Szenario-Planung & Simulation - Haufe.de
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Standortstilllegungsentscheidungen mit <strong>de</strong>m Economic Value Ad<strong>de</strong>d?<br />
Abb. 7: Erweiterte Residualgewinnberechnung im zweiten Akt<br />
Wie man anhand von (8) erkennt, empfiehlt es<br />
sich, die Stilllegungsauszahlungen als Bestandteil<br />
<strong>de</strong>r Liquidationserlöse anzusehen. Denn nur<br />
im Falle einer Liquidation fallen diese Auszahlungen<br />
an.<br />
Gemäß Abbildung 5 sollte <strong>de</strong>r betrachtete<br />
Standort zwei weitere Perio<strong>de</strong> genutzt wer<strong>de</strong>n,<br />
da dann <strong>de</strong>r Kapitalwert, wenn auch negativ,<br />
noch am größten ausfällt. Die Sinnhaftigkeit<br />
dieser Empfehlung wird <strong>de</strong>utlicher, wenn wir die<br />
zeitlichen Grenzgewinne berechnen. Abbildung<br />
6 zeigt alle Resultate; Gleichung (9) greift <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r ersten Planperio<strong>de</strong> heraus:<br />
(9) G 1 = R 1 + L 1 – (1 + i) ∙ L 0 = 0 + (13.000 –<br />
40.000) – 1,1 ∙ (14.000 – 40.000) = +1.600,–<br />
Eine nähere Betrachtung <strong>de</strong>r Liquidationserlöse<br />
in (9) zeigt, wovon die Weiternutzungsempfehlung<br />
entschei<strong>de</strong>nd abhängt:<br />
Einerseits entgehen <strong>de</strong>n Eigentümern <strong>de</strong>r Firmengruppe<br />
durch ihren Verzicht auf eine sofortige<br />
Liquidation veräußerungsbedingte Einzahlungen<br />
(bspw. Grundstückserlöse) einschließlich<br />
einer möglichen Verzinsung von t = 0 nach<br />
t = 1 (Auswirkung auf <strong>de</strong>n Grenzgewinn: 13.000<br />
– 1,1 ∙ 14.000 = –2.400).<br />
An<strong>de</strong>rerseits vermei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Konzern durch <strong>de</strong>n<br />
Weiterbetrieb bis En<strong>de</strong> kommen<strong>de</strong>n Jahres<br />
(t = 1) die sofortige Abbuchung von Stillegungsauszahlungen<br />
bzw. die sofortige betragsgleiche<br />
Auflösung <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n 10%igen Geldanlage.<br />
Die Weiternutzung erlaubt daher das Erzielen<br />
von Zinserträgen in t = 1 (Auswirkung auf<br />
<strong>de</strong>n Grenzgewinn: –40.000 –1,1 ∙ (–40.000) =<br />
+4.000). Saldiert betrachtet erhalten wir damit<br />
<strong>de</strong>n in (9) berechneten zeitlichen Grenzgewinn. 1<br />
Betrachten wir abschließend die Residualgewinnberechnung.<br />
Da sich, mit Ausnahme <strong>de</strong>r<br />
nur im Falle <strong>de</strong>r Werksschließung anfallen<strong>de</strong>n<br />
Stilllegungsauszahlung, keine operativen Ergebnisdaten<br />
verän<strong>de</strong>rn, können wir die im ersten<br />
Akt bestimmten Residualgewinne zunächst<br />
unverän<strong>de</strong>rt übernehmen (vgl. Abbildung 7).<br />
Allerdings darf die Berechnung <strong>de</strong>r Residualgewinne<br />
jetzt nicht an <strong>de</strong>r Stelle „EVA I“ abbrechen.<br />
Es müssen, damit wir handlungslogisch<br />
i<strong>de</strong>ntische Signale zur oberen Grenzgewinnberechnung<br />
erhalten, die „zeitlichen Opportunitätserträge<br />
durch Stilllegungsverschiebung“<br />
mit berücksichtigt wer<strong>de</strong>n: Da eine Stilllegungsentscheidung<br />
in je<strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> annahmegemäß<br />
<strong>de</strong>n gleich hohen Stilllegungsaufwand<br />
auslösen wür<strong>de</strong>, wäre je<strong>de</strong> <strong>Planung</strong>sperio<strong>de</strong><br />
potenziell mit 40.000,– GE belastet. Da die<br />
Finanzierung dieses Aufwan<strong>de</strong>s aus eigenen<br />
Geldbestän<strong>de</strong>n erfolgt, verhin<strong>de</strong>rt das jeweilige<br />
Verschieben <strong>de</strong>r Stilllegung eine Reduktion <strong>de</strong>r<br />
