neujahrsgedanken, wenn auch noch im alten Jahr aufgeschrieben,<br />
an einem kalten sonnigen Vormittag in Stockdorf.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, beruflich wie privat im Jahr 2011.<br />
Dr. Klaus Eiselmayer<br />
Herausgeber<br />
Dr. Klaus Eiselmayer<br />
Chefredakteur Controller Magazin,<br />
Verlag für ControllingWissen AG<br />
Trainer und Partner <strong>de</strong>r Controller<br />
Aka<strong>de</strong>mie AG<br />
k.eiselmayer@controlleraka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
1
2<br />
Januar / Februar 2011<br />
Titelthema<br />
Aktuell<br />
Projektcontrolling<br />
Seite 68, 80<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Impressum<br />
ISSN 1616-0495 36. Jahrgang<br />
Herausgeber<br />
Dipl.-Ing. Dr. Klaus Eiselmayer, Vorstandsmitglied <strong>de</strong>s Verlags<br />
für ControllingWissen AG, Trainer und Aufsichtsratsmitglied<br />
<strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie AG, Gauting/München<br />
Die Zeitschrift ist Organ <strong>de</strong>s Internationalen Controller Verein<br />
eV, München; und berichtet auch aus <strong>de</strong>ssen Veranstaltungen.<br />
www.controllerverein.com<br />
Redaktion<br />
Dr. Klaus Eiselmayer, k.eiselmayer@controlleraka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
Susanne Eiselmayer, susanne.eiselmayer@vcw.<strong>de</strong><br />
Mag. Gundula Wagenbrenner,<br />
gundula.wagenbrenner@vcw.<strong>de</strong><br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
Seite 74<br />
Risiko-<strong>Simulation</strong><br />
Seite 85<br />
Fachbücher im Fokus<br />
Seite 93<br />
Inhalt<br />
Abonnenten-Service<br />
Silvia Fröhlich, silvia.froehlich@vcw.<strong>de</strong><br />
Magazingestaltung<br />
Susanne Eiselmayer, susanne.eiselmayer@vcw.<strong>de</strong><br />
Abonnenten-Service, Redaktion und Magazingestaltung<br />
VCW AG, Münchner Strasse 10, 82237 Wörthsee-Etterschlag,<br />
Tel 01805 91 31 24*, Fax 01805 91 31 74*<br />
*0,14€/Min. aus <strong>de</strong>m dt. Festnetz, max. 0,42 €/Min. mobil.<br />
Ein Service von dtms.<br />
Verlagssitz<br />
VCW Verlag für ControllingWissen AG, Hin<strong>de</strong>nburgstraße 64,<br />
79102 Freiburg i. Br., <strong>Haufe</strong> Mediengruppe<br />
Literaturforum<br />
Dipl.-Betriebswirt Alfred Biel, Fachjournalist (DFJS),<br />
Beethovenstrasse 275, 42655 Solingen, alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
Editorial 1<br />
Stefan Hilbert<br />
Nachhaltiges Controlling for<strong>de</strong>rn und för<strong>de</strong>rn –<br />
Ethische Grundwerte als Basis 4<br />
Thomas Hermann<br />
Basel III und die Folgen –<br />
Die Risiken opportunistischen Verhaltens erkennen 9<br />
Hermann Hebben<br />
BI-Analysen mit interaktiven Karten 12<br />
Alfred Biel<br />
Interview mit Prof. Dr. Andreas Hoffjan 16<br />
Peter Hoberg<br />
BWL endlich nützlich: Vorteilhaftigkeit von Schönheitsoperationen 20<br />
Ralf Kesten<br />
Standortstilllegungsentscheidungen mit<br />
<strong>de</strong>m Economic Value Ad<strong>de</strong>d? - Teil 1 - 26<br />
Jürgen Weber<br />
Controlling & Marketing 31<br />
Stefan Tönnissen<br />
Existenzgründung eines Unternehmens über <strong>de</strong>n<br />
nebenberuflichen Einstieg 32<br />
Christine Pascher<br />
Bei Papa in <strong>de</strong>r Arbeit! 35<br />
Christine Mitter | Horst Wolfsgruber<br />
Einführung von ERP-Systemen 36<br />
Hendrik Vater<br />
Working Capital Management mit gewichteten<br />
Best Possible DSO-Zielen 42<br />
Dietmar Pascher´s Controllerrätsel 47<br />
Inserentenverzeichnis Anzeigen: CP Corporate Planning AG, 3 | Denzhorn, 7 | <strong>Haufe</strong>-Lexware, 15 | Schäffer-Poeschel, 25 | SAP Deutschland, 29 | <strong>Haufe</strong>-Lexware, U2 |<br />
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Anzeigenverkauf<br />
Kathrin Sauer, Tel 0931 27 91 -541, Fax -477,<br />
kathrin.sauer@haufe-lexware.com<br />
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Christine Wolz, Tel 0931 27 91 -472, Fax -477,<br />
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Bernd Junker, Tel 0931 27 91 -556, Fax -477,<br />
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<strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG, Im Kreuz 9,<br />
97076 Würzburg<br />
Konzept und Design | Titelgestaltung<br />
<strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign Werbeagentur GmbH, Münchener Strasse 45,<br />
82131 Gauting, www.<strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign.<strong>de</strong>
Internationaler Controller Verein<br />
Mark Ebbeken | Tim Kucharczyk<br />
Möglichkeiten und Grenzen eines Working Capital<br />
Management in <strong>de</strong>r Praxis 48<br />
Marc-S. Garbe | Andreas W. Schnei<strong>de</strong>r<br />
Lässt sich Verwaltungshan<strong>de</strong>ln an messbaren<br />
Leistungen und Wirkungen ausrichten? 53<br />
Christian Fischbach | Andre Wie<strong>de</strong>nhofer<br />
Zielgerichtete Kommunikation im Turnaround 60<br />
Frank-J. Witt | Kerin Witt<br />
Controller´s Risikomanagement <strong>de</strong>r Controllingdaten - Teil 1 - 63<br />
Olaf Hoffmann<br />
Projektcontrolling – ein Erfolgsfaktor? 68<br />
Matthias Schmitt<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>: Mit Best Case und Worst Case<br />
sicher durch die Krise 74<br />
Michael Dembowski<br />
Projektcontrolling in Innovationsprojekten 80<br />
Christian Tallau<br />
Limitationen <strong>de</strong>r Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong> beim<br />
Management leistungswirtschaftlicher Risiken 85<br />
Nepomuk Feser | Axel May<br />
Risikoadjustierte Vergütung 89<br />
Herstellung <strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign Werbeagentur GmbH, 82131 Gauting<br />
Druck Bosch-Druck GmbH, 84030 Ergolding, Tel 0871 76 05 - 0<br />
Erscheinungsweise<br />
6 Ausgaben pro Jahr: Jan., März, Mai, Juli, Sept., Nov.<br />
Bezugsgebühr pro Jahr im Abonnement € 139,80 plus € 9,90 Versand;<br />
im europäischen Ausland € 17,40;<br />
Einzelheft € 23,30 plus Versand; die Preise enthalten die USt.<br />
Sollte CM ohne Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verlags nicht ausgeliefert wer<strong>de</strong>n,<br />
besteht kein Ersatzanspruch gegen <strong>de</strong>n Verlag.<br />
Durch die Annahme eines Manuskriptes o<strong>de</strong>r Fotos erwirbt <strong>de</strong>r Ver lag<br />
das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung.<br />
Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Zustimmung <strong>de</strong>r Redaktion.<br />
Bildnachweis Titel<br />
GettyImages<br />
Why to run for<br />
ControllerPreis<br />
Seite 103<br />
Controlling kann<br />
so einfach sein!<br />
„Corporate Planner macht<br />
unsere Unternehmensplanung<br />
erheblich schneller und<br />
viel flexibler.“<br />
Bernd Winkhaus, BILSTEIN GmbH & Co. KG<br />
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4<br />
Nachhaltiges Controlling<br />
Nachhaltiges Controlling for<strong>de</strong>rn und för<strong>de</strong>rn –<br />
Ethische Grundwerte als Basis<br />
von Stefan Hilbert<br />
Nicht erst seit <strong>de</strong>r Finanzkrise wird <strong>de</strong>r Ruf nach<br />
mehr Nachhaltigkeit in <strong>de</strong>r Ökonomie lauter.<br />
Nachhaltigkeit wird in <strong>de</strong>n Wirtschaftswissenschaften<br />
meist mit <strong>de</strong>m Thema Umwelt / Umweltökonomie<br />
in Verbindung gebracht. Der<br />
grundsätzliche Ansatz, Regenerationsraten zu<br />
berücksichtigen, um möglichst ein intertemporales<br />
Gleichgewicht bei <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r Ressourcen<br />
zu erzielen, ist ein wichtiges und erstrebenswertes<br />
Ziel.<br />
Substitutionsraten und die Lebensgrundlagen<br />
heutiger und insbeson<strong>de</strong>re späterer Generationen<br />
gelangen dadurch in die Zielsysteme von<br />
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft; kurz- und<br />
langfristige Ertragsmöglichkeiten wer<strong>de</strong>n aufeinan<strong>de</strong>r<br />
abgestimmt. In <strong>de</strong>r Vergangenheit hat<br />
sich hierzu <strong>de</strong>r Ansatz <strong>de</strong>r Corporate Social<br />
Responsibility (CSR) entwickelt, welcher auf<br />
<strong>de</strong>n drei Säulen Ökonomie, Ökologie und<br />
Gesellschaft / Soziales aufbaut. CSR-Initia-<br />
tiven setzen Eigeninitiative und Eigenverantwortung<br />
voraus, um als Unternehmen einen Beitrag<br />
für eine zukunftsfähige Gesellschaft zu leisten.<br />
Die Nachhaltigkeit im Führungshan<strong>de</strong>ln zu verankern<br />
wird dabei zur Herausfor<strong>de</strong>rung auch<br />
für das Controlling. Die Ansätze <strong>de</strong>s Internationalen<br />
Controllervereins – und hier insbeson<strong>de</strong>re<br />
die Veröffentlichung <strong>de</strong>r 10 Kernelemente<br />
nachhaltigen Controllings – sind sehr zu begrüßen.<br />
Zum besseren Verständnis seien diese<br />
hier nochmals kurz aufgelistet:<br />
1. Dauerhafte Wertsteigerung<br />
2. Über die Kosten hinaus<br />
3. Nicht mit Symptomen begnügen<br />
4. Innovation und Wettbewerbsvorteile<br />
5. Das Tun im Vor<strong>de</strong>rgrund<br />
6. Verantwortung übernehmen<br />
7. Business Partner statt Zahlenknecht<br />
8. Die Menschen hinter <strong>de</strong>n Zahlen sehen<br />
9. Werte <strong>de</strong>s Unternehmens vertreten<br />
10. Integer sein<br />
Hervorzuheben ist <strong>de</strong>r Aspekt, dass sich ein<br />
wirksames Controlling nicht nur auf Ziele und<br />
Kennzahlen erstrecken darf, son<strong>de</strong>rn auch die<br />
davor gelagerten Prozesse und Maßnahmen<br />
einbeziehen sollte. Werte, Wollen und Tun sind<br />
Wesenselemente, mit <strong>de</strong>nen sich das Controlling<br />
auch auseinan<strong>de</strong>rsetzen muss.<br />
Wenn Controller qualifiziert etwa bei <strong>de</strong>r Leitbil<strong>de</strong>ntwicklung<br />
eines Unternehmens mitgestalten<br />
o<strong>de</strong>r Wirksamkeit und Auswirkungen<br />
<strong>de</strong>s Instrumenteneinsatzes bewerten wollen, ist<br />
ein Grundverständnis von Werten unerlässlich.<br />
Nicht nur Instrumente und Metho<strong>de</strong>n (reine<br />
Technik), son<strong>de</strong>rn auch Ethik und Moral (Konsequenzen<br />
<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns aus normativer Sicht)<br />
sind einzubeziehen. Dies sollte auch eine Erkenntnis<br />
aus <strong>de</strong>r Finanzkrise sein.
Exemplarisch sei dies an einem <strong>de</strong>r 10 Punkte<br />
kurz erläutert: Integer sein be<strong>de</strong>utet eben auch,<br />
das eigene Verhalten und Han<strong>de</strong>ln an ethischen<br />
Prinzipien und moralischen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
auszurichten. Ein gefestigtes Wertesystem im<br />
Unternehmen ist <strong>de</strong>r Bedingungsrahmen für die<br />
Controlling-Philosophie. Aber: Sowohl Institutionen<br />
als auch Unternehmen können we<strong>de</strong>r<br />
Werte verfolgen noch gegen sie verstoßen, da<br />
ihnen hierfür die Eigenschaften Freiheit und<br />
Vernunft fehlen. Ausschließlich Menschen, die<br />
hinter <strong>de</strong>n Institutionen und Unternehmen stehen,<br />
können sich frei entschei<strong>de</strong>n und somit integer<br />
sein. Insofern muss sich <strong>de</strong>r Mensch<br />
(Manager, Controller) mit seinem eigenen Wertesystem<br />
auseinan<strong>de</strong>r setzen.<br />
Moral und Ethik<br />
„Die Ethik erörtert alle mit <strong>de</strong>m Moralischen zusammenhängen<strong>de</strong>n<br />
Probleme auf einer allgemeineren,<br />
grundsätzlicheren und insofern abstrakteren<br />
Ebene, in<strong>de</strong>m sie rein formal die Bedingungen<br />
rekonstruiert, die erfüllt sein müssen,<br />
damit eine Handlung, ganz gleich welchen<br />
Inhalt sie im einzelnen haben mag, zu Recht als<br />
eine moralische Handlung bezeichnet wer<strong>de</strong>n<br />
kann.“ (Pieper, Annemarie: Einführung in die<br />
Ethik, 6. Auflage, UTB 2007, S. 23)<br />
Untrennbar miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n sind <strong>de</strong>mnach<br />
die Begriffe Moral und Ethik. Dabei bestimmt<br />
die Moral das Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>s Menschen,<br />
die Ethik wie<strong>de</strong>rum bil<strong>de</strong>t die Klammer, in<strong>de</strong>m<br />
sie aus <strong>de</strong>r philosophischen Sicht die Moral und<br />
das richtige Han<strong>de</strong>ln ins Zentrum rückt.<br />
Bevor ein Instrument zum Einsatz kommt, muss<br />
es also auf seine Zweckdienlichkeit in Bezug<br />
auf das Ziel- und Wertesystem <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
überprüft wer<strong>de</strong>n. Ein kurzes Beispiel soll<br />
dies ver<strong>de</strong>utlichen: Bereits bei <strong>de</strong>r wertorientierten<br />
Führung wur<strong>de</strong> das Dilemma zwischen<br />
kurzfristiger Wertsteigerung und langfristiger<br />
Wertvernichtung offenbar. Der Kern <strong>de</strong>s Economic-Value-Ad<strong>de</strong>d-Ansatzes<br />
(EVA) etwa<br />
liegt darin, dass ein Investment bzw. das Gesamtunternehmen<br />
eine Rendite erzielt, die größer<br />
ist als die damit verbun<strong>de</strong>nen Kapitalkosten.<br />
Wenn diese Differenz (Spread) positiv ist,<br />
wur<strong>de</strong> Wert geschaffen, <strong>de</strong>r Kapitaleinsatz erfolgte<br />
wertsteigernd.<br />
EVA = (ROCE – WACC) x K<br />
ROCE: Return on Capital Employed (= EBIT / K)<br />
WACC: durchschnittliche, gewichtete Kapitalkosten<br />
K: eingesetztes, verzinsliches Kapital<br />
In dieser verkürzten Darstellung wird aber<br />
schnell ersichtlich, dass EVA gesteigert wer<strong>de</strong>n<br />
kann, wenn<br />
� Spread > 0 o<strong>de</strong>r<br />
� K sinkt.<br />
Entsprechend kann die eigentliche Absicht <strong>de</strong>s<br />
wertorientierten Managements, <strong>de</strong>n Unternehmenswert<br />
über einen Anstieg <strong>de</strong>r Rendite zu<br />
erzielen, kurzfristig dadurch erreicht wer<strong>de</strong>n,<br />
dass <strong>de</strong>r Kapitaleinsatz gesenkt wird.<br />
Denn <strong>de</strong>r Renditeeffekt (über <strong>de</strong>n ROCE) überkompensiert<br />
<strong>de</strong>n vermin<strong>de</strong>rten, absoluten Kapitaleinsatz.<br />
Diesem kurzfristigen Anstieg <strong>de</strong>s<br />
Unternehmenswertes wird aber mittel- bis<br />
langfristig ein Rückgang <strong>de</strong>sselben entgegenstehen,<br />
da ein reduzierter Kapitaleinsatz langfristig<br />
zu einem Innovations- und Umsatzeinbruch<br />
führen wird. Weniger Investitionen heute<br />
erhöhen kurzfristig <strong>de</strong>n Sharehol<strong>de</strong>r Value,<br />
führen aber auch dazu, dass künftige Wachstumspotenziale<br />
(und damit Gewinnmöglichkeiten)<br />
nicht entstehen können. Als nachhaltig<br />
kann ein solcher Instrumenteneinsatz nicht bezeichnet<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Nachhaltigkeit bezieht sich somit nicht nur<br />
auf das Unternehmen, son<strong>de</strong>rn bspw. über<br />
die sozialen Sicherungssysteme auch auf<br />
die Gesamtgesellschaft. Dies be<strong>de</strong>utet, dass<br />
Werte und ethisches Grundverständnis eben<br />
ein Thema aller Gruppierungen einer Gesellschaft<br />
sind. Nun könnte man natürlich <strong>de</strong>m Trugschluss<br />
verfallen, dass ethisch-moralisches<br />
Han<strong>de</strong>ln ausschließlich durch die Gesellschaft,<br />
das Wirtschaftssystem o<strong>de</strong>r das Unternehmen<br />
<strong>de</strong>terminiert wird. Dann wie<strong>de</strong>rum wäre es<br />
leicht, für die Konsequenzen <strong>de</strong>s eigenen Han<strong>de</strong>lns<br />
nicht einstehen zu müssen. Der Hinweis<br />
darauf, dass eine Entscheidung das Ergebnis<br />
vorherrschen<strong>de</strong>r Sitten, Gebräuche o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Unternehmenskultur ist, wür<strong>de</strong> je<strong>de</strong> Handlung<br />
exkulpieren. Aber hier greift diese als naiv zu<br />
bezeichnen<strong>de</strong> Ethik zu kurz: Der Mensch ist in<br />
seinen Entscheidungen und somit Handlungen<br />
nämlich frei. Dies gilt für <strong>de</strong>n Controller ebenso!<br />
Entsprechend muss eine Handlung o<strong>de</strong>r ein<br />
Instrumenteneinsatz hinterfragt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Frage nach <strong>de</strong>r Moral, welche im Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
aufkommt, sollte auch als Chance<br />
betrachtet wer<strong>de</strong>n, sich in einer arbeitsteiligen<br />
und globalisierten Gesellschaft über die Grundwerte<br />
o<strong>de</strong>r die unterschiedlichen Ziele von Systemen<br />
Gedanken zu machen. Den Ausgangspunkt<br />
bil<strong>de</strong>t die Strukturierung <strong>de</strong>r Grundwerte.<br />
Sie bil<strong>de</strong>n zu<strong>de</strong>m die Basis für die Beurteilung<br />
<strong>de</strong>r Nachhaltigkeit.<br />
Grundwerte als Ausgangspunkt<br />
Unser freiheitlich, <strong>de</strong>mokratisch geprägter<br />
Kulturkreis fußt auf drei Wertgruppen (vgl. Abbildung<br />
1), welche untereinan<strong>de</strong>r in hierarchischer<br />
Beziehung stehen und das Wertesystem<br />
dominieren. Die ethischen Grundwerte sind<br />
dabei als Fundament für die übrigen Werte zu<br />
Abb. 1: Abendländisches Wertesystem; in Anlehnung an Pieper (Einführung, 2007), S. 249<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
5
6<br />
Nachhaltiges Controlling<br />
verstehen. Unsere abendländische und damit<br />
christlich geprägte Gesellschaft wird ohne Respekt<br />
in Bezug auf die Menschenwür<strong>de</strong> im<br />
wahrsten Wortsinne sinnlos sein. Nachhaltigkeit<br />
in Unternehmensführung und Controlling<br />
muss eben auch diese Aspekte berücksichtigen.<br />
Leitbild- und Strategieentwicklung etwa<br />
machen nur Sinn, wenn auch diese Metaebene<br />
in <strong>de</strong>n Gesamtprozess <strong>de</strong>s strategischen Controllings<br />
einbezogen wird.<br />
Gibt es eine allgemeingültige<br />
Moral, welche das Tun im<br />
Controlling bestimmt?<br />
Ausgehend von diesen Vorüberlegungen sollen<br />
im Folgen<strong>de</strong>n die wesentlichen normativethischen<br />
Grundpositionen kurz dargestellt<br />
wer<strong>de</strong>n. Controlling muss nämlich mehr sein<br />
als bloßes Entwickeln und Anwen<strong>de</strong>n von In-<br />
Autor<br />
s trumenten. Controlling als integrierter und<br />
nachhaltiger Ansatz mit Blick auf Markt,<br />
Ökologie und Gesellschaft muss ethischmoralische<br />
Aspekte einbeziehen. Ein Navigator,<br />
und als solcher wird <strong>de</strong>r Controller verstan<strong>de</strong>n,<br />
muss sein Gebiet kennen. Mit allen<br />
Unwägbarkeiten und Untiefen, eben mit <strong>de</strong>n<br />
Chancen und Risiken, welche sich aus <strong>de</strong>m<br />
Umfeld ergeben. Nur so kann in Abstimmung<br />
mit <strong>de</strong>n Stärken und Schwächen <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
ein Erfolgsbeitrag geleistet wer<strong>de</strong>n.<br />
„Nachhaltiges Controlling erweitert damit traditionelles<br />
Controlling und integriert marktbezogene,<br />
ökologische und gesellschaftliche Aspekte<br />
in die ökonomischen Zielgrößen zum dauerhaften<br />
Unternehmenserfolg.“ (Biel, Alfred:<br />
Controller-Anfor<strong>de</strong>rungen, Selbstverständnis<br />
und Chancen, Internationaler Controller Verein<br />
e. V. (Hrsg.), Gauting 2008, S. 10)<br />
Controller müssen als Berater und Sparringspartner<br />
<strong>de</strong>s Managements über eine Vielzahl an<br />
Fähigkeiten verfügen. Das Wissen über die In-<br />
s trumente und Managementtechniken sind ein<br />
Bereich, welcher zum Anfor<strong>de</strong>rungsprofil zählt.<br />
Wollen Controller aber nicht nur die reine<br />
Fachebene ab<strong>de</strong>cken und somit alleine <strong>de</strong>r Beherrschung<br />
<strong>de</strong>r Technik anheimfallen, sind<br />
weitere, persönlichkeitsbezogene Fähigkeiten<br />
erfor<strong>de</strong>rlich (Business Partner statt Zahlenknecht;<br />
vgl. 10 Kernelemente). Auch dies entschei<strong>de</strong>t<br />
über Erfolg und Misserfolg <strong>de</strong>r Controlling-Philosophie.<br />
Kenntnisse über ethische<br />
Grundpositionen erweisen sich hierbei als unerlässlich,<br />
will das Controlling einer umfassen<strong>de</strong>n<br />
und integrierten Navigatorenrolle gerecht<br />
wer<strong>de</strong>n (Die Menschen hinter <strong>de</strong>n Zahlen<br />
sehen; vgl. 10 Kernelemente).<br />
Hierzu sollen kurz ethische Grundpositionen<br />
(Tugen<strong>de</strong>thik, Pflichtethik, Utilitaristische Ethik<br />
Prof. Stefan Hilbert<br />
lehrt an <strong>de</strong>r Fakultät für Wirtschaft an <strong>de</strong>r Dualen Hochschule<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg Mannheim. Seine Schwerpunkte fin<strong>de</strong>t<br />
man in <strong>de</strong>r Unternehmensführung, Controlling, Rechnungslegung<br />
und Volkswirtschaftslehre.<br />
E-Mail: hilbert@dhbw-mannheim.<strong>de</strong><br />
Tel.: 0621 – 4105 2527<br />
sowie Konsensethik) in ihren Wesenszügen<br />
dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Tugen<strong>de</strong>thik<br />
Dieser Ansatz geht auf Aristoteles zurück. Er<br />
stellt ein gutes, gelingen<strong>de</strong>s Leben ins Zentrum<br />
<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns. Das höchste Gut, die Glückseligkeit,<br />
gilt es zu erreichen. Glückseligkeit muss<br />
sich aber auch einer Wertprüfung unterziehen.<br />
Denn in einer niedrigen Form dient das Glück<br />
lediglich einem (körperlichen) Lustempfin<strong>de</strong>n<br />
(hedonistischer Glücksbegriff). Kurzfristiges<br />
Gewinn- o<strong>de</strong>r Wertwachstum wür<strong>de</strong>n zwar ein<br />
Glücks- o<strong>de</strong>r Lustempfin<strong>de</strong>n auslösen, langfristig<br />
o<strong>de</strong>r nachhaltig aber nicht unbedingt zur<br />
Glückseligkeit führen (Dauerhafte Wertsteigerung;<br />
vgl. 10 Kernelemente). Ein nachhaltiges<br />
Gewinn- o<strong>de</strong>r Wertwachstum führt hinge-<br />
gen zu einem höheren Wert <strong>de</strong>s Glücks (eudämonistischer<br />
Glücksbegriff).<br />
Um das gute und gelingen<strong>de</strong> Leben zu erreichen,<br />
gibt Aristoteles intellektuelle und moralische<br />
Tugen<strong>de</strong>n (z. B. Gerechtigkeit, Freigiebigkeit,<br />
Mäßigung, Weisheit) vor, die als Leitlinien<br />
dienen. Leitlinien o<strong>de</strong>r Tugen<strong>de</strong>n kennen<br />
wir auch heute noch. Für <strong>de</strong>n Controller for<strong>de</strong>rt<br />
etwa <strong>de</strong>r Internationale Controller Verein Integrität<br />
(vgl. 10 Kernelemente). Leitlinien, und damit<br />
Tugen<strong>de</strong>n, unterliegen aber selbst einem<br />
Wan<strong>de</strong>l. In unserem Informationszeitalter sei<br />
auf die sich verschieben<strong>de</strong>n Grenzen etwa im<br />
Informationsmanagement (z. B. Daten sozialer<br />
Netzwerke) o<strong>de</strong>r durch Innovationen in <strong>de</strong>r Medizintechnik<br />
(z. B. Gentechnik) verwiesen. Controller<br />
müssen hier auch unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt<br />
<strong>de</strong>r Nachhaltigkeit <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l begleiten<br />
und gestalten, dürfen dabei aber nicht einem<br />
kurzfristigen Trend aufsitzen.<br />
Pflichtethik<br />
Transparenz und frei entschei<strong>de</strong>n können führen<br />
zur Pflichtethik, welche auf Kant zurückgeht.<br />
Beim Begriff <strong>de</strong>r Pflicht wür<strong>de</strong> man mutmaßen,<br />
dass es sich hierbei um Vorschriften,<br />
<strong>de</strong>nen man sich zu unterwerfen habe, han<strong>de</strong>ln<br />
müsse. Die Pflichtethik von Kant setzt aber gera<strong>de</strong><br />
die Selbstbestimmung <strong>de</strong>s Individuums<br />
voraus. Der Mensch als Individuum ist in seinen<br />
Entscheidungen nämlich frei. Die Vernunft befähigt<br />
ihn, sein Han<strong>de</strong>ln und die Regeln (Maximen)<br />
seines Han<strong>de</strong>lns selbst zu bestimmen. Ein für<br />
die Controllingtätigkeit naiver Ansatz? Wäre es<br />
da nicht einfacher, <strong>de</strong>n Zielvorgaben <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
zu folgen, diese umzusetzen und im<br />
Falle <strong>de</strong>s Scheiterns exkulpiert zu sein?<br />
Controlling be<strong>de</strong>utet aber auch steuern und<br />
lenken, dies kann und muss auch eine Gestaltung<br />
mit Blick auf die eigenen Werte sein und<br />
somit die eigene Vernunft einbeziehen. Warum<br />
etwa soll <strong>de</strong>r Controller einer kurzfristigen<br />
Wertsteigerung das Wort re<strong>de</strong>n und entsprechen<strong>de</strong><br />
Instrumente bereit stellen, wenn die<br />
Nachhaltigkeit dieser Vorgehensweise zweifelhaft<br />
ist? Die Pflicht <strong>de</strong>s Controllers wür<strong>de</strong><br />
folglich darin liegen, das Han<strong>de</strong>ln sowie<br />
<strong>de</strong>n Instrumenten- und Metho<strong>de</strong>neinsatz<br />
einem permanenten Prüfverfahren <strong>de</strong>r
Vernunft zu unterziehen. Controller müssen<br />
Verantwortung übernehmen (vgl. 10<br />
Kernelemente). Als moralisch kann eine<br />
Handlung (das Tun; vgl. 10 Kernelemente)<br />
nur dann gelten, wenn sie auf <strong>de</strong>r moralischen<br />
Einsicht (<strong>de</strong>m guten Wollen) basiert.<br />
Utilitaristische Ethik<br />
Während sich die Pflichtethik auf die metaphysische<br />
Ebene bezieht, enthält die utilitaristische<br />
Ethik eine weitaus praktischere Komponente.<br />
Nun wird nämlich die Realität (Empirie)<br />
in die Wertbetrachtung einbezogen. Das<br />
größte Glück <strong>de</strong>r größten Zahl wird zum Bewertungsmaßstab,<br />
was be<strong>de</strong>utet, dass negative<br />
Auswirkungen mit positiven Wirkungen<br />
eines Instruments verrechnet wer<strong>de</strong>n können.<br />
Wenn nun insgesamt ein Nutzenzuwachs erzielt<br />
wird, ist das Instrument aus utilitaristischer<br />
Sicht ethisch-moralisch vertretbar.<br />
Bezogen auf die Nachhaltigkeit be<strong>de</strong>utet dies,<br />
dass z. B. die Entlassung einiger Mitarbeiter<br />
(Missnutzen für eben diese Mitarbeiter) akzeptiert<br />
wer<strong>de</strong>n kann, wenn das Unternehmen insgesamt<br />
gerettet wer<strong>de</strong>n kann (Nutzen). Problematisch<br />
bleibt hier aber immer, <strong>de</strong>n Nutzen und<br />
Missnutzen messbar zu machen, um eine Verrechnung<br />
zu ermöglichen. Probleme bestehen<br />
auch in Bezug auf die Anreizkompatibilität;<br />
ökonomisch gesehen wird <strong>de</strong>r Nutzen <strong>de</strong>r<br />
Abb. 3: Integriertes-Risiko-Management-System<br />
Abb. 2: Ansatzpunkt für Ethik / Moral<br />
Eigentümer am höchsten gewichtet, so<br />
dass sich das Controlling mit seinen Instrumenten<br />
daran orientieren wird.<br />
Konsensethik<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Aus <strong>de</strong>r Kombination von Pflichtethik und utilitaristischer<br />
Ethik ist die Konsensethik entstan<strong>de</strong>n.<br />
Die Individuen (o<strong>de</strong>r Akteure) wür<strong>de</strong>n sich<br />
folglich freiwillig einer Norm unterwerfen, die<br />
auf sie und ihr Han<strong>de</strong>ln angewandt wird. Controller<br />
müssen <strong>de</strong>mnach auch die Werte <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens vertreten (vgl. 10 Kernelemente).<br />
De facto verbirgt sich dahinter ein vertragstheoretischer<br />
Ansatz, d. h. über allgemein<br />
gültige Regeln (Gesetze, Institutionen, Kodices)<br />
wird versucht, <strong>de</strong>n Ausgleich <strong>de</strong>r Interessen<br />
herbeizuführen. Der Corporate-Governance-<br />
Ko<strong>de</strong>x etwa kann als eine Form <strong>de</strong>r Selbstbindung<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r Konsensethik verstan<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Erfolg lässt<br />
sich planen.<br />
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7
8<br />
Nachhaltiges Controlling<br />
Abb. 4: Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>r Wertesysteme<br />
Werte und Risiken: Plädoyer für<br />
ein Integriertes-Risiko-<br />
Management-System<br />
Aus <strong>de</strong>r Kurzdarstellung ethischer Grundpositionen<br />
kann abgeleitet wer<strong>de</strong>n, dass es keinen<br />
allgemein gültigen Ethikansatz gibt bzw. geben<br />
kann. Unser Wertesystem ist von unterschiedlichen<br />
Grundpositionen geprägt, wobei die utilitaristische<br />
Sichtweise dominiert.<br />
Da sich die Quantifizierung <strong>de</strong>s operationellen<br />
Risikos immer wie<strong>de</strong>r als schwierig erweist,<br />
sollte <strong>de</strong>r Risikoentstehungsprozess als Ganzen<br />
betrachtet wer<strong>de</strong>n. Die Bezifferung in Euro und<br />
Cent kann nämlich vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, wenn<br />
das moralische Fehlverhalten – als Ausgangspunkt<br />
<strong>de</strong>s Verlustbeitrages – vermie<strong>de</strong>n wird<br />
(vgl. Abbildung 2). Ein vielleicht altes Konzept<br />
rückt damit wie<strong>de</strong>r ins Zentrum <strong>de</strong>r Werte<strong>de</strong>batte:<br />
Der ehrbare Kaufmann. Damit wird<br />
<strong>de</strong>utlich, warum in einem nachhaltigen Controlling<br />
und Führungssystem ein gefes tigtes<br />
Wertesys tem zum Erfolgsfaktor wird.<br />
Corporate Governance und Compliance<br />
machen aber <strong>de</strong>utlich, dass eine Integration<br />
moralischer Risiken mit ihren möglichen ökonomischen<br />
Verlustbeiträgen zwingend geboten<br />
ist. Insofern ist in einem Integrierten-Risiko-Management-System<br />
die ethisch-moralische<br />
Komponente ein wesentliches Element<br />
(vgl. Abbildung 3).<br />
Moralische Aspekte weisen etwa auch auf <strong>de</strong>r<br />
Risikoebene eine konkrete ökonomische Komponente<br />
auf. Aus moralischen Risiken können<br />
zweifelsohne Verlustbeiträge entstehen, welche<br />
für die Gesamtrisikoposition eines Unternehmens<br />
be<strong>de</strong>utend sein können. Nimmt etwa<br />
ein Premiumhersteller von Konsumgütern<br />
aus Kostengrün<strong>de</strong>n in Kauf, dass Komponenten<br />
seines Produktes in Niedriglohnlän<strong>de</strong>rn<br />
unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen<br />
produziert wer<strong>de</strong>n, kann daraus<br />
ein Umsatz- und Gewinnrückgang<br />
entstehen, wenn die Käuferinnen und Käufer<br />
unter moralischen Aspekten dieses Produkt ablehnen.<br />
Insofern ist in einem Integrierten Risikomanagement-System<br />
auch die moralische Risikoposition<br />
zu bewerten und zu controllen.<br />
Konklusio<br />
Eine stärkere Aufnahme von Nachhaltigkeitsaspekten<br />
in die generellen Führungsansätze ist<br />
zwingend geboten, um eine bestmögliche<br />
Verteilung von Verfügungsrechten zu gewährleisten.<br />
Nachhaltigkeit muss auch noch<br />
konsequenter in die Kontrollstrukturen von Unternehmen<br />
einbezogen wer<strong>de</strong>n. Entschei<strong>de</strong>nd<br />
muss aber auch hierbei sein, dass die Einhaltung<br />
dieser Normen auf Freiwilligkeit und Vernunft<br />
beruht. Der Controller muss diesen Prozess<br />
kritisch begleiten, die Festlegung <strong>de</strong>r<br />
Norm verbleibt als originäre Aufgabe <strong>de</strong>r Unternehmensführung.<br />
Es ist festzustellen, dass ethische Überlegungen<br />
für Unternehmen aufgrund verschie<strong>de</strong>ner<br />
Einflüsse (z. B. Anspruchsgruppen, Sensibilisierung<br />
<strong>de</strong>r Bürger, Fortschritt <strong>de</strong>r Informations-<br />
und Kommunikationstechnologie) an<br />
Be<strong>de</strong>utung gewinnen. Die Frage nach <strong>de</strong>n<br />
moralischen Wertvorstellungen von Unternehmen<br />
treten nicht erst seit Aufkommen<br />
<strong>de</strong>r Finanzkrise in <strong>de</strong>n Fokus von Management<br />
und Controlling. Denn Gewinnstreben<br />
einerseits und moralische I<strong>de</strong>ale an<strong>de</strong>rerseits<br />
wer<strong>de</strong>n verstärkt hinterfragt und <strong>de</strong>terminieren<br />
<strong>de</strong>n Rahmen unternehmenspolitischer Entscheidungen.<br />
Für die Unternehmen besteht die<br />
Gefahr, ihre Legitimation innerhalb <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
zu verlieren, wenn moralische Aspekte<br />
nicht berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Credibility, eine<br />
glaubwürdige Nachhaltigkeit, ist somit unabdingbar.<br />
Die Wertesysteme von Gesellschaft<br />
und Unternehmen sind noch konsequenter aufeinan<strong>de</strong>r<br />
abzustimmen (vgl. Abbildung 4).<br />
Die Ernsthaftigkeit, mit <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit betrieben<br />
wird, ist wesentlich von <strong>de</strong>r ethischen<br />
Grundhaltung <strong>de</strong>s jeweiligen Entscheidungsträgers<br />
beeinflusst. Das Herausbil<strong>de</strong>n von<br />
ethischen Einstellungen ist dabei aber als<br />
Prozess zu verstehen, <strong>de</strong>r bei offenem<br />
Geist das ganze Leben lang anhält. Das<br />
Controlling kann und muss hierzu beitragen.<br />
Nicht das reine Anwen<strong>de</strong>n von Metho<strong>de</strong>n und<br />
Instrumenten darf im Zentrum <strong>de</strong>s Controllings<br />
stehen, vielmehr ist die kritische Reflexion unter<br />
<strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit zu for<strong>de</strong>rn und<br />
zu för<strong>de</strong>rn.<br />
Eine Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Controlling-Instrumentariums<br />
ist hierfür unabdingbar und bleibt<br />
eine spannen<strong>de</strong> Herausfor<strong>de</strong>rung für Wissenschaft<br />
und Praxis. Die alleinige Vermittlung von<br />
Instrumenten wür<strong>de</strong> zu kurz greifen und eine<br />
rein technokratische Sichtweise be<strong>de</strong>uten. Hier<br />
sind neben Institutionen wie <strong>de</strong>m Internationalen<br />
Controller Verein auch und insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Hochschulen gefor<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>r Willens- und Meinungsbildung<br />
zu dienen. Nur so kann gewährleistet<br />
wer<strong>de</strong>n, dass Marktteilnehmer, Manager<br />
o<strong>de</strong>r Controller ihre Handlungen reflektieren<br />
und die Menschen hinter <strong>de</strong>n<br />
Zahlen ihrer Verantwortung gerecht wer<strong>de</strong>n.<br />
Literatur<br />
Losbichler, Heimo: Die 10 Kernelemente <strong>de</strong>s<br />
ICV, Impulspapier; www.controllerverein.<br />
com/10_Kernelemente.144246.<br />
html?#Das%20Impulspapier%20unseres%20<br />
Vorstandsmitglieds%20Prof.%20Dr.%20<br />
Heimo%20Losbichler<br />
Pieper, Annemarie: Einführung in die Ethik,<br />
6. Auflage, UTB 2007<br />
Suchanek, Andreas: Ökonomische Ethik,<br />
2. Auflage, UTB 2007<br />
Ulrich, Peter: Die gesellschaftliche Einbettung<br />
<strong>de</strong>r Marktwirtschaft als Kernproblem <strong>de</strong>s 21. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />
Berichte <strong>de</strong>s Instituts für Wirtschaftsethik<br />
(Hrsg.), Nr. 115, St. Gallen 2009<br />
Weber, Jürgen: Controlling & Nachhaltigkeit;<br />
in: Controller Magazin 2/2010, S. 12
Basel III und die Folgen –<br />
Die Risiken opportunistischen<br />
Verhaltens erkennen<br />
von Thomas Hermann<br />
Die neuen Eigenkapitalregeln für Geschäftsbanken<br />
sind wie erwartet von <strong>de</strong>n G20 auf <strong>de</strong>m<br />
Gipfel in Seoul durchgewunken wor<strong>de</strong>n. Basel<br />
III wird Basel II ablösen. Die Erwartungen an das<br />
neue System sind hoch. Alle Fehlanreize beseitigt<br />
Basel III jedoch nicht. Insbeson<strong>de</strong>re das<br />
Too-big-to-fail-Thema bleibt vorerst ungelöst.<br />
So mancher wird sich noch <strong>de</strong>r Euphorie nach<br />
Vorlage <strong>de</strong>s berühmten 2. Konsultationspapiers<br />
“The New Basel Capital Accord” (Basel II)<br />
vom 16. Januar 2001 erinnern. Die Stabilität<br />
<strong>de</strong>s Finanzsystems schien auf lange Zeit gesichert,<br />
die Erfassung von Risiken hatte scheinbar<br />
einen Quantensprung gemacht. Der Mittelstand<br />
goss ein wenig Essig in <strong>de</strong>n Basel II-<br />
Champagner, stand doch Basel II für ihn vor<br />
allem für das Damoklesschwert Rating. Im Arbeits-Portfolio<br />
<strong>de</strong>s Controllers gewann das<br />
Thema Risiko-Controlling an Be<strong>de</strong>utung (vgl.<br />
Berkau et al.). Inzwischen ist <strong>de</strong>r Champagner<br />
fast ganz zu Essig gewor<strong>de</strong>n, Basel II wird mit<br />
<strong>de</strong>r größten Wirtschaftskrise <strong>de</strong>r Nachkriegszeit<br />
in Verbindung gebracht. Der<br />
Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hatte<br />
daher am 12.9.2010 neue Eigenkapital-Regeln<br />
für Geschäftsbanken beschlossen. Diese haben<br />
am 12. November auf <strong>de</strong>r Session „Financial<br />
Regulatory Reform“ auch <strong>de</strong>n G 20-Gipfel<br />
passiert.<br />
Macht Basel III alles besser, wer<strong>de</strong>n die globalen<br />
Risiken niedriger? Und welche Risiken drohen<br />
Unternehmen durch Basel III in <strong>de</strong>r Beziehung<br />
zur Bank. Themen, die <strong>de</strong>r Controller in<br />
sein Frühaufklärungssystem einbeziehen sollte.<br />
Fakten und Fahrplan<br />
Der Baseler Ausschuss beschloss am 12. September,<br />
dass Banken ihre Kernkapitalquote<br />
(Tier 1) <strong>de</strong>utlich auf 6% erhöhen müssen.<br />
Diese Kennzahl wird berechnet, in<strong>de</strong>m man<br />
das Kernkapital (damit ist das unmittelbar haften<strong>de</strong><br />
Eigenkapital gemeint) <strong>de</strong>r Bank durch<br />
die Summe <strong>de</strong>r Risikoposten (etwa Kredite und<br />
Wertpapiere) teilt. Die Kernkapitalquote zeigt<br />
also, wie Risikopositionen durch eigene Mittel<br />
ge<strong>de</strong>ckt sind, ein Maß für <strong>de</strong>n Risikopuffer und<br />
damit die Stabilität <strong>de</strong>r Bank. Nach Basel II<br />
musste die Kernkapitalquote min<strong>de</strong>stens 4<br />
Prozent betragen.<br />
Die Ausprägungen von Tier 1 und an<strong>de</strong>rer<br />
Kennzahlen sind Ergebnis eines längeren Entscheidungsprozesses<br />
<strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>rvertreter <strong>de</strong>s<br />
Baseler Ausschusses. Auf diese Ausschussmitglie<strong>de</strong>r<br />
wirkten die unterschiedlichen Lobby-<br />
Gruppen ein. Diese kämpften vor allem darum,<br />
dass leichter zugängliche Eigenkapitalformen<br />
im Basel-Papier festgeschrieben wur<strong>de</strong>n. Das<br />
wären aus <strong>de</strong>utscher Sicht etwa die stillen Einlagen<br />
gewesen, <strong>de</strong>ren Kapitalkosten niedriger<br />
als etwa die von Stammaktien sind. Dieser Lobby-Arbeit<br />
haben die Baseler Aufseher nicht<br />
nachgegeben.<br />
Der Ausschuss hatte sich bereits im Juli 2010<br />
auf Kernelemente <strong>de</strong>s Reformpakets geeinigt.<br />
Auf <strong>de</strong>r Septembersitzung erfolgte eine<br />
Einigung über die Kalibrierung und Implementierung<br />
<strong>de</strong>r Kennzahlen. Die Richtlinie stellt zunächst<br />
einmal nur eine Empfehlung dar.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Die Min<strong>de</strong>stkapitalanfor<strong>de</strong>rungen sollen dann<br />
in drei Stufen gezün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Am 1. Januar 2013 zün<strong>de</strong>t die erste Stufe<br />
� 3,5 % hartes Kernkapital/risikogewichtete<br />
Aktiva (bisher 2 %)<br />
� 4,5 % Kernkapital (Tier 1)/risikogewichtete<br />
Aktiva (bisher 4 %)<br />
� 8,0 % Gesamtkapital/risikogewichtete Aktiva<br />
Diese Anfor<strong>de</strong>rungen für das harte Kernkapital<br />
und das Kernkapital wer<strong>de</strong>n bis 1. Januar 2015<br />
in zwei weiteren Stufen erhöht.<br />
� 1. Januar 2014: Min<strong>de</strong>stanfor<strong>de</strong>rung für<br />
das harte Kernkapital von 4%, Min<strong>de</strong>stanfor<strong>de</strong>rung<br />
für das Kernkapital von 5,5 %.<br />
� 1. Januar 2015: Min<strong>de</strong>stanfor<strong>de</strong>rungen von<br />
4,5 % für das harte Kernkapital und von 6 %<br />
für das Kernkapital.<br />
Nach<strong>de</strong>m die G20 grünes Licht für die von <strong>de</strong>n<br />
Baseler Regulierern ausgearbeiteten Eigenkapitalvorschriften<br />
gegeben haben, sollen sie<br />
nun von <strong>de</strong>r EU-Kommission in europäisches<br />
Recht gegossen wer<strong>de</strong>n. Einen ersten Richtlinienentwurf<br />
will die Kommission im März<br />
2011 vorlegen. Länger Zeit will man sich mit<br />
<strong>de</strong>n Regeln für die SIFIs o<strong>de</strong>r TBTF-Banken<br />
nehmen, also für die „systematically important<br />
financial institutions“ bzw. „Too-big-to<br />
fail-Banken“. Für diese verschärften Regeln ist<br />
auch <strong>de</strong>r Begriff „Basel III-Plus“ im Umlauf.<br />
Der Gouverneur <strong>de</strong>r Bankitalia, <strong>de</strong>r italienischen<br />
Notenbank, Mario Draghi, gleichzeitig<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s FSB, <strong>de</strong>s Financial Stability<br />
Boards, wird hierzu bis En<strong>de</strong> 2011 einen Entwurf<br />
vorlegen.<br />
9
10<br />
Basel III und die Folgen<br />
Basel III wi<strong>de</strong>r eine neue<br />
Finanzkrise: Institution gegen<br />
die Habgier<br />
Die eigentlichen Ursachen <strong>de</strong>r Finanz- und<br />
Wirtschaftskrise sind letztlich nicht bekannt.<br />
Eine Denkrichtung sieht die Grün<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Personen selbst: Fehlverhalten wird<br />
dabei mit fehlen<strong>de</strong>r Moral einiger Protagonisten<br />
erklärt, klassischer und medienwirksamer<br />
Aufreger in <strong>de</strong>r öffentlichen Diskussion.<br />
Diese Moral sei Zeichen einer neuen Ökonomie<br />
<strong>de</strong>r Gier. Die moralischen Standards <strong>de</strong>r Beteiligten<br />
müssten daher verbessert wer<strong>de</strong>n, etwa<br />
durch das Einschwören auf Verhaltens-Kodizes.<br />
Die zweite Denkrichtung setzt nicht auf eine<br />
„ethische Nachhilfe“ bei <strong>de</strong>n Akteuren selbst,<br />
son<strong>de</strong>rn auf die Institutionen und Regeln.<br />
Die se seien bisher falsch justiert gewesen und<br />
haben daher Anreize zu Fehlverhalten gesetzt.<br />
Diese Denkrichtung geht davon aus, dass moralisch<br />
korrektes Verhalten bei richtigen Regeln<br />
im Eigeninteresse <strong>de</strong>r Akteure liegt. Horst Albach<br />
betonte bereits 2003 angesichts <strong>de</strong>r damaligen<br />
Finanzskandale, dass es einer Ethik<br />
<strong>de</strong>r Schaffung gesellschaftlicher Institutionen<br />
bedürfe, nicht jedoch einer Ethik unternehmerischen<br />
Han<strong>de</strong>lns (vgl. Albach).<br />
Innerhalb <strong>de</strong>r institutionellen Regeln vollzieht<br />
sich unternehmerisches Han<strong>de</strong>ln anreizkompatibel.<br />
Die Institutionenethik zeigt, ob die Anreizwirkungen<br />
<strong>de</strong>r Institutionen zu unethischem<br />
Unternehmenshan<strong>de</strong>ln führen. Aufschlußreich<br />
sind hier die Artikel in <strong>de</strong>m vom Berliner Institut<br />
für Management (Professor Joachim Schwalbach)<br />
bereitgestellten Informationsportal<br />
www.<strong>de</strong>r-ehrbare-kaufmann.<strong>de</strong>.<br />
Die Regulierung muss also nachjustiert wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>r Weg, <strong>de</strong>n man mit „Basel III-Plus“ beschreiten<br />
möchte. Allerdings wird dieser Systemethiktest<br />
bei Basel III noch kaum thematisiert.<br />
Anreize zu opportunistischem<br />
Verhalten für Banken: Risiko-<br />
Controlling <strong>de</strong>s Unternehmens ist<br />
gefragt<br />
Bei aller Unsicherheit ist nur eins gewiss: Das<br />
internationale Finanzsystem ist komplex.<br />
Die Informationsasymmetrie zwischen <strong>de</strong>n<br />
Anbietern auf <strong>de</strong>n Kapitalmärkten, <strong>de</strong>n Banken<br />
und <strong>de</strong>n Regulierern (Aufsichtsgremien, Staat)<br />
sowie zwischen <strong>de</strong>n Banken und <strong>de</strong>n Kapitalnachfragern<br />
(<strong>de</strong>n Unternehmen) ist groß. Die<br />
Informationsasymmetrie bewirkt, dass schlechte<br />
Ergebnisse o<strong>de</strong>r Krisen im Zweifelsfalle gar<br />
nicht so leicht auf das Fehlverhalten einzelner<br />
zurückführbar sind, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>n Akteuren<br />
mit <strong>de</strong>m Informationsvorsprung immer auf die<br />
Umweltzustän<strong>de</strong> geschoben wer<strong>de</strong>n können.<br />
Opportunistisches Verhalten nennen dies die<br />
Ökonomen.<br />
Regulierer und Bank: Anreiz zu<br />
kreativen Finanzprodukten<br />
Die neuen Spielregeln von Basel III-Regeln<br />
schieben hochriskanten Aktionen mit <strong>de</strong>n<br />
verschärften Quoten einen Riegel vor, erschweren<br />
also opportunistisches Verhalten.<br />
Allerdings ist durchaus umstritten, ob die Regeln<br />
wirklich hart seien, „The Economist“ vom<br />
13. September nannte sie „not particularly<br />
tough“.<br />
Nicht vergessen sollte man aber, dass die Banken<br />
die Informationsasymmetrie gegenüber<br />
<strong>de</strong>n Regulierern ausnutzen können, um<br />
Schlupflöcher zu fin<strong>de</strong>n, also die Regeln zu umgehen.<br />
Regulierer sind hier in <strong>de</strong>r Hase-Igel-<br />
Falle. Not macht erfin<strong>de</strong>risch und bei Finanzprodukten<br />
ist <strong>de</strong>r Bankensektor ausgesprochen<br />
innovativ. Diese Anreize bei <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
von Finanzprodukten zu kennen ist für das Risiko-Controlling<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens wichtig.<br />
Regulierer und Bank:<br />
Too-big-to-Fail muss nicht sein<br />
Einen Bärendienst haben sich die Staaten mit<br />
ihren Rettungsaktionen und <strong>de</strong>n zahlreichen Sicherheitsnetzen<br />
für Banken erwiesen. Denn die<br />
Banken haben in <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise gelernt,<br />
dass sie im Ernstfalle mit <strong>de</strong>r kräftigen Hilfe <strong>de</strong>s<br />
Staates rechnen können. Es lässt sich leicht<br />
ausrechnen, was das für die Erwartungsbildung<br />
bei zukünftigen Krisen heißt. Als „Too-big-to<br />
fail“-Syndrom könnte man diesen Effekt in<br />
Anlehnung an das kürzlich erschienene Werk<br />
von Andrew Ross Sorkin nennen: „Wenn ich<br />
groß bin, kann ich mir alles erlauben.“<br />
Der Auffangschirm <strong>de</strong>s Staates wirkt ökonomisch<br />
gesehen wie eine Versicherung.<br />
Der Grundgedanke ist, dass Personen, die eine<br />
Versicherung abgeschlossen haben, einen Anreiz<br />
zu riskanterem Verhalten als vor <strong>de</strong>m Versicherungsabschluss<br />
haben. Diesen Effekt lösen<br />
übrigens auch die entsprechen<strong>de</strong>n Sicherheitssysteme<br />
wie ABS o<strong>de</strong>r ESP bei Autos aus, die<br />
Fahrer dazu verleiten, riskanter und schneller<br />
zu fahren. Die Informationsasymmetrie bewirkt<br />
dann, dass <strong>de</strong>r Versicherungsgeber, also in unserem<br />
Falle <strong>de</strong>r Staat, nicht genau beurteilen<br />
kann, ob das Eintreten <strong>de</strong>s Versicherungsfalles,<br />
also das Ausfahren <strong>de</strong>s Rettungsschirms, nicht<br />
doch durch (opportunistisches) Fehlverhalten<br />
von <strong>de</strong>r Bank bewusst in Kauf genommen wur<strong>de</strong>.<br />
Ökonomen nennen diesen Anreiz zu<br />
Fehlverhalten Moral Hazard.<br />
Eine zentrale Aufgabe kommt bei diesem Thema<br />
also <strong>de</strong>m Financial Stability Board zu, <strong>de</strong>r<br />
ein entsprechen<strong>de</strong>s politisches Rahmenwerk<br />
entwickelt. Der FSB spricht in seinem an die G<br />
20 gerichteten Report vom Juni 2010 von <strong>de</strong>n<br />
„fundamental moral hazard risks that arise<br />
from the perception that certain firms are too<br />
big or too interconnected to fail.” Die Wahrscheinlichkeit<br />
von Bail-Outs, <strong>de</strong>m Aus-<strong>de</strong>r-Patsche-Helfen,<br />
ist durch glaubwürdige Schritte zu<br />
reduzieren. Denn sonst, so <strong>de</strong>r FSB in seinem<br />
Report, engagieren sich die SIFIs in Aktivitäten<br />
mit höheren Risiken, die die Kapitalallokation<br />
verzerren und zukünftige Krisen wahrscheinlicher<br />
machen.<br />
Wer die Banken sind, die das System beson<strong>de</strong>rs<br />
gefähr<strong>de</strong>n, ist im Vorfeld <strong>de</strong>s Gipfels anscheinend<br />
aufgrund einer Indiskretion durchgesickert.<br />
Die renommierte italienische Wirtschaftszeitung<br />
„Il Sole 24 Ore“ spricht von einer<br />
Zwei-Klassen-Gesellschaft, von einer Serie A<br />
und Serie B <strong>de</strong>r Banken, und nennt unter Berufung<br />
auf die Financial Times als SIFI-Kandidaten<br />
u.a. Deutsche Bank, Credit Suisse, Uni-<br />
Credit, Citigroup, Barclays und Santan<strong>de</strong>r. Sie<br />
weist aber auch darauf hin, dass es laut Draghi<br />
diese Liste noch nicht gäbe, sie wer<strong>de</strong> erst Mitte<br />
2011 festgelegt.<br />
Letztlich ist bei diesem Too-big to-fail-Syndrom<br />
<strong>de</strong>r Staat selbst gefragt, die von ihm aufgebaute<br />
Erwartungshaltung und die von ihr ausgehen<strong>de</strong>n<br />
negativen Anreizwirkungen zu zer-
stören. Er müsste nur einmal bei <strong>de</strong>r nächsten<br />
Krise eine große Bank fallen lassen. Dieses<br />
Wegfallen <strong>de</strong>r bisherigen „Versicherungslösung“<br />
könnte <strong>de</strong>n ganzen Sektor disziplinieren.<br />
Ein prima facie völlig unwahrscheinliches <strong>Szenario</strong>.<br />
Was aber, wenn sich politische Parteien<br />
vor Wahlen daran erinnern, dass <strong>de</strong>n Wählern<br />
und insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>m Mittelstand die zahlreichen<br />
Rettungsschirme für Banken und Banker<br />
bei <strong>de</strong>r letzten Krise kaum vermittelbar gewesen<br />
waren. Ein entsprechen<strong>de</strong>s Wahlversprechen,<br />
hier schärfer durchzugreifen, könnte<br />
Wählerstimmen bringen. Disziplinierend wirkt<br />
dieses Versprechen schon dann, wenn <strong>de</strong>r<br />
Bankensektor es als glaubwürdige Drohung<br />
und die Erfolgschancen <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Parteien nicht zu gering bewertet. Soft Signals<br />
aus <strong>de</strong>r Politik zu empfangen ist ein Thema für<br />
das Frühaufklärungssystem <strong>de</strong>s Risiko-<br />
Controlling.<br />
Bank und Unternehmen:<br />
Neue Kreditkonditionen<br />
Der Anreiz zu opportunistischem Verhalten in<br />
<strong>de</strong>r Beziehung Bank und Unternehmen besteht<br />
bei <strong>de</strong>r Verhandlung neuer Kreditkonditionen<br />
o<strong>de</strong>r Kreditlinien. Konditionenerhöhungen<br />
lassen sich mit Verweis auf Basel III leicht<br />
begrün<strong>de</strong>n. Ein <strong>Szenario</strong>, dass <strong>de</strong>m Mittelstand<br />
bekannt sein dürfte, hatte doch bereits<br />
Basel II als Zauberwort für je<strong>de</strong> Maßnahme<br />
<strong>de</strong>r Bank (Kreditsperre, Konditionsän<strong>de</strong>rung)<br />
herhalten dürfen. Normalerweise wür<strong>de</strong>n kräftige<br />
Konditionen-Erhöhungen, das Ablehnen<br />
von Kreditgesuchen o<strong>de</strong>r erweiterter Kreditlinien<br />
das (Vertrauens-)Verhältnis Bank und Unternehmen<br />
stark belasten.<br />
Basel III bietet <strong>de</strong>r Bank die Möglichkeit, dies<br />
ganz diskussionslos unter Verweis auf die neuen<br />
Regeln durchziehen zu können. Gerne wer<strong>de</strong>n<br />
Banken auch die jüngsten Kreditklemmen-<br />
Prognosen von Bafin-Chef Jochen Sanio in ihren<br />
Argumentationshaushalt aufnehmen, die<br />
schnell zur self fulfilling prophecy wer<strong>de</strong>n können.<br />
Beson<strong>de</strong>rs dann, wenn das Unternehmen<br />
kaum Alternativen hat und <strong>de</strong>r Abbruch <strong>de</strong>r<br />
Bankbeziehung aufgrund hoher Wechselkosten<br />
keine Alternative ist. Erschwerend kommt hinzu,<br />
dass alle Banken, ohne sich groß abstimmen<br />
zu müssen, in dieselbe Preiserhöhungs-<br />
Richtung gehen wer<strong>de</strong>n. Der Wettbewerb<br />
müsste zwar dahingehend wirken, dass die<br />
Preiserhöhungen durch die Basel-III-Erfor<strong>de</strong>rnisse<br />
für die Neustrukturierung <strong>de</strong>r Engagements<br />
eine Obergrenze haben. Dies gilt aber<br />
nur bei gleich geringen Wechselkosten <strong>de</strong>r Kreditnachfrager.<br />
Diese Gefahren muss das Unternehmen mit<br />
Eintritts-Wahrscheinlichkeiten und Finanzierungskostenszenarien<br />
bewerten, eine weitere<br />
Aufgabe für das Risiko-Controlling. Je oranger<br />
hier die Risikolampe leuchtet, <strong>de</strong>sto eher muss<br />
das Risiko-Controlling die Suche nach alternativen<br />
Finanzierungsmöglichkeiten als Maßnahme<br />
empfehlen. Gleichzeitig sollte <strong>de</strong>r Controller<br />
die im Rahmen von Kreditgesprächen zu<br />
Basel II-Zeiten entwickelten Argumentationspapiere<br />
herausziehen und auf Basel III fortschreiben.<br />
Wichtig für <strong>de</strong>n Controller ist es<br />
auch, ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche<br />
für ihn relevanten Kredite sich in Zukunft in<br />
Autor<br />
welcher Form an<strong>de</strong>rs als bisher auf die Basel III<br />
relevanten Kennzahlen <strong>de</strong>r Bank auswirken.<br />
Ein besseres Verständnis für die Probleme <strong>de</strong>r<br />
Bank geht mit <strong>de</strong>m Senken <strong>de</strong>s Anreizes zu Opportunismus<br />
einher.<br />
Fazit<br />
Hektischen Aktionismus kann man <strong>de</strong>m Controlling<br />
nicht empfehlen. Gefragt ist die Frühaufklärung<br />
<strong>de</strong>s Risiko-Controllings. Dies gilt<br />
sowohl bei <strong>de</strong>r Einschätzung <strong>de</strong>r Makroszenarien<br />
als auch bei <strong>de</strong>r Beziehung zu Hausbanken<br />
und sonstigen Kreditanbietern. Controllern<br />
sollte <strong>de</strong>r oben herausgearbeitete Aspekt <strong>de</strong>s<br />
opportunistischen Verhaltens nicht fremd sein.<br />
Lehrt doch Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Weber von<br />
<strong>de</strong>r WHU in Vallendar seit Jahren in seinem<br />
Konzept <strong>de</strong>s Controlling als Rationalitätssicherung<br />
<strong>de</strong>r Führung: „Durch Wollens- und Könnensbeschränkungen<br />
entstehen Rationalitäts<strong>de</strong>fizite,<br />
die das Controlling zu erkennen, vermin<strong>de</strong>rn<br />
und beseitigen versucht.“<br />
Literatur<br />
Albach, H.: Zurück zum ehrbaren Kaufmann.<br />
Zur Ökonomie <strong>de</strong>r Habgier. In: WZB-Mitteilungen<br />
Heft 100, Juni 2003, S. 37 ff<br />
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Gruppe<br />
<strong>de</strong>r Zentralbankpräsi<strong>de</strong>nten und Leiter <strong>de</strong>r<br />
Bankenaufsichtsinstanzen gibt höhere globale<br />
Min<strong>de</strong>stkapitalanfor<strong>de</strong>rungen bekannt. Pressemitteilung<br />
12.9.2010. http://www.bis.org/<br />
press/p100912_<strong>de</strong>.pdf<br />
Berkau, C.; Arnsfeld, T.; Frey, A.: Prozessorientiertes<br />
Risiko-Controlling für <strong>de</strong>n Mittelstand.<br />
In: <strong>Haufe</strong> Controlling Office (HI 1453203). Freiburg<br />
2010<br />
Dr. rer. pol. Thomas Hermann<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
ist als Chefredakteur bei <strong>Haufe</strong>-Lexware, Freiburg, tätig. Schwerpunkte<br />
sind IFRS und Anwendungen <strong>de</strong>r Informationsökonomik<br />
in Management, Controlling und Finance.<br />
E-Mail: thomas.hermann@haufe-lexware.com<br />
Boysen-Hogrefe, J. et al.: Droht in Deutschland<br />
eine Kreditklemme? Kieler Diskussionsbeiträge<br />
Jan. 2010<br />
Financial Stability Board (FSB): Reducing the<br />
moral hazard by systematically important financial<br />
institutions. 18 June 2010<br />
Gatzki C.; Gatzki, Y.: Basel II - Schwerpunkte<br />
<strong>de</strong>s Kreditratings und wie sich <strong>de</strong>r Mittelstand<br />
darauf vorbereiten kann. In: Controller Magazin<br />
5/2005<br />
Lops, Vito: Ecco la lista <strong>de</strong>lle banche troppo<br />
grandi per fallire di cui si parlerà al G20 (per<br />
Draghi l´elenco non c´è). Il Sole 24 Ore vom 10.<br />
November 2010<br />
Sorkin, A.R.: „Die Unfehlbaren“. München<br />
2010<br />
Weber, J.; Schäffer. U.: Einführung in das<br />
Controlling. 12.Aufl. Stuttgart 2008<br />
www.<strong>de</strong>r-ehrbare-kaufmann.<strong>de</strong><br />
11
12<br />
BI-Analysen mit interaktiven Karten<br />
BI-Analysen mit interaktiven Karten<br />
von Hermann Hebben<br />
Eins und eins ist mehr als zwei. Business Intelligence<br />
(BI) gibt Managern, Controllern und<br />
Fachanwen<strong>de</strong>rn eine komprimierte und<br />
analytische Sicht auf ihre Unternehmensdaten.<br />
Die Datenanalyse mit interaktiven<br />
Karten eröffnet nun eine zusätzliche Dimension<br />
<strong>de</strong>s Erkenntnisgewinns. Denn es geht<br />
hier keineswegs nur um eine weitere Visualisierung<br />
und Darstellungsmöglichkeit. Viel<br />
mehr als das, es ergeben sich durch die Analyse<br />
mit Hilfe von Karten völlig neue Chancen,<br />
regionale und zeitliche Zusammenhänge<br />
zu erkennen und dynamisch weiterzuverfolgen.<br />
Gera<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n zentralen Kenngrößen im Vertriebs-<br />
und Logistik-Controlling kommen geo-<br />
Abb. 1: ABC-Analyse auf Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r mit verschie<strong>de</strong>nsten Filteroptionen<br />
grafischen wie regionalen Zusammenhängen<br />
eine große Be<strong>de</strong>utung zu. Ob es dabei um<br />
Umsatz je Region, Deckungsbeitrag in Abhängigkeit<br />
zur Entfernung o<strong>de</strong>r auch Auslastung<br />
im Verhältnis zum Angebotsort geht, <strong>de</strong>r<br />
räumliche Bezug trägt einen wesentlichen<br />
Informationsaspekt.<br />
Das BI-Cockpit bietet <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n die Möglichkeit,<br />
ihre Daten nicht nur auf Karten zu visualisieren,<br />
son<strong>de</strong>rn diese auch dynamisch<br />
im Positionskontext zu analysieren. Regionale<br />
und zeitliche Beziehungen können so aufge<strong>de</strong>ckt,<br />
Auffälligkeiten i<strong>de</strong>ntifiziert und<br />
Trends abgeleitet wer<strong>de</strong>n, die aus reinem Datenmaterial<br />
nicht o<strong>de</strong>r nur schwer ersichtlich<br />
wären.<br />
Beim Erstellen von Berichten mit Karten unterstützt<br />
das Cubeware System die Anwen<strong>de</strong>r dabei,<br />
diese mit Daten, Ampeln o<strong>de</strong>r geopositionierten<br />
Symbolen und Linien zu versehen;<br />
ebenso ist die Definition individueller Flächen-<br />
Kombinationen möglich. Neben geografischen<br />
Landkarten (vgl. Abbildung 1) lassen sich aber<br />
auch an<strong>de</strong>re Visualisierungs-Vorlagen wie Aufrisse<br />
für Gebäu<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Produktionsanlagen<br />
nutzen, solange sie im kartengebräuchlichen<br />
Shape-Format vorliegen.<br />
Regionale Dynamik<br />
Die Möglichkeiten <strong>de</strong>r Karteneinbindung reichen<br />
weit über die reine Visualisierung <strong>de</strong>r Ergebnisse<br />
hinaus. Die digitalen Karten sind in<br />
die multidimensionale Umgebung <strong>de</strong>r BI-Lösungen<br />
voll eingebettet, so dass sie zur Darstellung,<br />
aber vor allem auch für die dynamische<br />
Ad-hoc-Analyse o<strong>de</strong>r das Aufzeigen<br />
von Trends über zeitliche und gebietsorientierte<br />
Parameter und Filter hinweg genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n können. Insofern stellt die Kartenunterstützung<br />
für die Anwen<strong>de</strong>r eine zusätzliche Berichtskomponente<br />
für die Nutzung <strong>de</strong>r Analyse-,<br />
<strong>Planung</strong>s-, Reporting- und Dashboarding-<br />
Funktionalitäten dar.<br />
Ein Vertriebsunternehmen kann so beispielsweise<br />
auf einer Landkarte die Entwicklung<br />
von Umsätzen und Deckungsbeiträgen in<br />
<strong>de</strong>n Vertriebsgebieten analysieren und<br />
auch die neu gewonnenen Kun<strong>de</strong>n symbolisch<br />
o<strong>de</strong>r textuell mit darstellen. Wie verteilen
Abb. 2: Analyse-Screen mit Darstellung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nstreuung pro Händler<br />
sich Umsätze auf Regionen, wie laufen die<br />
Geschäfte auf <strong>de</strong>r Zeitachse und im Verhältnis<br />
zum Deckungsbeitrag o<strong>de</strong>r zu an<strong>de</strong>ren<br />
geschäftsrelevanten Kennzahlen? Das Auswertungsspektrum<br />
mit geografischem Bezug<br />
ist groß und lässt sich mit allen er<strong>de</strong>nklichen<br />
Kenngrößen und Zusammenhängen dynamisch<br />
darstellen.<br />
Selbst tiefergehen<strong>de</strong> Analysen können so mit<br />
größeren Datenmengen überschaubar und auf<br />
<strong>de</strong>n ersten Blick verständlich abgebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />
um sehr schnell Entwicklungen zu erkennen<br />
und Hintergrün<strong>de</strong> abzuleiten. Das wäre unter<br />
herkömmlichen, eher numerisch geprägten<br />
Vorgehensweisen in dieser Reichweite schon<br />
aus Wahrnehmungsgrün<strong>de</strong>n nicht möglich.<br />
Grafisch sinnvoll aggregierte Daten hingegen<br />
lassen sich <strong>de</strong>utlich schneller erfassen und inhaltlich<br />
aufnehmen (vgl. Abbildung 2).<br />
Logistik-Controlling<br />
Ein interessanter Ansatz für <strong>de</strong>n Einsatz interaktiver<br />
Karten ist zu<strong>de</strong>m im Bereich <strong>de</strong>r Logistik<br />
zu fin<strong>de</strong>n. Ein Unternehmen kann hier beispielsweise<br />
seine Transportwege mittels<br />
Berechnungen von Routen, Ladungskapazitäten,<br />
und die sich daraus ergeben<strong>de</strong> Performance<br />
bewerten und analysieren. Die BI-<br />
Abb. 3: BI-Analyse <strong>de</strong>s Warenverkehrs auf Seerouten<br />
Autor<br />
Analyse mit Karten hilft dabei, die wesentlichen<br />
Informationen in <strong>de</strong>n Fokus zu rücken<br />
und sich nicht in bloßen Zahlentapeten zu verlieren<br />
(vgl. Abbildung 3). Denn die interessantesten<br />
Beziehungen wer<strong>de</strong>n in tabellarischen<br />
Übersichten oft nicht sichtbar, erst<br />
über die geschäftsnahe Visualisierung lässt<br />
sich Ungeahntes auf<strong>de</strong>cken und auch viel<br />
besser abschätzen.<br />
Positions-Analyse<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Ein weiteres exemplarisches Einsatzgebiet ganz<br />
an<strong>de</strong>rer Art ist das für einen Freizeitpark, <strong>de</strong>r<br />
einen nicht unwesentlichen Umsatzanteil über<br />
<strong>de</strong>n Verkauf von Speisen und Merchandising-<br />
Artikel realisiert. Die geografische BI-Analyse<br />
unterstützt ihn dabei, seine mobilen Verkaufsstän<strong>de</strong><br />
jeweils genau dort zu platzieren,<br />
wo je nach Wochentag, Tageszeit o<strong>de</strong>r Wetterlage<br />
die größten Besucherströme zu erwarten<br />
Hermann Hebben<br />
ist Geschäftsführer <strong>de</strong>r Cubeware GmbH, Rosenheim.<br />
Tel.: 08031 / 40 660-0<br />
www.cubeware.<strong>de</strong><br />
13
14<br />
BI-Analysen mit interaktiven Karten<br />
Abb. 4: Konzept für <strong>de</strong>n Shape-Aufbau für BI-Analysen in einem Freizeitpark<br />
sind. Um die notwendigen Daten für die Analysen<br />
zu erhalten, lassen sich RFID-Chips einführen,<br />
die das Betreten von Attraktionen<br />
dokumentieren und über die die Bezahlung<br />
an allen Verkaufsstän<strong>de</strong>n abgewickelt<br />
wird. Entlang <strong>de</strong>r Besucherpfa<strong>de</strong> errichtet <strong>de</strong>r<br />
Freizeitpark zu<strong>de</strong>m an strategisch <strong>de</strong>finierten<br />
Punkten Empfangsstationen, an <strong>de</strong>nen sich die<br />
Eintrittskarten automatisch registrieren, wo-<br />
Abb. 5: Dashboard mit einer Kombination aus Tabellen, Karten und Geschäftsgrafiken<br />
durch die Bewegungspfa<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Besucher durch<br />
<strong>de</strong>n Park transparent wer<strong>de</strong>n (vgl. Abbildung 4).<br />
Das BI-System bietet <strong>de</strong>n Verantwortlichen<br />
dann auf Basis einer im Shape-Format erstellten<br />
schematischen Darstellung <strong>de</strong>s Parkgelän<strong>de</strong>s<br />
eine integrierte grafische Analyse von Besucherströmen<br />
und Verkaufszahlen. Neben<br />
<strong>de</strong>n RFID-Daten aus <strong>de</strong>m täglichen Besucher-<br />
verkehr gelangen zu<strong>de</strong>m die aktuellen Verkaufsdaten<br />
über das angezapfte ERP-System<br />
sowie beispielsweise extern zugekaufte Wetterdaten<br />
in die Analysen. Auf diese Art und<br />
Weise lassen sich besucherstarke Laufwege<br />
i<strong>de</strong>ntifizieren, mit Abverkaufs- und<br />
Wetterdaten ins Verhältnis setzen und so<br />
beispielsweise i<strong>de</strong>ale Plätze für die Positionierung<br />
<strong>de</strong>r Verkaufsstän<strong>de</strong> schnell und<br />
direkt i<strong>de</strong>ntifizieren.<br />
Grenzenlose Einsatzfel<strong>de</strong>r<br />
Projektoptionen für die Datenanalyse mit Karten<br />
gibt es unendlich viele. Weitere Einsatzmöglichkeiten<br />
könnten die Preisoptimierung<br />
von Flugzeugsitzplätzen, Belegungstrends für<br />
Hotelzimmer o<strong>de</strong>r Decks und Kabinen sowie<br />
Belegungsdaten von Maschinen in grafisch<br />
hinterlegten Werkshallenplänen sein. So gut<br />
wie in je<strong>de</strong>m Business gibt es regionale und<br />
postionsbezogene Faktoren, die es wert sind,<br />
analysiert und betrachtet zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Allen gemeinsam ist in je<strong>de</strong>m Fall <strong>de</strong>r große<br />
Vorteil, in einem BI-System die betriebswirtschaftlichen<br />
Sachverhalte und Auswertungsergebnisse<br />
nicht nur tabellarisch, son<strong>de</strong>rn<br />
auch im Positionskontext darzustellen und interaktiv<br />
zu analysieren. Dabei ist <strong>de</strong>r Begriff<br />
Karte im weiteren Sinne zu sehen, <strong>de</strong>nn grundsätzlich<br />
eignet sich hierfür je<strong>de</strong> im Shape-Format<br />
vorliegen<strong>de</strong> Darstellung, was <strong>de</strong>n Weg<br />
ebnet für Unternehmens-spezifische Anwendungen<br />
aller Art. (vgl. Abbildung 5)<br />
Beste Perspektiven<br />
Betrachtet man die aufgezeigten Möglichkeiten,<br />
so lässt sich zusammenfassen: Nicht die Darstellung<br />
von Analyse-Ergebnissen AUF einer<br />
Karte, son<strong>de</strong>rn vielmehr die Analyse<br />
MITTELS Karten birgt umfassen<strong>de</strong>s Potenzial<br />
in sich. Denn so können Zusammenhänge<br />
unter Einbeziehung regionaler Faktoren noch<br />
schneller erkannt und Maßnahmen noch zielgerichteter<br />
abgeleitet wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>r interaktiven<br />
Datenanalyse auf Karten ergeben sich für Controller<br />
äußerst attraktive Analysemöglichkeiten,<br />
<strong>de</strong>ren Anwendungsfel<strong>de</strong>r noch bei weitem nicht<br />
ausgeschöpft sind.
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15
16<br />
Interview: Internationales Controlling<br />
Internationales Controlling<br />
Interview mit Prof. Dr. Andreas Hoffjan<br />
von Alfred Biel<br />
Fachjournalist (DFJS) Alfred Biel im Gespräch<br />
mit Prof. Dr. Andreas Hoffjan, Lehrstuhl Unternehmensrechnung<br />
und Controlling <strong>de</strong>r Technischen<br />
Universität Dortmund.<br />
Biel: Herr Prof. Dr. Hoffjan, Sie befassen sich<br />
intensiv mit Fragen <strong>de</strong>r Internationalisierung.<br />
Sie haben im Schäffer-Poeschel Verlag ein<br />
Buch mit <strong>de</strong>m Titel „Internationales Controlling“<br />
veröffentlicht. Dieses Buch ist die vermutlich<br />
umfassendste Darstellung <strong>de</strong>s Themas im<br />
<strong>de</strong>utschsprachigen Raum. Vielen Dank, dass<br />
Sie sich für die Leserinnen und Leser <strong>de</strong>s Controller<br />
Magazins zu einem Dialog und zu einigen<br />
Nachfragen zur Verfügung stellen.<br />
Biel: Neben <strong>de</strong>r Vermittlung von Basisvoraussetzungen<br />
konzentriert sich die inhaltliche Arbeit<br />
Ihres Lehrstuhls auf drei Säulen: Internationales<br />
Controlling, Controlling in <strong>de</strong>r öffentlichen<br />
Verwaltung und Controlling entgeltregulierter<br />
Unternehmen. Wie sind Sie zu unserem Thema<br />
„Internationales Controlling“ gekommen? Was<br />
verbin<strong>de</strong>n Sie mit diesem Thema?<br />
Hoffjan: Beim Thema Internationalisierung<br />
<strong>de</strong>nkt man intuitiv vielleicht an internationales<br />
Management o<strong>de</strong>r internationales Marketing.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>s Rechnungswesens wird die Internationalisierung<br />
<strong>de</strong>r Rechnungslegung<br />
stärker betrachtet, da <strong>de</strong>n Unternehmen Umbrüche<br />
im externen Rechnungswesen<br />
praktisch gesetzlich auferlegt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Auswirkungen <strong>de</strong>r Globalisierung auf das<br />
interne Rechnungswesen und Controlling sind<br />
dagegen in <strong>de</strong>n Hintergrund gerückt. Mich hat<br />
immer überrascht, dass die Globalisierung gera<strong>de</strong><br />
hier haltmachen sollte. Dass die Internationalisierung<br />
<strong>de</strong>s Controllings einer wissenschaftlichen<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung bedarf, ver<strong>de</strong>utlichte<br />
mir außer<strong>de</strong>m das wirtschaftliche<br />
Umfeld meiner früheren Wirkungsstätte, <strong>de</strong>r<br />
Uni Düsseldorf. In <strong>de</strong>n dort ansässigen Unter-<br />
nehmen waren Berichtswesen und Unternehmensplanung<br />
durchweg international gefärbt.<br />
Persönlich verbin<strong>de</strong>n mich beson<strong>de</strong>rs meine<br />
Auslandsstationen in China, USA, Kanada und<br />
Frankreich mit <strong>de</strong>m internationalen Controlling.<br />
Es motiviert die eigene Forschungsarbeit, wenn<br />
man Störfaktoren <strong>de</strong>s internationalen Controlling<br />
wie die kulturelle Distanz, die man<br />
selber vielleicht gar nicht auf seinem Radarschirm<br />
hatte, dann aber äußerst intensiv durchlebt.<br />
Biel: Bitte lassen Sie uns zunächst das Thema<br />
etwas einordnen und mit grundsätzlichen Fragen<br />
beginnen. Greifen wir die „Internationalisierungsmotive“<br />
<strong>de</strong>r Unternehmen auf. Sehen Sie<br />
bei <strong>de</strong>n Triebkräften, die ein Unternehmen bewegen,<br />
ein Auslandsengagement vorzunehmen<br />
o<strong>de</strong>r zu vertiefen, wesentliche Verän<strong>de</strong>rungen?<br />
Welche Entwicklungen beobachten o<strong>de</strong>r erwarten<br />
Sie?
