Richtig lesen lernen - Schritt für Schritt
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Richtig lesen lernen - Schritt für Schritt
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Satzteil, von Zeile zu Zeile zu springen, ohne<br />
die Orientierung zu verlieren. Natürlich bedarf<br />
dies einer gewissen Übung. Aber dann<br />
geht das Lesen um ein Vielfaches schneller<br />
als mit den Hilfsmitteln.<br />
6. Wort <strong>für</strong> Wort <strong>lesen</strong><br />
Wir <strong>lesen</strong> einen Text meist, indem wir mit den<br />
Augen von Wort zu Wort springen. Dabei verengen<br />
wir unser Blickfeld ganz unnötig und<br />
strengen zudem unsere Augen zu sehr an. Das<br />
langsame Lesen führt daher zu schnellen Ermüdungserscheinungen<br />
unserer Augen. Dabei<br />
ist diese Einschränkung recht unnütz.<br />
Sinnentnehmendes Lesen ist immer hypothesengeleitet.<br />
Wir bilden im Lesen eine Sinnerwartung.<br />
Diese Sinnerwartung macht es möglich,<br />
dass wir nur wenige Buchstaben benötigen,<br />
um ein Wort zu erfassen. Sinnerwartung<br />
wird jedoch nicht vom einzelnen Wort her gebildet,<br />
sondern vom Kontext. Wenn es also gelingt,<br />
nicht nur ein Wort, sondern zugleich<br />
das Umfeld (sinnvolle Wortgruppe, Satzteil)<br />
wahrzunehmen, kann sich viel schneller eine<br />
Sinnerwartung bilden.<br />
Schnelles Lesen bedeutet, dass wir die Blickspanne<br />
voll ausnutzen und immer weiter trainieren,<br />
diese zu erweitern. Mit einiger Übung<br />
ist es zu erreichen, vier bis sechs Wörter<br />
gleichzeitig wahrzunehmen. Das steigert automatisch<br />
die Lesegeschwindigkeit um das<br />
vier- bis sechsfache. Erfahrene „Schnellleser“<br />
können dann eine Zeile von der Länge einer<br />
Zeitungsspalte mit einem Blick erfassen und<br />
die Zeitung „von oben nach unten“ <strong>lesen</strong>. Die<br />
Schnellleseprofis schaffen noch mehr. Die<br />
Steigerung der Lesegeschwindigkeit durch<br />
solch eine Vorgehensweise ist beträchtlich.<br />
7. Subvokalisieren<br />
Allerdings gelingt dieser letzte <strong>Schritt</strong> zur<br />
Steigerung der Lesegeschwindigkeit nur,<br />
wenn das innere Mitsprechen aufgegeben<br />
wird. Doch selbst wenn sich unsere Lippen<br />
beim Lesen nicht mehr bewegen, so wird doch<br />
das Ge<strong>lesen</strong>e nach wie vor in Sprache übersetzt.<br />
Dies ist <strong>für</strong> die Sinnerfassung umständlich<br />
und viel zu langsam. „Begriffen haben wir<br />
einen Text nur dann, wenn wir uns das Ge<strong>lesen</strong>e<br />
vorstellen können.“ 21 Lernen heißt, neues<br />
Wissen mit Bekanntem in Beziehung zu<br />
bringen, zu verknüpfen. Beim Lesen müssen<br />
solche Assoziationen entstehen: Bilder, Gedanken,<br />
Gefühle, Vorstellungen. Diese lassen<br />
sich aber nur sehr umständlich und unvollkommen<br />
versprachlichen. Die höchste Stufe<br />
des Lesens ist es, sprachlos zu <strong>lesen</strong>, das Ge<strong>lesen</strong>e<br />
direkt in Vorstellungen und Bilder zu<br />
erfassen (zu übertragen). Die Steigerung der<br />
Lesegeschwindigkeit, die durch die Ausschal-<br />
21 ERNST OTT: a. a. O.<br />
tung des inneren Sprechens entsteht, ist enorm.<br />
Die richtigen Profis <strong>lesen</strong> einen Text<br />
Seite <strong>für</strong> Seite und wissen am Ende des Buches<br />
unendlich viel mehr als ein langsam Lesender.<br />
Lesen wird immer differenzierter<br />
Die Lesegewohnheiten haben sich in den letzten<br />
hundert Jahren mehrfach gravierend geändert.<br />
Es ist nicht mehr nur allein das Buch oder die<br />
Zeitung, sondern zunehmend der Computer und<br />
das Internet, <strong>für</strong> das wir das Lesen brauchen.<br />
Dabei werden ganz andere Lesehaltungen und<br />
Lesetechniken benötigt.<br />
1. Lesen schöner Bücher<br />
Hier kommt es vor allem auf Lesegemütlichkeit<br />
an. Es wird eine Atmosphäre geschaffen,<br />
die zu dem schönen Buch passt, die es ermöglicht,<br />
sich auf die Geschichte einzulassen und<br />
in der Fantasie die Bilder der Geschichte<br />
entwickeln zu lassen.<br />
Durch das Fernsehen haben Kinder heute viel<br />
weniger Erfahrung darin, eigene Bilderwelten<br />
beim Lesen entstehen zu lassen. Gemütliche<br />
Leseecken, Ruheübungen vor dem Lesen und<br />
Bilder malen nach dem Lesen schaffen hier<br />
Erfahrungs- und Gestaltungsräume, die Kinder<br />
brauchen, um sich auf schöne Bücher einzulassen.<br />
Inhaltsabfragen, Nacherzählungen<br />
und Berichte über das ge<strong>lesen</strong>e Buch verhindern<br />
oftmals, dass Kinder sind auf Bücher<br />
einlassen. Hilfreicher ist es, die Kinder schildern<br />
zu lassen, was ihnen an dem Buch gefallen<br />
hat, eine Art „Werbeseite“ zu schreiben,<br />
um anderen Kindern das Buch „schmackhaft“<br />
zu machen.<br />
2. Informationsaufnahme<br />
Wir leben in einer Informationsgesellschaft,<br />
in der die Rechtschreibung durch den Einsatz<br />
der Computer immer unwichtiger wird. Zwar<br />
gibt es heute schon „sprechende Computer“,<br />
die Geschriebenes vor<strong>lesen</strong> können 22 . Zur raschen<br />
Informationsaufnahme sind solche Vorleseprogramme<br />
jedoch ungeeignet, da die<br />
Sprache viel zu langsam ist.<br />
So wird die Wissensaufnahme durch Lesen,<br />
gerade durch die Technisierung, immer wichtiger.<br />
Die schnelle Informationsaufnahme gewinnt<br />
durch den stetig steigenden Wissensumsatz<br />
immer mehr an Bedeutung. Der größte<br />
Teil allen Wissens 23 (85 %) wird über das<br />
22 Preiswerte Softwarelösungen mit erstaunlichem Leistungsvermögen<br />
sind heute schon unter 100 DM zu bekommen;<br />
z. B. LOGOX von GDATA-Software, Bochum<br />
1997.<br />
23 W. D. BAKER: Reading Skills, Enlewood Cliffs 1953.<br />
Zitiert nach ERNST OTT: s.o.<br />
© Norbert Sommer-Stumpenhorst <strong>Richtig</strong> Lesen <strong>lernen</strong> – <strong>Schritt</strong> <strong>für</strong> <strong>Schritt</strong> LE02 / 12