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Carl Hartwich - Naturforschende Gesellschaft in Zürich NGZH

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Ausserordentlich gross ist die Rolle, die manche Genussmittel im Leben der Völker<br />

spielen. Er<strong>in</strong>nern wir uns, dass die Werte, die alljährlich <strong>in</strong> Kaffee, Thee, Tabak etc.<br />

umgesetzt werden, Tausende von Millionen betragen und dass auf den Kulturen der<br />

betreffenden Pflanzen der Wohlstand der Länder beruht, <strong>in</strong> denen man sie baut.<br />

Sehr merkwürdig ist aber noch e<strong>in</strong>e Rolle, die sie zu spielen haben und die<br />

ganz direkt mit ihrer Wirkung zusammenhängt: wir können ohne Uebertreibung<br />

sagen, dass der Gebrauch manches Genussmittels das gesamte Leben des betreffenden<br />

Volkes, das häusliche, sowohl, wie das politische und religiöse, durchsetzt. Der<br />

Neger Westafrikas kann ke<strong>in</strong>e wichtige Handlung vornehmen, ohne dass die Kolanuss<br />

e<strong>in</strong>e Rolle dabei spielt; ich er<strong>in</strong>nere an die Tabakspfeife des Indianers, an den<br />

Kava-Kavatrank der Südsee<strong>in</strong>sulaner und schliesslich f<strong>in</strong>den wir die Reste solcher<br />

Gebräuche auch noch bei uns, wo man e<strong>in</strong>em abgeschlossenen Geschäft erst die<br />

rechte Weihe mit e<strong>in</strong>em Trunk We<strong>in</strong> zu geben pflegt.<br />

Fragen wir nun nach der Wirkung der Genussmittel, so ist es leicht e<strong>in</strong>zusehen,<br />

dass dieselbe bei der grossen Mannigfaltigkeit der ihre Wirkung bed<strong>in</strong>genden<br />

Bestandteile e<strong>in</strong>e recht verschiedene se<strong>in</strong> wird, und man hat versucht, sie danach <strong>in</strong><br />

verschiedene Gruppen e<strong>in</strong>zuteilen. Indessen wird man sagen dürfen, dass bei den<br />

allermeisten die Wirkung sich zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stadium der Erregung, freilich <strong>in</strong><br />

verschiedener Form und Intensität, äussert, dem dann später e<strong>in</strong> Stadium der<br />

Erschlaffung oder Betäubung folgt. Das erste ist es, worauf das grösste Gewicht<br />

gelegt wird. In demselben glaubt der Mensch oft sich der Erde mit ihren Mühen und<br />

Sorgen entrückt und <strong>in</strong> direkte Verb<strong>in</strong>dung zu treten mit höheren, überirdischen<br />

Mächten, worauf die grosse Wichtigkeit beruht, die manche Genussmittel im<br />

Religionsleben der Völker besitzen ; zugleich liegt aber hier<strong>in</strong> die grösste<br />

Verführung zum Genuss, da dabei dem Menschen das <strong>in</strong> reichem Masse<br />

vorgespiegelt wird, wonach se<strong>in</strong> Herz sich am meisten sehnt und was ihm vielleicht<br />

unerreichbar ist.<br />

Noch nach e<strong>in</strong>er und mehr praktischen Richtung ist dieses Stadium von<br />

Bedeutung. In ger<strong>in</strong>ger Menge genossen, s<strong>in</strong>d die Ersche<strong>in</strong>ungen schwächere und der<br />

Mensch ist durch die Erregung der Nerven befähigt, für längere oder kürzere Zeit zu<br />

e<strong>in</strong>er erhöhten Thätigkeit, sei es körperlicher, sei es geistiger Art. Die wohlthätige<br />

Wirkung des Kaffee und des Thee nach dieser Richtung s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>reichend bekannt ;<br />

es sei daran er<strong>in</strong>nert, dass der Indianer Perus durch den Genuss des Cocablattes sich<br />

befähigt, bei spärlicher Nahrung für e<strong>in</strong>ige Zeit ausserordentliche Anstrengungen zu<br />

ertragen. Aehnliches gilt für den ch<strong>in</strong>esischen Kuli nach dem Genuss e<strong>in</strong>es<br />

Quantums Opium u. s. w. Hierauf beruht auch die Wichtigkeit vieler Genussmittel<br />

als Heilmittel und es giebt wohl kaum e<strong>in</strong>es, welches nicht als solches e<strong>in</strong>e<br />

erhebliche Rolle spielt, sei es im enger begrenzten Bezirk <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vaterlande, sei<br />

es, dass es E<strong>in</strong>gang gefunden hat <strong>in</strong> die wissenschaftliche Heilkunde. Nach dieser<br />

Richtung wird ke<strong>in</strong>es übertroffen vom Opium, welches sowohl selbst,

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