Hoffjan: Die Motive scheinen unverän<strong>de</strong>rt die<br />
gleichen zu sein: Märkte, Wachstumschancen,<br />
Kostenvorteile. Die Geschwindigkeit und die<br />
Selbstverständlichkeit <strong>de</strong>r Internationalisierung<br />
ist womöglich eine an<strong>de</strong>re gewor<strong>de</strong>n.<br />
Vielleicht sind manche Unternehmen auch zu<br />
unkritisch gegenüber Risiken im Auslandsgeschäft,<br />
einige scheinen blind <strong>de</strong>m Tross zu folgen.<br />
Dies zeigen Rückverlagerungen von<br />
Produktionsstandorten, z. B. beim Plüschtierhersteller<br />
Steiff, aber auch unsere Studien<br />
zum Offshoring von Dienstleistungen. Dort<br />
ist das Controlling im Vorfeld <strong>de</strong>r Desinvestitionsentscheidung<br />
zumeist nicht beteiligt. Dies<br />
wäre aber sehr wichtig, um die häufig doch<br />
wesentlichen „versteckten Kosten“ <strong>de</strong>s Offshoring<br />
aufzu<strong>de</strong>cken. Das Controlling muss<br />
frühzeitig vor einer falsch verstan<strong>de</strong>nen „Auslandsromantik“<br />
warnen.<br />
Biel: Ihre Antwort führt zu einer weiterführen<strong>de</strong>n<br />
Frage: Müssen wir uns – und damit insbeson<strong>de</strong>re<br />
Controller – auf einen wachsen<strong>de</strong>n Internationalisierungsgrad,<br />
also auf eine zunehmen<strong>de</strong><br />
Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Verhältnisses von Inlandsaktivitäten<br />
zu <strong>de</strong>n grenzüberschreiten<strong>de</strong>n<br />
Aktivitäten, einstellen?<br />
Hoffjan: Vermutlich wird in Konzernen zukünftig<br />
je<strong>de</strong> Form von Controlling auch gleichzeitig<br />
internationales Controlling sein. Aber ich sehe<br />
die Controller gut auf eine wachsen<strong>de</strong> Internationalisierung<br />
vorbereitet. Dies betrifft sicherlich<br />
die sprachlichen Voraussetzungen, d. h.<br />
Englisch als Weltsprache. Wichtiger erscheint<br />
mir dass Controller, als Freun<strong>de</strong> von<br />
harten Zahlen und objektivierbaren Faktoren,<br />
vielleicht manches Weiches nicht vorschnell als<br />
„Kulturgedöns“ abtun. Denn gera<strong>de</strong> hier lauern<br />
auf <strong>de</strong>n Controller Konfliktfel<strong>de</strong>r.<br />
Als Deutsche sind wir in unserer interpersonalen<br />
Kommunikation ausgesprochen<br />
direkt. In an<strong>de</strong>ren Kulturen sind hingegen qualitative<br />
Attribute <strong>de</strong>r Mitteilung wichtiger. Kritische<br />
Sachverhalte wer<strong>de</strong>n häufig mit größerer<br />
Vorsicht, einem feineren Fingerspitzengefühl<br />
angesprochen. Die Kontextualität <strong>de</strong>r Information,<br />
nach <strong>de</strong>m Motto „Der Ton macht die<br />
Musik“, wird mit mehr grenzüberschreiten<strong>de</strong>n<br />
Aktivitäten noch wichtiger. Gera<strong>de</strong> auch für<br />
Controller, die nicht selten unangenehme Wahrheiten<br />
kommunizieren müssen.<br />
Biel: Bitte lassen Sie uns das Thema nach verschie<strong>de</strong>nen<br />
Aspekten bewerten. Wir haben gesehen,<br />
dass wir es mit einem – für die Controller<br />
– recht relevanten Thema zu tun haben. Wie<br />
wir noch näher untersuchen wollen, führt das<br />
internationale Controlling sowohl zu quantitativ<br />
als auch qualitativ erhöhten Anfor<strong>de</strong>rungen und<br />
Belastungen. Ist diese Entwicklung auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite auch mit Vorteilen und Chancen für<br />
die Controller verbun<strong>de</strong>n?<br />
Hoffjan: Jegliche Steigerung <strong>de</strong>r Komplexität<br />
bedingt erhöhte Anfor<strong>de</strong>rungen an das <strong>de</strong>utsche<br />
Controlling. Quantitativ durch mehr Ansprechpartner,<br />
die vielleicht auch erst ein Controlling-Verständnis<br />
entwickeln müssen, mehr<br />
Abb. 1: <strong>Planung</strong>sverbund für ein Value-Center<br />
Schulungs- und Reisetätigkeit. Qualitativ durch<br />
Zeitzonen, Sprachprobleme und Konsistenzprobleme<br />
bei vorgelagerten Erfassungssystemen.<br />
Meines Erachtens überwiegen aber die Chancen<br />
für die Profession <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Controller.<br />
Im internationalen Vergleich hat das <strong>de</strong>utsche<br />
Controlling in Unternehmen einen großen Stellenwert,<br />
dies zeigt sich u. a. in <strong>de</strong>r höheren Einordnung<br />
in <strong>de</strong>r Unternehmensorganisation. US-<br />
Praktikermagazine greifen mit zahlreichen<br />
Beiträgen die <strong>de</strong>utsche Kostenrechnung<br />
auf und stellen sie vielfach als Referenz<br />
dar.<br />
Biel: Es wird vielfach, vor allem auf Fachkongressen<br />
und in persönlichen Diskussionsrun<strong>de</strong>n<br />
die Frage aufgeworfen, ob das „<strong>de</strong>utsche<br />
Controlling“ auch auf an<strong>de</strong>re Regionen übertragbar<br />
sei? Verstehen wir Sie richtig, dass Sie<br />
diese Frage bejahen.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Hoffjan: Ja, durchaus. Ich persönlich sehe das<br />
<strong>de</strong>utsche Controlling schon als Exportmo<strong>de</strong>ll!<br />
Biel: Ziel <strong>de</strong>s internationalen Controllings ist<br />
die einheitliche Steuerung <strong>de</strong>s Gesamtunternehmens<br />
durch internationale Koordination,<br />
Überwachung und Unterstützung <strong>de</strong>r ausländischen<br />
Unternehmensteileinheiten. Dadurch<br />
ergibt sich eine hohe Komplexität internationaler<br />
Controlleraufgaben. Sind es die <strong>Planung</strong>sprobleme,<br />
die Kontrollprobleme o<strong>de</strong>r eher die<br />
Informationsprobleme, die die Komplexität<br />
treiben?<br />
Hoffjan: Es ist natürlich ein Strauß von Faktoren,<br />
<strong>de</strong>r die Komplexität begrün<strong>de</strong>t. Persön-<br />
lich wür<strong>de</strong> ich aber die Informationsprobleme<br />
ganz vorne sehen. Eines <strong>de</strong>r größten Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
im internationalen Controlling ist die<br />
Inkonsistenz <strong>de</strong>r Basissysteme. Sie brauchen<br />
als Controller eine homogene Datenbasis, auf<br />
<strong>de</strong>r sie aufsetzen können. Abweichen<strong>de</strong> Rechnungslegungsvorschriften,<br />
unterschiedliche<br />
Ordnungssysteme, an<strong>de</strong>re Stammdaten und<br />
ein durch Zukäufe entstan<strong>de</strong>ner Zoo an DV-<br />
Systemen erschweren die gewohnt fundierte<br />
Informationsversorgung. Daher<br />
schlägt sich die Komplexität vor allem in <strong>de</strong>r<br />
Gestaltung <strong>de</strong>s Berichtswesens nie<strong>de</strong>r.<br />
Biel: Bitte lassen Sie uns nun einigen Umsetzungsfragen<br />
zuwen<strong>de</strong>n. Eine Controllingkonzeption<br />
ist immer unternehmensspezifisch und<br />
in einem internationalen Unternehmen von<br />
einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig.<br />
Neben unternehmensinternen Bestimmungs-<br />
17
18<br />
Interview: Internationales Controlling<br />
größen wirken sich auch unternehmensexterne<br />
Faktoren und außerwirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />
aus. Worauf kommt es bei <strong>de</strong>r Ausgestaltung<br />
und Ausrichtung <strong>de</strong>s internationalen<br />
Controllings ganz beson<strong>de</strong>rs an?<br />
Hoffjan: Es ist das bekannte Spannungsverhältnis<br />
zwischen Standardisierung und Differenzierung.<br />
Generell gilt auch hier: „So viel<br />
Standardisierung wie möglich, so viel Differenzierung<br />
wie nötig.“ Unternehmen brauchen<br />
einerseits weltweite Einheitlichkeit für alle<br />
Tochtergesellschaften, sonst könnte beispielsweise<br />
ein Konzern wie Henkel mit 240 Töchtern<br />
nicht je<strong>de</strong>n Monat all diese Berichte auswerten<br />
und konsolidieren. An<strong>de</strong>rerseits benötigt man<br />
adressatenbezogene Informationen, um das lokale<br />
Management in seinem spezifischen Entscheidungsbedarf<br />
unterstützen zu können.<br />
Autoren<br />
Biel: Störfaktoren und ihre erfolgreiche Bewältigung<br />
sind mitentschei<strong>de</strong>nd für die Controllingeffizienz.<br />
Bei <strong>de</strong>r Vorbereitung auf<br />
dieses Interview wur<strong>de</strong>n von betroffenen<br />
Praktikern viele Probleme genannt. In internationalen<br />
Unternehmen resultieren Probleme<br />
beispielsweise aus inkompatiblen Berichtssystemen,<br />
kulturell bedingten Unterschie<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r unterschiedlichen <strong>Planung</strong>smentalitäten.<br />
Fragen <strong>de</strong>r Währungsumrechnung und Hochinflation<br />
sowie internationaler Verrechnungspreise<br />
o<strong>de</strong>r auch administrative Einflussnahmen<br />
wer<strong>de</strong>n regelmäßig angeführt. Was be<strong>de</strong>utet<br />
dieses „Bedrohungspotenzial“ für Controller?<br />
Sie haben ja diese Probleme eingangs<br />
schon angeschnitten. Wegen <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren<br />
Be<strong>de</strong>utung lassen Sie uns diese Aspekte bitte<br />
separat behan<strong>de</strong>ln und so angemessen hervorheben.<br />
Fachjournalist (DFJS) Dipl.-BW Alfred Biel<br />
betreut das Literaturforum im Controller Magazin und arbeitet<br />
als Rezensent, Autor, Interviewer und Mo<strong>de</strong>rator für verschie<strong>de</strong>ne<br />
Medien im In- und Ausland. Er ist Leiten<strong>de</strong>r Fachredakteur<br />
im Internationalen Controller Verein e. V. ICV und Mo<strong>de</strong>rator im<br />
Deutschen Fachjournalisten Verband e. V. (DFJV).<br />
E-Mail: alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
Prof. Dr. Andreas Hoffjan<br />
ist seit April 2007 Inhaber <strong>de</strong>s Lehrstuhls für Unternehmensrechnung<br />
und Controlling an <strong>de</strong>r Universität Dortmund. Zuvor<br />
leitete er <strong>de</strong>n Lehrstuhl für Controlling und Regulierungsökonomik<br />
an <strong>de</strong>r WHU – Otto Beisheim School of Management.<br />
Davor hat er mehrere Jahre im Ausland geforscht und gelehrt,<br />
darunter als Gastdozent an <strong>de</strong>r Peking University (China), als<br />
Gastforscher an <strong>de</strong>r University of Illinois at Urbana-Champaign<br />
(USA), als Assistant Professor an <strong>de</strong>r University of Manitoba in Winnipeg (Kanada) sowie zuletzt als<br />
Associate Professor an <strong>de</strong>r französischen Wirtschaftshochschule HEC Paris. Seit 2010 ist er zu<strong>de</strong>m<br />
Wissenschaftlicher Direktor für Managementberatung <strong>de</strong>s IWW Rheinisch-Westfälischen Instituts<br />
für Wasserforschung.<br />
Nach <strong>de</strong>m Studium <strong>de</strong>r Mathematik und Betriebswirtschaftslehre in Münster hat er 1997 an <strong>de</strong>r<br />
Universität Düsseldorf zum Thema Verwaltungs-Controlling promoviert. Seine Doktorarbeit wur<strong>de</strong><br />
als beste Dissertation <strong>de</strong>r Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sowie mit <strong>de</strong>m „Hessischen<br />
Innovationspreis Haushaltsreform“ ausgezeichnet.<br />
Im Jahr 2005 erhielt er von <strong>de</strong>r Universität Münster für die Habilitation „Risikorechnung bei industrieller<br />
Auftragsfertigung“ die venia legendi für das Fach Betriebswirtschaftslehre. Sein wissenschaftliches<br />
Werk umfasst mehr als 100 Beiträge in nationalen und internationalen wissenschaftlichen<br />
Zeitschriften und Büchern.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist er seit 2008 Mit-Herausgeber <strong>de</strong>r Fachzeitschrift Controlling. Zu seinen Forschungsgebieten<br />
zählen das Controlling öffentlicher Verwaltungen, das Rechnungswesen entgeltregulierter<br />
Unternehmen, das internationale Controlling sowie das interorganisationale Kostenmanagement.<br />
Für seine Lehrleistungen wur<strong>de</strong> ihm <strong>de</strong>r gesamtuniversitäre Lehrpreis 2008 <strong>de</strong>r TU Dortmund verliehen.<br />
E-Mail: andreas.hoffjan@tu-dortmund.<strong>de</strong><br />
Hoffjan: Vielleicht sollte man weniger von Bedrohung<br />
als von Herausfor<strong>de</strong>rungen sprechen,<br />
<strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r Controller in seiner täglichen Arbeit<br />
stellen muss. Hinsichtlich <strong>de</strong>r unterschiedlichen<br />
<strong>Planung</strong>smentalitäten wird er im Laufe<br />
<strong>de</strong>r Zeit seine „Pappenheimer“ kennen. Kulturell<br />
bedingte Unterschie<strong>de</strong> kann man nur<br />
schwer verän<strong>de</strong>rn, aber Controller wie<br />
auch Manager wer<strong>de</strong>n durch Auslandsaufenthalte<br />
o<strong>de</strong>r die Analyse von „critical inci<strong>de</strong>nts“<br />
dafür sensibilisiert.<br />
Wichtig erscheint mir, dass <strong>de</strong>r Controller in <strong>de</strong>r<br />
Konzernzentrale seine lokalen Aufgabenträger<br />
mitnimmt. Diese beklagen häufig <strong>de</strong>n Umfang<br />
<strong>de</strong>r an die Zentrale zu schicken<strong>de</strong>n Berichte.<br />
Sie brauchen Feedback und ihnen sollte ersichtlich<br />
sein, welchen Zweck die Informationen<br />
stiften. Hier wird das Zentralcontrolling mehr in<br />
die Pflege <strong>de</strong>r Beziehung zu <strong>de</strong>n lokalen Controllern<br />
investieren müssen, sonst wer<strong>de</strong>n Informationsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
nur unzureichend<br />
o<strong>de</strong>r schleppend erfüllt.<br />
Biel: Die zunehmen<strong>de</strong> Internationalisierung<br />
und Globalisierung verän<strong>de</strong>rt auch wesentliche<br />
Fragestellung im Bereich <strong>de</strong>s Kostenmanagements,<br />
<strong>de</strong>r Logistik und an<strong>de</strong>rer betriebswirtschaftlicher<br />
Teilbereiche. Verän<strong>de</strong>rte<br />
Wertschöpfungsstrukturen werfen z. B. die<br />
Frage auf, wann <strong>de</strong>r Austausch von Kosteninformationen<br />
zwischen Supply Chain-Partnern<br />
erfolgreich ist. Brauchen wir auch eine „Internationalisierung<br />
<strong>de</strong>r Betriebswirtschaftslehre“,<br />
ein Themenfeld „Internationales Kostenmanagement“<br />
usw.? Wieweit sind Wissenschaft<br />
und Praxis bei diesem Thema bereits unterwegs?<br />
Hoffjan: Die Internationalisierung <strong>de</strong>r Betriebswirtschaftslehre<br />
hat ja bereits stattgefun<strong>de</strong>n.<br />
Wenn ich auf die Entwicklung in <strong>de</strong>r<br />
Controllingforschung blicke, so ist die Teilnahme<br />
an internationalen Fachkonferenzen nahezu<br />
selbstverständlich, die internationale Fachliteratur<br />
beeinflusst unsere Forschungsarbeit<br />
ungemein, mit <strong>de</strong>n international üblichen empirischen<br />
Metho<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n ausgewählte Fragen<br />
<strong>de</strong>s Controlling untersucht. Inwieweit wir<br />
themenbezogen noch weitergehen<strong>de</strong> Ausdifferenzierungen<br />
brauchen, wie möglicherweise<br />
ein internationales Kostenmanagement, hängt<br />
maßgeblich davon ab, ob man dafür originäre
Problemstellungen erkennen kann. Spontan<br />
erkenne ich das bei letzterem Themenfeld<br />
nicht.<br />
Biel: Wie umfassend und wirksam kann internationales<br />
Controlling sein? Kann die Führung<br />
und Steuerung unterlaufen wer<strong>de</strong>n, wenn z. B.<br />
ausländische Unternehmenseinheiten eigene<br />
Geschäftspolitiken verfolgen?<br />
Hoffjan: Dies kann ja durchaus intendiert sein,<br />
dass bei einem hohen Ausmaß an Dezentralisierung<br />
ausländische Töchter ihre eigene Geschäftspolitik<br />
fahren. Insbeson<strong>de</strong>re wenn aufgrund<br />
hoher Lokalisierungs- bzw. Differenzierungsvorteile<br />
eine multinationale Strategie eingeschlagen<br />
wird, sollte die Zentrale gera<strong>de</strong><br />
nicht durchregieren.<br />
Der größere Freiheitsgrad ist dann allerdings<br />
durch eine weitreichen<strong>de</strong> finanzielle<br />
Berichterstattung zu flankieren. Bei einer<br />
von <strong>de</strong>r Internationalisierungsstrategie nicht<br />
getragenen Verselbstständigung <strong>de</strong>r Tochterziele<br />
sollte jedoch das Management zeitnah intervenieren.<br />
Dies ist aber mehr eine generelle<br />
Frage <strong>de</strong>s Beteiligungs-Controlling, wo bestimmte<br />
Töchter o<strong>de</strong>r Standorte an die kurze<br />
Leine genommen wer<strong>de</strong>n müssen. Schwierig<br />
aus Controllingperspektive ist die Frage, wann<br />
muss ich gegensteuern. So zeigen ältere Studien,<br />
dass neu gegrün<strong>de</strong>te Tochtergesellschaften<br />
eine mittlere Anlaufzeit von sieben bis acht<br />
Jahren benötigen, bis sie schwarze Zahlen<br />
schreiben. Insofern wer<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>re Indikatoren<br />
als positive finanzielle Erfolgsgrößen benötigt,<br />
um zeitnah über eine Fortsetzung o<strong>de</strong>r Beendigung<br />
<strong>de</strong>s Engagements entschei<strong>de</strong>n zu können.<br />
Biel: Bietet Ihnen „Internationales Controlling“<br />
noch spannen<strong>de</strong> Themen?<br />
An welchen Projekten zum internationalen Controlling<br />
arbeiten Sie und welche Themen möchten<br />
Sie noch aufgreifen?<br />
Hoffjan: An spannen<strong>de</strong>n Themen mangelt es<br />
nicht. Viele Beziehungen zwischen <strong>de</strong>r Kultur<br />
und <strong>de</strong>n Auswirkungen auf das Controlling sind<br />
nach wie vor spekulativ. Über anekdotische Evi<strong>de</strong>nz<br />
hinausgehend, müssen hier noch viele<br />
vermutete Zusammenhänge auf breiter Basis<br />
empirisch überprüft wer<strong>de</strong>n. Beson<strong>de</strong>rs reizvoll<br />
erscheint mir das international verglei-<br />
chen<strong>de</strong> Controlling. Es untersucht das Ausmaß<br />
<strong>de</strong>r Verbreitung von Controllingkonzepten<br />
und -instrumenten in verschie<strong>de</strong>nen Län<strong>de</strong>rn.<br />
Die Analyse bestehen<strong>de</strong>r Unterschie<strong>de</strong> und Gemeinsamkeiten<br />
hilft auch <strong>de</strong>utschen Unternehmen,<br />
ihr Controlling in Gastlän<strong>de</strong>rn adäquat aufzusetzen.<br />
Konkret untersuchen meine Mitarbeiter<br />
zurzeit das Controlling in Spanien, Lateinamerika,<br />
<strong>de</strong>m arabischen Raum und Osteuropa.<br />
Über all diesen Län<strong>de</strong>rstudien steht natürlich<br />
die übergeordnete Frage: Gibt es auch im Controlling<br />
eine Konvergenz o<strong>de</strong>r Divergenz, d. h.<br />
verfestigen sich Unterschie<strong>de</strong> infolge von Kultur<br />
und Tradition.<br />
Biel: Zum Stil unserer Interview-Reihe zählt es,<br />
auch die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re kritische und herausfor<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />
Frage zu stellen – und unsere<br />
Leserinnen und Leser legen auch großen Wert<br />
darauf. Bei diesem Themenfeld ist ein kritischer<br />
Themenkomplex beson<strong>de</strong>rs naheliegend. Internationalisierung<br />
und Globalisierung sind zunehmend<br />
verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Frage nach sozialen,<br />
ökologischen und ökonomischen Standards.<br />
Das mit <strong>de</strong>m UN Globale Compact am Hauptsitz<br />
<strong>de</strong>r UNO in New York präsentierte „Manifest<br />
Globales Wirtschaftsethos / Manifesto Global<br />
Economic Ethic“ thematisiert Konsequenzen<br />
und Herausfor<strong>de</strong>rungen für die Weltwirtschaft.<br />
In diesem Dokument geht es um neue Spielregeln<br />
für die Weltwirtschaft mit <strong>de</strong>r zentralen<br />
These „Globalisierung erfor<strong>de</strong>rt ein globales<br />
Ethos“. Wieweit sollten ethische Fragen das<br />
„Internationale Controlling“ beeinflussen, o<strong>de</strong>r<br />
sehen Sie solche Überlegungen nur im politischen<br />
Feld?<br />
Hoffjan: Controlling ist zunächst wertfrei. Es<br />
dient <strong>de</strong>r Unterstützung zielsetzungsgerechter<br />
Entscheidungen in Organisationen. Dies ist <strong>de</strong>r<br />
Fixstern fürs Controlling. Wenn sich das Wertesystem<br />
im Unternehmen von einer ausgeprägten<br />
Sharehol<strong>de</strong>r Value Orientierung mehr<br />
in Richtung Nachhaltigkeit bewegt, fin<strong>de</strong>t das<br />
selbstverständlich auch in <strong>de</strong>r informatorischen<br />
Unterstützung <strong>de</strong>s Controlling seinen Nie<strong>de</strong>rschlag.<br />
Die Berichtsinhalte <strong>de</strong>s Controlling sind<br />
ein Schatten <strong>de</strong>s Entscheidungsbedarfes <strong>de</strong>s<br />
Management.<br />
Biel: Sollen Controller solche Themen und vor<br />
allem Trends völlig ausklammern?<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Hoffjan: Gleichwohl muss natürlich auch das<br />
Controlling auf mögliche langfristige Gefährdungen<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens hinweisen. Hier<br />
sollte auch das Controlling initiativ wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn sich „ethisch blin<strong>de</strong> Flecken“ in <strong>de</strong>r Organisation<br />
abzeichnen.<br />
Biel: Herr Prof. Dr. Hoffjan, haben Sie besten<br />
Dank für Ihre aufschlussreichen Antworten.<br />
Sie haben uns „Internationales Controlling“ in<br />
einer unterstützen<strong>de</strong>n und bejahen<strong>de</strong>n Weise<br />
vermittelt und zu<strong>de</strong>m für Controllerinnen und<br />
Controller vorteilhafte Seiten aufgezeigt, ohne<br />
die Risiken und Probleme zu verkennen. Bemerkenswert<br />
ist insbeson<strong>de</strong>re Ihre Feststellung,<br />
„das <strong>de</strong>utsche Controlling“ ist ein Exportmo<strong>de</strong>ll.<br />
Ihre Darlegungen sensibilisieren<br />
einerseits und motivieren an<strong>de</strong>rerseits im Umgang<br />
mit einem Thema, das sicher – und Ihre<br />
Aussagen ver<strong>de</strong>utlichen dies – immer wichtiger<br />
und be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r wird. Mit Respekt nehmen<br />
wir zur Kenntnis, dass Sie „Internationales<br />
Controlling“ als eigenständiges Gebiet thematisiert<br />
haben und wesentlich dazu beitragen,<br />
dass im Themenfeld „Internationalisierung und<br />
Globalisierung“ auch Controlling ein wichtiges<br />
und selbstständiges Element ist. Wertvoll ist<br />
sicher auch Ihr Hinweis auf die umfassen<strong>de</strong><br />
ganzheitliche Rolle <strong>de</strong>s internationalen Controllings.<br />
Sie weiten <strong>de</strong>n Blick <strong>de</strong>r Controller<br />
und holen Themen in die Aufmerksamkeit, die<br />
nach <strong>de</strong>n praktischen Erfahrungen leicht vernachlässigt<br />
wer<strong>de</strong>n, wie z. B. die frühzeitige<br />
Einbindung <strong>de</strong>r Controller o<strong>de</strong>r die im internationalen<br />
Kontext oft höhere Be<strong>de</strong>utung kultureller<br />
Aspekte als vergleichsweise im Inland.<br />
Herr Prof. Dr. Hoffjan, ich danke Ihnen auch<br />
im Namen unseres Herausgebers, Herrn Dr.<br />
Eiselmayer, und unserer vielen Leserinnen<br />
und Leser herzlich. Ich darf Ihnen aber auch<br />
persönlich vielmals danken für die ausgesprochen<br />
gute Zusammenarbeit und für die<br />
relativ schnelle und einfache Abwicklung<br />
dieses Interviews. Wir wer<strong>de</strong>n Ihre künftige<br />
Arbeit aufmerksam verfolgen und wüschen<br />
Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihren spannen<strong>de</strong>n<br />
Forschungsarbeiten.<br />
19
20<br />
Vorteilhaftigkeit einer Schönheitsoperation<br />
BWL endlich nützlich: Vorteilhaftigkeit von<br />
Schönheitsoperationen<br />
von Peter Hoberg<br />
Die Theorie und die Vorgehensweise <strong>de</strong>r BWL<br />
wird vom Großteil <strong>de</strong>r Bevölkerung als wenig<br />
hilfreich und staubtrocken angesehen. Jetzt<br />
scheint sich das Blatt aber zu wen<strong>de</strong>n, weil<br />
immer mehr private Entscheidungen nicht<br />
mehr ohne Unterstützung durch betriebswirtschaftliche<br />
Verfahren getroffen wer<strong>de</strong>n<br />
können. Vorreiter ist wie immer Amerika.<br />
Dort fragen sich min<strong>de</strong>stens 150 % aller Einwohner,<br />
ob, wann und wie die nächste Schönheitsoperation<br />
durchzuführen sei (über 1 Mio<br />
pro Jahr). Der Erfolg dieser Operationen ist<br />
allerdings durchaus nicht sicher, und zwar sowohl<br />
von <strong>de</strong>r medizinischen Seite her gesehen<br />
als auch von <strong>de</strong>m Eintreten <strong>de</strong>r Vorteile durch<br />
erhöhte Attraktivität.<br />
Daher wird dieser Beitrag – natürlich streng<br />
wissenschaftlich, <strong>de</strong>nn es kommt das Verfahren<br />
<strong>de</strong>r flexiblen <strong>Planung</strong> zum Einsatz –<br />
dieses wichtige Problem beleuchten.<br />
Entscheidung zur Schönheitsoperation<br />
als Investitionsproblem<br />
Wie bei an<strong>de</strong>ren Investitionen (Handlungsmöglichkeiten)<br />
auch, wer<strong>de</strong>n durch eine<br />
Schönheitsoperation zahlreiche Konsequenzen<br />
ausgelöst. Nicht nur in <strong>de</strong>r Investitionsphase<br />
fallen positive und negative Konsequenzen<br />
an, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>r späteren<br />
Nutzphase. Zu ihrer Abschätzung wird die bewährte<br />
Differenzmetho<strong>de</strong> angewen<strong>de</strong>t, nach<br />
<strong>de</strong>r die Nicht-Operation – also normales Weiterleben<br />
– als Nullalternative o<strong>de</strong>r Vergleichsmaßstab<br />
angenommen wird. Alle Konsequenzen<br />
<strong>de</strong>r Schönheitsoperation sind somit<br />
Differenzgrößen.<br />
Die große Schwierigkeit liegt darin, die Größen<br />
vergleichbar zu machen, weil sie zu unterschiedlichen<br />
Zeitpunkten anfallen und teilweise<br />
auch in unterschiedlichen Dimensionen gemes-<br />
sen wer<strong>de</strong>n. Geld und Gefühle lassen sich<br />
nur über Umwege abwägen.<br />
Negative finanzielle Konsequenzen<br />
einer Schönheitsoperation<br />
„Wer schön sein will, muss lei<strong>de</strong>n“. Dies gilt<br />
beson<strong>de</strong>rs für Schönheitsoperationen, die<br />
einiges an Geld, Zeit und psychischer Energie<br />
erfor<strong>de</strong>rn. Zu nennen sind insbeson<strong>de</strong>re:<br />
a) Auszahlungen an <strong>de</strong>n Arzt und die Klinik<br />
b) Zeitaufwand vor, während und direkt nach<br />
<strong>de</strong>r Behandlung<br />
c) Folgekosten durch die Effekte <strong>de</strong>r Operation<br />
zu a) Relativ einfach sind die Rechnungen für<br />
die medizinische Behandlung zu erfassen.<br />
Als Komplikation kann auftreten, dass Anzahlungen<br />
o<strong>de</strong>r mehrere Raten zu zahlen sind,
insb. wenn für <strong>de</strong>n gewünschten Erfolg mehrere<br />
Eingriffe notwendig sind. In solchen Fällen<br />
wird ein einheitlicher Vergleichszeitpunkt benötigt.<br />
Auch wenn prinzipiell je<strong>de</strong>r beliebige<br />
Zeitpunkt dazu dienen kann, solange er einheitlich<br />
angewen<strong>de</strong>t wird, sollte man einen Zeitpunkt<br />
wählen, <strong>de</strong>r wenig Rechenarbeit verursacht<br />
und leicht nachzuvollziehen ist. Hier bietet<br />
sich <strong>de</strong>r Tag <strong>de</strong>r Operation an. Früher liegen<strong>de</strong><br />
Zahlungen (z. B. Anzahlungen) sind auf<br />
diesen Zeitpunkt aufzuzinsen, später liegen<strong>de</strong><br />
(z. B. Abschlussrechnung) darauf abzuzinsen.<br />
Dies gilt auch für die stark beworbenen Ratenzahlungen<br />
(für nur 99 € pro Monat die Traumfigur).<br />
Hier kann mit <strong>de</strong>m Einsatz von Barwertfaktoren<br />
ermittelt wer<strong>de</strong>n, wie teuer die Ratenzahlungen<br />
sind. Auf die Möglichkeiten einer<br />
lebenslangen Kun<strong>de</strong>nbindung über Monatszahlungen<br />
kann im Rahmen dieses Beitrags nicht<br />
eingegangen wer<strong>de</strong>n.<br />
zu b) Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass<br />
die Operationen sehr viel Zeit in <strong>de</strong>r Vorbereitung,<br />
im Klinikaufenthalt und in <strong>de</strong>r Rekonvaleszenzphase<br />
(inkl. <strong>de</strong>m Verstecken vor hämischen<br />
Zeitgenossen) erfor<strong>de</strong>rn können. Da<br />
diese Zeiten und das unter a) beschriebene<br />
Geld nicht direkt verglichen wer<strong>de</strong>n können,<br />
muss eine Umrechnung erfolgen. Dies kann<br />
teilweise über die Opportunitätskosten geschehen,<br />
also durch die Beantwortung <strong>de</strong>r Frage,<br />
wie ansonsten die Zeit genutzt wor<strong>de</strong>n wäre.<br />
Besteht die Alternative in einer Erwerbstätigkeit,<br />
so ist <strong>de</strong>r dabei erzielte Nettostun<strong>de</strong>nlohn<br />
anzusetzen. Wür<strong>de</strong> die fragliche Person die Zeit<br />
nur dazu „nutzen“, Soap Operas im Fernsehen<br />
zu betrachten, kann <strong>de</strong>r Zeitverlust wohl außen<br />
vor gelassen wer<strong>de</strong>n. Eine Ersparnis kann sogar<br />
angesetzt wer<strong>de</strong>n, wenn dadurch weiteres<br />
Shopping verhin<strong>de</strong>rt wird (obwohl dies in <strong>de</strong>r<br />
nächsten Phase sicher nachgeholt wer<strong>de</strong>n<br />
dürfte).<br />
Wenn diese Zeitverbräuche nicht nahe um <strong>de</strong>n<br />
Operationstermin herum liegen, ist wie<strong>de</strong>rum<br />
eine Auf- o<strong>de</strong>r Abzinsung auf <strong>de</strong>n einheitlichen<br />
Vergleichszeitpunkt notwendig.<br />
zu c) Nach<strong>de</strong>m die Operationen und die Rekonvaleszenzzeit<br />
überstan<strong>de</strong>n sind, folgt die Phase<br />
<strong>de</strong>r Anpassung an das neue Erscheinungsbild.<br />
Ggf. passen einige Teile <strong>de</strong>r Gar<strong>de</strong>robe<br />
nicht mehr o<strong>de</strong>r es ist ein neuer Typ entstan<strong>de</strong>n,<br />
bei <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>re Körperteile zu betonen<br />
o<strong>de</strong>r zu kaschieren sind. Dadurch fallen einmal<br />
Auszahlungen für die neue Kleidung und zum<br />
an<strong>de</strong>ren wie<strong>de</strong>rum Zeitaufwand an, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rum<br />
mit <strong>de</strong>m Opportunitätskostensatz bewertet<br />
wer<strong>de</strong>n sollte (siehe b).<br />
Nach Durchführung dieser Schritte sind die<br />
wichtigsten negativen Konsequenzen erfasst, in<br />
finanzielle Größen umgerechnet und auf <strong>de</strong>n<br />
einheitlichen Vergleichszeitpunkt bezogen. Damit<br />
steht dann <strong>de</strong>r Einsatz fest. Was er bewirkt,<br />
ist im nächsten Kapitel zu diskutieren.<br />
Positive finanzielle Konsequenzen<br />
einer Schönheitsoperation<br />
Die Bemessung <strong>de</strong>r Vorteile kann ähnlich wie<br />
bei <strong>de</strong>n negativen finanziellen Konsequenzen<br />
erfolgen:<br />
a) Direkt finanziell messbare Konsequenzen<br />
b) Indirekt messbare Konsequenzen<br />
zu a) Kandidaten für Schönheitsoperationen<br />
können ganz unterschiedliche Ziele verfolgen.<br />
Im finanziellen Bereich könnte es die Vorstellung<br />
sein, dass dadurch ein besserer Job<br />
möglich wird. Jenseits <strong>de</strong>r qualitativen Vorteile<br />
eines besseren Jobs könnte damit <strong>de</strong>r Vorteil<br />
durch <strong>de</strong>n Anstieg <strong>de</strong>s Nettogehaltes zählen.<br />
Ebenfalls finanziell messbar könnte <strong>de</strong>r Effekt<br />
sein, dass ggf. ein „besserer“ Partner gefun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n kann, <strong>de</strong>r durch sein höheres Einkommen<br />
ein besseres Konsumniveau ermöglicht.<br />
zu b) Bei <strong>de</strong>n nicht direkt messbaren Konsequenzen<br />
geht es um Vorteile wie „sich besser<br />
fühlen“ o<strong>de</strong>r bewun<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st<br />
nicht mehr aufgezogen zu wer<strong>de</strong>n. Lei<strong>de</strong>r sind<br />
diese Effekte nur außeror<strong>de</strong>ntlich schwierig zu<br />
quantifizieren. Aber immerhin gibt es dafür zwei<br />
Ansätze. Zunächst kann man durch Schätzung<br />
<strong>de</strong>s Betroffenen herausfin<strong>de</strong>n, einen wie hohen<br />
Wert er <strong>de</strong>m Ergebnis einer Schönheitsoperation<br />
zumisst. Offensichtlich muss <strong>de</strong>r Wert oberhalb<br />
<strong>de</strong>s Operationspreises sein, weil ansonsten<br />
die Entscheidung gegen die Operation<br />
gefallen wäre. Auf Basis dieses Preises kann<br />
<strong>de</strong>r Patient versuchen, die „Wertsteigerung“<br />
zu ermitteln.<br />
Die zweite Möglichkeit geht wie<strong>de</strong>r über einen<br />
Umweg. Es wird untersucht, wie teuer es wäre,<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
wenn durch an<strong>de</strong>re Maßnahmen eine gleich<br />
hohe Attraktivitätssteigerung (aus Sicht <strong>de</strong>r<br />
avisierten Zielgruppe) erreicht wer<strong>de</strong>n soll. Diese<br />
könnte in besserer Kleidung, einer Diät,<br />
einem Besuch im Fitnessstudio o<strong>de</strong>r auch<br />
einem tollen Auto liegen. Der Betrag (finanziell<br />
und zeitlich), <strong>de</strong>r dadurch notwendig wür<strong>de</strong>,<br />
kann dann hilfsweise als Nutzen <strong>de</strong>r Schönheitsoperation<br />
genommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Gegebenenfalls können durch die Schönheitsoperation<br />
an<strong>de</strong>re medizinische Maßnahmen<br />
unterbleiben.<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>r Unsicherheit<br />
Bis jetzt wur<strong>de</strong> davon ausgegangen, dass die<br />
Operation erfolgreich verläuft. In <strong>de</strong>r Realität<br />
muss jedoch mit <strong>de</strong>r Unsicherheit <strong>de</strong>s Erfolges<br />
gerechnet wer<strong>de</strong>n. We<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r objektive<br />
noch <strong>de</strong>r subjektive Erfolg sind sicher. Die<br />
Operation kann misslingen, so dass das Opfer<br />
schlimmer aussieht als vorher. Hier leisten die<br />
Privatsen<strong>de</strong>r wertvolle Aufklärungsarbeit in bei<strong>de</strong>n<br />
Richtungen, in<strong>de</strong>m sowohl positive wie<br />
auch negative Fälle ausführlich geschil<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n. Zusätzlich kann es Komplikationen geben<br />
(Entzündungen), die ggf. einen weiteren<br />
Eingriff erfor<strong>de</strong>rn. Ebenfalls kann es passieren,<br />
dass das zunächst gewünschte Ergebnis im<br />
Nachhinein nicht mehr erstrebenswert ist.<br />
Die Prognose ist somit dadurch belastet, dass<br />
die Ergebnisse und ihre Folgen im Zeitablauf<br />
unsicher sind. Zu<strong>de</strong>m hängen sie auch von <strong>de</strong>n<br />
Anpassungsentscheidungen <strong>de</strong>s Patienten bei<br />
Unzufrie<strong>de</strong>nheit ab (wird <strong>de</strong>r Arzt verklagt, wird<br />
eine weitere OP benötigt etc.). In einer solchen<br />
komplizierten Situation mit vielen Unsicherheiten<br />
und mehreren Anpassungsmöglichkeiten<br />
empfiehlt sich <strong>de</strong>r Einsatz <strong>de</strong>r flexiblen<br />
<strong>Planung</strong>, die auf <strong>de</strong>m Konzept <strong>de</strong>r Entscheidungsbäume<br />
basiert. In mehreren Entscheidungsstufen<br />
kann damit simuliert wer<strong>de</strong>n, welche<br />
Ereignisse mit welcher Wahrscheinlichkeit<br />
eintreten und wie jeweils darauf reagiert wür<strong>de</strong><br />
(bedingte Strategien).<br />
Bei <strong>de</strong>n Wahrscheinlichkeiten han<strong>de</strong>lt es sich<br />
nicht um mathematische Wahrscheinlichkeiten,<br />
son<strong>de</strong>rn um subjektive, welche nicht exakt sein<br />
können.<br />
21
22<br />
Vorteilhaftigkeit einer Schönheitsoperation<br />
Vergleichszeitpunkt: 01.01.11 Angaben in T<br />
Vergleichszinssatz p.a. eff.: 10,0% 01.01.12<br />
EW = Erwartungswert 200 50%<br />
Reaktion gut<br />
Operation<br />
nein<br />
<strong>de</strong>r<br />
Ziel-<br />
50<br />
50%<br />
gruppe<br />
125<br />
EW<br />
0<br />
mäßig<br />
180 40%<br />
01.<br />
05.<br />
11<br />
gut<br />
-8<br />
100<br />
40%<br />
Kauf<br />
neuer<br />
ja<br />
mittel<br />
Kleidung?<br />
0 20%<br />
Erfolg<br />
<strong>de</strong>r<br />
Operation?<br />
keine<br />
112<br />
EW<br />
70%<br />
nein<br />
Reaktion<br />
<strong>de</strong>r<br />
Zielgruppe<br />
ja<br />
nein 0<br />
Operation ja<br />
30% nein<br />
nein<br />
-100<br />
Prüfung<br />
auf<br />
ja<br />
-10<br />
40%<br />
Verklagen<br />
Einigung<br />
-1<br />
-10<br />
Erfolg<br />
<strong>de</strong>r<br />
Klage?<br />
50<br />
30%<br />
Sieg 200 30%<br />
Zeitpunkte: 71 EW<br />
01.<br />
01.<br />
11<br />
01.<br />
03.<br />
11<br />
01.<br />
05.<br />
11<br />
01.<br />
07.<br />
11<br />
01.<br />
01.<br />
13<br />
Abb. 1: Aufbau <strong>de</strong>s Entscheidungsbaumes<br />
Flexible <strong>Planung</strong> – Mögliche Abläufe<br />
von Schönheitsoperationen<br />
Die Folge <strong>de</strong>r oben beschriebenen Unsicherheit<br />
liegt darin, dass es unendlich viele theoretisch<br />
mögliche Folgen einer Schönheitsoperation<br />
gibt. Dies gilt generell für die Prognose <strong>de</strong>r Konsequenzen<br />
fast aller Handlungsmöglichkeiten.<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r endlichen Informationsverarbeitungskapazität<br />
<strong>de</strong>r Menschen und aufgrund ihrer<br />
begrenzten Zeit ist es ihnen nicht möglich,<br />
auch nur annähernd eine vollständige Auflistung<br />
aller möglichen Folgen zu erreichen.<br />
In dieser schwierigen Situation hat es sich<br />
bewährt, Szenarien zu <strong>de</strong>finieren. Ein <strong>Szenario</strong><br />
ist eine in sich schlüssige Kombination<br />
von Ausprägungen relevanter Faktoren. Es geht<br />
also nicht um eine planlose Variation wichtiger<br />
Faktoren, son<strong>de</strong>rn um eine kohärente Auswahl.<br />
Diese Einschränkung ist wie<strong>de</strong>rum unseren<br />
begrenzten Fähigkeiten geschul<strong>de</strong>t. Beliebige<br />
Kombinationen relevanter Faktoren wären<br />
unendlich zahlreich. Mit <strong>de</strong>r <strong>Szenario</strong>technik<br />
bleibt <strong>de</strong>r Aufwand noch halbwegs<br />
beherrschbar. Aber wir müssen anerkennen,<br />
dass viele mögliche Ereignisse (z. B. besoffener<br />
Chirurg mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Folgen) üblicherweise<br />
erst gar nicht untersucht wer<strong>de</strong>n.<br />
Es können somit nur wenige zukünftige Konstellationen<br />
beachtet wer<strong>de</strong>n. Daraus folgt die<br />
Notwendigkeit, sich vom Anfang bis zum<br />
En<strong>de</strong> darauf einzustellen, dass Anpas-<br />
sungen notwendig wer<strong>de</strong>n können. Bei <strong>de</strong>n<br />
Anpassungen ist zu unterschei<strong>de</strong>n in explizite,<br />
also in <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong> berücksichtigte und nicht<br />
von vornherein geplante, für die eine Vorbereitung<br />
nur sehr schwer möglich ist. Dies gilt auch<br />
allgemein in <strong>de</strong>r Unternehmensführung. Es<br />
empfiehlt sich häufig, breiter einsetzbare Betriebsmittel<br />
zu beschaffen, auch wenn sie im<br />
ersten Schritt teurer sind als Spezialmaschinen.<br />
Wenn sich <strong>de</strong>r zukünftige Patient zur Schönheitsoperation<br />
entschließt, kann im ersten<br />
Schritt unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, ob die Operation<br />
gelingt o<strong>de</strong>r nicht. Ein Misslingen kann von keinem<br />
Chirurgen ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Denn<br />
es können trotz besten Bemühens zahlreiche<br />
Probleme auftauchen, welche auf Seiten <strong>de</strong>s<br />
Chirurgen, <strong>de</strong>s Patienten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Krankenhauses<br />
liegen können. Da <strong>de</strong>r Erfolg nicht vorher<br />
– ex ante – feststeht, können nur subjektive<br />
Wahrscheinlichkeiten angegeben wer<strong>de</strong>n, mit<br />
<strong>de</strong>nen die Operation das gewünschte Ergebnis<br />
bringt. Dafür sollten je nach Eingriffsart<br />
überprüfte Statistiken vorliegen. Aber die<br />
gibt es selbst für traditionelle Operationen nur<br />
im Ansatz. Erst recht bei Schönheitsoperationen<br />
ist dies schwierig, weil die Akteure natürlich<br />
nicht daran interessiert sind, dass Misserfolge<br />
sauber erfasst wer<strong>de</strong>n. Ein bekannt wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r<br />
Fehlversuch kann das Geschäft ruinieren.<br />
Insofern ist es für <strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Patienten<br />
nicht einfach, eine Wahrscheinlichkeit zu schätzen;<br />
<strong>de</strong>nn Referenzen wer<strong>de</strong>n sicher sehr einseitig<br />
ausgewählt. Abhilfe könnten Internetpor-<br />
tale schaffen, die im Entstehen sind. Aber auch<br />
bei ihnen muss das Problem <strong>de</strong>r Objektivität<br />
und <strong>de</strong>s Missbrauchs gelöst wer<strong>de</strong>n.<br />
Nach bestmöglicher Schätzung <strong>de</strong>r subjektiven<br />
Wahrscheinlichkeiten ist dann zu überlegen,<br />
wie auf das Ergebnis zu reagieren ist. Hier<br />
zeigt sich die Stärke <strong>de</strong>r flexiblen <strong>Planung</strong>, die<br />
auch nach <strong>de</strong>m Start <strong>de</strong>s Projektes in t = 0 noch<br />
spätere Anpassungsmöglichkeiten vorsieht<br />
auf Basis <strong>de</strong>s dann bestehen<strong>de</strong>n Kenntnisstan<strong>de</strong>s.<br />
Im Falle <strong>de</strong>s Gelingens kann dann z. B.<br />
die Gar<strong>de</strong>robe angepasst wer<strong>de</strong>n. Danach ist<br />
zu schätzen, ob die erhofften Wirkungen durch<br />
die neue Erscheinung (Operationsergebnis und<br />
neue Gar<strong>de</strong>robe) eintreten. Dies wie<strong>de</strong>rum<br />
kann nicht sicher prognostiziert wer<strong>de</strong>n. Es<br />
muss wie<strong>de</strong>r geschätzt wer<strong>de</strong>n. Wenn die Umwelt<br />
passend reagiert, können die positiven<br />
finanziellen Konsequenzen kalkuliert wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Falle <strong>de</strong>s Scheiterns wird – insb. in <strong>de</strong>n USA<br />
– erst einmal geprüft, ob das Krankenhaus o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Chirurg verklagt wer<strong>de</strong>n kann. Die Erfolgsaussichten<br />
sind wie<strong>de</strong>r zu schätzen, ebenso wie<br />
die Höhe einer eventuellen Schmerzensgeldzahlung.<br />
Dagegen ist zu rechnen, wie hoch <strong>de</strong>r empfun<strong>de</strong>ne<br />
Scha<strong>de</strong>n ist. Ggf. muss auch eine Wie<strong>de</strong>rholung<br />
<strong>de</strong>r Operation in Erwägung gezogen<br />
wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Folgen wie<strong>de</strong>r zu bewerten sind.<br />
Man kann somit sehen, dass die Abbildung <strong>de</strong>r<br />
Folgen sehr schnell sehr kompliziert wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Um überhaupt die Daten ermitteln zu<br />
können, muss sich somit <strong>de</strong>r Entscheidungsträger<br />
auf einige wichtige Ereignisse und Anpassungsmaßnahmen<br />
konzentrieren.<br />
Für <strong>de</strong>n Fall einer einmaligen Schönheitsoperation<br />
soll die Struktur <strong>de</strong>r Folgen nun in einem<br />
Entscheidungsbaum abgebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Wichtige<br />
Strukturelemente sind <strong>de</strong>r Ereignisknoten<br />
und <strong>de</strong>r Entscheidungsknoten. Der<br />
Ereignisknoten wird üblicherweise durch einen<br />
Kreis dargestellt. Er hat mehrere Ausgänge<br />
(z. B. 2: Operation gelingt o<strong>de</strong>r nicht), von <strong>de</strong>nen<br />
je<strong>de</strong>r mit einer subjektiven Wahrscheinlichkeit<br />
versehen wird. Letztere summieren sich auf<br />
100 %, was nochmals zeigt, dass an<strong>de</strong>re zukünftige<br />
Zustän<strong>de</strong> nicht mehr betrachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Je nach Eintreten eines bestimmten Zustan<strong>de</strong>s<br />
kann <strong>de</strong>r Entscheidungsträger mit einer<br />
an<strong>de</strong>ren Anpassungsmaßnahme reagieren.
Wenn die Operation nicht gelungen ist, muss<br />
entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, ob z. B. ein Verklagen<br />
<strong>de</strong>s Krankenhauses o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Chirurgen sinnvoll<br />
ist o<strong>de</strong>r nicht. Bei diesem Entscheidungsknoten,<br />
üblicherweise durch einen Quadrat<br />
dargestellt, wird somit nur ein Ausgang gewählt.<br />
Hier ist später also eine Anpassungsentscheidung<br />
zu treffen. Der Entscheidungsbaum<br />
wird somit durch eine Folge von Zufalls-<br />
und Entscheidungsknoten aufgebaut. Zu je<strong>de</strong>m<br />
betrachteten Zeitpunkt sind eventuelle<br />
finanzielle Konsequenzen zu schätzen. Wenn<br />
eine Klage erwogen wird, fallen ggf. umgehend<br />
Anzahlungen für <strong>de</strong>n Anwalt an und erst<br />
viel später nach erfolgreichem Prozess Einzahlungen.<br />
Die Konsequenzen müssen also<br />
hinsichtlich Wahrscheinlichkeit, Höhe und<br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Damit ergibt sich für die Folgen <strong>de</strong>r Schönheitsoperation<br />
Abbildung 1. Da die Handlungsmöglichkeit<br />
„Keine Schönheitsoperation“ die Ausgangslösung<br />
ist, gegen die verglichen wer<strong>de</strong>n<br />
muss, hat sie einen Wert von Null. Für <strong>de</strong>n weiteren<br />
Ablauf sind, wie beschrieben, auch die<br />
Zeitpunkte wichtig, zu <strong>de</strong>nen die positiven und<br />
negativen finanziellen Konsequenzen eintreffen.<br />
Im Beispiel möge sich <strong>de</strong>r Entscheidungsträger<br />
am 1.1.2011 hinsichtlich <strong>de</strong>r Operation<br />
entschei<strong>de</strong>n. Die weiteren Zeitpunkte sind eingetragen.<br />
Im Falle eines Entschlusses für die Schönheitsoperation<br />
muss geschätzt wer<strong>de</strong>n, mit welcher<br />
Wahrscheinlichkeit sie gelingen wird. In <strong>de</strong>r Abbildung<br />
gibt es dafür einen Ereignisknoten, von<br />
<strong>de</strong>m alle Ausgänge gemäß ihren Wahrscheinlichkeiten<br />
weiter betrachtet wer<strong>de</strong>n müssen. Im<br />
Beispiel wird angenommen, dass <strong>de</strong>r Erfolg mit<br />
70 % eintritt, <strong>de</strong>r Misserfolg mit 30 %.<br />
2 Monate nach <strong>de</strong>r Operation möge <strong>de</strong>r Erfolg<br />
o<strong>de</strong>r Misserfolg endgültig sichtbar wer<strong>de</strong>n, hier<br />
am 1.3.2011. Nur im positiven Fall (bedingte<br />
Entscheidung) taucht die Frage auf, ob die Kleidung<br />
neu beschafft wer<strong>de</strong>n sollte, um die neuen<br />
Qualitäten besser herausstellen zu können.<br />
Hier zeigt sich <strong>de</strong>r Vorteil <strong>de</strong>r flexiblen <strong>Planung</strong><br />
mit <strong>de</strong>m Entscheidungsbaum, weil nicht schon<br />
am Anfang in t = 0 festgelegt wer<strong>de</strong>n muss, ob<br />
neue Kleidung im geschätzten Wert von 8 T€<br />
gekauft wer<strong>de</strong>n soll, was ja meistens sinnlos<br />
wäre, wenn das Operationsziel nicht erreicht<br />
wur<strong>de</strong>. Es han<strong>de</strong>lt sich um einen Entscheidungsknoten,<br />
bei <strong>de</strong>m später ermittelt wer<strong>de</strong>n<br />
muss, ob <strong>de</strong>r Kauf neuer Kleidung sinnvoll ist<br />
o<strong>de</strong>r nicht (also nur ein Ausgang).<br />
Unter <strong>de</strong>n Voraussetzungen a) erfolgreiche<br />
Operation und b) neue Kleidung wird nun geschätzt,<br />
wie die Zielgruppe reagieren wird. Da<br />
dies nicht sicher ist, kommt wie<strong>de</strong>r ein Ereignisknoten<br />
ins Spiel, <strong>de</strong>ssen verschie<strong>de</strong>ne Ausgänge<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Im positiven Fall wird<br />
<strong>de</strong>r geldwerte Vorteil auf 200 T€ vermutet. Wie<br />
oben beschrieben können dies direkte finanzielle<br />
Vorteile sein, aber insb. auch im ersten<br />
Schritt nicht quantifizierte Vorteile wie größere<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheit und höheres Selbstbewusstsein.<br />
Zusätzlich ist die Wahrscheinlichkeit angege-<br />
Autor<br />
ben, mit <strong>de</strong>r diese gute Reaktion <strong>de</strong>r Zielgruppe<br />
erwartet wird (50 %). Im Falle einer mäßigen<br />
Reaktion reduziert sich <strong>de</strong>r Vorteil auf 50 T€.<br />
Dieses Ergebnis wird zu 50 % erwartet. Die<br />
Summe <strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeiten aus diesem<br />
Ereignisknoten ergibt selbstverständlich 100 %.<br />
Der zweite Ausgang aus <strong>de</strong>m Entscheidungsknoten<br />
„Kauf neuer Kleidung“ steht für die negative<br />
Entscheidung hinsichtlich neuer Klei<strong>de</strong>r.<br />
Unter <strong>de</strong>n Voraussetzungen a) erfolgreiche<br />
Operation und b) keine neue Kleidung wird nun<br />
geschätzt, wie die Zielgruppe reagieren wird.<br />
Hier wer<strong>de</strong>n drei Möglichkeiten hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />
Reaktion in Betracht gezogen (gut, mittel, keine),<br />
<strong>de</strong>ren Summe auch wie<strong>de</strong>r 100% ergibt.<br />
Damit ist <strong>de</strong>r Ast „erfolgreiche Operation“ abgearbeitet<br />
und die jeweiligen Konsequenzen<br />
sind aufgezeigt.<br />
Im Falle einer negativ verlaufenen Operation<br />
wird im ersten Schritt überprüft, ob eine Klage<br />
gegen das Krankenhaus o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Chirurg sinnvoll<br />
sein könnte. Die mit <strong>de</strong>r Prüfung verbun<strong>de</strong>n<br />
Kosten wer<strong>de</strong>n auf 1 T€ geschätzt und sind im<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Entscheidungsbaum mit -1 vermerkt. Bei<br />
schlechten Erfolgsaussichten wird auf eine Klage<br />
verzichtet und <strong>de</strong>r Ast ist been<strong>de</strong>t. Wird <strong>de</strong>r<br />
Klageweg beschritten, so mögen in je<strong>de</strong>m Fall<br />
schon einmal 10 T€ an Prozesskosten und Gutachten<br />
anfallen, was auch in Abbildung 1 aufgeführt<br />
ist. Das Ergebnis <strong>de</strong>s Prozesses kann<br />
wie<strong>de</strong>rum nicht sicher vorhergesagt wer<strong>de</strong>n, so<br />
dass ein Ereignisknoten notwendig wird. Im<br />
Falle <strong>de</strong>r Prozessnie<strong>de</strong>rlage müssen auch noch<br />
die gegnerischen Anwaltskosten übernommen<br />
wer<strong>de</strong>n (-10 T€), bei einer außergerichtlichen<br />
Einigung gibt es einen Scha<strong>de</strong>nsersatz von 50<br />
T€ und nur bei einem Sieg kommt es zu einer<br />
großen Entschädigung von 200 T€. Alle drei<br />
möglichen Ausgänge sind wie<strong>de</strong>r mit Wahrscheinlichkeiten<br />
versehen. Zu<strong>de</strong>m ist jeweils<br />
Prof. Dr. Peter Hoberg<br />
arbeitet als Professor für Betriebswirtschaftslehre an <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />
Worms. Auf Basis einer 15-jährigen Erfahrung in internationalen<br />
Unternehmen beschäftigt er sich insb. mit Themen<br />
<strong>de</strong>s Controlling und <strong>de</strong>r Investitionsrechnung. Schwerpunkt<br />
seines Interesses ist die Verbindung von Theorie und Praxis.<br />
E-Mail: peterhoberg@web.<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Zeitpunkt angegeben, an <strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>n Konsequenzen<br />
gerechnet wird.<br />
Wie bereits oben erwähnt, sind die Verzweigungen<br />
bei weitem nicht vollständig. An je<strong>de</strong>m<br />
Knoten könnten noch beliebig viele weitere<br />
Ausgänge <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n. So könnten z. B.<br />
auch im Falle einer fehlgeschlagenen Operation<br />
neue Klei<strong>de</strong>r notwendig wer<strong>de</strong>n. Aber um das<br />
Problem handhabbar zu halten, muss sich <strong>de</strong>r<br />
Entscheidungsträger auf die wichtigsten konzentrieren.<br />
Allerdings sollte er immer im Hinterkopf<br />
behalten, dass es an<strong>de</strong>rs kommen kann<br />
als geplant. Auch zusätzliche finanziell positive<br />
Möglichkeiten, wie die Vermarktung <strong>de</strong>r Operation<br />
im Fernsehen o<strong>de</strong>r im Internet, wer<strong>de</strong>n hier<br />
nicht betrachtet.<br />
Auswertung <strong>de</strong>s Entscheidungsbaumes<br />
Während <strong>de</strong>r Entscheidungsbaum vorwärts<br />
aufgebaut wur<strong>de</strong>, erfolgt seine Analyse in Teilschritten<br />
retrograd. Dies ist notwendig, um an<br />
23
24<br />
Vorteilhaftigkeit einer Schönheitsoperation<br />
Abb. 2: Auswertung <strong>de</strong>s Entscheidungsbaumes (relevanter Ausschnitt)<br />
<strong>de</strong>n jeweiligen Entscheidungsknoten feststellen<br />
zu können, welche Entscheidung im konkreten<br />
Fall besser ist (bedingte Entscheidungen).<br />
Nur dieser Teil <strong>de</strong>s Astes wird dann<br />
weiter betrachtet. Die schlechteren Ausgänge<br />
<strong>de</strong>s Entscheidungsknotens bleiben somit außen<br />
vor und verschlechtern nicht das Ergebnis<br />
<strong>de</strong>r Handlungsmöglichkeit. Diese Selektivität<br />
wäre nicht möglich, wenn bereits zum ersten<br />
Entscheidungszeitpunkt (1.1.2011) alle Festlegungen<br />
hätten getroffen wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Ermittlung <strong>de</strong>s Kalkulationszinssatzes<br />
Im aufgestellten Entscheidungsbaum fallen die<br />
finanziellen Konsequenzen zu unterschiedlichen<br />
Zeitpunkten an. Sie sind somit im ersten Schritt<br />
nicht vergleichbar. Es muss ein Vergleichsmaßstab<br />
aufgebaut wer<strong>de</strong>n. Benötigt wird ein individueller<br />
Kalkulationszinsfuß (Vergleichszinssatz),<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n jeweiligen Zeitwert <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s<br />
für <strong>de</strong>n Entscheidungsträger angibt.<br />
Privatpersonen müssen sich fragen, wie sie zusätzliches<br />
Geld anlegen bzw. wie sie benötigtes<br />
Geld beschaffen wür<strong>de</strong>n. Dabei kann <strong>de</strong>r Verbraucher<br />
in <strong>de</strong>r Kreditsituation o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />
Anlagesituation sein. Diese Unterscheidung<br />
ist wichtig für die Ableitung <strong>de</strong>s Zinssatzes.<br />
Befin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Anleger in einer Kreditsituation,<br />
wür<strong>de</strong> er für die Schönheitsoperation sei-<br />
nen Kredit erhöhen und bei Geldzugang <strong>de</strong>n<br />
Kredit reduzieren. Die Opportunität ist also jeweils<br />
im Aufbau bzw. Abbau <strong>de</strong>s Kredites zu<br />
sehen. Der Kalkulationszinsfuß kann z. B. aus<br />
<strong>de</strong>m Effektivzinssatz für Konsumentenkredite<br />
o<strong>de</strong>r Hypothekendarlehen bestehen o<strong>de</strong>r im<br />
schlimmsten Fall aus <strong>de</strong>m Effektivzinssatz für<br />
Kredite vom Kredithai. Ertragssteuerliche Aspekte<br />
können in <strong>de</strong>r Kreditsituation meistens<br />
vernachlässigt wer<strong>de</strong>n, da Kreditzinsen im<br />
privaten Bereich fast nie von <strong>de</strong>r steuerlichen<br />
Bemessungsgrundlage abgezogen wer<strong>de</strong>n<br />
können.<br />
In <strong>de</strong>r Anlagesituation muss sich <strong>de</strong>r Anleger<br />
fragen, ob er durch Auflösung eines Teils seiner<br />
Anlagen die Schönheitsoperation bezahlen und<br />
damit auf Zinseinkünfte verzichten soll. Die<br />
Zinssätze seiner aktuellen und geplanten Anlagen<br />
dienen somit als Vergleichsmaßstab (Vergleichszinssatz).<br />
Zu <strong>de</strong>nken wäre im privaten<br />
Bereich beispielhaft an die Verzinsung von<br />
Staatsanleihen o<strong>de</strong>r auch (bei schlechtem Anlageverhalten)<br />
die von Sparbüchern. Auch<br />
Sparpläne von Banken o<strong>de</strong>r die Rendite von Lebensversicherungen<br />
könnten ein guter Maßstab<br />
sein. In Son<strong>de</strong>rfällen kann man auch an<br />
die Performance (Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong> plus Wertzuwachs<br />
pro Jahr) von Aktien o<strong>de</strong>r Fonds <strong>de</strong>nken. Da inzwischen<br />
fast alle Anlagen <strong>de</strong>r Steuer unterlie -<br />
gen (die meisten <strong>de</strong>r Abgeltungssteuer mit<br />
26,375 % inkl. Soli), sind die Nettorenditen<br />
nach Steuern maßgeblich.<br />
Um die Kalkulationen zu vereinfachen wird angenommen,<br />
dass ein Jahreszinssatz von 10 %<br />
effektiv relevant ist, was in <strong>de</strong>r Kreditsituation<br />
leicht möglich ist. Allerdings verlangen einige<br />
Schönheitschirurgen noch höhere Zinssätze,<br />
so dass hier sorgfältig verglichen wer<strong>de</strong>n<br />
sollte.<br />
Als Vergleichszeitpunkt kann prinzipiell je<strong>de</strong>r<br />
Zeitpunkt gewählt wer<strong>de</strong>n, solange er konsistent<br />
auf alle Zahlungen angewen<strong>de</strong>t wird. Im<br />
Beispiel wird <strong>de</strong>r Startzeitpunkt auf <strong>de</strong>n<br />
1.1.2011 gelegt. Damit müssen dann alle Zahlungen<br />
auf diesen einheitlichen Vergleichszeitpunkt<br />
bezogen wer<strong>de</strong>n. Es sei erwähnt, dass es<br />
auch Versionen <strong>de</strong>s Entscheidungsbaumes<br />
gibt, bei <strong>de</strong>nen immer auf <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Entscheidung auf- o<strong>de</strong>r abgezinst<br />
wird. Dies ist jedoch umständlicher, so dass<br />
hier gleich immer mit <strong>de</strong>n endgültigen Barwerten<br />
gearbeitet wird.<br />
Rückwärtsrechnung im Entscheidungsbaum<br />
Im ersten Schritt ist zu ermitteln, wie hoch die<br />
finanziellen Konsequenzen sind, wenn die Operation<br />
durchgeführt wird, sie erfolgreich ist und<br />
wenn neue Kleidung beschafft wird. Unter diesen<br />
Bedingungen ist die Reaktion mit jeweils<br />
einer Wahrscheinlichkeit von 50 % entwe<strong>de</strong>r<br />
200 T€ o<strong>de</strong>r 50 T€ wert. Da bei<strong>de</strong> Möglichkeiten<br />
eintreten können, müssen auch bei<strong>de</strong><br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, was durch Berechnung<br />
<strong>de</strong>s Erwartungswertes (EW) geschieht. Dieser<br />
ist nichts an<strong>de</strong>res als ein mit <strong>de</strong>n Wahrscheinlichkeiten<br />
gewichteter arithmetischer Mittelwert.<br />
Im betrachteten Fall ergibt sich 0,5 * 200<br />
T€ + 0,5 * 50 T€ = 125 T€ (siehe Abbildung 1).<br />
Dieser fällt zum Zeitpunkt 1.1.2012 an. Da aber<br />
Zeitpunkt 1.1.2011 als einheitlicher Vergleichszeitpunkt<br />
gewählt wur<strong>de</strong>, muss <strong>de</strong>r Erwartungswert<br />
1 Jahr abgezinst wer<strong>de</strong>n, was einen<br />
Barwert von 125/1,12 = 113,64 T€ ergibt. In<br />
Abbildung 2 ist diese Barwertbildung aufgeführt.<br />
Ohne Neukauf <strong>de</strong>r Klei<strong>de</strong>r ergibt sich aus <strong>de</strong>n<br />
drei berücksichtigten Reaktionsszenarien ein<br />
Erwartungswert von 112 T€ (siehe Abbildung 1),<br />
aus <strong>de</strong>m sich ein Barwert von 101,82 T€ errechnen<br />
lässt (siehe Abbildung 2). Um nun die
erste Entscheidung über <strong>de</strong>n Kleidungskauf fällen<br />
zu können, muss jetzt noch ihr Preis von 8<br />
T€ berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, wobei allerdings aus<br />
Vergleichbarkeitsgrün<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rum <strong>de</strong>r Barwert<br />
zu bil<strong>de</strong>n ist, in<strong>de</strong>m um 4 Monate auf -7,75<br />
T€ abgezinst wird (er wür<strong>de</strong> am 1.5. stattfin<strong>de</strong>n).<br />
Dadurch reduziert sich die Handlungsmöglichkeit<br />
„Klei<strong>de</strong>rkauf“ auf 113,64 – 7,75 = 105,89 T€<br />
(105,88, wenn vorher nicht gerun<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>),<br />
was aber noch immer über <strong>de</strong>r Variante „Kein<br />
Klei<strong>de</strong>rkauf“ liegt. Somit ist die erste bedingte<br />
Entscheidung gefallen. Bei Erfolg <strong>de</strong>r Operation<br />
wür<strong>de</strong> auch eine neue Gar<strong>de</strong>robe beschafft,<br />
weil diese einen höheren Barwert <strong>de</strong>s Erwartungswertes<br />
aufweist. Und nur mit diesem Ergebnis<br />
von 105,89 T€ wird weiter gerechnet.<br />
Ähnlich ist die Vorgehensweise, wenn die Operation<br />
nicht gelingt. Es muss dann entschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, ob eine Klage aussichtsreich ist o<strong>de</strong>r<br />
nicht. Für diese Untersuchung fallen 1 T€ an<br />
bzw. als Barwert -0,97 T€. Im Falle <strong>de</strong>r Klage<br />
wer<strong>de</strong>n die drei möglichen Ergebnisse (Misserfolg,<br />
Einigung, Sieg) wie<strong>de</strong>r im Erwartungswert<br />
von 71 T€ zusammengefasst. Dadurch dass<br />
das Urteil erst sehr spät erwartet wird<br />
(1.1.2013), muss um 2 Jahre abgezinst wer<strong>de</strong>n,<br />
was 58,68 T€ ergibt. Dies ist auch nach Abzug<br />
<strong>de</strong>r Klagekosten (Neuer Barwert 58,68 – 9,53<br />
= 49,14 T€ ) <strong>de</strong>utlich mehr also das Ergebnis<br />
von 0 im Fall <strong>de</strong>r Nichtklage. Wenn jetzt noch<br />
<strong>de</strong>r Barwert <strong>de</strong>r Prüfung einer Klage von 0,97<br />
T€ abgezogen wird (Saldo <strong>de</strong>r Barwerte 48,17<br />
T€), so fällt die bedingte Teilentscheidung, im<br />
Falle einer misslungenen Operation zu klagen.<br />
Damit stehen die Ergebnisse <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Ausgänge<br />
<strong>de</strong>s Ereignisknotens „Erfolg <strong>de</strong>r Operation?“<br />
fest. Da bei<strong>de</strong> möglich sind, wer<strong>de</strong>n<br />
sie mit <strong>de</strong>n Wahrscheinlichkeiten gewichtet:<br />
105,89 * 0,7 + 48,17 * 0,3 = 88,57 T€. Dagegen<br />
muss die Rechnung für die Schönheitsoperation<br />
von 100 T€ gesetzt wer<strong>de</strong>n,<br />
die barwertmäßig 98,42 T€ beträgt. Damit<br />
ergibt sich <strong>de</strong>r gesamte Barwert <strong>de</strong>r Erwartungswerte<br />
im vorliegen<strong>de</strong>n Entscheidungsbaum<br />
zu +88,57 – 98,42 = -9,85 T€. Die<br />
Schönheitsopera tion wäre auf Basis <strong>de</strong>r geschätzten<br />
Daten <strong>de</strong>mnach schlechter als die<br />
Nicht-Operation, was ja <strong>de</strong>finitionsgemäß als<br />
Nullalternative o<strong>de</strong>r Benchmark einen Erwartungswert<br />
von 0 hat.<br />
Schlussbetrachtung<br />
Am Beispiel von Schönheitsoperationen wur<strong>de</strong><br />
aufgezeigt, wie komplizierte Aufgabenstellungen<br />
(sachlich und zeitlich) mit <strong>de</strong>r flexiblen<br />
<strong>Planung</strong> gelöst wer<strong>de</strong>n können.<br />
Wann immer für ein Projekt wichtige Ereignisse<br />
in <strong>de</strong>r Zukunft liegen, sollte man sich auf die<br />
unterschiedlichen Ausgänge bereits in <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong><br />
einstellen. Somit ist <strong>de</strong>r Ansatz gut<br />
übertragbar auf viele Anwendungen in <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaft.<br />
Literaturverzeichnis<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Götze, U., Kostenrechnung und Kostenmanagement,<br />
4. Aufl., Berlin, Hei<strong>de</strong>lberg, New<br />
York, 2007.<br />
Hoberg, P. (2006), Wie fix sind Personalkosten?,<br />
in: Controller Magazin 1/2006,<br />
S. 14 – 21.<br />
Prozesse effizienter managen<br />
Mit vielen Beispielen und<br />
über 150 Abbildungen<br />
Für Unternehmen ist ein systematisches Prozesscontrolling unerlässlich.<br />
Damit dies gelingt, betten die Autoren die strategische und die operative<br />
Prozesssteuerung in <strong>de</strong>n Controllingkreislauf ein. Schrittweise zeigen sie,<br />
wie prozessorientierte Controllingmetho<strong>de</strong>n eingeführt wer<strong>de</strong>n und stellen<br />
alle für die Umsetzung relevanten Instrumente vor.<br />
„Immer an <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Praxis orientiert, erhält <strong>de</strong>r Leser einen<br />
sehr guten Leitfa<strong>de</strong>n für die Vorbereitung und Einführung eines leistungsfähigen<br />
und somit zukunftsgerichteten Prozesscontrollingsystems.“<br />
M. Kirchner, Bun<strong>de</strong>sverband <strong>de</strong>r Bilanzbuchhalter und Controller<br />
Ahlrichs/Knuppertz<br />
Controlling von Geschäftsprozessen<br />
Prozessorientierte Unternehmenssteuerung umsetzen<br />
2., überarb. und aktual. Auflage 2010.<br />
340 S. Geb. € 49,95<br />
ISBN 978-3-7910-2978-8<br />
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25
26<br />
Standortstilllegungsentscheidungen mit <strong>de</strong>m Economic Value Ad<strong>de</strong>d?<br />
Standortstilllegungsentscheidungen mit <strong>de</strong>m<br />
Economic Value Ad<strong>de</strong>d? – Teil 1 –<br />
Ein beispielgestütztes Plädoyer für die Verwendung zeitlicher<br />
Grenzgewinne aus <strong>de</strong>r dynamischen Investitionsrechnung<br />
von Ralf Kesten<br />
Problemstellung: Standortstilllegung als (trauriges)<br />
Entscheidungsproblem. Der „Economic<br />
Value Ad<strong>de</strong>d“ (EVA) stellt <strong>de</strong>n populärsten Residualgewinn<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenspraxis dar und<br />
wird insbeson<strong>de</strong>re in börsennotierten Firmen<br />
gelebt. Mit <strong>de</strong>m EVA-Konzept möchte man<br />
insbeson<strong>de</strong>re die Zielsetzung <strong>de</strong>r Unternehmenswertsteigerung<br />
aus Sicht <strong>de</strong>r Sharehol<strong>de</strong>r<br />
in <strong>de</strong>r Organisation, meistens bis auf<br />
Geschäftsbereichsebene, verankern. Unter <strong>de</strong>r<br />
Annahme, dass für eine nachhaltige Aktienkursentwicklung<br />
die subjektiven Present Value-<br />
Kalkulationen <strong>de</strong>r Investoren verantwortlich<br />
sind, soll ein positiver EVA ein „grobes Trendsignal“<br />
für eine Steigerung <strong>de</strong>s Sharehol<strong>de</strong>r<br />
Value darstellen und vice versa.<br />
An<strong>de</strong>rs gesagt: Auf Basis von EVA-Daten soll<br />
die operative Unternehmenssteuerung im<br />
Sinne einer potentiellen Aktienkurssteigerung<br />
gelingen. Langfristig sollten, sagen die EVA-<br />
Befürworter, Aktienkurse zulegen, wenn die<br />
operativen Cash Flows (nach Abzug von Investitionen<br />
zur Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s Going-concerns)<br />
aus <strong>de</strong>n Geschäftsbereichen die Opportunitätskosten<br />
<strong>de</strong>r Aktionäre übersteigen. Die<br />
Opportunitätskos ten gehen bei Kapitalgesellschaften<br />
in Form kalkulatorischer Zinsen in<br />
die EVA-Rechnung ein.<br />
Denkt man sich einen Geschäftsbereich eigenfinanziert<br />
(was in <strong>de</strong>r Konzernpraxis mehrheitlich<br />
so gesehen wird), han<strong>de</strong>lt es sich bei diesen<br />
Zinskosten um <strong>de</strong>n Aktionären entgehen<strong>de</strong><br />
Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nzahlungen und nicht realisierbare<br />
Kursgewinne bei vergleichbaren<br />
Alternativfirmen. Beim EVA-Konzept wer<strong>de</strong>n<br />
diese Zinskosten zu einem Kalkulationszinssatz<br />
verdichtet, <strong>de</strong>r sich auf die bilanziellen Restbuchwerte<br />
<strong>de</strong>r notwendigen Vermögensgegenstän<strong>de</strong><br />
eines Geschäftsbereichs bezieht. So<br />
entstehen in letzter Konsequenz „buchwertbasierte<br />
Residual- bzw. Übergewinne“. Die <strong>de</strong>utsche<br />
Kosten- und Leistungsrechnungstradition<br />
kennt <strong>de</strong>n hinter <strong>de</strong>m EVA-Konzept stehen<strong>de</strong>n<br />
Opportunitätsgedanken schon seit gut zwei<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rten.<br />
Ein operatives Ergebnis in einem Kerngeschäftsfeld<br />
wird mit Zinskosten, gedacht als Alternativeinkommen<br />
für die Eigentümer, belastet,<br />
um festzustellen, ob ein „Mehrgewinn <strong>de</strong>r<br />
Perio<strong>de</strong>“ erzielt wer<strong>de</strong>n konnte. Dieser „Mehr-<br />
o<strong>de</strong>r Übergewinn“ wird als (internes) Betriebsergebnis<br />
bezeichnet. Wird <strong>de</strong>r Grundgedanke<br />
stringent umgesetzt, ist ein ausgeglichenes Betriebsergebnis<br />
stets eine „schwarze Null“, da<br />
sämtliche Alternativeinkommen <strong>de</strong>r Eigentümer<br />
durch die ausgeübte Geschäftstätigkeit exakt<br />
generiert wer<strong>de</strong>n konnten. Die Nullstelle als<br />
Ausdruck eines erfolgreichen Jahres! Mögen<br />
auch die Berechnungs<strong>de</strong>tails zwischen EVA<br />
und traditionellem Betriebsergebnis abweichen,<br />
<strong>de</strong>r Grundgedanke ist <strong>de</strong>r gleiche.<br />
Durch die über das Preinreich-Lücke-Theorem<br />
nachgewiesene Verbindung zwischen Residualgewinnkonzepten<br />
und Kapitalwertmetho<strong>de</strong>, die<br />
(zurecht) als das wichtigste Verfahren <strong>de</strong>r dynamischen<br />
Investitionsrechnung gilt, haben sich<br />
die Empfehlungen gehäuft, man könne und<br />
solle mittels EVA-Berechnungen auch komplexe<br />
Investitionsentscheidungen auf Wirtschaftlichkeit<br />
prüfen. Es liegt nahe anzunehmen,<br />
dass man ein Konzept, welches man für<br />
Investitionsentscheidungen empfiehlt, auch zur<br />
Fundierung von Desinvestitionsmaßnahmen<br />
nutzen kann.<br />
In diesem Papier soll daher <strong>de</strong>r Frage nachgegangen<br />
wer<strong>de</strong>n, ob ein Residualgewinnkonzept<br />
eine nützliche Entscheidungshilfe im<br />
Rahmen von Standortstilllegungen darstellt.<br />
Da es sich gera<strong>de</strong> im Rahmen von Stilllegungsentscheidungen<br />
um Maßnahmen mit<br />
beson<strong>de</strong>rs großer Tragweite für alle mit <strong>de</strong>m<br />
Unternehmen verbun<strong>de</strong>nen Interessengruppen<br />
han<strong>de</strong>lt, sollten die zur Entscheidungsunterstützung<br />
herangezogenen Kennzahlen verlässliche<br />
Handlungssignale liefern. Ansonsten wäre<br />
ihr Einsatz unverantwortlich.<br />
Um die Ausführungen nachvollziehbar zu machen,<br />
trage ich meine Argumentation bzw. meine<br />
ernsten Zweifel am Residualgewinn „EVA“<br />
anhand eines konkreten Zahlenbeispiels vor.<br />
Das beson<strong>de</strong>re an <strong>de</strong>m Beispielfall ist, dass ich<br />
quasi „act by act“ eine bislang gemachte Annahme<br />
aufgebe bzw. eine neue Annahme einführe,<br />
um meine Zweifel in je<strong>de</strong>m Abschnitt<br />
möglichst exakt „auf <strong>de</strong>n Punkt zu bringen“. Insofern<br />
möge sich <strong>de</strong>r geneigte Leser nun auf<br />
eine kleine Ent<strong>de</strong>ckungsreise von mir mitnehmen<br />
lassen. Über Kritik und Anregungen freue<br />
ich mich beson<strong>de</strong>rs.<br />
Erster Akt: Optimaler Stilllegungstermin<br />
für einen alten Produktionsstandort<br />
als Controllingproblem<br />
Betrachtet wird ein bestehen<strong>de</strong>r Produktionsstandort<br />
einer Firmengruppe. Der Standort,<br />
zuständig für die Fertigung und <strong>de</strong>n Vertrieb
eines im Inland nachgefragten Produktes mit<br />
rückläufigen Marktanteilen sowie ungünstigen<br />
Zukunftsaussichten, erweist sich aus Sicht von<br />
Vorstand und Aufsichtsrat als recht unattraktiv,<br />
<strong>de</strong>nn für die weitere Zukunft erwartet man keine<br />
positiven operativen Rückflüsse bzw. EBITDAs,<br />
wie die folgen<strong>de</strong> Mittelfristplanung („MIFRI“) <strong>de</strong>r<br />
Jahre t = 1 bis t = 3 zeigt. In Abbildung 1 sind<br />
zu<strong>de</strong>m die Restbuchwerte <strong>de</strong>s bilanzierten Vermögens<br />
wie<strong>de</strong>rgegeben. Da künftig keine neuen<br />
Investitionen stattfin<strong>de</strong>n, sinken die Restbuchwerte<br />
in Höhe <strong>de</strong>r bilanziellen Abschreibungen.<br />
Die Standortgründung erfolgte vor vielen Jahren<br />
für 20.000,– GE aus selbst erwirtschafteten<br />
Finanzmitteln <strong>de</strong>r Firmengruppe. Aus<br />
Sicht <strong>de</strong>r Sharehol<strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utete dies damals<br />
eine Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkürzung. Die von <strong>de</strong>n Aktionären<br />
gefor<strong>de</strong>rte Verzinsung im Sinne eines<br />
Opportunitätskostensatzes beträgt 10 % p. a.<br />
Steuern, Inflation sowie Unsicherheit <strong>de</strong>r Daten<br />
seien vernachlässigt.<br />
Vorstand und Aufsichtsrat erwägen die Standortstilllegung<br />
(sofort in t = 0 o<strong>de</strong>r innerhalb <strong>de</strong>r<br />
nächsten drei Jahre). Als Controller wer<strong>de</strong>n<br />
Sie gebeten, <strong>de</strong>n optimalen Stilllegungszeitpunkt<br />
zu bestimmen.<br />
In diesem ersten Akt gehen wir davon aus, dass<br />
die Restbuchwerte <strong>de</strong>s Vermögens <strong>de</strong>n am Sekundärmarkt<br />
erzielbaren Liquidationserlösen<br />
entsprechen und keinerlei Stilllegungsauszahlungen<br />
anfallen.<br />
Auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r Kapitalwertmetho<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r<br />
damit korrespondieren<strong>de</strong>n zeitlichen Grenzgewinnmetho<strong>de</strong><br />
sowie abschließend auf <strong>de</strong>r Basis<br />
<strong>de</strong>s Residualgewinnkonzeptes wollen wir uns<br />
die korrekte Entscheidung erarbeiten.<br />
Mit <strong>de</strong>n gesetzten Annahmen können wir sofort<br />
die nutzungsdauerabhängig anfallen<strong>de</strong>n<br />
Zahlungsfolgen ermitteln und unter Nutzung<br />
<strong>de</strong>s Kalkulationszinssatzes von 10 % diskontieren.<br />
Die Zahlungsfolgen sowie die erzielten<br />
Kapitalwerte zeigt Abbildung 2. Gleichung (1)<br />
zeigt exemplarisch für n = 2 die Kapitalwertberechnung.<br />
(1) KW = R ∙ q 2 1 -1 + R ∙ q 2 -2 + L ∙ q 2 -2<br />
= 0 ∙ 1,1-1 – 1.000 ∙ 1,1-2 + 12.000 ∙ 1,1-2 = +9.090,91<br />
Zeitpunkte t 0 1 2 3<br />
Operative Rückflüsse bzw.<br />
EBITDA lt. MIFRI<br />
Abb. 1: EBITDAs und Restbuchwerte <strong>de</strong>s Vermögens für einen Standort<br />
Gemäß Abbildung 2 sollte <strong>de</strong>r betrachtete<br />
Standort sofort veräußert wer<strong>de</strong>n, da dies <strong>de</strong>n<br />
noch erzielbaren Kapitalwert maximiert.<br />
Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn wir<br />
die zeitlichen Grenzgewinne berechnen. Unter<br />
einem zeitlichen Grenzgewinn versteht man die<br />
durch Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Nutzungsdauer um eine<br />
weitere Perio<strong>de</strong> eintreten<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />
Endwertes einer Investition im Vergleich zum<br />
Verzicht auf eine Aus<strong>de</strong>hnung. Im Beispiel stellt<br />
<strong>de</strong>r Standort als bereits existieren<strong>de</strong> Einkommensquelle<br />
das Investitionsobjekt dar. Wenn<br />
die Eigentümer <strong>de</strong>n Standort am En<strong>de</strong> einer<br />
Perio<strong>de</strong> betrachten, können sie das Werk eine<br />
Perio<strong>de</strong> weiter betreiben o<strong>de</strong>r aber es sofort<br />
schließen.<br />
Mit <strong>de</strong>m zeitlichen Grenzgewinn (G n ) beantwortet<br />
man also die Frage, ob das Werk auch in <strong>de</strong>r<br />
kommen<strong>de</strong>n Perio<strong>de</strong> (n) fortgeführt wer<strong>de</strong>n<br />
sollte. Daher antizipiert man zunächst die künftigen<br />
Zahlungen, die sich im Falle einer Nutzungsdaueraus<strong>de</strong>hnung<br />
ergeben. Im Fall sind<br />
das die laufen<strong>de</strong>n Rückflüsse (R n ) sowie <strong>de</strong>r<br />
- 0 -1.000 -5.000<br />
Bilanzielle Restbuchwerte 14.000 13.000 12.000 11.000<br />
Abb. 2: Nutzungsdauerabhängige Kapitalwerte im ersten Akt<br />
Abb. 3: Zeitliche Grenzgewinne <strong>de</strong>s Standortes im ersten Akt<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
dann realisierbare Liquidationserlös (L n ). An<strong>de</strong>rerseits<br />
könnte man ja sofort, also bei Verzicht<br />
auf eine Weiternutzung, das Restvermögen<br />
veräußern und dafür <strong>de</strong>n aktuellen Liquidationserlös<br />
(L n-1 ) erzielen. Dieser Erlös sowie seine<br />
mögliche Wie<strong>de</strong>ranlage am Kapitalmarkt führen<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Folgeperio<strong>de</strong> n zu einem Vermögenszuwachs<br />
einschließlich einperiodiger<br />
Verzinsung ((1 + i) ∙ L n-1 ). Im Falle einer Weiternutzung<br />
<strong>de</strong>s Projektes kann dieser Vermögenszuwachs<br />
nicht erzielt wer<strong>de</strong>n und ist daher mit<br />
<strong>de</strong>n künftigen Zahlungen, die im Falle einer<br />
Weiternutzung erwartet wer<strong>de</strong>n, zu saldieren.<br />
Gleichung (2) ver<strong>de</strong>utlicht <strong>de</strong>n Grenzgewinn (G n )<br />
allgemein sowie mit <strong>de</strong>n Beispieldaten für die<br />
erste <strong>Planung</strong>sperio<strong>de</strong>:<br />
(2) G = R + L – (1 + i) ∙ L bzw.<br />
n n n n-1<br />
G = R + L – (1 + i) ∙ L 1 1 1 0<br />
= 0 + 13.000 – 1,1 ∙ 14.000 = –2.400,-<br />
Wenn ein Grenzgewinn eine Vermögensän<strong>de</strong>rung<br />
durch einperiodige Nutzungsaus<strong>de</strong>hnung<br />
darstellt, dann muss sein Barwert die entsprechen<strong>de</strong><br />
Kapitalwertän<strong>de</strong>rung symbolisieren.<br />
27
28<br />
Standortstilllegungsentscheidungen mit <strong>de</strong>m Economic Value Ad<strong>de</strong>d?<br />
Abb. 4: Residualgewinne <strong>de</strong>s ersten Aktes<br />
Abb. 5: Nutzungsdauerabhängige Kapitalwerte im zweiten Akt<br />
Dies ver<strong>de</strong>utlicht (3):<br />
(3) ΔKW 1 = KW 1 – KW 0<br />
= (0 ∙ 1,1 -1 + 13.000 ∙ 1,1 -1 ) – (+14.000)<br />
= –2.181,81<br />
Wird das Ergebnis von (3) von t = 0 auf t = n = 1<br />
aufgezinst, erhalten wir:<br />
(4) ΔKW ∙ 1,1 1 1 = G = 0 + 13.000 – 14.000 ∙ 1,1 1 1<br />
= –2.400,-<br />
Und hinter (4) verbirgt sich erneut <strong>de</strong>r Grenzgewinn<br />
von (2) für n = 1! Zeitliche Grenzgewinne<br />
sind also letztlich nichts an<strong>de</strong>res als aufgezinste<br />
Kapitalwertverän<strong>de</strong>rungen benachbarter<br />
Nutzungsperio<strong>de</strong>n. Bezogen auf unser<br />
Autor<br />
Beispiel: Sie zeigen stets die Kapitalwertän<strong>de</strong>rung<br />
im Fall <strong>de</strong>r Weiternutzung <strong>de</strong>s Standortes<br />
gegenüber <strong>de</strong>r Sofortstilllegung in t = 0. Wür<strong>de</strong><br />
für je<strong>de</strong>s Jahr ein positiver Grenzgewinn ermittelt,<br />
sollte <strong>de</strong>r Standort stets weiter genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Ist allerdings in einem Jahr ein negativer<br />
Grenzgewinn zu erwarten, hat dieser die<br />
Funktion eines „Stop!-Signals“: Wür<strong>de</strong> man die<br />
Nutzung aus<strong>de</strong>hnen, wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r bislang erreichte<br />
Kapitalwert absinken.<br />
Allerdings ist dieses „Stop!-Signal“ lediglich<br />
eine notwendige Bedingung. Es ist durchaus<br />
<strong>de</strong>nkbar, dass in künftigen Perio<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r positive<br />
Grenzgewinne entstehen, die einen negativen<br />
Gewinn in Summe wie<strong>de</strong>r überkompensieren<br />
könnten. Daher sind stets alle weiteren<br />
Prof. Dr. Ralf Kesten<br />
lehrt seit 2002 an <strong>de</strong>r privaten FH NORDAKADEMIE gAG in Elmshorn<br />
im Fachbereich Betriebswirtschaftslehre und verantwortet<br />
die Fachgebiete „Rechnungswesen und Controlling”. Davor war<br />
er mehrere Jahre in einem börsennotierten Unternehmen für<br />
Unternehmensbewertungen und laufen<strong>de</strong> Performancekontrollen<br />
von Geschäftsbereichen zuständig. Sein beson<strong>de</strong>res Interesse<br />
gilt Konzepten <strong>de</strong>s wertorientierten Controlling sowie <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensbewertung.<br />
Folgeperio<strong>de</strong>n bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>Planung</strong>shorizonts<br />
– sofern möglich – zu analysieren, um die<br />
Frage <strong>de</strong>s optimalen Stilllegungstermins abschließend<br />
beurteilen zu können. Abbildung 3<br />
zeigt alle Grenzgewinne im ersten Akt.<br />
Berechnen wir abschließend die Residualgewinne<br />
bzw. EVA-Folgen, so erzielen wir die in<br />
Abbildung 4 zusammengestellten Ergebnisse.<br />
Die Berechnung für <strong>de</strong>n Residualgewinn <strong>de</strong>r ersten<br />
Perio<strong>de</strong> (RG 1 ) zeigt (5):<br />
(5) RG 1 = NOPAT 1 – i ∙ RBW 0 = (R 1 – Aƒ A 1 ) – i ∙ RBW 0<br />
= (0 – 1.000) – 0,1 ∙ 14.000 = –2.400,-<br />
Mit <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Fallbeschreibung getroffenen<br />
Annahmen stimmen Grenz- und Residualgewinne<br />
im Zeitablauf überein, wie man anhand<br />
(6) erkennen kann:<br />
!<br />
!<br />
(6) G = RG R + (L – L ) – i ∙ L = R – Aƒ A 1 1 1 1 0 0 1 1<br />
– i ∙ RBW (L – L ) = Aƒ A L = RBW 0 1 0 1 0 0<br />
Folglich wür<strong>de</strong>n wir im Falle ihrer Diskontierung<br />
auch die in Abbildung 2 dargestellten Kapitalwerte<br />
erhalten, wie (7) für <strong>de</strong>n Kapitalwert im<br />
Falle eine Weiternutzung bis n = 2 zeigt:<br />
n<br />
(7) KW = L + ∑ RG ∙ (1 + i) n 0 t -t bzw. KW = 2<br />
14.000 – 2.400 ∙ 1,1-1 – 3.300 ∙ 1,1-2 t=1<br />
≈ 9.090,91<br />
Führen diskontierte Residualgewinne zum<br />
Kapitalwert, wird auch von „Barwert-Kompatibilität“<br />
o<strong>de</strong>r „Einhaltung <strong>de</strong>s Kongruenzprinzips“<br />
gesprochen. Diskontierte<br />
Grenzgewinne führen immer zu <strong>de</strong>n laufzeitabhängigen<br />
Kapitalwerten, wie ihre Herleitung<br />
oben bereits zeigte.<br />
Dass das Rechnen mit EVA-Folgen in diesem<br />
ersten Akt zu barwertkompatiblen bzw. korrekten<br />
Ergebnissen führt, liegt ganz entschei<strong>de</strong>nd<br />
an <strong>de</strong>r Annahme, dass sich die am Sekundärmarkt<br />
erzielbaren Liquidationserlöse<br />
exakt wie die am Anschaffungswertprinzip<br />
ausgerichteten bilanziellen Restbuchwerte<br />
(RBW) verhalten. Sind Grenz- und Residualgewinne<br />
daher stets sinngleiche Kennzahlen?<br />
Hier sollten wir ernste Zweifel haben: Während<br />
<strong>de</strong>r konkrete Verlauf <strong>de</strong>r Restbuchwerte durch<br />
das Management hergestellt wird, kann man<br />
die Preisentwicklung von (gebrauchten) Investitionsgütern<br />
kaum beeinflussen, da sie <strong>de</strong>m<br />
v
© 2010 SAP AG. Alle Rechte vorbehalten.<br />
Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage<br />
unterliegen.<br />
Folglich ist im Regelfall die Annahme, <strong>de</strong>r Verlauf<br />
<strong>de</strong>r Liquidationserlöse entspreche <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Restbuchwerte, unzutreffend. Des Weiteren<br />
haben wir in diesem Fall die Annahme gesetzt,<br />
dass die Stilllegung <strong>de</strong>s Standortes mit keinerlei<br />
Auszahlungen verbun<strong>de</strong>n ist. Dies ist ebenfalls<br />
eine sehr praxisferne Annahme, die wir im<br />
zweiten Akt aufgeben.<br />
Zweiter Akt: Stilllegen „kostet“ Geld<br />
Betrachtet wird erneut <strong>de</strong>r Produktionsstandort<br />
aus <strong>de</strong>m ersten Akt. Eine erneute Analyse <strong>de</strong>r<br />
zu erwarten<strong>de</strong>n monetären Konsequenzen hat<br />
ergeben, dass das Unternehmen im Falle einer<br />
Stilllegung doch mit erheblichen Auszahlungen<br />
zu rechnen hat. Sollte es zur Stilllegung<br />
kommen, wer<strong>de</strong>n in je<strong>de</strong>m potentiellen<br />
Stilllegungszeitpunkt 40.000,– GE Stilllegungsauszahlungen<br />
einmalig anfallen (insb. für Mitar-<br />
Abb. 6: Zeitliche Grenzgewinne zum zweiten Akt<br />
beiterabfindungen und Rekultivierungsmaßnahmen).<br />
Diese Auszahlungen wür<strong>de</strong> die Firmengruppe<br />
aus eigenen Finanzmitteln, die im<br />
Einvernehmen mit <strong>de</strong>n Aktionären bislang zu<br />
durchschnittlich 10 % p.a. angelegt sind, finanzieren.<br />
Erneut wer<strong>de</strong>n Sie in ihrer Rolle als Controller<br />
gebeten, <strong>de</strong>n optimalen Stilllegungszeitpunkt<br />
für <strong>de</strong>n betrachteten Standort zu bestimmen.<br />
Wir gehen analog zum ersten Akt davon aus,<br />
dass die Restbuchwerte <strong>de</strong>s Vermögens <strong>de</strong>n<br />
am Sekundärmarkt erzielbaren Liquidationserlösen<br />
entsprechen.<br />
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CM Januar / Februar 2011<br />
Zunächst bestimmen wir wie<strong>de</strong>r die nutzungsdauerabhängig<br />
anfallen<strong>de</strong>n Zahlungsfolgen, die<br />
nun um die Stilllegungsauszahlungen zu ergänzen<br />
sind und diskontieren diese erneut mit 10 %<br />
auf t = 0. Die Zahlungsfolgen sowie die generierten<br />
Kapitalwerte zeigt Abbildung 5.<br />
Gleichung (8) zeigt exemplarisch für n = 2 die<br />
Kapitalwertberechnung.<br />
(8) KW 2 = R 1 ∙ q -1 + R 2 ∙ q -2 + L 2 ∙ q -2 = 0 ∙ 1,1 -1 –<br />
1.000 ∙ 1,1 -2 + (12.000 – 40.000) ∙ 1,1 -2 =<br />
–23.966,94<br />
29
30<br />
Standortstilllegungsentscheidungen mit <strong>de</strong>m Economic Value Ad<strong>de</strong>d?<br />
Abb. 7: Erweiterte Residualgewinnberechnung im zweiten Akt<br />
Wie man anhand von (8) erkennt, empfiehlt es<br />
sich, die Stilllegungsauszahlungen als Bestandteil<br />
<strong>de</strong>r Liquidationserlöse anzusehen. Denn nur<br />
im Falle einer Liquidation fallen diese Auszahlungen<br />
an.<br />
Gemäß Abbildung 5 sollte <strong>de</strong>r betrachtete<br />
Standort zwei weitere Perio<strong>de</strong> genutzt wer<strong>de</strong>n,<br />
da dann <strong>de</strong>r Kapitalwert, wenn auch negativ,<br />
noch am größten ausfällt. Die Sinnhaftigkeit<br />
dieser Empfehlung wird <strong>de</strong>utlicher, wenn wir die<br />
zeitlichen Grenzgewinne berechnen. Abbildung<br />
6 zeigt alle Resultate; Gleichung (9) greift <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r ersten Planperio<strong>de</strong> heraus:<br />
(9) G 1 = R 1 + L 1 – (1 + i) ∙ L 0 = 0 + (13.000 –<br />
40.000) – 1,1 ∙ (14.000 – 40.000) = +1.600,–<br />
Eine nähere Betrachtung <strong>de</strong>r Liquidationserlöse<br />
in (9) zeigt, wovon die Weiternutzungsempfehlung<br />
entschei<strong>de</strong>nd abhängt:<br />
Einerseits entgehen <strong>de</strong>n Eigentümern <strong>de</strong>r Firmengruppe<br />
durch ihren Verzicht auf eine sofortige<br />
Liquidation veräußerungsbedingte Einzahlungen<br />
(bspw. Grundstückserlöse) einschließlich<br />
einer möglichen Verzinsung von t = 0 nach<br />
t = 1 (Auswirkung auf <strong>de</strong>n Grenzgewinn: 13.000<br />
– 1,1 ∙ 14.000 = –2.400).<br />
An<strong>de</strong>rerseits vermei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Konzern durch <strong>de</strong>n<br />
Weiterbetrieb bis En<strong>de</strong> kommen<strong>de</strong>n Jahres<br />
(t = 1) die sofortige Abbuchung von Stillegungsauszahlungen<br />
bzw. die sofortige betragsgleiche<br />
Auflösung <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n 10%igen Geldanlage.<br />
Die Weiternutzung erlaubt daher das Erzielen<br />
von Zinserträgen in t = 1 (Auswirkung auf<br />
<strong>de</strong>n Grenzgewinn: –40.000 –1,1 ∙ (–40.000) =<br />
+4.000). Saldiert betrachtet erhalten wir damit<br />
<strong>de</strong>n in (9) berechneten zeitlichen Grenzgewinn. 1<br />
Betrachten wir abschließend die Residualgewinnberechnung.<br />
Da sich, mit Ausnahme <strong>de</strong>r<br />
nur im Falle <strong>de</strong>r Werksschließung anfallen<strong>de</strong>n<br />
Stilllegungsauszahlung, keine operativen Ergebnisdaten<br />
verän<strong>de</strong>rn, können wir die im ersten<br />
Akt bestimmten Residualgewinne zunächst<br />
unverän<strong>de</strong>rt übernehmen (vgl. Abbildung 7).<br />
Allerdings darf die Berechnung <strong>de</strong>r Residualgewinne<br />
jetzt nicht an <strong>de</strong>r Stelle „EVA I“ abbrechen.<br />
Es müssen, damit wir handlungslogisch<br />
i<strong>de</strong>ntische Signale zur oberen Grenzgewinnberechnung<br />
erhalten, die „zeitlichen Opportunitätserträge<br />
durch Stilllegungsverschiebung“<br />
mit berücksichtigt wer<strong>de</strong>n: Da eine Stilllegungsentscheidung<br />
in je<strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> annahmegemäß<br />
<strong>de</strong>n gleich hohen Stilllegungsaufwand<br />
auslösen wür<strong>de</strong>, wäre je<strong>de</strong> <strong>Planung</strong>sperio<strong>de</strong><br />
potenziell mit 40.000,– GE belastet. Da die<br />
Finanzierung dieses Aufwan<strong>de</strong>s aus eigenen<br />
Geldbestän<strong>de</strong>n erfolgt, verhin<strong>de</strong>rt das jeweilige<br />
Verschieben <strong>de</strong>r Stilllegung eine Reduktion <strong>de</strong>r<br />
für die Sharehol<strong>de</strong>r erzielbaren Zinserträge aus<br />
<strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Geldanlage. 2<br />
Wie Abbildung 7 zeigt, erhalten wir beim Residualgewinnkonzept<br />
erst mit dieser zusätzlichen<br />
Opportunitätsüberlegung dieselben Handlungssignale,<br />
die wir bereits mit <strong>de</strong>n zeitlichen Grenzgewinnen<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kapitalwertberechnungen<br />
generiert haben.<br />
Was lässt sich aus <strong>de</strong>m zweiten Akt lernen? Die<br />
Fortführung eines Standortes setzt in <strong>de</strong>r Praxis<br />
nicht zwingend positive operative Rückflüsse<br />
bzw. positive EBIT-DAs voraus. Betrachten wir<br />
die Grenzgewinnrechnung, so darf ein operativer<br />
Rückfluss folgen<strong>de</strong>s kritisches Niveau einnehmen,<br />
damit die Aktionäre für eine anstehen<strong>de</strong><br />
Nutzungsperio<strong>de</strong> n indifferent zwischen Fortführung<br />
o<strong>de</strong>r Aufgabe eines Standortes sind:<br />
!<br />
(10) G = R + L – (1 + i) ∙ L = 0 bzw.<br />
n n n n-1<br />
R = (1 + i) ∙ L – L n,krit n-1 n<br />
Im Fallbeispiel wür<strong>de</strong> sich für das dritte Jahr ein<br />
noch akzeptabler „kritischer Rückfluss“ von<br />
-1.800,– GE ergeben. Da vom Management<br />
aber -5.000,– GE erwartet wer<strong>de</strong>n, ist auf Basis<br />
aktueller Datenlage eine Werksfortführung<br />
im dritten Jahr nicht zu rechtfertigen. Freilich<br />
sollte dies im Rahmen einer rollieren<strong>de</strong>n <strong>Planung</strong><br />
bzw. einer mitlaufen<strong>de</strong>n Kontrollrechnung<br />
zu Beginn eines je<strong>de</strong>n neuen Jahres nochmals<br />
überprüft wer<strong>de</strong>n. Und selbstverständlich haben<br />
wir es hier mit einer Handlungsempfehlung<br />
zu tun, die allein auf einer monetären Zielgröße<br />
aufbaut. An<strong>de</strong>re bzw. weitere Handlungsmotive<br />
können „im wahren Leben“ durchaus zu einer<br />
an<strong>de</strong>ren Finalentscheidung führen.<br />
Als zweites Ergebnis sollten wir erkannt<br />
haben, dass das Rechnen mit Grenzgewinnen<br />
aufgrund <strong>de</strong>r „zahlungsbasierten<br />
Denkweise“ eher zur richtigen Entscheidung<br />
führt als das Rechnen mit Residualgewinnen.<br />
Es stellt sich logisch stringenter<br />
dar, da es zeitliche Handlungsalternativen<br />
(„Sollten wir wirklich ins nächste Jahr gehen<br />
o<strong>de</strong>r aufhören?“) ein<strong>de</strong>utig <strong>de</strong>finiert. Ergebnisrechnungen<br />
wer<strong>de</strong>n von uns eher als „Was<br />
kommt <strong>de</strong>nn heraus?“-Berechnungen betrachtet.<br />
Dass sie ggf. Opportunitätsüberlegungen<br />
enthalten o<strong>de</strong>r diese noch zu ergänzen<br />
sind, ist man sich nicht immer bewusst.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist es eine Erfahrung aus <strong>de</strong>r Praxis,<br />
dass sich so mancher Manager o<strong>de</strong>r Controller<br />
mit seinen diversen Opportunitätsüberlegungen<br />
schon mal „selbst ausgetrickst“ hat.<br />
Letztlich haben wir auch in diesem Akt i<strong>de</strong>ntische<br />
Handlungssignale herstellen können.<br />
Im folgen<strong>de</strong>n dritten Akt wird uns das nicht<br />
mehr so leicht gelingen.<br />
Fußnoten<br />
1 Die laufen<strong>de</strong>n Rückflüsse beeinflussen das<br />
Ergebnis von (2) nicht, da EBITDA in t = 1 Null<br />
beträgt.<br />
2 In <strong>de</strong>r Praxis wird es sich nicht (nur) um klassische<br />
Zinserträge aus Anleihen, Tagesgeldkonten<br />
und <strong>de</strong>rgleichen mehr han<strong>de</strong>ln, son<strong>de</strong>rn<br />
auch aus Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>ntiteln wie Aktien bzw. Aktienfonds.<br />
Freuen Sie sich auf Teil zwei dieses Beitrages<br />
im März / April Heft.
