Szenario-Planung & Simulation - Haufe.de
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Basel III und die Folgen<br />
Basel III wi<strong>de</strong>r eine neue<br />
Finanzkrise: Institution gegen<br />
die Habgier<br />
Die eigentlichen Ursachen <strong>de</strong>r Finanz- und<br />
Wirtschaftskrise sind letztlich nicht bekannt.<br />
Eine Denkrichtung sieht die Grün<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Personen selbst: Fehlverhalten wird<br />
dabei mit fehlen<strong>de</strong>r Moral einiger Protagonisten<br />
erklärt, klassischer und medienwirksamer<br />
Aufreger in <strong>de</strong>r öffentlichen Diskussion.<br />
Diese Moral sei Zeichen einer neuen Ökonomie<br />
<strong>de</strong>r Gier. Die moralischen Standards <strong>de</strong>r Beteiligten<br />
müssten daher verbessert wer<strong>de</strong>n, etwa<br />
durch das Einschwören auf Verhaltens-Kodizes.<br />
Die zweite Denkrichtung setzt nicht auf eine<br />
„ethische Nachhilfe“ bei <strong>de</strong>n Akteuren selbst,<br />
son<strong>de</strong>rn auf die Institutionen und Regeln.<br />
Die se seien bisher falsch justiert gewesen und<br />
haben daher Anreize zu Fehlverhalten gesetzt.<br />
Diese Denkrichtung geht davon aus, dass moralisch<br />
korrektes Verhalten bei richtigen Regeln<br />
im Eigeninteresse <strong>de</strong>r Akteure liegt. Horst Albach<br />
betonte bereits 2003 angesichts <strong>de</strong>r damaligen<br />
Finanzskandale, dass es einer Ethik<br />
<strong>de</strong>r Schaffung gesellschaftlicher Institutionen<br />
bedürfe, nicht jedoch einer Ethik unternehmerischen<br />
Han<strong>de</strong>lns (vgl. Albach).<br />
Innerhalb <strong>de</strong>r institutionellen Regeln vollzieht<br />
sich unternehmerisches Han<strong>de</strong>ln anreizkompatibel.<br />
Die Institutionenethik zeigt, ob die Anreizwirkungen<br />
<strong>de</strong>r Institutionen zu unethischem<br />
Unternehmenshan<strong>de</strong>ln führen. Aufschlußreich<br />
sind hier die Artikel in <strong>de</strong>m vom Berliner Institut<br />
für Management (Professor Joachim Schwalbach)<br />
bereitgestellten Informationsportal<br />
www.<strong>de</strong>r-ehrbare-kaufmann.<strong>de</strong>.<br />
Die Regulierung muss also nachjustiert wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>r Weg, <strong>de</strong>n man mit „Basel III-Plus“ beschreiten<br />
möchte. Allerdings wird dieser Systemethiktest<br />
bei Basel III noch kaum thematisiert.<br />
Anreize zu opportunistischem<br />
Verhalten für Banken: Risiko-<br />
Controlling <strong>de</strong>s Unternehmens ist<br />
gefragt<br />
Bei aller Unsicherheit ist nur eins gewiss: Das<br />
internationale Finanzsystem ist komplex.<br />
Die Informationsasymmetrie zwischen <strong>de</strong>n<br />
Anbietern auf <strong>de</strong>n Kapitalmärkten, <strong>de</strong>n Banken<br />
und <strong>de</strong>n Regulierern (Aufsichtsgremien, Staat)<br />
sowie zwischen <strong>de</strong>n Banken und <strong>de</strong>n Kapitalnachfragern<br />
(<strong>de</strong>n Unternehmen) ist groß. Die<br />
Informationsasymmetrie bewirkt, dass schlechte<br />
Ergebnisse o<strong>de</strong>r Krisen im Zweifelsfalle gar<br />
nicht so leicht auf das Fehlverhalten einzelner<br />
zurückführbar sind, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>n Akteuren<br />
mit <strong>de</strong>m Informationsvorsprung immer auf die<br />
Umweltzustän<strong>de</strong> geschoben wer<strong>de</strong>n können.<br />
Opportunistisches Verhalten nennen dies die<br />
Ökonomen.<br />
Regulierer und Bank: Anreiz zu<br />
kreativen Finanzprodukten<br />
Die neuen Spielregeln von Basel III-Regeln<br />
schieben hochriskanten Aktionen mit <strong>de</strong>n<br />
verschärften Quoten einen Riegel vor, erschweren<br />
also opportunistisches Verhalten.<br />
Allerdings ist durchaus umstritten, ob die Regeln<br />
wirklich hart seien, „The Economist“ vom<br />
13. September nannte sie „not particularly<br />
tough“.<br />
Nicht vergessen sollte man aber, dass die Banken<br />
die Informationsasymmetrie gegenüber<br />
<strong>de</strong>n Regulierern ausnutzen können, um<br />