für die Sharehol<strong>de</strong>r erzielbaren Zinserträge aus<br />
<strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Geldanlage. 2<br />
Wie Abbildung 7 zeigt, erhalten wir beim Residualgewinnkonzept<br />
erst mit dieser zusätzlichen<br />
Opportunitätsüberlegung dieselben Handlungssignale,<br />
die wir bereits mit <strong>de</strong>n zeitlichen Grenzgewinnen<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kapitalwertberechnungen<br />
generiert haben.<br />
Was lässt sich aus <strong>de</strong>m zweiten Akt lernen? Die<br />
Fortführung eines Standortes setzt in <strong>de</strong>r Praxis<br />
nicht zwingend positive operative Rückflüsse<br />
bzw. positive EBIT-DAs voraus. Betrachten wir<br />
die Grenzgewinnrechnung, so darf ein operativer<br />
Rückfluss folgen<strong>de</strong>s kritisches Niveau einnehmen,<br />
damit die Aktionäre für eine anstehen<strong>de</strong><br />
Nutzungsperio<strong>de</strong> n indifferent zwischen Fortführung<br />
o<strong>de</strong>r Aufgabe eines Standortes sind:<br />
!<br />
(10) G = R + L – (1 + i) ∙ L = 0 bzw.<br />
n n n n-1<br />
R = (1 + i) ∙ L – L n,krit n-1 n<br />
Im Fallbeispiel wür<strong>de</strong> sich für das dritte Jahr ein<br />
noch akzeptabler „kritischer Rückfluss“ von<br />
-1.800,– GE ergeben. Da vom Management<br />
aber -5.000,– GE erwartet wer<strong>de</strong>n, ist auf Basis<br />
aktueller Datenlage eine Werksfortführung<br />
im dritten Jahr nicht zu rechtfertigen. Freilich<br />
sollte dies im Rahmen einer rollieren<strong>de</strong>n <strong>Planung</strong><br />
bzw. einer mitlaufen<strong>de</strong>n Kontrollrechnung<br />
zu Beginn eines je<strong>de</strong>n neuen Jahres nochmals<br />
überprüft wer<strong>de</strong>n. Und selbstverständlich haben<br />
wir es hier mit einer Handlungsempfehlung<br />
zu tun, die allein auf einer monetären Zielgröße<br />
aufbaut. An<strong>de</strong>re bzw. weitere Handlungsmotive<br />
können „im wahren Leben“ durchaus zu einer<br />
an<strong>de</strong>ren Finalentscheidung führen.<br />
Als zweites Ergebnis sollten wir erkannt<br />
haben, dass das Rechnen mit Grenzgewinnen<br />
aufgrund <strong>de</strong>r „zahlungsbasierten<br />
Denkweise“ eher zur richtigen Entscheidung<br />
führt als das Rechnen mit Residualgewinnen.<br />
Es stellt sich logisch stringenter<br />
dar, da es zeitliche Handlungsalternativen<br />
(„Sollten wir wirklich ins nächste Jahr gehen<br />
o<strong>de</strong>r aufhören?“) ein<strong>de</strong>utig <strong>de</strong>finiert. Ergebnisrechnungen<br />
wer<strong>de</strong>n von uns eher als „Was<br />
kommt <strong>de</strong>nn heraus?“-Berechnungen betrachtet.<br />
Dass sie ggf. Opportunitätsüberlegungen<br />
enthalten o<strong>de</strong>r diese noch zu ergänzen<br />
sind, ist man sich nicht immer bewusst.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist es eine Erfahrung aus <strong>de</strong>r Praxis,<br />
dass sich so mancher Manager o<strong>de</strong>r Controller<br />
mit seinen diversen Opportunitätsüberlegungen<br />
schon mal „selbst ausgetrickst“ hat.<br />
Letztlich haben wir auch in diesem Akt i<strong>de</strong>ntische<br />
Handlungssignale herstellen können.<br />
Im folgen<strong>de</strong>n dritten Akt wird uns das nicht<br />
mehr so leicht gelingen.<br />
Fußnoten<br />
1 Die laufen<strong>de</strong>n Rückflüsse beeinflussen das<br />
Ergebnis von (2) nicht, da EBITDA in t = 1 Null<br />
beträgt.<br />
2 In <strong>de</strong>r Praxis wird es sich nicht (nur) um klassische<br />
Zinserträge aus Anleihen, Tagesgeldkonten<br />
und <strong>de</strong>rgleichen mehr han<strong>de</strong>ln, son<strong>de</strong>rn<br />
auch aus Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>ntiteln wie Aktien bzw. Aktienfonds.<br />
Freuen Sie sich auf Teil zwei dieses Beitrages<br />
im März / April Heft.