Controlling & Marketing<br />
von Jürgen Weber<br />
Das Thema „Controlling & Marketing“ hat eine<br />
lange Geschichte. In <strong>de</strong>r Controllerausbildung<br />
von Albrecht Deyhle war immer schon vom<br />
Controller als „Zahlenverkäufer“ die Re<strong>de</strong>,<br />
und <strong>de</strong>r Grandseigneur <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Controllings<br />
hat <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s Faches Controlling in<br />
Analogie zum Begriff <strong>de</strong>s Marketings geprägt.<br />
Folgt man <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>s WHU-Controllerpanels,<br />
so erfreut sich das Marketingcontrolling<br />
steigen<strong>de</strong>r Aufmerksamkeit <strong>de</strong>s<br />
Controllerbereichs. Allerdings ist auf <strong>de</strong>r Managerseite<br />
häufig noch erhebliche Unzufrie<strong>de</strong>nheit<br />
mit <strong>de</strong>m Beitrag <strong>de</strong>r Controller zu beobachten.<br />
Beispiele wie Hansgrohe, die 2007 mit<br />
<strong>de</strong>m Projekt „Sales up“ <strong>de</strong>n ICV-Controllerpreis<br />
gewonnen haben, sind noch rar.<br />
Innerhalb <strong>de</strong>s Marketings kennen sich die Controller<br />
am ehesten noch mit <strong>de</strong>m Vertrieb aus.<br />
Hier gibt es eine Reihe von Standardprozessen,<br />
die es wie gewohnt zu steuern gilt. Ähnliches<br />
gilt für die Marktforschung, <strong>de</strong>ren Aufgabe es<br />
ist, belastbare, objektive Daten über Kun<strong>de</strong>n<br />
und Wettbewerber zu erheben und bereitzustellen<br />
– Henkel hat diese Abteilung gera<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>n Controllerbereich integriert! Wenn es<br />
aber darum geht, in <strong>de</strong>n Kern <strong>de</strong>r Marketingfunktion<br />
vorzustoßen, wenn Kun<strong>de</strong>npräferenzen,<br />
Verkaufspsychologie und ähnliche<br />
„weiche“ Themen auf <strong>de</strong>r Agenda stehen, steigen<br />
die meisten Controller aus bzw. dürfen gar<br />
nicht erst einsteigen. Marketing gilt als kreativ<br />
und innovativ, Controlling als nüchtern<br />
und bewahrend. Das passt auf <strong>de</strong>n ersten<br />
Blick schlecht zusammen.<br />
Gera<strong>de</strong> die Unterschiedlichkeit in <strong>de</strong>n grundsätzlichen<br />
Perspektiven bietet aber ein fruchtbares<br />
Feld für gemeinsame Arbeit. Bei<strong>de</strong> Perspektiven<br />
können sich sehr gut ergänzen<br />
und gemeinsam zu besseren Lösungen<br />
kommen. Ein kleines Beispiel: Wenn in manchen<br />
Unternehmen die Floprate von Produktneueinführungen<br />
die 50 %-Marke <strong>de</strong>utlich<br />
überschreitet, so wür<strong>de</strong> ein Controller im ersten<br />
Schritt hier sehr kritisch nachfragen. Wenn sich<br />
danach herausstellt, dass diese Rate wirklich<br />
nicht reduziert wer<strong>de</strong>n kann, wird er im zweiten<br />
Schritt zumin<strong>de</strong>st darauf drängen, die Zeit, in<br />
<strong>de</strong>r ein „Flop-Produkt“ am Markt bleibt, möglichst<br />
stark zu reduzieren.<br />
Ein weiteres Feld, auf <strong>de</strong>m eine Zusammenarbeit<br />
sehr fruchtbringend zu sein verspricht, ist<br />
das Thema Kun<strong>de</strong>nwert. Hier geht es darum,<br />
wichtige Kun<strong>de</strong>n als Investitionsobjekte zu betrachten.<br />
Dies be<strong>de</strong>utet mehr als eine reine Aggregation<br />
entsprechen<strong>de</strong>r Jahreswerte. Controller<br />
müssen sich vielmehr auch mit <strong>de</strong>m<br />
Zusammenhang zwischen Kun<strong>de</strong>nzufrie<strong>de</strong>nheit,<br />
Kun<strong>de</strong>nbindung und Kun<strong>de</strong>nwert<br />
auseinan<strong>de</strong>rsetzen. An <strong>de</strong>n Hochschulen<br />
wird das im Marketing diskutiert, in <strong>de</strong>r Praxis<br />
aber nicht immer dort vorangetrieben. Die Notwendigkeit,<br />
Kun<strong>de</strong>ndaten mit Controllinginformationen<br />
zu kombinieren, prä<strong>de</strong>stiniert das<br />
Feld für eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />
Marketing und Controlling und räumte schnell<br />
mit einigen Vorurteilen („je<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> ist zu halten“,<br />
„große Kun<strong>de</strong>n sind attraktiver als kleine“)<br />
Autor<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
auf. Eine ähnliche Ausgangssituation liegt<br />
schließlich beim Thema Markenwert vor. Investitionsobjekte<br />
sind hier nicht die Kun<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />
die Marken <strong>de</strong>s Unternehmens, von Einzelmarken<br />
bis zu Dachmarken (z. B. von Aspirin<br />
bis Bayer gesamt). Be<strong>de</strong>nkt man, dass in vielen<br />
Unternehmen die Markenwerte einen erheblichen<br />
Teil <strong>de</strong>s Unternehmenswerts ausmachen,<br />
wird die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Messung und<br />
Steuerung von Markenwerten <strong>de</strong>utlich.<br />
Damit das Zusammenspiel zwischen Marketing<br />
und Controlling funktionieren kann, ist es erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
dass sich die Controller intensiv<br />
mit Marketing auseinan<strong>de</strong>rsetzen, so, wie<br />
dies etwa <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>s Konzerncontrollings<br />
eines großen Automobilproduzenten getan hat:<br />
Er war im Laufe seiner Karriere auch schon einmal<br />
vor Ort für die Einführung eines neuen Mo<strong>de</strong>lls<br />
in <strong>de</strong>n USA verantwortlich! Marketingstationen<br />
in dieser Weise in die Karriere von Controllern<br />
einzubin<strong>de</strong>n, schafft gleiche Augenhöhe<br />
und ermöglicht es, das volle Potenzial <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />
zwischen bei<strong>de</strong>n Bereichen auszuschöpfen.<br />
Für Controller ist das Marketing<br />
zu<strong>de</strong>m ein erfrischend an<strong>de</strong>res Arbeitsumfeld:<br />
Sie können dort mithelfen, dass das Unternehmen<br />
mehr Geld verdient, und das ist allemal<br />
angenehmer, als immer darauf zu drängen,<br />
dass weniger Geld ausgegeben wird.<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Weber<br />
ist Direktor <strong>de</strong>s Instituts für Management und Controlling (IMC)<br />
<strong>de</strong>r WHU-Otto-Beisheim-Hochschule, Burgplatz 2, D-56179 Vallendar;<br />
www.whu.edu/controlling. Er ist zu<strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />
Kuratoriums <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins (ICV).<br />
E-Mail: juergen.weber@whu.edu<br />
31
32<br />
Existenzgründung<br />
Existenzgründung eines<br />
Unternehmens über <strong>de</strong>n<br />
nebenberuflichen Einstieg<br />
von Stefan Tönnissen<br />
Die Existenzgründung eines Unternehmens mit<br />
einem nebenberuflichen Einstieg ist gera<strong>de</strong> für<br />
Berufstätige eine Möglichkeit, ohne das Risiko<br />
<strong>de</strong>s Arbeitsplatzverlustes für einen Übergangszeitraum<br />
das Risiko Selbständigkeit zu wagen.<br />
Vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
und <strong>de</strong>m drohen<strong>de</strong>n Stellenabbau und<br />
Stellenverlust kann eine, schon während <strong>de</strong>r<br />
Angestelltenzeit gegrün<strong>de</strong>te Unternehmung<br />
eine gute Alternative gegenüber Transfergesellschaft<br />
o<strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit sein.<br />
Die IG-Metall macht sich gera<strong>de</strong> Gedanken<br />
über die Einführung einer Tarif-Kurzarbeit, in<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitgeber eine Reduzierung <strong>de</strong>r Wochenarbeitszeit,<br />
beispielsweise von 35 Stun<strong>de</strong>n<br />
auf 25 Stun<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>n Arbeitnehmern für<br />
einen befristeten Zeitraum vereinbaren kann.<br />
Die somit neu gewonnene Freizeit könnte<br />
sehr gut für die nebenberufliche Selbständigkeit<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Gründung eines eigenen Unternehmens ist<br />
für einen Angestellten mit einem unbefristeten<br />
Arbeitsvertrag, <strong>de</strong>r sein Angestelltenverhältnis<br />
kündigen müsste, mit einem nicht unerheblichen<br />
Risiko verbun<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>m Verlust<br />
<strong>de</strong>s Arbeitsplatzes, <strong>de</strong>s regelmäßigen Gehaltes<br />
und <strong>de</strong>r Sozialleistungen kommt dann noch<br />
das unternehmerische Risiko hinzu.<br />
Die nebenberufliche Selbständigkeit bietet<br />
jedoch folgen<strong>de</strong> Vorteile:<br />
� die Kostenbelastung kann durch ein regelmäßiges<br />
Einkommen gelin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n,<br />
� ohne großes Risiko können wichtige Erfahrungen<br />
gesammelt wer<strong>de</strong>n 1 ,<br />
� Kun<strong>de</strong>nbeziehungen können aufgebaut<br />
wer<strong>de</strong>n 2 ,<br />
� das Angestelltenverhältnis muss nicht aufgegeben<br />
wer<strong>de</strong>n 3 ,<br />
� Leistungen können günstiger angeboten<br />
wer<strong>de</strong>n 4 .<br />
In diesem Artikel wird die nebenberufliche<br />
Selbständigkeit in ihren Ausprägungen beschrieben<br />
und es wer<strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong>de</strong>r Finanzierungsför<strong>de</strong>rung<br />
aufgezeigt. Denn auch<br />
eine nebenberufliche Existenzgründung ist unter<br />
bestimmten Voraussetzungen för<strong>de</strong>rungsfähig.<br />
Wann ist man nebenberuflich<br />
Selbständig?<br />
Eine nebenberufliche Selbständigkeit in einem<br />
Teilzeitunternehmen liegt vor, wenn diese Tätigkeit<br />
nicht hauptberuflich ausgeübt wird und die<br />
Einnahmen zur Bestreitung <strong>de</strong>s Lebensunterhalts<br />
nicht ausreichen 5 .<br />
Von einer Nebenerwerbsgründung ist dann die<br />
Re<strong>de</strong>, wenn <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r hauptberuflich z. B.<br />
als Angestellter tätig und nebenberuflich selbständig<br />
ist 6 .<br />
Kleingründung als Einstieg in die<br />
nebenberufliche Selbständigkeit<br />
Eine Kleingründung ist eine Existenzgründung<br />
mit einem Finanzierungsvolumen unter 25.000<br />
Euro. Diese Kleingründung zeichnet sich <strong>de</strong>s<br />
Weiteren dadurch aus, dass sie nur <strong>de</strong>m Grün<strong>de</strong>r<br />
selbst einen Arbeitsplatz bietet 7 .<br />
Beson<strong>de</strong>rheiten für<br />
Kleingründungen<br />
Auch bei einer Kleingründung erwartet das Finanzamt<br />
irgendwann Gewinne. Wer<strong>de</strong>n nur<br />
Verluste erwirtschaftet, so unterstellt das Finanzamt<br />
anstatt einer Selbständigkeit „Liebhaberei“,<br />
für die es keine Steuererleichterungen<br />
gibt. Eventuell können sogar steuerlich gemachte<br />
Betriebsausgaben zurückgefor<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n, und dies noch nach einer Frist von bis<br />
zu acht Jahren 8 .<br />
Die Beiträge zur Sozialversicherung zahlen angestellte<br />
Nebenerwerbstätige zu 50 % selbst,<br />
die an<strong>de</strong>ren 50 % zahlt <strong>de</strong>r Arbeitgeber 9 .<br />
Bei Kleingründungen einer natürlichen Person,<br />
bei einem Jahresgewinn unter 25.000 Euro<br />
und bei einer Nichteintragung in das Han<strong>de</strong>lsregister<br />
sind im Gründungsjahr und im Folgejahr<br />
die IHK-Kammermitgliedsbeiträge nicht zu zahlen.<br />
Bei <strong>de</strong>r Handwerkskammer ist im Gründungsjahr<br />
kein Beitrag zu leisten, im zweiten<br />
und dritten Jahr muss nur die Hälfte <strong>de</strong>s Grundbeitrages<br />
gezahlt wer<strong>de</strong>n 10 .<br />
Bei bei<strong>de</strong>n Kammern gilt eine dauerhafte Freistellung<br />
von <strong>de</strong>n Kammerbeiträgen, wenn <strong>de</strong>r<br />
Gewinn 5.200 Euro jährlich nicht überschreitet 11 .<br />
Finanzielle För<strong>de</strong>rung von<br />
Kleingründungen<br />
Auch Kleingründungen und nebenberufliche Existenzgründungen<br />
können eine finanzielle För<strong>de</strong>-
ung erhalten. Diese gibt es von privaten Trägern,<br />
öffentlichen Trägern; Kleinkredit-Angebote<br />
gewähren Bund und Län<strong>de</strong>r. Abbildung 1 zeigt<br />
eine Übersicht <strong>de</strong>r von KfW-Bank und NRW-<br />
Bank angebotenen För<strong>de</strong>rungsmöglichkeiten.<br />
KfW-Startgeld<br />
Die KfW bietet Finanzierungen von Investitionen<br />
und Betriebsmitteln in Deutschland zu günstigen<br />
Konditionen an. Bezugsberechtigt sind<br />
natürliche Personen, die ein Unternehmen<br />
grün<strong>de</strong>n und die erfor<strong>de</strong>rliche fachliche Qualifikation<br />
besitzen. Das KfW-Startgeld ist für kleine<br />
und mittlere Unternehmen mit weniger als<br />
50 Mitarbeitern und einer Jahresbilanzsumme<br />
von höchstens 10 Millionen Euro o<strong>de</strong>r einem<br />
Jahresumsatz von höchstens 10 Millionen Euro,<br />
die weniger als 3 Jahre bestehen 12 .<br />
Durch das KfW-Startgeld wer<strong>de</strong>n finanziert:<br />
� die Existenzgründung eines Unternehmens,<br />
� ein Nebenerwerb, <strong>de</strong>r mittelfristig auf einen<br />
Vollerwerb ausgerichtet ist und<br />
� Festigungsmaßnahmen innerhalb von 3 Jahren<br />
nach Geschäftsbeginn.<br />
Der maximale Kreditbetrag für diese Finanzierungen<br />
beträgt 50.000 Euro. Die Kreditlaufzeit<br />
kann bis zu 10 Jahren bei zwei tilgungsfreien<br />
Anlaufjahren o<strong>de</strong>r bis zu 5 Jahren bei einem tilgungsfreien<br />
Anlaufjahr betragen 13 .<br />
ERP-Kapital für Gründung<br />
Mit diesem Eigenkapitalhilfe-Darlehen <strong>de</strong>r KfW<br />
wer<strong>de</strong>n Existenzgrün<strong>de</strong>r und junge Unternehmen<br />
bis 2 Jahre nach Geschäftsaufnahme geför<strong>de</strong>rt.<br />
Es muss sich hierbei um ein Vorhaben<br />
im Bereich <strong>de</strong>r mittelständischen Wirtschaft<br />
han<strong>de</strong>ln mit <strong>de</strong>r Erwartung einer nachhaltig<br />
tragfähigen selbständigen Existenz als Haupterwerb.<br />
Die Vorgaben für die Bezugsberechtigung<br />
<strong>de</strong>s Darlehens entsprechen <strong>de</strong>nen beim zuvor<br />
aufgeführten KfW-Startgeld.<br />
Mit <strong>de</strong>m ERP-Kapital für Gründung wer<strong>de</strong>n<br />
finanziert 14 :<br />
� Grundstücke, Gebäu<strong>de</strong> und Baunebenkosten,<br />
� Betriebs- und Geschäftsausstattung,<br />
� Kaufpreis eines Unternehmens o<strong>de</strong>r -teiles,<br />
� Warenlager,<br />
� Branchenübliche Markterschließungsaufwendungen.<br />
Der Kreditbetrag je Antragsteller beträgt maximal<br />
500.000 Euro. Die Laufzeit <strong>de</strong>s Kredites ist<br />
15 Jahre.<br />
NRW-Bank Mittelstandskredit<br />
Der Mittelstandskredit <strong>de</strong>r NRW-Bank ist ein<br />
zinsverbilligtes Darlehen zur Finanzierung von<br />
Existenzgründungen und mittelständischen Unternehmen.<br />
Dieses Darlehen kann optional mit<br />
einer Bürgschaft <strong>de</strong>r Bürgschaftsbank NRW<br />
verbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n 15 .<br />
Antragsberechtigt sind Existenzgrün<strong>de</strong>r, Mittelständige<br />
Unternehmen und Angehörige <strong>de</strong>r<br />
freien Berufe. Eine Ausnahme gilt jedoch für<br />
Unternehmen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten<br />
sind 16 .<br />
Folgen<strong>de</strong> Maßnahmen wer<strong>de</strong>n mit Investitions-<br />
und Betriebsmitteldarlehen finanziert:<br />
� Erwerb von Grundstücken und Gebäu<strong>de</strong>n,<br />
� Baumaßnahmen und Kosten für Außenanlagen,<br />
� Betriebs- und Geschäftsausstattung,<br />
� Kauf von immateriellen Wirtschaftsgütern,<br />
� Beschaffung und Aufstockung <strong>de</strong>s Material-,<br />
Waren- o<strong>de</strong>r Ersatzteillagers,<br />
� Übernahme eines Unternehmens 17 .<br />
Die Darlehenskonditionen beinhalten eine Laufzeit<br />
von 10 Jahren bei zwei tilgungsfreien Jah-<br />
Abb. 1: För<strong>de</strong>rungsmöglichkeiten für Existenzgründungen<br />
ren o<strong>de</strong>r von 20 Jahren bei drei tilgungsfreien<br />
Jahren. Der Zinssatz ist bei Darlehen mit 6 bzw.<br />
10 Jahren festgeschrieben.<br />
NRW-Bank Universalkredit<br />
Der Universalkredit <strong>de</strong>r NRW-Bank ist ein zinsgünstiges<br />
Darlehen mit flexiblen Laufzeiten zur<br />
Finanzierung von Existenzgründungen und mittelständischen<br />
Unternehmen.<br />
Antragsberechtigt sind Existenzgrün<strong>de</strong>r, Mittelständige<br />
Unternehmen und Angehörige <strong>de</strong>r<br />
freien Berufe. Eine Ausnahme gilt jedoch für<br />
Unternehmen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten<br />
sind 18 .<br />
„Die Darlehen können zur Ab<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>s mittel-<br />
bis langfristigen Finanzierungsbedarfs im<br />
Inland eingesetzt wer<strong>de</strong>n, z. B. für Investitionsmaßnahmen<br />
o<strong>de</strong>r Liquiditäts-/ Betriebsmittelbedarf“<br />
19 .<br />
Die För<strong>de</strong>rung ist begrenzt auf einen Höchstbetrag<br />
von 5 Millionen Euro. Ein Min<strong>de</strong>stkredit<br />
muss sich auf 125.000 Euro belaufen.<br />
Die Darlehenskonditionen beinhalten eine Laufzeit<br />
von 4 bis 8 Jahren. Der Zinssatz ist für alle<br />
Laufzeiten fest.<br />
Zusammenfassung<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Die Existenzgründung eines Unternehmens<br />
ist in vielen Fällen mit finanziellen Risiken<br />
behaftet. Dies trifft beson<strong>de</strong>rs für Existenzgrün<strong>de</strong>r<br />
zu, die ein betriebliches Angestelltenverhältnis<br />
für die Existengründung gekündigt<br />
33
34<br />
Existenzgründung<br />
haben. Sie verlieren somit ein regelmäßiges<br />
und sicheres Gehalt und <strong>de</strong>s weiteren Beiträge<br />
für die Altersvorsorge.<br />
Diese finanziellen Risiken können durch eine<br />
Existenzgründung eines Unternehmens über<br />
<strong>de</strong>n nebenberuflichen Einstieg für eine<br />
bestimmte Zeit gemil<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Der Existenzgrün<strong>de</strong>r<br />
behält erst einmal seine Angestelltenposition<br />
und wagt <strong>de</strong>nnoch <strong>de</strong>n Sprung<br />
in die Selbständigkeit. Die Vorteile für einen<br />
nebenberuflichen Einstieg sind neben <strong>de</strong>m<br />
weiteren Gehaltsbezug auch die zunächst geringen<br />
geschäftlichen Risiken, die Erprobung<br />
<strong>de</strong>s Geschäftsmo<strong>de</strong>lls und die Knüpfung von<br />
ersten Kontakten zu Kun<strong>de</strong>n und Lieferanten.<br />
Der Existenzgrün<strong>de</strong>r hat somit auch die Möglichkeit<br />
zu prüfen, ob er als Unternehmer geeignet<br />
ist.<br />
Autor<br />
Vor <strong>de</strong>r nebenberuflichen Existenzgründung<br />
muss jedoch bei Angestellten <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
um Erlaubnis gebeten o<strong>de</strong>r einfach nur<br />
informiert wer<strong>de</strong>n. Dies hängt vom jeweiligen<br />
Tarif- und individuellen Arbeitsvertrag ab.<br />
Wird die nebenberufliche Existenzgründung mit<br />
<strong>de</strong>r Absicht betrieben, mittelfristig in die vollberufliche<br />
Existenzgründung zu wechseln, so<br />
können von <strong>de</strong>r NRW-Bank und <strong>de</strong>r KfW-Bank<br />
Kredite und Darlehen beantragt wer<strong>de</strong>n. Mit<br />
diesen finanziellen Mitteln können die Kosten<br />
<strong>de</strong>r Existenzgründung, Investitionen in Sachanlagen<br />
und Warenbestän<strong>de</strong>n finanziert wer<strong>de</strong>n.<br />
Für die Existenzgründung eines Unternehmens<br />
ist immer ein Geschäftsplan o<strong>de</strong>r Business<br />
Plan sinnvoll. Dies gilt auch für die nebenberufliche<br />
Existenzgründung. Der Geschäftsplan<br />
sollte die Geschäftsi<strong>de</strong>e <strong>de</strong>tailliert beschreiben,<br />
über die gewünschte Rechtsform Auskunft geben,<br />
<strong>de</strong>n Markt und <strong>de</strong>n Wettbewerb betrachten,<br />
das Marketing einbeziehen und neben<br />
Chancen und Riskiken auch die Finanzierung<br />
beinhalten.<br />
Die Doppelbelastung durch das Angestelltenverhältnis<br />
und die nebenberufliche Selbständigkeit<br />
sollte nur für einen überschaubaren<br />
Zeitraum betrieben wer<strong>de</strong>n. Wenn sich<br />
die nebenberufliche Selbständigkeit als sinnvoll<br />
erweist, Gewinne erzielt wer<strong>de</strong>n und die<br />
Perspektive positiv ist, so sollte die nebenberufliche<br />
Selbständigkeit in eine vollberufliche<br />
Selbständigkeit umgewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Alpers, Heinz; Sattler, Andreas, Wie mache<br />
ich mich als Unternehmensberater selbständig,<br />
Rentrop Verlag, 4. Auflage 1991, Bonn<br />
Dipl.-Wirtschaftsinformatiker (FH) Stefan Tönnissen, MBA<br />
ist Beteiligungscontroller und beschäftigt sich mit <strong>de</strong>r Weiterentwicklung<br />
<strong>de</strong>r Controllingsysteme und <strong>Planung</strong>skonzepte.<br />
Biech, Elaine, Unternehmensberater wer<strong>de</strong>n<br />
und bleiben; Das Handbuch für beruflichen Erfolg,<br />
Rosenberger Fachverlag, Leonberg, 2001<br />
Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft und Technologie:<br />
Grün<strong>de</strong>rzeiten Nr. 17, Gründungskonzept/Businessplan,<br />
Ausgabe November 2006<br />
Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft und Technologie:<br />
Grün<strong>de</strong>rzeiten Nr. 33, Ein festes Fundament<br />
! Thema: Rechtsformen, Ausgabe August<br />
2007<br />
Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft und Technologie:<br />
Grün<strong>de</strong>rzeiten Nr. 36, Anmeldungen<br />
und Genehmigungen, Ausgabe August 2007<br />
Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft und Technologie:<br />
Grün<strong>de</strong>rzeiten Nr. 44, Zarte Pflänzchen<br />
– Kleingründungen, Ausgabe August 2007<br />
Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft und Technologie:<br />
Grün<strong>de</strong>rzeiten Nr. 45, Existenzgründungen<br />
durch freie Berufe, Ausgabe Februar 2007<br />
Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft und Technologie:<br />
Gründungs- und Wachstumsfinanzierung,<br />
Begleitbroschüre zum eTraining „Gründungs- und<br />
Wachstumsfinanzierung“, Ausgabe Januar 2008<br />
Hofert Svenja, Praxisbuch Existenzgründung.<br />
Erfolgreich selbständig wer<strong>de</strong>n und bleiben.<br />
Eichborn Verlag, 2004<br />
Hommel, Ulrich: Wertorientiertes Start-Up-<br />
Management ; Grundlagen – Konzepte – Strategien,<br />
Verlag Franz Vahlen, München 2002<br />
KfW Mittelstandsbank, Merkblatt KfW-Startgeld<br />
(061), Datum 01/2008<br />
KfW Mittelstandsbank, Merkblatt Unternehmerkapital<br />
ERP-Kapital für Gründung (051),<br />
Datum 01/2008<br />
Maikranz, Frank C.: Das Existenzgründungs-<br />
Kompendium ; Die wichtigsten Regeln auf <strong>de</strong>m<br />
Weg in die Selbständigkeit, Springer-Verlag<br />
Berlin Hei<strong>de</strong>lberg 2002<br />
Manz, Nicole: Existenzgründung und Existenzsicherung<br />
; Vom Unternehmenskonzept zum erfolgreichen<br />
Unternehmen, Springer-Verlag Berlin<br />
Hei<strong>de</strong>lberg 2000<br />
Fußnoten<br />
1 Vgl. Hofert S., Praxisbuch Existenzgründung,<br />
2004, Seite 21<br />
2 Vgl. Maikranz, F., Das Existenzgründungs-<br />
Kompendium, Hei<strong>de</strong>lberg, 2002, Seite 8<br />
3 Vgl. BMWI, Grün<strong>de</strong>rzeiten Nr. 44, August<br />
2007, Seite 1<br />
4 Vgl. Maikranz, F., a.a.O., Seite 8<br />
5 vgl. www.existenzgruen<strong>de</strong>r.<strong>de</strong>/selbstaendigkeit/erste_schritte/gruendungswege/01267/<br />
in<strong>de</strong>x.php vom 16.04.2008.<br />
6 vgl. BMWi Grün<strong>de</strong>rzeiten Nr. 44, August<br />
2007, Seite 1<br />
7 vgl. BMWi, a.a.O., Seite 1<br />
8 vgl. BMWi, a.a.O., Seite 2<br />
9 vgl. BMWi, a.a.O., Seite 2<br />
10vgl. BMWi, a.a.O., Seite 2<br />
11vgl. BMWi, a.a.O., Seite 2<br />
12Vgl. KfW, Merkblatt KfW-Startgeld, 01/2008,<br />
Seite 1<br />
13Vgl. KfW, a. a. O., Seite 1<br />
14Vgl. KfW, Merkblatt Unternehmerkapital,<br />
01/2008, Seite 2<br />
15Vgl. NRW-Bank, Merkblatt Mittelstandskredit,<br />
Fassung 01/08, Seite 1<br />
16Vgl. NRW-Bank, a. a. O., Seite 1<br />
17Vgl. NRW-Bank, a. a.O., Seite 1<br />
18Vgl. NRW-Bank, Merkblatt Universalkreidt,<br />
Fassung 11/07, Seite 1<br />
19NRW-Bank, Merkblatt Universalkreidt, Fassung<br />
11/07, Seite 1
Bei Papa in <strong>de</strong>r Arbeit!<br />
von Christine Pascher<br />
Ich heiße Christine Pascher und bin 12 Jahre<br />
alt. Ich möchte Ihnen von meinem ersten Abend<br />
in Papas Arbeit berichten (Stufe 1 <strong>de</strong>r Controller<br />
Aka<strong>de</strong>mie in Feldafing von Dipl.-Ing. Dietmar<br />
Pascher, Anm. d. Red.):<br />
Da ich noch nicht viel von <strong>de</strong>r Arbeit meines<br />
Vaters wusste, hatte ich noch keine großen<br />
Vorstellungen o<strong>de</strong>r Erwartungen. Controller,<br />
so stellte ich es mir vor, waren Leute, die<br />
etwas über die Wirtschaft erzählten. Wenn<br />
mich eine meiner Freundinnen fragte, was<br />
mein Vater arbeitet, so sagte ich einfach: „Er<br />
hält Seminare über die Wirtschaft“. Meistens<br />
verglich ich das mit <strong>de</strong>n Referaten, die ich<br />
in <strong>de</strong>r Schule hielt.<br />
Neugierig und aufgeregt zugleich stieg ich<br />
schließlich zu Papa ins vollgepackte Auto und<br />
fuhr mit ihm zum Seminarhotel. Das Seminar<br />
sollte eine Woche dauern und ich durfte <strong>de</strong>n<br />
ers ten Abend miterleben. Als wir ankamen,<br />
gingen wir gleich in <strong>de</strong>n Seminarraum.<br />
Wir hatten noch etwas Zeit, bis die Teilnehmer<br />
eintrafen. Wir nutzten diese, um die Plätze <strong>de</strong>r<br />
Teilnehmer mit Seminarmappen, Kugelschreibern,<br />
Bleistiften, Blöcken und sonstigen Materialien<br />
zu versehen. Ich war schon ganz zappelig<br />
und konnte es kaum noch erwarten. Endlich trafen<br />
die ersten Teilnehmer ein. Sie bekamen eine<br />
run<strong>de</strong> Scheibe mit ihrem Namen, welche sie<br />
sich auf ihre Kleidung klebten. Mein Papa und<br />
ich hatten bei<strong>de</strong> einen „Pascher“-Aufkleber.<br />
Nach<strong>de</strong>m die Teilnehmer <strong>de</strong>n Seminarraum erkun<strong>de</strong>t<br />
und sich einen Platz ausgesucht hatten,<br />
spazierten wir zum Essen. Während ich aß,<br />
lernte ich die Teilnehmer näher kennen. Sie sahen<br />
ganz an<strong>de</strong>rs aus, als ich sie mir vorgestellt<br />
hatte.<br />
Sie hatten nicht, wie ich gedacht hatte, schwarze<br />
Sakkos, Faltenröcke, weiße Blusen, Krawatten<br />
und ernste Gesichter, im Gegenteil. Sie saßen<br />
auf ihren Plätzen mit fröhlichen Gesichtern<br />
und trugen bunte Sommerkleidung in allen<br />
möglichen Farben.<br />
Autor<br />
Und dann kam <strong>de</strong>r große Moment:<br />
Alle hatten im Seminarraum Platz genommen,<br />
nur mein Papa stand noch. Nun stellten sich<br />
alle vor. Ich musste mich als Erste vorstellen.<br />
Ich erzählte von meinen Geschwistern und von<br />
meinem Hamster und dass ich gerne Harry<br />
Potter-Bücher lese. Als ich geen<strong>de</strong>t hatte,<br />
klatschten alle. Ich setzte mich wie<strong>de</strong>r. Jetzt<br />
waren die an<strong>de</strong>ren an <strong>de</strong>r Reihe.<br />
Als <strong>de</strong>r Letzte wie<strong>de</strong>r Platz genommen hatte,<br />
begann Papa zu re<strong>de</strong>n. Er machte es wirklich<br />
großartig. Seine Erzählungen waren nicht nur<br />
interessant, son<strong>de</strong>rn auch lustig. Er machte immer<br />
wie<strong>de</strong>r Späße, was die Zuschauer bei Lau-<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
ne hielt. Es war echt spitze und nun wusste ich,<br />
dass man das nicht mit einem Referat aus <strong>de</strong>r<br />
Schule vergleichen konnte.<br />
Er erzählte etwas über Controlling und erklärte,<br />
was das Wort „Controller“ überhaupt<br />
be<strong>de</strong>utete. Ich habe das so verstan<strong>de</strong>n:<br />
Controller kontrollieren nicht, son<strong>de</strong>rn<br />
sie helfen Menschen, ihre Ziele zu erreichen.<br />
Da kam mir <strong>de</strong>r Gedanke, dass meine<br />
Mama eigentlich auch eine Controllerin<br />
Christine Pascher<br />
ist 12 Jahre alt und Schülerin am Gymnasium Sacré Coeur<br />
in Graz.<br />
E-Mail: christine.pascher@aon.at<br />
sein müsste – sie hilft mir, in <strong>de</strong>r Schule<br />
gute Noten zu schaffen. An<strong>de</strong>rerseits kontrolliert<br />
sie manchmal meine Hausaufgaben.<br />
Lei<strong>de</strong>r war <strong>de</strong>r Abend viel zu schnell um.<br />
Nach <strong>de</strong>m Seminar tranken wir noch etwas im<br />
Dorfbrunnen und bedienten uns an Schalen mit<br />
Knabbersachen. Die Teilnehmer konnten sich<br />
so näher kennenlernen.<br />
Da es schon spät war, musste ich schließlich<br />
ins Bett.<br />
Am nächsten Morgen holte mich meine Mama<br />
wie<strong>de</strong>r ab, während Papa sein Seminar fortsetzte.<br />
Ich wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Tag in Papas Arbeit nie<br />
vergessen! :-) :-) :-)<br />
35
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Einführung von ERP-Systemen<br />
Einführung von ERP-Systemen<br />
Kritische Faktoren und Erfolgstreiber<br />
von Christine Mitter und Horst Wolfsgruber<br />
ERP-Systeme zählen zu <strong>de</strong>n am stärksten<br />
wachsen<strong>de</strong>n Segmenten <strong>de</strong>s Software-<br />
Marktes. In <strong>de</strong>n letzten Jahren haben viele Unternehmen<br />
große Summen in die Neuausrichtung<br />
ihrer Informationssysteme investiert. Trotz<br />
<strong>de</strong>r vielen Vorteile, die eine ERP-Implementierung<br />
bewirken kann, scheitern manche ERP-<br />
Einführungen o<strong>de</strong>r bringen nicht die gewünschten<br />
Ergebnisse. Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kritische<br />
Faktoren einer ERP-Implementierung und<br />
Handlungsempfehlungen zur Erhöhung <strong>de</strong>r Erfolgschancen<br />
aufgezeigt.<br />
ERP-Systeme und die damit<br />
verbun<strong>de</strong>nen Chancen, aber<br />
auch Gefahren<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r extremen Dynamik am IT-Sektor<br />
in <strong>de</strong>n letzten bei<strong>de</strong>n Jahrzehnten entstand<br />
eine Vielzahl an wertvollen Weiterentwicklungen<br />
bei betriebswirtschaftlichen Software-<br />
Programmen, und fast je<strong>de</strong>s Großunternehmen,<br />
aber auch viele Mittelständler haben in irgen<strong>de</strong>iner<br />
Form Än<strong>de</strong>rungen bei <strong>de</strong>r verwen<strong>de</strong>ten<br />
Software vorgenommen. Viele dieser Unternehmen<br />
haben sich für voll integrierte ERP-Systeme<br />
wie SAP, Baan, Exapta o<strong>de</strong>r Navison<br />
entschie<strong>de</strong>n.<br />
Unter einem Enterprise-Resource-Planning<br />
(ERP)-System wird eine Software verstan<strong>de</strong>n,<br />
welche die betriebliche Ressourcenplanung von<br />
Unternehmen unterstützt und dabei alle Leistungsbereiche<br />
von <strong>de</strong>r Lagerhaltung über die<br />
Produktion und <strong>de</strong>n Vertrieb bis hin zum Personalwesen<br />
sowie Controlling und Finanzwesen<br />
umfasst und voll miteinan<strong>de</strong>r verbin<strong>de</strong>t (vgl.<br />
Al-Mashari et al. 2003, S. 353). Durch diese<br />
Integration sämtlicher Leistungsbereiche wird<br />
einerseits verhin<strong>de</strong>rt, dass betriebliche Insellösungen<br />
und damit verbun<strong>de</strong>ne redundante Datenverwaltungen<br />
entstehen. Zusätzlich wird<br />
erreicht, dass die Auswirkungen einzelner<br />
Handlungen auf an<strong>de</strong>re Leistungsbereiche<br />
transparent abgebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Ein ERP-System kann die Effizienz eines Unternehmens<br />
<strong>de</strong>utlich steigern, in<strong>de</strong>m es Zugang<br />
zu vielen benötigten Informationen verschafft<br />
und damit ein schnelleres Reagieren auf<br />
Konkurrenzdruck und Marktchancen ermöglicht<br />
sowie mehr Flexibilität in <strong>de</strong>r Produktgestaltung<br />
erlaubt. Die Einführung eines ERP-<br />
Sys tems bringt für ein Unternehmen daher eine<br />
Vielzahl von positiven Aspekten. Üblicherweise<br />
wer<strong>de</strong>n diese in materielle und immaterielle<br />
Vorteile klassifiziert (siehe Abbildung 1 in Anlehnung<br />
an Al-Mashari et al. 2003, S. 355 f.;<br />
Gargeya / Brady 2005, S. 503).<br />
Trotz dieser vielen Vorteile scheitern Implementierungen<br />
von ERP-Systemen o<strong>de</strong>r<br />
bringen nicht <strong>de</strong>n erhofften Nutzen bzw. sogar<br />
Nachteile mit sich. Als Para<strong>de</strong>beispiel wird<br />
hier meist Hershey Foods angeführt, das aufgrund<br />
einer ERP-Einführung in <strong>de</strong>r Halloween-<br />
Saison 1999 seine Produkte nicht verschiffen<br />
konnte (vgl. Grossman / Walsh 2004, S. 38).<br />
Für das Pharmaunternehmen Foxmeyer Drug
war die gescheiterte Implementierung eines<br />
ERP-Sys tems sogar primärer Konkursgrund<br />
(vgl. Legare 2002, S. 21).<br />
Selbst unter i<strong>de</strong>alen Bedingungen dauert die<br />
Implementierung eines ERP-Systems und<br />
kostet viel, allein die Software-Kosten umfassen<br />
mehrere hun<strong>de</strong>rttausend bis Millionen<br />
Euro. Durch die Einbeziehung von Beratern für<br />
die Auswahl, Konfiguration und Einführungsphase<br />
<strong>de</strong>s Systems können sich diese Kosten<br />
noch dramatisch steigern (vgl. Al-Mashari et al.<br />
2003, S. 364). Dazu kommt, dass es selbst<br />
nach erfolgreicher Einführung einige Monate<br />
bis Jahre dauern kann, bis irgendwelche Nutzenvorteile<br />
sichtbar wer<strong>de</strong>n (vgl. Grossman /<br />
Walsh 2004, S. 39).<br />
Ein ERP-System drückt einem Unternehmen<br />
seine eigene Logik auf: es führt zu kompletter<br />
Integration und zwingt ein Unternehmen<br />
zu standardisierten, normierten Prozessen (vgl.<br />
Davenport 1998, S. 122 f.). Obwohl die Struktur<br />
von ERP-Systemen einen gewissen Anteil<br />
an Customizing zulässt, sind umfangreiche<br />
individuelle, kun<strong>de</strong>nspezifische Modifikationen<br />
nicht wünschenswert, da sie Implementierungskosten<br />
und -zeit <strong>de</strong>utlich erhöhen (vgl.<br />
Marbert et al. 2003, S. 308). Als Konsequenz<br />
einer ERP-Einführung muss sich ein Unternehmen<br />
daher anpassen o<strong>de</strong>r sogar seine<br />
Prozesse komplett neu ausrichten, um <strong>de</strong>n<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Systems zu entsprechen.<br />
Insofern kann die konsequente Ausrichtung an<br />
einem ERP-Sys tem Wettbewerbsvorteile untergraben<br />
(vgl. Davenport 1998, S. 125).<br />
Abb. 2: Kritische Faktoren in <strong>de</strong>n einzelnen Phasen einer ERP-Einführung<br />
Materielle Vorteile<br />
+ Lagerstandsreduktion<br />
+ Reduzierung Personalstand<br />
+ Produktivitätssteigerungen<br />
+ Verbesserungen in <strong>de</strong>r<br />
Auftragsabwicklung<br />
+ Raschere Durchlaufzeiten<br />
+ Einsparungen von IT-Kosten<br />
+ Reduktion von Kosten in<br />
Einkauf, Logistik und Transport<br />
+ Verbesserungen im Cash<br />
Management<br />
+ Umsatz- und Ergebnisverbesserungen<br />
Abb. 1: Materielle und immaterielle Nutzenaspekte eines ERP-Systems<br />
ERP-Implementierungen beeinflussen auch die<br />
Organisation und Kultur eines Unternehmens<br />
(vgl. Umble et al. 2003, S. 245). Einerseits erlauben<br />
ERP-Systeme weltweiten, real-time Zugriff<br />
auf Unternehmensdaten und damit eine<br />
<strong>de</strong>utliche Rationalisierung <strong>de</strong>r Informationsflüsse,<br />
was flachere und flexiblere Strukturen ermöglicht.<br />
An<strong>de</strong>rerseits be<strong>de</strong>utet ein ERP-System<br />
auch Zentralisierung von Informationen<br />
und Standardisierung von Prozessen und<br />
Vorgängen. Diese Einheitlichkeit und Uniformität<br />
kann jedoch auch kontraproduktive Auswirkungen<br />
haben und lokale Bedürfnisse missachten<br />
(vgl. Davenport 1998, S. 127 f.). Sind Un-<br />
Vorteile eines ERP-Systems<br />
Immaterielle Vorteile<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
+ Bessere Sichtbarkeit <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensdaten<br />
+ Neue o<strong>de</strong>r verbesserte<br />
betriebliche Prozesse<br />
+ Raschere Reaktion auf<br />
Kun<strong>de</strong>nanfragen<br />
+ Unerwartete Kostenreduktionen<br />
+ Stärkere Systemintegration<br />
+ Standardisierung<br />
+ Weltweite Verfügbarkeit<br />
von Informationen<br />
+ Abbau von ineffizienten<br />
Altsystemen<br />
ternehmen für diese Verän<strong>de</strong>rungen und Eingriffe<br />
nicht offen, kann die gesamte<br />
ERP-Einführung scheitern.<br />
Kritische Faktoren bei <strong>de</strong>r<br />
Implementierung<br />
Die Einführung eines ERP-Systems ist daher<br />
nicht ohne Risiken. Im folgen<strong>de</strong>n Abschnitt<br />
wer<strong>de</strong>n kritische Faktoren bei <strong>de</strong>r Einführung<br />
von ERP-Systemen dargestellt, <strong>de</strong>ren<br />
Beachtung bzw. richtiger Einsatz die Erfolgschancen<br />
einer ERP-Einführung <strong>de</strong>utlich erhöhen,<br />
<strong>de</strong>ren Nichtberücksichtigung<br />
o<strong>de</strong>r falsche Anwendung<br />
jedoch auch <strong>de</strong>n Misserfolg einer<br />
Einführung be<strong>de</strong>uten kann.<br />
Darüber hinaus wer<strong>de</strong>n Handlungsempfehlungen<br />
aufgezeigt,<br />
um Probleme frühzeitig zu erkennen<br />
und die Risiken einer<br />
ERP-Einführung zu verringern.<br />
Dabei wird gezielt versucht, <strong>de</strong>n<br />
Bogen über alle Projektphasen<br />
zu spannen. Abbildung 2 gibt<br />
einen Überblick, zu welchem<br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>r Projektphase welche<br />
Fragestellungen beson<strong>de</strong>rs<br />
wichtig sind.<br />
37
38<br />
Einführung von ERP-Systemen<br />
Beson<strong>de</strong>res Augenmerk wird darauf gelegt,<br />
nicht nur „technische“ Aspekte wie beispielsweise<br />
die Be<strong>de</strong>utung von Stammdaten zu diskutieren,<br />
son<strong>de</strong>rn auch die enormen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
an das betriebliche Organisationswesen<br />
zu berücksichtigen.<br />
Erfolgstreiber in <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sphase<br />
Top Management Support und unternehmensweite<br />
Bereitschaft für das Projekt<br />
Das Bekenntnis <strong>de</strong>s Top Managements zur<br />
ERP-Einführung sowie <strong>de</strong>ssen intensive Unterstützung<br />
<strong>de</strong>r Implementierungsphase wer<strong>de</strong>n<br />
als be<strong>de</strong>utendste Erfolgsfaktoren gesehen<br />
(vgl. Al-Mashari et al. 2003, S. 357 f.; Gargeya/Brady<br />
2005, S. 510 f.). Einerseits legt das<br />
Top Management die Vision und zukünftige Geschäftsstrategie<br />
fest, die auch das ERP-System<br />
wi<strong>de</strong>rspiegeln muss. An<strong>de</strong>rerseits muss das<br />
Top Management die Wichtigkeit <strong>de</strong>r ERP-Implementierung<br />
<strong>de</strong>utlich machen, in<strong>de</strong>m es adäquate<br />
Ressourcen für die Einführung zur Verfügung<br />
stellt, schnelle Entscheidungen ermöglicht<br />
und aufkeimen<strong>de</strong> Konflikte rasch löst. Nur<br />
wenn es <strong>de</strong>m Top Management gelingt, konzernweite<br />
Akzeptanz für das Projekt zu schaffen<br />
und zu erhalten, wer<strong>de</strong>n die Mitarbeiter ihre<br />
Kraft, Energie und Kreativität in <strong>de</strong>n Dienst <strong>de</strong>r<br />
ERP-Implementierung stellen.<br />
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch,<br />
dass <strong>de</strong>m Management die Konsequenzen einer<br />
ERP-Einführung auf Unternehmenskultur<br />
und Strategie bewusst sind und es innerhalb<br />
<strong>de</strong>s gesamten Unternehmens eine offene Kultur<br />
für die mit <strong>de</strong>r ERP-Einführung verbun<strong>de</strong>nen<br />
Verän<strong>de</strong>rungen schafft (vgl. Gargeya /<br />
Brady 2005, S. 511). Die Unterstützung <strong>de</strong>s<br />
Top Managements darf dabei aber nicht nur die<br />
Initiierung <strong>de</strong>s Einführungsprojektes betreffen,<br />
son<strong>de</strong>rn muss auch die einzelnen Implementierungsschritte<br />
inklusive etwaiger Rollouts umfassen<br />
(vgl. Al-Mahari et al. 2003, S. 357).<br />
Optimale Zusammensetzung von<br />
Projektteams<br />
Eine <strong>de</strong>r ersten Herausfor<strong>de</strong>rungen beim Start<br />
von ERP-Einführungen stellt die richtige Zu-<br />
sammensetzung <strong>de</strong>s Projektteams dar. Diese<br />
Entscheidung hat großen Einfluss auf <strong>de</strong>n späteren<br />
Projekterfolg und sollte <strong>de</strong>mentsprechend<br />
ernst genommen wer<strong>de</strong>n (vgl. Umble et al.<br />
2003, S. 245 f.). Im Normalfall wer<strong>de</strong>n Projektteams<br />
aus externen Beratern und eigenen Mitarbeitern<br />
(Key-User) zusammengestellt.<br />
Bei <strong>de</strong>n Key-Usern ist es wichtig, Mitarbeiter<br />
mit entsprechen<strong>de</strong>r Erfahrung heranzuziehen,<br />
da sie darauf sensibilisiert sind, wo im normalen<br />
Arbeitsablauf spezielle Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
auftauchen können. Darüber hinaus sollten die<br />
Teammitglie<strong>de</strong>r im Unternehmen eine gute Reputation<br />
haben, so dass die Entscheidungskompetenz<br />
<strong>de</strong>s Teams nicht in Frage gestellt wird.<br />
Bei<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rungen sprechen für gefragte<br />
Ansprechpartner im Unternehmen. Umgekehrt<br />
sollen Key-User aber während <strong>de</strong>r Implementierungsphase<br />
vom Tagesgeschäft freigeschaufelt<br />
wer<strong>de</strong>n. Hier liegt die große Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Teamzusammenstellung. Sehr häufig<br />
wer<strong>de</strong>n Key-User-Rollen daher nicht von Abteilungsleitern<br />
wahrgenommen, son<strong>de</strong>rn von<br />
starken Mitarbeitern <strong>de</strong>r zweiten Reihe.<br />
Bei <strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r Berater es ist wichtig, auf<br />
Consultants zurückzugreifen, die über entsprechen<strong>de</strong><br />
Erfahrung verfügen und eine Vielzahl<br />
an <strong>de</strong>rartigen Projekten abgewickelt haben.<br />
Hilfreich ist zu<strong>de</strong>m, wenn <strong>de</strong>r Berater wenig<br />
komplizierte Anfor<strong>de</strong>rungen selbst programmieren<br />
kann. Die Erfahrung zeigt, dass Key-User<br />
teilweise große Schwierigkeiten haben, ihre<br />
Wünsche exakt zum Ausdruck zu bringen.<br />
Dieses Problem wird sicherlich noch verschärft,<br />
wenn die Anfor<strong>de</strong>rung schriftlich auf einem<br />
anonymisierten IT-Request-Formular festgelegt<br />
wer<strong>de</strong>n muss und dieses Formular an einen<br />
Programmierer weitergeleitet wird, ohne dass<br />
eine direkte Kommunikation zwischen Key-<br />
User und Programmierer vorgesehen ist.<br />
Ebenso wird die Informationsqualität lei<strong>de</strong>n,<br />
wenn <strong>de</strong>r Key-User mit <strong>de</strong>m Berater kommuniziert<br />
und <strong>de</strong>r Berater die Anfor<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>n<br />
Programmierer weiterleitet. Zusätzlich verlängert<br />
sich die Zeit <strong>de</strong>r Problemlösungsphase, da<br />
die programmierte Lösung nicht sofort getestet<br />
wer<strong>de</strong>n kann und Modifikationen nicht sofort<br />
vorgenommen wer<strong>de</strong>n können.<br />
Grundsätzlich sollte ein gesun<strong>de</strong>r Mix aus erfahrenen<br />
externen Experten und internen<br />
Spezialisten, die alle betriebsspezifischen Beson<strong>de</strong>rheiten<br />
kennen, unter <strong>de</strong>r Voraussetzung,<br />
dass das Arbeitsklima im Projektteam gut ist,<br />
zu einem respektablen Ergebnis führen.<br />
Be<strong>de</strong>utung von Blueprints<br />
Grün<strong>de</strong> für massive Kostenüberschreitungen<br />
bei ERP-Einführungen liegen sehr häufig zum<br />
einen darin, dass während <strong>de</strong>s Projektes Zusatzanfor<strong>de</strong>rungen<br />
seitens <strong>de</strong>r Key-User gestellt<br />
wer<strong>de</strong>n, zum an<strong>de</strong>ren in <strong>de</strong>r Tatsache,<br />
dass <strong>de</strong>r Nachbetreuungsaufwand inklusive<br />
nachträglicher Systemmodifikationen einen erheblichen<br />
Umfang erreicht. Einen wichtigen<br />
Beitrag für die Einhaltung von Budgetzielen bei<br />
ERP-Einführungsprojekten können qualitativ<br />
hochwertige und vor allem für alle Beteiligten<br />
(d. h. sowohl Mitarbeiter als auch Berater)<br />
verbindliche Blueprints darstellen. Einem<br />
Blueprint kommt bei ERP-Projekten eine ähnliche<br />
Rolle zu wie beim Gebäu<strong>de</strong>bau <strong>de</strong>m Plan<br />
eines Architekten o<strong>de</strong>r bei einem Buchprojekt<br />
<strong>de</strong>m Inhaltsverzeichnis. Im Blueprint wer<strong>de</strong>n<br />
sämtliche Prozesse, Abläufe und Berichtsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
exakt beschrieben und auf<br />
diesen Informationen aufbauend die Systemarchitektur<br />
festgelegt. Ähnlich wie bei <strong>de</strong>n<br />
bei<strong>de</strong>n genannten Beispielen gestaltet sich<br />
auch die Problematik beim Blueprint: Die Erstellung<br />
kostet viel Zeit und bin<strong>de</strong>t hohe Ressourcen,<br />
gleichzeitig entsteht mitunter bei <strong>de</strong>n<br />
Projektmitglie<strong>de</strong>rn das Gefühl, dass kein sichtbarer<br />
Fortschritt beim Projektziel erreicht wird.<br />
Mit <strong>de</strong>r Implementierung von ERP-Systemen<br />
wer<strong>de</strong>n Arbeits- und Organisationsabläufe sowie<br />
Auswertungsmöglichkeiten für einen längeren<br />
Zeitraum festgelegt. Gravieren<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rungen<br />
in <strong>de</strong>r Gestaltung eines ERP-Systems<br />
sind schwer bzw. mitunter gar nicht<br />
mehr möglich, auf je<strong>de</strong>n Fall aber mit hohen<br />
Kosten verbun<strong>de</strong>n. Daher sollte die Wichtigkeit<br />
<strong>de</strong>s Blueprints allen an <strong>de</strong>r Einführung beteiligten<br />
Personen bekannt sein und ausreichend<br />
Zeit und Ressourcen für <strong>de</strong>ssen Erstellung eingeplant<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Dem Blueprint kommt auch eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Rolle für die Auswahl eines ERP-Systems zu,<br />
in<strong>de</strong>m er in <strong>de</strong>r Evaluierungsphase als Bezugspunkt<br />
für die Ableitung <strong>de</strong>r Auswahlkriterien
und Anfor<strong>de</strong>rungen an das ERP-System dient.<br />
In einer aktuellen Studie von <strong>Haufe</strong>-Lexware in<br />
Kooperation mit ProFirma (2008) wur<strong>de</strong> die Ab<strong>de</strong>ckung<br />
<strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen durch die ERP-<br />
Software als wichtigstes Auswahlkriterium genannt.<br />
Wie wichtig <strong>de</strong>r Auswahlprozess für <strong>de</strong>n<br />
Implementierungserfolg ist, zeigte die Studie<br />
ebenfalls: Unternehmen, die auf eine <strong>de</strong>taillierte<br />
Analyse <strong>de</strong>r Vor- und Nachteile <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Programme verzichten, sind nicht nur mit <strong>de</strong>r<br />
Evaluierungsphase unzufrie<strong>de</strong>n, vielmehr setzt<br />
sich diese Unzufrie<strong>de</strong>nheit über die Implementierungsphase<br />
hinaus bis zum täglichen Einsatz<br />
<strong>de</strong>s ERP-Programms fort.<br />
Viele Unternehmen praktizieren eine klare<br />
Trennung zwischen Blueprint-Gestaltung<br />
und ERP-Implementierung und setzen für die<br />
Erstellung <strong>de</strong>s Blueprints externe Berater ein,<br />
die jedoch später nicht die Einführung <strong>de</strong>s ERP-<br />
Projektes vornehmen. Die ERP-Implementierung<br />
wird danach ausgeschrieben und die Mitbieter<br />
müssen sich dazu bereit erklären, <strong>de</strong>n im<br />
Blueprint exakt <strong>de</strong>finierten Leistungsumfang zu<br />
erfüllen. Der Blueprint muss aber nicht nur für<br />
<strong>de</strong>n externen Berater verbindlich sein, son<strong>de</strong>rn<br />
auch für die Key-User <strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Die Verlockung, vom Blueprint abzukehren, ist<br />
sowohl für Berater als auch Mitarbeiter im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s Einführungsprojektes groß.<br />
Die Ursachen dafür können vielfältig sein: Einerseits<br />
kann es vorkommen, dass im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Implementierung Systemanwen<strong>de</strong>r die vielfältigen<br />
Möglichkeiten für Auswertungen und<br />
Analysen erkennen und diese auch ausschöpfen<br />
möchten. Umgekehrt kann es auch sein,<br />
dass das Beratungsunternehmen Probleme<br />
erst bei <strong>de</strong>r Systemimplementierung erkennt<br />
und <strong>de</strong>m unerfahrenen Kun<strong>de</strong>n eine Abweichung<br />
vom ursprünglichen Konzept nahe legt,<br />
in<strong>de</strong>m es verschie<strong>de</strong>ne Argumente vorbringt,<br />
wie <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r neuen Lösung profitiert.<br />
Mangels Erfahrung und Vorstellungskraft, wie<br />
sich die Än<strong>de</strong>rung im späteren Arbeitsleben<br />
auswirkt, stimmt <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> eventuell <strong>de</strong>r Abweichung<br />
vom Blueprint zu und erhält, ohne<br />
es zu diesem Zeitpunkt zu ahnen, eine suboptimale<br />
Kompromisslösung.<br />
Die Be<strong>de</strong>utung von Blueprints und <strong>de</strong>ren exakte<br />
Umsetzung unterstreicht auch eine Untersuchung<br />
von US-Unternehmen, die SAP ein-<br />
führten: 55 % führten hier die Beibehaltung <strong>de</strong>s<br />
ursprünglich aufgestellten Implementierungsplans<br />
als Erfolgsfaktor an (vgl. Gargeya / Brady<br />
2005, S. 509).<br />
Beson<strong>de</strong>rer Wert sollte bei <strong>de</strong>r Erstellung von<br />
Blueprints darauf gelegt wer<strong>de</strong>n, dass sie eventuell<br />
geplante Rollout-Projekte in Tochterunternehmen<br />
berücksichtigen. Nur wenn diese<br />
geplanten Erweiterungen in <strong>de</strong>r Anfangsphase<br />
berücksichtigt wur<strong>de</strong>n und entsprechend in das<br />
Gesamtkonzept eingearbeitet wor<strong>de</strong>n sind,<br />
kann eine perfekt abgestimmte, in sich schlüssige<br />
System-Architektur entwickelt wer<strong>de</strong>n<br />
(vgl. Gargeya / Brady 2005, S. 510).<br />
Als wichtiger Nebeneffekt im Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r Erstellung von Blueprints sollte erkannt<br />
wer<strong>de</strong>n, dass die Beschreibung von betrieblichen<br />
Abläufen eine hervorragen<strong>de</strong> Gelegenheit<br />
bietet, bestehen<strong>de</strong> Prozesse kritisch<br />
zu hinterfragen und gegebenenfalls zu optimieren.<br />
Speziell wenn externe Berater in die<br />
Blueprint-Erstellung involviert sind, kann von<br />
<strong>de</strong>n Erfahrungen <strong>de</strong>r Experten profitiert und ein<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s Optimierungspotential offen gelegt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Erfolgstreiber in <strong>de</strong>r<br />
Realisierungsphase<br />
Aufbau von Inhouse-Support<br />
Für fast je<strong>de</strong>s Unternehmen ist <strong>de</strong>r Head-Count<br />
eine wichtige Kennzahl, und sehr häufig sind<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Abb. 3: Rollenverteilung bei <strong>de</strong>r Einführung, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung von ERP-Systemen<br />
Personalkosten jene Kostenart, auf die von <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensführung allergrößtes Augenmerk<br />
gelegt wird. Dementsprechend verlockend<br />
scheint es auch, im Rahmen <strong>de</strong>s nach ERP-Einführungen<br />
notwendigen Supports sehr stark<br />
auf externe Berater zu zählen. Eigene Erfahrungen<br />
haben gezeigt, dass die komplette externe<br />
Vergabe <strong>de</strong>s Supports sehr kostspielig<br />
wird. Eine übliche Richtgröße für einen Beratertag<br />
im IT-Bereich liegt in etwa bei € 1.000.<br />
Wür<strong>de</strong> ein externer Berater ständig im Unternehmen<br />
arbeiten, ergäben sich daraus Kosten<br />
in Höhe von jenseits <strong>de</strong>r € 20.000 pro Monat.<br />
Geht man davon aus, dass gute IT-Experten in<br />
einer Gehaltsrange von ca. € 6.000 – € 8.000<br />
inklusive Gehaltsnebenkosten pro Monat liegen,<br />
so könnte man in diesem Fall min<strong>de</strong>stens<br />
zwei eigene IT-Experten anstellen und trotz<strong>de</strong>m<br />
Geld sparen. Speziell wenn internationale Rollout-Projekte<br />
geplant sind, sollte sich <strong>de</strong>r Aufbau<br />
eines eigenen Inhouse-Support-Teams lohnen,<br />
da sich diese Projekte oftmals über mehrere<br />
Jahre erstrecken.<br />
Für <strong>de</strong>n Fall, dass sich ein Unternehmen für einen<br />
eigenen Inhouse-Support entschei<strong>de</strong>t,<br />
sollten diese Mitarbeiter bereits während <strong>de</strong>r<br />
Implementierungsphase voll in das Projekt eingebun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, um alle Betriebsabläufe<br />
samt Beson<strong>de</strong>rheiten kennenzulernen.<br />
Nach durchgeführter Implementierung im<br />
ersten Standort eines Konzerns o<strong>de</strong>r einer Unternehmensgruppe<br />
sollte sich <strong>de</strong>r Einsatz externer<br />
Berater in <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>utlich reduzie-<br />
39
40<br />
Einführung von ERP-Systemen<br />
ren. Ziel sollte es in diesem Fall wer<strong>de</strong>n, externe<br />
Berater nur bei komplizierten Än<strong>de</strong>rungen<br />
hinzuziehen und alle an<strong>de</strong>ren Einstellungsän<strong>de</strong>rungen<br />
bzw. Neueinstellungen bei Rollout-Projekten<br />
selbst durchzuführen. Das Aktivitätenspektrum<br />
an Systemmodifikationen kann sehr<br />
gut als Pyrami<strong>de</strong> dargestellt wer<strong>de</strong>n (siehe Abbildung<br />
3).<br />
Für eine Controllingabteilung könnte dies im<br />
Konkreten wie folgt aussehen: Kostenstellen<br />
und Kostenarten anlegen, Umlagezyklen <strong>de</strong>finieren,<br />
Fixkontierungen einstellen sowie Zuschlagssätze<br />
<strong>de</strong>finieren ist Aufgabe <strong>de</strong>r Key-<br />
User. Berichte generieren, für die Spezialmodule<br />
benötigt wer<strong>de</strong>n, wie bspw. bei SAP <strong>de</strong>r Re-<br />
Autoren<br />
Dr. Horst Wolfsgruber<br />
ist Senior Controller bei Kronospan Group in 5020 Salzburg.<br />
E-Mail: hwolfsgruber@kronotec.com<br />
port-Painter, könnte eine Aufgabe <strong>de</strong>r eigenen<br />
Inhouse Consultants wer<strong>de</strong>n. Modifikationen<br />
bei <strong>de</strong>r Kalkulationsarchitektur, die Auswirkungen<br />
von <strong>de</strong>r Plankostenrechnung über die<br />
Produktbewertung bis hin zur Ergebnisrechnung<br />
haben, sollten von externen IT-Beratern<br />
vorgenommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Stammdatenmanagement<br />
Stammdaten sind das Herzstück eines je<strong>de</strong>n<br />
ERP-Systems. Stammdaten müssen exakt und<br />
richtig angelegt wer<strong>de</strong>n. Falsche Fertigungsversionen<br />
o<strong>de</strong>r qualitativ schlechte Stücklisten<br />
können möglicherweise in <strong>de</strong>r Produktion noch<br />
improvisiert wer<strong>de</strong>n, führen jedoch zu falschen<br />
Kalkulationen und in <strong>de</strong>r Folge zu fehlerhaften<br />
Vertriebsergebnisrechnungen, Lagerbewertungen<br />
und letztendlich falschen Bilanzwerten<br />
und Betriebsergebnisrechnungen. Es ist daher<br />
immens wichtig, <strong>de</strong>n Mitarbeitern die Notwendigkeit<br />
korrekter Dateneingaben zu ver<strong>de</strong>utlichen<br />
und sie für die Be<strong>de</strong>utung richtiger<br />
Eingabeprozesse zu sensibilisieren (vgl. Umble<br />
et al. 2003, S. 246).<br />
Wert und Wichtigkeit von Stammdaten für<br />
ein funktionieren<strong>de</strong>s ERP-Programm (vgl.<br />
Freytag / Hartmann 2009, S. 71 f.) sollten im<br />
Unternehmen bis in die Geschäftsführungsebene<br />
hinauf bewusst sein und <strong>de</strong>mentsprechend<br />
finanzielle Mittel für ein professionelles<br />
Stammdatenmanagement im Vorfeld geplant<br />
Dr. Christine Mitter<br />
unterrichtet an <strong>de</strong>r Fachhochschule Salzburg. Sie ist Fachsbereichsleiterin<br />
für Controlling und Finanzen am Studiengang<br />
Betriebswirtschaft.<br />
E-Mail: christine.mitter@fh-salzburg.ac.at<br />
und später zur Verfügung gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Stammdaten-Abteilungen müssen ähnlich<br />
wie bei <strong>de</strong>n Key-Usern wie<strong>de</strong>rum mit Personen<br />
besetzt wer<strong>de</strong>n, die betriebliche Zusammenhänge<br />
gut kennen und zusätzlich exakt arbeiten.<br />
Bereits bei <strong>de</strong>r Implementierung sollte überlegt<br />
wer<strong>de</strong>n, ob die Stammdatenbasis vom alten<br />
System in Bausch und Bogen übernommen<br />
o<strong>de</strong>r komplett neu angelegt wird. Die Implementierung<br />
<strong>de</strong>s ERP-Systems kann mit einer<br />
pauschalen Stammdatenübernahme einerseits<br />
wesentlich schneller abgewickelt wer<strong>de</strong>n als<br />
eine komplette Neuanlage, umgekehrt bieten<br />
gera<strong>de</strong> Systemwechsel eine historische<br />
Chance, Stammdaten zu überprüfen und<br />
mitunter von Grund auf zu überarbeiten.<br />
Integrierte Systeme als organisatorisches<br />
Neuland<br />
Als be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s Problem unmittelbar nach <strong>de</strong>r<br />
Systemeinführung stellt sich die Umstellung<br />
von einem nicht integrierten System in ein voll<br />
integriertes ERP-Programm dar. Hier muss bedacht<br />
wer<strong>de</strong>n, dass die Mitarbeiter eines<br />
Unternehmens sehr häufig über viele Jahre<br />
an eine Software-Architektur gewöhnt waren,<br />
welche grundsätzlich als Stand-alone-Lösung<br />
bestan<strong>de</strong>n hat und wo Daten teilweise<br />
durch händische Eingabe in Datenbanksysteme<br />
zu Berichten verarbeitet wur<strong>de</strong>n. In diesen<br />
Stand-alone-Lösungen hatten die Anwen<strong>de</strong>r<br />
selbstverständlich mehr Möglichkeiten, bei <strong>de</strong>r<br />
Fehlerkorrektur und bei Systemschwierigkeiten<br />
zu improvisieren, als bei vollintegrierten Systemen,<br />
da mit <strong>de</strong>r manuellen Übernahme von Daten<br />
in weiterführen<strong>de</strong> Programme die Datenbasis<br />
relativ leicht verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
Bei mo<strong>de</strong>rnen ERP-Programmen bewegen sich<br />
die Mitarbeiter plötzlich in einem vollintegrierten<br />
System, in <strong>de</strong>m alle Bereiche entlang<br />
<strong>de</strong>r Wertschöpfungskette komplett verknüpft<br />
sind und <strong>de</strong>r Datentransfer zwischen <strong>de</strong>n betrieblichen<br />
Funktionsbereichen automatisch erfolgt,<br />
ohne dass es eine Möglichkeit gibt, Verän<strong>de</strong>rungen<br />
in nachgelagerten Bereichen vorzunehmen.<br />
Falsche Eingaben können so einen<br />
Domino-Effekt auslösen und sämtliche<br />
Daten in allen nachfolgen<strong>de</strong>n Bereichen verfälschen<br />
(vgl. Umble et al. 2003, S. 246).<br />
Als praktisches Beispiel können schlampige<br />
Korrekturen von falsch abgeschlossenen Fertigungsaufträgen<br />
genannt wer<strong>de</strong>n. Wür<strong>de</strong> beispielsweise<br />
durch eine falsche Mengenangabe<br />
bei <strong>de</strong>r Rückmeldung eines Fertigungsauftrages<br />
<strong>de</strong>m Fertigwarenlager irrtümlich ein zu<br />
hoher Mengenbestand zugebucht und dieser<br />
Fehler einfach über eine Inventurbuchung nur<br />
lagerseitig behoben, wäre zwar <strong>de</strong>r Lagerbestand<br />
wie<strong>de</strong>r korrekt, sämtliche an<strong>de</strong>ren Statistiken<br />
und Berichte (z. B. Produktionsberichte,<br />
Plankostenrechnung) wür<strong>de</strong>n jedoch weiterhin<br />
falsche Werte ausweisen und <strong>de</strong> facto unbrauchbar<br />
sein. In einem nicht integrierten<br />
Sys tem hätten diese Systemfehler bei <strong>de</strong>r neuerlichen<br />
manuellen Dateneingabe in eine Datenbank<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n können, bei<br />
ERP-Programmen fehlt hingegen diese Ein-
griffsmöglichkeit. Das Verständnis dafür, dass<br />
improvisierte Lösungen o<strong>de</strong>r schlampig korrigierte<br />
Fehler Auswirkungen in nachgelagerten<br />
Funktionsbereichen aufwerfen, fehlt jedoch<br />
oftmals bei <strong>de</strong>n Systemanwen<strong>de</strong>rn.<br />
Generell muss darauf geachtet wer<strong>de</strong>n, dass<br />
sich bei ERP-Programmen ein erhöhter Kommunikationsbedarf<br />
zwischen verschie<strong>de</strong>nen<br />
Abteilungen ergibt (vgl. Al-Mashari et<br />
al. 2003, S. 359). Dies kommt vor allem für <strong>de</strong>n<br />
Fall zum Tragen, dass nachträgliche Systemmodifikationen<br />
notwendig wer<strong>de</strong>n. Eine Än<strong>de</strong>rung<br />
in einem Funktionsbereich kann Auswirkungen<br />
auf eine Reihe von funktional nachgelagerten<br />
Anwendungen haben. Nachträgliche<br />
Sys temän<strong>de</strong>rungen sollten daher immer über<br />
<strong>de</strong>n Systemkoordinator o<strong>de</strong>r Projektleiter abgewickelt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Erfolgstreiber in <strong>de</strong>r<br />
Abschluss- / Rollout-phase<br />
Im Fall eines internationalen Konzerns o<strong>de</strong>r einer<br />
Unternehmensgruppe stellt sich auch die<br />
Frage, ob im Sinne einer globalen Strategie die<br />
ERP-Einführung an sämtlichen Standorten<br />
gleichzeitig erfolgt o<strong>de</strong>r eine stufenweise Implementierung<br />
mit einem Pilotprojekt und anschließen<strong>de</strong>n<br />
Rollouts vorgenommen wird (vgl.<br />
Bayrak 2007, S. 23). Generell wird die phasenweise<br />
Einführung als vorteilhafter angesehen,<br />
weil auf diese Weise Erfahrungen aus <strong>de</strong>m<br />
Pilotprojekt für eine effizientere Implementierung<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n können (vgl. Umble et al.<br />
2003, S. 247). In diesem Fall sollte <strong>de</strong>r Start<br />
von Rollouts jedoch nicht zu schnell im Anschluss<br />
an die Piloteinführung erfolgen.<br />
Sehr häufig üben Beratungsunternehmen Druck<br />
aus, Rollout-Projekte sehr rasch durchzuführen.<br />
Ein zu schnelles Ausrollen von ERP-Projekten<br />
kann aber aus Unternehmenssicht erhebliche<br />
Nachteile mit sich bringen. Zum einen wer<strong>de</strong>n<br />
Systemschwächen und Fehler mit je<strong>de</strong>m weiteren<br />
Rollout multipliziert, zum an<strong>de</strong>ren sollten<br />
sich die Key-User in <strong>de</strong>r Beginnphase einer<br />
Software Einführung sehr intensiv mit <strong>de</strong>n „normalen“<br />
Systemanwen<strong>de</strong>rn beschäftigen, die<br />
üblicherweise speziell in <strong>de</strong>r Anfangsphase<br />
noch mit Anwendungsproblemen kämpfen. Beson<strong>de</strong>rs<br />
schwerwiegend ist die Problematik bei<br />
internationalen Rollout-Projekten: Die Fehlerbehebung<br />
in internationalen Tochterunternehmen<br />
ist komplizierter und vor allem<br />
teurer, da für das Projektteam bei Vorort-<br />
Einsätzen im Ausland noch Reisekosten und<br />
Leerzeiten hinzukommen. Mitunter wird die<br />
Fehlerbehebung auch noch durch Sprachprobleme<br />
erschwert und dadurch nochmals langwieriger.<br />
Das Ausrollen von ERP-Programmen sollte<br />
umgekehrt auch nicht endlos lange hinausgezögert<br />
wer<strong>de</strong>n, da Spezialwissen, wie dies<br />
beispielsweise für bestimmte Customizing-Aktivitäten<br />
gilt, die von Key-Usern wahrgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n sollen, mit <strong>de</strong>r Zeit ohne Anwendungstraining<br />
verloren geht. Ebenso sollte bedacht<br />
wer<strong>de</strong>n, dass sich mitunter auch im Personalbereich<br />
eines Unternehmens Verän<strong>de</strong>rungen<br />
ergeben können: Fluktuation o<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen<br />
in <strong>de</strong>r Unternehmensorganisation können Grün<strong>de</strong><br />
dafür sein, dass einzelne Mitarbeiter nicht<br />
mehr als Key-User zur Verfügung stehen.<br />
Fazit und Ausblick<br />
Die Einführung eines ERP-Systems stellt in<br />
je<strong>de</strong>m Unternehmen eine große Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
dar. Implementierungserfolg und erwartete<br />
Nutzenvorteile ergeben sich nicht automatisch,<br />
son<strong>de</strong>rn sind das Ergebnis <strong>de</strong>r Beachtung und<br />
konsequenten Umsetzung einer Vielzahl kritischer<br />
Faktoren. Einige dieser Erfolgstreiber, wie<br />
Top-Management-Support, interne Bereitschaft<br />
für das Projekt, Zusammensetzung <strong>de</strong>s Projektteams,<br />
Erstellung und zielstrebige Umsetzung<br />
<strong>de</strong>s Blueprints, Aufbau von Inhouse-Support,<br />
konsequentes Stammdatenmanagement, Aufbau<br />
von Verständnis für integrierte Datensysteme<br />
sowie umsichtige <strong>Planung</strong> <strong>de</strong>r Rollouts,<br />
wur<strong>de</strong>n im folgen<strong>de</strong>n Beitrag näher erläutert. Zu<br />
beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch,<br />
dass diese Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />
erhebt und dass diese Faktoren selten<br />
getrennt auftreten, son<strong>de</strong>rn häufig zusammenhängen<br />
und einan<strong>de</strong>r bedingen.<br />
Literaturhinweise<br />
Al-Mashari, M./Al-Mudimigh, A./Zairi, M.<br />
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CM Januar / Februar 2011<br />
nomy of critical factors, in: European Journal<br />
of Operational Research, 146. Jg., H. 2,<br />
S. 352 – 364.<br />
Bayrak, E. S. (2007): ERP-Einführungsstrategien,<br />
in: ERP Management, 3. Jg., H. 4, S. 21 – 24.<br />
Davenport, T. (1998): Putting the enterprise<br />
into the enterprise system, in: Harvard Business<br />
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Freytag, C./Hartmann, F. W (2009): Stammdatenmanagement<br />
als Grundlage für effiziente<br />
Geschäftsprozesse, in: Controller Magazin, 34.<br />
Jg., H. 2, S. 71 – 73.<br />
Gargeya, V. B./Brady, C. (2005): Success and<br />
failure factors of adopting SAP in ERP system<br />
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Grossman, T./Walsh, J. (2004): Avoiding the<br />
Pitfalls of ERP System Implementation, in: Information<br />
Systems Management, 21. Jg., H. 2,<br />
S. 38 – 42.<br />
<strong>Haufe</strong>-Lexware/ProFirma (2008): Studie:<br />
ERP-Software im Mittelstand: Einführung, Nutzung<br />
und Zufrie<strong>de</strong>nheit, Freiburg.<br />
Legare, T. L. (2002): The Role of Organizational<br />
Factors in Realizing ERP Benefits, in: Information<br />
Systems Management, 19. Jg., H. 4,<br />
S. 21 – 42.<br />
Marbert, V.A./Soni, A./Venkataramanan,<br />
M.A. (2003): Enterprise resource planning:<br />
Managing the implementation process, in: European<br />
Journal of Operational Research, 146.<br />
Jg., H. 2, S. 302 – 314.<br />
Umble, E. J./Haft, R. R./Umble, M. M. (2003):<br />
Enterprise resource planning: Implementation<br />
procedures and critical success factors, in: European<br />
Journal of Operational Research, 146.<br />
Jg., H. 2, S. 241 – 257.<br />
Eine Checkliste im Word-Format fin<strong>de</strong>n Sie unter<br />
www.controllermagazin.<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>r Rubrik CM live.<br />
41
42<br />
Working Capital Management<br />
Working Capital Management<br />
mit gewichteten Best Possible<br />
DSO-Zielen<br />
von Hendrik Vater<br />
Erfolgreiches Working Capital Management<br />
gehört zum Standardrepertoire und damit zu<br />
<strong>de</strong>n Grundpfeilern guter Unternehmensführung.<br />
Dies zum einen, da sich über die Optimierung<br />
<strong>de</strong>s im Unternehmen gebun<strong>de</strong>nen Kapitals die<br />
Innenfinanzierung stärken lässt und die in <strong>de</strong>r<br />
Regel hieraus resultieren<strong>de</strong>n geringeren Zinszahlungen<br />
sich positiv auf das Net Income auswirken.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren wird ein gutes Working<br />
Capital Management aufgrund seiner Prozesslastigkeit<br />
häufig als Referenz für ein gutes (Prozess-)Management<br />
und eine zufrie<strong>de</strong>nstellen<strong>de</strong><br />
Profitabilität verstan<strong>de</strong>n.<br />
Ein aktives Working Capital Management<br />
steht aber auch stets im prozessübergreifen<strong>de</strong>n<br />
wie prozessinternen Zielkonflikt verschie<strong>de</strong>ner<br />
Organisationseinheiten; dies beinhaltet<br />
auch die grundsätzliche Entscheidung Preis-<br />
versus Liquiditätsstrategie.<br />
Wesentliches Ziel <strong>de</strong>s Working Capital Managements<br />
ist es, eine möglichst geringe Kapitalbindung<br />
im Umlaufvermögen zu erreichen.<br />
Je besser die Innenfinanzierung über eine geringe<br />
Kapitalbindung ist, <strong>de</strong>sto mehr kann auf<br />
an<strong>de</strong>rweitige Finanzierungen z. B. über Darlehen<br />
von Kreditinstituten verzichtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Angesichts <strong>de</strong>r angespannten Wirtschaftslage<br />
rücken Früherkennung und Vermeidung von<br />
Ausfallrisiken sowie Liquiditätssicherung bei<br />
vielen Unternehmen vermehrt in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />
Ein altes Sprichwort bringt die notwendige<br />
Prioritätensetzung gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen<br />
Krisensituation auf <strong>de</strong>n Punkt: „Reve-<br />
nue is vanity, profit is sanity, but cash is<br />
king“.<br />
Nicht weniger be<strong>de</strong>utend als das For<strong>de</strong>rungsmanagment<br />
ist in<strong>de</strong>s die Vereinbarung von Zahlungszielen.<br />
Der Vertrieb ist für die Verhandlung<br />
mit <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n zuständig. Gleichfalls beginnt<br />