Schlupflöcher zu fin<strong>de</strong>n, also die Regeln zu umgehen.<br />
Regulierer sind hier in <strong>de</strong>r Hase-Igel-<br />
Falle. Not macht erfin<strong>de</strong>risch und bei Finanzprodukten<br />
ist <strong>de</strong>r Bankensektor ausgesprochen<br />
innovativ. Diese Anreize bei <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
von Finanzprodukten zu kennen ist für das Risiko-Controlling<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens wichtig.<br />
Regulierer und Bank:<br />
Too-big-to-Fail muss nicht sein<br />
Einen Bärendienst haben sich die Staaten mit<br />
ihren Rettungsaktionen und <strong>de</strong>n zahlreichen Sicherheitsnetzen<br />
für Banken erwiesen. Denn die<br />
Banken haben in <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise gelernt,<br />
dass sie im Ernstfalle mit <strong>de</strong>r kräftigen Hilfe <strong>de</strong>s<br />
Staates rechnen können. Es lässt sich leicht<br />
ausrechnen, was das für die Erwartungsbildung<br />
bei zukünftigen Krisen heißt. Als „Too-big-to<br />
fail“-Syndrom könnte man diesen Effekt in<br />
Anlehnung an das kürzlich erschienene Werk<br />
von Andrew Ross Sorkin nennen: „Wenn ich<br />
groß bin, kann ich mir alles erlauben.“<br />
Der Auffangschirm <strong>de</strong>s Staates wirkt ökonomisch<br />
gesehen wie eine Versicherung.<br />
Der Grundgedanke ist, dass Personen, die eine<br />
Versicherung abgeschlossen haben, einen Anreiz<br />
zu riskanterem Verhalten als vor <strong>de</strong>m Versicherungsabschluss<br />
haben. Diesen Effekt lösen<br />
übrigens auch die entsprechen<strong>de</strong>n Sicherheitssysteme<br />
wie ABS o<strong>de</strong>r ESP bei Autos aus, die<br />
Fahrer dazu verleiten, riskanter und schneller<br />
zu fahren. Die Informationsasymmetrie bewirkt<br />
dann, dass <strong>de</strong>r Versicherungsgeber, also in unserem<br />
Falle <strong>de</strong>r Staat, nicht genau beurteilen<br />
kann, ob das Eintreten <strong>de</strong>s Versicherungsfalles,<br />
also das Ausfahren <strong>de</strong>s Rettungsschirms, nicht<br />
doch durch (opportunistisches) Fehlverhalten<br />
von <strong>de</strong>r Bank bewusst in Kauf genommen wur<strong>de</strong>.<br />
Ökonomen nennen diesen Anreiz zu<br />
Fehlverhalten Moral Hazard.<br />
Eine zentrale Aufgabe kommt bei diesem Thema<br />
also <strong>de</strong>m Financial Stability Board zu, <strong>de</strong>r<br />
ein entsprechen<strong>de</strong>s politisches Rahmenwerk<br />
entwickelt. Der FSB spricht in seinem an die G<br />
20 gerichteten Report vom Juni 2010 von <strong>de</strong>n<br />
„fundamental moral hazard risks that arise<br />
from the perception that certain firms are too<br />
big or too interconnected to fail.” Die Wahrscheinlichkeit<br />
von Bail-Outs, <strong>de</strong>m Aus-<strong>de</strong>r-Patsche-Helfen,<br />
ist durch glaubwürdige Schritte zu<br />
reduzieren. Denn sonst, so <strong>de</strong>r FSB in seinem<br />
Report, engagieren sich die SIFIs in Aktivitäten<br />
mit höheren Risiken, die die Kapitalallokation<br />
verzerren und zukünftige Krisen wahrscheinlicher<br />
machen.<br />
Wer die Banken sind, die das System beson<strong>de</strong>rs<br />
gefähr<strong>de</strong>n, ist im Vorfeld <strong>de</strong>s Gipfels anscheinend<br />
aufgrund einer Indiskretion durchgesickert.<br />
Die renommierte italienische Wirtschaftszeitung<br />
„Il Sole 24 Ore“ spricht von einer<br />
Zwei-Klassen-Gesellschaft, von einer Serie A<br />
und Serie B <strong>de</strong>r Banken, und nennt unter Berufung<br />
auf die Financial Times als SIFI-Kandidaten<br />
u.a. Deutsche Bank, Credit Suisse, Uni-<br />
Credit, Citigroup, Barclays und Santan<strong>de</strong>r. Sie<br />
weist aber auch darauf hin, dass es laut Draghi<br />
diese Liste noch nicht gäbe, sie wer<strong>de</strong> erst Mitte<br />
2011 festgelegt.<br />
Letztlich ist bei diesem Too-big to-fail-Syndrom<br />
<strong>de</strong>r Staat selbst gefragt, die von ihm aufgebaute<br />
Erwartungshaltung und die von ihr ausgehen<strong>de</strong>n<br />
negativen Anreizwirkungen zu zer-