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Autobiografische Körper-Geschichten : sozialer Aufstieg zwischen ...

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Entwicklungslinien über drei Epochenabschnitte hinweg<br />

lichen Unten, aus dem Aufstrebende wie Bittner und Baumann kommen, und<br />

dem Oben ist, wie Dahrendorf schon konstatiert hat, immer noch beträchtlich. 20<br />

Vergleicht man die deutschen Verhältnisse z.B. mit denen in Skandinavien, dann<br />

lässt sich in Deutschland eine wesentlich weitere Spanne <strong>zwischen</strong> Formalität und<br />

Informalität erkennen. Die Alltagserfahrungen der sozial Aufstrebenden geben<br />

detailliert Auskunft über diese in vielen Bereichen fortbestehende weite Formalitäts-<br />

Informalitäts-Spanne in der BRD. Die so sichtbar gewordene Kontinuität über den<br />

politischen Systemwechsel von 1945/49 und über die Geschehnisse von 1968<br />

hinaus ist das eigentlich Beunruhigende. Sie trägt ganz entscheidend dazu bei, dass<br />

es Menschen aus unteren bis mittleren Herkunftsmilieus verglichen mit den gesellschaftlichen<br />

Verhältnissen in einigen anderen Staaten relativ selten gelingt, in gehobene<br />

soziale und berufliche Positionen vorzurücken. Die sogenannten Bildungsreformen<br />

in den 60er/70er Jahren haben, was eigentlich erst durch die Ergebnisse<br />

der PISA-Studie wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist, keineswegs<br />

zu einer so tiefgreifenden Veränderung des sozialen Gefüges geführt, 21 wie<br />

es in der Regel von ‚Bildungsexperten’ konstatiert wird. Bittner hat in gewisser<br />

Hinsicht durchaus einen Kern dieser insbesondere Deutschland betreffenden<br />

Problematik berührt, wenn er einmal erklärt, es müsse sich etwas in den Köpfen der<br />

Menschen verändern. Die sozialen und mentalen Strukturen lassen sich nicht<br />

allein durch Reformen im Schulwesen modifizieren. Aber wirkliche Reformen in<br />

diesem Teilbereich der Gesellschaft wären ein ganz wesentlicher Schritt, der in die<br />

übrigen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ausstrahlen und insgesamt demokratischere<br />

und zivilisiertere Verhältnisse schaffen könnte.<br />

3. Chancenstrukturen<br />

Beschränkt man sich bei der Betrachtung auf die innerdeutsche geschichtliche<br />

Entwicklung über die drei Zeitabschnitte hinweg, dann lässt sich gerade für die<br />

Epoche um 2000 dennoch auf verschiedenen Ebenen ein deutlicher Informalisierungsschub<br />

feststellen. Die Voraussetzungen hierfür wurden schon in den<br />

reserven in Konflikt geraten.“ Auf eine gelungene Mobilisierung von Bildungsreserven in anderen<br />

Staaten wird noch zurückgekommen.<br />

20 Dazu Büchner/Brake 2006, S. 127: „Der Blick auf die vielgestaltige und kulturell vielfältige soziale<br />

Ordnung der deutschen Gesellschaft von heute, die Bildungseliten als Reservate bürgerlicher Exklusivität<br />

ausweist, stützt sich auf ein dichotomisches Weltbild und ist mit der Schreckensvision der<br />

‚Vermassung’ und ‚Nivellierung’ konfrontiert.“<br />

21 Dazu Engler 2005, S. 301: „Mit einer Ausnahme verpufften die egalisierenden Impulse der Bildungsexpansion<br />

der 1960er, 1970er Jahre: Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg von Mädchen und<br />

jungen Frauen zeigen seither eine kontinuierlich aufsteigende Tendenz.“ Zur Reform(un)fähigkeit<br />

des deutschen Bildungssystems in historisch-soziologischer Perspektive, insbesondere seit dem 18.<br />

Jahrhundert vgl. Friedeburg 1992.<br />

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