hier <strong>de</strong>r für das Working Capital be<strong>de</strong>utsame<br />
Prozess <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>r-to-Cash. Die Vereinbarung<br />
von Zahlungszielen mit <strong>de</strong>n eigenen Kun<strong>de</strong>n<br />
stellt einen <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Stellhebel zur<br />
Verbesserung <strong>de</strong>s Working Capitals dar. Letztlich<br />
hilft es wenig, ein gutes Prozess- und For<strong>de</strong>rungsmanagment<br />
zu besitzen, wenn zu Beginn<br />
<strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozesses keine o<strong>de</strong>r nur<br />
unzureichen<strong>de</strong> Vereinbarungen getroffen wer<strong>de</strong>n.<br />
Daher kommt in <strong>de</strong>r Unternehmens praxis<br />
<strong>de</strong>r Working Capital adäquaten Incentivierung<br />
<strong>de</strong>s Vertriebs entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung zu.<br />
Obwohl reine Umsatz- bzw. Absatzprovisionierungen<br />
nicht nur unter Gesichtspunkten <strong>de</strong>s<br />
Working Capital Managements, son<strong>de</strong>rn auch<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung per se massive<br />
Fehlsteuerungen verursachen und damit mehr<br />
Wertvernichtung als Wertschaffung produzieren<br />
können, ist <strong>de</strong>r Glaube an sie ungebrochen.<br />
Voraussetzung für einen schlagkräftigen<br />
Vertrieb ist ein Vergütungssystem, das die<br />
richtigen Anreize setzt. Die Lösung liegt in<br />
wertorientierten Vergütungssystemen, welche<br />
die Stellgrößen berücksichtigen, die einerseits<br />
vom Vertrieb direkt beeinflusst wer<strong>de</strong>n können<br />
und die an<strong>de</strong>rerseits in unmittelbarem Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r Wertsteigerung verknüpft<br />
sind.<br />
Incentivierung <strong>de</strong>s Vertriebs mit<br />
DSO<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Fokussierung<br />
auf das Management <strong>de</strong>s Working Capitals<br />
wird in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis vermehrt auch<br />
<strong>de</strong>r Vertrieb aktiv miteingebun<strong>de</strong>n. Dies erfolgt<br />
vor <strong>de</strong>m Hintergrund, dass Working Capital<br />
Management nicht allein eine Aufgabe <strong>de</strong>s<br />
Finanzbereichs, son<strong>de</strong>rn vielmehr eine abteilungs-<br />
wie prozessübergreifen<strong>de</strong> Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
darstellt. Da <strong>de</strong>r Vertrieb für die<br />
Vereinbarung <strong>de</strong>r Zahlungsziele verantwortlich<br />
ist, kommt ihm wesentliche Be<strong>de</strong>utung für ein<br />
erfolgreiches Management <strong>de</strong>s Working Capitals<br />
zu. Ein erfolgreiches Working Capital Management<br />
setzt in<strong>de</strong>s das Vorhan<strong>de</strong>nsein einer<br />
prozess-übergreifen<strong>de</strong>n Strategie und <strong>de</strong>ren<br />
erfolgreiche Umsetzung in <strong>de</strong>n einzelnen Subprozessen<br />
voraus. Eine strategie-konforme Vereinbarung<br />
<strong>de</strong>r Zahlungsziele bil<strong>de</strong>t daher das<br />
Fundament eines funktionieren<strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>r-to-<br />
Cash-Prozesses.<br />
Unter Vertriebsgesichtspunkten stehen Aspekte<br />
<strong>de</strong>s Working Capital allerdings regelmäßig im<br />
Zielkonflikt mit an<strong>de</strong>ren möglichen Vertriebszielen<br />
wie Absatzsteigerungen, Produktneueinführungen,<br />
Neukun<strong>de</strong>nakquisen o<strong>de</strong>r<br />
Preisziele. Aus <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>s Vertriebs<br />
wird in <strong>de</strong>r Optimierung <strong>de</strong>r Zahlungsziele daher<br />
vielfach kein vorrangiges Ziel gesehen. Da die<br />
Kun<strong>de</strong>n für ein geringeres Zahlungsziel i. d. R.<br />
eine Gegenleistung verlangen, kann es passieren,<br />
dass diesem Aspekt nicht genug Aufmerksamkeit<br />
gewidmet wird bzw. zu schnell subopti-
male Verhandlungsergebnisse akzeptiert wer<strong>de</strong>n.<br />
In<strong>de</strong>s – die beste Marge nützt nichts, wenn<br />
sie später durch extrem lange Zahlungsziele<br />
„aufgefressen“ wird.<br />
Teilweise mangelt es auch am Verständnis für<br />
die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Vereinbarung von Zahlungszielen<br />
bzw. <strong>de</strong>s Working Capital Managment.<br />
Aus Unternehmenssicht ist daher sicherzustellen,<br />
dass <strong>de</strong>r Vertrieb motiviert in das prozessübergreifen<strong>de</strong><br />
Working Capital Managment einbezogen<br />
wird. Aus diesem Grund halten vermehrt<br />
Incentivierungen Einzug in die Unternehmenspraxis,<br />
die <strong>de</strong>m Vertrieb Anreize zur<br />
Berücksichtigung übergeordneter Working Capital-Ziele<br />
geben.<br />
Hilfreich für das mit <strong>de</strong>r Vereinbarung von DSO-<br />
Zielen verbun<strong>de</strong>ne Anliegen einer För<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>s Verständnisses für Working Capital Management<br />
ist, wenn das Unternehmen ein EVAorientertes<br />
System <strong>de</strong>r Unternehmensteuerung<br />
nutzt. Denn die Unternehmenssteuerung mittels<br />
EVA erfor<strong>de</strong>rt im Gesamtunternehmen ein<br />
Verständnis für die Werttreiber, und das Working<br />
Capital ist einer <strong>de</strong>r essentiellen Einflussfaktoren,<br />
die es zwecks Optimierung <strong>de</strong>r Kapitalstruktur<br />
zu steuern gilt.<br />
Bedingt durch seine Nähe zum Kun<strong>de</strong>n kommt<br />
<strong>de</strong>m Vertrieb im Rahmen <strong>de</strong>s Working Capital<br />
Managements wesentliche Be<strong>de</strong>utung zu. Der<br />
Vertrieb ist gleichzeitig Ausgangspunkt für <strong>de</strong>n<br />
Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozess und Katalysator bei<br />
<strong>de</strong>r Klärung von Streitfragen:<br />
� Bei <strong>de</strong>n Vertragsverhandlungen mit <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n<br />
sollten möglichst günstige Zahlungsziele<br />
vereinbart wer<strong>de</strong>n;<br />
� Informationen zu Bonitätsschwierigkeiten<br />
einzelner Kun<strong>de</strong>n sollten umgehend an das<br />
Credit- und For<strong>de</strong>rungsmanagement weitergegeben<br />
wer<strong>de</strong>n;<br />
� Bei Nichteinhaltung <strong>de</strong>r Zahlungsziele kann<br />
<strong>de</strong>r Vertriebsmitarbeiter durch Kun<strong>de</strong>ngespräche<br />
zur Klärung miteinbeogen wer<strong>de</strong>n<br />
(z. B. Reklamationen);<br />
� Maßnahmen wie Verringerung <strong>de</strong>s Kreditlimits,<br />
Vorkasse o<strong>de</strong>r Lieferstopps bedingen<br />
die Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Vertrieb;<br />
� Kein Verkauf von Ware an Kun<strong>de</strong>n mit Zahlungsschwierigkeiten<br />
bzw. keine eigenmächtige<br />
Verlängerung von Zahlungszielen bzw.<br />
Vereinbarung von Zahlungszielen außerhalb<br />
vereinbarter Grenzwerte.<br />
Days of Sales Outstanding als<br />
Zielvorgabe<br />
In <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis wird heute weltweit<br />
die Kennzahl Days of Sales Outstanding<br />
(DSO) zur Messung <strong>de</strong>r Liquidität genutzt. Die<br />
Kennzahl Days of Sales Outstanding (DSO, zu<br />
dt. For<strong>de</strong>rungsreichweite; Umschlagsdauer <strong>de</strong>r<br />
For<strong>de</strong>rungen) misst die durchschnittliche Laufzeit<br />
<strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen, d. h. die in Tagen ausgedrückte<br />
Zeitspanne von <strong>de</strong>r Rechnungserstellung<br />
bis zum Zahlungseingang. Zuweilen wird<br />
die Kennzahl auch als Average Days Outstanding<br />
(ADO) o<strong>de</strong>r Average Collection Period<br />
(ACP) bezeichnet. Die DSO lassen sich folgen<strong>de</strong>r<br />
Formel entnehmen:<br />
Days Sales Outstanding (DSO) = For<strong>de</strong>rungen<br />
aus Lieferungen und Leistungen / Umsatz x<br />
360 Tage 1<br />
Der Umsatz beinhaltet i. d. R. die gross sales,<br />
d. h. <strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n fakturierten Umsatz<br />
einschließlich USt und Zölle; dabei wird nur <strong>de</strong>r<br />
mit Dritten erzielte Umsatz berücksichtigt, Intercompany-Beziehungen<br />
bleiben außen vor. Die in<br />
<strong>de</strong>r Formel anzusetzen<strong>de</strong>n For<strong>de</strong>rungen aus<br />
Lieferungen und Leistungen erhält man, in<strong>de</strong>m<br />
die For<strong>de</strong>rungen aus Lieferungen und Leistungen<br />
am Perio<strong>de</strong>nbeginn, zuzüglich <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen<br />
aus Lieferungen und Leistungen zum<br />
Perio<strong>de</strong>nen<strong>de</strong>, durch zwei dividiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Die DSO dienen vielfach als Effizienzgröße für<br />
das Mahnwesen bzw. Debitorenmanagement,<br />
aber auch als KPI zur Beurteilung <strong>de</strong>s gesamten<br />
Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozesses eines Unternehmens.<br />
Je kleiner diese Kennzahl ist, <strong>de</strong>sto effizienter<br />
läuft <strong>de</strong>r Prozess, um so wirtschaftlicher ist es<br />
für das Unternehmen.<br />
Die Kennzahl DSO gibt also Auskunft über das<br />
Zahlungsverhalten <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n auf Basis <strong>de</strong>r<br />
Erlöse, die als Zahlungseingang im Unternehmen<br />
eingetroffen sind. Die DSO informieren<br />
über die Liquidität, die in For<strong>de</strong>rungen gebun<strong>de</strong>n<br />
ist, und daher nicht zur Innenfinanzierung<br />
zur Verfügung stehen. Grundsätzlich gilt, je länger<br />
Zahlungen ausbleiben, <strong>de</strong>sto schlechter ist<br />
dies für <strong>de</strong>n gesamten Cash Cycle, da das Unternehmen<br />
i. d. R. in <strong>de</strong>r Zwischenzeit auf externe<br />
Finanzierungen zurückgreifen muss.<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Fokussierung auf<br />
das Working Capital Management und <strong>de</strong>r Erkenntnis,<br />
das ein erfolgreiches Working Capital<br />
beim Vertrieb beginnt, wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis<br />
vermehrt entsprechend erfolgsabhängige<br />
Bonusvereinbarungen getroffen.<br />
Vereinbarung von DSO-Zielen für<br />
<strong>de</strong>n Vertrieb<br />
Working Capital-Ziele können auf unterschiedliche<br />
Weise in die Zielvorgaben integriert wer<strong>de</strong>n.<br />
Grundsätzlich stehen drei Ansätze zur Anreizgestaltung<br />
zur Verfügung. Unternehmen<br />
können <strong>de</strong>m Vertrieb DSO-Ziele, BP DSO-Ziele<br />
o<strong>de</strong>r gewichtete BP DSO-Ziele vorgeben.<br />
In <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis fin<strong>de</strong>n zur Zeit vor<br />
allem reguläre DSO-Vorgaben Verwendung;<br />
die Nutzung von BP DSO steht ausweislich einer<br />
Untersuchung von KPMG erst am Anfang,<br />
aufgrund ihrer Vorteile gegenüber herkömmlichen<br />
DSO-Zielen bleibt jedoch zu erwarten,<br />
dass diese in <strong>de</strong>r Zukunft verstärkt zum Einsatz<br />
gelangen.<br />
Normale DSO-Ziele<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Die Anreizgestaltung mit herkömmlichen DSO-<br />
Zielen folgt <strong>de</strong>r Logik, die durch die DSO ausgedrückte<br />
Strategie <strong>de</strong>s Working Capital Managements<br />
auch <strong>de</strong>r Vertriebseinheit vorzugeben.<br />
Der Vertrieb wird wie an<strong>de</strong>re Organisationseinheiten<br />
mit <strong>de</strong>m DSO-Ziel incentiviert, zur<br />
Reduktion <strong>de</strong>r DSO und damit <strong>de</strong>r Optimierung<br />
<strong>de</strong>s Working Capital beizutragen. Wird dieser<br />
Ansatz gewählt, erhält <strong>de</strong>r Vertrieb in<strong>de</strong>s eine<br />
Zielvorgabe, die nur teilweise direkt beinflusst<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Denn die DSO als solche durchlaufen <strong>de</strong>n gesamten<br />
Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozess. So nützt es<br />
letzten En<strong>de</strong>s wenig, wenn <strong>de</strong>r Vertrieb DSOkonform<br />
agiert, sich die DSO jedoch durch Unzulänglichkeiten<br />
in <strong>de</strong>r Leistungserbringung,<br />
<strong>de</strong>r Rechnungsstellung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s For<strong>de</strong>rungsmanagements<br />
negativ entwickeln.<br />
43
44<br />
Working Capital Management<br />
Abb. 1: Or<strong>de</strong>r to Cash Cycle (PWC 2009)<br />
Vorteilhaft ist also die Konzentration auf ein<br />
einheitliches Unternehmensziel, das gleichwohl<br />
mit <strong>de</strong>m Nachteil <strong>de</strong>s Nichtvorliegens einer<br />
möglichst direkten Beeinflussbarkeit einhergeht.<br />
In<strong>de</strong>s wird durch die Incentivierung nicht nur die<br />
richtige Herangehensweise an neu anstehen<strong>de</strong><br />
Kun<strong>de</strong>nverhandlungen adressiert. Vielmehr erhält<br />
<strong>de</strong>r Vertrieb <strong>de</strong>n Anreiz zu prüfen, ob beispielsweise<br />
bestehen<strong>de</strong> Kategorien von Zahlungszielen<br />
richtig an die unterschiedlichen Regionen<br />
und Kun<strong>de</strong>nstrukturen angepasst sind.<br />
Normale BP DSO-Ziele<br />
In <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis setzt sich zunehmend<br />
die Erkenntnis durch, dass ein erfolgreiches<br />
Working Capital Management eine<br />
entsprechen<strong>de</strong> Unternehmenskultur und eine<br />
abteilungs- wie prozessübergreifen<strong>de</strong> Zusammenarbeit<br />
verschie<strong>de</strong>nster Organisationseinheiten<br />
erfor<strong>de</strong>rt. Aus diesem Grund wer<strong>de</strong>n<br />
Working Capital Management-Ziele zunehmend<br />
in prozessspezifische Subziele aufge-<br />
Autor<br />
spalten. In diesem Sinne erhält <strong>de</strong>r Vertrieb <strong>de</strong>n<br />
Anreiz zur Vereinbarung möglichst optimaler<br />
Zahlungsziele, während z. B. das For<strong>de</strong>rungsmanagement<br />
mit <strong>de</strong>n echten Verzugstagen<br />
(Average Days Delinquent, ADD), <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nservice<br />
mittels eines KPI zur erfolgreichen<br />
Bewältigung von Reklamationen o<strong>de</strong>r das<br />
Rechnungswesen anhand <strong>de</strong>r Fehlerfreiheit <strong>de</strong>r<br />
Rechnungsstellung gemessen wird.<br />
Mit Blick auf <strong>de</strong>n Vertrieb ist vor allem die Vereinbarung<br />
optimaler Zahlungsziele be<strong>de</strong>utsam.<br />
Die Vereinbarung optimaler Zahlungsziele in<br />
<strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nverhandlungen gehört zu <strong>de</strong>n<br />
Kernaufgaben <strong>de</strong>s Vertriebs und kann von diesem<br />
i. d. R. wesentlich gestaltet wer<strong>de</strong>n. Damit<br />
erhält <strong>de</strong>r Vertrieb ein Ziel, das seiner prozessspezifischen<br />
Stellung im Gesamtkontext <strong>de</strong>s<br />
Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozesses entspricht. Wenn zu<br />
Beginn <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozesses keine<br />
o<strong>de</strong>r wenig optimale Zahlungsziele vereinbart<br />
wer<strong>de</strong>n, kann dies in <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Prozessschritten<br />
kaum aufgeholt wer<strong>de</strong>n. Zwar<br />
können die Zahlungseingänge forciert und<br />
Dr. Hendrik Vater<br />
ist Mitglied <strong>de</strong>s Vorstands und Chief Financial Officer <strong>de</strong>r italienischen<br />
Lan<strong>de</strong>sgesellschaft eines führen<strong>de</strong>n DAX-30 Konzerns.<br />
Er vertritt in vorliegen<strong>de</strong>m Beitrag ausschließlich seine eigene<br />
private Meinung.<br />
Ausfälle minimiert wer<strong>de</strong>n, aber dies kann <strong>de</strong>n<br />
Effekt aus <strong>de</strong>r Zahlungszielvereinbarung kaum<br />
korrigieren. Daher ist es be<strong>de</strong>utsam, bereits zu<br />
Beginn <strong>de</strong>s OtC-Prozesses richtig zu agieren.<br />
Für <strong>de</strong>n Vertrieb bietet sich daher die Verwendung<br />
<strong>de</strong>r Best Possible DSO (BPDSO) an. Die<br />
BPDSO repräsentieren die vom Vertrieb vereinbarten<br />
Zahlungsziele. Wie <strong>de</strong>r Name bereits<br />
darlegt, stellen die mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n vereinbarten<br />
Zahlungsziele <strong>de</strong>n Optimalwert dar, <strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Prozessschritten nicht unterschritten<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Ziel <strong>de</strong>r Vorgabe von<br />
BPDSO ist es, <strong>de</strong>n Vertrieb zu motivieren, möglichst<br />
optimale Zahlungsziele mit <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n<br />
zu vereinbaren. In<strong>de</strong>s steht die Vereinbarung<br />
möglichst schneller Zahlungsziele in Vefkaufsverhandlungen<br />
regelmässig im Zielkonflikt mit<br />
<strong>de</strong>r Profitabilität (Stichwort „Skonto“) und sollte<br />
daher entsprechend gewürdigt wer<strong>de</strong>n. Auf<br />
<strong>de</strong>m Wege einer Kombination mit einem Renditeziel<br />
kann sichergestellt wer<strong>de</strong>n, dass ein Pareto-Optimum<br />
zwischen Rendite und Liquididtät<br />
angestrebt wird. Ausweislich einer Studie<br />
von KPMG fin<strong>de</strong>n BPDSO in<strong>de</strong>s erst bei 11 %<br />
von befragten 1000 europäischen Unternehmen<br />
Anwendung. 2<br />
Gewichtete BP DSO-Ziele<br />
Die Vereinbarung von gewichteten BP DSO geht<br />
einen Schritt weiter. Die Vorgabe gewichteter<br />
BP DSO greift die Vorteile <strong>de</strong>r Vereinbarung<br />
möglichst optimaler Zahlungsziele auf und
verbin<strong>de</strong>t diese mit einer Umsatzgewichtung.<br />
Die Vereinbarung umsatzgewichteter<br />
DSO Ziele verfügt über <strong>de</strong>n Charme, dass <strong>de</strong>r<br />
Vertrieb bzw. das Key Account Management<br />
<strong>de</strong>n Anreiz erhält, gera<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Vereinbarung<br />
von großen Aufträgen optimale Zahlungsziele<br />
mit <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n zu vereinbaren. Denn letztlich<br />
haben die großen Aufträge erheblich größere<br />
Auswirkungen auf die DSO-Performance <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens. In<strong>de</strong>m die vereinbarten Zahlungsbedingungen<br />
mit <strong>de</strong>r Auftragssumme gewichtet<br />
wer<strong>de</strong>n, kann die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Aufträge für das Working Capital ver<strong>de</strong>utlicht<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Letztlich wird so sichergestellt, <strong>de</strong>n Working Capital-Zielen<br />
gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n schwierigen Verhandlungen<br />
Rechnung zu tragen, da Großkun<strong>de</strong>n<br />
i. d. R. eine bessere Verhandlungsmacht<br />
als kleine o<strong>de</strong>r normale Kun<strong>de</strong>n besitzen. Wer<strong>de</strong>n<br />
lediglich ungewichtete DSO-Ziele vorgegeben,<br />
besteht die Gefahr, dass die Zahlungszielvorgaben<br />
vor allem bei vergleichsweise kleinen,<br />
„einfachen” Kun<strong>de</strong>n erzielt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Gewichtung hilft daher, sich auf große Aufträge<br />
mit vergleichsweise erheblichen Auswirkungen<br />
auf die Liquidität und damit die Finanzierungskosten<br />
zu konzentrieren. Bei kleinen<br />
Kun<strong>de</strong>n können die Zahlungsziele i. d. R. erheblich<br />
einfacher durchgesetzt wer<strong>de</strong>n, als bei<br />
Großkun<strong>de</strong>n, die entsprechen<strong>de</strong> Gegenfor<strong>de</strong>rungen<br />
erheben. Um die Unternehmensziele zu<br />
erreichen, ist aber gera<strong>de</strong> sicherzustellen, dass<br />
bei <strong>de</strong>n großen Aufträgen die Zahlungszielvorgaben<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Letztlich ist es<br />
zu<strong>de</strong>m sinnvoll, auf <strong>de</strong>m Wege einer Scorecard<br />
die Zahlungszielvorgaben mit an<strong>de</strong>ren Unternehmenszielen<br />
zu verknüpfen, damit die Zahlungsziele<br />
nicht zu Lasten an<strong>de</strong>rer Unternehmensziele<br />
vereinbart wer<strong>de</strong>n.<br />
Kombination mit an<strong>de</strong>ren Zielen<br />
Alternativ zu <strong>de</strong>n vorgestellten Konzepten kann<br />
auch auf an<strong>de</strong>re Weise sichergestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass sich Vertriebsmitarbeiter auch um die Bezahlung<br />
von Rechnungen kümmern: So ist es in<br />
einigen Branchen (z. B. Anlagenbau, Großgeräte,<br />
Projekte) möglich und sinnvoll, <strong>de</strong>n Zahlungseingang<br />
separat, d. h. pro Verkaufsvorgang,<br />
zu verfolgen. Die jeweiligen Umsät-<br />
ze und Deckungsbeiträge fließen dann erst in<br />
die Zielerreichung ein, wenn die Zahlung erfolgt<br />
ist – ein sehr wirksames Mittel, um Vertriebsmitarbeitern<br />
einen Anreiz zu setzen, sich um<br />
die pünktliche Begleichung von Rechnungen zu<br />
kümmern.<br />
Hilfreich kann zu<strong>de</strong>m sein, <strong>de</strong>m Vertrieb mit<br />
<strong>de</strong>n Average Days Delinquent (ADD) ein weiteres<br />
übergreifen<strong>de</strong>s Working Capital-Ziel zu<br />
setzen. Die ADD sollen <strong>de</strong>m Vertrieb <strong>de</strong>n Anreiz<br />
geben, an<strong>de</strong>re im OtC Prozess nachgelagerte<br />
Einheiten zu unterstützen.<br />
Der Vertrieb hat im Zusammenhang mit Working<br />
Capital Management jedoch nicht nur<br />
Schnittstellen mit <strong>de</strong>m Or<strong>de</strong>r-to-Cash. Über die<br />
Absatzplanung ist auch die <strong>de</strong>m Produktionsprozess<br />
zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Vorratshaltung betroffen.<br />
Dieser als Forecast-to-Fulfill bezeichnete<br />
Prozess gehört wie <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>r-to-Cash-<br />
Prozess zu <strong>de</strong>n drei wesentlichen Prozessen<br />
<strong>de</strong>s Working Capital Managements. Wie <strong>de</strong>r<br />
Name dieses Teilprozesses besagt, startet die<br />
Vorratshaltung mit <strong>de</strong>r Absatzprognose. Da<br />
diese in <strong>de</strong>r Regel vom Vertrieb verantwortet<br />
wird, beginnt auch <strong>de</strong>r zweite Working Capital<br />
Prozess unter Verantwortung <strong>de</strong>r Vertriebsfunktion.<br />
Aus diesem Grund wird in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis<br />
<strong>de</strong>r Vertrieb auch mit einem auf<br />
<strong>de</strong>n Forecast-to-Fulfill-Prozess bezogenen Erfolgsziel<br />
vergütet. Hier bietet sich z. B. die Kennzahl<br />
Days of Inventory Held (DIH) o<strong>de</strong>r aber<br />
mit einem KPI zur Nachverfolgung <strong>de</strong>r Genauigkeit<br />
<strong>de</strong>r Absatzprognose wie<strong>de</strong>rum eine vertriebsspezifische<br />
Kennzahl an.<br />
Aus Unternehmenssicht ist es erfolgskritisch,<br />
die Erfolgsziele für <strong>de</strong>n Vertrieb insgesamt im<br />
Blick zu behalten: Auf <strong>de</strong>m Wege einer Balanced<br />
Scorecard können verschie<strong>de</strong>ne Ziele so<br />
kombiniert wer<strong>de</strong>n, dass Zahlungsziele nicht zu<br />
Lasten an<strong>de</strong>rer Erfolgsziele vereinbart wer<strong>de</strong>n<br />
und insgesamt ein Pareto-Optimum erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Vorgabe von EVA-Zielen als<br />
Alternative<br />
Als Alternative bietet sich eine Vergütung an,<br />
bei <strong>de</strong>r Werttreiber im Vor<strong>de</strong>rgrund stehen, die<br />
<strong>de</strong>r Vertrieb direkt beeinflussen kann und die<br />
gleichzeitig im direkten Zusammenhang zum<br />
Unternehmenswert stehen. Entschei<strong>de</strong>nd ist<br />
die Integration von Ertragskomponenten, wie<br />
Deckungsbeitrag o<strong>de</strong>r Ergebnis, sowie von beeinflussbaren<br />
Vermögenskomponenten, wie<br />
For<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r Vorräte. Vorteilhaft ist hier,<br />
dass auf diese Art und Weise sowohl Ertrags-<br />
als auch Vermögenskomponenten integriert<br />
wer<strong>de</strong>n können. Eine Möglichkeit hierzu besteht<br />
in <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r Kennzahl EVA. Über<br />
die Kennzahl EVA können zu<strong>de</strong>m verschie<strong>de</strong>ne<br />
Working Capital-Größen kombiniert berücksichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n. I<strong>de</strong>alerweise wer<strong>de</strong>n diese Komponenten<br />
zum Wertbeitrag (z. B. EVA ® ) <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Geschäftsbereiches kombiniert<br />
(vgl. Abbildung 2). Auf diese Weise <strong>de</strong>nkt<br />
<strong>de</strong>r Vertrieb unternehmenswertorientiert, und<br />
Produkte wer<strong>de</strong>n nicht vorrangig über <strong>de</strong>n Preis<br />
verkauft. Unrentable Umsätze wer<strong>de</strong>n eingestellt<br />
und <strong>de</strong>r Stellhebel <strong>de</strong>r Zahlungskonditionen<br />
wird ebenfalls stärker berücksichtigt. 3<br />
Zusammenfassung<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Abb. 2: Berechnung Wertbeitrag / EVA®<br />
Working Capital Management wird – auch<br />
durch die <strong>de</strong>rzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
bedingt – zunehmend populärer. In <strong>de</strong>r Praxis<br />
zeigt sich oft, dass es bei einer Integration<br />
<strong>de</strong>r DSO in die Zielvorgaben <strong>de</strong>s Vertriebs<br />
zu einer signifikanten Verbesserung kommt, da<br />
die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r Verantwortlichen geweckt<br />
wird. So kann <strong>de</strong>r Vertriebsmitarbeiter<br />
durch gezielte Ansprache in <strong>de</strong>n Vertragsver-<br />
45
46<br />
Working Capital Management<br />
Abb. 3: Zielkonflikte beim Working Capital Management<br />
handlungen mit <strong>de</strong>n Abnehmern die Basis für<br />
ein erfolgreiches Working Capital Management<br />
legen.<br />
Insgesamt setzt sich vermehrt die Erkenntnis<br />
durch, dass erfolgreiches Working Capital<br />
Management nicht alleinige Aufgabe <strong>de</strong>s<br />
Finanzbereichs ist, son<strong>de</strong>rn vielmehr eine bereichs-<br />
wie prozessübergreifen<strong>de</strong> Aufgabe ist<br />
(vgl. Abbildung 3). Der Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozess<br />
beginnt mit <strong>de</strong>r Vereinbarung möglichst optimaler<br />
Zahlungsziele. Diese wichtige Aufgabe fällt<br />
im Normallfall in <strong>de</strong>n Verantwortungsbereich<br />
<strong>de</strong>s Vertriebs.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis wird <strong>de</strong>m Rechnung getragen, in<strong>de</strong>m<br />
Unternehmen <strong>de</strong>shalb dazu übergehen,<br />
<strong>de</strong>m Vertrieb entsprechen<strong>de</strong> Ziele zu setzen.<br />
Über die Verknüpfung mit <strong>de</strong>n Bonuszahlungen<br />
kann sichergestellt wer<strong>de</strong>n, dass das<br />
Working Capital Management bereits zu Beginn<br />
<strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozesses <strong>de</strong>n richtigen<br />
Weg nimmt.<br />
Die Verwendung von Best Possible DSO gibt<br />
<strong>de</strong>n Vertriebsmitarbeitern einen Anreiz zur Vereinbarung<br />
möglichst optimaler Zahlungsziele.<br />
Durch die direkte Beeinflussbarkeit dieses Ziels<br />
kann die Akzeptanz erhöht und ein richtiger<br />
Start <strong>de</strong>s Working Capital Managements zu Beginn<br />
<strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>r-to-Cash-Prozesses erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r gewichteten Best Possible<br />
DSO erweitert die Optimierung <strong>de</strong>r Zahlungsbedingungen<br />
um die jeweilige Umsatzkomponente.<br />
In<strong>de</strong>m das Auftragsvolumen <strong>de</strong>n Zielerreichungsgrad<br />
mitbestimmt, wird <strong>de</strong>r Fokus<br />
<strong>de</strong>s Vertriebs auf die für das Working Capital<br />
Management entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Aufträge garantiert.<br />
Fußnoten<br />
1 Grundsätzlich ist zu beachten, dass in <strong>de</strong>r Praxis<br />
verschie<strong>de</strong>ne Berechnungsvarianten existieren,<br />
die im Ergebnis zu Abweichungen untereinan<strong>de</strong>r<br />
führen können, vgl. Ortan-Angel/Prior,<br />
Problems & Perspectives in Management, Heft<br />
1/2004, S. 189 – 205.<br />
2 Vgl. KPMG, Working Capital Management –<br />
Eine Bestandsaufnahme: Wie europäische Unternehmen<br />
ihr Working Capital steuern, 2005,<br />
S. 19.<br />
3 Vgl. auch Stern Stewart Research / Volume 31,<br />
Steigerung <strong>de</strong>r Vertriebsperformance durch<br />
wertorientierte Vergütung – Vom Umsatzjäger<br />
zum Kun<strong>de</strong>nwertmanager, 2008, S. 4f.<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
seit zwei Jahren gibt es unseren Online-<br />
Service „CM-Live”, <strong>de</strong>r von Ihnen rege<br />
genutzt wird. Um die Beiträge und Tools im<br />
Web kümmert sich unser Internetredakteur<br />
Günther Lehmann, <strong>de</strong>n Sie hier an seinem<br />
Arbeitsplatz bei <strong>Haufe</strong>-Lexware in <strong>de</strong>r Munzinger<br />
Straße in Freiburg sehen.<br />
Günther Lehmann ist Chefredakteur für<br />
Controlling bei <strong>Haufe</strong>-Lexware und verantwortet<br />
die vernetzten Portale<br />
www.controllermagazin.<strong>de</strong><br />
www.controllerwissen.<strong>de</strong>.<br />
E-Mail: guenther.lehmann@haufe-lexware.com
4 5<br />
12<br />
2<br />
8 9<br />
1<br />
6 7<br />
10 11<br />
13 14<br />
15 16<br />
17<br />
Waagerecht<br />
2. Zusammenführung mehrerer Teileinheiten zu<br />
einer größeren Einheit<br />
4. Abkürzung für last in first out<br />
6. Bezeichnung einer gezielten Menge von<br />
Marktteilnehmern<br />
10. Umsatz dividiert durch Bilanzsumme<br />
13. Dokument, das die Umsetzung von<br />
Kun<strong>de</strong>nanfor<strong>de</strong>rungen beschreibt<br />
14. Oft verwen<strong>de</strong>te Abkürzung für Vorräte<br />
+For<strong>de</strong>rungen-Verbindlichkeiten<br />
15. Fremdkapital dividiert durch Eigenkapital<br />
16. Kapitaleinlage einer AG<br />
17. Bezeichnung interner und externer<br />
Anspruchsgruppen eines Unternehmens<br />
Dietmar Pascher´s<br />
Controllerrätsel<br />
Senkrecht<br />
1. Organisatorische Einheit, die<br />
selbstverantwortlich nach Gewinn strebt<br />
3. Abkürzung für enterprise resource planning<br />
5. <strong>Planung</strong> <strong>de</strong>r Liquidität und Stabilität<br />
7. Stellvertreten<strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Controller<br />
Vereins<br />
8. Beschreibung <strong>de</strong>r richtigen Wege zur<br />
Zielerreichung<br />
9. Abkürzung <strong>de</strong>r Pflichtlektüre für Controller<br />
11. Mission Statement<br />
12. Fusion englisch<br />
Die Lösung fin<strong>de</strong>n Sie auf www.controllermagazin.<strong>de</strong> – CM live.<br />
Dipl.-Ing. Dietmar Pascher<br />
d.pascher@controlleraka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
3<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
47
48<br />
Working Capital Management<br />
Möglichkeiten und Grenzen eines<br />
Working Capital Management in <strong>de</strong>r Praxis<br />
Am Beispiel <strong>de</strong>r SAM Schulte Gruppe<br />
von Mark Ebbeken und Tim Kucharczyk<br />
Insbeson<strong>de</strong>re vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise<br />
kommt einem stringenten Working<br />
Capital Management 1 eine herausragen<strong>de</strong><br />
Be<strong>de</strong>utung zu. Ziel ist die möglichst weitreichen<strong>de</strong><br />
Freisetzung <strong>de</strong>s im Umlaufvermögen<br />
gebun<strong>de</strong>nen Kapitals bei gleichzeitiger Optimierung<br />
<strong>de</strong>r kurzfristigen Verbindlichkeiten,<br />
um so freie Liquidität zu schaffen und die Zinsposition<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens zu verbessern (vgl.<br />
Abbildung 1).<br />
Hierzu gibt es eine Vielzahl möglicher Maßnahmen,<br />
nicht alle sind jedoch für je<strong>de</strong>s Unternehmen<br />
sinnvoll anwendbar. So bestehen allein<br />
durch die Branchenzugehörigkeit <strong>de</strong>utliche<br />
Unterschie<strong>de</strong>. 2<br />
Zu<strong>de</strong>m ist in <strong>de</strong>r Praxis stets zu beachten, dass<br />
die separate Optimierung eines Bereichs<br />
Abb. 1: Ermittlungsschema Working Capital<br />
negative Effekte auf an<strong>de</strong>re Bereiche zur<br />
Folge haben kann. So kann etwa die Hinauszögerung<br />
<strong>de</strong>r Zahlung von Verbindlichkeiten<br />
aus LuL dazu führen, dass ein Unternehmen<br />
von Lieferanten nicht mehr bevorzugt beliefert<br />
wird, was erhöhte Sicherheitsbestän<strong>de</strong> erfor<strong>de</strong>rlich<br />
macht, wodurch wie<strong>de</strong>rum Kapital gebun<strong>de</strong>n<br />
wird. 3 Zu beachten sind <strong>de</strong>shalb stets<br />
die Zielkonflikte, die im Rahmen <strong>de</strong>s Working<br />
Capital Managements entstehen. Dabei muss<br />
abgeschätzt wer<strong>de</strong>n, welche Vorgehensweise<br />
langfristig <strong>de</strong>n größten Nutzen erbringt.<br />
Anhand ausgewählter Beispiele soll nun dargestellt<br />
wer<strong>de</strong>n, welche Grenzen in <strong>de</strong>r Umsetzbarkeit<br />
theoretischer Konzepte aufgrund bestimmter<br />
Rahmenbedingungen in <strong>de</strong>r Praxis<br />
vorliegen und welche Modifikationsnotwendigkeiten<br />
hieraus resultieren können.<br />
Konkrete Umsetzung eines<br />
Working Capital Management bei<br />
<strong>de</strong>r SAM Schulte Gruppe<br />
Die SAM Schulte Gruppe gehört zu <strong>de</strong>n namhaften<br />
europäischen Markenherstellern von<br />
hochwertigen Armaturen und Badausstattungen.<br />
Nachfolgend wird anhand von ausgewählten<br />
Optimierungsansätzen aufgezeigt, welchen<br />
konkreten Einfluss sie auf das Working<br />
Capital <strong>de</strong>r Gruppe haben können und was bei<br />
ihrer Umsetzung zu berücksichtigen ist.<br />
Die Optimierung <strong>de</strong>r Bestän<strong>de</strong> bil<strong>de</strong>t auf Grund<br />
<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung für SAM dabei <strong>de</strong>n Hauptteil <strong>de</strong>s<br />
Beitrags. Maßnahmen bei For<strong>de</strong>rungen und<br />
Verbindlichkeiten wer<strong>de</strong>n aufgrund <strong>de</strong>r gebotenen<br />
Kürze lediglich gerafft dargestellt.<br />
Bestän<strong>de</strong><br />
Exemplarisch erfolgt die Darstellung für die bei<br />
SAM als sinnvoll umsetzbar eingeschätzten<br />
Optimierungsmöglichkeiten: optimale Losgröße,<br />
Senkung <strong>de</strong>s Lieferbereitschaftsgra<strong>de</strong>s,<br />
Reduzierung <strong>de</strong>r Durchlaufzeiten und Sortimentsbereinigung.
Optimale Losgröße<br />
Bei SAM wur<strong>de</strong> die Produktionsplanung in<br />
<strong>de</strong>r Vergangenheit primär nicht an <strong>de</strong>r optimalen<br />
Losgröße ausgerichtet, son<strong>de</strong>rn anhand<br />
von Durchschnittsverbräuchen <strong>de</strong>r<br />
Vergangenheit unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r aktuellen<br />
Auftragssituation durchgeführt. Die<br />
Losgröße für eine beispielhafte Kunststoff-<br />
Wandbefestigung wur<strong>de</strong> somit wie folgt festgelegt:<br />
Bei einem Jahresbedarf von 19.008 Stück<br />
ergibt sich eine durchschnittliche monatl. Bedarfsmenge<br />
(bei hier nur geringen Nachfrageschwankungen)<br />
von:<br />
19.008 / 12 = 1.584 Stück pro Monat.<br />
Die hieraus abgeleitete Losgröße bei einem<br />
Zielbestand von 3 Monaten ist somit:<br />
x sam = 1.584 * 3 = 4.752 Stück.<br />
Diese verursacht jedoch höhere Kosten als die<br />
optimale Losgröße, welche (ermittelt anhand<br />
<strong>de</strong>r Andler-Formel) bei 4.105 Stück liegt und<br />
somit um ca. 15 % geringer als die bis dato von<br />
SAM gefertigte Losgröße ist. Wie sich diese<br />
zwei Losgrößen auf die Bestandhaltungs-,<br />
Rüst- und Gesamtkosten auswirken, zeigt Abbildung<br />
2. Die entsprechen<strong>de</strong>n Auswirkungen<br />
auf die Liquidität zeigt Abbildung 3.<br />
Wenn auch bei an<strong>de</strong>ren Artikeln z. T. (<strong>de</strong>utlich)<br />
höhere Differenzen ermittelt wer<strong>de</strong>n konnten,<br />
so wirken sich die Effekte, bezogen auf einen<br />
einzelnen Artikel, immer nur in geringem Maße<br />
auf das Working Capital aus. Dennoch können<br />
sie über die Gesamtheit aller Fertigartikel eine<br />
beträchtliche Summe ausmachen.<br />
Diese hieraus freisetzbare Liquidität ist aber zunächst<br />
nur ein theoretischer Wert, <strong>de</strong>nn es ist<br />
eben nicht zwangsläufig sinnvoll, stets die optimale<br />
Losgröße anzuwen<strong>de</strong>n. So kann im Falle<br />
ten<strong>de</strong>nziell sinken<strong>de</strong>r Losgrößen (und damit steigen<strong>de</strong>r<br />
Rüsthäufigkeiten) die Kapazitätsgrenze<br />
<strong>de</strong>s Rüstpersonals bestimmter Maschinengruppen<br />
überschritten wer<strong>de</strong>n, wodurch zusätzliche<br />
(sprungfixe) Kosten verursacht wür<strong>de</strong>n und in<br />
die Rechnung einbezogen wer<strong>de</strong>n müssten. Im<br />
umgekehrten Fall wäre die Konsequenz, dass<br />
höhere Bestän<strong>de</strong> (u. U. für ein halbes Jahr und<br />
mehr) mit all ihren Folgerisiken eingelagert wer-<br />
<strong>de</strong>n müssen. Beson<strong>de</strong>rs<br />
interessant sind<br />
<strong>de</strong>mnach solche Artikel,<br />
die weit entfernt<br />
vom Minimum <strong>de</strong>r<br />
Gesamtkostenkurve<br />
liegen.<br />
Für alle Artikel ist<br />
daher ein Ranking<br />
zu erstellen, in <strong>de</strong>m<br />
sie nach <strong>de</strong>r Höhe ihrer<br />
Abweichung aufgeführt<br />
sind. Gem.<br />
<strong>de</strong>r ABC-Logik ist<br />
dann eine strategische<br />
Entscheidung<br />
darüber zu treffen, inwieweit es sinnvoll ist, die<br />
Losgröße an das Optimum anzunähern.<br />
Lieferbereitschaftsgrad<br />
Eine weitere Möglichkeit zur Bestandsreduzierung<br />
stellt die Senkung <strong>de</strong>s Lieferbereitschafts-<br />
Abb. 3: Losgrößenvergleich<br />
grads (LBG) dar – nachfolgend aufgezeigt am<br />
Beispiel eines Ausstattungsartikels. Im ersten<br />
Schritt zur Berechnung <strong>de</strong>s Lieferbereitschaftsgra<strong>de</strong>s<br />
wer<strong>de</strong>n die Nachfrage und die verfügbare<br />
Lagermenge (hier: exkl. Sicherheitsbestand!)<br />
kumuliert (siehe Abbildung 4). Auf Basis<br />
dieser Werte ergibt sich ein LBG von 93,32 %<br />
und – hieraus abgeleitet – ein Sicherheitsbestand<br />
von 379 Stück 4 . Dieser hätte in je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
6 Beispielmonate ausgereicht, um die Nachfrage<br />
befriedigen zu können.<br />
Alternativ wird nun dargestellt, um wie viel<br />
Stück sich <strong>de</strong>r Sicherheitsbestand verringert,<br />
wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r LBG von <strong>de</strong>rzeit 93,32 % auf<br />
80 % und somit auf einen unteren Wert <strong>de</strong>r<br />
Bandbreite, die im allg. in <strong>de</strong>r Theorie vorge-<br />
Losgröße<br />
in Stück<br />
Bestandhal-<br />
Rüstkosten<br />
tungskosten<br />
Gesamt<br />
3.900 219,96 € 243,69 € 21.904,68 €<br />
4.000 225,60 € 237,60 € 21.904,22 €<br />
4.100 231,24 € 231,80 € 21.904,07 €<br />
xopt = 4.105 231,52 € 231,52 € 21.904,07 €<br />
4.200 236,88 € 226,29 € 21.904,19 €<br />
4.300 242,52 € 221,02 € 21.904,57 €<br />
4.400 248,16 € 216,00 € 21.905,18 €<br />
4.500 253,80 € 211,20 € 21.906,02 €<br />
4.600 259,44 € 206,61 € 21.907,07 €<br />
xsam = 4.725 266,49 € 201,14 € 21.908,66 €<br />
4.700 265,08 € 202,21 € 21.908,32 €<br />
4.800 270,72 € 198,00 € 21.909,74 €<br />
4.900 276,36 € 193,96 € 21.911,34 €<br />
5.000 282,00 € 190,08 € 21.913,10 €<br />
Abb. 2: Optimale Losgröße und bestehen<strong>de</strong> Losgröße SAM<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
schlagen wird, gesenkt. Nunmehr ergibt sich<br />
<strong>de</strong>r Wert von ≈ 213 Stück, was einer Verringerung<br />
um 166 Stück entspricht.<br />
Zunächst ist zu ermitteln, wie viel Kapital durch<br />
die Reduzierung <strong>de</strong>s LBG freigesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
könnte, wobei folgen<strong>de</strong> Datenbasis vorliege:<br />
Bestehen<strong>de</strong> optimale Delta zur optimalen<br />
Losgröße Losgröße Losgröße<br />
Losgröße 4.752 4.105 -647<br />
Rüstvorgänge pro Jahr 4 4,6 -0,6<br />
Bestandhaltungskosten 266,49 € 231,52 € -34,97 €<br />
Rüstkosten 201,14 € 231,52 € 30,38 €<br />
Stückkosten 21.441,02 € 21.441,02 € -<br />
Gesamtkosten 21.908,66 € 21.904,07 € -4,59 €<br />
� Herstellkosten <strong>de</strong>s Beispielproduktes: = 4 €<br />
� Kalk. Lagerkostensatz: = 10 %<br />
� Sicherheitsbestän<strong>de</strong> bei LBG von 80 %<br />
= 213 Stück<br />
� Sicherheitsbestän<strong>de</strong> bei LBG von 93,32 %<br />
= 379 Stück.<br />
Monat Nachfrage<br />
Verfügbare<br />
Lagermenge<br />
Januar 2.974 2.812<br />
Februar 2.353 2.179<br />
März 3.162 2.949<br />
April 2.997 2.880<br />
Mai 3.029 2.762<br />
Juni 3.237 2.984<br />
Gesamt: 17.752 16.566<br />
Abb. 4: Nachfragemenge und verfügbarer<br />
Lagerbestand (exkl. Sicherheitsbestand)<br />
49
50<br />
Working Capital Management<br />
LBG 80 % LBG 93 % Abweichung:<br />
Bestandswert: 852,00 € 1.516,00 € 664,00 €<br />
Lagerkosten p. a. bei 10%: 85,20 € 151,60 € 66,40 €<br />
Abb. 5: Auswirkungen <strong>de</strong>s reduzierten LBG<br />
Somit ergeben sich die Daten in Abbildung 5:<br />
Analog zur Losgrößenbetrachtung han<strong>de</strong>lt es<br />
sich erneut um zwar verhältnismäßig kleine<br />
Effekte, die aber über die Summe aller produzierten<br />
Artikel zu betrachten sind und so<br />
ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf das<br />
Working Capital nehmen können. Allerdings<br />
sind die Lagerhaltungskosten bekanntlich nur<br />
eine Seite <strong>de</strong>r Medaille bei <strong>de</strong>r Festsetzung <strong>de</strong>s<br />
optimalen Lieferbereitschaftsgra<strong>de</strong>s.<br />
Der Lieferbereitschaftsgrad von 80 % hätte im<br />
Mai und im Juni nicht für eine Befriedigung <strong>de</strong>r<br />
Nachfrage gereicht. Es hätten 54 bzw. 40 Artikel<br />
mehr verkauft wer<strong>de</strong>n können, wenn<br />
diese zur Verfügung gestan<strong>de</strong>n hätten. Infolge<strong>de</strong>ssen<br />
wären Fehlmengenkosten aufgetreten.<br />
Es ist daher zu prüfen, ob die gewonnene Liquidität<br />
durch <strong>de</strong>n gesenkten LBG nicht durch<br />
die Fehlmengenkosten überkompensiert wür<strong>de</strong>;<br />
das Optimum ist mithin <strong>de</strong>r Punkt, an <strong>de</strong>m<br />
die Summe bei<strong>de</strong>r Kosten ein Minimum erreicht.<br />
Der für die Bestimmung <strong>de</strong>r optimalen Lieferbereitschaft<br />
entwickelte mathematische Ansatz<br />
ist allerdings aufwendig und stößt bei seiner<br />
Anwendung in <strong>de</strong>r Praxis an Grenzen, da:<br />
Autoren<br />
Dipl.-BW (FH) Tim Kucharczyk<br />
ist im Controlling / Rechnungswesen tätig.<br />
1. von vornherein nicht immer klar ist, ob ggf.<br />
eine spätere Lieferung möglich ist o<strong>de</strong>r die<br />
Nachfrage in diesem Falle entfallen wür<strong>de</strong><br />
2. zu<strong>de</strong>m auch weiche Faktoren (wie etwa bzgl.<br />
<strong>de</strong>s Images) zu berücksichtigen sind, die nur<br />
schwer o<strong>de</strong>r gar nicht quantifizierbar sind. 5<br />
Eine Entscheidung muss daher sinnvollerweise<br />
differenziert nach bestimmten Artikel-Kategorien<br />
erfolgen. Für Artikel mit einem niedrigen<br />
Lieferbereitschaftsgrad sollte stets gelten,<br />
dass sie:<br />
� einen geringen Anteil am Umsatz haben,<br />
� für das Image <strong>de</strong>s Unternehmens eher unbe<strong>de</strong>utend<br />
sind,<br />
� einen geringen Deckungsbeitrag erwirtschaften,<br />
� innerhalb <strong>de</strong>s Unternehmenssortiments leicht<br />
substituierbar sind,<br />
� hohe Bestandskosten verursachen,<br />
� einen stark schwanken<strong>de</strong>n und daher schlecht<br />
planbaren Absatz haben.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist ggf. auch eine Differenzierung<br />
nach ABC-Kun<strong>de</strong>n vorzunehmen. Im dargestellten<br />
Beispiel ergibt sich für die Senkung <strong>de</strong>s<br />
Lieferbereitschaftsgra<strong>de</strong>s nun folgen<strong>de</strong> Überlegung.<br />
Ginge man etwa davon aus, dass nur die<br />
Hälfte <strong>de</strong>r Fehlmenge von 94 Stück nicht nachträglich<br />
abgesetzt wer<strong>de</strong>n könnte, wäre ab<br />
Dipl.-Kfm. Mark Ebbeken<br />
ist Leiter Rechnungswesen & Controlling bei <strong>de</strong>r Firma SAM<br />
Schulte GmbH & Co KG in Men<strong>de</strong>n.<br />
einem Deckungsbeitrag von ca. 1,41 €/Stk.<br />
(=66,40 €/47 Stk.) <strong>de</strong>r Effekt aus <strong>de</strong>r Bestandsreduzierung<br />
bereits überkompensiert.<br />
Insgesamt ergibt sich über das komplette Sortiment<br />
ein sehr differenziertes Bild; grundsätzlich<br />
lässt sich dieses Instrument jedoch zur<br />
Senkung <strong>de</strong>s Working Capitals anwen<strong>de</strong>n. Allerdings<br />
ist festzuhalten, dass die Priorität bei<br />
SAM stets bei einer angemessenen Befriedigung<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nwünsche zu liegen hat und <strong>de</strong>r<br />
praktischen Umsetzung daher Grenzen gesetzt<br />
sind.<br />
Durchlaufzeiten<br />
In diesem Abschnitt wer<strong>de</strong>n beispielhaft die<br />
Durchlaufzeit einer Zinkkonsole und hier aufgrund<br />
<strong>de</strong>r gebotenen Kürze <strong>de</strong>ren erste bei<strong>de</strong>n<br />
Produktionsschritte analysiert und auf Reduzierungsmöglichkeiten<br />
untersucht, wobei erneut<br />
auf Grenzen in <strong>de</strong>r praktischen Umsetzbarkeit<br />
theoretischer Mo<strong>de</strong>lle hingewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Für die in diesem Beispiel untersuchte Zinkkonsole<br />
liegen folgen<strong>de</strong> Daten vor:<br />
� Losgröße = 2.000 Stück<br />
� Bearbeitungszeit Zinkguss = 0,6 Min. pro<br />
Stück<br />
� Rüstzeit Zinkgussmaschine = 360 Min.<br />
� Bearbeitungszeit CNC-Maschine = 0,3871<br />
Min. pro Stück<br />
� Rüstzeit CNC-Maschine = 120 Min.<br />
� Arbeitszeit = 3 Schichten à 8 Std.<br />
Die Produktion beginnt mit <strong>de</strong>m Abguss <strong>de</strong>s<br />
Zinks, für <strong>de</strong>n sich gem. Datenbasis eine<br />
Durchlaufzeit von 1.560 Min. (= 26 h) je Los ergibt.<br />
Die entspricht:<br />
Verteilt auf 3 Schichten = 26 h / 24 h (3 Schichten<br />
à 8 h) = 1,08 Arbeitstage<br />
Im nächsten Schritt erfolgt die Bearbeitung auf<br />
einer CNC-Maschine. Analog zur Berechnung<br />
<strong>de</strong>s Zinkabgusses ergeben sich hier 0,62 Arbeitstage,<br />
für die bei<strong>de</strong>n ersten Produktionsschritte<br />
in Summe 1,7 Arbeitstage (im abs. Optimalfall).<br />
In <strong>de</strong>r Realität wur<strong>de</strong> jedoch ein Sicherheitspuffer<br />
von jeweils einem Tag einkal-
kuliert, sodass sich die DLZ auf 3,7 Tage<br />
erhöhte.<br />
Ein erster Ansatzpunkt zur DLZ-Reduzierung<br />
stellt ein Losgrößensplitting dar, also<br />
eine Aufteilung <strong>de</strong>s Loses von einer auf mehrere<br />
parallel laufen<strong>de</strong> Maschinen – etwa im Zinkdruckgussbereich.<br />
Grundsätzlich ist aber zu<br />
berücksichtigen, dass durch Einrichtung mehrerer<br />
Maschinen die Rüstkosten (u. U. erheblich)<br />
steigen. Außer<strong>de</strong>m sind die für die Produktion<br />
erfor<strong>de</strong>rlichen Werkzeuge nicht für alle<br />
Produkte in doppelter Ausführung vorhan<strong>de</strong>n.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist auch <strong>de</strong>r im Zuge <strong>de</strong>r Produktionsplanung<br />
anfallen<strong>de</strong> höhere Koordinationsaufwand<br />
zu beachten. 6<br />
Für <strong>de</strong>n konkreten Fall be<strong>de</strong>utete dies, dass die<br />
Produktion bspw. auf zwei Zinkgussmaschinen<br />
mit einer Losgröße zu jeweils 1.000 Stück aufgeteilt<br />
wer<strong>de</strong>n könnte. Zu <strong>de</strong>n 600 Min. Produktionszeit<br />
ist jeweils die Rüstzeit von 360<br />
Min. zu addieren. Somit ergibt sich eine DLZ für<br />
<strong>de</strong>n Zinkabguss von 960 Min, d. h. 16 h.<br />
Verteilt auf 3 Schichten = 16 h / 24 h (3 Schichten<br />
à 8 h) = 0,66 Arbeitstage.<br />
Allerdings ist zu beachten, dass hier allein die<br />
Rüstzeit je Maschine 360 Min. bzw. 6 Stun<strong>de</strong>n<br />
beträgt und somit fast eine ganze Schicht in<br />
Anspruch nimmt. Bei hoher Auslastung <strong>de</strong>r<br />
Maschinen ist dies kaum mehr praktikabel.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist auch zu prüfen, ob die nächste Produktionsstufe<br />
(CNC) genügend Kapazitäten<br />
aufweist, um die dann doppelte Menge schnell<br />
genug weiterzuverarbeiten, um <strong>de</strong>n Zeitvorteil<br />
fortzuführen. Auch dies ist bei SAM bei flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>r<br />
Anwendung nicht möglich.<br />
Ein weiterer Ansatz zur Durchlaufzeitenreduzierung<br />
besteht in <strong>de</strong>r Produktionsüberlappung.<br />
In diesem Fall wird ein Teil <strong>de</strong>s Loses,<br />
<strong>de</strong>n eine Maschine bereits bearbeitet hat, an<br />
die Folgemaschine weitergegeben. Es wird also<br />
an zwei Arbeitsgängen parallel gearbeitet 7 , d. h.:<br />
wenn beispielsweise die Hälfte <strong>de</strong>s Loses abgegossen<br />
ist, wird dieser Teil an <strong>de</strong>n nächsten<br />
Produktionsschritt weitergegeben. Allerdings<br />
ist dies ebenfalls nur möglich, wenn auf <strong>de</strong>r<br />
CNC-Maschine zu <strong>de</strong>m früheren Zeitpunkt freie<br />
Kapazitäten zur Verfügung stehen. Durch Einsatz<br />
einer verbesserten Produktionspla-<br />
Abb. 6: Mehrfachverwendungsteile in Stücklisten<br />
nungs-Software, welche seitens SAM als<br />
zentrale Investition in die Zukunftsfähigkeit angesehen<br />
wird, kann hier eine <strong>de</strong>utlich genauere<br />
Abstimmung <strong>de</strong>r Prozessschritte erfolgen.<br />
Gleiches gilt für die Reduzierung <strong>de</strong>r Arbeitstagepuffer,<br />
die aufgrund <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />
sehr eingeschränkten Möglichkeiten <strong>de</strong>s<br />
alten ERP-Systems eingeplant wur<strong>de</strong>n und zukünftig<br />
immer weiter abgebaut wer<strong>de</strong>n. Über<br />
alle Produktionsschritte und Teile ist damit eine<br />
signifikante Bestandssenkung erreichbar.<br />
Sortimentsbereinigung<br />
Um eine Entscheidungsgrundlage für eine Sortimentsbereinigung<br />
zu schaffen, wur<strong>de</strong> zunächst<br />
eine ABC-Analyse anhand <strong>de</strong>s Artikel-<br />
Umsatzes vorgenommen. Anhand dieser wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>utlich, dass annähernd konstant etwa 50 %<br />
<strong>de</strong>s Umsatzes von lediglich 5 % <strong>de</strong>r Verkaufsartikel<br />
und 80 % <strong>de</strong>s Umsatzes von ca.<br />
16 % <strong>de</strong>r Artikel generiert wur<strong>de</strong>. Dadurch wur<strong>de</strong><br />
transparent, dass ein beträchtlicher Teil <strong>de</strong>s<br />
Artikelstamms keinen signifikanten Anteil zu<br />
Umsatz (und damit auch Ergebnis) leistet.<br />
Bei <strong>de</strong>r Sortimentsbereinigung ist jedoch zu beachten,<br />
dass nicht alle i<strong>de</strong>ntifizierten Artikel<br />
ohne Weiteres aus <strong>de</strong>m Produktprogramm genommen<br />
wer<strong>de</strong>n können. So wird von <strong>de</strong>n von<br />
SAM hauptsächlich belieferten Sanitärverbän<strong>de</strong>n<br />
vorgegeben, welche Artikel (Handtuchhalter,<br />
Seifenspen<strong>de</strong>r, Glashalter etc.) bestimmte<br />
Produktserien umfassen müssen. In diesem<br />
Falle muss auf Mischkalkulationen zurückgegriffen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine weitere Restriktion für die Reduktion sind<br />
Mehrfachverwendungsteile auf unteren<br />
Stücklistenebenen, die <strong>de</strong>r vollständigen Ent-<br />
faltung <strong>de</strong>r Wirkung einer Sortimentsbereinigung<br />
entgegenstehen.<br />
Wird festgestellt, dass das Endprodukt (EP) I (in<br />
Abbildung 6) keinen Umsatz mehr generiert,<br />
dann können nicht automatisch die Bestän<strong>de</strong><br />
aller Stücklistenartikel auf null gefahren wer<strong>de</strong>n,<br />
son<strong>de</strong>rn es müssen die Baugruppe (BG) II<br />
sowie die Einzelteile (ET) III und IV weiterhin auf<br />
Lager gehalten wer<strong>de</strong>n, da sie für das EP II benötigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Auswirkung auf die Bestandswerte<br />
wird dadurch zwar etwas eingeschränkt.<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r Tatsache, dass es sich<br />
bei <strong>de</strong>n zu eliminieren<strong>de</strong>n Teilen jedoch um<br />
„Langsamdreher“ han<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>ren optimale Losgröße<br />
damit u. U. mehr als einen Jahresbedarf<br />
<strong>de</strong>cken wür<strong>de</strong>, ist <strong>de</strong>nnoch ein erhebliches Bestandssenkungspotenzial<br />
bei gleichzeitig nur<br />
geringer Umsatzreduktion zu erwarten.<br />
For<strong>de</strong>rungen<br />
Das Thema weitergehen<strong>de</strong> Optimierung <strong>de</strong>s<br />
For<strong>de</strong>rungsmanagements spielt bei SAM eine<br />
eher untergeordnete Rolle, da dies grundsätzlich<br />
nur für inländische, nicht in Verbän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Sanitärbranche organisierte sowie ausländische<br />
Kun<strong>de</strong>n relevant ist.<br />
Bei <strong>de</strong>m überwiegen<strong>de</strong>n Teil <strong>de</strong>r in Verbän<strong>de</strong>n<br />
organisierten Inlandskun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Lieferungen<br />
und Zahlungen über <strong>de</strong>n Verband selbst<br />
reguliert, wodurch das Risiko eines For<strong>de</strong>rungsausfalls<br />
bzw. verspäteten Zahlungseinganges<br />
minimal ist.<br />
Mahnwesen<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Bei SAM wird im Mahnwesen nach inländischen<br />
und ausländischen Kun<strong>de</strong>n unter-<br />
51
52<br />
Working Capital Management<br />
schie<strong>de</strong>n. Um eine schnellere Realisierung<br />
seiner For<strong>de</strong>rungen bei <strong>de</strong>n ausländischen<br />
Kun<strong>de</strong>n zu erreichen, wird bei SAM einmal<br />
wöchentlich eine Offene Postenliste /<br />
Mahnvorschlagsliste erstellt, um anhand<br />
dieser zu bestimmen, welche Kun<strong>de</strong>n angemahnt<br />
wer<strong>de</strong>n sollen.<br />
Ausgedünnt wur<strong>de</strong>n zu<strong>de</strong>m auch die Mahnstufen<br />
von drei auf zwei. Die erste Mahnung ist<br />
eine freundliche Zahlungserinnerung, in <strong>de</strong>r<br />
zweiten Mahnung wird ein konkreter Termin gesetzt.<br />
Bei ausbleiben<strong>de</strong>r Zahlung zu <strong>de</strong>m genannten<br />
Termin wird ggf. ein Inkassounternehmen<br />
beauftragt. Hierbei wird fallweise<br />
entschie<strong>de</strong>n, da man strategisch relevante<br />
Kun<strong>de</strong>n auf diese Weise eventuell verlieren<br />
könnte.<br />
Im Inland wird <strong>de</strong>r Mahnlauf einmal monatlich<br />
durchgeführt, bei <strong>de</strong>n inländischen nicht in<br />
Verbän<strong>de</strong>n organisierten Kun<strong>de</strong>n im Rhythmus<br />
von 14 Tagen. Die Vorgehensweise hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Mahnstufen ist analog.<br />
Die Verkürzung <strong>de</strong>r Mahnstufen von 3 auf<br />
2 hat positive Effekte gezeitigt. Ein Schuldner,<br />
<strong>de</strong>r die Zahlung versäumt hat, wird bereits auf<br />
die höfliche Erinnerung reagieren. Ein Schuldner,<br />
<strong>de</strong>r die Zahlung hingegen aus unterschiedlichsten<br />
Motiven nach hinten streckt,<br />
aber grundsätzlich zur Zahlung bereit ist, wird<br />
nach <strong>de</strong>r zweiten Mahnung zahlen. Ein<br />
Schuldner, <strong>de</strong>r nicht zahlen möchte bzw.<br />
kann, wird jedoch überhaupt nicht auf die<br />
Mahnung mit <strong>de</strong>n dabei angedrohten rechtlichen<br />
Schritten reagieren.<br />
Vermeidung eines<br />
For<strong>de</strong>rungsausfalls<br />
Um sich gegen das For<strong>de</strong>rungsausfallrisiko für<br />
die Auslandgeschäfte zu schützen, wird bei<br />
SAM nach alternativen Versicherern gesucht,<br />
die auch Unternehmen mit ten<strong>de</strong>nziell schlechten<br />
Ratings versichern.<br />
Ist dies nicht möglich, so wird ab einem Volumen<br />
von 20 T€ mit Akkreditiven gearbeitet.<br />
Bei Aufträgen unter 20 T€ wird nur gegen<br />
Vorkasse geliefert. Dadurch wird zu<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Vorteil erzielt, dass For<strong>de</strong>rungen schneller realisiert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Verbindlichkeiten<br />
Zwar ist es grundsätzlich Ziel <strong>de</strong>s Working Capital<br />
Managements, die kurzfr. Verbindlichkeiten<br />
auszuweiten; dies ist aber bei SAM kaum<br />
weiter möglich, da man sich überwiegend bereits<br />
am Limit <strong>de</strong>r lieferantenseitigen Verhandlungsspielräume<br />
bzgl. <strong>de</strong>s Zahlungsziels bewegt.<br />
Dessen weitestgehen<strong>de</strong> Ausnutzung ist<br />
im Sinne <strong>de</strong>s Working Capital Managements,<br />
um damit die Kapitalbindung zu reduzieren –<br />
aber in aller Regel nur dann, wenn kein Skonto<br />
gewährt wird. Dies soll am Beispiel eines Lieferanten<br />
von SAM ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die jährliche Summe <strong>de</strong>r Verbindlichkeiten bei<br />
diesem beträgt 149.781,25 € bei einem Zahlungsziel<br />
von 90 Tagen netto bzw. 3 % Skonto<br />
bei Zahlung innerhalb von 30 Tagen. Bei voller<br />
Ausnutzung <strong>de</strong>s Lieferantenkredites hätte SAM<br />
somit auch die volle Summe zu bezahlen. Bei<br />
Nutzung <strong>de</strong>s eingeräumten Skontos von 3 %<br />
müsste SAM bei Zahlung nach 30 Tagen lediglich<br />
145.287,81 € zahlen. Bei Zahlung nach 90<br />
Tagen verzichtete SAM damit auf die Differenz<br />
i. H. v. 4.493,44 €. Dies entspricht bei einer<br />
Kreditdauer von 60 Tagen einer Verzinsung von:<br />
Zinssatz (p) = Skontobetrag * 100 * 360 / vermin<strong>de</strong>rter<br />
Betrag * Kreditdauer = (4.493,44 € *<br />
100 * 360) / (145.287,81 € * 60) = 18,56 %<br />
Vergleicht man diesen Zinssatz mit <strong>de</strong>m Zinssatz<br />
eines Kontokorrentkredites, so wird klar,<br />
dass es wirtschaftlich <strong>de</strong>utlich sinnvoller ist, auf<br />
<strong>de</strong>n Lieferantenkredit zu verzichten. 8<br />
Diese Zinsen für einen Bankkredit in gleicher<br />
Höhe betrügen bei beispielhaften 12 % nämlich<br />
nur 2.905,76 €, woraus sich ein Finanzierungsvorteil<br />
von 1.587,68 € bei Skontoausnutzung<br />
ergibt. Auf das gesamte Verbindlichkeitsvolumen<br />
aus LuL hochgerechnet, bei<br />
<strong>de</strong>m Skontoabzug möglich ist, ergibt sich<br />
<strong>de</strong>mentsprechend ein maßgeblicher Effekt auf<br />
das Ergebnis.<br />
Fazit<br />
Mit Blick auf die im Beitrag dargestellten Themenbereiche<br />
lässt sich konstatieren, dass die<br />
untersuchten Optimierungsmöglichkeiten theo-<br />
retisch und grundsätzlich auch praktisch für die<br />
Reduzierung <strong>de</strong>s Working Capitals bei SAM<br />
nutzbar sind. Ihre Umsetzung darf aber nicht<br />
generell erfolgen, son<strong>de</strong>rn muss differenziert<br />
nach Artikeln, Kun<strong>de</strong>n, Lieferanten etc. vollzogen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Literatur<br />
Bartosch-Schmitz, Heike; Blank, Andreas;<br />
Hahn, Hans; Meyer, Helge; Kazmierczak, Jörg:<br />
Han<strong>de</strong>lsbetriebslehre, 2. Aufl., Bad Homberg<br />
vor <strong>de</strong>r Höhe 1999<br />
Ebbeken, Mark; Grobbink, Lars: Fuzzybasiertes<br />
Bestandscontrolling, in: Controlling (ZfC),<br />
Heft 4-5/2002, S. 291 – 298<br />
Hartmann, Horst: Materialwirtschaft. Organisation<br />
<strong>Planung</strong> Durchführung Kontrolle, 8. Aufl.,<br />
Gernsbach 2002<br />
Klepzig, Heinz J.: Working Capital und Cash<br />
Flow. Finanzströme durch Prozessmanagement<br />
optimieren, 1. Aufl., Wiesba<strong>de</strong>n 2008<br />
Steinhardt, Thorsten: Working Capital Management,<br />
in: Controller Magazin (CM), Heft<br />
3/2007, S. 239 – 240<br />
Ulbrich, Philipp; Schmuck, Martin, Jä<strong>de</strong>, Lutz:<br />
Working Capital Management in <strong>de</strong>r Automobilindustrie<br />
– Eine Betrachtung <strong>de</strong>r Schnittstelle<br />
zwischen OEM und Zulieferer, in: Controlling &<br />
Management (ZFCM), Heft 1/2008, S. 24 – 29<br />
Vahrenkamp, Richard: Produktionsmanagement,<br />
6. Aufl., München 2008<br />
Fußnoten<br />
1 Zu Begriff und Definition <strong>de</strong>s Working Capital<br />
Managements vgl. beispielweise Steinhardt,<br />
S. 239 f.<br />
2 Für die Automobilindustrie siehe etwa Ulbrich<br />
et al., S. 24 ff.<br />
3 Vgl. Klepzig, S. 36 – 37.<br />
4 Zur Ermittlung vgl. bspw. Hartmann, S. 429<br />
5 Zur Berücksichtigung qualitativer Faktoren im<br />
Bestandscontrolling vgl. Ebbeken/Grobbink,<br />
S. 291 ff.<br />
6 Vahrenkamp, S. 188.<br />
7 Vahrenkamp, S. 189.<br />
8 Bartosch-Schmitz et al., S. 156.
Lässt sich Verwaltungshan<strong>de</strong>ln an messbaren<br />
Leistungen und Wirkungen ausrichten?<br />
von Marc-Stephan Garbe und Andreas W. Schnei<strong>de</strong>r<br />
Der Einsatz öffentlicher Gel<strong>de</strong>r muss eine möglichst<br />
hohe Wirkung erzielen.<br />
Die traditionelle Steuerung von Politik und<br />
Verwaltung, die zum Teil noch auf Input-Größen<br />
sowie <strong>de</strong>r Festlegung von Verfahrensvorschriften<br />
zur ordnungsgemäßen Abarbeitung<br />
von Verwaltungsvorgängen beruht, reicht nicht<br />
mehr aus.<br />
Dieser Artikel skizziert einige Reformansätze<br />
<strong>de</strong>s Neuen Steuerungsmo<strong>de</strong>lls und versucht,<br />
<strong>de</strong>ren Bewertung vorzunehmen sowie<br />
zur Diskussion neuer I<strong>de</strong>en und Vorgehensweisen<br />
anzuregen.<br />
Ausgangssituation<br />
Umfangreiche praktische Erfahrungen zur<br />
Leistungsmessung <strong>de</strong>r öffentlichen Ver-<br />
waltung bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
liegen aus <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten vor.<br />
Die Erkenntnisse <strong>de</strong>r Nixon-Administration<br />
(Management by Objectives) 1 , <strong>de</strong>r Carter-Administration<br />
(Zero based Budgeting) 2 und im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s Government Performance and Results<br />
Act (GPRA) zeigen, dass Ziel<strong>de</strong>finition, Messung<br />
<strong>de</strong>r Ergebnisse und <strong>de</strong>ren Interpretation<br />
langwierig sowie schwierig sind. 3<br />
Der aktuelle Stand <strong>de</strong>r Verwaltungsmo<strong>de</strong>rnisierung<br />
geht <strong>de</strong>utlich über die Optimierung von<br />
Prozessen (Qualitätsmanagement für interne<br />
Abläufe) hinaus. Vielmehr wird versucht, die<br />
Außenwirkung <strong>de</strong>s eigenen Han<strong>de</strong>lns exakt<br />
abzuschätzen und eine ziel- und wirkungsorientierte<br />
Steuerung <strong>de</strong>r eingesetzten Ressourcen<br />
vorzunehmen.<br />
Die OECD (Organisation for Economic Co-Operation<br />
and Development) führt seit mehreren<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Jahren eine Analyse <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Bestrebungen<br />
zur Verbesserung von Verwaltungsführung<br />
durch. Die Ergebnisse sind in einer öf-<br />
4, 5<br />
fentlichen Datenbank hinterlegt.<br />
Die Ergebnisse <strong>de</strong>r OECD-Befragung (Fragebereich<br />
Performance Information) machen<br />
<strong>de</strong>utlich, dass das Messen von Output bei<br />
90 % und das Messen von Outcome bei rd.<br />
73 % <strong>de</strong>r befragten Regierungen im Fokus stehen.<br />
Allerdings wird auch <strong>de</strong>utlich, dass nur ein Teil<br />
<strong>de</strong>r Ziele konkret mit Budgets verknüpft sind<br />
und das Nichterreichen von Zielen keinesfalls<br />
zur Einstellung einer Maßnahme führt (lediglich<br />
in 10 % <strong>de</strong>r Fälle).<br />
Die aktuell verwen<strong>de</strong>ten Steuerungsmo<strong>de</strong>lle<br />
sind in <strong>de</strong>n betrachteten Län<strong>de</strong>rn, trotz unterschiedlicher<br />
Bezeichnungen und Schwer-<br />
53
54<br />
Lässt sich Verwaltungshan<strong>de</strong>ln an messbaren Leistungen und Wirkungen ausrichten?<br />
Abb. 1: Aufgabenabgrenzung<br />
punkte, letztlich vergleichbar. 6 Über folgen<strong>de</strong><br />
Merkmale verfügen diese:<br />
� Mehrjährige, verbindliche Leistungsplanung,<br />
� Globale Ressourcenzuteilung,<br />
� Leistungsvereinbarungen,<br />
� Leistungscontrolling und<br />
� Wirkungscontrolling.<br />
Als Resultat dieser Untersuchung ist herauszuheben,<br />
dass Deutschland und Österreich im Vergleich<br />
zu an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn dieses Steuerungsmo<strong>de</strong>ll<br />
nicht flächen<strong>de</strong>ckend eingeführt haben. 7<br />
Begrifflichkeiten<br />
Verwaltung<br />
Artikel 33 Absatz 4 <strong>de</strong>s Grundgesetzes für die<br />
Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland bestimmt, dass<br />
die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als<br />
ständige Aufgabe in <strong>de</strong>r Regel Angehörigen <strong>de</strong>s<br />
öffentlichen Dienstes zu übertragen ist.<br />
Nach <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Aufgabenstellung wird in folgen<strong>de</strong><br />
Verwaltungen unterschie<strong>de</strong>n: 8<br />
Abb. 2: Steuerungsmo<strong>de</strong>ll und -ebenen<br />
� Leistungsverwaltung,<br />
� Ordnungsverwaltung,<br />
� Organisationsverwaltung,<br />
� Politische Verwaltung und<br />
� Wirtschaftsverwaltung.<br />
Für die nachfolgen<strong>de</strong> Betrachtung ist die Trennung<br />
von ministeriellen und nicht ministeriellen<br />
Aufgaben wesentlich. Die Trennung wird in<br />
diesem Aufsatz anhand <strong>de</strong>r Regelung in <strong>de</strong>r<br />
Gemeinsamen Geschäftsordnung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sministerien<br />
(GGO) vorgenommen (siehe Abbildung<br />
1). 9<br />
Budget<br />
Die neue Verwaltungssteuerung 10 misst <strong>de</strong>r<br />
Leistungssteuerung auf Basis einer fundierten<br />
Leistungsmessung eine hohe Be<strong>de</strong>utung zu.<br />
Das Budget wird einer Organisation o<strong>de</strong>r einem<br />
Bereich (Abteilung / Referat / Leistungs- und<br />
Verantwortungszentrum [LUV]) zur weitgehen<strong>de</strong>n<br />
eigenverantwortlichen Bewirtschaftung<br />
übertragen, um die entsprechen<strong>de</strong>n<br />
(vereinbarten) Ziele zu verfolgen. Die<br />
Ziele können Leistungen umfassen, die nach<br />
außen abgegebenen wer<strong>de</strong>n (Output), o<strong>de</strong>r<br />
interne Ziele zum Gegenstand haben. Der Umgang<br />
/ Inhalt <strong>de</strong>r Ziele wird im Rahmen einer<br />
Zielvereinbarung 11 „verhan<strong>de</strong>lt“. Die zu erbringen<strong>de</strong>n<br />
Leistungen können nach <strong>de</strong>r Art<br />
(Menge, Qualität, Zeit, Ort), <strong>de</strong>m Adressaten<br />
(Bürger, Industrie, Kun<strong>de</strong>), <strong>de</strong>r Wirkung (Zweck<br />
<strong>de</strong>r Leistung) und <strong>de</strong>r Servicequalität differenziert<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Höhe <strong>de</strong>s Budgets und <strong>de</strong>r<br />
Anteil <strong>de</strong>r einzelnen Bereiche an diesem orientiert<br />
sich an <strong>de</strong>r finanziellen Gesamtsituation<br />
sowie <strong>de</strong>n direkten Ergebnissen <strong>de</strong>s Bereiches<br />
im vorherigen Betrachtungszeitraum.<br />
Durch die Stärkung <strong>de</strong>r Eigenverantwortlichkeit<br />
sollen Anreize für einen effizienten Mitteleinsatz<br />
geschaffen und die Fachkun<strong>de</strong> vor Ort optimal<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n. Allerdings sind mit dieser<br />
Verantwortungserweiterung auch Berichtspflichten<br />
und Kontrollmechanismen verbun<strong>de</strong>n,<br />
um die Erreichung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>finierten Ziele und die<br />
Effizienz <strong>de</strong>r Mittelverwendung zu überprüfen.<br />
Der herkömmliche Haushalt basierte auf einer<br />
<strong>de</strong>taillierten Vorgabe von Einnahme- und Ausgabearten<br />
und -beträgen, die sowohl Verantwortlichkeit<br />
als auch Flexibilität erheblich einschränken.<br />
Die bisherige, kamerale Vorgehensweise<br />
unterlag <strong>de</strong>r Inputsteuerung. Diese verlangte<br />
auch, dass nach Möglichkeit <strong>de</strong>r Input (monetärer<br />
Umfang <strong>de</strong>s Titels) vollständig ausgeschöpft<br />
wird, um eine Rechtfertigung bezüglich<br />
<strong>de</strong>s Deltas zu vermei<strong>de</strong>n, sowie <strong>de</strong>n Ansatz für<br />
das kommen<strong>de</strong> Jahr nicht zu verringern.<br />
Steuerungsmo<strong>de</strong>ll<br />
Die Steuerung erfolgt auf mehren Zielebenen<br />
(siehe Abbildung 2). Diesen Ebenen stehen in<br />
<strong>de</strong>r Kosten- und Leistungsrechnung entsprechen<strong>de</strong><br />
Kostenträger gegenüber (für Politikfel<strong>de</strong>r<br />
ergeben sich Zuordnungsprobleme, da<br />
gleichzeitig mehrere betroffen sein können). Im<br />
Rahmen von Zielvereinbarungen wer<strong>de</strong>n Indikatoren<br />
festgelegt, die eine Messung <strong>de</strong>r<br />
Zielerreichung ermöglichen. Da die Messung<br />
für qualitative und quantitative Indikatoren erfolgt,<br />
sind zum Teil unterschiedliche Erfassungssysteme<br />
im Einsatz. Die Indikatoren sind<br />
sowohl auf externe als auch interne Ziele ausgerichtet.
