Die Existenz in der Polarität und ihre Bedeutung für Gesundheit und ...

Wind und Sturm sehen. Weltverächter, die in asketischer Prüderie den
Lüsten dieser Welt entsagen, können in Träumen und Visionen von
"teuflisch sinnlichen" Versuchungen gequält werden.
Skrupelloses Handeln wird ebenfalls durch Träume mit ethischer
Betonung kompensiert. Das Unbewußte vertritt, was das Bewußtsein
verschmäht. "Und wer sich moralisch nicht beschränken kann, bekommt
Zwangssymptome, die ihn beschränken" (Jung, zit. nach Bloch, W., 1972,
S.184 ). So wird gerade durch die Gegensätzlichkeit des Unbewußten die
seelische Ganzheit und Harmonie, welche dem Bewußtsein durch
Desintegrationsbestrebungen zu entgleiten droht, immer wieder
gerettet. Harmonie in der Gegensätzlichkeit ist jedoch Polarität.
Abb. 5
6.4 Verdrängung und Ersatzbildung
Unliebsame Gedanken, die man nicht aussprechen darf oder an die wir
nicht einmal zu denken wagen, ihnen dadurch absichtlich weniger
Aufmerksamkeit widmen, werden von unserem Bewußtsein abgespaltet und
sinken in das Unbewußte, wobei sie sich unserer Kontrolle entziehen
und unser Handeln mitbestimmen. Freud, der als erster diesen
Mechanismus systematisch untersuchte, nannte diesen Vorgang
Verdrängung. Das Charakteristische für die polare Relation zwischen
Bewußtsein und Unbewußtem ist, daß jede Veränderung nach einer
gewissen Zeit eine Bewegung in Gegenrichtung folgt. Vom Unbewußten ins
Bewußtsein, - die sogenannte Ersatzbildung. Sie bildet mit der
Verdrängung eng verknüpft eine Ganzheit und ist doch der zu ihr
gegenläufige Vorgang. Zwischen den beiden Verlagerungen herrscht also
Polarität (Abb.5).
Träume sind z.B. Ersatzbildungen, welche sich mit Inhalten
beschäftigen, denen im Tagesbewußtsein zu wenig Aufmerksamkeit
gewidmet wurde. Bei einem verdrängten Sexualkomplex, liegt z.B. eine
Ersatzbildung in hysterischer Form vor. Auch die zwanghafte
Sexualbetätigung bei Kranken ist stets eine Ersatzbildung (Freud). Wir
stoßen immer wieder in zahllosen, harmlosen Versprechern oder im
Verlesen auf das Vorhandensein solcher kompensatorischer Vorgänge
unserer Psyche, wie z.B. der Lehrer einer Mädchenklasse beim Diktat:
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