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Autobiografische Körper-Geschichten : sozialer Aufstieg zwischen ...

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22<br />

Einleitung<br />

explizit auf diese drei thematischen Aspekte bezieht. Denn z.B. in seiner Zivilisationstheorie<br />

zeigt sich bereits sehr deutlich, dass das Handeln und Verhalten eines<br />

Menschen, darin inbegriffen sein körperliches Gebaren und sein gesamtes Leibverhältnis,<br />

entscheidend von seiner sozialen Position innerhalb einer gesellschaftlich-historischen<br />

Figuration beeinflusst wird. Drei wesentliche Ebenen des Untersuchungsgegenstandes<br />

sind somit bei Elias ineinander verwoben: eine historischevolutionäre,<br />

eine soziokulturell-ständische und eine leibbezogene Ebene. Seinem<br />

Theoriegebäude ist mithin zu entnehmen, dass die <strong>Körper</strong>dimension sinnvollerweise<br />

nicht für sich und nicht als quasi anthropologische Invariante behandelt,<br />

sondern als integraler Bestandteil individuell-biografischer und kollektivsoziokultureller<br />

Verfasstheit und Dynamik menschlichen Daseins verstanden werden<br />

sollte. 43<br />

In seiner Zivilisationstheorie ging es Elias darum, etwas über Wandlungsprozesse<br />

in der menschlichen Gesellschaft zu erfahren. Vor dem Hintergrund soziologisch<br />

fassbaren Wandels der äußeren Strukturbedingungen suchte er nach einem Weg,<br />

auch Veränderungen im Verhaltensrepertoire sowie in der Psyche des Menschen<br />

erschließen zu können. Dass ihm dies anhand einer spezifischen Art von Literatur<br />

(Manierbüchern) gelang, die aufgrund ihres normativen Charakters eigentlich<br />

kaum dafür geeignet scheint (denn wie viel Realität kann sich in solchen Verhaltensvorschriften<br />

widerspiegeln?), mag man im Nachhinein als Glücksgriff für die<br />

Wissenschaftsgeschichte bezeichnen. Jedenfalls wurde somit ein methodisches<br />

Instrumentarium entfaltet, um den allmählichen Wandel menschlichen Verhaltens<br />

aufzudecken und gleichsam etwas über Wandlungsprozesse auf verschiedenen<br />

Ebenen, die für das menschliche Dasein von Interesse sind, zu erfahren. Elias<br />

rekonstruierte so, indem er bis ins Mittelalter zurückblickte, eine bestimmte, relativ<br />

klar beschreibbare Entwicklung, innerhalb der sowohl äußere Strukturveränderungen<br />

als auch innermenschliche Prozesse beleuchtet werden konnten. Diese<br />

äußeren und inneren strukturellen Veränderungen stehen in einer bestimmten Relation<br />

zueinander. Historisch betrachtet lassen sich bestimmte psychische und soziale<br />

Strukturen einer bestimmten Figuration, d.h. einer bestimmten Verflechtung<br />

gesellschaftlicher Kräfte, zuordnen. Mit der Veränderung dieser Figuration im<br />

Verlaufe der Zeit, etwa durch eine Verschiebung der Machtdifferenziale innerhalb<br />

der Gesellschaft, geht in der Regel eine Veränderung der innerseelischen Strukturen<br />

einher.<br />

43 Für Schroer, Einleitung, 2005, S. 25, ist der <strong>Körper</strong> das, „was in den verschiedenen Zeitaltern,<br />

Gesellschaften und Kulturen darunter verstanden wurde und wird“. Wie Klein 2005, S. 74, ausführt,<br />

wird der <strong>Körper</strong> heute „auf der für die Theorie der Moderne charakteristischen Folie des Verhältnisses<br />

von Natur und Kultur“ gedeutet: „der <strong>Körper</strong>, verstanden als eine Synthese aus biologischem<br />

Geschlecht, psychischer Struktur und physischer Erscheinung, wird als sozial geformt interpretiert.<br />

Als solcher repräsentiert er die jeweiligen Ordnungsmuster des Sozialen […].“

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