Abb. 3: Wirkungskette<br />
Wirkungsketten<br />
Um die Wirkung von Leistungen einschätzen zu<br />
können, ist die jeweilige Wirkungskette 12 zu betrachten.<br />
Die Abbildung 3 beschreibt die relevanten Begrifflichkeiten<br />
für eine Wirkungskette anhand<br />
<strong>de</strong>r Ordnungswidrigkeit „Benutzen eines Mobilfunktelefons<br />
während <strong>de</strong>r Autofahrt“. 13<br />
Die eingesetzten Ressourcen sind Personen,<br />
die die Kontrollen unter <strong>de</strong>r Nutzung vorhan<strong>de</strong>ner<br />
Sachmittel (z. B. Fahrzeug, Vi<strong>de</strong>okamera,<br />
Quittungsblock etc.) durchführen.<br />
Als Aktivitäten wer<strong>de</strong>n die Aktionen bezeichnet,<br />
die unter Nutzung <strong>de</strong>r Ressourcen zur Erbringung<br />
einer Leistung führen. Diese sind in<br />
<strong>de</strong>r Jahresvorschau zu planen (z. B. Fahrzeugkontrollen<br />
an 250 Tagen).<br />
Leistungen (auch Produkte) sind das Ergebnis<br />
<strong>de</strong>r Aktivität und dienen <strong>de</strong>r Erreichung einer<br />
Wirkung.<br />
Unter Nutzung <strong>de</strong>r Leistung wird die Art und<br />
Weise verstan<strong>de</strong>n, wie die Leistung durch die<br />
Zielgruppe genutzt wird.<br />
Die kurz- und mittelfristige Verän<strong>de</strong>rung (auch<br />
Nutzen), die mit <strong>de</strong>r Leistung für die Zielgruppe<br />
einhergeht, wird als direkte Wirkung bezeichnet.<br />
Die langfristige (beabsichtigte und nicht<br />
beabsichtigte) Verän<strong>de</strong>rung bei <strong>de</strong>r Zielgruppe<br />
o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Gruppen wird als indirekte Wirkung<br />
bezeichnet.<br />
Im genannten Beispiel ist die Messung <strong>de</strong>r<br />
Leistung vergleichsweise einfach möglich: Es<br />
wur<strong>de</strong>n x Autos kontrolliert und y Ordnungswidrigkeiten<br />
festgestellt. Bei Bedarf können<br />
noch die Kosten für <strong>de</strong>n Einsatz (Auszug aus<br />
<strong>de</strong>r KLR) <strong>de</strong>n Ordnungsgel<strong>de</strong>rn gegenübergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Auch die Messung <strong>de</strong>r direkten Wirkung, also<br />
die Reduzierung von Autounfällen, kann ermittelt<br />
wer<strong>de</strong>n. Diese wird statistisch erhoben (Anzahl<br />
und Scha<strong>de</strong>nsvolumen), möglicherweise<br />
ist sogar eine exakte Aussage in Bezug auf die<br />
Unfallursache „Telefonieren am Steuer“ möglich.<br />
Eine Bewertung <strong>de</strong>r indirekten Wirkung ist<br />
wesentlich schwieriger. So könnten aufgrund<br />
<strong>de</strong>r geringeren Anzahl Unfälle folgen<strong>de</strong> indirekte<br />
Wirkungen auftreten (Wirkungsvielfalt):<br />
� Der Verkehr fließt schneller und <strong>de</strong>r Berufs-<br />
und Gewerbeverkehr verliert weniger Zeit<br />
durch Staubildung.<br />
� Die Umwelt wird geschont, weil Autos weniger<br />
bewegt wer<strong>de</strong>n und weniger Schrittverkehr<br />
entsteht.<br />
� Die KFZ-Werkstätten müssen weniger Reparaturen<br />
durchführen und verlieren Umsatz.<br />
� Die Polizei muss weniger Scha<strong>de</strong>nsmeldungen<br />
aufnehmen und benötigt (in diesem<br />
Umfeld) weniger Personal.<br />
� Autohersteller, Mobilfunkgeräte-Hersteller,<br />
Krankenhäuser etc. sind einzubeziehen.<br />
Dieses Beispiel zeigt, dass indirekte Wirkung<br />
nur über umfassen<strong>de</strong> Mo<strong>de</strong>lle o<strong>de</strong>r sehr pauschaliert<br />
gemessen wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Die Verwaltungsreform schlägt als Indikatoren<br />
für die Messung <strong>de</strong>r Wirkung die Befragung von<br />
Bürgerinnen / Bürgern vor. Ob dieses Instrument<br />
geeignet ist, darf angezweifelt wer<strong>de</strong>n. 14<br />
Fazit<br />
Für die <strong>Planung</strong>, Messung und Steuerung von<br />
Verwaltungshan<strong>de</strong>ln steht mit <strong>de</strong>m Zielebenen-<br />
Mo<strong>de</strong>ll, <strong>de</strong>r Budgetierung und <strong>de</strong>r Wirkungsbetrachtung<br />
bereits ein vielschichtiges Instrumentarium<br />
zur Verfügung.<br />
Welche Möglichkeiten ergeben sich in <strong>de</strong>r Praxis<br />
aus diesem Werkzeugbün<strong>de</strong>l?<br />
Praktische Nutzung<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Die Analyse und Bewertung <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n<br />
Möglichkeiten soll für zwei Typen <strong>de</strong>r unmittelbaren<br />
Verwaltungen durchgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />
Zum einen wird die nichtministerielle Verwaltung,<br />
die ihre Leistungen direkt am Bürger<br />
erfüllt (z. B. Mel<strong>de</strong>amt, Grünflächenamt,<br />
Genehmigungsbehör<strong>de</strong> etc.) und zum an<strong>de</strong>ren<br />
die Ministerialverwaltung untersucht. Bei<br />
bei<strong>de</strong>n Betrachtungen wird in Querschnittsaufgaben<br />
(z. B. Haushalt, Personal, innere Organisation)<br />
und Fachaufgaben (z. B. öffentliche<br />
Sicherheit und Ordnung, Gewerbe, Verkehr,<br />
Schulen etc.) unterschie<strong>de</strong>n.<br />
Die mittelbare Verwaltung (Körperschaften, Anstalten<br />
und Stiftungen <strong>de</strong>s öffentlichen Rechts)<br />
wird nicht explizit untersucht, da hier häufig<br />
wirtschaftsnahe Steuerinstrumente genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Nichtministerielle Verwaltungen<br />
Dieser Verwaltungstyp verfügt über einen direkten<br />
Kontakt zum Bürger o<strong>de</strong>r zur Wirt-<br />
55
56<br />
Lässt sich Verwaltungshan<strong>de</strong>ln an messbaren Leistungen und Wirkungen ausrichten?<br />
Abb. 4: Produktblatt<br />
schaft. Beispiele aus diesem Bereich sind die<br />
Bürgerämter, das Stan<strong>de</strong>samt, das Ordnungsamt,<br />
das Bauamt, das Gewerbeamt etc.<br />
Für diese Bereiche gibt es häufig bereits eine<br />
exakte Beschreibung <strong>de</strong>r zu erbringen<strong>de</strong>n externen<br />
Leistungen (Output) sowie eine Zuordnung<br />
entsprechen<strong>de</strong>r Kosten zu <strong>de</strong>n Leistungen.<br />
So veröffentlicht beispielsweise das Land Berlin<br />
für folgen<strong>de</strong> Produkte (Auswahl) jährlich<br />
eine Übersicht über die Kosten und die Gebühren<br />
(für eine fixe Qualität): 15<br />
� Bereitstellung Schulplatz<br />
� Bewirtschaftung Sportanlage<br />
� Bereitstellung Grünanlage<br />
� Betreuung Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
� Betrieb Bibliothek<br />
� Unterhaltung öffentlicher Straßen<br />
� Erstellung von Knöllchen<br />
� Beratung im Bürgeramt<br />
� Ausstellen eines Reisepasses<br />
� Eheschließung.<br />
Die zu erbringen<strong>de</strong>n Leistungen wer<strong>de</strong>n in<br />
einem Produktblatt (siehe Abbildung 4) beschrieben<br />
und weisen auch qualitative Indikatoren<br />
auf.<br />
Anhand eines Kosten-Medians (Benchmark:<br />
Kosten <strong>de</strong>r Produkterstellung / Anzahl erstellter<br />
Leistungseinheiten) erhalten die Berliner Bezirke<br />
je Produkt einen Anteil am Gesamtbudget,<br />
so dass Bezirke, die das Produkt kostengünstiger<br />
als <strong>de</strong>r Median stellen, über einen finanziellen<br />
Vorteil (höheres Budget) gegenüber an<strong>de</strong>ren<br />
Bezirken verfügen.<br />
Ziel <strong>de</strong>s Vorgehens ist es, durch die geschaffene<br />
Transparenz und das Bonussystem<br />
dazu zu ermuntern, Leistungen kostengünstig<br />
(bei gleichbleiben<strong>de</strong>r Qualität) zu erbringen.<br />
Dieses Beispiel macht <strong>de</strong>utlich, dass für die<br />
Leistungsebene durchaus eine Steuerung erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Nicht betrachtet wird bislang<br />
die (direkte / indirekte) Wirkung, die durch<br />
die Leistungserstellung verursacht wird.<br />
Der nächste Schritt ist daher die Einbeziehung<br />
<strong>de</strong>r direkten Wirkung (Outcome):<br />
Die bisherige Analyse zeigt, die Bereitstellung<br />
einer Grünanlage kostet x EUR, aber an Gebühren<br />
wer<strong>de</strong>n nur y EUR erhoben. Wür<strong>de</strong> die<br />
direkte Wirkung (z. B. exzessive Nutzung durch<br />
Sport o<strong>de</strong>r Grillen) mit einbezogen wer<strong>de</strong>n,<br />
kann möglicherweise eine Umwandlung <strong>de</strong>r<br />
Grünanlage in einen Sportplatz mittelfristig<br />
kos tengünstiger sein und käme <strong>de</strong>m Bedarf <strong>de</strong>r<br />
Bürger näher.<br />
Wird die indirekte Wirkung / Impact (beispielsweise<br />
Knochenbrüche, Polizeieinsatz zur<br />
Schlichtung, Grillbrän<strong>de</strong> etc.) in die Betrachtung<br />
einbezogen, wäre gegebenenfalls eine<br />
völlig an<strong>de</strong>re Leistung (Output) sinnvoll (siehe<br />
Abbildung 5).<br />
Bereits diese sehr kurze Betrachtung ver<strong>de</strong>utlicht,<br />
dass Leistungen für externe Adressaten<br />
beschrieben und bewertet wer<strong>de</strong>n können. Eine<br />
qualitative Einbeziehung <strong>de</strong>r Wirkung ist möglich,<br />
aber kaum überschaubar und sehr schwer<br />
quantifizierbar.<br />
Für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r internen Leistungen wer<strong>de</strong>n<br />
auch Produkte <strong>de</strong>finiert; diese betreffen<br />
u. a. <strong>de</strong>n IT-Service, das Personalmanagement,<br />
die Beschaffung, <strong>de</strong>n inneren Dienst o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Haushalt.<br />
Beispielsweise stellt <strong>de</strong>r IT-Service Endgeräte<br />
(PCs, Terminals etc.) zur Verfügung, auf <strong>de</strong>nen<br />
die erfor<strong>de</strong>rlichen Office-Anwendungen und<br />
Fachverfahren reibungslos funktionieren (Leistung).<br />
Die direkte Wirkung dieser Leistung ist,<br />
dass die Mitarbeiten<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Erledigung ihrer<br />
Fachaufgabe unterstützt wer<strong>de</strong>n. Indirekt<br />
wird erreicht, dass die Verwaltung die zu übertragen<strong>de</strong>n<br />
Aufgaben fach- und sachgerecht bearbeiten<br />
kann (Binnensicht).<br />
Gleiches gilt für das Personalmanagement,<br />
dass u.a. die Aus- und Weiterbildung vorhan<strong>de</strong>ner<br />
sowie die Einstellung neuer Mitarbeiter
Abb. 5: Beispiel Wirkungskette<br />
verantwortet. Leistungen sind die Einstellung<br />
von x Personen o<strong>de</strong>r die Aus- und Weiterbildung<br />
von y Personen. Entsprechen<strong>de</strong> Regelungen<br />
wur<strong>de</strong>n über Zielvereinbarungen mit<br />
<strong>de</strong>m Bereich zum Jahresbeginn vereinbart. Die<br />
direkte Wirkung besteht in <strong>de</strong>r Erledigung <strong>de</strong>r<br />
jeweiligen Fachaufgabe; die indirekte Wirkung<br />
in <strong>de</strong>r ordnungsgemäßen Bearbeitung <strong>de</strong>r zu<br />
übertragen<strong>de</strong>n Aufgaben und damit einer funktionieren<strong>de</strong>n<br />
Verwaltung.<br />
Die Kosten für die beschriebenen internen<br />
Leistungen (Produkterstellung) sind sehr genau<br />
ermittelbar. Auch eine regelmäßige Leistungsplanung<br />
ist möglich.<br />
Eine Berechnung / Abschätzung <strong>de</strong>r direkten<br />
Wirkung lässt sich herleiten (z. B. Zeitaufwand<br />
für Informationssuche vs. Schulung im Fachgebiet<br />
o<strong>de</strong>r Nutzung PC vs. Schreibmaschine).<br />
Auch eine Bewertung <strong>de</strong>r indirekten Wirkung<br />
(funktionieren<strong>de</strong> und verlässliche Verwaltungen)<br />
lässt sich abschätzen (Gegenteil: Was<br />
kostet diese Leistung, wenn sie privat erbracht<br />
wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>?).<br />
Insgesamt bestehen für die nicht-ministerielle<br />
Verwaltung eine Reihe von Möglichkeiten, Wir-<br />
kungen ihrer Tätigkeit zu planen und zu ermitteln.<br />
Ministerielle Verwaltung<br />
Die Aufgaben <strong>de</strong>r Ministerialverwaltung (siehe<br />
Abschnitt Begrifflichkeiten) haben zumeist<br />
strategischen, regeln<strong>de</strong>n, politischen und<br />
generellen / grundsätzlichen Charakter.<br />
Daher fällt es im Gegensatz zur nicht-ministeriellen<br />
Verwaltung schwerer, standardisierte<br />
Leistungen zu beschreiben und zu bewerten.<br />
Allerdings ist die Wirkung <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns (z. B.<br />
Schaffung eines neuen Gesetzes) vermutlich<br />
weitreichen<strong>de</strong>r als die Bearbeitung einer Ordnungswidrigkeit.<br />
Anhand von zwei Beispielen soll die (externe)<br />
Wirkung ministeriellen Han<strong>de</strong>lns skizziert wer<strong>de</strong>n:<br />
(1) Die Ministerialverwaltung hat die Rechts-<br />
und Fachaufsicht über ein Krankenhaus in <strong>de</strong>r<br />
Rechtsform Anstalt <strong>de</strong>s öffentlichen Rechts.<br />
Die originäre Leistung „Aufsicht“ lässt sich umfassend<br />
beschreiben und wertmäßig erfassen.<br />
Die direkte Wirkung <strong>de</strong>r Leistung kann zu einer<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
guten finanziellen und ärztlichen Leistung <strong>de</strong>s<br />
Krankenhauses beitragen. Eine schlechte Aufsichtsleistung<br />
kann z. B. ausufern<strong>de</strong> finanzielle<br />
For<strong>de</strong>rungen und eine Nachschusspflicht verursachen.<br />
Die indirekte Wirkung <strong>de</strong>r Aufsicht<br />
reicht von qualitativ hoher medizinischer Versorgung<br />
<strong>de</strong>r Bevölkerung in <strong>de</strong>r Region bis hin<br />
zu einem medizinischen Notstand, <strong>de</strong>r die Wirtschaftskraft<br />
erheblich beeinträchtigt.<br />
(2) Die Ministerialverwaltung erarbeitet einen<br />
neuen Bebauungsplan für eine Region und lässt<br />
diesen parlamentarisch verabschie<strong>de</strong>n. Die originäre<br />
Leistung „<strong>Planung</strong>sverfahren“ lässt<br />
sich umfassend beschreiben und wertmäßig<br />
erfassen.<br />
Die monetäre Bewertung <strong>de</strong>r (direkten / indirekten)<br />
Wirkung dieser Maßnahme kann wie<strong>de</strong>rum<br />
sehr unterschiedlich ausfallen. Sie reicht<br />
von einer qualitativ hochwertigen <strong>Planung</strong>, die<br />
das Wirtschaftswachstum in <strong>de</strong>r Region för<strong>de</strong>rt,<br />
bis hin zu qualitativen Mängeln, die ggf. das<br />
Abwan<strong>de</strong>rn wichtiger Unternehmen bewirken.<br />
Die Bewertung <strong>de</strong>r internen Querschnittsaufgaben<br />
(z. B. Haushalt, Personal, Beschaffung)<br />
weist ggü. <strong>de</strong>r nichtministeriellen Verwaltung<br />
keine signifikanten Unterschie<strong>de</strong> auf und wird<br />
daher nicht erneut dargestellt.<br />
57
58<br />
Lässt sich Verwaltungshan<strong>de</strong>ln an messbaren Leistungen und Wirkungen ausrichten?<br />
Die Beispiele machen mehrere Dinge <strong>de</strong>utlich:<br />
� Für Ministerien ist eine Arbeitsplanung möglich<br />
(z.B. Gesetzesnovelle, Durchführung<br />
Aufsicht, etc.).<br />
� Die Ergebnisse <strong>de</strong>r Leistung sind messbar.<br />
� Die Wirkung <strong>de</strong>r Leistung tritt aber häufig<br />
erst zu einem viel späteren Zeitpunkt ein und<br />
ist erst in einer Nachschau wirklich bewertbar.<br />
Die Schwierigkeiten bei <strong>de</strong>r Messung <strong>de</strong>r Leistung<br />
sowie bei <strong>de</strong>r Wirkung dürfen allerdings<br />
nicht dazu führen, dass keine Steuerung erfolgt.<br />
Vielmehr ist ein handhabbares Instrumentarium<br />
zu entwickeln.<br />
Ansatz für ein Mo<strong>de</strong>ll:<br />
Prinzipiell haben Ministerien die für sie vorgesehenen<br />
Aufgaben zu erfüllen (diese können<br />
sich beispielsweise aus <strong>de</strong>m Gesetz o<strong>de</strong>r aus<br />
Koalitionsverträgen ergeben). Diese Aufgabenkataloge<br />
sind in Form einer Service-Vereinbarung<br />
schriftlich zu dokumentieren und zu veröffentlichen<br />
(z. B. jährlich auf <strong>de</strong>r website). Als<br />
Beispiel – auch wenn Form und Inhalt in <strong>de</strong>m<br />
hier beschriebenen Sinne noch ausbaufähig<br />
sind – dienen die Geschäftsverteilungspläne,<br />
die von je<strong>de</strong>m Gericht beschlossen und für das<br />
Folgejahr veröffentlicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Service-Vereinbarungen wer<strong>de</strong>n je Ministerium<br />
geschlossen und enthalten u.a. die<br />
Zielsetzung, die Aufgabenbeschreibung sowie<br />
wenige aussagekräftige, messbare Indikatoren<br />
zur Messung <strong>de</strong>r Wirkung, Menge und Qualität.<br />
Die Service-Vereinbarung für ein Ministerium<br />
Autoren<br />
Andreas W. Schnei<strong>de</strong>r<br />
ist Grün<strong>de</strong>r von AWS-Consulting PG mit <strong>de</strong>n Themenschwerpunkten<br />
Verbund- und Projektmanagement.<br />
E-Mail: aws@aws-consulting.<strong>de</strong><br />
wird dann auf die Abteilungen / Referate „heruntergebrochen“.<br />
Beispiel: Das Verkehrsministerium reicht einen<br />
Teil <strong>de</strong>r Ziele an das aufsichtführen<strong>de</strong> Referat A<br />
(Aufsicht über die nachgeordneten Einrichtungen<br />
A, B, C, D und E) weiter. Hierfür steht<br />
das unter Titel 4711 genannte Budget zur Verfügung.<br />
Folgen<strong>de</strong> Ziele wer<strong>de</strong>n für die Einrichtung<br />
A vereinbart:<br />
� Die Aufgabenerfüllung ist ordnungsgemäß<br />
(gesetzeskonform).<br />
� Die Vorgehensweise ist wirtschaftlich (Beachtung<br />
§ 7 LHO / BHO).<br />
� Risiken für <strong>de</strong>n Haushalt wer<strong>de</strong>n auf < 1 Mio.<br />
EUR reduziert.<br />
� Eigenkapitalquote > 40 %.<br />
� Strategie ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtet<br />
� Preis-/Kostenstruktur liegt im Marktdurchschnitt.<br />
Folgen<strong>de</strong> Wirkung ist zu erreichen:<br />
� Verbesserung <strong>de</strong>s Verkehrsflusses (15 %<br />
weniger Staus)<br />
� Verbesserung Parkplatzangebot (+10 %)<br />
� Reduzierung Schwerlastverkehr<br />
� Verbesserung Luftqualität im Innenstadtbereich<br />
um 5 %.<br />
Zum Stand <strong>de</strong>r Aktivitäten wird regelmäßig intern<br />
berichtet. Weiterhin erstellt je<strong>de</strong>s Ministerium<br />
einen kurzen, konsolidierten Tätigkeitsbericht<br />
zum Grad <strong>de</strong>r Zielerreichung und veröffentlicht<br />
diesen extern (z. B. quartalsweise).<br />
Marc-Stephan Garbe<br />
ist Partner bei AWS-Consulting PG mit <strong>de</strong>m Schwerpunkt neue<br />
Geschäftsfel<strong>de</strong>r für die öffentliche Verwaltung.<br />
E-Mail: msg@aws-consulting.<strong>de</strong><br />
Die tatsächlich eingetretenen externen Auswirkungen<br />
(zumin<strong>de</strong>st die direkten) wer<strong>de</strong>n durch<br />
eine unabhängige Instanz überprüft und in Bezug<br />
zur <strong>Planung</strong> bewertet.<br />
Negative Abweichungen hinsichtlich <strong>de</strong>r Quantität<br />
/ Qualität wer<strong>de</strong>n durch feste Budgetrestriktionen<br />
sanktioniert. Die Restriktionen führt die<br />
für Finanzen zuständige Behör<strong>de</strong> durch. Die<br />
Erreichung <strong>de</strong>r Qualitätsziele wird mit einem<br />
stabilen Budget „belohnt“ (alternativ: Personalressourcen).<br />
Zur Beurteilung <strong>de</strong>r erreichten Qualität kann<br />
auf das bestehen<strong>de</strong> Instrumentarium zurückgegriffen<br />
wer<strong>de</strong>n (<strong>Szenario</strong>technik, Wirtschaftsberichte,<br />
Meinungsumfragen etc.).<br />
Fazit<br />
Die zielgenaue Steuerung von Verwaltungsleistungen<br />
und <strong>de</strong>ren (gewünschter) Wirkung<br />
ist komplex!<br />
Die Komplexität wird durch die unterschiedlichen<br />
Erwartungen <strong>de</strong>r Zielgruppen und die<br />
häufige Unvorhersehbarkeit <strong>de</strong>r gesamten<br />
Bandbreite <strong>de</strong>r Wirkungen von Verwaltungshandlungen<br />
hervorgerufen.<br />
Lei<strong>de</strong>r kann z. B. die Wirkung <strong>de</strong>r Bereitstellung<br />
einer neuen Straße, einer neuen Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erlass eines Gesetzes – auch<br />
wenn es gut gemeint war – ein völlig falsches<br />
Signal setzen.<br />
Daher ist es wichtig, dass Maßnahmen <strong>de</strong>utlich<br />
vernetzter betrachtet wer<strong>de</strong>n (zumin<strong>de</strong>st hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r „Kernwirkungen“) und nicht ausschließlich<br />
ein best case szenario die Handlungsmotivation<br />
ist.<br />
Nur durch eine regelmäßige, strategische<br />
und operative <strong>Planung</strong>, Messung und Bewertung<br />
<strong>de</strong>r erfolgten Leistungen / Wirkungen<br />
wird es möglich, dass die Außenwirkung von<br />
Verwaltungshan<strong>de</strong>ln optimiert wird. Die heutige<br />
Medienlandschaft gibt viele Möglichkeiten, um<br />
das Han<strong>de</strong>ln transparent zu machen und eine<br />
direkte Rückkopplung zu ermöglichen. Auch ist<br />
<strong>de</strong>r Start mit wenigen, aussagekräftigen Indikatoren<br />
für einen Verwaltungsbereich zielfüh-
end, an<strong>de</strong>renfalls en<strong>de</strong>n Ziel<strong>de</strong>finition, Messung<br />
und Bewertung in einem Tohuwabohu.<br />
Die Komplexität <strong>de</strong>r Aufgabe sollte daher nicht<br />
abschrecken, son<strong>de</strong>rn vielmehr Motivation für<br />
die Suche neuer Ansätze zu einer besseren<br />
Steuerung sein. Geld ist eine knappe Ressource<br />
(auch für <strong>de</strong>n Steuerzahler) und <strong>de</strong>r Umgang<br />
damit hat wirtschaftlich zu erfolgen.<br />
Als Ergebnis ist zu unterstreichen: Verwaltungshan<strong>de</strong>ln<br />
ist messbar, allerdings sind im<br />
Vergleich zur Wirtschaft vielfach an<strong>de</strong>re Mechanismen<br />
zu beachten (z. B. Motivation <strong>de</strong>r<br />
han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Personen, sinnvolle Regelungen für<br />
Zielerreichung bzw. -verfehlung, Institutionen<br />
zur neutralen Beurteilung <strong>de</strong>r Zielerreichung).<br />
Fußnoten<br />
1 United States General Accounting Office<br />
(GAO): Performance Budgeting, March 1997,<br />
Report GAO/AIMD-97-46, Page 42 – 45.<br />
2 ebenda, Page 46 – 51.<br />
3 ebenda, Page 22 f..<br />
4 OECD Budget Practices and Procedures Database,<br />
www.oecd.org/gov/budget/database, am<br />
21.03.2010<br />
5 Einen ersten Überblick über die nachhaltige<br />
Vorgehensweise von Verwaltungen von 30<br />
OECD Län<strong>de</strong>rn gibt auch <strong>de</strong>r Sustainable Governance<br />
Indicator (SGI) <strong>de</strong>r Bertelsmannstiftung:<br />
www.sginetwork.org<br />
6 Siehe zu verschie<strong>de</strong>nen Ansätzen:<br />
Frankreich<br />
Le forum <strong>de</strong> la performance: http://www.performance-publique.gouv.fr/<br />
Deutschland<br />
Verwaltung innovativ: http://www.staat-mo<strong>de</strong>rn.<strong>de</strong>/<br />
Österreich<br />
Verwaltungsinnovation: http://www.bun<strong>de</strong>skanzleramt.at/site/5123/<strong>de</strong>fault.aspx<br />
Schwe<strong>de</strong>n<br />
Swedish National Financial Management Authority:<br />
http://www.esv.se/<br />
Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong><br />
Ministry of Finance / VBTB: http://www.minfin.<br />
nl/On<strong>de</strong>rwerpen/Begroting/VBTB<br />
Großbritannien<br />
Public Service Performance: http://www.hmtreasury.gov.uk/psp_in<strong>de</strong>x.htm<br />
Neuseeland<br />
Managing for Outcomes / Results: http://www.<br />
ssc.govt.nz/display/document.asp?NavID=208<br />
USA<br />
Office of Management and Budget / PART:<br />
http://www.whitehouse.gov/omb/performance/<br />
7 Heimgartner, Martin / Benjamin Pauli: FLAG<br />
Kurzbericht, Wirkungsorientierte Steuerung <strong>de</strong>r<br />
Verwaltung im internationalen Umfeld, Dezember<br />
2008.<br />
8 Ellwein, Thomas, Joachim Hesse: Das Regierungssystem<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland,<br />
Opla<strong>de</strong>n, 1997, 8. Auflage, S. 307f.<br />
9 Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>de</strong>s Innern: Gemeinsame<br />
Geschäftsordnung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sministerien, Juni<br />
2009, Berlin, hier: § 3 GGO.<br />
10 Dunlevay, Patrick / Hood, Christopher (1994):<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
From Old Public Administration to New Public<br />
Management,<br />
in: Public Money & Management, 1994, No. 3,<br />
S. 9 – 16 o<strong>de</strong>r Klingebiel, Norbert (Hrsg.):<br />
Schedler, Kuno / Ösze: Performance Measurement<br />
& Balanced Scorecard, München: Vahlen,<br />
2001. S. 259 – 276..<br />
11 Zielvereinbarungen (= „Kontrakte”) sind<br />
schriftliche Vereinbarungen zwischen zwei hierarchischen<br />
Ebenen für einen festgelegten Zeitraum<br />
(meist ein Jahr) über die zu erbringen<strong>de</strong><br />
(messbare) Leistung (Output) und/o<strong>de</strong>r zu erreichen<strong>de</strong><br />
(messbaren)Wirkung (Outcome) sowie<br />
die hierzu bereitgestellten personellen und finanziellen<br />
Ressourcen.<br />
12 Vgl. Ursache-Wirkungsketten o<strong>de</strong>r Kausalketten,<br />
die im Rahmen einer Balanced Scorecard<br />
erstellt wer<strong>de</strong>n (z. B. Horváth & Partner (Hrsg):<br />
Balanced Scorecard umsetzen, Stuttgart,<br />
2000, S. 17 f. und S. 37 f.<br />
13 Die I<strong>de</strong>e zu diesem Beispiel wur<strong>de</strong> entnommen<br />
bei: Welthungerhilfe: Leitfa<strong>de</strong>n Wirkungsorientierung<br />
in <strong>de</strong>n Projekten und Programmen<br />
<strong>de</strong>r Welthungerhilfe, Teil I: Hintergrün<strong>de</strong> und<br />
Definitionen, Bonn, 2008.<br />
14 Das in Berlin erlassene Verwaltungsreform-<br />
Grundsätze-Gesetz (VGG) sah anfangs Befragungen<br />
min<strong>de</strong>stens alle 2 Jahre vor. Dieser<br />
Zeitrahmen ist in <strong>de</strong>r aktuellen Novelle auf 5 Jahre<br />
erweitert wor<strong>de</strong>n. Ein solcher Zeitraum ist für<br />
eine direkte Steuerung eher ungeeignet.<br />
15 Senatsverwaltung für Finanzen: Was kostet<br />
wo wie viel? Berliner Bezirke im Kostenvergleich,<br />
9. Jahrgang, Berlin, 2008.<br />
Die Frankfurter Buchmesse ist mit über 7.000 Ausstellern<br />
aus mehr als 100 Län<strong>de</strong>rn die größte Buch- und Medienmesse<br />
<strong>de</strong>r Welt. Sie ist zugleich Treffpunkt <strong>de</strong>r Experten und Spiegel<br />
<strong>de</strong>r Buch- und Medienbranche.<br />
Auch unser Rezensent, Dipl.-Betriebsw. Fachjournalist<br />
(DFJS) Alfred Biel, besuchte zwei Tage die Buchmesse 2010.<br />
Er war eingela<strong>de</strong>n zu zahlreichen Fach- und Pressegesprächen.<br />
Biel zählt zu <strong>de</strong>n immer weniger wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n freien<br />
und unabhängigen Fachrezensenten. Das Bild zeigt ihn am<br />
6. Okt. 2010 auf <strong>de</strong>r Frankfurter Buchmesse im Gespräch<br />
mit Joachim Ba<strong>de</strong>r vom Schäffer-Poeschel Verlag.<br />
59
60<br />
Zielgerichtete Kommunikation in Turnaround<br />
Zielgerichtete Kommunikation<br />
im Turnaround<br />
von Christian Fischbach und Andre Wie<strong>de</strong>nhofer<br />
Der Erfolg eines Turnarounds hängt von <strong>de</strong>r<br />
schnellen Umsetzung <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ntifizierten Verän<strong>de</strong>rungsmaßnahmen<br />
ab. Inwiefern diese Verän<strong>de</strong>rungsmaßnahmen<br />
nachhaltig sind, entschei<strong>de</strong>t<br />
u. a. die Akzeptanz bei <strong>de</strong>n beteiligten<br />
Personen. Die Autoren zeigen in diesem<br />
Beitrag, wie Sie Kommunikation zielgerichtet<br />
steuern können, um so die Akzeptanz von Verän<strong>de</strong>rungsmaßnahmen<br />
nachhaltig sicherzustellen.<br />
Notwendigkeit zum Turnaround<br />
Die schwerste Phase <strong>de</strong>r Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
scheint überwun<strong>de</strong>n zu sein, aber<br />
die Folgen sind in <strong>de</strong>n Unternehmen <strong>de</strong>utlich zu<br />
spüren. Die Zahl <strong>de</strong>r Unternehmensinsolvenzen<br />
ist in <strong>de</strong>n letzten Monaten stetig gestiegen. Um<br />
eine drohen<strong>de</strong> Insolvenz abzuwen<strong>de</strong>n, stehen<br />
viele Unternehmen gegenwärtig vor <strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r nachhaltigen, aber <strong>de</strong>nnoch<br />
schnellen Unternehmenssanierung – <strong>de</strong>m<br />
Turnaround. Ein Turnaround ist jedoch nicht nur<br />
eine einmalige Kostensenkungsinitiative. Es geht<br />
vielmehr um ein Bün<strong>de</strong>l von kurz-, mittel- und<br />
langfristigen Maßnahmen. Kurzfristig muss die<br />
Liquidität <strong>de</strong>s Unternehmens sichergestellt,<br />
mittelfristig die Wertschöpfungskette konsequent<br />
an <strong>de</strong>n Marktbedürfnissen angepasst<br />
wer<strong>de</strong>n, um so zu einer zukunftsträchtigen<br />
strategischen Perspektive zu gelangen und<br />
<strong>de</strong>n erfolgreichen Fortbestand <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
langfristig zu sichern. 1<br />
Phasen <strong>de</strong>s Turnaroundprojektes<br />
Ein Turnaroundprojekt kann in vier Phasen unterteilt<br />
wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r ersten Phase, <strong>de</strong>r Crash-<br />
Phase, steht die Sicherstellung <strong>de</strong>r Liquidität<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens im Mittelpunkt. In <strong>de</strong>r zweiten<br />
Phase, <strong>de</strong>r Einleitung <strong>de</strong>s Turnarounds,<br />
wer<strong>de</strong>n alle Unternehmensbereiche analysiert<br />
und ein Sanierungskonzept erarbeitet. In <strong>de</strong>r<br />
dritten Phase, <strong>de</strong>r Realisierung, fin<strong>de</strong>t die Umsetzung<br />
<strong>de</strong>s zuvor erstellten Konzeptes statt.<br />
Hierbei steht die eigentliche strategische und<br />
organisatorische Restrukturierung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
im Mittelpunkt. In <strong>de</strong>r vierten und<br />
letzten Phase, <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>r Neuausrichtung,<br />
wer<strong>de</strong>n die eingeleiteten Verän<strong>de</strong>rungen<br />
manifestiert. 2<br />
Bisweilen wur<strong>de</strong> im Rahmen <strong>de</strong>s Turnarounds<br />
meist die Kommunikation mit <strong>de</strong>m Eigentümer,<br />
<strong>de</strong>n Kapitalgebern und <strong>de</strong>m Betriebsrat fokussiert.<br />
Eine zielgerichtete Kommunikation mit<br />
<strong>de</strong>n betroffenen Mitarbeitern steht in <strong>de</strong>r Praxis<br />
eher weniger im Fokus <strong>de</strong>r Aufmerksamkeit.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r<br />
möglichst schnellen Maßnahmenrealisierung<br />
scheint dies nachvollziehbar zu sein. Dennoch<br />
ist eine nachhaltige Kommunikation für<br />
<strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>s Turnarounds essentiell. Einer<br />
repräsentativen Umfrage zufolge scheitern<br />
50 Prozent <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungsprojekte an mangelhafter<br />
Kommunikation und lückenhaftem<br />
o<strong>de</strong>r verspätetem Informationszugang <strong>de</strong>r Mitarbeiter.<br />
3<br />
Mit nachfolgend vorgestelltem Mo<strong>de</strong>ll kann ein<br />
Unternehmen die Kommunikation mit allen<br />
Beteiligten zielgerichtet und aufwandsarm<br />
steuern. Nur durch eine umfassen<strong>de</strong> und aufrichtige<br />
Kommunikation können Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong><br />
gegen <strong>de</strong>n Turnaround bei allen Beteiligten abgebaut<br />
und eine nachhaltige I<strong>de</strong>ntifikation mit<br />
<strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>s Unternehmens erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />
ACCA-Mo<strong>de</strong>ll<br />
Colley und Dutka haben ein Mo<strong>de</strong>ll entwickelt,<br />
um im Bereich <strong>de</strong>r Werbung Ziele zu setzen und<br />
<strong>de</strong>ren Erreichung zu messen. Das vorgestellte<br />
Mo<strong>de</strong>ll empfiehlt, <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n über vier Stufen<br />
zur Handlung (Kauf) zu motivieren, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong> individuell bezogen auf seine Position im<br />
ACCA-Mo<strong>de</strong>ll angesprochen wird.<br />
Die vier Stufen <strong>de</strong>s ACCA-Mo<strong>de</strong>lls sind:<br />
1. Awareness – Bewusstsein,<br />
2. Comprehension – Verständnis,<br />
3. Conviction – Überzeugung und<br />
4. Action – Handlung.<br />
Für je<strong>de</strong>n Stufenübergang besteht ein Repertoire<br />
an Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kommunikation. 4<br />
Fraglich ist jedoch, ob ein Unternehmen dieses<br />
Werbewirkungsmo<strong>de</strong>ll auch für die zielgerichtete<br />
Kommunikation im Turnaround anwen<strong>de</strong>n<br />
kann. Ebenso wie ein Kun<strong>de</strong> zum Kauf motivierbar<br />
ist, kann <strong>de</strong>r Beteiligte im Turnaround zum<br />
Han<strong>de</strong>ln angeregt wer<strong>de</strong>n. Insofern kann das<br />
ACCA-Mo<strong>de</strong>ll für die zielgerichtete Kommunikation<br />
im Turnaround dienen.<br />
Zielgerichtete Kommunikation in<br />
<strong>de</strong>n Phasen <strong>de</strong>s Turnarounds mit<br />
<strong>de</strong>m ACCA-Mo<strong>de</strong>ll sicherstellen<br />
Zur zielgerichteten Kommunikation im Turnaround<br />
ist es wichtig zu wissen, auf welcher Stufe<br />
<strong>de</strong>s ACCA-Mo<strong>de</strong>lls sich die Mitarbeiter befin<strong>de</strong>n.<br />
Hierfür kann je Stufe eine einfache geschlossene<br />
Frage entwickelt wer<strong>de</strong>n. Diese<br />
Fragen können bspw. <strong>de</strong>m Plenum einer Mitar-
eiterversammlung o<strong>de</strong>r einer sonstigen Informationsveranstaltung<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n. Ebenso<br />
gut können diese Fragen auch in Mitarbeiterbefragungen<br />
aufgenommen o<strong>de</strong>r in Feedbackgesprächen<br />
zwischen Vorgesetzten und<br />
Mitarbeitern gestellt wer<strong>de</strong>n. Bei kontinuierlicher<br />
Durchführung können zwei wesentliche<br />
Erfolgsgrößen <strong>de</strong>r Kommunikation nachgehalten<br />
wer<strong>de</strong>n. Zum einen die Akzeptanz und die<br />
Motivation <strong>de</strong>r Mitarbeiter zur Umsetzung <strong>de</strong>r<br />
eingeleiteten Maßnahmen und zum an<strong>de</strong>ren die<br />
entsprechen<strong>de</strong> Entwicklung <strong>de</strong>r Einstellung <strong>de</strong>r<br />
Mitarbeiter im Zeitverlauf. Nachfolgend wird<br />
dies anhand eines Beispiels erläutert.<br />
Ein mittelständiges Maschinenbauunternehmen<br />
ist stark von <strong>de</strong>r Krise betroffen, die Absätze<br />
sind bis zu 40 % eingebrochen. Erste Maßnahmen<br />
zur Liquiditätssicherung wur<strong>de</strong>n getroffen<br />
und ein Sanierungskonzept wur<strong>de</strong> erstellt, das<br />
es nun umzusetzen gilt. Da das Sanierungskonzept<br />
neben <strong>de</strong>r Freisetzung von stillen Reserven<br />
und einer Refinanzierung auch die Umstellung<br />
<strong>de</strong>r Produktionsprozesse umfasst, legt die Geschäftsführung<br />
großen Wert auf die Beteiligung<br />
und Überzeugung <strong>de</strong>r Mitarbeiter. Aus diesem<br />
Grund wur<strong>de</strong> zu einer Mitarbeiterversammlung<br />
eingela<strong>de</strong>n. Der Geschäftsführer beginnt diese<br />
mit <strong>de</strong>r einleiten<strong>de</strong>n Frage, ob die Mitarbeiter<br />
erkennen, dass die Firma in einer Krise steckt<br />
(Stufe 1 - Awareness). Als Nächstes fragt er, ob<br />
die Mitarbeiter Verständnis für <strong>de</strong>n eingeschlagenen<br />
Weg haben (Stufe 2 - Comprehension).<br />
Aufgrund dieser kurzen Abfrage konnte eine<br />
Einteilung durchgeführt wer<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>r zu<br />
ersehen war, dass das Bewusstsein für die<br />
Abb. 2: Zeitliche Entwicklung <strong>de</strong>r Mitarbeiter im ACCA-Mo<strong>de</strong>ll<br />
Kein Bewusstsein 85 %<br />
A - Bewusstsein 15 %<br />
C - Verständnis 2 %<br />
C - Überzeugung 0 %<br />
A - Handlung 0 %<br />
Abb. 1: Initiale Einteilung <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
krisenhafte Situation bei <strong>de</strong>n Mitarbeitern noch<br />
nicht vorhan<strong>de</strong>n war (Abbildung 1).<br />
Wie bereits erwähnt, besteht für je<strong>de</strong>n Stufenübergang<br />
ein Repertoire an Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Kommunikation. Zur Erzeugung <strong>de</strong>s Bewusstseins<br />
wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Mitarbeitern in einem<br />
ers ten Schritt die Herausfor<strong>de</strong>rungen, vor<br />
<strong>de</strong>nen die Firma steht, bewusst gemacht.<br />
Dies geschah mit Hilfe von Beispielen und Hintergrundinformationen.<br />
Dabei wur<strong>de</strong> insbeson<strong>de</strong>re<br />
darauf geachtet, dass die Mitarbeiter richtig<br />
angesprochen wer<strong>de</strong>n. Mit Daten aus <strong>de</strong>r<br />
Gewinn- und Verlustrechnung geht dies schwerlich.<br />
Statt<strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong> aufgezeigt, wie viele<br />
Aufträge früher im Vergleich zur heutigen Situation<br />
eingegangen sind, um so die geringere<br />
Auslastung in <strong>de</strong>r Produktion zu ver<strong>de</strong>utlichen<br />
und das zukünftige Potenzial <strong>de</strong>r Firma aufzuzeigen.<br />
Im Verlauf <strong>de</strong>r nächsten Wochen kommunizierte<br />
die Firma mit ihren Mitarbeitern nach<br />
<strong>de</strong>m vorgeschlagenen Mo<strong>de</strong>ll. Zur Erzeugung<br />
<strong>de</strong>s Verständnisses wur<strong>de</strong>n die einzelnen Optionen<br />
<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns präsentiert und <strong>de</strong>r eingeschlagene<br />
Weg begrün<strong>de</strong>t, in<strong>de</strong>m die Vorteile<br />
gegenüber <strong>de</strong>n Alternativen benannt wur<strong>de</strong>n.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Die Überzeugung <strong>de</strong>r Mitarbeiter in <strong>de</strong>n eingeschlagenen<br />
Weg wur<strong>de</strong> gewonnen, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
individuelle Nutzen und die Werte <strong>de</strong>s Mitarbeiters<br />
angesprochen wur<strong>de</strong>n. Die vierte<br />
und letzte Stufe, das Han<strong>de</strong>ln nach <strong>de</strong>m erarbeiteten<br />
Konzept, wur<strong>de</strong> erreicht, in<strong>de</strong>m Anreize<br />
geschaffen, korrektes Verhalten belohnt<br />
und entsprechen<strong>de</strong> Errungenschaften gefeiert<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
Neben Mitarbeiterversammlungen wur<strong>de</strong>n<br />
auch Aushänge, die Mitarbeiterzeitung und die<br />
persönliche Ansprache durch Vorgesetzte genutzt.<br />
Parallel dazu wur<strong>de</strong> über unterschiedliche<br />
Kanäle abgefragt, auf welcher Stufe sich<br />
die Mitarbeiter befin<strong>de</strong>n. Abbildung 2 zeigt die<br />
hieraus ersichtliche Entwicklung.<br />
Das Unternehmen konnte in <strong>de</strong>r Folge direkt<br />
erkennen, wie die Mitarbeiter im Zeitverlauf<br />
zum Turnaround stehen, und inwiefern die eingeleiteten<br />
Kommunikationsmaßnahmen fruchteten.<br />
Neben dieser recht erfolgreichen Kommunikation<br />
kann es aber sein, dass Mitarbeiter<br />
zwar Verständnis zeigen, teilweise sogar überzeugt<br />
sind, jedoch nicht wie beabsichtigt han<strong>de</strong>ln.<br />
Hier kann das vorgeschlagene Mo<strong>de</strong>ll<br />
dienen, um die genaue Positionierung <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
festzustellen und geeignete Maßnahmen,<br />
in diesem Fall die Einführung von äquivalenten<br />
Anreizsystemen, einzuleiten. Abbildung 3 zeigt<br />
die möglichen stufenbezogenen Kommunikationsinhalte.<br />
Aus <strong>de</strong>n unterschiedlichen Kommunikationsmitteln<br />
und -intensionen wird <strong>de</strong>utlich, dass ein<br />
61
62<br />
Zielgerichtete Kommunikation in Turnaround<br />
Abb. 3: Stufenbezogene Kommunikationsinhalte<br />
Überspringen einzelner Stufen unwahrscheinlich,<br />
teilweise sogar unrealistisch ist.<br />
Fraglich erscheint, in welchen Phasen <strong>de</strong>s Turnaround<br />
diese Metho<strong>de</strong>n Anwendung fin<strong>de</strong>n<br />
können. Erfahrungen zeigen, dass insbeson<strong>de</strong>re<br />
die frühen Phasen <strong>de</strong>s Turnarounds<br />
schnelle Handlungen verlangen. Eine zu differenzierte<br />
Kommunikation ist in dieser Situation<br />
aus Zeitgrün<strong>de</strong>n schwerlich zu erreichen.<br />
Statt<strong>de</strong>ssen, sollten in dieser Phase die oben<br />
beschriebenen Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kommunikation<br />
zu Stufe 1 „Awareness“ angewandt und auf<br />
breiter Basis mit Beispielen und Auswirkungen<br />
die Notwendigkeit <strong>de</strong>s Turnarounds dargelegt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Nach <strong>de</strong>n ersten Maßnahmen im Turnaround<br />
und <strong>de</strong>r Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes,<br />
sollten nun die beschriebenen Metho<strong>de</strong>n differenziert<br />
angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Auf diese Weise<br />
Autoren<br />
Andre Wie<strong>de</strong>nhofer<br />
ist bei Ernst & Young GmbH, Köln, Senior Berater.<br />
E-Mail: andre.wie<strong>de</strong>nhofer@<strong>de</strong>.ey.com<br />
können Mitarbeiter, die die Notwendigkeit erkannt<br />
haben, schneller zum nachhaltigen Han<strong>de</strong>ln<br />
gebracht wer<strong>de</strong>n. Mitarbeiter, die sich im<br />
ACCA-Mo<strong>de</strong>ll noch auf einer frühen Stufe befin<strong>de</strong>n,<br />
können ebenso zielgerichtet angesprochen<br />
wer<strong>de</strong>n, um so die nachhaltige Umsetzung <strong>de</strong>s<br />
Sanierungskonzeptes zu gewährleisten.<br />
Fazit<br />
Das durch Colley und Dutka vorgeschlagene<br />
ACCA-Mo<strong>de</strong>ll lässt sich auch zur betrieblichen<br />
Kommunikation im Turnaround nutzen. Ein wesentlicher<br />
Erfolgsfaktor im Turnaround ist die<br />
nachhaltige Umsetzung <strong>de</strong>r Maßnahmen. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
bei Maßnahmen, die auf Verhaltensän<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter abzielen, ist<br />
die zielgerichtete Kommunikation essentiell.<br />
Zur Steuerung dieser Kommunikation eignet<br />
sich das vorgeschlagene Mo<strong>de</strong>ll.<br />
Christian Fischbach<br />
ist Senior Berater bei <strong>de</strong>r Firma G.E.B.B. in Köln.<br />
E-Mail: christian.fischbach@gebb.<strong>de</strong><br />
Literatur<br />
Colley, R. / Dutka, S. (1995): Defining Advertising<br />
Goals for Measured Advertising Results,<br />
McGraw-Hill.<br />
Ernst & Young (2009): Neue Chancen in<br />
schwierigen Zeiten – Reaktionen auf die Krise,<br />
EYGM.<br />
Faulhauber, P. / Landwehr, N. (2005): Turnaround-Management<br />
in <strong>de</strong>r Praxis: Umbuchphasen<br />
nutzen – neue Stärken entwickeln, Campus<br />
Verlag.<br />
Houben, A. / Frigge, C. / Trinczek, R. / Pongratz,<br />
H. (2007): Verän<strong>de</strong>rungen erfolgreich<br />
gestalten, C4 Consulting.<br />
Liebl, C. (2003): Kommunikations-Controlling,<br />
DUV.<br />
Pra<strong>de</strong>l, M. (2001): Dynamisches Kommunikationsmanagement.<br />
Optimierung <strong>de</strong>r Marketingkommunikation<br />
als Lernprozess, Gabler Verlag.<br />
Rennhak, C. (2001): Die Wirkung vergleichen<strong>de</strong>r<br />
Werbung, Gabler Verlag.<br />
Fußnoten<br />
1 Vgl. Ernst & Young (2009).<br />
2 Vgl. Faulhauber, P. / Landwehr, N. (2005).<br />
3 Vgl. Houben, A. / Frigge, C. / Trinczek, R. /<br />
Pongratz, H. (2007).<br />
4 Vgl. Colley, R. / Dutka, S. (1995); Pra<strong>de</strong>l, M.<br />
(2001); Rennhak, C. (2001); Liebl, C. (2003).<br />
Bei <strong>de</strong>n im Folgen<strong>de</strong>n vorgestellten Metho<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Kommunikation han<strong>de</strong>lt es sich um kurzfristige<br />
Metho<strong>de</strong>n, die von <strong>de</strong>n flankieren<strong>de</strong>n mittel-/längerfristigen<br />
Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s organisatorischen<br />
Change Managements wie Stakehol<strong>de</strong>r-/Impact-Analyse<br />
abzugrenzen sind.
Controller´s Riskmanagement<br />
<strong>de</strong>r Controllingdaten – Teil 1 –<br />
von Frank-J. Witt und Kerin Witt<br />
Also kein Risikocontrolling? Doch, allerdings<br />
geht es hier um das „Datenrisiko“. Wir<br />
möchten Sie, lieber Leser, dazu bringen, ein<br />
wenig die Statistik wie<strong>de</strong>rzuent<strong>de</strong>cken, damit<br />
Sie sich nicht nur auf vermeintlich sichere Daten<br />
verlassen müssen und vielmehr einige Statistiktools<br />
bei risikobehafteten Controllingdaten<br />
einsetzen können. Testen Sie sich selbst anhand<br />
folgen<strong>de</strong>r einfacher Fragestellung: Der<br />
neue interne Controllingbericht wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m<br />
Lower-Management vorgestellt; dabei wur<strong>de</strong><br />
zum äußersten Kostenbewusstsein aufgerufen.<br />
Bei einer zeitlich nachgelagerten Befragung von<br />
n = 40 Lower-Managern gaben 8 Personen<br />
und damit 8/40 = 20 % an, Kostenreduktionen<br />
bereits erreicht zu haben. Wie hoch ist <strong>de</strong>r Anteil<br />
kostenbewusster Manager in <strong>de</strong>r Grundgesamtheit,<br />
also in Bezug auf sämtliche Mitglie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Lower-Management? Viele Controller<br />
rechnen jetzt nicht weiter, son<strong>de</strong>rn übertragen<br />
die aus <strong>de</strong>m ersten Schritt, also aus <strong>de</strong>r<br />
Stichprobe, gewonnenen 20 % einfach auf die<br />
Grundgesamtheit. Sie tun damit aber keinen<br />
zweiten Schritt nach vorne auf Mehrerkenntnis<br />
zu, son<strong>de</strong>rn treten einfach nur auf <strong>de</strong>r Stelle.<br />
Wenn Sie, lieber Leser, ebenfalls so „vorgingen“,<br />
haben Sie Grund, <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Beitrag<br />
weiterzulesen. Der nachstehen<strong>de</strong> Beitrag entstand<br />
aus <strong>de</strong>r Praktikeranregung heraus, einmal<br />
die Grenzen und Risiken <strong>de</strong>s täglichen Rechengeschäfts<br />
aufzuzeigen.<br />
Wie wer<strong>de</strong>n Controllingdaten<br />
generiert? – Eine Statistikprise<br />
scha<strong>de</strong>t nicht!<br />
Kennzahlen zu berechnen, das gehört zu<br />
Controller´s Alltagsgeschäft – eine an sich<br />
schnell und leicht auf Software <strong>de</strong>legierbare<br />
„Automaten-Aufgabe“. Der Beitrag zeigt jedoch<br />
anhand von Zahlenbeispielen, dass man vor<br />
<strong>de</strong>m automatisierten Software-Arbeitsschritt<br />
namentlich aus Risikogrün<strong>de</strong>n manchmal ein<br />
bisschen Kopf- und Handarbeit verrichten<br />
sollte! Es geht in diesem Beitrag nicht zwingend<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
darum, je<strong>de</strong>n Detail-Rechenschritt sofort zu<br />
verstehen, son<strong>de</strong>rn ein Gefühl dafür zu bekommen,<br />
„was geht“, und ggf. dann selbst statis tisch<br />
down zu drillen! Also keine Angst vor ein wenig<br />
Statistik!<br />
Controller verlassen sich nämlich bei ihrer Datenanalyse<br />
und Präsentation meist auf entsprechen<strong>de</strong><br />
Software – Excel & Co. lassen dann<br />
also grüßen! So ausgereift und mächtig solche<br />
Softwares inzwischen sind, so sehr wiegen sie<br />
<strong>de</strong>n Anwen<strong>de</strong>r, also <strong>de</strong>n Controller – und in <strong>de</strong>r<br />
Folge in <strong>de</strong>r Präsentationskette dann auch <strong>de</strong>n<br />
Manager – in <strong>de</strong>r Sicherheit, die Analyse sei<br />
stets richtig! Rechentechnisch stimmt dies natürlich<br />
auch; aber inhaltlich ebenfalls? Manche<br />
Vorab-Gedanken bleiben nämlich häufig außen<br />
vor, <strong>de</strong>nn Statistik ist nicht unbedingt Controller´s<br />
Lieblingskind (Witt 1999).<br />
Insbeson<strong>de</strong>re müsste nämlich <strong>de</strong>r Controller<br />
zuvor bei <strong>de</strong>r Generierung und Einspeisung <strong>de</strong>r<br />
Kennzahlen aus Risikoaspekten abwägen, ob<br />
63
64<br />
Controller´s Riskmanagement <strong>de</strong>r Controllingdaten<br />
Abb. 1: Statistik- und Statistiksoftware-Affinität <strong>de</strong>r Controller<br />
er i. S. <strong>de</strong>r Erwartungsrechnung z. B. einen<br />
eher pessimistischen, einen eher optimistischen<br />
o<strong>de</strong>r hingegen einfach einen rechentechnisch<br />
generierten Mittelwert bevorzugt.<br />
Das tut er dann auch „irgendwie“ und gelangt<br />
meist zu einem einzigen Wert als Quintessenz<br />
seiner Datenüberlegungen. In<br />
Controller´s Rechnungen wird dann in <strong>de</strong>r Folge<br />
jedoch meist vereinfachend unterstellt,<br />
dass dieser jeweilig einzig gewählte Wert sicher<br />
ist, also nicht innerhalb eines Korridors<br />
schwankt. Genau hier setzen aber die folgen<strong>de</strong>n<br />
Überlegungen an. Wie sieht dieser<br />
Korridor aus – groß o<strong>de</strong>r klein? Der Beitrag<br />
möchte nämlich anhand zahlreicher kleiner<br />
Beispiele <strong>de</strong>n Controller dafür sensibilisieren,<br />
dass er seinen Dateninput über<strong>de</strong>nkt und eben<br />
nicht nur „automatisch“ han<strong>de</strong>lt: Dies ist dann<br />
letztlich auch ein Beitrag zum Risikocontrolling<br />
auf <strong>de</strong>r Datenebene.<br />
Exemplarisch greifen wir uns drei, z. T. eng miteinan<strong>de</strong>r<br />
verknüpfte Bereiche heraus, die speziell<br />
für diejenigen Analysen interessant sind,<br />
bei <strong>de</strong>nen die Grundgesamtheit so umfangreich<br />
ist, dass sich kleine Stichproben lohnen (beispielsweise<br />
im Han<strong>de</strong>lscontrolling mit einer<br />
relativ hohen Artikelanzahl, bei außendienst-intensiven<br />
Unternehmen mit vielen kleineren Verkaufsgebieten<br />
bzw. -parzellen als Vergleichsobjekte).<br />
Fokussieren wir exemplarisch einmal<br />
<strong>de</strong>n Marktanteil, <strong>de</strong>r meist lediglich „einwertig“<br />
angegeben wird.<br />
Hier sind drei typische Fragestellungen und<br />
daher auch drei verbesserte Datenlösungen<br />
fürs Controlling sinnvoll, um von <strong>de</strong>r vermeintlich<br />
sicheren Aussage „Unser Marktanteil beträgt<br />
y %“ wegzukommen:<br />
� Fragestellung: Sind alternative Marktanteils-Konstellationen<br />
<strong>de</strong>nkbar? Lösung: Mittels<br />
<strong>Simulation</strong> wer<strong>de</strong>n eine Wahrscheinlichkeits-<br />
und Verteilungsfunktion für <strong>de</strong>n<br />
Zielwert generiert, z. B. <strong>de</strong>rart: „Der Marktanteil<br />
beträgt mit 30 %iger Wahrscheinlichkeit<br />
11 %, mit 40 %iger Wahrscheinlichkeit<br />
12 % und wie<strong>de</strong>r mit 30 %iger Wahrscheinlichkeit<br />
13 %“.<br />
� Fragestellung: Gibt es einen Bereich bzw.<br />
ein Wertintervall, in <strong>de</strong>m unser Parameter<br />
„Marktanteil“ mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
liegt? Lösung: Mittels Parameterschätzung<br />
wird ein zuverlässiger Parameterkorridor<br />
generiert, z. B. <strong>de</strong>rart: „Der Marktanteil<br />
liegt mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit zwischen<br />
12 % und 16 %“.<br />
� Fragestellung: Können wir wirklich davon<br />
ausgehen, dass unser Marktanteil x % beträgt?<br />
Lösung: Ein Hypothesentest, mit<br />
<strong>de</strong>m die Vermutung „Der Marktanteil beträgt<br />
x %“ verworfen / abgelehnt o<strong>de</strong>r nicht verworfen<br />
wird.<br />
Wir können und wollen hier zwar keinen kompletten<br />
Statistikkurs bieten – geschweige <strong>de</strong>nn<br />
eine Statistikorgie! Wohl aber möchten wir diese<br />
drei Fragestellungen ausgewählt und speziell<br />
fokussieren und mittels eines Oxymorons,<br />
nämlich mit einem schwerverdaulichen Amuse-<br />
Bouche, nun Controller´s Appetit wecken, so<br />
dass <strong>de</strong>r Controller ggf. selbst in <strong>de</strong>r Lage ist,<br />
sein Eingangswissen zu vertiefen und auf seine<br />
individuellen konkreten Problemstellungen zu<br />
customizen. Hier soll und kann nicht stets auf<br />
die jeweiligen Detailmethodiken eingegangen<br />
wer<strong>de</strong>n; entsprechen<strong>de</strong> Darstellungen fin<strong>de</strong>n<br />
sich in <strong>de</strong>n gängigen Statistiklehrbüchern (mit<br />
einschlägigen umfangreichen Tabellen; vgl.<br />
etwa Degen / Lorscheid 2002 bzw. 2006).<br />
Die hier vorgestellten Aspekte dürften vielen<br />
Controllern z. B. aus <strong>de</strong>n Anfängen ihrer Studienzeit<br />
(„Statistische Metho<strong>de</strong>nlehre“, „Analytische<br />
Statistik“, „Schließen<strong>de</strong> Statistik“ o. Ä.)<br />
noch bekannt vorkommen; vielleicht dient <strong>de</strong>r<br />
Beitrag ja dann <strong>de</strong>r Auffrischung! Ein zugegebenermaßen<br />
sehr grober, weil nur <strong>de</strong>n einzigen<br />
Typ <strong>de</strong>s „Durchschnittscontrollers“ fokussieren<strong>de</strong>r<br />
Blick in die Controllingpraxis mit<br />
sechs immer strenger wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Stufen <strong>de</strong>r<br />
„Anwendungsintensität“ (vgl. Abbildung 1, linker<br />
Teil) legt in<strong>de</strong>s offen, dass die konkrete<br />
Anwendung solcher Tools kaum erfolgt, insbeson<strong>de</strong>re<br />
dass die Toolergebnisse kaum <strong>de</strong>m<br />
Management präsentiert wer<strong>de</strong>n (Angaben in<br />
Prozent; vgl. auch Witt 1999, <strong>de</strong>r mit seiner<br />
damaligen Datenbasis aus diesem Grund als<br />
Mitautor dieses Beitrags genannt ist; <strong>de</strong>r jetzige<br />
Beitrag selbst stammt primär von K. Witt,<br />
Stand März 2008).<br />
Immerhin zeigt die hintere, dritte Säulenreihe in<br />
Abbildung 1 (linker Teil), dass gera<strong>de</strong> seitens<br />
<strong>de</strong>r weniger kundigen Controller durchaus Zusatzkenntnisse<br />
erwünscht sind. So wünschen –
Abb. 2: Verteilungsfunktionen <strong>de</strong>r Anschaffungsauszahlung a 0 und <strong>de</strong>r Nutzungsdauer n<br />
hoffentlich kein bloßes Lippenbekenntnis –<br />
durchschnittlich 78 % <strong>de</strong>rjenigen Controller, die<br />
lediglich „Existenzkenntnisse“ <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Metho<strong>de</strong>n<br />
aufweisen, durchaus doch Zusatzkenntnisse;<br />
dies lässt hoffen! Außer<strong>de</strong>m fehlt<br />
<strong>de</strong>n – potentiellen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n wenn auch weitaus<br />
geringzahligeren tatsächlichen – Anwen<strong>de</strong>rn<br />
eine entsprechen<strong>de</strong> Software, die vornehmlich<br />
in Excel eingebettet o<strong>de</strong>r als Add-on mit<br />
Excel verknüpft sein sollte (letzte, hintere Säulenreihe).<br />
Bislang schon erhältliche Stand-<br />
Alone-Software reicht <strong>de</strong>m Controller also keineswegs<br />
aus bzw. wird von ihm kaum berücksichtigt;<br />
Excel-basierte Software steigerte insofern<br />
die Anwendungsintensität <strong>de</strong>utlich (vgl.<br />
Abbildung 1, rechter Teil)! Damit aber nun zu<br />
<strong>de</strong>n Anwendungen selbst!<br />
<strong>Simulation</strong>: Technik<br />
Falls <strong>de</strong>r Controller sich einmal mit <strong>de</strong>r PIMS-<br />
Studie beschäftigte und damit kurz aus seinem<br />
Day-by-Day-Geschäft auftauchte, so kennt er<br />
daher vielleicht auch <strong>de</strong>n <strong>Simulation</strong>sbegriff.<br />
Schnell zur Auffrischung: Bei diesen PIMS-<br />
<strong>Simulation</strong>sprogrammen geht es um die Bereiche<br />
� Par-Report, insbeson<strong>de</strong>re Par-RoI mit rd.<br />
200 Inputdaten (in verkürzter „Schnell“version<br />
mit 16 Inputdaten, daher dann <strong>de</strong>r sog. Limited-Information-Report).<br />
� Strategy-Analysis-Report (= <strong>Simulation</strong><br />
von Auswirkungen einzelner geplanter Stra-<br />
tegien bzw. Strategieän<strong>de</strong>rungen in einzelnen<br />
Geschäftsfel<strong>de</strong>rn; dabei Rückgriff auf<br />
die Erkenntnisse eines solchen o<strong>de</strong>r ähnlichen<br />
Strategieeinsatzes bei an<strong>de</strong>ren Unternehmen<br />
in <strong>de</strong>r Vergangenheit).<br />
� Optimum-Strategy-Report (= an<strong>de</strong>rs als<br />
beim Strategy-Analysis-Report nun die Fokussierung<br />
eines Strategiebün<strong>de</strong>ls in seinen<br />
Konsequenzen für das Gesamtunternehmen).<br />
� Report-on-Look-Alikes ROLA (= Auffin<strong>de</strong>n<br />
eher operativer Einzelmaßnahmen, die<br />
positiv auf die Oberziele RoI und/o<strong>de</strong>r Cashflow<br />
für das Gesamtunternehmen und vor<br />
allem auch in Bezug auf<br />
ein einzelnes Geschäftsfeld<br />
wirken könnten,<br />
wie etwa vergrößerte<br />
Marktab<strong>de</strong>ckung. Dabei<br />
erfolgt eine Filterung <strong>de</strong>r<br />
PIMS-Datenbank nach<br />
Unternehmen und Geschäftsfel<strong>de</strong>rn<br />
– die ein<br />
solches Ziel in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />
bereits fokussierten„Look-Alikes“.<br />
Diese wer<strong>de</strong>n dann<br />
in erfolgreiche vs. nichterfolgreicheUnternehmen<br />
differenziert und<br />
mit rd. 200 operativen<br />
Daten und Parametern<br />
analysiert, weshalb es<br />
Gewinner vs. Verlierer in<br />
diesen Situationen bzw.<br />
Abb. 3: <strong>Simulation</strong>släufe<br />
bei <strong>de</strong>n vergangenen Versuchen<br />
gab).<br />
Innerhalb dieser PIMS-Säulen<br />
wird versucht, mittels <strong>Simulation</strong><br />
alternative Markt- und Rahmenbedingungen<br />
softwaregestützt<br />
vielfach durchzurechen, dabei<br />
einzelnen Parameter zu variieren<br />
und schließlich daraus stabile Ergebnisse<br />
abzuleiten. <strong>Simulation</strong><br />
ist also – wie PIMS zeigt – nichts<br />
Ungewöhnliches im Controllinggeschäft.<br />
Wie geht nun <strong>Simulation</strong><br />
– manchmal auch Monte-Carlo-<br />
<strong>Simulation</strong> genannt – methodisch<br />
vor?<br />
Wenn die <strong>Simulation</strong> aufgrund <strong>de</strong>r einzubringen<strong>de</strong>n<br />
Datenfülle bzw. genauer: aufgrund<br />
<strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r zweckmäßigerweise durchzuführen<strong>de</strong>n<br />
<strong>Simulation</strong>släufe auch zur Verarbeitung<br />
von Massendaten führt und gera<strong>de</strong><br />
aus diesem Grund eine spezialisierte Software<br />
bzw. ein Add-on notwendig erscheint, um die<br />
<strong>Simulation</strong> in <strong>de</strong>r Controllingpraxis durchführbar<br />
zu machen, so ist die <strong>Simulation</strong>stechnik<br />
selbst recht einfach:<br />
�<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
� Ermittlung <strong>de</strong>r relevanten Treiber, d. h. <strong>de</strong>r<br />
Einflussgrößen (z. B. Anschaffungsauszahlung,<br />
Nutzungsdauer usw. bei einer Investitionsentscheidung).<br />
65
66<br />
Controller´s Riskmanagement <strong>de</strong>r Controllingdaten<br />
Abb. 4: Auswertung <strong>de</strong>r <strong>Simulation</strong>släufe<br />
� Jeweils Schätzung <strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
für je<strong>de</strong> einzelne Einflussgröße.<br />
� Einsatz eines Zufallsgenerators und Durchführung<br />
einzelner <strong>Simulation</strong>släufe (= Ziehung<br />
<strong>de</strong>r Zufallszahl Z i , die – zwischen 0 und<br />
100 liegend – dann als Prozentwert interpretiert<br />
wird und in die jeweilige Wahrscheinlichkeitsfunktion<br />
einer Einflussgröße eingesetzt<br />
wird, so dass sich daraus jeweils pro<br />
<strong>Simulation</strong>slauf ein einzelner konkreter Zahlenwert<br />
einer Einflussgröße ergibt).<br />
� Berechnung <strong>de</strong>r Zielgröße (z. B. Kapitalwert)<br />
je <strong>Simulation</strong>slauf auf <strong>de</strong>r Basis einzelner<br />
konkreter Werte <strong>de</strong>r Einflussgrößen.<br />
� Ableitung <strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
<strong>de</strong>r Zielgröße aus <strong>de</strong>r Vielzahl von <strong>Simulation</strong>släufen<br />
(z. B. 1.000 Durchgänge<br />
o<strong>de</strong>r mittels Software unproblematisch gerne<br />
auch mehr) und ggf. weitergehen<strong>de</strong> Analyse<br />
(z. B. Risikoprofil). Hier liegt das wesentliche<br />
Ziel <strong>de</strong>r <strong>Simulation</strong>, nämlich Abstand<br />
von <strong>de</strong>r Betrachtung eines einzigen Wertes<br />
zu nehmen und vielmehr statt<strong>de</strong>ssen eine<br />
risi koorientierte Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
zu generieren.<br />
<strong>Simulation</strong>: Rechenbeispiel<br />
Bei einer Investitionsentscheidung sei <strong>de</strong>r Kapitalwert<br />
die primäre Zielgröße. Von seinen<br />
Einflussgrößen seien <strong>de</strong>r Einfachheit halber le-<br />
�<br />
diglich die Anschaffungsauszahlung a 0 sowie<br />
die Nutzungsdauer n <strong>de</strong>s Investitionsobjekts<br />
risikobehaftet; alle an<strong>de</strong>ren Einflussgrößen sind<br />
<strong>de</strong>terministisch, wer<strong>de</strong>n also aus subjektiver<br />
Sicht <strong>de</strong>s Controllers als sicher angesehen,<br />
nämlich:<br />
� Kalkulationszins 10 %<br />
� Jährliche Einzahlungsüberschüsse 20 T€.<br />
Für die bei<strong>de</strong>n risikobehafteten Größen a 0<br />
und n unterstellt <strong>de</strong>r Controller:<br />
� a 0 ist im Intervall von 90 bis 110 T€ gleichverteilt.<br />
M. a. W.: Alle Werte in diesem Intervall<br />
sind gleichwahrscheinlich; <strong>de</strong>r Graph <strong>de</strong>r<br />
Wahrscheinlichkeitsfunktion ist damit eine<br />
Parallele zur Abszisse, und die Verteilungsfunktion<br />
sieht graphisch aus wie im linken<br />
Teil <strong>de</strong>r Abbildung 2.<br />
� Bzgl. n schätzt <strong>de</strong>r Controller subjektiv folgen<strong>de</strong><br />
Wahrscheinlichkeiten: n mit 6 Jahren<br />
mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 %; 7<br />
Jahre mit 30 %; 8 Jahre mit 40 %; 9 Jahre<br />
mit 10 %. M. a. W.: Nutzungsdauern kleiner<br />
als sechs Jahre und größer als neun Jahre<br />
sind für ihn entscheidungsirrelevant, und sie<br />
erhalten <strong>de</strong>mentsprechend alle jeweils die<br />
Wahrscheinlichkeit 0 %. Die Verteilungsfunktion<br />
von n bzw. <strong>de</strong>ren Graph sieht dann aus<br />
wie im rechten Teil <strong>de</strong>r Abbildung 2.<br />
Nun erfolgen konkrete einzelne zufallsgeneratorgestützte<br />
<strong>Simulation</strong>släufe, wie sie in Abbildung<br />
3 dargestellt sind. Aus Übersichtsgrün<strong>de</strong>n<br />
Abb. 5: Graphen <strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitsfunktion, Verteilungsfunktion und <strong>de</strong>s Risikoprofils<br />
wer<strong>de</strong>n hier lediglich 20 Durchgänge dargestellt<br />
und ausgewertet; in <strong>de</strong>r Controllingpraxis<br />
liegt die Zahl bei softwaregestützter <strong>Simulation</strong><br />
meist bei min<strong>de</strong>stens 1.000. Die Zahlenwerte<br />
in Abbildung 3 sind leicht gerun<strong>de</strong>t.<br />
Exemplarisch sei <strong>de</strong>r dritte <strong>Simulation</strong>slauf betrachtet:<br />
Z 1 ist 70, was hier in 70 % (= 0,7) umgesetzt<br />
wird. Mit diesem Wert geht man in die<br />
Verteilungsfunktion von a 0 und fin<strong>de</strong>t dort die<br />
zugehörige Anschaffungsauszahlung in Höhe<br />
von 104 T€. Z 2 hat im dritten <strong>Simulation</strong>slauf<br />
die Ausprägung 63, was wie<strong>de</strong>rum in 63 %<br />
bzw. 0,63 umgesetzt wird. Bei einem Blick in<br />
die Verteilungsfunktion von n ergibt dies eine<br />
simulierte Nutzungsdauer von 8 Jahren. Mit<br />
diesen bei<strong>de</strong>n simulierten Werten a 0 = 104 T€<br />
und n = 8 Jahren sowie mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren nichtrisikobehafteten<br />
Parametern (Kalkulationszins<br />
= 10 % und jährliche Einzahlungsüberschüsse<br />
= 20 T€) errechnet sich dann als Zielgröße,<br />
d. h. als simulierter Kapitalwert C 0 im<br />
dritten <strong>Simulation</strong>slauf <strong>de</strong>r Wert 3 T€. Denn es<br />
gilt in diesem dritten <strong>Simulation</strong>slauf: C 0 = -104<br />
+ 20 * Rentenbarwert (8 Jahre; 10 %) = -104<br />
+ 20 *5,3349 = 2,698 bzw. etwas großzügig<br />
gerun<strong>de</strong>t 3 T€.<br />
Die Auswertung aller 20 <strong>Simulation</strong>släufe<br />
geschieht nun gemäß Abbildung 4. Das gesamte<br />
Wertspektrum, das die Zielgröße „Kapitalwert“<br />
annehmen kann, wird dazu in einzelne<br />
Intervalle unterteilt. Wie eng o<strong>de</strong>r breit diese Intervalle<br />
gewählt wer<strong>de</strong>n, hängt letztlich vom<br />
Controller ab; im vorliegen<strong>de</strong>n Beispiel wur<strong>de</strong><br />
die Intervallbreite 4 gewählt. Durch Auszählen<br />
<strong>de</strong>r simulierten Kapitalwerte wer<strong>de</strong>n nun absolute<br />
Häufigkeiten ermittelt. Mittels Division einer<br />
jeweiligen absoluten Häufigkeit je Intervall<br />
durch die Anzahl <strong>de</strong>r <strong>Simulation</strong>släufe errechnen<br />
sich dann relative Häufigkeiten. Diese kann<br />
man als Wahrscheinlichkeiten ansehen, so<br />
� �� �
Abb. 6: Stochastische Dominanz 1. und 2. Gra<strong>de</strong>s<br />
dass auf diese Weise die gesuchte Wahrscheinlichkeitsfunktion<br />
<strong>de</strong>r Zielgröße „Kapitalwert“<br />
generiert wur<strong>de</strong>. Mittels dieser Wahrscheinlichkeitsfunktion<br />
kann <strong>de</strong>r Controller<br />
nunmehr in eine Risikoanalyse im Vergleich<br />
mehrerer Investitionen eintreten, so insbeson<strong>de</strong>re<br />
im Vergleich von Risikoprofilen.<br />
Das Risikoprofil stellt graphisch dar, wie sich<br />
eine spezielle Zielgröße verhält, d. h. wie ihre<br />
alternativ möglichen Ausprägungen sind, wird<br />
quantitativ durch Wahrscheinlichkeiten bzw.<br />
durch eine Wahrscheinlichkeitsfunktion o<strong>de</strong>r<br />
Dichtefunktion ausgedrückt: Die alternativen<br />
Zielausprägungen wer<strong>de</strong>n jeweils mit <strong>de</strong>n zugehörigen<br />
Eintrittswahrscheinlichkeiten belegt.<br />
(Anmerkung: Auf die in <strong>de</strong>r Statistik wichtige<br />
Unterscheidung zwischen Wahrscheinlichkeits-<br />
und Dichtefunktion, die wie<strong>de</strong>rum auf einer<br />
Unterscheidung in diskrete vs. kontinuierliche<br />
Fälle beruht, wird hier <strong>de</strong>r Einfachheit hal-<br />
Autoren<br />
ber verzichtet.) Durch Kumulieren bzw. Integrieren<br />
einer Wahrscheinlichkeits- o<strong>de</strong>r<br />
Dichtefunktion generiert man daraus <strong>de</strong>n Graph<br />
<strong>de</strong>r Verteilungsfunktion; sie gibt die Wahrscheinlichkeit<br />
an, dass die auf <strong>de</strong>r Abszisse<br />
aufgetragene Größe einen bestimmten Wert<br />
nicht überschreitet. Durch eine an<strong>de</strong>re optische,<br />
inhaltlich in<strong>de</strong>s äquivalente Darstellung<br />
einer solchen Verteilungsfunktion entsteht<br />
daraus das Risikoprofil. Ein solches Risikoprofil<br />
gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass die Zielgröße<br />
eine bestimmte Wertausprägung min<strong>de</strong>stens<br />
erreicht. Am Beispiel <strong>de</strong>s Investitionscontrolling<br />
und dort wie<strong>de</strong>rum für die Zielgröße<br />
Kapitalwert C0 wird in Abbildung 5 noch<br />
einmal ver<strong>de</strong>utlicht, welche Schritte eine Rolle<br />
spielen (eng nach Busse v. Colbe / Laßmann<br />
1990, 181 ff.), nämlich:<br />
� Wahrscheinlichkeitsfunktion <strong>de</strong>s Kapitalwerts<br />
(linker Teil von Abbildung 5).<br />
Frank-J. Witt<br />
promovierte zunächst mit einem Marketingthema, aber schon Mitte<br />
<strong>de</strong>r 80er Jahre erfolgte <strong>de</strong>r Wechsel ganz hin zum Controlling:<br />
Mit seiner langjährigen Erfahrung aus Forschung, Beratung u.<br />
Lehrtätigkeit als Professor u. Leiter <strong>de</strong>s Transfer-Instituts<br />
Management&Controlling (TIM&C) liegen aktuelle Interessensschwerpunkte<br />
im verhaltensorientierten Controlling/Controllertheorie,<br />
Erlöscontrolling, Reporting mit IT-Stützung <strong>de</strong>s Controlling.<br />
Kerin Witt<br />
ist Dipl.-Verw. Dipl.-Kffr. und profitierte vor allem aus <strong>de</strong>r Mitarbeit<br />
an Forschungs- und Beratungsprojekten (TIM&C) in <strong>de</strong>n<br />
Bereichen Controllingtools, IT-Basierung <strong>de</strong>s Controllingreporters,<br />
IFRS-Integration im Controlling, Statistics in Controller´s<br />
Reporting.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
� �<br />
� daraus durch Kumulieren abgeleitete Verteilungsfunktion<br />
<strong>de</strong>s Kapitalwertes (mittlerer<br />
Teil von Abbildung 5).<br />
� Risikoprofil <strong>de</strong>s Kapitalwertes (rechter Teil<br />
von Abbildung 5).<br />
Zwei Risikoprofile (hier exemplarisch: zwei Risikoprofile<br />
zweier Investitionen I 1 und I 2 ) lassen<br />
sich vergleichen, bzw. es lassen sich Rangfolgen<br />
aufstellen, in<strong>de</strong>m man das Kriterium <strong>de</strong>r<br />
stochastischen Dominanz<br />
� 1. Gra<strong>de</strong>s wählt, falls ein Risikoprofil stets<br />
über <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Risikoprofil liegt (hier: I 1<br />
dominiert I 2 , ist also günstiger als I 2 ); (vgl.<br />
Abbildung 6 linker Teil)<br />
� 2. Gra<strong>de</strong>s wählt, falls sich die Risikoprofile<br />
schnei<strong>de</strong>n. Durch einen Flächenvergleich erkennt<br />
man, dass bei einem risikoscheuen<br />
Controller bzw. Entschei<strong>de</strong>r I 1 nun I 2 dominiert,<br />
da – vereinfacht ausgedrückt – das Risikoprofil<br />
von I 1 zum größeren Teil oberhalb<br />
von I 2 liegt (vgl. Abbildung 6, rechter Teil).<br />
Ein risikogeneigter, also risikofreudiger Entschei<strong>de</strong>r<br />
könnte hingegen durchaus I 2 bevorzugen,<br />
da er dann auf Situationen hofft,<br />
bei <strong>de</strong>nen I 2 einen besseren Zielwert (hier:<br />
Kapitalwert) als I 1 liefert.<br />
Fortsetzung folgt im Controller Magazin 2, 2011<br />
67
68<br />
Projektcontrolling – ein Erfolgsfaktor?<br />
Projektcontrolling – ein Erfolgsfaktor?<br />
Ergebnisse einer Studie in 59 Unternehmen zum Controlling<br />
von Großprojekten<br />
von Olaf Hoffmann<br />
Projekte gelten oft als Wertvernichter, Großprojekte<br />
oft als „Fässer ohne Bo<strong>de</strong>n“. Die Ergebnisse<br />
zahlreicher Studien scheinen das zu<br />
bestätigen: <strong>de</strong>mnach erreichen nur ein Drittel<br />
aller IT-Projekte alle Termin-, Kosten- und funktionalen<br />
Ziele. 1 Gröger kommt auf <strong>de</strong>r Basis einer<br />
Befragung von 962 Führungskräften gar zu<br />
<strong>de</strong>m Ergebnis, dass nur 13 % aller Projekte<br />
tatsächlich zu einer Wertsteigerung von<br />
Unternehmen beitragen. 2 Auch wenn diese<br />
Ergebnisse nicht unumstritten sind, so weisen<br />
sie doch in ihrer Ten<strong>de</strong>nz darauf hin, dass im<br />
Projektmanagement und -controlling noch einiges<br />
im Argen liegt.<br />
In diesem Beitrag wird <strong>de</strong>r Frage nachgegangen,<br />
inwiefern das Projektcontrolling zum Projekterfolg<br />
beiträgt und welche Aspekte <strong>de</strong>s Projektcontrollings<br />
beson<strong>de</strong>re Beachtung fin<strong>de</strong>n<br />
sollten. Der Beitrag beruht auf einer sehr umfangreichen<br />
Befragung von 59 <strong>de</strong>utschen und<br />
schweizerischen Unternehmen zum Controlling<br />
von Anlagenbau- und IT-Großprojekten. Es<br />
wur<strong>de</strong>n bewusst zwei unterschiedliche Projektarten<br />
gewählt, um Best Practices im Projektcontrolling<br />
zu i<strong>de</strong>ntifizieren, die nicht nur<br />
projektspezifisch, son<strong>de</strong>rn auch genereller Natur<br />
sind. Für je<strong>de</strong>s Unternehmen wur<strong>de</strong>n über<br />
150 Gestaltungsaspekte und Rahmenbedingungen<br />
<strong>de</strong>s Projektcontrollings untersucht. Der<br />
Artikel gibt eine Übersicht über die auffälligsten<br />
Befun<strong>de</strong> zur Erfolgswirkung <strong>de</strong>s Projektcontrollings.<br />
Zuerst ist aber zu klären, was unter Projekterfolg<br />
zu verstehen ist.<br />
Messung von Projekterfolg<br />
Beim Projekterfolg kann zwischen <strong>de</strong>m Abwicklungs-<br />
und <strong>de</strong>m Anwendungserfolg unterschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. Der Abwicklungserfolg<br />
bezieht sich auf die Implementierungsphase<br />
eines Projektes und kann anhand <strong>de</strong>r Kriterien<br />
„Termin- und Budgeteinhaltung“ sowie<br />
„Realisierung <strong>de</strong>r geplanten Spezifikationen“<br />
bestimmt wer<strong>de</strong>n. Im Gegensatz dazu<br />
misst <strong>de</strong>r Anwendungserfolg <strong>de</strong>n Nutzen<br />
<strong>de</strong>r Projektergebnisse nach Projekten<strong>de</strong>.<br />
Eine eklatante Schwäche <strong>de</strong>s Projektcontrollings<br />
in <strong>de</strong>r Praxis besteht darin, dass viele<br />
Unternehmen keine systematische Nachkontrolle<br />
nach Projekten<strong>de</strong> durchführen und <strong>de</strong>n<br />
Anwendungserfolg ihrer Projekte nicht ermitteln.<br />
Aufgrund fehlen<strong>de</strong>r Daten zum Anwendungserfolg<br />
und <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Vergleichbarkeit<br />
wird in dieser Studie auf <strong>de</strong>n Abwicklungserfolg<br />
abgestellt. Es ist dazu für je<strong>de</strong>s<br />
Unternehmen ein In<strong>de</strong>x berechnet wor<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>r vier Erfolgsdimensionen berücksichtigt.<br />
Die vier Erfolgsdimensionen sind in <strong>de</strong>r nachfolgen<strong>de</strong>n<br />
Abbildung 1 dargestellt. Es sind<br />
Durchschnittswerte für bei<strong>de</strong> Projektarten berechnet<br />
wor<strong>de</strong>n.
Erfolgsquoten von<br />
Großprojekten<br />
Anteil Projekte been<strong>de</strong>t<br />
Anteil Projekte, die wesentliche<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen erfüllen<br />
Anteil Projekte ohne wesentliche<br />
Verzögerungen<br />
Anteil Projekte ohne wesentliche<br />
Kostenabweichungen<br />
Erfolgswirkungen <strong>de</strong>s<br />
Projektcontrolling<br />
Die Erfolgswirkung <strong>de</strong>s Projektcontrollings lässt<br />
sich in <strong>de</strong>r Studie kaum an spezifischen Instrumenten<br />
und konkreten Metho<strong>de</strong>n festmachen.<br />
Im Projektcontrolling sind keine spezifischen<br />
Kennzahlen o<strong>de</strong>r Instrumente erkennbar, die<br />
erfolgreiche Organisationen signifikant häufiger<br />
einsetzen als weniger erfolgreiche. Erfolgskritisch<br />
sind oft nicht formale Gestaltungsaspekte,<br />
die festlegen, welche Informationen genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn sehr oft „weiche“ Aspekte, die<br />
einen Einfluss auf die Art und Weise ausüben,<br />
wie Informationen genutzt wer<strong>de</strong>n.<br />
In diesem Artikel wer<strong>de</strong>n vier Erfolgsfaktoren<br />
<strong>de</strong>s Projektcontrollings hervorgehoben. Ihre<br />
Erfolgswirkung ist statistisch sehr signifikant.<br />
Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich im<br />
Projektcontrolling aus durch<br />
(1) einen starken Fokus auf die Qualität <strong>de</strong>r Projektplanung<br />
und messbare Projektziele,<br />
(2) eine stärkere Einbindung <strong>de</strong>s kaufmännischen<br />
Bereichs in Projektentscheidungen,<br />
(3) klare und verbindliche Regeln und Verantwortlichkeiten<br />
für das Projektcontrolling und<br />
(4) ein wirkungsvolles Risikomanagement.<br />
Erfolgsfaktor „Projektplanung“<br />
Ein gutes Projektcontrolling misst <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sphase<br />
ein sehr hohes Gewicht bei. Erfolgreiche<br />
Unternehmen haben erkannt, dass <strong>de</strong>r wichtigste<br />
Hebel <strong>de</strong>s Projektcontrollings die Unterstützung<br />
<strong>de</strong>r Entscheidung ist, ob ein Projekt<br />
überhaupt gestartet wer<strong>de</strong>n soll. Fehler, die<br />
in dieser Phase gemacht wer<strong>de</strong>n, besitzen oft<br />
signifikante finanzielle Folgen. In <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>s-<br />
IT-Großprojekte<br />
(n=33)<br />
Abb. 1: Anteil <strong>de</strong>r Projekte, die ihre Projektziele erreichen<br />
Projekte<br />
Anlagenbau<br />
(n=26)<br />
84% 98%<br />
78% 90%<br />
66% 83%<br />
66% 71%<br />
phase ist eine hohe<br />
Qualität notwendig,<br />
um zu einer rationalen<br />
Entscheidung<br />
über die Projektdurchführung<br />
zu gelangen.<br />
Hier trennt<br />
sich ein<strong>de</strong>utig die<br />
Spreu vom Weizen.<br />
Die Ergebnisse <strong>de</strong>r<br />
Studie belegen, dass<br />
erfolgreiche Unternehmen ein wesentlich größeres<br />
Gewicht auf die Qualität <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>s-<br />
und Entscheidungsdaten legen als die weniger<br />
erfolgreichen Unternehmen (vgl. Abbildung 2).<br />
Zur besseren Übersicht sind die Teilnehmer <strong>de</strong>r<br />
Studie in drei Gruppen aufgeteilt wor<strong>de</strong>n. Die<br />
Gruppe <strong>de</strong>r „Best Performer Overall“ weist die<br />
beste Projektperformance aus. Diese Gruppe<br />
setzt sich aus sechs Unternehmen mit Anlagenbau-<br />
und zwei Unternehmen mit IT-Großprojekten<br />
zusammen. Ferner wer<strong>de</strong>n die Best<br />
und Worst Performer mit IT-Großprojekten separat<br />
dargestellt.<br />
Die größten Unterschie<strong>de</strong> existieren bzgl. <strong>de</strong>r<br />
<strong>Planung</strong>squalität <strong>de</strong>r internen Projektkosten.<br />
Kostentreue setzt eine zuverlässige Kostenplanung<br />
voraus. Projektkosten wer<strong>de</strong>n oft<br />
nicht mit einer ausreichen<strong>de</strong>n Genauigkeit geplant<br />
o<strong>de</strong>r aktualisiert, so dass Vergleichswerte<br />
für eine fundierte Kostenanalyse<br />
in <strong>de</strong>r Implementierungsphase fehlen. In <strong>de</strong>r<br />
hohen <strong>Planung</strong>squalität <strong>de</strong>r internen Projekt-<br />
Abb. 2: Bewertung <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>squalität<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
kosten spiegelt sich auch eine sorgfältige Projektstrukturplanung<br />
samt Termin- und Ressourcenplanung<br />
wi<strong>de</strong>r. Das sind wichtige Voraussetzungen,<br />
um die Kosten verursachungsgerecht<br />
zu planen.<br />
Auffällig ist die hohe <strong>Planung</strong>squalität <strong>de</strong>s finanziellen<br />
Projektnutzens, insbeson<strong>de</strong>re bei IT-<br />
Großprojekten. Es ist feststellbar, dass erfolgreiche<br />
Unternehmen ein sehr starkes Gewicht<br />
auf die Messbarkeit ihrer Projektziele legen.<br />
Mit <strong>de</strong>r Quantifizierung <strong>de</strong>r Projektziele nimmt<br />
oft auch ihre Verbindlichkeit zu. Bezeichnen<strong>de</strong>rweise<br />
erzielen die Unternehmen mit<br />
schlechter Projektperformance die höchste<br />
Qualität bei <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong> <strong>de</strong>s nicht-finanziellen<br />
Nutzens. Dieser Nutzen ist oft qualitativer Natur<br />
und lässt sich in <strong>de</strong>r Praxis häufig nicht quantifizieren.<br />
Ein sehr wichtiger Schlüssel zu einer hohen<br />
<strong>Planung</strong>squalität sind erfahrene Mitarbeiter.<br />
Es ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich, dass die erfahrenen<br />
Mitarbeiter das Projekt auch durch die weiteren<br />
Projektphasen hindurch betreuen o<strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n<br />
weiteren Projekterfolg verantwortlich sind. Alleine<br />
<strong>de</strong>r Zugang zum Erfahrungsschatz dieser<br />
Mitarbeiter hilft bereits, die <strong>Planung</strong>squalität<br />
und <strong>de</strong>n Projekterfolg zu erhöhen.<br />
Die Gewichtung <strong>de</strong>r Projektziele unterschei<strong>de</strong>t<br />
sich signifikant bei erfolgreichen und weniger<br />
erfolgreichen Unternehmen (vgl. Abbildung 3).<br />
Erfolgreiche Unternehmen fokussieren verstärkt<br />
auf „harte“, messbare Ziele. Beachtlich<br />
69
70<br />
Projektcontrolling – ein Erfolgsfaktor?<br />
Abb. 3: Be<strong>de</strong>utung spezifischer Projektziele<br />
ist die große Be<strong>de</strong>utung, die erfolgreiche Unternehmen<br />
mit IT-Projekten <strong>de</strong>r Realisierung von<br />
Rentabilität beimessen. Deren Zielwert stimmt<br />
fast mit <strong>de</strong>m Wert <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r erfolgreichsten<br />
Unternehmen überein, die sich primär<br />
aus Anlagebauunternehmen zusammensetzt.<br />
Dieser hohe Wert ist insofern beachtlich, da<br />
vielfach <strong>de</strong>r Nutzen von IT-Projekten nicht<br />
quantifizierbar ist und daher in einer Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />
nicht berücksichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Die größten Unterschie<strong>de</strong> zwischen erfolgreichen<br />
und weniger erfolgreichen Unternehmen<br />
bestehen bzgl. <strong>de</strong>r Wichtigkeit <strong>de</strong>r Einhaltung<br />
<strong>de</strong>s Kostenbudgets. In weniger<br />
erfolgreichen Unternehmen fehlen oft die Voraussetzungen<br />
und Fähigkeiten, um eine aussagekräftige<br />
Kostenbudgetierung durchführen<br />
zu können.<br />
Auffällig ist zu<strong>de</strong>m, dass in weniger erfolgreichen<br />
Unternehmen wesentlich häufiger<br />
nicht-finanzielle Pluspunkte von Projekten zu<br />
ihrer Legitimation herangezogen wer<strong>de</strong>n. Strategische<br />
Aspekte dienen dort sehr oft zur<br />
Rechtfertigung von Großprojekten. Mangels<br />
quantifizierbarer finanzieller Vorteile und genügen<strong>de</strong>r<br />
Kosteninformationen wer<strong>de</strong>n in diesen<br />
Unternehmen oft qualitative Faktoren zur Projektlegitimation<br />
hinzugezogen.<br />
Es ist zweifelsohne wichtig, das Projektportfolio<br />
einer Organisation mit <strong>de</strong>r Strategie abzustimmen,<br />
jedoch darf eine hohe strategische Be<strong>de</strong>utung<br />
nicht als ein „Blankoscheck“ dafür<br />
dienen, um die Qualität <strong>de</strong>r Kostenplanung von<br />
bewilligten Einzelprojekten zu vernachlässigen.<br />
Es kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass eine hohe<br />
Relevanz wirtschaftlicher Zielsetzungen in einer<br />
positiven Beziehung zum Projekterfolg steht.<br />
Die frühzeitige Beachtung ökonomischer Effizienz-<br />
und Effektivitätsziele zieht sehr oft eine<br />
positive Projektperformance nach sich.<br />
Erfolgsfaktor „Einbindung <strong>de</strong>s<br />
kaufmännischen Bereichs“<br />
Die Interaktion zwischen technischen<br />
und kaufmännischen<br />
Mitarbeitern ist ein weiterer Erfolgsfaktor<br />
<strong>de</strong>r Projektsteuerung. In<br />
erfolgreichen Unternehmen macht<br />
die kaufmännische Funktion – unabhängig<br />
von <strong>de</strong>r Projektart – wesentlich<br />
öfter von ihren Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
in Projekten<br />
(wie z. B. <strong>de</strong>r Teilnahme an Sitzungen<br />
von Lenkungsausschüssen)<br />
Gebrauch. In Anlagenbauunternehmen<br />
wird die kaufmännische Funktion<br />
in erfolgreichen Unternehmen<br />
wesentlich intensiver eingebun<strong>de</strong>n<br />
als in weniger erfolgreichen Unternehmen.<br />
Die Einbindung betrifft<br />
primär die <strong>Planung</strong>sphase. Mehr als<br />
die Hälfte <strong>de</strong>r durch Projektarbeit<br />
gebun<strong>de</strong>nen Ressourcen <strong>de</strong>s kaufmännischen<br />
Bereichs entfallen auf<br />
diese Projektphase.<br />
Die Teilnahme <strong>de</strong>r kaufmännischen Funktion an<br />
Sitzungen <strong>de</strong>r Projektsteuerungsgremien weist<br />
insbeson<strong>de</strong>re bei IT-Projekten eine sehr positive<br />
Korrelation zum Projekterfolg aus. In Anlagenbauunternehmen<br />
scheint diese Teilnahme<br />
fest etabliert zu sein und ist daher kein Unterscheidungskriterium<br />
zwischen erfolgreichen<br />
und weniger erfolgreichen Unternehmen.<br />
Durch die Interaktion zwischen technischen<br />
und kaufmännischen Mitarbeitern kann ein<br />
„aktives Konfliktmanagement“ geför<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n. 3 Die gegenseitige Bereicherung för<strong>de</strong>rt<br />
Abb. 4: Zur Mitwirkung <strong>de</strong>s kaufmännischen Bereichs
Abb. 5: Organisation <strong>de</strong>s Projektcontrolling<br />
Lösungen, die sowohl die technische als auch<br />
die kaufmännische Seite zufrie<strong>de</strong>nstellen. Es<br />
drängt sich die Vermutung auf, dass eine stärkere<br />
Einbindung <strong>de</strong>s kaufmännischen Bereichs<br />
maßgeblich zu einer stärkeren Fokussierung<br />
auf messbare Größen im Rahmen <strong>de</strong>r Projektplanung<br />
und -steuerung beiträgt. Auf diesen<br />
erfolgskritischen Aspekt ist bereits hingewiesen<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis sind die Vorbehalte gegen eine<br />
Mitsprache <strong>de</strong>r Kaufleute z. T. sehr groß,<br />
ihre Mitwirkung kann von Technikern bisweilen<br />
als Anmaßung und Machtverlust wahrgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n. Eine stärkere Einbindung<br />
<strong>de</strong>r kaufmännischen Funktion in die Projektarbeit<br />
setzt <strong>de</strong>shalb voraus, dass die Vertreter<br />
<strong>de</strong>s CFO-Bereichs sich projektspezifische<br />
Kenntnisse aneignen, um dieser anspruchsvollen<br />
Aufgabe gewachsen zu sein und eine<br />
Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu ermögli-<br />
Autor<br />
chen. Sind diese Fähigkeiten noch stark entwicklungsbedürftig,<br />
wird die Mitwirkung eher<br />
als eine zusätzliche Belastung betrachtet (vgl.<br />
Abbildung 4).<br />
Erfolgsfaktor „Regeln und Rollen<br />
im Projektcontrolling“<br />
Eine gute Zusammenarbeit zwischen technischen<br />
und kaufmännischen Funktionen wird<br />
durch ein durchdachtes Governance-Mo<strong>de</strong>ll<br />
geför<strong>de</strong>rt. In erfolgreichen Unternehmen sind<br />
die Aufgaben im Projektcontrolling oft klar geregelt<br />
(vgl. Abbildung 5). Wenn es darum geht,<br />
wer Projektcontrolling-Aufgaben wahrnimmt,<br />
besteht oft eine Aufgabenverteilung zwischen<br />
einer zentralen und einer <strong>de</strong>zentralen Projektcontrolling-Funktion.<br />
Da Projektorganisationen<br />
<strong>de</strong>finitionsgemäß nur auf Zeit angelegt sind, ist<br />
es wichtig, dass eine konstante Funktion<br />
Professor Olaf Hoffmann<br />
ist Professor für Rechnungswesen und Controlling an <strong>de</strong>r Hochschule<br />
Konstanz und Lehrbeauftragter <strong>de</strong>r Universität St. Gallen<br />
für Accounting.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
existiert, die projektübergreifend Wissen<br />
sichert.<br />
Diese Funktion, die in einigen Unternehmen als<br />
„Project Management Office“ bezeichnet wird,<br />
prüft Projekte in <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sphase nach <strong>de</strong>m<br />
Vier-Augen-Prinzip und betreut diese in betriebswirtschaftlichen<br />
Fragen, schafft Transparenz<br />
über das Projektportfolio und erlässt<br />
Richtlinien u.a. für das Projektcontrolling. In erfolgreichen<br />
Unternehmen ist diese Funktion<br />
wesentlich weiter verbreitet als in weniger erfolgreichen.<br />
Daneben existieren in erfolgreichen Unternehmen<br />
öfter auch <strong>de</strong>dizierte Personen im Projektteam,<br />
die für ein projektnahes Controlling<br />
verantwortlich sind. Diese Aufgabe wird in<br />
Großprojekten oft vom sog. „Project Office“<br />
wahrgenommen.<br />
Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich ferner<br />
durch eine größere Stabilität ihrer Prozesse<br />
im Projektcontrolling aus. Sie verfügen wesentlich<br />
öfter über formalisierte, verbindliche<br />
Regeln für das Projektcontrolling (z.B. für die<br />
Projektbewertung o<strong>de</strong>r das Risikomanagement).<br />
Zu<strong>de</strong>m „leben“ erfolgreiche Unternehmen<br />
ihre Projektstandards, sie haben diese<br />
verinnerlicht und befolgen diese wesentlich<br />
strenger als ihre weniger erfolgreichen Peers.<br />
71
72<br />
Projektcontrolling – ein Erfolgsfaktor?<br />
Abb. 6: Aussagen zum Risikocontrolling<br />
Die erfolgreichen Projektorganisationen kennen<br />
auch Ausnahmen von ihren Vorgaben. Diese<br />
sind z. T. auch notwendig, um individuelle<br />
Merkmale einzelner Projekte geson<strong>de</strong>rt zu berücksichtigen.<br />
Es zeigt sich aber, dass die Ausnahmen<br />
in erfolgreichen Unternehmen<br />
strikter gehandhabt wer<strong>de</strong>n als in weniger<br />
erfolgreichen.<br />
Die Regeln <strong>de</strong>s Projektcontrollings beruhen in<br />
erfolgreichen Unternehmen meistens auf einem<br />
Grundkonsens, <strong>de</strong>r das Fundament <strong>de</strong>s Governance-Mo<strong>de</strong>lls<br />
bil<strong>de</strong>t. Ohne einen solchen, in<br />
<strong>de</strong>r Organisation verankerten Grundkonsens<br />
sind Richtlinien und Instrumente <strong>de</strong>s Projektcontrollings<br />
nicht viel wert.<br />
Erfolgsfaktor „Risikomanagement“<br />
Alle Interviewpartner messen Techniken zur<br />
I<strong>de</strong>ntifikation und Bewertung von Risiken<br />
eine sehr große Be<strong>de</strong>utung bei. Alle Teilnehmer<br />
sind sich auch <strong>de</strong>r großen Relevanz <strong>de</strong>s Risikomanagements<br />
für <strong>de</strong>n Projekterfolg bewusst.<br />
Viele wesentliche Aspekte <strong>de</strong>s Risikomanagements<br />
spielen sich jedoch unterhalb <strong>de</strong>r sichtbaren<br />
Oberfläche im Unternehmen ab und sind<br />
schwer in Interviews zu erfassen (vgl. Abbildung<br />
6). Bei wohl keinem an<strong>de</strong>ren Element <strong>de</strong>s<br />
Projektcontrollings spielen menschliche Aspekte<br />
eine so gravieren<strong>de</strong> Rolle wie beim Risikocontrolling.<br />
Alle Interviewpartner erwähnten,<br />
dass sie in <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sphase Projektrisiken<br />
berücksichtigen, und diese im regelmäßigen<br />
Reporting thematisieren; alle Interviewpartner<br />
haben in ihren Projektreports risikospezifische<br />
Kennzahlen abgebil<strong>de</strong>t, auch wer<strong>de</strong>n bei Bedarf<br />
in <strong>de</strong>n analysierten Großprojekten Risikoassessment-Workshops<br />
durchgeführt.<br />
Erstaunlich ist, dass all diese risikobezogenen<br />
Tätigkeiten keine statistisch signifikanten Korrelationen<br />
mit <strong>de</strong>m Projekterfolg ausweisen.<br />
Trotz<strong>de</strong>m lassen sich einige wenige Merkmale<br />
eines erfolgreichen Risikocontrollings i<strong>de</strong>ntifizieren.<br />
Gravieren<strong>de</strong> Unterschie<strong>de</strong> existieren<br />
bzgl. <strong>de</strong>r Definition von Prozessen <strong>de</strong>s Risikomanagements:<br />
Erfolgreiche Unternehmen<br />
haben signifikant öfter Standards und klare<br />
Verantwortlichkeiten für das Risikomanagement<br />
implementiert. Sie haben öfter<br />
eine zentrale Risikomanagement-Stelle eingerichtet,<br />
die formale Aspekte <strong>de</strong>s Risikomanagements<br />
för<strong>de</strong>rt. Unternehmen mit zentraler Risikomanagement-Stelle<br />
attestieren sich eine höhere<br />
Wirkung <strong>de</strong>s Risikomanagements.<br />
Auffällige Unterschie<strong>de</strong> existieren auch bzgl.<br />
<strong>de</strong>r Quantifizierung von Risiken: Erfolgreiche<br />
Unternehmen neigen dazu, ihre Risiken regelmäßig<br />
zu quantifizieren. Dieser Aspekt<br />
kann ein Hinweis auf ein systematischeres Vorgehen<br />
von erfolgreichen Unternehmen im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r regelmäßigen Risikobewertung sein. In<br />
weniger erfolgreichen Unternehmen fin<strong>de</strong>t oft<br />
nur eine Risikobeschreibung in qualitativer<br />
Form statt. Unabhängig von <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Projekte<br />
reagieren erfolgreiche Unternehmen wesentlich<br />
schneller auf schwache Projektperformance<br />
als weniger erfolgreiche.<br />
Es kann ein Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>r Verbreitung<br />
von Risikostandards, <strong>de</strong>r regelmäßigen<br />
Quantifizierung von Risiken und einer<br />
kürzeren Reaktionszeit vermutet wer<strong>de</strong>n: Risi-<br />
kostandards beinhalten oft Prozesse, die<br />
bei signifikanten Abweichungen einzuhalten<br />
sind, sowie die Verantwortung für diese<br />
Prozesse. Das kann helfen, Friktionen zu reduzieren<br />
und das Vorgehen zu beschleunigen, da<br />
das Proze<strong>de</strong>re vorgegeben ist und nicht erst<br />
noch abgeleitet wer<strong>de</strong>n muss. Eine regelmäßige<br />
Quantifizierung von Risiken kann zu<strong>de</strong>m<br />
eine disziplinieren<strong>de</strong> Wirkung haben: involvierte<br />
Abteilungen wer<strong>de</strong>n dadurch regelmäßig<br />
angehalten, sich <strong>de</strong>taillierter mit <strong>de</strong>n Risiken zu<br />
beschäftigen, um die notwendige Bewertungsbasis<br />
zu erheben. Kritiker können entgegnen,<br />
dass eine regelmäßige Quantifizierung eine<br />
Scheingenauigkeit vortäuschen kann. Aufgrund<br />
<strong>de</strong>r empirischen Ergebnisse scheinen jedoch<br />
die positiven Effekte zu überwiegen.<br />
Ausblick: Handlungsbedarf im<br />
Projektcontrolling<br />
Abschließend sind die Teilnehmer gebeten wor<strong>de</strong>n,<br />
die Relevanz und heutige Wirkung neun<br />
verschie<strong>de</strong>ner Aufgabenfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Projektcontrollings<br />
zu bewerten. Die wichtigste Be<strong>de</strong>utung<br />
wird <strong>de</strong>r Projektbewertung vor Projektstart<br />
beigemessen. Fehler, die in dieser Phase gemacht<br />
wer<strong>de</strong>n, ziehen oft hohe Folgekosten<br />
nach sich und können insbeson<strong>de</strong>re im Anlagebau<br />
aufgrund vertraglicher Verpflichtungen selten<br />
kompensiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Das zweitwichtigste Aufgabenfeld ist das Projektreporting.<br />
Die regelmäßige Informationsversorgung<br />
ist und bleibt eine Domäne <strong>de</strong>s<br />
Controllings. Im Gegensatz zur Projektplanung<br />
und -bewertung konnten keine wesentlichen<br />
formalen Unterschie<strong>de</strong> im Reporting zwischen<br />
erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n. Überrascht waren<br />
wir von <strong>de</strong>r sehr hohen Be<strong>de</strong>utung, die <strong>de</strong>r Unterstützung<br />
<strong>de</strong>s Risikomanagements beigemessen<br />
wird. Diesem Aufgabenfeld wur<strong>de</strong> die<br />
dritthöchste Relevanz zugeschrieben. Es existiert<br />
jedoch eine sehr große Diskrepanz zwischen<br />
<strong>de</strong>r Relevanz und <strong>de</strong>r tatsächlichen Wirkung<br />
dieser Aufgabe in <strong>de</strong>r Praxis.<br />
Anhand <strong>de</strong>r Gegenüberstellung von Relevanz<br />
und Wirkung können Aufgabenbereiche mit<br />
einem zukünftigen Handlungsbedarf i<strong>de</strong>ntifiziert<br />
wer<strong>de</strong>n. Handlungsbedarf ist dort sehr
wahrscheinlich gegeben, wo die Diskrepanz<br />
zwischen <strong>de</strong>r Relevanz und <strong>de</strong>r Wirkung einer<br />
Aufgabe sehr groß ist.<br />
Für die Abbildung 7 ist eine Rangfolge <strong>de</strong>s<br />
Handlungsbedarfs <strong>de</strong>r neun Aufgabengebiete<br />
abgeleitet wor<strong>de</strong>n. Es besteht in allen Aufgabenfel<strong>de</strong>rn<br />
ein Verbesserungsbedarf, wenn<br />
auch die Differenzen je nach Aufgabenfeld<br />
recht unterschiedlich ausfallen. Nirgendwo<br />
konnte aber ein „Over-Engineering“ <strong>de</strong>s Projektcontrolling<br />
festgestellt wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r eine<br />
Verschlankung von Controllingaufgaben erfor<strong>de</strong>rt.<br />
Bzgl. <strong>de</strong>r Nachkontrolle existiert bei Anlagenbauern<br />
und IT-Großprojekten <strong>de</strong>r größte Handlungsbedarf.<br />
Aufgrund fehlen<strong>de</strong>r Nachkontrollen<br />
vergeben viele Unternehmen die große<br />
Chance, Verbesserungspotentiale zu i<strong>de</strong>ntifizieren<br />
und begangene Fehler zukünftig zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
Dafür müssen Barrieren gegen Nachkontrollen<br />
abgebaut wer<strong>de</strong>n. Damit die Projektwirkung<br />
im Nachhinein gemessen wer<strong>de</strong>n kann,<br />
müssen messbare und verbindliche Projektziele<br />
<strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n. Das stellt – wie bereits erwähnt<br />
– für zahlreiche Un<strong>de</strong>rperformer eine<br />
große Herausfor<strong>de</strong>rung dar. Bei Projekten, in<br />
<strong>de</strong>nen viele Fehler passiert sind, erschweren<br />
zu<strong>de</strong>m psychologische Barrieren <strong>de</strong>r Projektakteure<br />
eine Nachkontrolle.<br />
Bei <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong> <strong>de</strong>s Projektportfolios wird<br />
auch ein sehr großer Handlungsbedarf i<strong>de</strong>ntifiziert.<br />
Viele Unternehmen sind unzufrie<strong>de</strong>n mit<br />
<strong>de</strong>r Art und Weise, wie sie zu einer Priorisierung<br />
ihrer Projektbudgets gelangen. Aufgrund einer<br />
Zunahme interner Projekte ist <strong>de</strong>r Koordinationsaufwand<br />
in <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sphase signifikant<br />
gestiegen. Es han<strong>de</strong>lt sich beim Projektportfolio-Management<br />
um ein Aufgabenfeld, das IT-<br />
Projekte stärker betrifft als Anlagenbauprojekte.<br />
Im Gegenzug sehen Anlagenbauer einen<br />
größeren Handlungsbedarf im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Projektkalkulation in <strong>de</strong>r Angebotsphase sowie<br />
beim Projektabschluss. Bzgl. <strong>de</strong>r Abschlussphase<br />
haben zahlreiche Interviewpartner auf<br />
die Notwendigkeit einer Verbesserung <strong>de</strong>s<br />
Claimmanagements im Anlagenbau hingewiesen.<br />
Bei sieben von neun Aufgabenfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Controllings<br />
weist das IT-Projektcontrolling einen<br />
Abb. 7: Handlungsbedarf im Projektcontrolling<br />
größeren Handlungsbedarf aus als das Controlling<br />
von Anlagenbauprojekten. Der geringere<br />
Handlungsbedarf bei Anlagenbauprojekten<br />
kann auf einen höheren durchschnittlichen Reifegrad<br />
<strong>de</strong>r Aufgabenbereiche <strong>de</strong>s Projektcontrollings<br />
in dieser Branche hinweisen.<br />
Reifegrad und Projektperformance<br />
Sucht man nach wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n Aspekten in<br />
<strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r Erfolgsmerkmale <strong>de</strong>s<br />
Projektcontrollings, so fällt ein enger Bezug<br />
zum Reifegrad <strong>de</strong>s Projektmanagementsystems<br />
auf. Die Erfahrung und Reife von projektfokussierten<br />
Organisationen ist ein sehr wichtiger<br />
Hebel für eine verbesserte Projektperformance.<br />
Um ihren Einfluss auf <strong>de</strong>n Projekterfolg<br />
transparent zu machen, sind alle 59 Unternehmen<br />
<strong>de</strong>r Studie in drei verschie<strong>de</strong>ne Reifegradgruppen<br />
eingeteilt wor<strong>de</strong>n. Es zeigt sich sehr<br />
<strong>de</strong>utlich, dass Unternehmen mit einem hohen<br />
Reifegrad <strong>de</strong>s Projektmanagement- und -controllingsystems<br />
erfolgreicher sind als Unternehmen<br />
mit einem niedrigeren Reifegrad. Investi-<br />
tionen in das Projektmanagement und<br />
-controlling versprechen einen positiven<br />
Return zu generieren. Die schlechte Nachricht<br />
lautet, dass <strong>de</strong>r Weg zu einem höheren<br />
Reifegrad sehr aufwendig und langwierig sein<br />
kann. Aufgrund <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utung<br />
von Projektarbeit gibt es aber für viele Unternehmen<br />
kaum eine an<strong>de</strong>re Option, wenn sie<br />
ihre Projektperformance nachhaltig verbessern<br />
möchten.<br />
Fußnoten<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
1 vgl. El Emam, K., Koru, A.G.: A replicated survey<br />
of IT software project failures, in: IEEE Software,<br />
September/Oktober, S. 84ff., 2008.<br />
2 vgl. Steger, O.: Projekte – Wertgewinner o<strong>de</strong>r<br />
Wertvernichter, in: Projektmanagement aktuell,<br />
4, S. 12f., 2004<br />
3 vgl. Littkemann, J.: Projektmanagement und<br />
Projektcontrolling, in: Zeitschrift für Organisation,<br />
2, S. 77f., 1998<br />
73
74<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>: Mit Best Case und Worst Case sicher durch die Krise<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>: Mit Best Case und Worst Case<br />
sicher durch die Krise<br />
von Matthias Schmitt<br />
Der Ausbruch <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise mit <strong>de</strong>m<br />
Zusammenbruch <strong>de</strong>r US-Investmentbank Lehman<br />
Brothers im September 2008 „überraschte“<br />
viele Controller zum ungüns tigsten<br />
Zeitpunkt: Mitten während <strong>de</strong>r Budgetierung<br />
für das Jahr 2009. Aufgrund oft starrer Budgetierungsprozesse<br />
sowie großer Unsicherheit<br />
bezüglich <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Entwicklung been<strong>de</strong>ten<br />
viele Unternehmen <strong>de</strong>n Budgetierungsprozess<br />
planmäßig auf Basis <strong>de</strong>r vor Ausbruch<br />
<strong>de</strong>r Krise getroffenen Annahmen.<br />
Der weit verbreitete Kritikpunkt, dass Budgets<br />
bereits zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Verabschiedung<br />
veraltet sind, traf in diesem Fall in beson<strong>de</strong>rem<br />
Maße zu. Bereits verabschie<strong>de</strong>te Budgets<br />
muss ten im Nachhinein teilweise drastisch<br />
überarbeitet (d. h. gekürzt) wer<strong>de</strong>n. Vor <strong>de</strong>m<br />
Hintergrund immer weiterer schlechter Nachrichten<br />
ergaben sich zum Teil sogar mehrere<br />
aufeinan<strong>de</strong>rfolgen<strong>de</strong> Kürzungsrun<strong>de</strong>n.<br />
Mancher mag dies als „höhere Gewalt“ abtun,<br />
schließlich hat das eigene Unternehmen ja<br />
nicht zum Ausbruch <strong>de</strong>r Krise beigetragen.<br />
Doch mit Bezug auf die Budgetierung waren<br />
die sich rapi<strong>de</strong> verschlechtern<strong>de</strong>n Rahmenbedingungen<br />
nur ein (extern verursachter) Faktor,<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Unternehmen das Leben schwer<br />
machte: Sowohl die Starrheit <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sprozesse<br />
als auch die meist fehlen<strong>de</strong> Möglichkeit<br />
<strong>de</strong>r <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> im Sinne einer Abbildung<br />
<strong>de</strong>s Worst Case erschwerten <strong>de</strong>n planerischen<br />
Umgang mit <strong>de</strong>r Krise noch zusätzlich.<br />
Doch auch in guten Zeiten, zum Beispiel<br />
zum En<strong>de</strong> einer Krise, erweist sich die <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
als wertvolles <strong>Planung</strong>sinstrument.<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
Die <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> ist als Instrument <strong>de</strong>r<br />
strategischen Unternehmensführung etabliert 1 .<br />
In vielen Unternehmen wer<strong>de</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Strategieentwicklung unterschiedlichste<br />
Szenarien ent- und wie<strong>de</strong>r verworfen, bevor<br />
man sich auf „die Unternehmensstrategie“<br />
einigt. In <strong>de</strong>r operativen <strong>Planung</strong> war die Betrachtung<br />
von Szenarien dagegen bis vor<br />
Kurzem kaum verbreitet: „Wenn ich das, was<br />
jetzt eingetreten ist, meinem Chef vor einem<br />
halben Jahr präsentiert hätte, selbst als Worst-<br />
Case-<strong>Szenario</strong>, hätte er mich hochkant rausgeschmissen“.<br />
Dieses Zitat eines Controllers aus<br />
<strong>de</strong>m Frühjahr 2009 kann als repräsentativ für<br />
viele Unternehmen angesehen wer<strong>de</strong>n 2 : Eine<br />
seriöse operative <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> fand bisher<br />
nur in <strong>de</strong>n wenigsten Unternehmen statt.<br />
Wenn überhaupt in Szenarien geplant wur<strong>de</strong>,<br />
dann zeichnete sich <strong>de</strong>r „Worst Case“ oft durch<br />
etwas weniger Wachstum o<strong>de</strong>r gar durch stagnieren<strong>de</strong><br />
Umsätze aus. Umsatzeinbrüche, wie<br />
En<strong>de</strong> 2008 und 2009 erlebt, waren dabei nicht<br />
vorgesehen. Von <strong>de</strong>r Realität schmerzhaft eingeholt,<br />
hat sich die Einstellung vieler Manager<br />
und Controller bezüglich <strong>de</strong>r Nützlichkeit von<br />
Szenarien schlagartig gewan<strong>de</strong>lt. Denn <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
be<strong>de</strong>utet, sich aktiv mit <strong>de</strong>r Zukunft<br />
auseinan<strong>de</strong>rzusetzen. Und zwar nicht nur<br />
mit <strong>de</strong>m rosaroten Wachstumsszenario, das in<br />
<strong>de</strong>r Vergangenheit oft alleinige Basis <strong>de</strong>r Budgetierung<br />
war. Auf diese Weise setzt man sich<br />
schon im Vorfeld mit <strong>de</strong>n unterschiedlichsten<br />
Entwicklungsmöglichkeiten auseinan<strong>de</strong>r, hat im<br />
Fall <strong>de</strong>r Fälle Strategien und Maßnahmen „in<br />
<strong>de</strong>r Schubla<strong>de</strong>“. Doch das Überstehen <strong>de</strong>r<br />
Krise ist nur ein Aspekt, auch für das Wachstum<br />
„aus <strong>de</strong>r Krise heraus“ kann die <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
sich als ein wertvolles Hilfsmittel<br />
erweisen, wie ein umfassen<strong>de</strong>r Blick auf das<br />
Thema zeigt.<br />
Doch zuvor ist eine Begriffsabgrenzung hilfreich.<br />
In <strong>de</strong>r Controllerpraxis wird <strong>de</strong>r Begriff<br />
„<strong>Szenario</strong>“ oft mehr o<strong>de</strong>r weniger synonym mit<br />
<strong>de</strong>n Begriffen „<strong>Simulation</strong>“ und „Sensitivitätsanalyse“<br />
verwen<strong>de</strong>t. Doch bei genauerem Hinsehen<br />
ergeben sich gewisse Unterschie<strong>de</strong>:<br />
� Sensitivitätsanalyse: In einem in sich abgeschlossenen<br />
<strong>Planung</strong>ssystem (z. B. integrierte<br />
Finanzplanung) wird jeweils eine Einflussgröße<br />
variiert. Gemessen wer<strong>de</strong>n die<br />
Abhängigkeiten an<strong>de</strong>rer Kennzahlen von diesen<br />
Einflussgrößen. Dabei wer<strong>de</strong>n oft willkürliche<br />
Zahlen verwen<strong>de</strong>t, z.B. Schwankungen<br />
von +/- 10 %. Ziel ist nicht die Abbildung<br />
möglichst realistischer Werte für die Einflussgrößen,<br />
son<strong>de</strong>rn die I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>r Abhängigkeiten<br />
zwischen <strong>de</strong>n <strong>Planung</strong>sgrößen.<br />
� <strong>Simulation</strong>: Bei dieser stochastischen Vorgehensweise<br />
wer<strong>de</strong>n Erwartungswerte auf<br />
Basis einer sehr großen Zahl von Zufallsexperimenten<br />
ermittelt, wie z. B. bei <strong>de</strong>r Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong>.<br />
Dabei wer<strong>de</strong>n für alle<br />
Eingangsvariablen zufällige Werte innerhalb<br />
logisch möglicher Bandbreiten ausgewählt.<br />
Die Ergebnisse basieren somit auf Grundlagen<br />
<strong>de</strong>r Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung.<br />
� <strong>Szenario</strong>: Bei einem <strong>Szenario</strong> han<strong>de</strong>lt es<br />
sich um eine allgemeinverständliche, kon-
sistente Beschreibung einer möglichen Situation<br />
in <strong>de</strong>r Zukunft, die auf einem komplexen<br />
Netz von Einflussfaktoren beruht. Szenarien<br />
müssen nicht wahrscheinlich, aber zumin<strong>de</strong>st<br />
in sich schlüssig und plausibel sein.<br />
Bei dieser <strong>de</strong>terministischen Vorgehensweise<br />
wer<strong>de</strong>n in einem ersten Schritt Erwartungswerte<br />
für ausgewählte Einflussgrößen<br />
entlang <strong>de</strong>r Zeitachse festgelegt. Auf Basis<br />
dieser Werte und <strong>de</strong>r qualitativen und quantitativen<br />
Abhängigkeiten wer<strong>de</strong>n in einem<br />
nächsten Schritt die Werte <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sgrößen<br />
festgelegt, aus <strong>de</strong>nen sich dann wie<strong>de</strong>rum<br />
die Ergebnisgrößen berechnen.<br />
<strong>Planung</strong> wird im Controlling oft auf das reine<br />
Zahlenwerk (Plan-GuV, Planbilanz, operative<br />
Teilplanungen) verkürzt, da dies in <strong>de</strong>r Regel<br />
<strong>de</strong>n Hauptgegenstand <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>stätigkeit<br />
<strong>de</strong>s Controllers darstellt. Doch die Zahlenwerke<br />
sind ja nur das Ergebnis <strong>de</strong>s <strong>Planung</strong>sprozesses<br />
(siehe Abbildung 1). Dieser<br />
beginnt mit einer Reihe von Annahmen bezüglich<br />
relevanter Entwicklungen im <strong>Planung</strong>szeitraum.<br />
Aus <strong>de</strong>n Annahmen leiten sich dann<br />
Maßnahmen ab, <strong>de</strong>ren Ergebnis die Zahlenwerke<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensplanung darstellen.<br />
Diesen Maßnahmen gilt meist das Hauptaugenmerk<br />
<strong>de</strong>r <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>: Alleine das Wissen<br />
über zukünftige Finanzkennzahlen ist wenig ergiebig,<br />
viel interessanter ist es zu wissen,<br />
auf Basis welcher Maßnahmen man diese<br />
Ergebnisse erzielt und welche Maßnahmen<br />
ergriffen wer<strong>de</strong>n müssen, um negative Aspekte<br />
gewisser Szenarien abzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Analog zur Darstellung in Abbildung 1 kann im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> zwischen drei<br />
Arten von Parametern unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />
(siehe Abbildung 2):<br />
� Einflussgrößen: Bei <strong>de</strong>n Einflussgrößen<br />
han<strong>de</strong>lt es sich hauptsächlich um externe<br />
Größen. Diese sind nicht direkt Gegenstand<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensplanung, da sie nicht o<strong>de</strong>r<br />
kaum durch das Unternehmen beeinflusst<br />
wer<strong>de</strong>n können. Vielmehr beeinflussen diese<br />
Größen direkt o<strong>de</strong>r indirekt das Unternehmen<br />
und damit die im Mittelpunkt <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong><br />
stehen<strong>de</strong>n <strong>Planung</strong>sgrößen. Typische<br />
Einflussgrößen sind zum Beispiel Marktwachstum,<br />
Inflationsrate, Rohstoffpreise<br />
Abb. 1: Aufbau <strong>de</strong>r Unternehmensplanung<br />
o<strong>de</strong>r Wechselkurse. Annahmen bezüglich<br />
dieser Größen bil<strong>de</strong>n die Basis je<strong>de</strong>r Unternehmensplanung.<br />
� <strong>Planung</strong>sgrößen: Die <strong>Planung</strong>sgrößen sind<br />
<strong>de</strong>r eigentliche Gegenstand <strong>de</strong>r Unternehmens-<br />
und damit auch <strong>de</strong>r <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>.<br />
Es han<strong>de</strong>lt sich dabei um die typischen<br />
Inputgrößen <strong>de</strong>r Unternehmensplanung, wie<br />
zum Beispiel Absatz, Preise o<strong>de</strong>r Kostenpositionen.<br />
Diese wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Einflussgrößen<br />
beeinflusst, wobei es qualitative (z. B.<br />
Marktwachstum) und quantitative Abhängigkeiten<br />
(z. B. Wechselkurse) gibt. Die <strong>Planung</strong>sgrößen<br />
sind wie<strong>de</strong>rum die Basis für die<br />
Ergebnisgrößen, die sich rechnerisch aus<br />
<strong>de</strong>n <strong>Planung</strong>sgrößen ableiten.<br />
� Ergebnisgrößen: Die Ergebnisgrößen sind<br />
das „Gesicht“ je<strong>de</strong>r Unternehmensplanung<br />
o<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>s <strong>Szenario</strong>s. Mit ihrer Hilfe lassen<br />
sich Szenarien untereinan<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m<br />
Vorjahr vergleichen. In <strong>de</strong>r Regel leiten sich<br />
die Ergebnisgrößen im Rahmen einer Bottom-<br />
Abb. 2: Einfluss-, <strong>Planung</strong>s- und Ergebnisgrößen<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Up-<strong>Planung</strong> aus <strong>de</strong>n <strong>Planung</strong>sgrößen ab.<br />
Alternativ ist es auch <strong>de</strong>nkbar, im Rahmen<br />
einer Top-Down-<strong>Planung</strong>, entgegen <strong>de</strong>r in<br />
Abbildung 1 aufgezeigten „<strong>Planung</strong>srichtung“,<br />
durch Vorgabe von Ergebnisgrößen zu<br />
planen. Dies ist vor allem im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Strategischen <strong>Planung</strong> verbreitet. Die Annahmen<br />
bezüglich <strong>de</strong>r Einflussgrößen wer<strong>de</strong>n<br />
hier jedoch ebenfalls berücksichtigt.<br />
Doch wie erfolgt die Unternehmensplanung mit<br />
Hilfe dieser Größen? Und wie genau wird hier<br />
mit <strong>de</strong>n Szenarien umgegangen? Die grafische<br />
Darstellung <strong>de</strong>r Entwicklung von Einfluss-,<br />
<strong>Planung</strong>s- o<strong>de</strong>r Ergebnisgrößen entlang<br />
<strong>de</strong>r Zeitachse ergibt <strong>de</strong>n berühmten <strong>Szenario</strong>-<br />
Trichter (siehe Abbildung 3).<br />
Der <strong>Szenario</strong>-Trichter veranschaulicht die<br />
wachsen<strong>de</strong> Unsicherheit bezüglich <strong>de</strong>r zukünftigen<br />
Entwicklung von Einfluss-, <strong>Planung</strong>s-<br />
und Ergebnisgrößen. Die „Wand“ <strong>de</strong>s<br />
Trichters wird von <strong>de</strong>n Extremszenarien, also<br />
<strong>de</strong>m Best Case und <strong>de</strong>m Worst Case, gebil<strong>de</strong>t,<br />
75
76<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>: Mit Best Case und Worst Case sicher durch die Krise<br />
Abb. 3: <strong>Szenario</strong>-Trichter<br />
Einfluss/-<strong>Planung</strong>s-/Ergebnisgröße<br />
Abb. 4: <strong>Szenario</strong>-Trichter unter großer Unsicherheit<br />
in <strong>de</strong>r Mitte fin<strong>de</strong>t sich das Trendszenario. In<br />
Zeiten großer Unsicherheit weitet sich <strong>de</strong>r<br />
Trichter schon sehr früh (siehe Abbildung 4).<br />
Das heißt, dass die Unsicherheit schon in naher<br />
Zukunft sehr groß ist – „Fahren auf Sicht“ wur<strong>de</strong><br />
dieses Phänomen während <strong>de</strong>r Krise oft genannt.<br />
Aber wie können Szenarien in die Budgetierung<br />
integriert wer<strong>de</strong>n? Und welchen Nutzen erzeugt<br />
dieser Mehraufwand in welcher Situation?<br />
Zunächst einmal lässt sich feststellen, dass es<br />
sich bei <strong>de</strong>n gängigen Budgets ja bereits<br />
um Szenarien han<strong>de</strong>lt: Sie beruhen (hoffentlich)<br />
auf einem logisch konsistenten Set von<br />
Annahmen bezüglich Wirtschaftswachstum,<br />
Marktentwicklung, usw. Basierend auf diesen<br />
Annahmen wird in <strong>de</strong>r Regel ein mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
realistisches Trendszenario beschrieben.<br />
Je nach Firmenkultur erfolgt die Budgetierung<br />
dabei eher konservativ o<strong>de</strong>r aber eher aggressiv<br />
(„Stretch Goals“), da Budgets aufgrund<br />
ihres Zielcharakters ja nicht notwendigerweise<br />
Best Case<br />
Trendszenario<br />
Worst Case<br />
Zeit<br />
<strong>de</strong>n Anspruch erheben, realistische Prognosen<br />
abzubil<strong>de</strong>n.<br />
Was in <strong>de</strong>r Praxis aber meist fehlt, sind alternative<br />
Szenarien: Dies können zum Beispiel<br />
unternehmensspezifische Szenarien zu<br />
bestimmten Ereignissen (z. B. Großinvestitionen,<br />
Übernahmen,…) o<strong>de</strong>r Entwicklungen<br />
(z. B. Technologiewan<strong>de</strong>l) sein. Unabhängig<br />
Abb. 5: Integrierte Finanzplanung als Basis für die <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
von solchen Son<strong>de</strong>rsituationen lassen sich aber<br />
in je<strong>de</strong>m Fall zwei Szenarien planen: Das Best-<br />
Case- und das Worst-Case-<strong>Szenario</strong>.<br />
In <strong>de</strong>r Krise nachgefragt:<br />
Das Worst-Case-<strong>Szenario</strong><br />
Die im Herbst 2008 mit voller Wucht ausgebrochene<br />
Wirtschaftskrise brachte <strong>de</strong>n Bedarf für<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>en auf Seiten <strong>de</strong>s Managements<br />
offen zu Tage, wie zum Beispiel <strong>de</strong>r<br />
„12th Annual Global CEO Survey 2009“ <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers<br />
3 ergab. Dies ist durchaus eine<br />
neue Entwicklung, die sich so erst im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Krise ergab. Doch wie kann die <strong>Planung</strong><br />
eines Worst-Case-<strong>Szenario</strong>s in die Budgetierung<br />
integriert wer<strong>de</strong>n? Und welchen konkreten<br />
Nutzen bringt ein Worst-Case-<strong>Szenario</strong>,<br />
<strong>de</strong>ssen Erstellung ja erst einmal mit zusätzlichem<br />
<strong>Planung</strong>saufwand verbun<strong>de</strong>n ist?<br />
Eine komplette Ausgestaltung aller <strong>de</strong>taillierten<br />
Teilplanungen <strong>de</strong>r Budgetierung in<br />
Form von Szenarien empfiehlt sich nur in Ausnahmefällen.<br />
Der zusätzliche Arbeitsaufwand<br />
sowie <strong>de</strong>r notwendige Kommunikationsbedarf,<br />
<strong>de</strong>n eine Ausweitung <strong>de</strong>r sowieso oft unpopulären<br />
Budgetierung mit sich bringen wür<strong>de</strong>,<br />
sind nicht zu rechtfertigen. Vielmehr empfiehlt<br />
es sich, eine <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> auf Ebene einer<br />
integrierten Finanzplanung durchzuführen<br />
(siehe Abbildung 5).<br />
Im Rahmen dieser Vorgehensweise wird die<br />
Budgetierung zunächst einmal gemäß <strong>de</strong>n im<br />
Unternehmen etablierten Prozessen durchge-
Abb. 6: Zahlenbeispiel Worst-Case-<strong>Szenario</strong> (Plan-GuV)<br />
führt. Diese erste <strong>Planung</strong>srun<strong>de</strong> basiert auf<br />
<strong>de</strong>n Annahmen für ein Basis-<strong>Szenario</strong>. Als Ergebnis<br />
dieser Teilplanungen ergeben sich dann<br />
Plan-GuV, Planbilanz und Plankapitalflussrechnung.<br />
Nachgelagert können diese Rechenwerke<br />
dann als Basis für die Berechnung von<br />
Kennzahlen, für die Unternehmensbewertung<br />
sowie für Szenarien und <strong>Simulation</strong>en verwen<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Letztere müssen nicht auf Detailebene durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn lassen sich auf Ebene<br />
<strong>de</strong>r integrierten Finanzplanung realisieren,<br />
in<strong>de</strong>m nur aggregierte <strong>Planung</strong>s- und Ergebnisgrößen,<br />
wie zum Beispiel <strong>de</strong>r Umsatz<br />
o<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ne Kostenpositionen, verän<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n (siehe Beispiel in Abbildung 6 und Abbildung<br />
7). Das Beispiel zeigt anschaulich, wie<br />
auf Basis weniger Annahmen (Umsatzentwicklung,<br />
konstante Kostenentwicklung) aussagekräftige<br />
Szenarien durchgespielt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Schon auf Basis dieser einfachen Betrachtung,<br />
ohne einen Blick in die Planbilanz, lässt<br />
sich eine erste Maßnahme beschreiben: Im<br />
Rahmen <strong>de</strong>s Worst-Case-<strong>Szenario</strong>s sollten die<br />
Fixkosten massiv reduziert wer<strong>de</strong>n, um die Verluste<br />
zu begrenzen.<br />
Doch ab wann müssen diese Kostensenkungen<br />
greifen? Und warum sind diese eigentlich notwendig?<br />
Ein Blick in die Planbilanz (Abbildung 7)<br />
zeigt, warum die Senkung <strong>de</strong>r Fixkosten drin-<br />
gend erfor<strong>de</strong>rlich ist. Wie bei massiven Verlusten<br />
über mehrere Jahre zu erwarten war,<br />
reicht das eigentlich recht komfortable Eigen-<br />
Abb. 7: Zahlenbeispiel Worst-Case-<strong>Szenario</strong> (Planbilanz)<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
kapitalpolster (Eigenkapitalquote 30%) <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
nur bis in‘s dritte Planjahr (2012).<br />
Die drohen<strong>de</strong> Überschuldung ist nur mit<br />
rechtzeitigen Gegenmaßnahmen abzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Doch das heißt nicht, dass sich das Unternehmen<br />
im Worst Case viel Zeit lassen kann: Die<br />
Liquidität geht nämlich schon viel früher zur<br />
Neige, nämlich bereits im ersten Planjahr<br />
2010. Dies liegt im vereinfachten Beispiel nicht<br />
nur an <strong>de</strong>n hohen Verlusten, son<strong>de</strong>rn auch an<br />
<strong>de</strong>r in Krisenzeiten typischen Steigerung <strong>de</strong>s<br />
Umlaufvermögens (Vorräte wegen Absatzeinbruch,<br />
For<strong>de</strong>rungen wegen sinken<strong>de</strong>r Zahlungsmoral)<br />
im Verhältnis zum Umsatz, so dass<br />
zusätzliche negative Liquiditätseffekte eintreten.<br />
Neben <strong>de</strong>n bestenfalls mittelfristig wirken<strong>de</strong>n<br />
Maßnahmen zur Senkung <strong>de</strong>r Fixkosten<br />
sollten <strong>de</strong>shalb auch bereits kurzfristig<br />
wirksame Maßnahmen zur Optimierung <strong>de</strong>s<br />
Net Working Capitals, z. B. Maßnahmen <strong>de</strong>s<br />
For<strong>de</strong>rungsmanagements o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Bestandsabbaus,<br />
getroffen wer<strong>de</strong>n 4 .<br />
77
78<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong>: Mit Best Case und Worst Case sicher durch die Krise<br />
Abb. 8: <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> als iterativer Prozess<br />
Abb. 9: Zahlenbeispiel <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> (Plan-GuV)<br />
Anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass die<br />
<strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> auf sehr aggregierter Ebene<br />
anhand weniger Kennzahlen durchgeführt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Es manifestiert sich zu<strong>de</strong>m, dass<br />
die <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> einen iterativen Prozess<br />
darstellt: Zwischenergebnisse auf Basis<br />
<strong>de</strong>r <strong>Planung</strong> einiger führen<strong>de</strong>r <strong>Planung</strong>sgrößen<br />
ver<strong>de</strong>utlichen notwendige Maßnahmen, die<br />
weitere <strong>Planung</strong>sgrößen beeinflussen. Nach<br />
mehreren Iterationsschritten ergibt sich dann<br />
ein komplettes Bild (siehe Abbildung 8). Nach<br />
Abschluss dieser aggregierten <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
kann dann entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, ob das<br />
<strong>Szenario</strong> Top-Down auf ausgewählte Teilplanungen<br />
heruntergebrochen wird, um zum Beispiel<br />
Kos tensenkungsmaßnahmen im Detail<br />
durchzurechnen.<br />
Das bereits beschriebene Worst-Case-<strong>Szenario</strong><br />
ist insofern unrealistisch, als es keine ge-<br />
gensteuern<strong>de</strong>n Maßnahmen vorsieht. Die Abbildungen<br />
9 und 10 zeigen eine Darstellung, in<br />
<strong>de</strong>r kurzfristig wirksame Maßnahmen zur<br />
Senkung von Fixkosten und Working Capital im<br />
ersten Planjahr 2010 abgebil<strong>de</strong>t sind. So kann<br />
die Liquidität mit relativ mo<strong>de</strong>raten Maßnahmen<br />
(Senkung <strong>de</strong>r Fixkosten um 3,3 %, Steigerung<br />
von For<strong>de</strong>rungs- und Lagerbestandsumschlag<br />
von 4,5 auf 5) <strong>de</strong>utlich positiv gehalten<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Autor<br />
Es zeigt sich somit, dass schon aus einfachen<br />
<strong>Szenario</strong>-Rechnungen rechtzeitig vor <strong>de</strong>r Krise<br />
eventuelle Maßnahmen abgeleitet wer<strong>de</strong>n können,<br />
die im Fall <strong>de</strong>r Fälle helfen, besser durch<br />
die Krise zu kommen. Dabei kann zwischen<br />
zwei Arten von Maßnahmen unterschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n:<br />
� Vorbeugen<strong>de</strong> Maßnahmen, die auch in guten<br />
Zeiten sinnvoll sind und in je<strong>de</strong>m Fall<br />
adressiert wer<strong>de</strong>n sollten, wie z.B. Senkung<br />
<strong>de</strong>s Working Capitals. Diese dienen dazu, in<br />
einer möglichen Krisensituation von Anfang<br />
an besser aufgestellt zu sein.<br />
� Maßnahmen <strong>de</strong>s Krisenmanagements,<br />
die nur bei Eintritt <strong>de</strong>s Worst Case ergriffen<br />
wer<strong>de</strong>n, wie z. B. Personalabbau o<strong>de</strong>r das<br />
Aufschieben von Investitionen. Diese dienen<br />
<strong>de</strong>r Liquiditätssicherung in Krisenzeiten.<br />
Auf diese Weise wird <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs zu Krisenbeginn<br />
im Herbst 2008 häufig zu beobachten<strong>de</strong><br />
„Panik-Modus“ weitestgehend vermie<strong>de</strong>n.<br />
Beschreibt <strong>de</strong>n Weg aus <strong>de</strong>r Krise:<br />
Das Best-Case-<strong>Szenario</strong><br />
Doch Szenarien haben nicht nur in schlechten<br />
Zeiten ihre Berechtigung. Statistiken zur Zahl<br />
<strong>de</strong>r Insolvenzen in Deutschland zeigen, dass die<br />
Zeit kurz nach einer Rezession mit <strong>de</strong>n meisten<br />
Insolvenzen verbun<strong>de</strong>n ist 5 . Dies hängt<br />
oft mit <strong>de</strong>r Notwendigkeit <strong>de</strong>r Vorfinanzierung<br />
starken Wachstums zusammen, die krisengebeutelte<br />
Unternehmen am En<strong>de</strong> einer schweren<br />
Krise oft überfor<strong>de</strong>rt. So paradox es klingen<br />
mag: Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Krise droht große Gefahr aus<br />
einem plötzlich steigen<strong>de</strong>n Auftragseingang.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>s Beispiels in <strong>de</strong>n Abbildungen 9<br />
und 10 wird diese Situation dargestellt: Es wird<br />
Dr. Matthias Schmitt<br />
beschäftigt sich als freiberuflicher Unternehmensberater mit<br />
Controlling-Themen aller Art. Er ist Mitglied <strong>de</strong>s Arbeitskreises<br />
Mo<strong>de</strong>rne Budgetierung <strong>de</strong>s ICV.<br />
E-Mail: MxSchmitt@aol.com
von einem Turnaround ausgegangen; nach <strong>de</strong>m<br />
Tiefpunkt im Jahr 2010 wird ein sehr starkes<br />
Wachstum für die Folgejahre vorhergesagt. Es<br />
zeigt sich, dass trotz <strong>de</strong>r satten Gewinne und<br />
<strong>de</strong>s steigen<strong>de</strong>n Eigenkapitals im zweiten Planjahr<br />
2011 (<strong>de</strong>m ersten <strong>de</strong>s Aufschwungs) die<br />
vorher knapp positive Liquidität wie<strong>de</strong>rum negativ<br />
wird. Dies liegt fast ausschließlich an <strong>de</strong>r<br />
liquiditätswirksamen Zunahme von For<strong>de</strong>rungen<br />
und Vorräten, die bei einem Umsatzwachstum<br />
von 50 % logischerweise zu beobachten<br />
sind.<br />
Wie kann nun auf diese, zunächst wie ein Luxusproblem<br />
erscheinen<strong>de</strong>, Thematik reagiert<br />
wer<strong>de</strong>n? Am En<strong>de</strong> einer Krise sind Kostensenkungspotenziale<br />
sowie Potenziale zur Senkung<br />
<strong>de</strong>s Working Capitals in <strong>de</strong>r Regel ausgeschöpft.<br />
Doch im Gegensatz zur Krisensituation<br />
kann es in einer Wachstumssituation wie<strong>de</strong>r<br />
möglich wer<strong>de</strong>n, externes Kapital aufzunehmen.<br />
Die konkrete Aussicht auf profitable<br />
Aufträge überzeugt in <strong>de</strong>r Regel sowohl<br />
Banken als auch Investoren, so dass je nach Bilanzsituation<br />
wahlweise Fremd- o<strong>de</strong>r Eigenkapital<br />
aufgenommen wer<strong>de</strong>n kann. Aufgrund <strong>de</strong>r<br />
oft noch zögerlichen Kreditvergabe <strong>de</strong>r Banken<br />
sowie einer meist ausbaufähigen Eigenkapitalquote<br />
empfiehlt es sich, wenn möglich, frisches<br />
Eigenkapital aufzunehmen.<br />
Es zeigt sich also, dass Szenarien nicht nur für<br />
<strong>de</strong>n Worst Case Hilfestellung geben, son<strong>de</strong>rn<br />
auch helfen, die Anfor<strong>de</strong>rungen an das Unternehmen<br />
im Best Case zu formulieren: Kann ein<br />
starkes Wachstum finanziert wer<strong>de</strong>n? Sind<br />
die Produktionskapazitäten vorhan<strong>de</strong>n und bei<br />
Bedarf sofort verfügbar? Sind nach <strong>de</strong>r Krise<br />
noch genug Mitarbeiter an Bord? Wer diese<br />
Fragen nicht im Vorfeld klärt, wird sich nicht<br />
sehr lange daran freuen können, die Krise erfolgreich<br />
gemeistert zu haben.<br />
Zusammenfassung & Ausblick<br />
Szenarien sind schon seit geraumer Zeit in vielen<br />
Unternehmen ein fester Bestandteil <strong>de</strong>r<br />
strategischen <strong>Planung</strong>. Doch die Krise <strong>de</strong>r letzten<br />
Jahre zeigt, dass auch in <strong>de</strong>r operativen<br />
<strong>Planung</strong> Bedarf für die Abbildung von Szenarien<br />
besteht. Der Wunsch nach <strong>de</strong>r <strong>Planung</strong> von<br />
Szenarien und daraus abgeleiteten Maßnah-<br />
Abb. 10: Zahlenbeispiel <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong> (Planbilanz)<br />
men zieht sich wie ein roter Fa<strong>de</strong>n durch aktuelle<br />
empirische Untersuchungen. Bei entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Gestaltung lässt sich eine <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
auf schlanke Weise in bestehen<strong>de</strong><br />
<strong>Planung</strong>sprozesse integrieren. Durch<br />
die Abbildung von Szenarien lässt sich so auch<br />
<strong>de</strong>r weit verbreiteten Kritik begegnen, Budgets<br />
seien zu unflexibel und schon bei Verabschiedung<br />
veraltet.<br />
Wichtig ist zu<strong>de</strong>m, dass Szenarien nicht nur in<br />
<strong>de</strong>r Krise (in Form <strong>de</strong>s Worst-Case-<strong>Szenario</strong>s)<br />
son<strong>de</strong>rn auch in guten Zeiten (in Form <strong>de</strong>s<br />
Best-Case-<strong>Szenario</strong>s) einen wertvollen Bestandteil<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensplanung darstellen.<br />
Es ist somit zu hoffen, dass die <strong>Szenario</strong>-<strong>Planung</strong><br />
auch nach ausgestan<strong>de</strong>ner Krise ein<br />
fester Bestandteil <strong>de</strong>r strategischen und operativen<br />
Unternehmensplanung bleibt.<br />
Literatur<br />
Hill, C.W.L. & Jones, G.R.: Strategic Management<br />
Theory. Houghton Mifflin Company, 2001.<br />
ICV White Paper „Mo<strong>de</strong>rne Budgetierung”:<br />
http://www.controllerverein.com/Fachthemen.183.html?,<br />
2009<br />
Krystek, U., Mol<strong>de</strong>nhauer, R. & Evertz, E.:<br />
Controlling in aktuellen Krisenerscheinungen:<br />
Lösung o<strong>de</strong>r Problem? Controlling & Management<br />
3/2009, S. 164 – 168<br />
Ralston, B. & Wilson, I.: The Scenario Planning<br />
Handbook. Thomson Higher Education,<br />
2006.<br />
Rieg, Robert: <strong>Planung</strong> & Budgetierung. Gabler<br />
Verlag, 2007<br />
Schmitt, Matthias: Der Cash Conversion Cycle<br />
(CCC): Ganzheitliche Liquiditätssteuerung in<br />
Krisenzeiten. Controller Magazin 1/2010.<br />
Fußnoten<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
1 Siehe z.B. Hill & Jones, S. 25<br />
2 Krystek et al. (2009)<br />
3 Krystek et al. (2009)<br />
4 Schmitt (2009)<br />
5 Statisches Bun<strong>de</strong>samt<br />
79
80<br />
Projektcontrolling in Innovationsprojekten<br />
Projektcontrolling in Innovationsprojekten<br />
von Michael Dembowski<br />
Sobald die vorhan<strong>de</strong>nen Produkte und Serviceleistungen<br />
die Kun<strong>de</strong>nbedürfnisse nur<br />
noch teilweise befriedigen, wird es Zeit, die<br />
Themen Strategie und Innovation im eigenen<br />
Unternehmen strukturiert anzugehen.<br />
Den Ausgangspunkt bil<strong>de</strong>n hierbei die aktuellen<br />
und die erwarteten zukünftigen Bedürfnisse <strong>de</strong>r<br />
Konsumenten. Ein mögliches Instrument <strong>de</strong>r<br />
Strategiefindung sind Workshops, in <strong>de</strong>nen neben<br />
<strong>de</strong>n heutigen auch <strong>de</strong>nkbare zukünftige<br />
Potenziale <strong>de</strong>s eigenen Unternehmens ermittelt<br />
wer<strong>de</strong>n. So lassen sich ausgehend von einem<br />
Leitbild für das Unternehmen generelle Unternehmensziele<br />
<strong>de</strong>finieren, die etwa die zukünftige<br />
Rolle im Markt, Umsatz- und Rentabilitätsziele<br />
sowie das angestrebte Erscheinungsbild<br />
<strong>de</strong>r Marke festlegen.<br />
Diese Ziele wer<strong>de</strong>n dann in konkrete Maßnahmen<br />
überführt, die sich im Sinne ihres strategischen<br />
Anspruchs mit <strong>de</strong>r Entwicklung neuer<br />
Potentiale 1 am Markt beschäftigen. Diese<br />
Maßnahmen ermöglichen es, die Potentiale zu<br />
entwickeln und die Ziele innerhalb eines <strong>de</strong>finierten<br />
Zeitraums zu erreichen. Umsetzbar sind<br />
die Maßnahmen in Form einzelner strategischer<br />
Projekte. Diese sollten mit <strong>de</strong>r Etablierung <strong>de</strong>s<br />
strategischen Führens als festem Bestandteil<br />
<strong>de</strong>r Führungskultur einhergehen.<br />
Die Mittel <strong>de</strong>s Unternehmens für die Durchführung<br />
dieser Projekte sind grundsätzlich limitiert.<br />
Es gilt daher die Nebenbedingung, die geplanten<br />
Maßnahmen, die bereitstehen<strong>de</strong>n Mittel<br />
und die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Marktes sowie<br />
<strong>de</strong>s Wettbewerbs im Sinne eines „strategic fit” 2<br />
in Einklang zu bringen und so Wettbewerbsvorteile<br />
zu erlangen.<br />
Dieser Strategieprozess mit einer Vielzahl parallel<br />
laufen<strong>de</strong>r strategischer Projekte führt in<br />
<strong>de</strong>r Praxis dazu, dass die Entscheidungsgremien<br />
<strong>de</strong>n Überblick über die Gesamtheit <strong>de</strong>r<br />
laufen<strong>de</strong>n Projekte verlieren könnten. Ent-<br />
scheidungen aus <strong>de</strong>r Vergangenheit, die – beispielsweise<br />
über das Bin<strong>de</strong>n von Mitarbeiterkapazitäten<br />
– die Möglichkeiten beeinflussen,<br />
weitere Projekte durchzuführen, können dabei<br />
aus <strong>de</strong>m Blickfeld geraten.<br />
Umfang <strong>de</strong>r Controllingarbeiten<br />
Die hier beschriebenen Maßnahmen stellen<br />
Management und Controlling vor neue Herausfor<strong>de</strong>rungen:<br />
Die vorrangige Aufgabe <strong>de</strong>s Managements<br />
besteht darin, aussichtsreiche<br />
Geschäftsi<strong>de</strong>en zu erkennen, zu entschei<strong>de</strong>n,<br />
welche Mittel für eine Realisierung dieser<br />
Geschäftsi<strong>de</strong>en bereitgestellt wer<strong>de</strong>n und festzulegen,<br />
in welcher Reihenfolge die Umsetzung<br />
erfolgt. So steht das Management innerhalb<br />
kurzer Zeit vor <strong>de</strong>r Aufgabe, eine sprunghaft<br />
gestiegene Anzahl Projekte zu steuern und<br />
über die Umsetzung weiterer Projekte zu entschei<strong>de</strong>n.
Grundvoraussetzung für die Steuerung <strong>de</strong>r<br />
Projekte ist es, einen Überblick über die laufen<strong>de</strong>n<br />
und die in Anbahnung befindlichen<br />
Projekte zu haben. Auswirkungen eines neuen<br />
Projekts auf weitere, bereits laufen<strong>de</strong> Projekte<br />
und auf das Tagesgeschäft müssen<br />
transparent wer<strong>de</strong>n, auch, um (Engpass-)<br />
Ressourcen auf die einzelnen Projekte sinnvoll<br />
aufzuteilen.<br />
Die Aufgaben <strong>de</strong>s Controllings bestehen in<br />
<strong>de</strong>r Bereitstellung von Entscheidungsunterlagen<br />
und eines laufen<strong>de</strong>n Reportings über eine<br />
größere Anzahl Projektkostenstellen, ferner in<br />
mehr Projekterfolgskontrollen. Darüber hinaus<br />
stellen breit angelegte Strategieprozesse das<br />
Controlling vor neue Aufgaben. Die hierzu entwickelten<br />
Lösungsansätze wer<strong>de</strong>n nachfolgend<br />
aufgezeigt. Das Controlling kann das Management<br />
mit seinen Mitteln unterstützen, die Gesamtheit<br />
<strong>de</strong>r Projekte steuerbar zu halten.<br />
Diese Aufgabe lässt sich glie<strong>de</strong>rn in die<br />
� Bereitstellung von Entscheidungsunterlagen.<br />
� Empfehlung zur Priorisierung <strong>de</strong>r Projekte.<br />
� Ressourcenallokation auf Innovationsprojekte<br />
und sonstige Projekte.<br />
� Darstellung <strong>de</strong>r Abhängigkeiten zwischen<br />
<strong>de</strong>n Projekten.<br />
� Statusverfolgung <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Projekte.<br />
� Etablierung einer Lernkultur im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Projektabschlussberichte.<br />
Der Begriff Innovationsprozess umfasst<br />
zwei Dimensionen: Zum einen geht es um<br />
neue Aufgaben, die im Sinne strategischer<br />
Projekte neue Marktpotentiale für das Unternehmen<br />
sichern sollen, zum an<strong>de</strong>ren wer<strong>de</strong>n<br />
Verbesserungen an bestehen<strong>de</strong>n Abläufen und<br />
Systemen zu <strong>de</strong>n Innovationsprozessen gezählt.<br />
Geeignet sind die beschriebenen Lösungen für<br />
mittelständische Unternehmen, die erstmals<br />
Projektcontrollingstrukturen etablieren möchten.<br />
Der Begriff <strong>de</strong>s Mittelstan<strong>de</strong>s kann dabei<br />
weit gefasst wer<strong>de</strong>n. Ausgangssituation ist ein<br />
Unternehmen mit zentralisierten Entscheidungsstrukturen,<br />
bei <strong>de</strong>nen die Entscheidungen<br />
auf wenige Personen im Top-Management<br />
konzentriert sind.<br />
Rahmenbedingungen im<br />
Unternehmen<br />
Im konkreten Beispiel wur<strong>de</strong>n in Strategie-<br />
Workshops europaweit etwa 700 Projekti<strong>de</strong>en<br />
entwickelt, die <strong>de</strong>m Unternehmen zukünftige<br />
Potentiale erschließen können. Aus<br />
diesen Projekti<strong>de</strong>en wur<strong>de</strong>n zunächst zwei<br />
Dutzend ausgewählt, die in Form strategischer<br />
Projekte umgesetzt wer<strong>de</strong>n. Die Umsetzung<br />
dieser Projekte erfolgt parallel zu <strong>de</strong>n<br />
bereits laufen<strong>de</strong>n Projekten in gleicher Zahl.<br />
Das Ergebnis sind gut fünfzig laufen<strong>de</strong> Projekte,<br />
über <strong>de</strong>ren Verlauf das Management einen<br />
Überblick behalten muss.<br />
Als Projekte <strong>de</strong>finiert sind im Unternehmen einmalige,<br />
neuartige Aufgaben mit einem nennenswerten<br />
Budget, die zwingend einen Start-<br />
und Endzeitpunkt haben. Sie können aus wirtschaftlichen<br />
und/o<strong>de</strong>r strategischen Grün<strong>de</strong>n<br />
umgesetzt wer<strong>de</strong>n. Projektcontrollingstrukturen<br />
sind im Unternehmen zu Beginn <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
eher schwach entwickelt. Erschwerend<br />
kommt hinzu, dass die eingesetzten Projektleiter<br />
zum Teil unzureichend qualifiziert o<strong>de</strong>r eher<br />
unerfahren in Projektaufgaben sind.<br />
Entscheidungsunterlagen für die<br />
Unternehmensleitung:<br />
Der Projektantrag<br />
Innovationsprojekte stellen an Entscheidungsunterlagen<br />
zusätzliche Anfor<strong>de</strong>rungen.<br />
Beim Aufstellen von Projektbudgets und Wirtschaftlichkeitsberechnungen<br />
zu neuen Märkten,<br />
Vertriebswegen und Produkten betritt <strong>de</strong>r<br />
Controller unbekanntes Terrain. Es liegen<br />
keine unternehmensinternen Daten und Erfahrungswerte<br />
vor. Das gleiche gilt für <strong>de</strong>n Projektleiter,<br />
<strong>de</strong>ssen Reaktion darauf sich häufig in<br />
zwei Extremen gestaltet: Entwe<strong>de</strong>r er erklärt<br />
sein Projekt per se für nicht bewertbar und<br />
lehnt je<strong>de</strong> verbindliche Bewertung <strong>de</strong>r Projektergebnisse<br />
ab. O<strong>de</strong>r er stellt aus <strong>de</strong>r Euphorie<br />
<strong>de</strong>r Projektplanung Potentiale in Aussicht, die<br />
einer Plausibilitätsprüfung durch das Controlling<br />
nicht standhalten.<br />
Für das Unternehmen ist aber zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>r<br />
Versuch einer Bewertung notwendig. Die<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Wirtschaftlichkeitsberechnungen bauen notwendigerweise<br />
auf Prämissen und Annahmen<br />
auf, etwa hinsichtlich möglicher Marktanteile<br />
o<strong>de</strong>r Kosten. Eine bestmögliche Abschätzung<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftlichkeit unter diesen Bedingungen<br />
ist trotz aller Unzulänglichkeiten besser,<br />
als ein Projektstart ohne diese Vorarbeit: Sie ist<br />
die Grundlage für eine sinnvolle Erfolgs-<br />
und Prämissenkontrolle. Darüber hinaus ist<br />
sie die Voraussetzung, um das Projekt mit seinen<br />
betriebswirtschaftlichen Kosten und Erträgen<br />
in eine mittel- und langfristige Unternehmensplanung<br />
zu integrieren. So kann das Management<br />
auf <strong>de</strong>r Basis bestmöglicher Unterlagen<br />
eine Entscheidung treffen. Darüber hinaus<br />
kann das Management die Erreichung <strong>de</strong>r langfristigen<br />
Unternehmensziele in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>m Controlling rollierend unter Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r Ergebnisbeiträge <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n<br />
Projekte steuern.<br />
Systematische Risikobewertungen hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Einhaltung <strong>de</strong>s Projektbudgets, <strong>de</strong>r Termine<br />
und vor allem <strong>de</strong>r Erreichung <strong>de</strong>r Projektziele<br />
stellen eine Möglichkeit dar, neben <strong>de</strong>n<br />
Chancen auch die Risiken <strong>de</strong>s Projekts <strong>de</strong>n<br />
Entscheidungsgremien im Vorfeld <strong>de</strong>r Bewertung<br />
transparent zu machen. So besteht die<br />
Möglichkeit, bereits in <strong>de</strong>r Entscheidungsphase<br />
zu dokumentieren, dass die Beteiligten die Risiken<br />
<strong>de</strong>s Projekts kennen und offen damit umgehen.<br />
Zu<strong>de</strong>m lassen sich bei strengerer Anwendung<br />
dieses Instruments vor Projektstart<br />
bereits Situationen <strong>de</strong>finieren, bei <strong>de</strong>ren Eintreffen<br />
das Projekt neu ausgerichtet o<strong>de</strong>r sogar<br />
gestoppt wird.<br />
Profitables zuerst:<br />
Priorisierung <strong>de</strong>r Projekte<br />
In <strong>de</strong>r ersten Euphorie nach Freigabe eines Projektbudgets<br />
möchte <strong>de</strong>r Projektleiter die Arbeit<br />
sofort beginnen. Doch in einer Welt <strong>de</strong>r knappen<br />
Ressourcen ist es Aufgabe <strong>de</strong>s Managements<br />
zu entschei<strong>de</strong>n, in welcher Reihenfolge<br />
verschie<strong>de</strong>ne aussichtsreiche Projekte<br />
realisiert wer<strong>de</strong>n. Diesen Entscheidungsprozess<br />
kann das Controlling mit seinen Werkzeugen<br />
unterstützen.<br />
Wären in einem Unternehmen ausschließlich<br />
Projekte aus wirtschaftlichen Grün<strong>de</strong>n zu reali-<br />
81
82<br />
Projektcontrolling in Innovationsprojekten<br />
Abb. 1: Strategische Projektbewertung<br />
Abb. 2: Methodischer Ansatz<br />
sieren, so könnte <strong>de</strong>r Controller sie anhand einer<br />
Wirtschaftlichkeitskennzahl (etwa ROI) ordnen<br />
und empfehlen, sie bei Ressourcenkonkurrenz<br />
<strong>de</strong>r Reihe nach umzusetzen. Im Kontext<br />
<strong>de</strong>r Innovationsprozesse müssen Unternehmen<br />
jedoch abwägen, wie sie die verfügbaren Mittel<br />
auf Projekte – zur Erschließung zukünftiger Potentiale<br />
und zur Realisierung heutiger Gewinne<br />
– aufteilen. Es wird also ein Instrument benötigt,<br />
das wirtschaftliche und strategische<br />
Aspekte gemeinsam betrachtet.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis ist <strong>de</strong>r strategische Aspekt von<br />
Projekten mit Hilfe eines Scoringmo<strong>de</strong>lls bewertbar.<br />
Die strategischen Ziele <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
lassen sich in ihrer Auswirkung auf verschie<strong>de</strong>ne<br />
Stakehol<strong>de</strong>rgruppen bewerten (siehe<br />
Abbildung 1 3 ). Der strategische Nutzen <strong>de</strong>r<br />
Projekte wird anhand <strong>de</strong>r zu bearbeiten<strong>de</strong>n<br />
strategischen Themen aus <strong>de</strong>n Perspektiven<br />
<strong>de</strong>r wichtigsten Stakehol<strong>de</strong>rgruppen – im nachstehen<strong>de</strong>n<br />
Beispiel sind das Endverbraucher,<br />
Mitarbeiter, Lieferanten, Öffentlichkeit und Investoren<br />
– in standardisierter Form analytisch<br />
ermittelt 4 . So wird das Bauchgefühl gewissermaßen<br />
objektiviert. Die Ergebnisse können zu<strong>de</strong>m<br />
dokumentiert und später weiter verarbeitet<br />
wer<strong>de</strong>n. Bewertet man die einzelnen Projekte<br />
hinsichtlich ihres Beitrags zur Erreichung strategischer<br />
Unternehmensziele, so zeigt sich,<br />
dass einzelne Projekte häufig mehr Stakehol<strong>de</strong>rgruppen<br />
positiv beeinflussen als zunächst<br />
gedacht.<br />
Nach Bewertung eines Projekts anhand seiner<br />
wirtschaftlichen und strategischen Auswirkungen<br />
stehen bei<strong>de</strong> Aspekte <strong>de</strong>r Projekte zunächst<br />
isoliert nebeneinan<strong>de</strong>r. Um alle Projekte<br />
gemeinsam zu zeigen, wer<strong>de</strong>n nun die wirtschaftliche<br />
und die strategische Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />
Projekte in einer Matrix-Darstellung als Pro-<br />
Abb. 3: Projektlandschaft<br />
jektlandschaft zusammengeführt. Den methodischen<br />
Ansatz zeigt Abbildung 2:<br />
Die wirtschaftlichen Auswirkungen lassen sich<br />
durch die Zuordnung in Cluster darstellen. In<br />
<strong>de</strong>r nachstehen<strong>de</strong>n Projektlandschaft wer<strong>de</strong>n 5<br />
Cluster verwen<strong>de</strong>t. Die Grenzen, bei <strong>de</strong>nen ein<br />
Projekt als hoch- o<strong>de</strong>r wenig wirtschaftlich eingestuft<br />
wird, wer<strong>de</strong>n auf Basis <strong>de</strong>r Renditeerwartungen<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens festgelegt. Gezeigt<br />
wird die wirtschaftliche Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />
Projekte auf <strong>de</strong>r X-Achse. Auf <strong>de</strong>r Y-Achse wird<br />
<strong>de</strong>r Scoringwert <strong>de</strong>r strategischen Be<strong>de</strong>utung<br />
abgetragen. Die gemeinsame Darstellung<br />
aller Projekte ergibt die Projektlandschaft <strong>de</strong>s<br />
gesamten Unternehmens (siehe Abbildung 3).<br />
Die Projektlandschaft zeigt oben rechts die A-<br />
Projekte mit einer hohen wirtschaftlichen und<br />
strategischen Be<strong>de</strong>utung für das Unternehmen.<br />
Diese sollten mit höchster Priorität umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Die B-Projekte wer<strong>de</strong>n zu einem<br />
späteren Zeitpunkt realisiert, sofern zwischenzeitlich<br />
keine weiteren Projekte mit höherer Priorität<br />
in die Projektlandschaft aufgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n. Links unten zeigt die Projektlandschaft<br />
die C-Projekte. Diese Projekte haben die geringste<br />
Priorität, und das Unternehmen verzichtet<br />
aufgrund einer zu geringen wirtschaftlichen<br />
und strategischen Be<strong>de</strong>utung auf eine Umsetzung.<br />
Nur im Falle freier, nicht an<strong>de</strong>rweitig<br />
nutzbarer Mitarbeiterressourcen könnten die<br />
C-Projekte für eine Implementierung in Frage<br />
kommen.<br />
Ziel <strong>de</strong>r Einordnung eines Projekts in die Projektlandschaft<br />
ist es, Projekte, die auf gleiche<br />
Ressourcen zugreifen, vergleichend darzustel-
len. Die genauen Scoringwerte aus <strong>de</strong>r strategischen<br />
Bewertung sind im Einzelnen sicher<br />
diskutabel, verschie<strong>de</strong>ne Personen kommen<br />
zwangsläufig zu unterschiedlichen Einschätzungen.<br />
Diesen Kritikpunkt muss <strong>de</strong>r Controller<br />
ehrlicherweise auch für die wirtschaftliche Be<strong>de</strong>utung<br />
gelten lassen. Ein ex ante ermittelter<br />
Zeitpunkt für die Amortisation o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r ROI einer<br />
komplexen und neuartigen Aufgabe wird<br />
unter Verwendung von Prämissen ermittelt. Dadurch<br />
ist auch das Ergebnis allenfalls eine<br />
näherungsweise Bestimmung <strong>de</strong>r späteren<br />
Ist-Situation.<br />
Die Entscheidung darüber, welche Projekte<br />
letztlich freigegeben und in welcher Reihenfolge<br />
Projekte durchgeführt wer<strong>de</strong>n, liegt beim<br />
Management. Die Werkzeuge <strong>de</strong>s Controllings<br />
können diesen Entscheidungsprozess jedoch<br />
entschei<strong>de</strong>nd unterstützen und dazu beitragen,<br />
wertschöpfen<strong>de</strong> und potentialentwickeln<strong>de</strong><br />
Projekte bevorzugt umzusetzen.<br />
Gegensteuern wenn nötig:<br />
Berichterstattung über laufen<strong>de</strong><br />
Projekte<br />
Während <strong>de</strong>r Projektumsetzung ist es die Aufgabe<br />
<strong>de</strong>s Controllings, aussagefähige Unterlagen<br />
über <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Projekte bereitzustellen.<br />
Diese Transparenzverpflichtung<br />
geht über die bloße Darstellung <strong>de</strong>r Projektkosten<br />
aus <strong>de</strong>m ERP-System im Vergleich zum<br />
Projektbudget hinaus. Wichtig für das Management<br />
sind <strong>de</strong>r Projektfortschritt und die<br />
Kosten in Relation zu einer geschaffenen<br />
Leistung. Der Leistungsbezug steigert die<br />
Aussagekraft <strong>de</strong>r nackten Zahlen. Außer<strong>de</strong>m<br />
müssen die abgestimmten Termine im Projekt<br />
(Meilensteine, Projektphasen) nachgehalten<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Das hierfür entwickelte Controllinginstrument<br />
ist <strong>de</strong>r Statusbericht. Dieser ist die regelmäßige<br />
standardisierte Darstellung <strong>de</strong>s aktuellen Projektstan<strong>de</strong>s<br />
mit Blick auf die Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>s Top-Managements. Die bei je<strong>de</strong>m Projekt<br />
gleichen Informationsanfor<strong>de</strong>rungen wer<strong>de</strong>n<br />
auch für alle Projekte in gleicher Form aufbereitet.<br />
Das erleichtert in <strong>de</strong>r Praxis die Aufnahme<br />
und die Weiterverarbeitung <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Informationen. Alle Beteiligten können sich bei<br />
Abb. 4: Projektstatusbericht<br />
ihrer Arbeit darauf konzentrieren, Informationen<br />
zu verarbeiten statt sie zu suchen. Das ist ein<br />
Fortschritt gegenüber <strong>de</strong>r zuvor praktizierten<br />
Praxis, <strong>de</strong>n Projektstatus bei Bedarf in freier<br />
Form durch die Projektleiter zu erheben. Die<br />
Darstellungsform <strong>de</strong>r immer gleichen Informationsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
wur<strong>de</strong> ohne klare Regeln<br />
von <strong>de</strong>n Projektleitern immer wie<strong>de</strong>r neu entwickelt:<br />
Vom mehrseitigen Fließtext über<br />
knappste Stichpunktsammlungen bis hin zu tabellarischen<br />
Darstellungen.<br />
Um einen vollständigen Blick auf die Projekte zu<br />
bekommen, bereitet <strong>de</strong>r Controller <strong>de</strong>n Statusbericht<br />
(siehe Abbildung 4) vor, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Projektleiter<br />
ausfüllt. Der Bericht zeigt im Kopf strukturieren<strong>de</strong><br />
Daten zum Projekt. Darunter folgen die<br />
Termine und die Budgets sowie ein erläutern<strong>de</strong>r<br />
Teil im Stil <strong>de</strong>r 4-Fenster-Matrix <strong>de</strong>r Controller<br />
Aka<strong>de</strong>mie 5 , in <strong>de</strong>m das Projekt näher beschrieben<br />
wird. Das Ziel dieses Vorgehens ist die Entwicklung<br />
<strong>de</strong>r „Fähigkeit, intelligent mit Unvorhersehbarem<br />
umzugehen”. 6<br />
Autor<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Der Projektleiter hat als Hauptverantwortlicher<br />
<strong>de</strong>n besten Überblick und die genauesten Informationen<br />
über „sein” Projekt. Die Projektleitung<br />
ist aufgefor<strong>de</strong>rt, die Probleme im Projekt<br />
zu beschreiben und darüber hinaus Lösungsalternativen<br />
darzustellen. Der Controller installiert<br />
außer<strong>de</strong>m eine Ampelfunktion zum Projekt.<br />
Diese zeigt auf einen Blick, welche Projekte<br />
Unterstützung benötigen. Einen tieferen<br />
Einstieg in einzelne Projekte bietet die Differenzierung<br />
<strong>de</strong>r Planabweichungen <strong>de</strong>s Gesamtprojekts<br />
in Budget-, Termin- und Projektzieldifferenzen.<br />
Die systematische und regelmäßige Abfrage<br />
<strong>de</strong>s Projektstatus be<strong>de</strong>utet für die Projektleiter<br />
zunächst einmal Zusatzaufwand. Das<br />
sollte bei <strong>de</strong>r Implementierung dieser Routine<br />
auch offen angesprochen wer<strong>de</strong>n. Im Normalfall<br />
beschränkt sich <strong>de</strong>r Mehraufwand auf nicht<br />
mehr als 15 bis 30 Minuten pro Monat. Er ist<br />
<strong>de</strong>n Projektleitern jedoch unbedingt zuzumuten,<br />
um die Qualität <strong>de</strong>s Projektcontrollings und<br />
Dipl.-Kfm. (FH) Michael Dembowski MBA<br />
studierte BWL, zuletzt berufsbegleitend an <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />
für Ökonomie und Management (FOM). Aktuell beschäftigt er<br />
sich als Controller bei Bofrost, Straelen, mit <strong>de</strong>m Projektcontrolling<br />
sowie Fragestellungen rund um das Thema Supply Chain.<br />
E-Mail: michael.<strong>de</strong>mbowski@bofrost.<strong>de</strong><br />
83
84<br />
Projektcontrolling in Innovationsprojekten<br />
damit <strong>de</strong>s Projektmangements als Ganzes zu<br />
verbessern.<br />
Die Vorteile einer systematischen Zusammenstellung<br />
<strong>de</strong>r Projektstän<strong>de</strong> mit anschließen<strong>de</strong>r<br />
Ergänzung um eine Ampelfunktion zeigen sich<br />
einige Zeit nach <strong>de</strong>r Einführung:<br />
� Projektleiter: Doppelte Anfragen an Projektleiter<br />
von verschie<strong>de</strong>nen Seiten können vermie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
� Management: Konzentration auf die Projekte<br />
ist möglich, bei <strong>de</strong>nen eine Unterstützung<br />
notwendig ist.<br />
� Controlling: Transparenz über die laufen<strong>de</strong>n<br />
Projekte ist zu je<strong>de</strong>r Zeit sichergestellt.<br />
Fazit und Ausblick<br />
Sobald Innovationsprozesse Fahrt aufnehmen<br />
und eine Vielzahl komplexer und voneinan<strong>de</strong>r<br />
abhängiger Projekte zu steuern sind, benötigt<br />
das Management die Hilfe <strong>de</strong>s Controllings, um<br />
über <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Projekte informiert<br />
zu sein.<br />
Durch eine strukturierte Bewertung <strong>de</strong>r Projekte<br />
anhand ihrer wirtschaftlichen und<br />
strategischen Auswirkungen gibt das Controlling<br />
Empfehlungen zur Priorisierung <strong>de</strong>r Projekte<br />
und damit zum Einsatz <strong>de</strong>r Ressourcen<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens. Das Unternehmen realisiert<br />
die Projekte zuerst, die Potenziale in sich tragen<br />
und/o<strong>de</strong>r profitabel sind. Sie erhalten bevorzugten<br />
Zugriff auf Engpassressourcen, die<br />
dann dort eingesetzt wer<strong>de</strong>n, wo sie <strong>de</strong>n größten<br />
Wert schaffen. Das Controlling kann mit einer<br />
Empfehlung zu <strong>de</strong>n durchzuführen<strong>de</strong>n<br />
Maßnahmen die weitere Entwicklung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
mitgestalten.<br />
INTERVIEW<br />
Ein qualifiziertes Projektcontrolling ist aufgrund<br />
<strong>de</strong>r Neuartigkeit <strong>de</strong>r Projektaufgaben<br />
zeitintensiv. Durch <strong>de</strong>n Einsatz von standardisierten<br />
Statusberichten kann die Berichterstattung<br />
über laufen<strong>de</strong> Projekte für alle Beteiligten<br />
effizienter gestaltet wer<strong>de</strong>n. Der Blick<br />
richtet sich stärker auf Inhalte sowie kritische<br />
Punkte in <strong>de</strong>n Projekten. In einer weiteren<br />
Ausbaustufe <strong>de</strong>s Projektcontrollings ist es<br />
<strong>de</strong>nkbar, in allen Projektteams einen Controller<br />
einzubeziehen.<br />
Die systematische Risikobewertung vor Projektbeginn<br />
und die Statusberichte während<br />
<strong>de</strong>r Projektarbeit helfen eine Kultur zu etablieren,<br />
die lernend mit Fehlern umgeht. Der Einfluss<br />
<strong>de</strong>s Controllings kann so mithelfen, die<br />
Unternehmenskultur nachhaltig zu verän<strong>de</strong>rn<br />
und eine Fehlerkultur zu etablieren, in <strong>de</strong>r Projektleiter<br />
verantwortlich und offen mit Fehlern<br />
umgehen können.<br />
So heterogen die Projekte in Innovationsprozessen<br />
sind, so sehr hilft eine Bewertung anhand<br />
gleicher, objektiver Kriterien bei <strong>de</strong>r Projektplanung<br />
und eine standardisierte Darstellung<br />
<strong>de</strong>s Projektfortschritts Management, Projektleitern<br />
und Controllern bei ihrer Arbeit.<br />
Literatur<br />
Blazek, Alfred/Zillmer, Detlev R. (2008), Projekt-Controlling,<br />
Freiburg und Wörthsee-Etterschlag;<br />
Verlag für ControllingWissen, S. 138<br />
Friedag, Herwig R./Schmidt, Walter (2000),<br />
My balanced scorecard: das Praxishandbuch<br />
für Ihre individuelle Lösung; Fallstudien, Checklisten,<br />
Präsentationsvorlagen, 1. Auflage, Freiburg<br />
im Fr./Berlin/München/Zürich: <strong>Haufe</strong>-Mediengruppe.<br />
Exklusiv und nur online verfügbar<br />
Interview zum Thema „Kleine Projekte – kleine Sorgen,<br />
große Projekte – große Sorgen” mit Dr. Georg Kraus,<br />
Geschäftsführer <strong>de</strong>r Unternehmensberatung Dr. Kraus<br />
& Partner, Bruchsal.<br />
Friedag, Herwig/Schmidt, Walter (2009), Balanced<br />
Scorecard in <strong>de</strong>r Praxis: 17 Jahre Erfahrung,<br />
in: Controller Magazin, März/April 2009,<br />
Gauting/München: VCW Verlag für Controlling-<br />
Wissen, S. 76 – 84.<br />
Grotheer, Manfred (2001), Der Controller und<br />
sein PC: Controlling-Anwendungen mit <strong>de</strong>m<br />
Personal Computer , 5. Auflage, Offenburg/<br />
Wörthsee-Etterschlag: VCW Verlag für ControllingWissen.<br />
Johnson, Gerry/Scholes, Kevan (2002), Exploring<br />
Corporate Strategy, Sixth Edition, Harlow/London/New<br />
York: Prentice Hall.<br />
Klotz, Ulrich (2006), Vom Taylorismus zur<br />
„Open Innovation” - Innovation als sozialer<br />
Prozess, in: Roland Abel/Hans H. Bass/ Robert<br />
Ernst-Siebert (Hrsg.), Kleine und mittelgroße<br />
Unternehmen im globalen Innovationswettbewerb.<br />
Technikgestaltung, Internationalisierungsstrategien,Beschäftigungsschaffung,<br />
München/Mering: Rainer Hampp Verlag,<br />
S. 88 – 117.<br />
Ziegenbein, Klaus (2007), Controlling: Kompendium<br />
<strong>de</strong>r praktischen Betriebswirtschaft,<br />
9. Auflage, Ludwigshafen (Rhein): Friedrich<br />
Kiehl Verlag.<br />
Fußnoten<br />
1 Siehe Ziegenbein, K. (2007), S. 211 zur Definition<br />
<strong>de</strong>s strategischen Controllingbegriffs.<br />
2 Johnson, G. / Scholes, K., (2002), S. 5.<br />
3 Siehe Friedag, H. R. / Schmidt, W. (2000) zum<br />
generellen Vorgehen, S. 39 – 43.<br />
4 Friedag, H. / Schmidt, W. (2009), S. 81. Für<br />
eine ausführliche Beschreibung zur Bewertung<br />
strategischer Projekte siehe Friedag, H. R. /<br />
Schmidt, W. (200), S. 36 ff.<br />
5 Blazek, A., Zillmer, D. (2008) S. 138<br />
6 Klotz, U. (2006), S. 90
Limitationen <strong>de</strong>r<br />
Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong><br />
beim Management leistungswirtschaftlicher<br />
Risiken<br />
von Christian Tallau<br />
Der Einsatz von Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong>stechniken<br />
zur Analyse leistungswirtschaftlicher Risiken<br />
wird in <strong>de</strong>r Literatur bereits seit längerem<br />
vorgeschlagen (vgl. Hertz, 1964). Grundi<strong>de</strong>e<br />
dabei ist die Generierung einer großen Anzahl<br />
zufälliger Realisationen <strong>de</strong>r Risikofaktoren, die<br />
eine zu betrachten<strong>de</strong> Zielgröße (z. B. Ergebnis)<br />
bestimmen. Verknüpft man diese Risikofaktoren<br />
über ein geeignetes Mo<strong>de</strong>ll mit <strong>de</strong>r Zielgröße,<br />
so lässt sich für diese eine Häufigkeitsverteilung<br />
ermitteln. Die Verteilung kann in<br />
einem weiteren Schritt zur Ableitung von Risikokennzahlen<br />
und zur Risikobewertung verwen<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
In jüngerer Zeit fin<strong>de</strong>t man darüber hinaus Vorschläge,<br />
die Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong> im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s Risikocontrollings zu nutzen, um Erkenntnisse<br />
bzgl. Eigenkapitalbedarf und Solvenz<br />
von Unternehmen abzuleiten (vgl. etwa<br />
Gleißner, 2004, 2006). Dazu wird diskutiert,<br />
auf Basis <strong>de</strong>r simulierten Häufigkeitsverteilung<br />
<strong>de</strong>s Unternehmensergebnisses das unternehmensspezifische<br />
Risikokapital abzuleiten,<br />
und zwar als maximaler Verlust, <strong>de</strong>r unter einer<br />
bestimmten Vertrauenswahrscheinlichkeit nicht<br />
überschritten wird (Value-at-Risk bzw. Capitalat-Risk).<br />
Dieser Beitrag beleuchtet einige wesentliche<br />
Problempunkte, die sich bei Anwendung <strong>de</strong>r<br />
Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong> und <strong>de</strong>s zur Quantifizierung<br />
von Marktpreisrisiken im Finanzbereich<br />
etablierten Konzepts <strong>de</strong>s Value-at-Risk bei<br />
Nicht-Finanzunternehmen ergeben. Nach ei-<br />
ner kurzen Erläuterung <strong>de</strong>r grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Funktionsweise <strong>de</strong>r Monte-Carlo-Metho<strong>de</strong> zur<br />
Risikobewertung wird dazu insbeson<strong>de</strong>re auf<br />
das mit <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llbildung verbun<strong>de</strong>ne Risiko<br />
abgestellt und mit einem Fallbeispiel veranschaulicht.<br />
Monte-Carlo-Verfahren zur<br />
Risikobewertung: Grundlegen<strong>de</strong><br />
Funktionsweise<br />
Ausgangspunkt <strong>de</strong>r Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong><br />
zur Risikoquantifizierung bil<strong>de</strong>t die I<strong>de</strong>ntifikation<br />
<strong>de</strong>r die zu betrachten<strong>de</strong> Zielgröße beeinflussen<strong>de</strong>n<br />
wesentlichen Risikofaktoren. Für je<strong>de</strong>n<br />
dieser Faktoren ist zunächst eine Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
zu spezifizieren.<br />
Die Risikofaktoren wer<strong>de</strong>n mittels eines geeigneten<br />
Mo<strong>de</strong>lls mit <strong>de</strong>r Zielgröße verknüpft (vgl.<br />
Abbildung 1). Durch Zufallszahlengenerierung<br />
lassen sich darauf – unter Berücksichtigung<br />
möglicher Abhängigkeiten <strong>de</strong>r Faktoren –<br />
N Ausprägungen je<strong>de</strong>s Risikofaktors simulieren.<br />
Nach N <strong>Simulation</strong>släufen ergeben sich<br />
damit gemäß <strong>de</strong>m aufgestellten Mo<strong>de</strong>ll N Realisationen<br />
<strong>de</strong>r Zielgröße, die zu einer Häufigkeitsverteilung<br />
aggregiert wer<strong>de</strong>n. Diese Verteilung<br />
lässt sich schließlich zur Berechnung<br />
von Kennzahlen wie Erwartungswert, Stan -<br />
d ardabweichung sowie weiterer Risikogrößen<br />
verwen<strong>de</strong>n.<br />
Durch professionelle Software-Lösungen wie<br />
@Risk o<strong>de</strong>r Crystal Ball ist eine Umsetzung von<br />
Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong>en auch ohne beson<strong>de</strong>re<br />
Metho<strong>de</strong>nkenntnis möglich. Voraussetzung<br />
ist lediglich die Spezifizierung eines adäquaten<br />
Mo<strong>de</strong>lls für die Risikofaktoren.<br />
Risikoquantifizierung mittels<br />
Value-at-Risk<br />
Neben einer Beurteilung <strong>de</strong>r simulierten Verteilung<br />
auf Basis <strong>de</strong>ren erster Momente (Erwartungswert<br />
und Standardabweichung) wer<strong>de</strong>n in<br />
<strong>de</strong>r Literatur weitere Kennzahlen zur Risikobeurteilung<br />
diskutiert. Dazu zählt beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r<br />
mittlerweile weit verbreitete Value-at-Risk<br />
(VaR). Dieser beschreibt die maximale negative<br />
Abweichung einer Zielgröße von einem erwarteten<br />
Wert, die mit einer <strong>de</strong>finierten Vertrauenswahrscheinlichkeit<br />
(z. B. 99 %) nicht überschritten<br />
wird (vgl. Jorion, 2001). Bezeichne X<br />
die betrachtete Zielgröße, F X <strong>de</strong>ren Verteilungsfunktion<br />
sowie (1 – �) das Konfi<strong>de</strong>nzniveau, so<br />
gilt für <strong>de</strong>n Value-at-Risk VaR (1–�) formal:<br />
-1 VaR (X) = -F (�).<br />
(1–�) x<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Han<strong>de</strong>lt es sich bei <strong>de</strong>r Zielgröße um eine Ergebnisgröße<br />
– eines Projekts, Geschäftsbereichs<br />
o<strong>de</strong>r gesamten Unternehmens –, so<br />
kann <strong>de</strong>r Value-at-Risk als Risikokapital (Capital-at-Risk<br />
o<strong>de</strong>r kurz CaR) interpretiert wer<strong>de</strong>n<br />
(vgl. Abbildung 2). An<strong>de</strong>rs ausgedrückt, gibt<br />
<strong>de</strong>r Capital-at-Risk <strong>de</strong>n Eigenkapitalbetrag<br />
an, <strong>de</strong>r notwendig ist, um einen evtl. auftreten<strong>de</strong>n<br />
Verlust in 99 % aller Fälle <strong>de</strong>-<br />
85
86<br />
Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong><br />
Abb. 1: Schematischer Ablauf <strong>de</strong>r Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong> zur Risikobewertung<br />
cken zu können (bei einem Konfi<strong>de</strong>nzniveau<br />
von 99 %).<br />
Durch Vergleich <strong>de</strong>s Capital-at-Risk mit <strong>de</strong>r Eigenkapitalbasis<br />
sind auch Aussagen zur Solvenz<br />
<strong>de</strong>r Unternehmung möglich. So lässt<br />
sich insbeson<strong>de</strong>re feststellen, inwieweit <strong>de</strong>r potentiell<br />
maximale Verlust durch Eigenkapital ge<strong>de</strong>ckt<br />
ist. Darüber kann ermittelt wer<strong>de</strong>n, wie<br />
einzelne Geschäftsbereiche zum Gesamtrisiko<br />
beitragen und ob <strong>de</strong>ren Erträge in einem angemessenen<br />
Verhältnis zum benötigten Risikokapital<br />
stehen. Dazu lässt sich etwa eine risikoadjustierte<br />
Kennzahl wie RORAC (return on risk<br />
adjusted capital) verwen<strong>de</strong>n, die das Ergebnis<br />
ins Verhältnis zum Risikokapital setzt (vgl. Albrecht<br />
/ Maurer, 2008, S. 894).<br />
Praktische Limitationen <strong>de</strong>r<br />
Monte-Carlo-Metho<strong>de</strong>:<br />
Mo<strong>de</strong>llrisiken<br />
Den theoretischen Vorzügen <strong>de</strong>r Monte-Carlo-<br />
Metho<strong>de</strong> stehen Limitationen in <strong>de</strong>r praktischen<br />
Umsetzung gegenüber. So ist die Metho<strong>de</strong><br />
bei <strong>de</strong>r Spezifizierung <strong>de</strong>s <strong>Simulation</strong>smo<strong>de</strong>lls<br />
und <strong>de</strong>r Parameterschätzung einem<br />
mitunter erheblichen Mo<strong>de</strong>llrisiko unterworfen.<br />
Im Gegensatz etwa zu Preisen für Finanztitel,<br />
die an aktiven Märkten gehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, sind<br />
für die typischen leistungswirtschaftlichen<br />
Risikofaktoren, d. h. beispielsweise Absatzmenge,<br />
Preise o<strong>de</strong>r Kosten bzw. <strong>de</strong>ren Bestim-<br />
mungsgrößen, sowohl Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
wie auch <strong>de</strong>ren Parameter kaum auf<br />
objektiver Basis ermittelbar. Es mangelt hier<br />
meist an historischen Daten, die sich auf die<br />
Zukunft übertragen lassen. Daher belässt man<br />
es oftmals bei einer mehr o<strong>de</strong>r weniger willkürlichen<br />
Wahl einer Verteilung aus einer vorgegebenen<br />
Auswahl und schätzt <strong>de</strong>ren Parameter<br />
auf subjektiver Basis.<br />
So wird in <strong>de</strong>r Literatur etwa regelmäßig die<br />
Verwendung einer Dreiecksverteilung em pfohlen,<br />
die sich vergleichsweise intuitiv einfach<br />
durch zwei Größen, nämlich minimale und<br />
maximale Ausprägung <strong>de</strong>s Risikofaktors, ein<strong>de</strong>utig<br />
beschreiben lässt. Darüber hinaus sind<br />
bei <strong>de</strong>r Risikoaggregation die Abhängigkeiten<br />
(Korrelationen) zwischen <strong>de</strong>n Risikofaktoren zu<br />
berücksichtigen, die ebenfalls mangels objek-<br />
Abb. 2: Ergebnisverteilung mit Capital-at-Risk<br />
tiver Daten nur schwer zuverlässig zu schätzen<br />
sind. In <strong>de</strong>r Praxis wird dieses Problem häufig<br />
dadurch umgangen, dass für die Risikofaktoren<br />
schlichtweg Unabhängigkeit unterstellt wird.<br />
Schließlich wird das Mo<strong>de</strong>llrisiko mitunter<br />
durch <strong>de</strong>n Versuch verstärkt, eine möglichst<br />
<strong>de</strong>taillierte Abbildung <strong>de</strong>r Realität zu erreichen,<br />
was die Anzahl an Risikofaktoren und damit die<br />
Komplexität <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls erhöht (vgl. etwa <strong>de</strong>n<br />
Vorschlag zur Risikoanalyse bei Bauprojekten<br />
von Girmscheid / Busch, 2008).<br />
Die simulierte Verteilung und die daraus abgeleiteten<br />
Risikogrößen sind somit in vielen Fällen<br />
we<strong>de</strong>r objektiv noch intersubjektiv nachvollziehbar.<br />
Damit sind die Ergebnisse in erheblichem<br />
Ausmaß manipulierbar, <strong>de</strong>nn durch<br />
gezielte Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Eingangsparameter<br />
ist eine große Bandbreite von Werten <strong>de</strong>r Risikokennzahl<br />
darstellbar. Zu<strong>de</strong>m besteht die Gefahr,<br />
dass die mathematische Mo<strong>de</strong>llierung<br />
eine Scheingenauigkeit erzeugt, bei <strong>de</strong>r auf<br />
die (mit Nachkommastellen) ermittelten Werte<br />
ohne weitere Plausibilisierung vertraut wird. Intuitivere,<br />
auf Erfahrungen basieren<strong>de</strong> Abschätzungen<br />
können hier mitunter zuverlässigere Ergebnisse<br />
liefern.<br />
Fallbeispiel<br />
Wie sich die Unsicherheit bzgl. <strong>de</strong>r Parameter<br />
<strong>de</strong>s <strong>Simulation</strong>smo<strong>de</strong>lls auf die Risikoquantifizierung<br />
auswirkt, soll anhand eines Fallbeispiels<br />
veranschaulicht wer<strong>de</strong>n. Dazu wird ein<br />
fiktiver Geschäftsbereich eines Unternehmens<br />
betrachtet, <strong>de</strong>ssen wesentliche Risikofaktoren<br />
<strong>de</strong>r Umsatz sowie <strong>de</strong>r variable Kosten-
satz darstellen. Zielgröße <strong>de</strong>r Risikoanalyse ist<br />
das operative Ergebnis.<br />
Für die statistische Verteilung <strong>de</strong>r unsicheren<br />
Größen Umsatz und variabler Kostensatz wird<br />
eine multivariate Normalverteilung unterstellt.<br />
Zur Schätzung <strong>de</strong>r Verteilungsparameter<br />
Mittelwert, Standardabweichung sowie Korrelation<br />
<strong>de</strong>r Faktoren wird auf <strong>de</strong>ren historische<br />
Realisationen zurückgegriffen. Abbildung 3 gibt<br />
Umsätze und variable Kostensätze (als Anteil<br />
<strong>de</strong>s Umsatzes) <strong>de</strong>r letzten fünf Jahre sowie die<br />
damit berechneten Parameter wie<strong>de</strong>r.<br />
Neben <strong>de</strong>n in Abbildung 3 angegebenen Parametern<br />
soll zum Vergleich ein zweites Parameterset<br />
analysiert wer<strong>de</strong>n. Für dieses wer<strong>de</strong>n<br />
zur Parameterschätzung lediglich die letzten<br />
drei Jahre 2007 – 2009 betrachtet, womit sich<br />
für <strong>de</strong>n Umsatz ein Mittelwert von 1.050 TEUR<br />
mit einer Standardabweichung von 278 TEUR<br />
sowie für <strong>de</strong>n variablen Kostensatz ein Mittelwert<br />
von 65,7 % und eine Standardabweichung<br />
von 4,7 % ergeben. Der Ausschluss <strong>de</strong>r<br />
Jahre 2005 und 2006 aus <strong>de</strong>r Schätzung<br />
führt damit im Wesentlichen zu einer Erhöhung<br />
<strong>de</strong>r Unsicherheit bzgl. <strong>de</strong>s Umsatzes (ausgedrückt<br />
durch die Standardabweichung). Zu<strong>de</strong>m<br />
wird für diesen zweiten Fall – wie in <strong>de</strong>r<br />
Praxis regelmäßig üblich – Unabhängigkeit <strong>de</strong>r<br />
Risikofaktoren unterstellt. Das alternative Parameterset<br />
ist in Abbildung 4 zusammengefasst.<br />
Für bei<strong>de</strong> Fälle sind ferner fixe Kosten in Höhe<br />
von 300 TEUR zu berücksichtigen, die als sicher<br />
angenommen wer<strong>de</strong>n. Die Zielgröße ergibt<br />
Abb. 3: Umsatz (in TEUR) und variabler Kostensatz<br />
<strong>de</strong>s Fallbeispiels<br />
Abb. 4: Verteilungsparameter <strong>de</strong>s alternativen<br />
Parametersets (Basis 2007 – 2009)<br />
sich damit als Umsatz abzüglich variabler und<br />
fixer Kosten.<br />
Als Risikogrößen wird <strong>de</strong>r Capital-at-Risk unter<br />
einem Konfi<strong>de</strong>nzniveau von 99 % betrachtet.<br />
Dieser beschreibt <strong>de</strong>n maximalen Jahresverlust<br />
<strong>de</strong>s Geschäftsbereichs, <strong>de</strong>r mit einer<br />
Wahrscheinlichkeit von 99 % nicht überschritten<br />
wird. Abbildung 5 stellt die für bei<strong>de</strong> Parametersets<br />
simulierten Verteilungen (N = 10.000<br />
<strong>Simulation</strong>släufe) gegenüber.<br />
Die Auswirkungen <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Parameterschätzung<br />
sind gravierend: Zwar ist<br />
<strong>de</strong>r Mittelwert <strong>de</strong>s Ergebnisses nahezu unverän<strong>de</strong>rt,<br />
allerdings nimmt die Standardabwei-<br />
chung für das zweite Parameterset auf Basis<br />
<strong>de</strong>r Jahre 2007 – 2009 erheblich zu, so dass<br />
sich Capital-at-Risk von einem Wert in Höhe<br />
von 88,7 TEUR auf 165,2 TEUR fast verdoppelt.<br />
Bei einem erwarteten Gewinn von rund<br />
62 TEUR stellt dies einen erheblichen Unterschied<br />
in <strong>de</strong>r Konsequenz für das benötigte Risikokapital<br />
dar.<br />
Das Beispiel zeigt, wie sensitiv die Risikokennzahlen<br />
auf Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Verteilungsparameter<br />
reagieren können, wobei hier lediglich ein<br />
kürzerer Schätzzeitraum sowie Unabhängigkeit<br />
<strong>de</strong>r Risikofaktoren unterstellt wur<strong>de</strong>. (Bei<strong>de</strong><br />
genannten Ursachen tragen hier in ungefähr<br />
gleichem Ausmaß zum Anstieg <strong>de</strong>s Value-at-<br />
Risk um insgesamt 76,5 TEUR bei.)<br />
Noch überhaupt nicht berücksichtigt ist dabei<br />
das Mo<strong>de</strong>llrisiko, das sich aus <strong>de</strong>r Spezifizierung<br />
<strong>de</strong>r Verteilung ergibt, d. h., wenn statt <strong>de</strong>r<br />
verwen<strong>de</strong>ten Normalverteilung etwa auf eine<br />
Dreiecksverteilung abgestellt wird. Somit ist<br />
eine Interpretation <strong>de</strong>r auf eine Kennzahl verdichteten<br />
<strong>Simulation</strong>sergebnisse grundsätzlich<br />
mit Vorsicht vorzunehmen. In <strong>de</strong>r Praxis ließe<br />
sich für bei<strong>de</strong> betrachteten Parametersets und<br />
damit für die festgestellte hohe Bandbreite <strong>de</strong>s<br />
Capital-at-Risk jeweils eine angemessene Begründung<br />
fin<strong>de</strong>n, was die potenzielle Willkür<br />
<strong>de</strong>s Verfahrens unterstreicht.<br />
In einer eher naiven Abschätzung hätte<br />
man dagegen beispielsweise die jeweils<br />
schlechtesten Werte für Umsatz (750 TEUR)<br />
und variabler Kostensatz (71 %) verwen<strong>de</strong>n<br />
können und so einen „Worst-Case-Verlust“<br />
Parameterbasis: Jahre 2005-2009 Parameterbasis: Jahre 2007-2009; Unabhängigkeit<br />
CaR CaR<br />
Mittelwert: 61,8<br />
Stand.abw.: 66,8<br />
Capital-at-Risk: 88,7<br />
Mittelwert: 61,3<br />
Stand.abw.: 108,9<br />
Capital-at-Risk: 165,2<br />
Abb. 5: Simulierte Ergebnisverteilung bei Parameterschätzung unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Jahre 2005 – 2009 (linke Seite) sowie 2007 – 2009 (rechte Seite)<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
87
88<br />
Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong><br />
Abb. 6: Risk-Map<br />
von 82,5 TEUR erhalten. Im Vergleich zur<br />
komplexen Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong> ist dieses<br />
Ergebnis zwar ebenso wenig als objektiv zu<br />
bezeichnen, es ist allerdings erheblich einfacher<br />
nachvollziehbar und entsprechend interpretierbar.<br />
Unterschätzung von Ereignissen<br />
mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
Weitere Schwierigkeiten im Rahmen <strong>de</strong>r Monte-Carlo-Metho<strong>de</strong><br />
ergeben sich beim Umgang<br />
mit Ereignissen, die zwar als äußerst unwahrscheinlich<br />
einzuschätzen sind, aber <strong>de</strong>nnoch<br />
ein hohes Scha<strong>de</strong>nspotential aufweisen. Auch<br />
in solchen Fällen kann für eine Schätzung von<br />
Eintrittswahrscheinlichkeiten aufgrund <strong>de</strong>r Seltenheit<br />
kaum auf historische Daten zurückgegriffen<br />
wer<strong>de</strong>n. Selbst wenn Wahrscheinlichkeiten<br />
plausibel angegeben wer<strong>de</strong>n können,<br />
besteht die Gefahr, dass das Ereignis von <strong>de</strong>r<br />
Value-at-Risk-Kennzahl überhaupt nicht erfasst<br />
wird: Die zugehörigen Realisationen nach<br />
<strong>de</strong>r <strong>Simulation</strong> liegen bildlich gesprochen<br />
„links“ <strong>de</strong>s Value-at-Risk auf <strong>de</strong>r Abszisse <strong>de</strong>s<br />
Koordinatensystems. Auch für alternative<br />
Kennzahlen, wie etwa Lower Partial Moments,<br />
Autor<br />
welche die Verlustverteilung jenseits <strong>de</strong>s Value-at-Risk<br />
berücksichtigen, sind extrem seltene<br />
Ereignisse mitunter kaum relevant. Monte-<br />
Carlo-<strong>Simulation</strong>en sind somit grundsätzlich<br />
eher für solche Risiken sinnvoll, die<br />
durch eine signifikante Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
gekennzeichnet sind bzw.<br />
<strong>de</strong>ren Realisationen auf einer stetigen<br />
Skala angegeben wer<strong>de</strong>n können.<br />
Eine mögliche Begegnung dieses Problems in<br />
<strong>de</strong>r Praxis besteht in einem unterschiedlichen<br />
Umgang mit <strong>de</strong>n einzelnen Risiken, <strong>de</strong>r sich an<br />
<strong>de</strong>n Dimensionen Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
und Scha<strong>de</strong>nspotential orientiert (vgl.<br />
die Risk-Map in Abbildung 6). Danach ließen<br />
sich beispielsweise drei Risikokategorien unterschei<strong>de</strong>n:<br />
Zunächst wer<strong>de</strong>n Risiken mit nur geringem<br />
Scha<strong>de</strong>nspotential (Risiko A) von einer<br />
expliziten Mo<strong>de</strong>llierung ausgeschlossen und lediglich<br />
als pauschaler Faktor berücksichtigt,<br />
womit bereits eine erhebliche Komplexitätsreduktion<br />
erreicht wird.<br />
Des Weiteren wer<strong>de</strong>n Risiken separat betrachtet,<br />
die eine (äußerst) geringe Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
aufweisen, aber <strong>de</strong>nnoch ein signifikantes<br />
Scha<strong>de</strong>nspotential besitzen. Der<br />
oben erläuterten Gefahr, dass diese Risiken im<br />
Rahmen einer Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong> nicht<br />
angemessen berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, lässt sich<br />
etwa durch Worst-Case-Analysen begegnen.<br />
Für alle übrigen Risiken ist schließlich eine simulationsbasierte<br />
Risikobeurteilung zu prüfen<br />
– soweit die Spezifizierung eines Mo<strong>de</strong>lls mit<br />
vertretbarem Mo<strong>de</strong>llrisiko möglich ist.<br />
Zusammenfassung<br />
Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong>en und Risikokennzahlen<br />
wie <strong>de</strong>r Value-at-Risk haben sich bei <strong>de</strong>r<br />
Quantifizierung finanzieller Risiken etabliert.<br />
Dr. Christian Tallau<br />
lehrt an <strong>de</strong>r PFH Private University of Applied Sciences in<br />
Göttingen.<br />
E-Mail: christian@tallau.<strong>de</strong><br />
Eine Übertragung <strong>de</strong>r Methodik auf leistungswirtschaftliche<br />
Risiken, bei <strong>de</strong>nen oftmals die<br />
Voraussetzungen für eine plausible Angabe <strong>de</strong>r<br />
Verteilung <strong>de</strong>r Risikofaktoren wie auch <strong>de</strong>r Parameterschätzung<br />
nicht gegeben sind, erscheint<br />
jedoch als problematisch. Die Realität<br />
ist naturgemäß komplex und mit je<strong>de</strong>m<br />
Mo<strong>de</strong>ll ist eine Komplexitätsreduktion verbun<strong>de</strong>n.<br />
Es ist jedoch im Einzelfall zu prüfen,<br />
inwieweit die Monte-Carlo-<strong>Simulation</strong> gegenüber<br />
einer mehr heuristischen Risikobeurteilung<br />
tatsächlich Vorteile generiert und nicht lediglich<br />
eine Scheingenauigkeit erzeugt, welche das<br />
mitunter erhebliche Mo<strong>de</strong>llrisiko über<strong>de</strong>ckt.<br />
Beim Einsatz <strong>de</strong>r Monte-Carlo-Metho<strong>de</strong> sollte<br />
in je<strong>de</strong>m Fall sichergestellt wer<strong>de</strong>n, dass eine<br />
zuverlässige Angabe <strong>de</strong>r Verteilung <strong>de</strong>r Risikofaktoren<br />
sowie <strong>de</strong>ren Parameter möglich<br />
ist. Darüber hinaus ist eine Konzentration<br />
auf wenige wesentliche und plausibel mo<strong>de</strong>llierbare<br />
Risikotreiber anzustreben, um eine zu<br />
hohe Mo<strong>de</strong>llkomplexität auf Kosten <strong>de</strong>r Nachvollziehbarkeit<br />
und Nachprüfbarkeit zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
Singuläre Risiken, die zwar mit einem hohen<br />
Scha<strong>de</strong>nspotential, allerdings mit einer<br />
nur geringen Eintrittswahrscheinlichkeit verbun<strong>de</strong>n<br />
sind, sollten separat betrachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Schließlich ist in je<strong>de</strong>m Fall eine kritische<br />
Prüfung sowie Plausibilisierung <strong>de</strong>r Ergebnisse<br />
vorzunehmen, und zwar anhand von<br />
Erfahrungen sowie <strong>de</strong>s gesun<strong>de</strong>n Menschenverstands.<br />
Literatur<br />
Albrecht, P.; Maurer, R. (2008), Investment-<br />
und Risikomanagement: Mo<strong>de</strong>lle, Metho<strong>de</strong>n,<br />
Anwendungen, 3. Aufl., Stuttgart.<br />
Girmscheid, G.; Busch, T. A. (2008), Projektrisikomanagement<br />
in <strong>de</strong>r Bauwirtschaft, Berlin.<br />
Gleißner, W. (2004), Die Aggregation von Risiken<br />
im Kontext <strong>de</strong>r Unternehmensplanung, in: Controlling<br />
& Management, Vol. 48, 5, S. 350 – 359.<br />
Gleißner, W. (2006), Risikomanagement und<br />
risikoorientierte Projektkalkulation, in: Baumarkt<br />
und Bauwirtschaft, 6, S. 22 – 26.<br />
Hertz, D. B. (1964), Risk analysis in capital<br />
investment, in: Harvard Business Review, Vol.<br />
42, 1, S. 95 – 106.<br />
Jorion, P. (2001), Value at risk: the new<br />
benchmark for controlling market risk, 2nd<br />
edition, New York.
Risikoadjustierte Vergütung<br />
Nachhaltige Lohnanreize durch Berücksichtigung <strong>de</strong>r Risikokosten<br />
von Nepomuk Feser und Axel May<br />
Mit neuen Vergütungsmo<strong>de</strong>llen kann das Risikoverhalten<br />
von Entscheidungsträgern in <strong>de</strong>ren<br />
Kompensation einbezogen wer<strong>de</strong>n. Damit wer<strong>de</strong>n<br />
die Anreize umfassen<strong>de</strong>r umgesetzt: Verantwortung,<br />
Risiko und Rendite können einzelnen<br />
Personen genau zugeteilt und entsprechend<br />
im Gehalt wie<strong>de</strong>rgegeben wer<strong>de</strong>n. Die<br />
risikoadjustierte Vergütung wird <strong>de</strong>mzufolge<br />
zum Bin<strong>de</strong>glied zwischen Corporate<br />
Governance und Risikosteuerung.<br />
Leistungsorientierte Vergütung und dazugehörige<br />
Kompensationsmo<strong>de</strong>lle mit variablen Bestandteilen<br />
haben in <strong>de</strong>n letzten Jahren <strong>de</strong>n<br />
Arbeitsmarkt grundlegend verän<strong>de</strong>rt. Für Unternehmen<br />
sind variable Lohnzahlungen beziehungsweise<br />
die Attraktivität ihrer Vergütungsmo<strong>de</strong>lle<br />
zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor<br />
für die Rekrutierung talentierter Mitarbeiter<br />
gewor<strong>de</strong>n. Doch nach <strong>de</strong>r Finanzkrise<br />
stehen die traditionellen Vergütungssysteme<br />
im Fokus von Politik, Regulatoren und Öffentlichkeit.<br />
Und dies nicht unberechtigt: Die variablen<br />
Komponenten haben Entscheidungsträgern<br />
häufig zu einseitige Anreize zur Steigerung<br />
<strong>de</strong>r Performance gesetzt. Dabei wur<strong>de</strong><br />
kaum, o<strong>de</strong>r mit Sicherheit zu wenig, darauf geachtet,<br />
wie die eingegangenen Risiken im Verhältnis<br />
zur zusätzlichen Rendite stehen und<br />
wer diese Risiken schlussendlich trägt.<br />
Ungleichgewicht zwischen<br />
Verantwortung und Rendite<br />
Diese Fehlanreize führten zu einer Verschiebung<br />
<strong>de</strong>s Gleichgewichts zwischen<br />
<strong>de</strong>r Verantwortung für eingegangene Risiken<br />
und <strong>de</strong>n daraus erwirtschafteten<br />
Renditen. Ein solches Ungleichgewicht zwischen<br />
Rendite und Verantwortung kann eine<br />
große Auswirkung zeitigen. Doch es wäre<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
falsch, Fehlanreize und zu große Risikofreudigkeit<br />
nur innerhalb <strong>de</strong>r Bankbranche zu vermuten.<br />
Die konsequente und umfassen<strong>de</strong> Berücksichtigung<br />
aller Risiken in sämtlichen Entscheidungen<br />
und damit die Umsetzung einer nachhaltigen<br />
Risk Governance ist dabei für alle<br />
Branchen eine <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
als Folge <strong>de</strong>r Finanzkrise.<br />
Dabei sind zwei Aspekte beson<strong>de</strong>rs wichtig für<br />
eine nachhaltige Risk Governance. Einerseits<br />
muss die Risikoverantwortung breiter abgestützt<br />
wer<strong>de</strong>n. Dies be<strong>de</strong>utet, dass auch<br />
Fremdkapitalgeber in die Entscheidungsfindung<br />
einbezogen wer<strong>de</strong>n müssen und bei Liquiditätsengpässen<br />
und Insolvenzfällen an <strong>de</strong>n Folgen<br />
beteiligt wer<strong>de</strong>n. So ist vorstellbar, dass Fremdkapital<br />
im Insolvenzfall zu einer gewissen Quote<br />
unter Zwang in Eigenkapital umgewan<strong>de</strong>lt wird.<br />
An<strong>de</strong>rerseits müssen die Interessen zwischen<br />
Eigentümern und Managern besser ausge-<br />
89
90<br />
Risikoadjustierte Vergütung<br />
glichen wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r heute stark<br />
anonymisierten und atomisierten Aktionärsstrukturen<br />
ist eine Anpassung <strong>de</strong>r Vergütungsmechanismen<br />
ein adäquates Mittel zur Synchronisierung<br />
<strong>de</strong>r Interessen: Wenn ein Manager<br />
höhere Risiken eingeht als vereinbart, dann wird<br />
<strong>de</strong>r Bonuspool entsprechend angepasst.<br />
Risikokosten als Schlüssel<br />
Gera<strong>de</strong> im Bezug auf Vergütungsmechanismen<br />
lassen sich die Anfor<strong>de</strong>rungen an eine nachhaltige<br />
Risk Governance konkretisieren: Die variable<br />
Vergütung muss als Bin<strong>de</strong>glied zwischen<br />
Good Corporate Governance und Risikomanagement<br />
etabliert wer<strong>de</strong>n. Dabei<br />
wird die Vergütungspolitik als Instrument <strong>de</strong>r<br />
Risikosteuerung ein Bestandteil <strong>de</strong>s Risikomanagements.<br />
Gleichzeitig wird durch die Berück-<br />
Autoren<br />
sichtigung <strong>de</strong>r Risikokosten in <strong>de</strong>r Vergütung<br />
die Risikostrategie und die Risikobereitschaft<br />
expliziter Bestandteil <strong>de</strong>r Corporate Governance.<br />
Die Verbindung zwischen Vergütung<br />
und Risikomanagement wird dabei in sämtlichen<br />
Schritten <strong>de</strong>s Vergütungssystems umgesetzt:<br />
Von <strong>de</strong>r Bereitstellung <strong>de</strong>s Bonuspools<br />
(Funding), über <strong>de</strong>ssen Verteilung (Allocation)<br />
bis auch zur Auszahlung (Payout) soll die Vergütung<br />
risikoadjustiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Hierzu ist vor allem zweierlei notwendig: Einerseits<br />
muss die Performance risikoadjustiert<br />
wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m die Risiken in <strong>de</strong>n Kapitalkosten<br />
mitberücksichtigt wer<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>rerseits müssen<br />
die Risikoträger als solche im Unternehmen<br />
<strong>de</strong>finiert und die Risiken beziehungsweise die<br />
risikobehafteten Entscheidungen personell zugeteilt<br />
wer<strong>de</strong>n. Zwei wesentliche Schritte, die<br />
auf operativer wie aber auch strategischer Ebene<br />
spürbare Folgen haben wer<strong>de</strong>n – sie leiten<br />
sogar einen Paradigmenwechsel in <strong>de</strong>r Beurteilung<br />
und Kompensation von erwirtschafteten<br />
Renditen und erbrachten Leistungen ein.<br />
Aufsichtsrat muss größeres<br />
Augenmerk auf die Risikostrategie<br />
legen<br />
Die Themen Risikomanagement und Risk<br />
Governance wur<strong>de</strong>n bisher eher stiefmütterlich<br />
behan<strong>de</strong>lt. Mit <strong>de</strong>r Berücksichtigung im<br />
Vergütungssystem kommen sie jedoch auto-<br />
Dr. Nepumuk Feser<br />
ist Manager bei Hostettler & Partner AG in Zürich.<br />
Tel.: +41 44 560 33 33<br />
Dr. Axel May<br />
ist Partner bei Hostettler & Partner AG, Zürich. Er ist spezialisiert<br />
auf Board Advisory Services im Bereich Risikomanagement und<br />
Corporate Governance.<br />
E-Mail: axel.may@hostettler.org<br />
matisch auf die Agenda <strong>de</strong>s Aufsichtsrates. In<br />
seiner Zuständigkeit liegt nämlich die Ausgestaltung<br />
und Umsetzung <strong>de</strong>r Vergütungssysteme<br />
für <strong>de</strong>n Vorstand. Der Aufsichtsrat muss<br />
sich <strong>de</strong>shalb in einem ersten Schritt intensiv<br />
mit <strong>de</strong>r unternehmensweiten Risikostrategie<br />
auseinan<strong>de</strong>rsetzen und damit <strong>de</strong>n Konsens<br />
und Ankerpunkt für <strong>de</strong>n Umgang <strong>de</strong>s Managements<br />
mit Risiken beurteilen und ggf.<br />
neu setzen.<br />
Mit diesen Aufgaben übernimmt <strong>de</strong>r Aufsichtsrat<br />
mehr Verantwortung für die nachhaltige<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Unternehmens. Die kon-<br />
sequente Ausrichtung an einer risikoadjustierten<br />
Performance und die Beurteilung <strong>de</strong>r<br />
Wirksamkeit einer unternehmensweiten Risikostrategie<br />
geben <strong>de</strong>m Aufsichtsrat zu<strong>de</strong>m<br />
ein Set neuer Instrumente in <strong>de</strong>r Unternehmensführung.<br />
Kernpunkte risikoadjustierter<br />
Vergütungspläne<br />
Neue Systeme müssen vielen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
genügen. Letztendlich muss vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />
dass die Eigentümer größere Risiken tragen<br />
als Manager. Die Folge einer solchen Umverteilung<br />
wäre ein zu großer Bonuspool – und<br />
damit unverhältnismäßig hohe Boni. Das Risiko<br />
ist <strong>de</strong>mentsprechend in je<strong>de</strong>m Schritt <strong>de</strong>r Vergütungssystematik<br />
zu berücksichtigen und wird<br />
so unmittelbar zu einem zusätzlichen Vergütungsparameter.<br />
1. Funding: Kopplung <strong>de</strong>s Bonuspools an<br />
<strong>de</strong>n risikoadjustierten Erfolg<br />
Der Bonuspool muss sich am ökonomischen<br />
Gewinn ausrichten. Dadurch orientiert<br />
sich <strong>de</strong>r Bonus an <strong>de</strong>r effektiven Performance.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist <strong>de</strong>r Bonuspool risikoadjustiert<br />
und bil<strong>de</strong>t bei mehrjährigen Programmen<br />
auch die Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Risikokosten ab.<br />
Alle bekannten Risiken wer<strong>de</strong>n aufgeschlüsselt<br />
und in <strong>de</strong>n Kapitalkosten berücksichtigt. Damit<br />
geht die Bestimmung <strong>de</strong>r Poolgröße über traditionell<br />
verwen<strong>de</strong>te Gewinnmasse wie EBIT o<strong>de</strong>r<br />
NOPAT hinaus.<br />
Ökonomischer Gewinn und Risikokosten<br />
Der ökonomische Gewinn errechnet sich<br />
aus <strong>de</strong>m Betriebsgewinn nach Steuern (NO-<br />
PAT) abzüglich <strong>de</strong>r Kapitalkosten. Der Betriebsgewinn<br />
klammert außeror<strong>de</strong>ntliche Aufwendungen<br />
und neutrale Erträge üblicherweise<br />
aus. Das Gesamtkapital umfasst das Kapital,<br />
welches das Unternehmen für Investitionen<br />
verwen<strong>de</strong>t (also <strong>de</strong>m Risiko ausgesetzt ist).<br />
Die Kapitalkosten berücksichtigen sämtliche<br />
gegenwärtigen wie auch künftigen Risiken<br />
und setzen sich damit aus einem Mengen-<br />
und einem Preisgerüst zusammen: Das
Mengengerüst (Risk Based Capital) ist abhängig<br />
von Markt-, Liquiditäts-, sowie (schwer<br />
messbaren) Reputations- und operationellen<br />
Risiken. Somit zeigt das Mengengerüst die<br />
Summe aller eingegangen Risiken und lässt<br />
sich quantitativ über Berechnungen wie Value<br />
at Risk darstellen. Das Preisgerüst bestimmt<br />
sich aus <strong>de</strong>r Verzinsung <strong>de</strong>s Eigen- und<br />
Fremdkapitals unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s<br />
Zeithorizontes realisierter Cash Flows und<br />
setzt <strong>de</strong>n Marktpreis für das Mengengerüst.<br />
2. Allocation: Kopplung <strong>de</strong>r Bonusallokation<br />
an die Risikoverantwortung<br />
Die Risiken wer<strong>de</strong>n nach Größe und personeller<br />
Zugehörigkeit kategorisiert, um die<br />
sog. „Risk Taker“ zu i<strong>de</strong>ntifizieren. Die Kategorisierung<br />
kann mittels vorab <strong>de</strong>finierter Key Risk<br />
Indikatoren (KRIs), die z.B. über die Höhe <strong>de</strong>r<br />
verantworteten Markt- und Liquiditätsrisiken<br />
Auskunft geben, vorgenommen wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r<br />
Allokation <strong>de</strong>r Boni können dadurch gezielt Anreize<br />
zum Verhalten <strong>de</strong>r Mitarbeiter gesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n: Je größer die verantworteten Risiken<br />
sind, <strong>de</strong>sto sensitiver muss das Vergütungspaket<br />
auf Risiken reagieren. Zu diesem Zweck<br />
wird eine pro-forma Poolverteilung zu Beginn<br />
<strong>de</strong>r Performance Perio<strong>de</strong> festgelegt, die bei Abweichung<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>finierten Risikotoleranz angepasst<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Dadurch wird <strong>de</strong>r Anreiz,<br />
für eine zusätzliche Rendite unverhältnismäßige<br />
Risiken einzugehen, <strong>de</strong>utlich reduziert.<br />
3. Payout: Kopplung <strong>de</strong>r Auszahlung an<br />
die Einhaltung <strong>de</strong>r festgelegten Risikoziele<br />
Für die oben i<strong>de</strong>ntifizierten Risikoträger müssen<br />
individuelle und auf Position und Funktion angepasste<br />
Risikoziele und -limiten <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Mittels einer Risk Score Card, in <strong>de</strong>r die<br />
festgelegten KRI-Limiten verdichtet wer<strong>de</strong>n,<br />
steht für die individuelle Messung <strong>de</strong>r Zielerreichung<br />
ein weiteres Instrument zur Verfügung.<br />
Auch künftige Risikoverän<strong>de</strong>rungen lassen sich<br />
in ihrer Wirkung auf Performanceeinbußen berücksichtigen.<br />
So tangiert die Zielerreichung innerhalb<br />
<strong>de</strong>r festgelegten Risikoziele <strong>de</strong>n Auszahlungsmechanismus<br />
in <strong>de</strong>r nachträglichen<br />
Anpassung <strong>de</strong>r aufgeschobenen Restbeträge.<br />
Die Nichteinhaltung <strong>de</strong>r Risikoziele führt zu<br />
einem gänzlichen o<strong>de</strong>r teilweisen Verlust <strong>de</strong>r<br />
Restansprüche (Abbildung 1 zeigt ein Beispiel<br />
zum Auszahlungsmechanismus). Auch die<br />
Wahl <strong>de</strong>r Auszahlungsinstrumente kann die<br />
Kopplung von Vergütung an <strong>de</strong>n vorgegebenen<br />
Risikoappetit verstärken, etwa in Form<br />
von Aktien o<strong>de</strong>r sogenannten „CoCo´s - Contingent<br />
Convertibles“. Diese Instrumente sind<br />
imstan<strong>de</strong>, das bereits erwähnte Ungleichgewicht<br />
zwischen Risikoverantwortung und Rendite<br />
zwischen Eigentümer und Fremdkapitalgeber<br />
zu schmälern, da Fremdkapital im Falle<br />
vor<strong>de</strong>finierter Ereignisse, wie etwa das Unterschreiten<br />
einer bestimmten Kernkapitalquote,<br />
zwingend in Eigenkapital gewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n<br />
müsste.<br />
Mehr als nur Kosmetik<br />
Risikoadjustierte Vergütungssysteme entsprechen<br />
dank zweier Mechanismen im Instrumentarium<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensführung<br />
einem Paradigmenwechsel und gehen so<br />
weit über eine reine Konzeptanpassung hinaus:<br />
Erstens ist <strong>de</strong>r Kapitalkostenansatz verän<strong>de</strong>rbar,<br />
und es kann auch ex post <strong>de</strong>r Saldo<br />
<strong>de</strong>s Bonuspools angepasst wer<strong>de</strong>n. Diese<br />
Möglichkeit trägt <strong>de</strong>r Entwicklung Rechnung,<br />
dass nicht alle Risiken je<strong>de</strong>rzeit bekannt und<br />
messbar sind. Somit kann die Bonusanwartschaft<br />
durch die Verwendung <strong>de</strong>s Kapitalkostensatzes<br />
sowohl zeitlich vorwärts- wie auch<br />
rückwärtsgerichtet <strong>de</strong>terminiert wer<strong>de</strong>n. Zweitens<br />
hat das System mit <strong>de</strong>r individuellen Zubilligung<br />
eines gewissen Risikoappetits einen<br />
empfindlichen Malus: Wenn das <strong>de</strong>finierte<br />
Risikohöchstmaß überschritten wird, können<br />
die Auszahlungsansprüche verfallen.<br />
Die Möglichkeit dieses quasi digitalen Schemas<br />
[0,1] ist eine Neuheit für Vergütungssysteme.<br />
In <strong>de</strong>r Konsequenz stellt die Mechanik weitestgehend<br />
sicher, dass die ursprünglich errechneten<br />
Bonuspools nicht zu groß sind, da<br />
sie alle bekannten Risikokosten berücksichtigen.<br />
Die verzögerte Auszahlung am Risiko<br />
trägt <strong>de</strong>m Umstand sich verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Risikokosten<br />
Rechnung und gewährleistet durch die<br />
KRI-Limiten die Kongruenz mit <strong>de</strong>r Risikosteuerung.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Drei Meilensteine zur Umsetzung<br />
Ein solcher Wechsel in <strong>de</strong>r Konzeption bringt<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen mit sich. Grundsätzlich gibt<br />
es drei Punkte, die Grundlage für die Umsetzung<br />
wer<strong>de</strong>n:<br />
1. Einführung <strong>de</strong>s ökonomischen Gewinns<br />
Mit <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>s Konzepts <strong>de</strong>s ökonomischen<br />
Gewinns wird die Grundlage für die<br />
umfassen<strong>de</strong> Berücksichtigung sämtlicher Risiken<br />
gelegt. Hierbei ist zentral, dass auch<br />
schwer messbare Risiken aufgenommen wer<strong>de</strong>n<br />
und <strong>de</strong>n Zeithorizonten <strong>de</strong>r Risikorealisation<br />
Rechnung getragen wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Finanzierung <strong>de</strong>s Bonuspools verlangt<br />
nachvollziehbare und objektive Kriterien zur Allokation<br />
<strong>de</strong>s Pools auf Risikoeinheiten. Die Risikoverantwortung<br />
und die entsprechen<strong>de</strong>n Limiten<br />
müssen zwingend bis auf die Ebene individueller<br />
Risikoträger <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n.<br />
2. Einbindung <strong>de</strong>r Risikofunktion in <strong>de</strong>n<br />
Vergütungsprozess<br />
Die Vergütungsprozesse müssen mit <strong>de</strong>n Risikoüberwachungsprozessen<br />
abgestimmt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Risikoüberwachung muss die drei<br />
Schritte von Funding, Allocation und Payout<br />
einzeln ab<strong>de</strong>cken und mit entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Kennziffern kontrollieren. Die Koppelung von<br />
Risikomanagement an die Vergütung erfor<strong>de</strong>rt<br />
die Etablierung neuer Reporting-Mechanismen<br />
an die zuständigen Stellen, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>n<br />
Aufsichtsrat.<br />
3. Stärkung <strong>de</strong>r Risikokompetenz im Aufsichtsrat<br />
Um sinnvoll und wirksam die Beurteilung <strong>de</strong>r<br />
Risikostrategie vorzunehmen, muss die Risikokompetenz<br />
im Aufsichtsrat (als zuständiges<br />
Gremium) gestärkt wer<strong>de</strong>n. Die Verknüpfung<br />
von Risikomanagement und Vergütung for<strong>de</strong>rt<br />
eine entsprechen<strong>de</strong> Professionalisierung und<br />
Zusammenarbeit <strong>de</strong>r jeweiligen Gremien, die<br />
weitestgehend bereits etabliert sind. Zur wirk-<br />
91
92<br />
Risikoadjustierte Vergütung<br />
Zum Zeitpunkt t+1 wird aufgrund <strong>de</strong>r Fundingmechanismen <strong>de</strong>r Bonuspool für das Jahr 1 bestimmt. Der Funding Pool berücksichtigt alle<br />
Arten von Risiken, die zu diesem Zeitpunkt bekannt sind. Dies führt zu einem Pool von CHF 90. Aufgrund <strong>de</strong>r Auszahlungsbestimmungen wird<br />
nun CHF 30 ausbezahlt. Die Risikolimite wur<strong>de</strong>n im Jahr 1 allesamt eingehalten, <strong>de</strong>shalb kommt <strong>de</strong>r volle Anteil zur Auszahlung. Damit bleibt<br />
nach <strong>de</strong>r Auszahlung eine Anwartschaft von CHF 60 auf <strong>de</strong>n Bonuspool für das Jahr 1. Diese Anwartschaft ist jedoch nicht absolut: Sie ist<br />
davon abhängig, wie hoch die Kapitalkosten unter Berücksichtigung aller Risiken (und <strong>de</strong>ren Verän<strong>de</strong>rung) zum Zeitpunkt t+2 ausfallen.<br />
Ergibt die Funding Formel zum Zeitpunkt t+1 für Serie 1 mit <strong>de</strong>n Informationen zum Zeitpunkt t+2 nicht CHF 90, son<strong>de</strong>rn nur CHF 80, dann<br />
verbleibt CHF 80 – CHF 30 = CHF 50 zur Auszahlung. Die verbleiben<strong>de</strong> Anwartschaft in Höhe von CHF 60 wird also auf CHF 50 reduziert<br />
und die Auszahlung in <strong>de</strong>n verbleiben<strong>de</strong>n zwei Jahren je zur Hälfte vorgesehen. Von <strong>de</strong>n verbleiben<strong>de</strong>n CHF 50 wird also CHF 25 ausbezahlt<br />
(wenn wie<strong>de</strong>rum alle Risikolimiten eingehalten wur<strong>de</strong>n). Die restlichen CHF 25 bleiben am Risiko und sind abhängig von <strong>de</strong>n Kapitalkosten<br />
zum Zeitpunkt t+3 und <strong>de</strong>r Einhaltung <strong>de</strong>r Risikolimite.<br />
Abb. 1: Mechanik risikobereinigter Vergütungssysteme<br />
samen Beurteilung muss <strong>de</strong>m Aufsichtsrat zu<strong>de</strong>m<br />
ein umfassen<strong>de</strong>s Informationssystem zur<br />
Verfügung stehen, welches über Entwicklungen<br />
und Verän<strong>de</strong>rungen im Bereich Kompensation<br />
wie auch Risikomanagement informiert.<br />
Gute Risk Governance stärkt <strong>de</strong>n<br />
Unternehmenserfolg<br />
Mit risikoadjustierten Lohnanreizen können<br />
Mitarbeiten<strong>de</strong> gezielt geför<strong>de</strong>rt und im<br />
Sinne eines nachhaltigen Unternehmenserfolgs<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Befürchtungen<br />
während <strong>de</strong>r Finanzkrise, dass ausufern<strong>de</strong><br />
Einzelfälle mit überhöhten Boni leistungsorientierte<br />
Lohnsysteme gefähr<strong>de</strong>n könnten,<br />
sind bisher nicht eingetreten. Ganz im Gegensatz:<br />
Die Berücksichtigung <strong>de</strong>r Risiken wird<br />
vermehrt auch von <strong>de</strong>n Regulatoren gefor<strong>de</strong>rt<br />
– und bietet dabei mit <strong>de</strong>r Koppelung an die<br />
Vergütung <strong>de</strong>r Unternehmensleitung ein<br />
neues Führungsinstrument. Die grundlegen<strong>de</strong><br />
Definition einer Risikostrategie und <strong>de</strong>r dazu-<br />
gehörigen Risikolimiten stellt das Unternehmen<br />
auf eine stabile Basis. Zu<strong>de</strong>m steht mit<br />
<strong>de</strong>r risikoadjustierten Vergütung <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />
im Arbeitsmarkt ein mo<strong>de</strong>rnes, wettbewerbsfähiges<br />
Vergütungsmo<strong>de</strong>ll zur<br />
Verfügung – welches langfristig gute Führungskräfte<br />
und entsprechen<strong>de</strong>n Unternehmenserfolg<br />
bringen kann.
Das „gedruckte Literaturforum“ im Controller Magazin, das an dieser<br />
Stelle weiterhin in bekannter Form erscheint, verfügt auch<br />
über einen ergänzen<strong>de</strong>n Online-Service. Bitte schauen Sie mal<br />
herein und mel<strong>de</strong>n sich dort zu Wort.<br />
Der Link auf die Einstiegsseite lautet:<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/controllerwissen/fc<br />
Auf ein Wort<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
liebe Kolleginnen und liebe Kollegen im Controlling!<br />
Ich begrüße Sie herzlich zur „Winterausgabe“ bzw. zur ersten Ausgabe<br />
Ihres Literaturforums im neuen Jahr. Ich habe für Sie einen<br />
bunten Bücherstrauß zusammengestellt aus klassischen und neuen<br />
Themen, aus herkömmlichen und kritischen Sichtweisen.<br />
Themen dieser Ausgabe (auszugsweise)<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an Controller – CFO – Indirekte Steuerung –<br />
Strategie – Business-English – BWL / VWL – Mittelständische<br />
Unternehmen – HGB und IFRS – Umweltorientierung – Finanzierung<br />
– Kun<strong>de</strong>norientierung – Neue Medien – Persönliches –<br />
Fachbuch-ABC<br />
Ihr Alfred Biel<br />
Allgemeine Hinweise: Die Inhalte dieser Seiten wur<strong>de</strong>n mit großer<br />
Sorgfalt erstellt. Die bibliografischen Daten, insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Preisangaben, entsprechen <strong>de</strong>m Kenntnisstand <strong>de</strong>s Rezensenten<br />
zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Manuskripterstellung und beziehen sich auf<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Buchmarkt. Der Rezensent übernimmt keinerlei<br />
Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit o<strong>de</strong>r Qualität<br />
<strong>de</strong>r bereitgestellten Informationen und Hinweise. Auf die – <strong>de</strong>r<br />
weiterführen<strong>de</strong>n Information dienen<strong>de</strong>n – verlinkten Seiten hat <strong>de</strong>r<br />
Rezensent keinen Einfluss. Für <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r verlinkten Seiten<br />
sind ausschließlich <strong>de</strong>ren Betreiber verantwortlich. Es wird aus<br />
Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Lesbarkeit die geschlechtsneutrale bzw. männliche<br />
Form verwandt. Selbstverständlich sind stets sowohl Leserinnen<br />
als auch Leser gemeint. Der Rezensent orientiert sich am Ethik-<br />
Ko<strong>de</strong>x <strong>de</strong>s Deutschen Fachjournalisten Verban<strong>de</strong>s e. V. (DFJV).<br />
Literarische Schlaglichter<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Wer anspruchsvolle Aufgaben im Unternehmen wahrnimmt, hat ein ebenso<br />
herausfor<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>s Anfor<strong>de</strong>rungsprofil. – Aus: Weber et al.: Neue Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an Controller, S. 68.<br />
Unternehmensführung ist damit eine Gratwan<strong>de</strong>rung zwischen <strong>de</strong>r Anpassungsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Unternehmung an ihre Umwelt und ihre Beherrschbarkeit,<br />
eine Gratwan<strong>de</strong>rung zwischen Neuerung und Bewahrung. –<br />
Aus: Hugentobler, W. et al.: Integrale Betriebswirtschaftslehre, S. 95.<br />
Zielvereinbarungen sind immer auch mit Blick auf die Machbarkeit und<br />
Vernetzung mit an<strong>de</strong>ren Bereichen und Zielen vorzunehmen. Auch die Rahmenbedingungen,<br />
unter <strong>de</strong>nen die Arbeit geleistet wird, müssen beachtet<br />
wer<strong>de</strong>n. – Aus: Bröckermann et al.: Handbuch Personalentwicklung, S. 691.<br />
Die Güte <strong>de</strong>r Finanzanalyse zeigt sich eher in <strong>de</strong>r Zusammenstellung aktueller<br />
Daten, im Verweis auf anerkannte Zusammenhänge und vor allem<br />
in <strong>de</strong>r Tiefe und Logik <strong>de</strong>r Argumentation als im Urteil selbst. – Aus: Spremann<br />
/ Scheurle: Finanzanalyse, S. 8.<br />
Allzu euphorisch wur<strong>de</strong>n die immer wie<strong>de</strong>r zitierten Vorteile <strong>de</strong>r internationalen<br />
Bilanzierung herausgestellt, gleichzeitig wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ren Kritiker<br />
als konservative und provinzielle Nörgler abgewertet. Heute betrachten wir<br />
die internationale Rechnungslegung weitaus kritischer und zeigen immer<br />
intensiver <strong>de</strong>ren Grenzen auf. – Aus: Küting et al.: IFRS und BilMoG, S. 2.<br />
Die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Frage im Sharehol<strong>de</strong>r Value ist, auf welcher Basis <strong>de</strong>r<br />
nötige finanzielle Erfolg erwirtschaftet wird, wie er verwen<strong>de</strong>t bzw. verteilt<br />
wird und wie nachhaltig er ist. – Aus: Losbichler / Engelbrechtsmüller:<br />
CFO-Schlüssel-Know-how unter IFRS, S. 334.<br />
Für Unternehmen be<strong>de</strong>utet die Vielfalt <strong>de</strong>r Diskussionsplattformen <strong>de</strong>n<br />
Kontrollverlust. – Aus: Bernhard: Social Media Relations, S. 176.<br />
Ihr unternehmerisches Wirken hinterlässt eine Vielzahl von elektronischen<br />
Fußabdrücken. Behalten Sie das öffentliche Wissen über sich selbst im<br />
Auge. – Aus: Burger: Kredite: Bankverhandlungen richtig führen, S. 171.<br />
Zum einen ist von unvollständigen Informationen als Grenze <strong>de</strong>r Rationalität<br />
von Entscheidungen auszugehen; hinzu kommt noch die Notwendigkeit,<br />
mit „weichen Daten“ umgehen zu müssen. – Aus: Müller: Umweltorientiertes<br />
betriebliches Rechnungswesen, S. 41.<br />
Wo nicht gemessen wer<strong>de</strong>n kann, muss beurteilt wer<strong>de</strong>n. Manager wer<strong>de</strong>n<br />
gera<strong>de</strong> dort gebraucht, wo man nicht mehr messen kann. Alles, was<br />
einfach messbar ist, kann heute ein Computer erledigen. – Aus: Klauser:<br />
Lenke, was <strong>de</strong>in Unternehmen lenkt, S. 110.<br />
Implementierungsstrategien sollen davon ausgehen, zwischen <strong>de</strong>m<br />
theoretisch Denkbaren und <strong>de</strong>m praktisch Machbaren zu vermitteln. –<br />
Aus: Ossadnik et al.: Controlling mittelständischer Unternehmen, S. 174.<br />
Literaturforum<br />
93
Literaturforum<br />
94<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Und schließlich sind alle modischen Ansätze immer auf ihren tatsächlichen<br />
Fortschritt, nach Verständlichkeit und Realisierbarkeit zu prüfen. –<br />
Aus: Stöger: Strategieentwicklung für die Praxis, S. 7.<br />
Versteht man Sharehol<strong>de</strong>r Value im gleichen Sinne wie seine geistigen<br />
Väter, besteht zum Stakehol<strong>de</strong>r Value kein Unterschied. – Aus: Schwab:<br />
Managementwissen, S. 237.<br />
Die Konkurrenzanalyse wird <strong>de</strong>mnach zu 46 % permanent und systematisch,<br />
zu 45 % nach Bedarf und zu 9 % nie betrieben. – Aus: Pufahl: Vertriebscontrolling,<br />
S. 80.<br />
Das fehlen<strong>de</strong> Kun<strong>de</strong>nwissen und die mangeln<strong>de</strong> Möglichkeit, richtig auf<br />
die Bedürfnisse <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n einzugehen, müssen dazu innerhalb eines<br />
Verdrängungswettbewerbs überwun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. – Aus: Kletti / Stöcker:<br />
Marketing mit SAP CRM, S. 29.<br />
Klassische Kun<strong>de</strong>nbefragungen bleiben meist an <strong>de</strong>r Oberfläche. Auf<br />
ihre mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r sorgfältig ausformulierten Fragen erhalten die Interviewer<br />
Antworten, die logisch klingen und opportun erscheinen o<strong>de</strong>r die<br />
<strong>de</strong>n Befragten vor sich selbst und an<strong>de</strong>ren in ein gutes Licht rücken sollen.<br />
– Aus: Schüller: Kun<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Flucht?, S. 147.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>s Status quo (…) besteht die Gefahr, dass politische<br />
Erwägungen o<strong>de</strong>r persönliche Karriereinteressen die Beurteilung<br />
dominieren. Dieser Gefahr kann letztlich nur durch die For<strong>de</strong>rung<br />
nach Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Bewertungsprozess begegnet<br />
wer<strong>de</strong>n. – Aus: Simon et al.: Das große Handbuch <strong>de</strong>r Strategieinstrumente,<br />
S. 64.<br />
Besprechungen<br />
In <strong>de</strong>r Diskussion:<br />
Neue Anfor<strong>de</strong>rungen an Controller<br />
Weber, Jürgen / Preis, Anton / Boettger, Ulrich<br />
Neue Anfor<strong>de</strong>rungen an Controller<br />
Weinheim: Wiley – VCH Verlag 2010 – 72 Seiten, € 24,90<br />
Autoren und Buch<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Weber lehrt Controlling<br />
an <strong>de</strong>r WHU und ist Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Kuratoriums <strong>de</strong>s Internationalen<br />
Controller Vereins (ICV). Dipl.-Kfm. Dipl.-<br />
Wirtsch.-Inf. Anton Preis ist nach Verlagsangaben<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
und Dr. Ulrich Boettger leitet das Corporate<br />
Controlling <strong>de</strong>r BASF. Die Veröffentlichung<br />
erscheint in <strong>de</strong>r Reihe Advanced<br />
Controlling als Band 75. Dieser Jubiläumsband<br />
vermittelt Ergebnisse aus For-<br />
schung und Unternehmenspraxis zu Stand und Entwicklung <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an Controller.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Warum sollen Unternehmen die Anfor<strong>de</strong>rungen an ihre Controller kennen?<br />
– Wie kann man Anfor<strong>de</strong>rungen an Controller bestimmen? – Welche aktuellen<br />
Ergebnisse bietet die Praxis? – Praxis konkret: Business Partnering<br />
bei BASF – Was können wir lernen?<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Die Autoren greifen ein Standardthema auf. Ein Thema, das stets aktuell<br />
und interessant ist. Angesichts <strong>de</strong>s komplexen und dynamischen Umfelds<br />
und <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Rollenerwartungen – <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s Controllers<br />
zum Businesspartner – gewinnt die Thematik eine beson<strong>de</strong>re Aktualität.<br />
Der Band fußt auf umfangreichen Forschungsarbeiten, weniger konzeptioneller<br />
als vielmehr empirischer Art. Ein umfangreicher Praxisbeitrag<br />
<strong>de</strong>r BASF vertieft und illustriert die Ausführungen. Dieser Band unterschei<strong>de</strong>t<br />
sich von <strong>de</strong>n bereits vorhan<strong>de</strong>nen zahlreichen Darstellungen <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an Controller durch methodische Qualität und die zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong>n<br />
zwei qualitativen Studien mit 52 geführten Interviews. Von beson<strong>de</strong>rem<br />
Reiz ist, dass Manager und Controller in diesem Band vielfach<br />
zu Wort kommen, häufig auch Klartext re<strong>de</strong>n und auch Probleme und Konflikte<br />
thematisieren. Der Band gibt eine anschauliche Darstellung <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an Controller und erschließt <strong>de</strong>m Leser Überlegungen und<br />
Vorstellungen zum Controller-Anfor<strong>de</strong>rungsprofil aus <strong>de</strong>r Praxis. Die Betrachtungen<br />
mün<strong>de</strong>n ein in die Schlussfolgerung, wer anspruchsvolle Aufgaben<br />
im Unternehmen wahrnimmt, hat ein ebenso herausfor<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>s Anfor<strong>de</strong>rungsprofil.<br />
Entsprechend <strong>de</strong>m Charakter <strong>de</strong>r AC-Reihe han<strong>de</strong>lt es<br />
sich um einen handlichen und gut lesbaren Band.<br />
Neues zum Controlling<br />
Losbichler Heimo (Hrsg.) / Engelbrechtsmüller Christian (Hrsg.)<br />
CFO-Schlüssel-Know-how unter IFRS<br />
Wien: Lin<strong>de</strong> Verlag 2010 – 491 Seiten, geb., € 78,–<br />
Autoren und Buch<br />
Mag. Christian Engelbrechtsmüller, Wirtschaftsprüfer<br />
und Steuerberater, ist nach<br />
Verlagsangaben Geschäftsführer und<br />
Partner im Bereich Advisory <strong>de</strong>r KPMG in<br />
Linz. Prof. (FH) Dipl.-Ing. Dr. Heimo Losbichler<br />
ist Professor für Controlling an <strong>de</strong>r<br />
FH-OÖ in Steyr (A) und Stv. Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Internationalen Controller<br />
Vereins. In diesem Herausgeberband<br />
kommen insgesamt 17 Autoren zu Wort, fast alle aus <strong>de</strong>r KPMG. Der vorliegen<strong>de</strong><br />
Band thematisiert die Steuerung <strong>de</strong>r finanziellen Performance<br />
und veranschaulicht die zu lösen<strong>de</strong>n Aufgaben mit Hilfe einer integrierten<br />
Praxisfallstudie.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
M&A – Transaktionen in IFRS-Abschlüssen lesen und verstehen – Erläuterungen<br />
zum IFRS-Konzernabschluss – Geschäftstätigkeiten und Mittel-
fristplanung – Unternehmensrating – Due Diligence – Unternehmensbewertung<br />
– Akquisitionsfinanzierung – Kaufpreisallokation – Bilanzpolitik<br />
und IFRS-Umstellung – Impairment Test – Integration <strong>de</strong>r Rechnungslegung<br />
– Fast Close – Unternehmenssteuerung mittels Finanzplanung –<br />
IFRS im ERP – Umsatzkostenverfahren – Kapitalkosten – Wertsteigerungsmanagement<br />
– Working Capital – Konzernsteuercontrolling – Zinsrisikomanagement<br />
– Währungsrisikomanagement – Energie- und Rohstoffpreisrisikomanagement<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Die Herausgeber skizzieren die Be<strong>de</strong>utung und Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s<br />
Chief Financial Officer (CFO), umreißen das komplexe Aufgabenfeld und<br />
die finanziellen Steuerungsinstrumente <strong>de</strong>s CFO. Das Buch verfolgt die<br />
Absicht, Schlüssel-Know-how in Bezug auf die mo<strong>de</strong>rnen Steuerungsinstrumente<br />
von CFOs in neuartiger Form aufzubereiten. Dazu arbeiten die<br />
Autoren mit <strong>de</strong>m umfassen<strong>de</strong>n Fallbeispiel <strong>de</strong>s Erwerbs und <strong>de</strong>r Integration<br />
<strong>de</strong>r Tech AG durch die HAI AG. Die Fallstudie erstreckt sich – bis auf<br />
das Grundlagenkapitel – über alle 21 Kapitel dieser Veröffentlichung. Die<br />
einzelnen Kapitel sind einheitlich und systematisch aufgebaut und vermitteln<br />
sowohl Grundlagen- als auch Vertiefungswissen. Einige Abschnitte<br />
ziehen beson<strong>de</strong>rs viel Aufmerksamkeit auf sich, dies gilt insbeson<strong>de</strong>re für<br />
das herausragen<strong>de</strong> Kapitel „Wertsteigerungsmanagement“. Das Buch erscheint<br />
in einem mo<strong>de</strong>rnen, lesefreundlichen Layout und ist reichlich illustriert.<br />
Insgesamt bietet das gelungene Werk Studieren<strong>de</strong>n und Praktikern<br />
fundiertes Wissen und Hilfen, die praktische Steuerung <strong>de</strong>r finanziellen<br />
Performance unter IFRS erfolgreich zu bewältigen.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter:<br />
www.lin<strong>de</strong>verlag.at/titel-1-1/cfo_schluessel_know_how_unter_ifrs-3868/<br />
Klauser, Marius<br />
Lenke, was <strong>de</strong>in Unternehmen lenkt<br />
Frankfurt: Campus Verlag 2010 – 224 Seiten, € 49,90<br />
Autor und Buch<br />
Dr. Marius Klauser arbeitet nach Verlagsangaben<br />
beim Malik Management Zentrum St.<br />
Gallen und leitet als Partner und Mitglied <strong>de</strong>r<br />
Geschäftsleitung unter an<strong>de</strong>rem das Kompetenzzentrum<br />
Managementprozesse. Das<br />
Buch erscheint in <strong>de</strong>r Reihe „Edition Malik“<br />
und befasst sich mit <strong>de</strong>r Eignung und Wirksamkeit<br />
von Managementprozessen. Als Lösungsansatz<br />
wird die Management-Prozess-Architektur<br />
(MPA) vorgetragen. Dem<br />
Vernehmen nach beruht die Veröffentlichung<br />
auf <strong>de</strong>r Dissertation <strong>de</strong>s Verfassers.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Die Zukunft ist nicht gratis – Bausteine <strong>de</strong>r MPA-Theorie – Eine Theorie<br />
aus 18 Thesen – Erfolg im Interesse <strong>de</strong>s Unternehmens – Managementprozesse<br />
genau betrachtet – Management <strong>de</strong>r Managementprozesse –<br />
Die Zukunft ist jetzt<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> Neuerscheinung unterschei<strong>de</strong>t sich von ähnlichen Pu-<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
blikationen, die die Geschäftsprozesse zum Gegenstand haben, durch<br />
die ein<strong>de</strong>utige Fokussierung auf die Managementprozesse. Klauser thematisiert<br />
die „indirekte Führung“ und damit die indirekte Einwirkung<br />
durch die Gestaltung von Managementprozessen und Rahmenbedingungen.<br />
Nach einer theoretischen Grundlegung im ersten Teil entwickelt<br />
<strong>de</strong>r Autor ein Konzept, ein Programm unter <strong>de</strong>r Fragestellung: Wie muss<br />
eine Management-Prozess-Architektur (MPA) ausgeformt sein, damit<br />
diese in ihrer komplexen Umwelt nachhaltig erfolgreich ist. Im Sinne<br />
dieses Buches unterstützt die MPA Unternehmen dabei, ihren langfristigen<br />
Erfolg abzusichern, in <strong>de</strong>m Managementprozesse so gestaltet, gelenkt<br />
und entwickelt wer<strong>de</strong>n, dass sie ihre Funktionsfähigkeit erhalten<br />
bzw. erhöhen und <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>nnutzen maximieren. Das Buch fußt auf<br />
<strong>de</strong>m Managementverständnis von Malik, was durch vielfältige Querverweise<br />
<strong>de</strong>utlich wird. Es ist eine anregen<strong>de</strong> und auch eine anspornen<strong>de</strong><br />
Lektüre. Beispielsweise sind die Kapitel „Nicht-Messbares beurteilen“<br />
und „Business System Controlling“ o<strong>de</strong>r die Überlegungen zum „ganzheitlichen<br />
Unternehmenserfolg“ recht bemerkens- und diskussionswert.<br />
Das Buch ist insgesamt eine Auffor<strong>de</strong>rung, das Arbeiten „im“ Unternehmen<br />
durch ein Arbeiten „am“ Unternehmen zu ergänzen. Die Ausführungen<br />
sind vielfach abstrakter und grundsätzlicher Natur. Die kurzen<br />
Praxisbeispiele reichen kaum als Umsetzungshilfe. Ein Transfer auf konkrete<br />
Unternehmen bedarf aller Voraussicht nach <strong>de</strong>r Unterstützung<br />
durch Berater aus <strong>de</strong>m Malik Management Zentrum. So dient das Buch<br />
<strong>de</strong>r Information und Anregung und auch <strong>de</strong>r Verkaufsför<strong>de</strong>rung, zur einschlägigen<br />
Beratung.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.campus.<strong>de</strong><br />
Stöger, Roman<br />
Strategieentwicklung für die Praxis<br />
Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag 2010 – 331 Seiten, € 39,95<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> 2., überarbeitete und erweiterte Auflage mit <strong>de</strong>m<br />
Unter titel „Kun<strong>de</strong> – Leistung – Ergebnis“ befasst sich zunächst mit<br />
Schlüsselgrößen, Strategieprozess und Leitbild, und stellt anschließend<br />
ein Phasenkonzept in die Aufmerksamkeit: Beurteilung <strong>de</strong>r Ausgangslage<br />
– Erarbeitung von Strategieoptionen – Entwicklung <strong>de</strong>r Strategie –<br />
Umsetzung und Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Strategie. Das Buch ist anschaulich<br />
und lesefreundlich geschrieben und orientiert sich an <strong>de</strong>r<br />
Praxis.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.schaeffer-poeschel.<strong>de</strong><br />
Simon, Hermann / von <strong>de</strong>r Gathen, Andreas<br />
Das große Handbuch <strong>de</strong>r Strategieinstrumente<br />
Frankfurt: Campus Verlag 2010 – 383 Seiten, € 59,90<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> 2. aktualisierte und erweiterte Auflage vermittelt, so <strong>de</strong>r<br />
Untertitel, „Werkzeuge für eine erfolgreiche Unternehmensführung“. Den<br />
Angaben zufolge ist dieses Buch das Werk eines Autorenteams <strong>de</strong>r Unternehmensberatung<br />
Simon-Kucher & Partners. Die vorliegen<strong>de</strong> Neuauflage<br />
glie<strong>de</strong>rt sich in Instrumente zur Strategie <strong>de</strong>s Unternehmens und Instrumente<br />
zur Strategie von Geschäftseinheiten. Innerhalb <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Blöcke<br />
95
Literaturforum<br />
96<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
unterglie<strong>de</strong>rn die Autoren jeweils in analysebezogene und umsetzbezogene<br />
Instrumente. Das Handbuch macht mit über 30 verschie<strong>de</strong>nen<br />
Werkzeugen vertraut und vermittelt hierzu ein breites Spektrum an Wissen,<br />
Erfahrungen und Einschätzungen.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter:<br />
www.campus.<strong>de</strong>/leseproben/9783593393353.pdf<br />
Bosewitz, Anette / Bosewitz, René / Wörner, Frank<br />
Business English für Controller<br />
München: <strong>Haufe</strong>-Lexware 2010 – 221 Seiten, € 39,80<br />
Der vorliegen<strong>de</strong> <strong>Haufe</strong>-Ratgeber verbin<strong>de</strong>t<br />
eine einführen<strong>de</strong> Darstellung <strong>de</strong>r Controllerarbeit<br />
mit Sprachtrainer, Wörterbuch<br />
und nützlichen Sprachtipps. Fachbeispiele,<br />
Textbausteine, Gesprächsleitfa<strong>de</strong>n<br />
und Vokabeln unterstützen englischsprachige<br />
Präsentationen und die Kommunikation<br />
auf Englisch. Als bemerkenswerten<br />
Zusatznutzen bietet das Werk ergänzen<strong>de</strong>s<br />
Online-Lernmaterial auf <strong>de</strong>r Website<br />
<strong>de</strong>s Buches (Zugangsco<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m<br />
Buch erfor<strong>de</strong>rlich). Dieser Zugriff ermöglicht ein vertiefen<strong>de</strong>s Arbeiten.<br />
Das Buch ist speziell auf die Bedürfnisse <strong>de</strong>r Controller zugeschnitten und<br />
erweist sich als nützliche Unterstützung bei <strong>de</strong>r Optimierung <strong>de</strong>r englischsprachigen<br />
Sprachkompetenz.<br />
Volks- und Betriebswirtschaftslehre<br />
Hugentobler, W. / Schaufenbühl, K. / Blattner, M. (Hrsg.)<br />
Integrale Betriebswirtschaftslehre<br />
Zürich: Orell Füssli Verlag 2010 – 1.017 Seiten, € 70,–<br />
Dies in Inhalt und Aufmachung mo<strong>de</strong>rne<br />
betriebswirtschaftliche Lehrbuch erscheint<br />
in 3. erweiterter Auflage. Es richtet<br />
sich an einen breiten Leserkreis an<br />
Hochschulen und in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis.<br />
Das Werk ist ausgesprochen lesefreundlich<br />
und effektvoll gestaltet. Neben<br />
klassischen betriebswirtschaftlichen Themen<br />
fin<strong>de</strong>n sich in diesem Buch auch<br />
neuere Themenfel<strong>de</strong>r, wie z. B. Ökologie-<br />
und Technologiemanagement o<strong>de</strong>r Energiemanagement.<br />
Die von <strong>de</strong>n Autoren mit Beispielen, weiterführen<strong>de</strong>n<br />
Fachartikeln und Lernkontrollen ständig aktualisierte Webplattform unterstützt<br />
die Lektüre.<br />
Link: www.bwl-online.com o<strong>de</strong>r www.bwl-online.ch.<br />
Zum Zeitpunkt dieser Nie<strong>de</strong>rschrift wird dort aber noch auf die Vorauflage<br />
Bezug genommen.<br />
Herrmann, Frank<br />
Kurzvorträge BWL/VWL<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Gabler Verlag 2010 – 248 Seiten, € 34,95<br />
Den Angaben zufolge hat <strong>de</strong>r Autor Prüfungen <strong>de</strong>r letzten Jahre für Studieren<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftswissenschaften und angehen<strong>de</strong> Steuerberater<br />
ausgewertet und auf dieser Basis dieses Lehrbuch erstellt. Das Buch unterstützt<br />
Examenskandidaten <strong>de</strong>r Wirtschaftswissenschaften, angehen<strong>de</strong><br />
Steuerberater und an<strong>de</strong>re Prüflinge bei <strong>de</strong>r Vorbereitung auf ihre Kurzvorträge<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r mündlichen Prüfung <strong>de</strong>r Allgemeinen BWL und VWL.<br />
Nach einer knappen Darstellung <strong>de</strong>r mündlichen Prüfung vermittelt das<br />
Lehrbuch in strukturierter Form über 50 ausgearbeitete Kurzvorträge, z. B.<br />
zu <strong>de</strong>n Themen Gründung einer GmbH, Konzentration, Innovationsmanagement<br />
o<strong>de</strong>r zur aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise. Darüber<br />
hinaus eignet sich das Buch, theoretisches Grundwissen zu ausgewählten<br />
Themen aufzubauen o<strong>de</strong>r aufzufrischen. Der Kurzvortrag „Controlling“ ist<br />
diskussionsbedürftig.<br />
Schwab, Adolf<br />
Managementwissen<br />
Berlin: Springer Verlag 2010 – 344 Seiten, € 44,95<br />
Prof. Dr. Adolf Josef Schwab ist Ordinarius im Ruhestand und leitet heute<br />
die Prof. Dr. Schwab Consulting. Das vorliegen<strong>de</strong> Buch will Berufseinsteigern,<br />
Existenzgrün<strong>de</strong>rn und weiteren Anfängern Know-how vermitteln. Es<br />
kann darüber hinaus ein Ratgeber sein, wie grundsätzliche Fragestellungen<br />
im Unternehmen dargestellt und vermittelt wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Fachfrem<strong>de</strong><br />
betriebswirtschaftlich wirkungsvoller erreicht wer<strong>de</strong>n können. Das<br />
Buch führt recht verständlich und anschaulich ein in die elementare Begriffs-<br />
und Denkwelt <strong>de</strong>r Betriebswirtschaftslehre. Zu<strong>de</strong>m erhält <strong>de</strong>r Leser<br />
eine grundlegen<strong>de</strong> Unterweisung in die wichtigsten Managementfähigkeiten.<br />
Neben klassischem BWL-Wissen geht Schwab auch vielfach auf<br />
Soft Facts und Verständniswissen ein, wie z. B.: Warum braucht das<br />
Unternehmen Gewinn o<strong>de</strong>r negative Folgen <strong>de</strong>r „Selbstbedienungsmentalität”<br />
<strong>de</strong>s Top-Managements.<br />
Boersch, Cornelius / Westerwelle, Guido (Hrsg.)<br />
Das Summa Summarum von Politik und<br />
Wirtschaft<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Gabler Verlag 2009 – 363 Seiten, € 44,90<br />
Dr. Cornelius Boersch, Partner einer Beteiligungsgesellschaft in <strong>de</strong>r<br />
Schweiz, und Dr. Guido Westerwelle, FDP-Vorsitzen<strong>de</strong>r und amtieren<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utscher Außenminister, geben diesen Sammelband heraus. Er vermittelt<br />
aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>r Herausgeber einen Überblick über die wichtigsten wirtschaftlich-politischen<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen <strong>de</strong>r Gegenwart. Geglie<strong>de</strong>rt in<br />
fünf Kapitel bietet das Buch <strong>de</strong>n Extrakt aus be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen und<br />
internationalen Buchveröffentlichungen, z. B. Paul Kirchhoff: Der sanfte<br />
Verlust <strong>de</strong>r Freiheit o<strong>de</strong>r Al Gore: Wege zum Gleichgewicht. Der Titel behan<strong>de</strong>lt<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> und strittige Themen <strong>de</strong>r Gegenwart, und zwar so,
dass in je<strong>de</strong>m Kapitel einan<strong>de</strong>r wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong> Positionen enthalten<br />
sind. In <strong>de</strong>n kapitelbezogenen Einleitungen legen die Herausgeber ihre<br />
Sichtweise dar bzw. <strong>de</strong>n, wie es heißt, „Standpunkt <strong>de</strong>s Liberalismus“.<br />
Das Buch ist ausgesprochen informativ und anregend, es fügt Wesentliches<br />
übersichtlich und gut lesbar zusammen. Fraglich ist, ob <strong>de</strong>r Band<br />
die Gesamtheit <strong>de</strong>r Diskussion aufbereitet. Weniger wegen <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Begrenzung <strong>de</strong>s Umfangs, vielmehr aufgrund <strong>de</strong>r gewählten Betrachtungsweise<br />
und -möglichkeit von einem bestimmten, eingrenzen<strong>de</strong>n<br />
Standpunkt aus.<br />
Controlling mittelständischer<br />
Unternehmen<br />
Ossadnik, Wolfgang / van Lengerich, Ellen / Barklage, David<br />
Controlling mittelständischer Unternehmen<br />
Hei<strong>de</strong>lberg: Springer Verlag – 198 Seiten, € 89,95<br />
Autoren und Buch<br />
Nach <strong>de</strong>n verfügbaren Informationen lehrt<br />
Prof. Dr. Wolfgang Ossadnik an <strong>de</strong>r Universität<br />
Osnabrück. Die vorliegen<strong>de</strong> wissenschaftliche<br />
Untersuchung setzt sich zum<br />
Ziel, <strong>de</strong>n empirischen Status quo zu beschreiben<br />
und Handlungsempfehlungen für<br />
Theorie und Praxis zu vermitteln.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Einleitung – Controlling mittelständischer<br />
Unternehmen (Controllingbegriff, mittelständische<br />
Unternehmensstrukturen, Bezugsrahmen<br />
für Weiterentwicklung) – Konzeption eines mittelständischen<br />
Controllinginstrumentariums als „lernen<strong>de</strong>s System“ – Schlussbemerkungen<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Die Autoren gehen <strong>de</strong>r Fragestellung nach, wie die als Controlling verstan<strong>de</strong>ne<br />
Funktion in mittelständischen Unternehmen ausgestaltet ist<br />
bzw. ausgestaltet sein sollte. Der erste Teil <strong>de</strong>s Buches bringt eine vielseitige<br />
Bestandsaufnahme. Die Autoren beschreiben <strong>de</strong>n vorherrschen<strong>de</strong>n<br />
Umsetzungsstand und erörtern zentrale begriffliche und konzeptionelle<br />
Fragestellungen. Die Überlegungen führen z. B. zum Ergebnis,<br />
dass die Controllingkonzepte von Großunternehmen nicht auf mittelständische<br />
Unternehmen in reduzierter bzw. komprimierter Form einfach<br />
übertragen wer<strong>de</strong>n können; vielmehr müssen diese nach <strong>de</strong>n vorgetragenen<br />
Erkenntnissen „an<strong>de</strong>rs“ sein. Aus Sicht <strong>de</strong>r Autoren eignen sich<br />
viele gängige Begriffe und Konzepte nicht ohne weiteres für mittelständische<br />
Controllingkonzepte. Im Sinn <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Untersuchung ist<br />
Controlling für mittelständische Unternehmen die Bereitstellung von Metho<strong>de</strong>n,<br />
Instrumenten und Informationen, die <strong>de</strong>r Unternehmensführung<br />
die Steuerung, <strong>Planung</strong> und Kontrolle <strong>de</strong>s Unternehmens ermöglichen.<br />
Die Konzeption eines mittelständischen Controllinginstrumentariums erfolgt<br />
im zweiten Teil als „lernen<strong>de</strong>s Sys tem“, als anpassungsfähiges Sys-<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
tem. Das Buch skizziert eine allgemeine Vorgehensweise zum Aufbau<br />
eines „typischen“ mittelständischen Controllinginstrumentariums. Das<br />
Buch ist eine „Arbeits- und Denkhilfe“. Es befähigt, Problemstellungen<br />
klarer zu erkennen, präzisere Vorstellungen zu entwickeln und insgesamt<br />
das Beson<strong>de</strong>re und Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Controllings in mittelständischen<br />
Unternehmen zu verstehen. Der Sprachstil entspricht wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen, ist aber durchaus verständlich. Die Lesbarkeit ist insgesamt<br />
zufrie<strong>de</strong>nstellend, <strong>de</strong>r mögliche Erkenntnisgewinn kann nennenswert<br />
sein.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.springer.<strong>de</strong><br />
Exler, Markus<br />
Controllingorientiertes Finanz- und<br />
Rechnungswesen<br />
Herne: Verlag Neue Wirtschaftsbriefe 2010 – 374 Seiten, € 29,80<br />
Beim Kauf dieses Buches gibt es laut Verlag die Online-Version<br />
gratis.<br />
Autor und Buch<br />
Prof. Dr. Markus W. Exler ist <strong>de</strong>m Verlag zufolge Mitinhaber <strong>de</strong>r M.A.C.<br />
Mergers & Acquisitions-Consulting, Wien, und lehrt Betriebswirtschaftslehre<br />
an <strong>de</strong>r Fachhochschule Kufstein. Mit diesem Buch möchte <strong>de</strong>r Autor<br />
nach eigenen Worten einen Beitrag leisten, für <strong>de</strong>n mittelständischen Unternehmer<br />
und Manager sowie für interessierte Studieren<strong>de</strong> die Zusammenhänge<br />
von Rechnungswesen und Finanzwirtschaft interessant zu machen.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Grundsätzliches – Buchführung und Bilanzierung – Jahresabschlussanalyse<br />
– Finanzwirtschaftliche Aspekte – Operatives Controlling – Wertmanagement<br />
– Cockpit – Fazit<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Dieser Band aus <strong>de</strong>r Reihe NWB-Studium verbin<strong>de</strong>t Arbeits- mit Lehrbuch.<br />
119 Abbildungen, zahlreiche Beispiele und eine durchgängige „integrative<br />
Fallstudie“ sowie eine lesefreundliche Gestaltung la<strong>de</strong>n zum Lesen<br />
und Arbeiten ein. Das Buch beginnt mit Basiswissen, wie z. B. Kontenrahmen<br />
und Bewertungsvorschriften, vertieft u. a. mit einer Kennzahlenanalyse<br />
und verschie<strong>de</strong>nen Finanzierungsformen. Strategieanalyse und<br />
-bewertung sowie Steuerung und Verkauf <strong>de</strong>s Unternehmens und eine<br />
Zusammenfassung bauen darauf auf. Aufgrund <strong>de</strong>s breiten Themenspektrums<br />
und <strong>de</strong>s wachsen<strong>de</strong>n Schwierigkeitsgra<strong>de</strong>s spricht die Neuerscheinung<br />
einen breiten Leserkreis an, ist aber vor allem für Leser mit Bezug<br />
zum Mittelstand geeignet.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.nwb.<strong>de</strong><br />
Burger, Ernst<br />
Kredite: Bankverhandlungen richtig führen<br />
Freiburg: <strong>Haufe</strong> Mediengruppe 2010 – 192 Seiten, € 29,80<br />
Autor und Buch<br />
Der Verlag stellt Ernst Burger vor als Diplom-Betriebswirt, Bankdirektor<br />
und langjährigen Mittelstandsexperten. Bankgespräche erfolgreich ver-<br />
97
Literaturforum<br />
98<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
han<strong>de</strong>ln, ist das Ziel <strong>de</strong>r Veröffentlichung.<br />
Dem Vernehmen nach vermittelt das<br />
Buch Empfehlungen eines Insi<strong>de</strong>rs.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Banken auf brüchigem Fundament –<br />
Welche Konsequenzen hat das für Sie? –<br />
Kreditwürdigkeit Ihrer Firma – Was ist<br />
wirklich wichtig? – Geheimnisvolle Datensammler<br />
– Wie gläsern sind Sie und<br />
Ihr Unternehmen? – Rating – Vertragsbeziehungen<br />
zur Bank – Bankverhandlungen<br />
– Wie vermei<strong>de</strong>n Sie Stolperfallen?<br />
– Wartungs- und Pflegehinweise<br />
für Kreditnehmer – Anhang<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Das Buch ist in einem lockeren und <strong>de</strong>n Leser direkt ansprechen<strong>de</strong>n Stil<br />
geschrieben. Die Ausführungen richten sich vor allem an Fach- und Führungskräfte<br />
mittelständischer Unternehmen. Zahlreiche Infokästen mit<br />
„Empfehlungen eines Insi<strong>de</strong>rs“ o<strong>de</strong>r „Fazit für Sie“, ein übersichtlicher<br />
Aufbau, eingestreute Cartoons usw. unterstützen und erleichtern die Lektüre.<br />
Die Ausführungen, insbeson<strong>de</strong>re die Empfehlungen sind greifbar und<br />
konkret, <strong>de</strong>r Autor arbeitet das Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> und Ausschlaggeben<strong>de</strong> heraus,<br />
z. B. in „die sieben gefährlichsten Funktionsstörungen“ o<strong>de</strong>r „die<br />
zehn häufigsten Fehlermeldungen“. Burger gibt eine aufschlussreiche und<br />
kenntnisreiche Darstellung und vermittelt eine nüchterne, kritische Einschätzung.<br />
So heißt es u. a.: „Die Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Bankbranche entwickeln<br />
sich zu einem Risiko höchsten Ranges“. Banken im Umbruch gefähr<strong>de</strong>n<br />
nach <strong>de</strong>n Worten <strong>de</strong>s Autors Unternehmensfinanzierungen.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.haufe.<strong>de</strong><br />
Rechnungswesen / Rechnungslegung<br />
/ Finanzierung<br />
Küting, Karlheinz / Pfitzer, Norbert / Weber, Claus-Peter<br />
IFRS und BilMoG<br />
Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag 2010 – 388 Seiten, € 89,95<br />
Autoren und Buch<br />
Die Herausgeber Prof. Dr. Karlheinz Küting<br />
und Prof. Dr. Claus-Peter Weber, RA/WP/<br />
StB, sind bei<strong>de</strong> Direktoren <strong>de</strong>s Centrums<br />
für Bilanzierung und Prüfung an <strong>de</strong>r Universität<br />
<strong>de</strong>s Saarlan<strong>de</strong>s, Saarbrücken,<br />
Prof. Dr. Norbert Pfitzer ist Mitglied <strong>de</strong>r<br />
Geschäftsführung von Ernst & Young<br />
GmbH, Stuttgart. Die weiteren Autoren <strong>de</strong>r<br />
Einzelbeiträge sind renommierte Experten<br />
aus Forschung und Praxis. Der vorliegen<strong>de</strong><br />
Tagungsband mit <strong>de</strong>m Untertitel<br />
„Herausfor<strong>de</strong>rungen für das Bilanz- und<br />
Prüfungswesen“ thematisiert aktuelle Fragen im Bereich Bilanzierung und<br />
Wirtschaftsprüfung.<br />
Inhalt (auszugsweise)<br />
Zeitenwen<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Rechnungslegung – Probleme <strong>de</strong>r Kapitalkonsolidierung<br />
– Was hat die Umstellung auf IFRS ökonomisch bewirkt? – Impairment-Test<br />
– Auswirkungen <strong>de</strong>r Finanzkrise auf IFRS – En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Einheitsbilanz<br />
– Fair Value in <strong>de</strong>r Krise – Rückstellungsbewertung – Verän<strong>de</strong>rte<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an Risikomanagement und IKS – Ganzheitliches Konzernberichtswesen<br />
mit SAP<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Der Band gibt einen gedrängten Überblick über die Diskussion und Einschätzung<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Experten zum aktuellen Strand von IFRS und<br />
BilMog. Die Beiträge sind streng beurteilend und scharf prüfend verfasst.<br />
Die Gesamtten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s Sammelban<strong>de</strong>s ist recht kritisch ausgerichtet. So<br />
ist von einer Zeitenwen<strong>de</strong> die Re<strong>de</strong>, ebenso von <strong>de</strong>r größten Herausfor<strong>de</strong>rung,<br />
von mangeln<strong>de</strong>n Effekten <strong>de</strong>r Umstellung auf IFRS. Der Fair Value ist<br />
nach <strong>de</strong>m Urteil <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Referenten ein Brandbeschleuniger o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Leitstern für Wege ins Abseits. Dem Vernehmen nach scheint die Akzeptanz<br />
<strong>de</strong>r IFRS im Bereich <strong>de</strong>r Rechnungslegung großer, börsennotierter<br />
Unternehmen zu schwin<strong>de</strong>n. An an<strong>de</strong>rer Stelle heißt es, die Zukunft gehöre<br />
<strong>de</strong>n traditionellen Konzepten nach <strong>de</strong>n Visionen von Eugen Schmalenbach,<br />
<strong>de</strong>ssen Vermächtnis wir uns nicht entreißen lassen dürften. Insgesamt<br />
scheint die anfängliche Euphorie wegen <strong>de</strong>r erwarteten und vermuteten<br />
Vorteile <strong>de</strong>r internationalen Rechnungslegung nach IFRS einem<br />
kritischen Nach<strong>de</strong>nken gewichen zu sein. So ruft das abgedruckte Eröffnungsreferat<br />
auch dazu auf, Abschied zu nehmen von einer „Schönwetter-Betriebswirtschaftslehre<br />
und einer Schönwetter-Bilanzierung“. Der Titel<br />
för<strong>de</strong>rt die kritische Auseinan<strong>de</strong>rsetzung, zeigt Grenzen und Probleme<br />
auf, gibt einen Ausblick auf weitere Ten<strong>de</strong>nzen und fundiert und bereichert<br />
insgesamt die Diskussion mit wichtigen Argumenten zu IFRS und BilMoG.<br />
Die Lektüre <strong>de</strong>s Buches erfor<strong>de</strong>rt Kenntnisse <strong>de</strong>r Materie und die Bereitschaft,<br />
sich auf eine vertiefen<strong>de</strong> Betrachtung einzulassen.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.schaeffer-poeschel.<strong>de</strong><br />
Buchholz, Rainer<br />
Grundzüge <strong>de</strong>s Jahresabschlusses nach<br />
HGB und IFRS<br />
München: Verlag Franz Vahlen 2010 – 516 Seiten, € 24,80<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> 6., komplett überarbeitete Auflage<br />
bietet in 10 Kapiteln einen fundierten<br />
Überblick über zentrale Themen <strong>de</strong>s Jahresabschlusses<br />
nach neuem HGB und nach IFRS.<br />
Über 200 Abbildungen, zahlreiche Beispiele<br />
und mehr als 250 Aufgaben mit Lösungen<br />
unterstützen bei <strong>de</strong>r Einarbeitung in die anspruchsvolle<br />
Materie und helfen bei <strong>de</strong>r Stoffwie<strong>de</strong>rholung<br />
und vor allem bei <strong>de</strong>r Lernkontrolle.<br />
Das bewährte Lehrbuch bietet eine<br />
benutzerfreundliche Einführung in die mo<strong>de</strong>rne<br />
Rechnungslegung.
Müller, Armin<br />
Umweltorientiertes betriebliches<br />
Rechnungswesen<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2010 – 281 Seiten, € 39,80<br />
Autor und Buch<br />
Den Angaben nach lehrt Prof. Dr. Armin<br />
Müller an <strong>de</strong>r FH Ingolstadt. Die vorliegen<strong>de</strong><br />
3., vollständig überarbeitete und<br />
erweiterte Auflage versucht, Nachhaltigkeit<br />
und Umweltorientierung mit Betriebswirtschaftslehre<br />
und Rechnungswesen zu<br />
vernetzen.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Unternehmen und natürliche Umwelt –<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an ein traditionelles Rechnungswesen<br />
– Praxisorientierte Ansätze<br />
für ein umweltorientiertes Rechnungswesen – Ausbau <strong>de</strong>s umweltorientierten<br />
Rechnungswesens zu einem effektiven Controllingsystem<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Der Autor befasst sich recht engagiert und argumentativ mit <strong>de</strong>r Thematik<br />
und bezieht einen klaren Standpunkt. Betriebliches Umweltmanagement<br />
und eine nachhaltige Entwicklung in <strong>de</strong>r Zukunft sind für ihn unverzichtbar.<br />
Müller sucht das Bewusstsein für ökologische Probleme zu schärfen.<br />
Das Buch nimmt eine Bestandsaufnahme vor und zeigt zahlreiche Lösungsansätze<br />
auf, aber noch keine abschließen<strong>de</strong>n Wege zur Bewältigung<br />
<strong>de</strong>r schwierigen Aufgaben. Müller vermittelt vielfältige Impulse, bietet einen<br />
fundierten Themenüberblick und vertieft das einschlägige Problemwissen.<br />
Das Buch leistet einen wertvollen Beitrag zur allgemeinen Diskussion<br />
von Umweltorientierung und Nachhaltigkeit in Unternehmen und<br />
Wirtschaft. Darüber hinaus unterstützt das Werk die Suche nach geeigneten<br />
Lösungsansätzen zur Integration <strong>de</strong>r gestellten Anfor<strong>de</strong>rungen in<br />
Rechnungswesen und Controlling.<br />
Kesten, Ralf<br />
Grundlagen <strong>de</strong>r Unternehmensfinanzierung<br />
Chemnitz: GUC-Verlag <strong>de</strong>r Gesellschaft für Unternehmensrechnung<br />
und Controlling 2008 – 230 Seiten, € 22,95<br />
Autor und Buch<br />
Prof. Dr. Ralf Kesten lehrt Rechnungswesen und Controlling an <strong>de</strong>r FH<br />
Nordaka<strong>de</strong>mie und ist darüber hinaus im ICV tätig. Das vorliegen<strong>de</strong> Lehrbuch<br />
vermittelt Basiswissen zu <strong>de</strong>n wichtigsten Finanzierungsformen und<br />
Finanzierungs<strong>de</strong>rivaten.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Einführung – Innenfinanzierung – Eigenkapitalfinanzierung – Langfristige<br />
Fremd- bzw. Kreditfinanzierung – Mezzanine Finance – Kurzfristige<br />
Fremdfinanzierung – Finanzierungs<strong>de</strong>rivate<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Durch eine verständliche, anschauliche und beispielhafte Darstellungsweise<br />
schafft <strong>de</strong>r Verfasser ein Grundverständnis für Fragen <strong>de</strong>r Unter-<br />
nehmensfinanzierung und legt darüber hinaus eine soli<strong>de</strong> Basis für eine<br />
weiterführen<strong>de</strong> Beschäftigung mit <strong>de</strong>m Themenkreis.<br />
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Hrsg.)<br />
IFRS visuell<br />
Stuttgart: Schäffer-Poeschel 2010 – 212 Seiten, € 29,95<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> 4., überarbeitete Auflage vermittelt die IFRS in strukturierten<br />
Übersichten, gewissermaßen auf einen Blick. Die einzelnen Standards<br />
und Interpretationen erfahren zunächst eine kurze verbale Beschreibung<br />
nach Anwendungsbereich und Kernaussagen, die durch systematische<br />
grafische Aufbereitungen vertieft wer<strong>de</strong>n. Das Buch verbin<strong>de</strong>t<br />
eine zusammenhängen<strong>de</strong> Übersicht über die IFRS mit kurz gefassten Darstellungen<br />
<strong>de</strong>r einzelnen Vorschriften. Beson<strong>de</strong>rs geeignet für einen thematischen<br />
Einstieg und zur schnellen Orientierung.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.schaeffer-poeschel.<strong>de</strong><br />
Spremann, Klaus / Scheurle, Patrick<br />
Finanzanalyse<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2010 – 182 Seiten, € 34,80<br />
Autoren und Buch<br />
Die Autoren lehren nach Verlagsangaben<br />
an <strong>de</strong>r Universität St. Gallen und<br />
forschen am Schweizerischen Institut<br />
für Banken und Finanzen. Das Lehrbuch<br />
erscheint in <strong>de</strong>r Reihe „IMF: International<br />
Management and Finance“ und richtet<br />
sich an Studieren<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Betriebs-<br />
und <strong>de</strong>r Volkswirtschaftslehre sowie an<br />
Praktiker, die sich mit Finanzanalyse befassen.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Finanzanalyse als Beruf – Technik und Fundamentalanalyse – Wert und<br />
Unternehmenswachstum – Konjunktur, Zinsen und Inflation – Beta und<br />
Marktrendite – Finanz- und Realwirtschaft, Demografie – Unsichere Parameter<br />
– Risikofaktoren – Zyklische Risiken – Lernregister<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Finanzanalyse, wie sie in diesem Buch verstan<strong>de</strong>n wird, umfasst die systematische<br />
Aufbereitung und die Kommunikation von Informationen über<br />
die finanzielle Situation von Unternehmen, Branchen und Märkten, die<br />
sich für Finanzinvestitionen anbieten. Diese Neuerscheinung behan<strong>de</strong>lt<br />
die wichtigsten Argumentationen und Arbeitsweisen <strong>de</strong>r Finanzanalysten<br />
und vermittelt das Fachwissen und die Metho<strong>de</strong>n, die zum Standard <strong>de</strong>r<br />
Finanzanalyse gehören. Neben Hochschulwissen fin<strong>de</strong>n auch viele praktische<br />
Anwendungshinweise Eingang in die 10 Kapitel. Dazu tragen die<br />
Fragen und Aufgaben mit Lösungen ebenso bei wie die „Rezepte für die<br />
Arbeit“. Eine lesefreundliche Text- und Bildgestaltung erleichtert die Orientierung<br />
und die Aufnahme <strong>de</strong>r anspruchsvollen Materie. Das Online-Zusatzmaterial<br />
ist lei<strong>de</strong>r nur für Dozenten vorgesehen, was angesichts <strong>de</strong>r Komplexität<br />
<strong>de</strong>r Materie und <strong>de</strong>s Übungsbedarfs nicht ganz verständlich ist.<br />
99
Literaturforum<br />
100<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter:<br />
www.ol<strong>de</strong>nbourg-wissenschaftsverlag.<strong>de</strong>/olb/<strong>de</strong>/1.c.1847688.<strong>de</strong><br />
Kun<strong>de</strong>n – Erfolgsfaktoren <strong>de</strong>r<br />
Unternehmen<br />
Pufahl, Mario<br />
Vertriebscontrolling<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Gabler Verlag 2010 – 256 Seiten, € 49,95<br />
Mario Pufahl, <strong>de</strong>m Vernehmen nach Vorstand<br />
<strong>de</strong>r Beratungsfirma xact4u sowie Director<br />
<strong>de</strong>r ec4u, präsentiert die vorliegen<strong>de</strong><br />
3., überarbeitete und erweiterte<br />
Auflage. Sie versteht sich als Leitfa<strong>de</strong>n für<br />
operatives und strategisches Vertriebscontrolling.<br />
Die gut lesbar und verständlich geschriebene<br />
Neuauflage vermittelt Fach-<br />
und Führungskräften einen fundierten<br />
Überblick und vielfältige Anregungen.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Vertriebscontrolling – Vertriebsinformationssystem – Strategisches und<br />
Operatives Vertriebscontrolling – Implementierung und Fallstudien.<br />
Schüller, Anne M.<br />
Kun<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Flucht?<br />
Mario Pufahl<br />
Vertriebscontrolling<br />
So steuern Sie Absatz,<br />
Umsatz und Gewinn<br />
3. Auflage<br />
Zürich: Orell Füssli Verlag 2010 – 207 Seiten, € 26,90<br />
Autorin und Buch<br />
Anne M. Schüller ist Management-Consultant<br />
und gilt als Expertin für Loyalitätsmarketing.<br />
Im Controller Magazin 6/2009 fin<strong>de</strong>t<br />
sich auf Seite 90 ff. ein Interview mit Anne<br />
M. Schüller „Kun<strong>de</strong>nfokussierte Unternehmensführung“.<br />
Im vorliegen<strong>de</strong>n Buch befasst<br />
sich die Autorin mit <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nloyalität<br />
und geht <strong>de</strong>r Frage nach, wie loyale Kun<strong>de</strong>n<br />
gewonnen und gehalten wer<strong>de</strong>n können.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Intro (Vorbemerkung) – Kun<strong>de</strong>nloyalität auf<br />
<strong>de</strong>m Prüfstand – Loyalitätsführerschaft als Unternehmensstrategie – Die<br />
Praxis: Toolbox für mehr Kun<strong>de</strong>ntreue – Tipps zur praktischen Umsetzung<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Schüller prägte durch ihre Arbeit <strong>de</strong>n strategischen Ansatz <strong>de</strong>r „Loyalitätsführerschaft”<br />
und setzt damit neue Akzente: Anstelle <strong>de</strong>r klassischen Kun<strong>de</strong>nbindung<br />
setzt sie Kun<strong>de</strong>nloyalität auf eine „höhere Stufe“ <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>norientierung.<br />
Nach einem einleiten<strong>de</strong>n und hinführen<strong>de</strong>n Kapitel befasst<br />
sich das Buch mit konzeptionellen Fragen, wann und wie Kun<strong>de</strong>nloyalität<br />
geschaffen und hervorgerufen wird. Anschließend wer<strong>de</strong>n strategische<br />
Fragen thematisiert: Wie sollte sich ein Unternehmen aufstellen, um die<br />
Loyalität profitabler Kun<strong>de</strong>n zu gewinnen und zu sichern. Im weiteren Verlauf<br />
diskutiert Schüller die operative Umsetzung, und was konkret getan<br />
wer<strong>de</strong>n sollte. Die Autorin arbeitet <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Praxis häufig zu beobachten<strong>de</strong>n<br />
tatsächlichen Umgang mit Kun<strong>de</strong>n auf und beleuchtet gängige<br />
Verhaltensweisen <strong>de</strong>r Unternehmen. Sie fragt nach, stellt infrage und kritisiert<br />
manche Verhaltensweisen nicht nur im Kun<strong>de</strong>numgang, son<strong>de</strong>rn<br />
auch in <strong>de</strong>r Unternehmensführung. Schüller pflegt einen leicht lesbaren,<br />
fast unterhaltsamen Schreibstil. Sie benutzt gute, stichhaltige Argumente<br />
und vermittelt ihr Thema anschaulich und praxisnah, das Buch stößt praktisches<br />
Han<strong>de</strong>ln an. Die Aufbereitung und damit die Lesefreundlichkeit<br />
könnte etwas verbessert wer<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n schnellen und suchen<strong>de</strong>n Leser<br />
stärker zu unterstützen. Loyalität vermittelt Schüller als Respekt vor <strong>de</strong>n<br />
Interessen <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Treue gegenüber <strong>de</strong>m Unternehmen.<br />
Das Buch mit seinem mo<strong>de</strong>rnen und zugleich konkreten Ansatz gehört<br />
in die Diskussion, da es Bekanntes neu <strong>de</strong>nkt und <strong>de</strong>r Praxis wichtige<br />
Impulse vermittelt.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter:<br />
www.loyalitaetsmarketing.com<br />
Kletti, Christian / Stöcker, Christian<br />
Marketing mit SAP CRM<br />
Bonn: Galileo Press 2010 – 455 Seiten, € 69,90 (Gedrucktes Buch).<br />
Auch erhältlich als Online-Ausgabe zu € 64,90, Paket: Buch plus<br />
Online-Ausgabe zu € 84,90<br />
Autor und Buch<br />
Christian Kletti arbeitet nach Verlagsangaben<br />
als Berater für SAP Customer Relationship<br />
Management bei <strong>de</strong>r Capgemini<br />
Deutschland GmbH. Christian Stöcker<br />
arbeitet ebenfalls bei <strong>de</strong>r Capgemini<br />
Deutschland GmbH und ist dort im Bereich<br />
SAP Customer Relationship Management<br />
tätig. Dieses Buch erscheint in<br />
<strong>de</strong>r Reihe SAP Press, eine gemeinschaftliche<br />
Initiative von SAP und Galileo Press<br />
mit <strong>de</strong>m Ziel, Anwen<strong>de</strong>rn qualifiziertes<br />
SAP-Wissen zur Verfügung zu stellen. Gegenstand <strong>de</strong>r Veröffentlichung<br />
sind die Marketingfunktionalitäten von SAP CRM 7.0.<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Grundlagen (u. a. Einleitung und Überblick) – SAP CRM – Objekte und<br />
Grundfunktionen (u. a. Stamm- und Bewegungsdaten) – Prozesse und<br />
Customizing (u. a. Segmentierung und Kampagnenmanagement)<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
Das Buch bietet einen Überblick und einen Leitfa<strong>de</strong>n zur Konfiguration und<br />
Realisierung von Marketingprozessen mit SAP CRM 7.0. Die Autoren vermitteln<br />
eine allgemeine Einführung in Customer Relationship Management<br />
(CRM) als ganzheitlichen Ansatz für die konsequente Kun<strong>de</strong>norientierung<br />
eines Unternehmens. Konzeption und Funktionalitäten sowie Anwendung<br />
und Nutzung stehen im Mittelpunkt <strong>de</strong>r Neuerscheinung, das<br />
betriebswirtschaftliche Konzept CRM wird im Hintergrund ergänzend und<br />
erklärend erläutert. Insgesamt gewinnt das Buch <strong>de</strong>n Charakter eines be-
gleiten<strong>de</strong>n Anwen<strong>de</strong>rhandbuches mit einer relativ hohen Informationsdichte,<br />
sodass es auch für verschie<strong>de</strong>ne Lesergruppen, z. B. Entscheidungsträger,<br />
Anwen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Projektleiter, selektiv nutzbar ist. Zahlreiche<br />
Praxisbeispiele sowie Tipps und Tricks und eine mo<strong>de</strong>rne Text- und Bildgestaltung<br />
sichern eine hohe Leserorientierung.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter: www.sap-press.<strong>de</strong>/1921<br />
Weis, Christian<br />
Marketing<br />
Ludwigshafen: Kiehl Verlag 2009 – 659 Seiten, € 26,00<br />
Dieser Band aus <strong>de</strong>r Reihe „Kompendium <strong>de</strong>r praktischen Betriebswirtschaft“<br />
erscheint in 15., verbesserter und aktualisierter Auflage. Das Buch<br />
folgt einer mo<strong>de</strong>rnen didaktischen Konzeption: Praxisgerechte Darstellungen<br />
mit zahlreichen Abbildungen, Strukturbil<strong>de</strong>rn und Beispielen. 550<br />
Kontrollfragen mit Lösungshinweisen sowie 50 Übungsaufgaben mit Lösungen<br />
dienen <strong>de</strong>r Vertiefung und Überprüfung <strong>de</strong>s Lernerfolgs. Die Neuauflage<br />
bietet ein klassisches Lehrbuch zum Einsatz im Studium und in<br />
<strong>de</strong>r Weiterbildung o<strong>de</strong>r auch zur Wie<strong>de</strong>rholung und Auffrischung in <strong>de</strong>r<br />
Praxis.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter:<br />
www.kiehl.<strong>de</strong>/produkte/kiehl_web_produkt_1010134.aspx<br />
Neue Medien, insbeson<strong>de</strong>re Web 2.0<br />
Jo<strong>de</strong>leit, Bernhard<br />
Social Media Relations<br />
Hei<strong>de</strong>lberg: dpunkt.verlag 2010 – 227 Seiten, Broschur, € 29,90<br />
Autor und Buch<br />
Nach Verlagsangaben berät Bernhard<br />
Jo<strong>de</strong>leit zahlreiche Unternehmen und<br />
Organisationen im Bereich <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Er leitet <strong>de</strong>n Stuttgarter<br />
Standort <strong>de</strong>r PR-Agentur fischerAppelt,<br />
relations. Der Titel stellt sich vor als „Leitfa<strong>de</strong>n<br />
für erfolgreiche PR-Strategien und<br />
Öffentlichkeitsarbeit im Web 2.0“<br />
Inhalt und Glie<strong>de</strong>rung<br />
Vom Pressesprecher zum Kommunikationsmanager<br />
– Risiken und Nebenwirkungen<br />
– Chancen – Bestandsaufnahme – Social Media Gui<strong>de</strong>lines – Social<br />
Media Monitoring als Ausgangspunkt – Ganzheitliche Strategie – Themen<br />
setzen – Twitter – Xing und Facebook – Weitere Außenposten – Website<br />
als Herzstück – Distributed Conversation – Kombinieren online,<br />
offline, virtuell und real – Mit Social Media Krisen meistern – Konvergenz<br />
statt Kampagne – Blick in die Zukunft – Glossar<br />
Beschreibung und Einschätzung<br />
In einem erzählerischen, persönlichen Stil vermittelt <strong>de</strong>r Autor Wissen<br />
und Erfahrungen und darüber hinaus persönliche Sichtweisen und Er-<br />
wartungen. Social Media und Social Networking revolutionieren Medien<br />
und Marketing, so die Überzeugung <strong>de</strong>s Verfassers und die zentrale<br />
Botschaft dieses Buches. Das vorgetragene Themenspektrum ist breitgefächert,<br />
die Erörterung abgewogen und durchdacht. Der Leser erhält<br />
ein realistisches Bild über Chancen und Risiken, Hinweise zu einem<br />
planmäßigen und systematischen Vorgehen sowie Argumente für eine<br />
notwendige ernsthafte und eingehen<strong>de</strong> Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m<br />
Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r Medienwelt. Beispiele und Quellenhinweise sowie Infokästen<br />
und Checklisten verschaffen einen weiteren und vertiefen<strong>de</strong>n<br />
Zugang zur Thematik. Das Glossar beschränkt sich auf die wichtigsten<br />
Begriffe. Das Verzeichnis <strong>de</strong>r Produkte und Dienste enthält eine Auswahl<br />
von Hilfsmitteln. Der flüssige und <strong>de</strong>n Leser persönlich ansprechen<strong>de</strong><br />
Schreibstil för<strong>de</strong>rt Lektüre und Verständlichkeit. Die Text- und<br />
Bildgestaltung entspricht <strong>de</strong>m Standard für Bücher dieser Art und Preisklasse.<br />
Die Wie<strong>de</strong>rgabe einzelner Abbildungen ist verbesserungsfähig.<br />
Insgesamt legt Jo<strong>de</strong>leit ein mit Kompetenz und Engagement geschriebenes<br />
und recht anregen<strong>de</strong>s Buch vor, das einen fundierten Überblick<br />
über einen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n medialen Umbruch bietet. Es unterstützt und<br />
för<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Einstieg in das Thema.<br />
Online-Material zum Reinlesen unter: www.dpunkt.<strong>de</strong>/buecher/3412.html<br />
Persönliche Themen und<br />
Kompetenzen<br />
Baczko, Michael / Trilsch, Constanze<br />
Die Vorsorge-Mappe<br />
Freiburg: Rudolf <strong>Haufe</strong> Verlag 2009 – 167 Seiten A4, € 16,80<br />
Dieses Begleitbuch zur Sendung „Escher. Der MDR-Ratgeber” im MDR<br />
Fernsehen thematisiert wesentliche Vorsorgefragen und gibt Hinweise<br />
und Tipps zur persönlichen Vorsorge. Inhalt: Vorsorge für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r<br />
Fälle – Wichtige und nützliche Vorlagen und Muster.<br />
Bartsch, Herbert / Bartsch, Malte<br />
Ihr Recht als Bankkun<strong>de</strong><br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Regensburg: Walhalla Verlag 2010 – 160 Seiten, Print € 9,95 /<br />
E-Book € 5,99<br />
Dieses Taschenbuch vermittelt fundiertes Basiswissen über das Recht als<br />
Bankkun<strong>de</strong>. Themen sind u. a. das Online-Banking, die Anlagenberatung<br />
und Entgelte <strong>de</strong>r Banken.<br />
Bröckermann, Reiner / Müller-Vorbrüggen, Michael (Hrsg.)<br />
Handbuch Personalentwicklung<br />
Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag 2010 – 786 Seiten, € 59,95<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> 3., überarbeitete und erweiterte Auflage beschäftigt sich<br />
ausführlich mit <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r Personalbildung, Personalför<strong>de</strong>rung und<br />
101
Literaturforum<br />
102<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Arbeitsstrukturierung. Für die praktische Umsetzung geeignet, mit vielen<br />
Instrumenten, Beispielen und Handlungsempfehlungen. Darüber hinaus<br />
vermittelt das Handbuch vielfältige Impulse zur vertiefen<strong>de</strong>n Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
und zur Weiterentwicklung und Anpassung <strong>de</strong>s Themenfel<strong>de</strong>s angesichts<br />
wirtschaftlich und gesellschaftlich turbulenter Zeiten.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter:<br />
www.schaeffer-poeschel.<strong>de</strong><br />
Lürssen, Jürgen / Opresnik, Marc<br />
Die heimlichen Spielregeln <strong>de</strong>r Karriere<br />
Frankfurt: Campus Verlag 2010 – 233 Seiten, € 19,90<br />
Dieses Buch befasst sich mit „ungeschriebenen Gesetzen am Arbeitsplatz“<br />
und <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung für Erfolg und Karriere. Nur gera<strong>de</strong> einmal<br />
zehn Prozent unseres beruflichen Erfolges wer<strong>de</strong>n von unserer fachlichen<br />
Kompetenz bestimmt – die restlichen 90 Prozent dagegen von ganz an<strong>de</strong>ren<br />
Faktoren, so die Kernthese dieses Buches. Die Autoren thematisieren<br />
Politik, Macht und Einfluss als be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Bestimmungsfaktoren <strong>de</strong>s Unternehmensgeschehens.<br />
Dieser „etwas an<strong>de</strong>re Karriere-Ratgeber“ bewegt<br />
sich in einem vielfachen und diskussionsbedürftigen Spannungsfeld,<br />
er beeindruckt durch eine sowohl spannen<strong>de</strong> und anschauliche als auch<br />
nüchterne, praxisnahe und praxisrelevante Darstellung.<br />
Ergänzen<strong>de</strong>s Online-Material zum Reinlesen unter:<br />
www.campus.<strong>de</strong>/leseproben/9783593392400.pdf<br />
Nachwort vom Bücherwurm<br />
Was ist das?<br />
Kleines Fachbuch ABC Teil 2<br />
(wird fortgesetzt)<br />
Ausgabe<br />
Dieser Begriff wird unterschiedlich gebraucht. Häufig im Sinne <strong>de</strong>r Merkmale,<br />
die alle Exemplare einer Veröffentlichung gemeinsam aufweisen.<br />
Beispiele: Broschierte, gebun<strong>de</strong>ne, gekürzte, verbesserte, erweiterte,<br />
dreibändige Ausgabe; eine vollständige Ausgabe <strong>de</strong>r Werke eines Dichters<br />
o<strong>de</strong>r Schriftstellers; eine Ausgabe erster, letzter Hand, die Berliner<br />
Ausgabe usw.<br />
Bibliografie<br />
Diese Bezeichnung bezieht sich auf Bücherverzeichnisse, Literaturangaben<br />
o<strong>de</strong>r Schriftenverzeichnisse. Beispielsweise die Zusammenstellung<br />
von Büchern und Schriften, die zu einem bestimmten Fachgebiet o<strong>de</strong>r<br />
Thema erschienen sind. Aber auch die Wissenschaft von <strong>de</strong>n Büchern<br />
wird unter diesem Begriff geführt.<br />
Copyright<br />
Dieser Terminus ist ein Hinweis auf das Urheberrecht, das Recht zur Veröffentlichung<br />
und Vervielfältigung. Inhaber <strong>de</strong>s Copyright ist entwe<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Autor o<strong>de</strong>r durch Verlagsvertrag <strong>de</strong>r Verlag.<br />
Das übliche Zeichen lautet: ©<br />
Drucklegung<br />
Unter Drucklegung wer<strong>de</strong>n im Allgemeinen die gesamten technischen Arbeiten<br />
verstan<strong>de</strong>n, von <strong>de</strong>r Annahme <strong>de</strong>s Manuskriptes bis hin zur Abgabe<br />
<strong>de</strong>s gedruckten Rohmaterials an die Buchbin<strong>de</strong>rei.<br />
Erscheinungsjahr<br />
Mit diesem Wort ist das Jahr <strong>de</strong>s Erscheinens eines Buches gemeint bzw.<br />
das im Impressum einer Publikation angegebenen Jahr, in <strong>de</strong>m das Werk<br />
auf <strong>de</strong>n Markt gekommen ist. Oft wer<strong>de</strong>n Bücher, die im letzten Quartal<br />
eines Jahres erscheinen, auf das nächste Jahr datiert, damit sie im Verlagsprogramm<br />
länger als Neuerscheinung geführt wer<strong>de</strong>n können. Die<br />
Jahresangabe hat Be<strong>de</strong>utung u. a. für <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>r Schutzfrist sowie<br />
für das Zitieren bzw. für Quellenangaben.<br />
Fahne<br />
In <strong>de</strong>r Druckersprache ist eine Fahne ein Probeabzug. Der Autor muss in<br />
<strong>de</strong>r Regel die Fahnen seines Werkes lesen, korrigieren und freigeben.<br />
Gebun<strong>de</strong>n<br />
Es han<strong>de</strong>lt sich um einen Begriff <strong>de</strong>r Buchbin<strong>de</strong>rei. Je<strong>de</strong>s mit einem<br />
festen Einband versehene Buch ist ein gebun<strong>de</strong>nes Buch. Es kann dazu<br />
unterschiedliches Material verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re Pappe, Le<strong>de</strong>r,<br />
Halbleinen.<br />
Handbuch<br />
Darunter wird im Allgemeinen ein Buch verstan<strong>de</strong>n, das ein handliches<br />
Format bzw. einen leicht handhabbaren Umfang aufweist. Mit an<strong>de</strong>ren<br />
Worten eine kompakte, aber ausreichen<strong>de</strong> Darstellung eines bestimmten<br />
Wissensgebietes. Beispiel: Deyhle / Radinger: Controller Handbuch –<br />
enzy klopädisches Lexikon für die Controller Praxis.<br />
Impressum<br />
Dies ist die notwendige Herkunftsangabe eines Druckwerkes, in <strong>de</strong>r Regel<br />
auf <strong>de</strong>r Rückseite <strong>de</strong>s Titelblattes. Das Impressum muss <strong>de</strong>n Drucker und<br />
Verleger, u. U. <strong>de</strong>n Herausgeber o<strong>de</strong>r Verfasser angeben. Näheres regeln<br />
die einzelnen Lan<strong>de</strong>spressegesetze. Beispiel: Das Impressum <strong>de</strong>s Controller<br />
Magazins ist in <strong>de</strong>r Regel auf <strong>de</strong>n Seiten 2 und 3 unter <strong>de</strong>m Inhaltsverzeichnis<br />
zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Zum guten Schluss<br />
Ich wünsche Ihnen zum neuen Jahr beruflichen Erfolg, alles Gute und<br />
persönliches Wohlergehen.<br />
Bis zum nächsten Mal herzliche Grüße<br />
„Ihr Bücherwurm“ Alfred Biel<br />
E-Mail: alfred.biel@gmx.<strong>de</strong>
CM Januar / Februar 2011<br />
Internationaler<br />
Controller Verein<br />
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Am 16. Mai 2011 verleiht <strong>de</strong>r ICV in München<br />
zum 9. Mal <strong>de</strong>n Controller-Preis. Dann<br />
wird <strong>de</strong>r Scheinwerfer im Saal kreisen, die<br />
Musik ertönen und <strong>de</strong>r Jury-Vorsitzen<strong>de</strong><br />
sagen: „The winner is ...!“ Im Publikum<br />
wer<strong>de</strong>n sich eine, vielleicht auch zwei Personen<br />
erheben und auf <strong>de</strong>n Weg zur Bühne<br />
machen, um dort <strong>de</strong>n Preis entgegenzunehmen<br />
und ihr Tool vorzustellen. Als Gewinner<br />
2010 kann ich sagen, allein das ist<br />
schon ein so unbeschreiblich tolles Gefühl,<br />
das <strong>de</strong>n Aufwand und die Mühen rechtfertigt.<br />
Natürlich gibt es noch mehr Grün<strong>de</strong>,<br />
warum sich Controller um diese renommierte<br />
Auszeichnung bewerben sollten.<br />
Die Bun<strong>de</strong>sagentur für Arbeit (BA) hat im Zuge<br />
ihrer Reform, von einer Behör<strong>de</strong> hin zu einem<br />
mo<strong>de</strong>rnen Dienstleister am Arbeitsmarkt, in<br />
<strong>de</strong>n letzten Jahren ein wirkungsorientiertes<br />
Controlling aufgebaut. Während klassische<br />
Verwaltungen traditionell inputorientiert <strong>de</strong>nken<br />
und han<strong>de</strong>ln steuert die BA wirkungsorientiert.<br />
Mit an<strong>de</strong>ren Worten, es ist nicht mehr<br />
entschei<strong>de</strong>nd, wie viel Geld für ein Arbeitsmarktprogramm<br />
ausgegeben wird, son<strong>de</strong>rn<br />
welche Integrationsleistung damit erzielt wird.<br />
Beitragsfinanzierte Finanzmittel sollen dort<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n, wo sie die größte Wirkung<br />
entfalten. Dem liegt eine <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Komponenten<br />
<strong>de</strong>s Ökonomischen Prinzips zugrun<strong>de</strong>,<br />
aus gegebenen Mitteln eine maximale Wirkung<br />
herauszuholen.<br />
Um ein <strong>de</strong>rartiges System zu steuern, bedarf es<br />
eines geschlossenen Regelkreises aus <strong>Planung</strong>,<br />
Zielvereinbarung und -nachhaltung, einschließlich<br />
Feedback und Feedforward. Betrieben wird<br />
dieser Managementkreislauf mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
Instrumenten. Eines dieser Tools ist „SAMP“.<br />
Die Abkürzung steht für „Steuerung Arbeitsmarktprogramme“.<br />
Es dient <strong>de</strong>r rollieren<strong>de</strong>n<br />
Budgetplanung und Mittelsteuerung.<br />
Was war unsere Motivation, uns um <strong>de</strong>n ControllerPreis<br />
zu bewerben? 1. Wir waren <strong>de</strong>r<br />
Meinung, wir haben etwas zu bieten. Nicht nur<br />
ein stringentes wirkungsorientiertes Steuerungssystem,<br />
son<strong>de</strong>rn mit SAMP auch ein von<br />
<strong>de</strong>n Controllerinnen und Controllern <strong>de</strong>r BA<br />
entwickeltes und eingesetztes Werkzeug „at<br />
state of the art“. 2. Wir wollten uns mit <strong>de</strong>r<br />
Bewerbung um <strong>de</strong>n Preis <strong>de</strong>m Wettbewerb in<br />
<strong>de</strong>r Controller-Community stellen und zeigen,<br />
dass es auch im öffentlichen Sektor erfolgreiche<br />
Innovationen gibt.<br />
Controlling – Zukunft gestalten<br />
Top-Themen<br />
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� Der 36. Congress <strong>de</strong>r Controller<br />
am 16./17. Mai 2011 in München steht<br />
unter <strong>de</strong>m Motto: „Nach vorne <strong>de</strong>nken:<br />
flexibel wachsen mit Controlling“.<br />
Am Eröffnungstag wird <strong>de</strong>r Controller-<br />
Preis 2011 (Bewerbungsschluss:<br />
31.01.2011) verliehen. Am Nachmittag<br />
wird in diesen 4 Themenzentren gearbeitet:<br />
„Flexibilität und Controlling“,<br />
„Nachhaltigkeit und Controlling“,<br />
„Effizienz und Controlling“, „Innovation<br />
und Controlling“.<br />
(Frühbucherrabatt, 50 EUR, wird bis<br />
zum 15. März 2011 gewährt.)<br />
� Die ICV-Mitglie<strong>de</strong>rversammlung 2011<br />
tagt am Congress-Vortag, am 15. Mai.<br />
ICV-Geschäftsstelle<br />
Telefon +49 - 89 - 89 31 34 20<br />
www.controllerverein.com<br />
Was haben wir erhalten? Nicht nur einen Preis,<br />
son<strong>de</strong>rn auch die Bestätigung einer Jury und<br />
<strong>de</strong>s ICV, dass unser Tool leistungsfähig ist und<br />
wesentlich zur Erreichung <strong>de</strong>r Unternehmensziele<br />
beiträgt. Das sollte man nicht gering<br />
schätzen, <strong>de</strong>nn dies hilft auch <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren Kritiker in <strong>de</strong>r Organisation min<strong>de</strong>stens<br />
ein Stück weit nach<strong>de</strong>nklich zu machen.<br />
Diese Bestätigung ist gleichzeitig mit <strong>de</strong>m Ansporn<br />
verbun<strong>de</strong>n, gut zu bleiben und wo nötig<br />
auch noch besser zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Last but not least war die Verleihung <strong>de</strong>s<br />
Preises auch noch Anlass für ein kleines Fest.<br />
Wo engagiert gearbeitet wird, muss auch<br />
mal gefeiert wer<strong>de</strong>n. Ein weiterer Grund, sich<br />
um <strong>de</strong>n ControllerPreis 2011 zu bewerben.<br />
Viel Erfolg!<br />
103
104<br />
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Am 27. November haben sich ICV-Vorstand,<br />
Regional<strong>de</strong>legierte, Ausschussvorsitzen<strong>de</strong>,<br />
Presseverantwortlicher, leiten<strong>de</strong>r Fachredakteur<br />
und Mitarbeiterinnen <strong>de</strong>r Geschäftsstelle<br />
zur turnusmäßigen Leitungskreis-Tagung<br />
in Frankfurt getroffen. Dabei<br />
stan<strong>de</strong>n Informations- sowie Meinungsaustausch<br />
und die Beratung <strong>de</strong>r weiteren Vereinsentwicklung<br />
im Mittelpunkt.<br />
Zu Beginn stellten sich die bei<strong>de</strong>n neuen Regional<strong>de</strong>legierten,<br />
Edita Szarska aus Polen und<br />
Rainer Linse aus <strong>de</strong>r Region Deutschland Süd,<br />
vor. Danach berichteten die Delegierten aus<br />
<strong>de</strong>n Regionen. Zu <strong>de</strong>n Schwerpunkten gehörten<br />
dabei die Regionaltagungen, von <strong>de</strong>nen in diesem<br />
Jahr die „Schweizer Tagung“, die „Controlling<br />
Competence Stuttgart“ und die „Controlling<br />
Insights Steyr“ eine beson<strong>de</strong>rs erfolgreiche<br />
Entwicklung genommen haben. Die Tagungsteilnehmer<br />
berieten eine Reihe von Optimierungsmaßnahmen<br />
bei <strong>de</strong>r Vorbereitung von<br />
Regionaltagungen 2011.<br />
In <strong>de</strong>n Berichten <strong>de</strong>r Regional<strong>de</strong>legierten wur<strong>de</strong>n<br />
zahlreiche neue Vorhaben angekündigt. So informierte<br />
die Delegierte Südosteuropa, Dragica<br />
Erčulj, über die unmittelbar bevorstehen<strong>de</strong> Gründung<br />
eines ersten ICV-Arbeitskreises „Kroatien“.<br />
Der österreichische Regional<strong>de</strong>legierte und stv.<br />
ICV-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>, Heimo Losbichler,<br />
kündigte die Gründung eines „AK Bregenz“ an,<br />
<strong>de</strong>r Regional<strong>de</strong>legierte Rainer Linse eine weitere<br />
AK-Gründung in Süd<strong>de</strong>utschland.<br />
Als ein zentrales Thema <strong>de</strong>r Beratungen erwies<br />
sich die weitere Interna tionalisierung <strong>de</strong>s ICV.<br />
Dabei wird die englische Sprache als „zweite<br />
Vereinssprache“ eine Schlüsselrolle spielen. Einigkeit<br />
herrschte unter <strong>de</strong>n Tagungsteilnehmern,<br />
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Am 28. November fand eine Vorstandssitzung<br />
unter <strong>de</strong>r Leitung von Prof. Dr. Heimo<br />
Losbichler, stv. ICV-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r,<br />
in Frankfurt/M. statt. Daran nahmen die<br />
Vorstandsmitglie<strong>de</strong>r Conrad Günther, Marcus<br />
H. Haegi-Largo, Dr. Adrianna Lewandowska,<br />
Dr. Walter Schmidt und Dr. Bernd<br />
Schwarze teil, <strong>de</strong>r Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong><br />
Siegfried Gänßlen hatte sich entschuldigt.<br />
Gast war ICV-Presseverantwortlicher Hans-<br />
Peter San<strong>de</strong>r.<br />
Der Nachbereitung <strong>de</strong>r Leitungskreis-Tagung<br />
folgte die Beratung verschie<strong>de</strong>ner Themen, zu<br />
<strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Vorstand Beschlüsse fasste.<br />
1. Der ICV wird die Einführung von Englisch als<br />
zweite Vereinssprache forcieren. Dazu gehö-<br />
eine „Englisch-Offensive“ im ICV zu starten, in<br />
<strong>de</strong>r u.a. Statements sowie an<strong>de</strong>re Dokumente<br />
für fremdsprachige Mitglie<strong>de</strong>r und Interessenten<br />
übersetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
In Arbeitsgruppen hatten sich die Tagungsteilnehmer<br />
u.a. mit Fragen <strong>de</strong>r internen und externen<br />
Kommunikation sowie mit <strong>de</strong>r Gewinnung<br />
weiterer Firmenmitglie<strong>de</strong>r befasst. Der ICV-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong><br />
Siegfried Gänßlen dankte in<br />
seinem Bericht ausdrücklich <strong>de</strong>n Regional<strong>de</strong>legierten<br />
für die geleistete Arbeit und bat, diesen<br />
Dank <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s an die AK-Leiter zu übermitteln.<br />
Gänßlen war auch voller Anerkennung<br />
auf die Arbeit <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>enwerkstatt eingegangen.<br />
Im November 2011 wird eine Tagung aller ICV-<br />
Arbeitskreisleiter angestrebt.<br />
Die Tagungs-Teilnehmer 2010. 1. Reihe v.l.n.r.: Carmen Zillmer, Dragica Erčulj, Edita Szarska, Adrianna Lewandowska,<br />
Aiste Lörgen, Sieglin<strong>de</strong> Wiesmann; 2. Reihe: Dieter Meyer, Rainer Linse, Lothar Kuhls, Conrad Günther, Siegfried Gänßlen,<br />
Siegfried Hampl, Walter Schmidt, Bernd Schwarze, Martin Herrmann, Alfred Biel, Heimo Losbichler, Marcus Haegi.<br />
ren die künftig systematische Übersetzung<br />
von Publikationen <strong>de</strong>s ICV; die Publikation<br />
englischer Mitteilungen aus <strong>de</strong>m Leben <strong>de</strong>s<br />
ICV; die Prüfung <strong>de</strong>r Möglichkeiten, kontinuierlich<br />
Artikel aus <strong>de</strong>m „Controller Magazin“<br />
zu übersetzen und auf <strong>de</strong>r Website <strong>de</strong>s ICV<br />
exklusiv für Mitglie<strong>de</strong>r zu veröffentlichen; die<br />
Prüfung einer englischen Übersetzung / Durchführung<br />
von Tagungen/Meetings mit signifikanter<br />
internationaler Beteiligung.<br />
2. Es wird ein ICV-Fachkreis „Green Controlling“<br />
gegrün<strong>de</strong>t.<br />
3. Die I<strong>de</strong>enwerkstatt wird sich 2011 schwerpunktmäßig<br />
mit <strong>de</strong>m Thema „Behavioural<br />
Controlling“ befassen.<br />
4. Der ICV konzentriert sich 2011 fachlich auf<br />
folgen<strong>de</strong> Themen: a) Nachhaltiges Control-<br />
ling: Diskussion <strong>de</strong>s White Paper „Green<br />
Controlling“, Konkretisierung <strong>de</strong>r „10 Kernpunkte<br />
nachhaltigen Controllings“; b) Mo<strong>de</strong>rn<br />
Budgeting: breite Diskussion <strong>de</strong>r<br />
praktischen Implikationen und von Anwendungsfällen;<br />
c) Wertorientierung nach<br />
<strong>de</strong>r Krise, inklusive Risikomanagement und<br />
Working Capital Management; d) Qualität<br />
und Controlling, Diskussion <strong>de</strong>r DIN SPEC<br />
1086 „Qualitätsstandards im Controlling“,<br />
Prozess-Mo<strong>de</strong>ll Controlling.<br />
5. Im Januar 2011 wird <strong>de</strong>r Vorstand über verschie<strong>de</strong>ne<br />
Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r internationalen Mitgliedschaft<br />
entschei<strong>de</strong>n.<br />
6. Der Vorstand legt <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />
2011 einen Vorschlag zur Anpassung<br />
<strong>de</strong>r Mitgliedsbeiträge vor.<br />
7. Eine an die Image-Broschüre angepasste<br />
neue Präsentation über <strong>de</strong>n ICV (Deutsch &<br />
Englisch) wird online gestellt.
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Bereits zum sechsten Mal fand am 4. November<br />
2010 die Controlling Advantage<br />
Bonn CAB 2010 im Gas-Wasser-Zentrum in<br />
Bonn statt. Der herzliche Dank <strong>de</strong>s ICV<br />
richtet sich an die Referenten, die Organisatoren<br />
und die Besucher <strong>de</strong>r Tagung.<br />
Die AK-Leiter <strong>de</strong>r Region West organisierten gemeinsam<br />
das regionale Forum zum Wissens-<br />
und Erfahrungsaustausch. Sie haben erneut ein<br />
anspruchsvolles, interessantes Programm zusammenstellen<br />
und namhafte Referenten gewinnen<br />
können. Die von Anja Gondolf, Leiterin<br />
ICV-AK Rhein-Main, mo<strong>de</strong>rierte CAB unter <strong>de</strong>m<br />
Motto „Neue Erfahrungen nutzen – Instrumente<br />
schärfen!“ hatte sowohl Folgen <strong>de</strong>r Finanz- und<br />
Wirtschaftskrise als auch klassische Themen<br />
<strong>de</strong>s Controller-Services zum Gegenstand.<br />
Dr. Frank Martin (Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Geschäftsführung<br />
<strong>de</strong>r Regionaldirektion <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<br />
für Arbeit in Frankfurt) stellte zunächst die<br />
aktuelle Situation auf <strong>de</strong>m Arbeitsmarkt in<br />
Deutschland vor. Er beleuchtete danach die<br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
auf <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt. Selbst die Fachwelt war<br />
überrascht, dass <strong>de</strong>r Arbeitsmarkt die Krise<br />
äußerst glimpflich überstan<strong>de</strong>n hat – insbeson<strong>de</strong>re<br />
im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren westlichen Volkswirtschaften.<br />
Dies sei aber kein Grund sich<br />
entspannt zurückzulehnen, urteilte Dr. Martin<br />
und ging auf eine weitere bevorstehen<strong>de</strong> Krise<br />
ein, die <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt „richtig hart treffen<br />
wird“: nämlich die Folgen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>mografischen<br />
Wan<strong>de</strong>ls, Stichwort „Fachkräftebedarf“.<br />
Thilo Knuppertz und Ludger Goed<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>lten<br />
danach das Thema Risikomanagement.<br />
Knuppertz ist Geschäftsführer <strong>de</strong>r BPM&O<br />
GmbH in Köln. Als Co-Referent stand ihm Ludger<br />
Goed<strong>de</strong> zur Seite; als Leiter Controlling bei<br />
Möbel Knappstein verantwortlich für die Bereiche<br />
Controlling, Finanzen und Risikomanagement.<br />
Obwohl Risikomanagement seit mehr<br />
als zehn Jahren ein in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit oft genanntes<br />
Thema ist, tun sich aus Sicht <strong>de</strong>r Referenten<br />
in <strong>de</strong>r Praxis viele Unternehmen nach<br />
wie vor damit schwer, ein wirksames aber<br />
praktikables Risikomanagement aufzubauen<br />
und erfolgreich umzusetzen. Die wesentlichen<br />
Bestandteile eines wirksamen Risikomanagement-Systems<br />
wur<strong>de</strong>n anschaulich vorgestellt<br />
und <strong>de</strong>ren erfolgreiche Umsetzung am Beispiel<br />
bei Möbel Knappstein aufgezeigt.<br />
Hans Jochen Klütsch (Associate Partner) und<br />
Hartmut Ibershoff (Manager Finance) bei mbb<br />
consult aus Düsseldorf berichteten anschließend<br />
über aktuelle Aspekte beim Working Capital<br />
Management. Dabei wur<strong>de</strong> beson<strong>de</strong>res<br />
Augenmerk auf die kritischen Erfolgsfaktoren<br />
gelegt.<br />
Der Leiter <strong>de</strong>s ICV-Branchenarbeitskreises<br />
Energie+Wasser gab dann einen Einblick in<br />
das Vertriebscontrolling <strong>de</strong>r Versorgungswirtschaft.<br />
Ulrich Dorprigter (Düsseldorf) veranschaulichte<br />
die speziellen Rahmenbedingungen<br />
für Kosten- und Preis-Kalkulationen vor<br />
<strong>de</strong>m Hintergrund erheblich schwanken<strong>de</strong>r Einkaufspreise<br />
in <strong>de</strong>r Energiewirtschaft und vermied<br />
auch nicht, auf die spezielle Risikolage<br />
insbeson<strong>de</strong>re bei Gasversorgungsunternehmen<br />
hinzuweisen.<br />
Der Geschäftsführer <strong>de</strong>r HICHERT+PARTNER<br />
AG Kreuzlingen, Dr. Rolf Hichert, startete in das<br />
Nachmittagsprogramm mit „Was Berichte berichten“.<br />
Die von ihm entwickelten sieben Regeln<br />
für Berichte und Präsentationen „SUCCESS“<br />
stellte er mit vielen Beispielen gespickt <strong>de</strong>n<br />
Rolf Hichert und Anja Gondolf während <strong>de</strong>r CAB 2010.<br />
Zuhörern dar. In seinem mitreißen<strong>de</strong>n Vortrag<br />
sparte er auch nicht bei <strong>de</strong>r Demonstration beson<strong>de</strong>rs<br />
abschrecken<strong>de</strong>r Beispiele.<br />
Als einzige weibliche Referentin <strong>de</strong>r Tagung<br />
berichtete Dr. Alexandra Schichtel (Inhaberin<br />
<strong>de</strong>r Managementberatung Change Compass<br />
für Change Management und Unternehmensentwicklung<br />
in Hemsbach/Bergstraße) über<br />
Grün<strong>de</strong>, Hintergrün<strong>de</strong> und Zusammenspiel <strong>de</strong>r<br />
ControllerInnen mit an<strong>de</strong>ren Aufgabenträgern<br />
beim für viele neuen Thema Kommunikations-<br />
Controlling. Dr. Schichtel berät Führungskräfte<br />
bei <strong>de</strong>r Steuerung von Verän<strong>de</strong>rungsprozessen<br />
und ist engagiertes Mitglied im ICV-Fachkreis<br />
Kommunikations-Controlling, <strong>de</strong>ssen Arbeit<br />
und Statement die Basis ihres Vortrags bil<strong>de</strong>te.<br />
Den Abschluss <strong>de</strong>r Tagung gestaltete Rainer<br />
Vieregge (Aachen) – Leiter <strong>de</strong>s ICV-FAK Controlling<br />
und Qualität, sowie <strong>de</strong>s regionalen AK<br />
Aachen-Lüttich-Maastricht. Rainer Vieregge<br />
kümmert sich seit vielen Jahren um das Zusammenspiel<br />
von Controlling und Qualität. In<br />
seinem Vortrag zeigte er das große Potential<br />
aus einer wirksamen Zusammenarbeit von<br />
Controllern und „Qualitätern“ auf. Die Basis<br />
seines Vortrags bil<strong>de</strong>te das Impulspapier <strong>de</strong>s<br />
Fachkreises „Controlling & Qualität“.<br />
Die Besucher nutzten die CAB, um Erfahrungen<br />
auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Die<br />
7. Controlling Advantage Bonn CAB 2011 fin<strong>de</strong>t<br />
am 10.11.2011 statt.<br />
Info: Anja Gondolf<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
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106<br />
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Was Controlling erfolgreich macht<br />
Rund 150 Gäste waren zur CCS 2010 ins IBM-Forum Ehningen gekommen.<br />
Als Rainer Linse, ICV-Regional<strong>de</strong>legierter<br />
Deutschland Süd, die „8. Controlling Competence<br />
Stuttgart CCS 2010“ am 18. November<br />
eröffnete, konnte er fast 150 Gäste<br />
begrüßen. Gastgeber war wie<strong>de</strong>r IBM<br />
Deutschland, Veranstaltungsort das IBM<br />
Forum Ehningen. Die von <strong>de</strong>n süd<strong>de</strong>utschen<br />
Arbeitskreisen organisierte Fachtagung<br />
hatte bei <strong>de</strong>n Teilnehmerzahlen gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Vorjahr <strong>de</strong>utlich zugelegt. Im<br />
Namen <strong>de</strong>r IBM Deutschland GmbH begrüßte<br />
Reinhard Reschke, Geschäftsführer<br />
(Finanzen), die Gäste.<br />
Den ersten Vortrag <strong>de</strong>r CCS 2010, „Datenbasierte<br />
Unternehmensführung – neuere Metho<strong>de</strong>n<br />
für Analyse und Visualisierung“, hielt Dr.<br />
Nicolas Bissantz, Geschäftsführen<strong>de</strong>r Gesellschafter<br />
<strong>de</strong>r Bissantz & Company GmbH, Nürnberg.<br />
Bissantz zeigte zunächst Beispiele für die<br />
Darstellung von Daten in <strong>de</strong>r Wirtschaftspresse;<br />
schlechte und auch gute, in <strong>de</strong>nen Controller<br />
sogar „ba<strong>de</strong>n könnten“. Deutlich wur<strong>de</strong>n<br />
Bissantz‘ Auffassungen von gelungener Datenvisualisierung;<br />
beson<strong>de</strong>ren Wert legte er auf<br />
eine hohe Datendichte. Sein Vortrag gestaltete<br />
sich zu einem engagierten Plädoyer, „Abschied<br />
von <strong>de</strong>n Ampeln“ zu nehmen. Bissantz machte<br />
<strong>de</strong>utlich, dass er großen Verän<strong>de</strong>rungsbedarf<br />
im Controlling sehe: „Die paar Zahlen, die wir<br />
heute haben, die machen sich zu wichtig.“ So<br />
fand <strong>de</strong>r Vortrag auch in <strong>de</strong>r Kaffeepause in<br />
angeregten Gesprächen seine Fortsetzung.<br />
Danach stand „Die Verteidigung von Verrechnungspreisen<br />
in <strong>de</strong>r Betriebsprüfungspraxis“<br />
auf <strong>de</strong>r CCS-Agenda. Der Referent, Prof. Dr.<br />
Thomas Borstell, ist International Tax Partner in<br />
<strong>de</strong>r Steuerabteilung von Ernst & Young in Düsseldorf,<br />
leitet weltweit die Beratung zu Fragen<br />
<strong>de</strong>r Verrechnungspreise bei Ernst & Young und<br />
ist Lehrbeauftragter und Honorarprofessor für<br />
„International Tax Planning“ an <strong>de</strong>r Universität<br />
Köln. Zur Einführung sprach Borstell über die<br />
Reaktionen <strong>de</strong>r Steuerverwaltungen auf die<br />
wirtschaftliche Lage und <strong>de</strong>ren verän<strong>de</strong>rtes<br />
Vorgehen. Dann erörterte er die eigene Vorbereitung<br />
<strong>de</strong>r Unternehmen, speziell <strong>de</strong>s Controllings,<br />
auf eine Verrechnungspreis-Betriebsprüfung.<br />
Borstell skizzierte typische Vorgehen von<br />
Betriebsprüfern sowie übliche Abwehrstrategien.<br />
Schließlich erläuterte er, wie sich eine<br />
Doppelbesteuerung beseitigen lässt und widmete<br />
sich auch Klagewegen, Verständigungs-<br />
sowie Schiedsverfahren.<br />
Den dritten und Abschlussvortrag hielt Siegfried<br />
Gänßlen, ICV-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r und<br />
CEO <strong>de</strong>r Hansgrohe AG, Schiltach: „Was macht<br />
Controller erfolgreich?“ Zunächst skizzierte er<br />
die Erwartungen <strong>de</strong>r Manager an die Controller.<br />
Dann widmete sich Gänßlen u.a. Fragen<br />
wie intelligentes Kostenmanagement, globale<br />
Steuerung, Risikomanagement in <strong>de</strong>r globalisierten<br />
Welt sowie einem „Controlling <strong>de</strong>r Controller“.<br />
Es gehe auch um hohe Effizienz und<br />
Geschwindigkeit sowie niedrige Kosten in <strong>de</strong>n<br />
Controllingabteilungen.<br />
Gänßlen sprach dann über <strong>de</strong>n „Rollenwan<strong>de</strong>l<br />
<strong>de</strong>r Controller vom Financial Controller zum<br />
Business Partner“. Die heutige Rolle schließe<br />
auch Rollen als Dienstleister, Kommunikator,<br />
Mo<strong>de</strong>rator, Experte, Berater bis hin zum Innovator<br />
ein. Zum Abschluss stan<strong>de</strong>n die Lehren<br />
aus <strong>de</strong>r Krise auf <strong>de</strong>r Agenda von Gänßlens<br />
Vortrag. Er legte dar, was er unter „An<strong>de</strong>rs<br />
machen, nicht weiter machen“ versteht. Unter<br />
an<strong>de</strong>rem gehöre dazu, „Kosten intelligent zu<br />
senken”; Preise nur dort zu senken, wo nachhaltig<br />
Marktanteile gewonnen wer<strong>de</strong>n könnten;<br />
nicht an Innovationen zu sparen: Prioritäten zu<br />
setzen und danach zu han<strong>de</strong>ln; in Vertrieb und<br />
Marketing gezielt zu investieren; schnell und<br />
mutig Entscheidungen zu treffen. Der Referent<br />
mahnte: „Auf <strong>de</strong>m Altar <strong>de</strong>r Kostensenkung<br />
darf die Unternehmenskultur nicht geopfert<br />
wer<strong>de</strong>n!“<br />
Die 9. Controlling Competence Stuttgart CCS<br />
2011 fin<strong>de</strong>t am 24. November 2011 wie<strong>de</strong>r im<br />
IBM-Forum Ehningen statt.<br />
Rainer Linse folgt<br />
Walter Meissner<br />
Auf Walter Meissner (links) folgt Rainer Linse.<br />
Rainer Linse (52), Geschäftsführer <strong>de</strong>r confi<strong>de</strong>nce<br />
consult GmbH, Freiberg a. N., ist neuer<br />
ICV-Regional<strong>de</strong>legierter Deutschland Süd. In<br />
diesem Ehrenamt koordiniert Linse die neun<br />
süd<strong>de</strong>utschen Arbeitskreise <strong>de</strong>s ICV. Er folgt<br />
<strong>de</strong>m langjährigen ICV-Regional<strong>de</strong>legierten<br />
Walter Meissner, IBB-Management Beratung<br />
& Training, Eggenfel<strong>de</strong>n bei Passau, <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
ICV-Vorstand herzlich für die geleistete, verdienstvolle<br />
Arbeit dankt.<br />
Rainer Linse ist seit 1990 ICV-Mitglied, arbeitete<br />
im AK Südwest und wur<strong>de</strong> 2005 Leiter <strong>de</strong>s<br />
neu gegrün<strong>de</strong>ten AK Heilbronn-Künzelsau. Seit<br />
2007 war er stv. Regional<strong>de</strong>legierter Deutschland<br />
Süd.
CCS 2010: Der Volatilität im Markt gerecht wer<strong>de</strong>n<br />
Die Controlling Insights Steyr CIS 2010 am<br />
19. November hat eine Schallmauer durchbrochen:<br />
Erstmals zählte eine ICV-Regionaltagung<br />
über 300 Teilnehmer. Zur CIS 2010<br />
konnte Tagungsorganisator und -leiter, Prof.<br />
Dr. Heimo Losbichler, Stv. ICV-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r,<br />
Studiengangleiter Controlling,<br />
Rechnungswesen und Finanzmanagement,<br />
FH-Oberösterreich Steyr, rund 320 Teilnehmer<br />
begrüßen. Das CCS-Programm vermittelte<br />
„Insights“ in erfolgreiche Praxisbeispiele<br />
und war abgestimmt auf die aktuellen<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Wirtschaftslebens:<br />
Controlling-Systeme zu schaffen, die <strong>de</strong>n<br />
hohen Volatilitäten im Markt, auch nach <strong>de</strong>r<br />
überwun<strong>de</strong>nen Krise, gerecht wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Eröffnungsvortrag von Erwin Staudt, Präsi<strong>de</strong>nt<br />
<strong>de</strong>s VfB Stuttgart und früherer General Manager<br />
IBM Deutschland, war „Strategische Ausrichtung:<br />
Was Controller von Fußballern lernen<br />
können“ überschrieben. Staudt beschrieb zunächst<br />
das System Profifußball aus betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht. Er stellte „strategische<br />
Stellschrauben“ <strong>de</strong>s VfB Stuttgart vor und berichtete,<br />
wie Managementinstrumente aus <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaft adaptiert wor<strong>de</strong>n sind. Staudt ging<br />
zu<strong>de</strong>m auf die Finanz- und Ergebnisplanung,<br />
z.B. mit Hilfe von <strong>Simulation</strong>srechnungen, ein.<br />
„Warum CFOs auch das Controlling auslagern“,<br />
erklärte anschließend Mag. Christoph Prieler,<br />
Offshoring Advisor McKinsey & Co, Flextronics,<br />
IBM. Er richtete <strong>de</strong>n Blick auf die gewachsenen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an Finanzabteilungen und stellte<br />
seine Ansichten vor, wie Outsourcing bzw.<br />
Offshoring (O&O) zur Lösung beitragen könnten.<br />
Schließlich beschrieb er Faktoren für ein<br />
erfolgreiches O&O <strong>de</strong>r Finanzaktivitäten.<br />
„Finanzierung 2011 – Auswirkungen von Basel<br />
III auf die Beziehung Banken – Unternehmen“<br />
war das nächste Thema. In seinem Vortrag<br />
skizzierte Mag. Christoph Wurm, Vorstand VKB<br />
Bank, Lehren aus <strong>de</strong>r Krise. Dann widmete er<br />
sich Liquidität und (Eigen)kapital als <strong>de</strong>n bestimmen<strong>de</strong>n<br />
Finanzfaktoren für Banken und Unternehmen.<br />
Im Zusammenhang von Basel III sprach<br />
Wurm zum Rating als Grundlage <strong>de</strong>s Kredit-<br />
managements und <strong>de</strong>n sich daraus ergeben<strong>de</strong>n<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an die Controller.<br />
Mag. Robert Kastil, CFO <strong>de</strong>r Rosenbauer AG,<br />
stellt danach unter <strong>de</strong>r Überschrift „Nachhaltige<br />
Unternehmensführung – Der Weg vom<br />
Familien unternehmen zum globalen Player“ die<br />
Erfolgsgeschichte seines Unternehmens vor.<br />
Der Rosenbauer-CFO beschrieb wichtige Entwicklungsetappen<br />
wie <strong>de</strong>n Börsengang und<br />
widmete sich <strong>de</strong>n strategischen Erfolgsfaktoren<br />
seines familiengeführten Hauses.<br />
„Wertorientiertes Management bei Lufthansa –<br />
nur ein ganzheitlicher Ansatz führt zum Erfolg“<br />
war das Referat von Karl-Heinz Steinke, Leiter<br />
Konzern-Controlling Lufthansa AG, überschrieben.<br />
Zunächst stellt Steinke, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r ICV-I<strong>de</strong>enwerkstatt<br />
mitarbeitet, sein Unternehmen vor, in<br />
<strong>de</strong>m das Controlling verantwortlich für die Umsetzung<br />
und Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Konzepts <strong>de</strong>r<br />
wertorientierten Konzernsteuerung ist. Dann widmete<br />
er sich <strong>de</strong>tailliert <strong>de</strong>m Cash Value Ad<strong>de</strong>d<br />
(CVA) als Spitzenkennzahl <strong>de</strong>r Konzernsteuerung.<br />
Die CIS-Podiumsdiskussion war „Nachhaltigkeit<br />
– Mo<strong>de</strong>wort o<strong>de</strong>r Umbruch im Management?“<br />
überschrieben. Es diskutieren Christoph Wurm,<br />
VKB; Ernst Hai<strong>de</strong>nthaler, Standortleiter KPMG;<br />
Ulrike Rubasch, Wirtschaftsredakteurin „Oberösterreichische<br />
Nachrichten“; Anton Innauer,<br />
Olympiasieger; Karl-Heinz Steinke, Lufthansa;<br />
Heimo Losbichler, ICV. Zunächst verständigten<br />
sich die Diskutanten zum Begriff „Nachhaltig-<br />
Den 320 Gästen bot die CIS 2010 spannen<strong>de</strong> „Insights“ in erfolgreiche Unternehmen.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
keit“. Die Run<strong>de</strong> riss danach die Frage an, ob<br />
Nachhaltigkeit ein Wettbewerbsvorteil o<strong>de</strong>r eher<br />
ein -nachteil sein wer<strong>de</strong>. Dabei waren sich die<br />
Teilnehmer einig: Verantwortungsvolles unternehmerisches<br />
Han<strong>de</strong>ln dürfe kein Nachteil sein.<br />
Dr. Peter Untersperger, CEO Lenzing AG, sprach<br />
anschließend über „Diskontinuität als Unternehmenssteuerungsinstrument“.<br />
Er plädierte in seinem<br />
Vortrag, <strong>de</strong>r sich vor allem um die Mitarbeiterführung<br />
drehte, u.a. auch für eine persönliche<br />
Ergebnisrechnung – vor allem hochbezahlter<br />
Spitzenleute. Außer<strong>de</strong>m meinte Untersperger,<br />
Top-Performer, dazu zählten auch die Controller,<br />
müssten ein Herz haben und sie müssten dies<br />
<strong>de</strong>n Mitarbeitern zeigen.<br />
Als prominenter Schlussredner <strong>de</strong>r CIS 2010<br />
sprach Anton Innauer, Skisprung-Olympiasieger,<br />
Erfolgstrainer, Sportmanager, zum Thema: „Was<br />
motiviert <strong>de</strong>n Menschen zu Spitzenleistungen?“<br />
Er gewährte dabei Einblicke in die Skisprungszene.<br />
Sein persönlicher Rat: Das Wichtigste um<br />
Spitzenleistungen zu erreichen ist Regeneration;<br />
das gelte längst nicht nur für <strong>de</strong>n Sport.<br />
Zum Abschluss <strong>de</strong>r CIS 2010 dankte Prof. Dr.<br />
Heimo Losbichler <strong>de</strong>n Referenten und seiner<br />
Kollegin Elke Schlemmer, die maßgeblich zur<br />
erfolgreichen Organisation dieser „Festspiele<br />
<strong>de</strong>r österreichischen Controlling-Community“<br />
beigetragen hatte, sowie <strong>de</strong>m ganzen Organisationsteam.<br />
Die 10. Controlling Insights Steyr<br />
wird am 18. November 2011 stattfin<strong>de</strong>n.<br />
107
108<br />
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Impulspapier: Thesen<br />
stehen zur Diskussion<br />
Der Fachkreis „Controlling & Qualität“, getragen<br />
vom ICV und <strong>de</strong>r Deutschen Gesellschaft<br />
für Qualität DGQ, hat auf <strong>de</strong>r ICV-<br />
Website in einem „Impulspapier“ Thesen<br />
zur Diskussion gestellt. Der FAK unterbreitet<br />
unter <strong>de</strong>m Titel „Controlling und Qualität –<br />
Thesen zur nachhaltigen Steuerung wirtschaftlicher<br />
Excellence“ neue Sichtweisen,<br />
setzt interessante Akzente und verwen<strong>de</strong>t<br />
sich für erweiterte Möglichkeiten in <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />
bei<strong>de</strong>r Funktionen.<br />
Mit <strong>de</strong>n im Impulspapier dokumentierten Arbeitsergebnissen<br />
la<strong>de</strong>n die Autoren ein, über die<br />
angestammten klassischen Bil<strong>de</strong>r hinaus zu blicken,<br />
das Bestehen<strong>de</strong> zu reflektieren, an Themen<br />
in <strong>de</strong>r Entwicklung aktiv teilzuhaben und<br />
eine Annäherung an komplexe und vielleicht<br />
auch kritische Sachverhalte zu wagen. Sie hoffen<br />
auf Zustimmung und Wi<strong>de</strong>rspruch zugleich,<br />
um zur Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Controllings wie<br />
<strong>de</strong>s Qualitätsmanagements beitragen zu können.<br />
Wie die Autoren schreiben, empfin<strong>de</strong>n sie<br />
es als persönlich und fachlich bereichernd, an<br />
dieser Diskussion aktiv teilzunehmen und hoffen<br />
auf viele mitdiskutieren<strong>de</strong> Leser.<br />
Im ICV-Blog (http://blog.controllerverein.<strong>de</strong>)<br />
wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r eigens eingerichteten Kategorie<br />
„Impulspapier Controlling & Qualität” sowohl<br />
das Impulspapier als auch Platz für Stellungnahmen<br />
zur öffentlichen Diskussion bereitgestellt.<br />
Eine erste Stellungnahme hat Alfred Biel,<br />
leiten<strong>de</strong>r ICV-Fachredakteur, abgegeben. Unter<br />
an<strong>de</strong>rem diskutiert Biel das Pro und Contra von<br />
Regulierung und Normen im Controlling. „Möglicherweise<br />
kann die Antwort heißen: Regulie-<br />
Alfred Biel<br />
rungen (Normen, Standards usw.) ja, aber bitte<br />
mit viel Augenmaß“, schreibt Biel. „Zu<strong>de</strong>m<br />
kann es nur um einen empfehlen<strong>de</strong>n und nicht<br />
um einen verpflichten<strong>de</strong>n Charakter <strong>de</strong>rartiger<br />
‚Vorschriften‘ gehen.“<br />
Eine weitere Frage wirft er in seiner Stellungnahme<br />
auf; ob im Impulspapier ein „ICV-Controller“<br />
gemeint ist als Synonym für „Qualitätscontroller“<br />
o<strong>de</strong>r ob es mehr um Qualitäts-<br />
management im Controlling geht. Letztlich<br />
gehe es doch um eine schlüssige Argumentation<br />
und Beweisführung, warum man Controlling<br />
und Qualitätsmanagement enger zusammenführen<br />
sollte.<br />
Weitere Diskussionsbeiträge sind herzlich willkommen.<br />
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Am 22. Oktober hat in St. Petersburg das 20.<br />
Symposium <strong>de</strong>s russischen Controllervereins<br />
unter <strong>de</strong>r Leitung von Prof. Sergey Falko (Bild:<br />
2.v.r.) stattgefun<strong>de</strong>n. Den Eröffnungsvortrag<br />
hielt Prof. Dr. Utz Schäffer (rechts), Mitglied <strong>de</strong>s<br />
ICV-Kuratoriums, WHU Otto Beisheim School of<br />
Management. Einen weiteren Vortrag hielten<br />
gemeinsam Liudmila Häusser und Björn Baltzer<br />
(Bild) von <strong>de</strong>r Universität Bamberg.<br />
Erster Arbeitskreis<br />
Spanien startet<br />
Im Oktober hatten in Barcelona Ulrich Müller,<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Circulo Controller, und Dietmar<br />
Pascher, Controller Aka<strong>de</strong>mie (CA), im<br />
Namen <strong>de</strong>s ICV zur Kick-Off-Veranstaltung für<br />
einen ICV-Arbeitskreis in Spanien eingela<strong>de</strong>n.<br />
15 Teilnehmer aus spanischen und <strong>de</strong>utschen<br />
Firmen waren gekommen. Weitere Treffen<br />
wer<strong>de</strong>n angekündigt auf <strong>de</strong>r ICV-Website sowie<br />
unter www.circulocontroller.com.<br />
AK Litauen freut sich<br />
über wachsen<strong>de</strong>s<br />
Interesse<br />
Am 17. September hat sich <strong>de</strong>r AK Litauen zu<br />
seiner 8. Sitzung getroffen. Unter <strong>de</strong>n 14 Teilnehmern<br />
wur<strong>de</strong>n zwei neue Interessenten begrüßt.<br />
Themen <strong>de</strong>r Sitzung waren BSC, KPI<br />
und Instrumente <strong>de</strong>s Controllings. Auf <strong>de</strong>r<br />
ICV-Website ist unter „Aktuelles aus <strong>de</strong>m ICV“<br />
sowie unter „News“ im englischsprachigen Bereich<br />
ein ausführlicher Bericht zu <strong>de</strong>m Treffen<br />
online.
Aus ControllingWiki: Total Quality Management<br />
Total-Quality-Management (TQM) ist eine<br />
Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Unternehmensführung, mit<br />
<strong>de</strong>r Markt erfolg durch Qualität <strong>de</strong>r angebotenen<br />
Produkte und Dienstleistungen erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n soll. Ziel ist es, durch höhere<br />
Produktivität, geringeren Fehlleistungsaufwand<br />
und niedrigere Kosten einen größeren<br />
Unternehmenserfolg zu erreichen.<br />
Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r drei<br />
Schlüsselbegriffe<br />
Total: Ausnahmslos alle Geschäftsbereiche<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens und Mitarbeiter sind in die<br />
Qualitätsverbesserung einzubeziehen. Das gilt<br />
für Produkte und gleichermaßen für Dienstleistungen.<br />
Qualität: Nach DIN 55350, Teil 11, ist Qualität<br />
<strong>de</strong>finiert als „die Beschaffenheit einer Einheit<br />
bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte<br />
Erfor<strong>de</strong>rnisse zu erfüllen“. Diese<br />
für <strong>de</strong>n praktischen Gebrauch wenig griffige<br />
Definition kann aber auch marktnäher gefasst<br />
wer<strong>de</strong>n: Qualität ist, was <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> for<strong>de</strong>rt und<br />
empfin<strong>de</strong>t, d. h., Qualität ist als Kun<strong>de</strong>nnutzen<br />
eine ständig fließen<strong>de</strong> Größe.<br />
Management: Qualität beginnt immer im Kopf.<br />
Für das Unternehmen heißt das, dass bei TQM<br />
das Management die aktive Führungsrolle<br />
(quality lea<strong>de</strong>rship) übernehmen muss. Dazu<br />
gehören sinnorientiertes Han<strong>de</strong>ln und Vorbildfunktion.<br />
Warum wird TQM eingesetzt?<br />
TQM ist unverzichtbar, weil erfahrungsgemäß<br />
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Managementfehlern beruhen<br />
���������������������������������������������seitigung<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n müssen<br />
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��������������������������������������kun<strong>de</strong>ngewinnung<br />
beträgt<br />
������������������������������������������������manent<br />
im Managementfokus stehen muss,<br />
worin <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nnutzen besteht und zukünftig<br />
bestehen wird.<br />
Welche Ziele verfolgt TQM?<br />
Adressat aller TQM-Aktivitäten ist zuerst <strong>de</strong>r externe<br />
Kun<strong>de</strong>. Er allein entschei<strong>de</strong>t, ob er <strong>de</strong>m<br />
Unternehmen vertraut und weiter Kun<strong>de</strong> bleibt.<br />
Deshalb müssen alle Möglichkeiten zur Vertrauensbildung<br />
und Zufrie<strong>de</strong>nstellung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n<br />
ausgeschöpft wer<strong>de</strong>n. TQM kann sich nicht in<br />
Optimierung interner Prozesse erschöpfen o<strong>de</strong>r<br />
ausschließlich auf die Qualitätsverbesserung<br />
von Produkten beziehen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> erlebt<br />
Qualität als Ensemble, das über <strong>de</strong>n Produktnutzen<br />
hinausgeht. Dazu gehören beispielsweise<br />
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und Verpackung<br />
��������������������������������������������dienst<br />
und Servicebesuche<br />
���������������������������������������������meiner<br />
Schriftverkehr.<br />
Oft verursachen die „fertigungsfernen“ Bereiche<br />
wie Vertrieb, Rechnungswesen, Lagerhaltung o<strong>de</strong>r<br />
��������������������������������������������<br />
TQM geht davon aus, dass auch innerhalb <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens Kun<strong>de</strong>n-Lieferanten-Beziehungen<br />
existieren. Es betrachtet je<strong>de</strong>s Prozessergebnis<br />
als Produkt. Deshalb bestehen die<br />
Säulen <strong>de</strong>s TQM in <strong>de</strong>r Qualitätsverpflichtung<br />
<strong>de</strong>s Managements durch externe und interne<br />
Kun<strong>de</strong>norientierung und im Einsatz geeigneter<br />
Instrumente zur Qualitätssteuerung.<br />
Worin bestehen die Aufgaben<br />
<strong>de</strong>s Managements und<br />
wie wer<strong>de</strong>n sie realisiert?<br />
Dauerhafte und verlässliche Qualität gibt es nur<br />
dort, wo das Management täglich versteht, dass<br />
kontinuierliche Qualitätsverbesserung und Kun<strong>de</strong>norientierung<br />
keine Schlagwörter sind. Die<br />
Aufgaben <strong>de</strong>r Unternehmensleitung bestehen<br />
darin,<br />
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orientierte Visionen zu entwickeln, zu för<strong>de</strong>rn<br />
und zu verwirklichen und, davon abgeleitet,<br />
die Qualitätsziele zu <strong>de</strong>finieren<br />
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TQM durchführen zu können<br />
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alle an<strong>de</strong>ren Führungskräfte auch, teilzunehmen<br />
sowie<br />
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von Budget- und Ergebnisbesprechungen zu<br />
machen.<br />
Zur Entwicklung einer Qualitätskultur im Unternehmen<br />
haben sich folgen<strong>de</strong> Managementregeln<br />
bewährt:<br />
��������������������������������������������terorientierung<br />
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Kostenfaktoren<br />
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gehören zusammen<br />
�����������������������������������������zuweisungen<br />
sind unproduktiv<br />
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wird vorgebeugt<br />
������������������������������������������jective<br />
(MbO) bzw. Management by Results<br />
(MbR)<br />
������������������������������������������mierung<br />
���������������������������������������������<br />
Bestandteil <strong>de</strong>r täglichen Arbeit<br />
��������������������������������������������tätswesen<br />
ist Know-how- und Beratungszentrum<br />
für alle Qualitätsbelange, aber nicht Verantwortungsträger<br />
o<strong>de</strong>r Kontrollinstanz.<br />
Achtung<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
Zur Qualitätspolitik <strong>de</strong>s Managements gehört<br />
es, Qualitätsgrundsätze zu formulieren, die für<br />
alle Mitarbeiter und alle Prozesse im Unternehmen<br />
gültig sind. Bereichsweise sind aus ihnen<br />
Qualitätsziele und -maßnahmen bis zum einzelnen<br />
Arbeitsplatz abzuleiten. Zu <strong>de</strong>n wichtigsten<br />
Umsetzungsmaßnahmen gehören Null-Fehler-<br />
Programme und kontinuierliche Verbesserungen,<br />
die von Qualitätszirkeln bzw. interdisziplinären<br />
Teams verwirklicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Textauszug; vollständiger Artikel auf<br />
www.controlling-wiki.com.<br />
Prof. Dr. Peter W. Weber<br />
109
110<br />
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Was macht <strong>de</strong>r „Fachkreis Controlling<br />
& Innovation“?<br />
Innovation bzw. Innovationsmanagement<br />
und Controlling haben in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />
nichts von ihrer Aktualität und Relevanz<br />
verloren. Im Gegenteil: Bei<strong>de</strong> Disziplinen<br />
stehen auf <strong>de</strong>r unternehmerischen Agenda<br />
ganz oben. Bei<strong>de</strong> haben zum Ziel, an zukünftigen<br />
Unternehmenserfolgen entschei<strong>de</strong>nd<br />
mitzuwirken, verfolgen dieses Ziel jedoch<br />
aus unterschiedlichen Perspektiven<br />
und mit unterschiedlichen Metho<strong>de</strong>n und<br />
Instrumenten.<br />
Der ICV-Fachkreis Controlling & Innovation hat<br />
sich im Dezember 2008 (erneut) konstituiert,<br />
um das Management und die Steuerung von<br />
Innovationen im Expertenkreis zu diskutieren,<br />
die Konvergenz bei<strong>de</strong>r Perspektiven voranzutreiben<br />
und einen Beitrag für die strategische<br />
und operative Innovatoren- und Controllertätigkeit<br />
zu leisten. Der FAK soll damit eine innovative,<br />
interaktive Informations-, Wissens- und<br />
Diskussionsplattform bil<strong>de</strong>n, die von Praktikern,<br />
Beratern und Wissenschaftlern entwickelt<br />
und gelebt wird.<br />
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vertrauensvolle Kommunikation und Kooperation<br />
zwischen <strong>de</strong>n FAK-Mitglie<strong>de</strong>rn eine Verbesserung<br />
und Professionalisierung von F&E-,<br />
Innovations- und Controllingprozessen an.<br />
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Basis empirischer Arbeiten ein Beitrag zur<br />
angewandten Innovations- & Controlling-Forschung<br />
in Form wissenschaftlicher Studien<br />
und aktueller Beiträge geliefert wer<strong>de</strong>n.<br />
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dient als Kommunikationsdrehscheibe und verstärkt<br />
sein Profil auf <strong>de</strong>m topaktuellen, interdisziplinären<br />
Feld Controlling und Innovation.<br />
Die ersten FAK-Treffen stan<strong>de</strong>n im Zeichen <strong>de</strong>r<br />
Messung von Innovationen, <strong>de</strong>n Innovationsindikatoren.<br />
Die Mitglie<strong>de</strong>r sind sich dahingehend<br />
einig, dass Innovationsdiagnose und -benchmarking<br />
auch weiterhin ein wichtiges Themenfeld<br />
im Fachkreis bil<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Steuerung von Produktinnovationen wur<strong>de</strong>n<br />
Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Innovationsportfoliomanagements<br />
in <strong>de</strong>r Automobilzulieferindustrie ebenso<br />
diskutiert wie Produktentwicklungsprozesse;<br />
von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>engenerierung, <strong>de</strong>r systematischen<br />
Erfassung, Evaluierung bis zur Freigabe, Entwicklung<br />
und Umsetzung. Es zeigt sich, dass<br />
überall segmentierte, an spezifische Unternehmensbedingungen<br />
angepasste Phasenprozesse<br />
in Form von Stage-Gate-Prozessen im Einsatz<br />
sind; das gilt für im FAK vertretene Anlagenbauer,<br />
Unternehmen <strong>de</strong>r Getränke- und Getränkeverpackungsindustrie,Automobilindustrie<br />
und Konsumgüterhersteller.<br />
Am Beispiel <strong>de</strong>r strategischen Technologieentwicklung<br />
in <strong>de</strong>r Sicherheitsbranche wur<strong>de</strong>n<br />
Roadmaps, Schnittstellenkomplexität, Risiken<br />
und Instrumente zur Steuerung von technologischen<br />
Prozessinnovationen diskutiert. Stets<br />
ging bzw. geht es auch um die Rolle <strong>de</strong>s Controllers,<br />
<strong>de</strong>ssen Instrumente und Beitrag zum<br />
Innovationserfolg. Aus letzterem Aspekt heraus<br />
bil<strong>de</strong>te sich <strong>de</strong>r zweite konzeptionelle Schwerpunkt,<br />
sich zusätzlich mit <strong>de</strong>r Controllerorganisationauseinan<strong>de</strong>rzusetzen.<br />
Der FAK verfolgt zwei<br />
Schwerpunkte: Der erste<br />
Aspekt bezieht sich auf<br />
die Steuerung von Innovationsprozessen,<br />
wobei wir<br />
<strong>de</strong>r Unterscheidung in<br />
Produktinnovationen (materiell<br />
bzw. immateriell,<br />
z.B. Serviceinnovationen);<br />
Prozess innovationen<br />
(technologische bzw. organisationale Innovationen);<br />
Geschäftsmo<strong>de</strong>llinnovationen Rechnung<br />
tragen. Dabei wer<strong>de</strong>n typische Phasen<br />
diskutiert, <strong>de</strong>ren Schnittstellen, Verantwortlichkeiten<br />
sowie geeignete Steuerungsinstrumente<br />
und KPIs. Der zweite Aspekt zielt auf<br />
die Evaluierung und Verbesserung <strong>de</strong>r Controllerorganisation.<br />
Mittels eines Reifegradmo<strong>de</strong>lls<br />
soll ein Entwicklungspfad für die betriebliche<br />
Innovations-Controlling-Praxis aufgezeigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die nächsten Workshops bzw. Veranstaltungen:<br />
��������������������������������������������ling-Organisation<br />
zur Steuerung von Innovationen“,<br />
„Design Thinking – ein neuer Ansatz?!“,<br />
MCI, Innsbruck;<br />
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Geschäftsmo<strong>de</strong>lle: Strategien.Strukturen.<br />
Steuerung“, Innsbruck;<br />
�������������������������������������������<br />
Themenzentrum „Controlling & Innovation“,<br />
München.<br />
2011 soll ein ICV-White Paper zur Diskussion<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n. Eine empirische Studie in <strong>de</strong>r<br />
zweiten Jahreshälfte wird ausgewählte Thesen<br />
aus <strong>de</strong>m Feld „Controlling & Innovation“ wissenschaftlich<br />
absichern, so dass mit <strong>de</strong>m ICV-<br />
Statement in 2012 die Erkenntnisse <strong>de</strong>s Fachkreises<br />
wertvolle Impulse für Controller & Inno-<br />
vatoren in Theorie und Praxis liefern wer<strong>de</strong>n.<br />
Infos: http://www.controllerverein.com<br />
Kontakt FAK-Leiter Bernd Kirschner:<br />
bernd.kirschner@mci.edu<br />
Autor: Bernd Kirschner<br />
Bernd Kirschner
Portrait AK Rhein-<br />
Main: Netzwerken<br />
auf allen Ebenen<br />
Der Arbeitskreis Rhein-Main wur<strong>de</strong> im Oktober<br />
2003 gegrün<strong>de</strong>t. Im Juli 2008 hat Anja<br />
Gondolf, Gründungsmitglied und ab 2005<br />
stellvertreten<strong>de</strong> Leiterin, seine Leitung übernommen.<br />
Neben regelmäßigen Round-Tables<br />
fin<strong>de</strong>n jährlich zwei Arbeitskreis- Sitzungen<br />
statt. Im Frühjahr und im Herbst sind die Unternehmen<br />
<strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r Treffpunkt. Aktuelle<br />
Themen sowie Trends und Entwicklungen<br />
im Controlling stehen im Fokus, aber auch<br />
Grundsatzfragen und Arbeitsmetho<strong>de</strong>n. Die<br />
Gruppe bestimmt gemeinsam die Inhalte.<br />
Auch konkrete Problemstellungen von Arbeitskreis-Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
wer<strong>de</strong>n behan<strong>de</strong>lt.<br />
Spezielle Themenstellungen können im Rahmen<br />
von Arbeitsgruppen vertieft wer<strong>de</strong>n.<br />
Um die fachliche Weiterentwicklung zu för<strong>de</strong>rn,<br />
wer<strong>de</strong>n neue Themen erarbeitet und Erfahrungen<br />
ausgetauscht. So sollen neue Impulse für<br />
die tägliche Arbeit erreicht und Erfahrungswerte<br />
weitergegeben wer<strong>de</strong>n. Die persönliche<br />
Weiterentwicklung wird durch das aktive Mitwirken<br />
in Gruppenarbeiten sowie die Vorbereitung<br />
und Durchführung von Präsen tationen<br />
unterstützt. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r Arbeit wer<strong>de</strong>n<br />
dokumentiert und stehen allen Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s<br />
Arbeitskreises zur Verfügung. Die Treffen fin<strong>de</strong>n<br />
bevorzugt bei Unternehmen <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r<br />
statt, um Einblick in unterschiedliche Firmen<br />
o<strong>de</strong>r Branchen zu bekommen.<br />
Andreas Blecher hat sich bereits während seines<br />
BWL-Studiums <strong>de</strong>m Controlling verschrieben.<br />
Seither begleitet dieser Schwerpunkt <strong>de</strong>n<br />
heute 42-Jährigen durch sein Berufsleben. Der<br />
kaufmännische Leiter eines Softwareunternehmens<br />
nutzt <strong>de</strong>n ICV, in <strong>de</strong>m er seit ca. 15 Jahren<br />
Mitglied ist, als Plattform für und Netzwerk<br />
mit Controlling-Interessierten. Als Vertreter <strong>de</strong>r<br />
Darmstädter MIS AG in <strong>de</strong>r IGC begann sein aktives<br />
Engagement im Verein. 2003 grün<strong>de</strong>te er<br />
gemeinsam mit an<strong>de</strong>ren an Controlling Interessierten<br />
<strong>de</strong>n Arbeitskreis Rhein-Main, <strong>de</strong>ssen<br />
Leitung er anschließend bis zur Übergabe an<br />
Anja Gondolf im Jahr 2008 übernahm.<br />
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1. Nachwuchsprobleme …?<br />
… kennen wir nicht. Das Einzugsgebiet<br />
unseres Arbeitskreises ist sehr groß (von<br />
Wiesba<strong>de</strong>n bis Ludwigshafen). Auch wenn<br />
Mitglie<strong>de</strong>r die Gegend verlassen, bleibt <strong>de</strong>r<br />
Kontakt erhalten. Über Mundpropaganda erhalten<br />
wir immer wie<strong>de</strong>r Anfragen von weiteren<br />
Interessierten.<br />
2. Die größte Stärke meines AK ist … die<br />
ausgewogene Mischung, über sämtliche Hierarchiestufen und alle Branchen hinweg. Beeindruckend<br />
ist auch <strong>de</strong>r permanente Networking-Gedanke. Oft wer<strong>de</strong> ich angefragt, ob ich<br />
nicht jeman<strong>de</strong>n kenne, <strong>de</strong>r sich mit einem bestimmten Thema auskennt. Wir waren einer <strong>de</strong>r<br />
ersten Arbeitskreise, <strong>de</strong>r sich außerhalb einer Sitzung zu Round-Tables (Stammtischen) getroffen<br />
hat – auf Wunsch <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r!<br />
3. Was uns am meisten beschäftigt … sind die Wege, Mittel und Tools zur Bewältigung<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftskrise. Einen fachlich hoch interessanten Einblick hat die 6. CAB (Controlling<br />
Advantage Bonn) am 4. November geboten. Wir, die Arbeitskreisleiter <strong>de</strong>r Region West, konnten<br />
dafür namhafte Referenten gewinnen.<br />
4. Arbeitskreisleiter zu sein, fin<strong>de</strong> ich … immer wie<strong>de</strong>r eine persönliche und fachliche Herausfor<strong>de</strong>rung,<br />
weil ich je<strong>de</strong>s Mal neue Impulse von <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn erhalte. Diese dann umzusetzen<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Umsetzung in <strong>de</strong>n einzelnen Mitgliedsunternehmen zu verfolgen, hat einen<br />
beson<strong>de</strong>ren Reiz. Wenn ich mir hierzu meinen Wer<strong>de</strong>gang im ICV anschaue: Zuerst war<br />
da nur Neugier. Ich besuchte die konstituieren<strong>de</strong> Sitzung unseres Arbeitskreises. Daraus wur<strong>de</strong><br />
Interesse. Ich war nicht nur Gründungsmitglied, son<strong>de</strong>rn sehr schnell auch aktives und <strong>de</strong>n<br />
damaligen Arbeitskreisleiter Andreas Blecher unterstützen<strong>de</strong>s Mitglied. Vom „harten Kern“<br />
<strong>de</strong>s Arbeitskreises war es nur ein kleiner Schritt in Richtung Stellvertreter. Dies war meine<br />
neue Lei<strong>de</strong>nschaft. Spätestens jetzt war ich „Controlling-infiziert“. Weitere drei Jahre darauf<br />
die Bestätigung durch <strong>de</strong>n Vorstand als Arbeitskreisleiterin. Nicht zuletzt die Mo<strong>de</strong>ration <strong>de</strong>r<br />
CAB im vergangenen November: Für mich ein klarer Vertrauensbeweis <strong>de</strong>s uns betreuen<strong>de</strong>n<br />
Vorstandsmitglieds Dr. Bernd Schwarze, unseres Regional<strong>de</strong>legierten Martin Herrmann und<br />
meiner Arbeitskreisleiterkollegen <strong>de</strong>r Region West. Zielgerichtet for<strong>de</strong>rn und för<strong>de</strong>rn in Reinform.<br />
Dafür meinen herzlichen Dank!<br />
Für <strong>de</strong>n Absolventen <strong>de</strong>r Fachhochschule für<br />
Wirtschaft in Ludwigshafen am Rhein ist Controlling<br />
ein wichtiger Baustein in allen Unternehmen<br />
– unabhängig von <strong>de</strong>r Betriebsgröße,<br />
<strong>de</strong>nn: „Ohne Controlling ist die effiziente Steuerung<br />
von Unternehmen nicht mehr möglich“.<br />
Seinen persönlichen Interessensschwerpunkt<br />
sieht Andreas Blecher im Beteiligungscontrolling<br />
und <strong>de</strong>n damit verbun<strong>de</strong>nen individual- und<br />
gruppenpsychologischen Aspekten, <strong>de</strong>ren Beachtung<br />
Basis für eine funktionieren<strong>de</strong> Zusammenarbeit<br />
zwischen Unternehmenszentrale<br />
und <strong>de</strong>n Beteiligungen ist. Um auf <strong>de</strong>m neuesten<br />
Stand zu bleiben, greift <strong>de</strong>r Familienvater,<br />
<strong>de</strong>r in seiner Freizeit läuft, wan<strong>de</strong>rt und Mountainbike<br />
fährt, gerne zum Controller Magazin,<br />
schaut sich auf <strong>de</strong>r ICV-Webseite um und besucht<br />
regelmäßig <strong>de</strong>n Controller Congress.<br />
Andreas Blecher hat<br />
vor sieben Jahren<br />
<strong>de</strong>n AK Rhein-Main<br />
mitgegrün<strong>de</strong>t.<br />
CM Januar / Februar 2011<br />
111
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Ihre Meinung ist gefragt: Umfragen auf <strong>de</strong>r ICV-Webseite<br />
Als Verein lebt <strong>de</strong>r ICV von seinen Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
– und versteht sich als Plattform und<br />
Forum für seine Mitglie<strong>de</strong>r. In diesem Sinne<br />
ist seit Herbst die Startseite <strong>de</strong>s Webauftritts<br />
unter www.controllerverein.com um<br />
ein weiteres aktuelles Element erweitert<br />
wor<strong>de</strong>n: Hier fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Besucher nun regelmäßig<br />
eine neue Umfrage rund um Controlling-relevante<br />
Themen. Je<strong>de</strong>r Besucher<br />
kann nur einmal abstimmen. Besucht er anschließend<br />
die Webseite erneut, sieht er das<br />
jeweils aktuelle Umfrageergebnis.<br />
Nach Ablauf <strong>de</strong>s Umfragezeitraums wird das<br />
Ergebnis sowohl im Neuigkeiten-Ticker auf<br />
<strong>de</strong>r Startseite unter „Neues aus <strong>de</strong>m ICV“<br />
verkün<strong>de</strong>t. Alle Ergebnisse vergangener Umfragen<br />
erhält <strong>de</strong>r Interessierte darüber hinaus<br />
beim Blick in die Rubrik „Aktuelles“. Dort wur<strong>de</strong><br />
für die Umfragen ein eigener Bereich eingerichtet,<br />
in <strong>de</strong>m sowohl die Ergebnisse als<br />
auch kurze Auswertungen auf einen Blick verfügbar<br />
sind.<br />
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� Fachkreis Kommunikations-<br />
Controlling<br />
03.03.2011, 14.00 Uhr, bis 04.03.2011,<br />
14.00 Uhr<br />
� Arbeitskreis Weser-Harz<br />
27. AK-Treffen, 17. / 18.03.2011<br />
Thema: Kommunikationscontrolling<br />
Vorabendthema: BilMOG<br />
Veranstaltungsort: Wolfsburg<br />
� Arbeitskreis Rhein-Neckar<br />
Treffen 18.03.2011, 09.00 Uhr<br />
Veranstaltungsort: Mannheim<br />
Bitte beachten: Anmeldung ist erfor<strong>de</strong>rlich!<br />
� Arbeitskreis Wien<br />
ICV Winterstammtisch<br />
19.01.2011, 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr<br />
Fischerbräu<br />
Neu auf <strong>de</strong>r Internetstartseite <strong>de</strong>s ICV: die Umfragen In <strong>de</strong>r Rubrik „Aktuelles“ unter „Umfragen“ sind alle<br />
Ergebnisse auf einen Blick zu sehen.<br />
Übrigens: Der Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit<br />
freut sich auch auf externe Anregungen,<br />
was die Umfragethemen betrifft. Haben Sie<br />
eine Wunschfrage o<strong>de</strong>r ein Fachgebiet, das<br />
Sie über das Mittel <strong>de</strong>r Umfrage in <strong>de</strong>n Fokus<br />
5. AK Tagung<br />
23.03.2011, 17:00 Uhr bis<br />
24.03.2011, 17:00 Uhr<br />
GUF Ganzheitliche Unternehmensführung<br />
BSC als Transformator Bin<strong>de</strong>glied<br />
Budgetierung (Unternehmensführung)<br />
[von oben] <strong>Planung</strong> (Unternehmensfeinsteuerung)<br />
[von unten]<br />
� FAK Controlling und Innovation<br />
8. Treffen 24.03.2011, 09:00 Uhr<br />
25.03.2011, 13:00 Uhr bis<br />
26.03.2011, 17:00 Uhr<br />
MCI Management Center Innsbruck<br />
� Arbeitskreis Zürich-Ostschweiz<br />
Neues Rechnungslegungsrecht – Workshop<br />
für Controller, 29.03.2011, 14:00 Uhr<br />
ZHAW School of Management and Law,<br />
Winterthur<br />
rücken wollen, setzen Sie sich einfach direkt<br />
mit <strong>de</strong>r ICV-Webredaktion in Verbindung unter<br />
ausschuss@controllerverein.com bzw. info@<br />
dietexterin.com. Brigitte Dienstl-Arnegger<br />
freut sich darauf, von Ihnen zu hören.<br />
In einem Workshop, welcher gemeinsam mit<br />
<strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Minors Accounting /<br />
Controlling / Auditing durchgeführt wird, erarbeiten<br />
die Teilnehmen<strong>de</strong>n ein Positionspapier<br />
zu <strong>de</strong>n Auswirkungen <strong>de</strong>r neuen Normen. Das<br />
Papier ist aus <strong>de</strong>m Fokus eines/r Controller/in<br />
zu erstellen.<br />
� Arbeitskreis West III<br />
52. Sitzung am 31.03. / 01.04.2011<br />
� Arbeitskreis West II<br />
47. Treffen am 07.04. / 08.04.2011<br />
Artikelbeiträge sen<strong>de</strong>n Sie bitte an Hans-Peter San<strong>de</strong>r (Redaktion), hp.san<strong>de</strong>r@eastwestcom.net
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aus <strong>de</strong>r Praxis für die Praxis