Im Fokus: Unabhängigkeit - PwC
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Quintessenz: Eine Revisionsgesellschaft darf keine Sachverhalte überprüfen,<br />
an deren Gestaltung sie selbst mitgewirkt hat.<br />
Schweiz trat 2007 das Revisionsaufsichtsgesetz<br />
(RAG)<br />
in Kraft. Es wurden staatliche<br />
Aufsichtsbehörden für Prüfungsgesellschafteneingerichtet.<br />
Doch nun, acht Jahre nach<br />
SOX, hat die Diskussion um<br />
die <strong>Unabhängigkeit</strong> der Prüfer<br />
erneut begonnen – obwohl<br />
die Finanzkrise dazu keinen<br />
Anlass gegeben hat.<br />
Weiter gehende Regulierung<br />
– ein Qualitäts gewinn?<br />
<strong>Im</strong> Oktober 2010 publizierte die<br />
Europäische Kommission ein<br />
Grünbuch. Darin stellt die<br />
Kommission eine Reihe von<br />
Überlegungen zur Diskussion,<br />
die aus ihrer Sicht die Abschlussprüfung<br />
verbessern und so zu<br />
mehr Finanzstabilität beitragen<br />
könnten. Das Grünbuch enthält<br />
Vorschläge zur <strong>Unabhängigkeit</strong>,<br />
welche die heutige Rechtslage<br />
rigoros verschärfen würden.<br />
Unter anderem werden die<br />
Bestellung des Abschlussprüfers<br />
durch eine Behörde statt durch<br />
die Generalversammlung sowie<br />
eine regelmässige Rotation<br />
der Prüfungsgesellschaft und<br />
nicht nur des leitenden Prüfers<br />
erwogen. Ein weiterer gravierender<br />
Punkt ist die Überlegung,<br />
das Verbot zur Erbringung<br />
von Nichtprüfungsleistungen<br />
auszudehnen und in letzter<br />
Konsequenz möglicherweise<br />
«reine Prüfungsgesellschaften»<br />
zu schaffen. Um der Konzentration<br />
auf dem Prüfungsmarkt<br />
entgegenzuwirken, schlägt das<br />
Grünbuch «joint audits» vor. Das<br />
Vorbild für die Kommission<br />
bildet offenbar Frankreich. Dort<br />
10<br />
Disclose Juni 2011<br />
müssen börsennotierte Gesellschaften<br />
zwei Prüfungsgesellschaften<br />
bestellen, die sich die<br />
Prüfungsarbeiten teilen und<br />
das Prüfungsurteil gemeinsam<br />
unterschreiben. Diese Praxis<br />
möchte die EU-Kommission<br />
ausbauen; sie denkt an die<br />
«Schaffung obligatorischer<br />
Audit-Konsortien unter Einbeziehung<br />
mindestens einer<br />
system unrelevanten Prüfungsgesellschaft<br />
für die Prüfung<br />
grosser Unternehmen».<br />
Es fragt sich, ob diese Regelungen<br />
dem ausdrücklichen<br />
Ziel, die Prüfungsqualität zu<br />
erhöhen, dienlich sind, ja, ob sie<br />
überhaupt geeignet sind, die<br />
<strong>Unabhängigkeit</strong> weiter zu<br />
stärken. Die heutigen Regeln zur<br />
Erbringung von Nichtrevisionsdienstleistungen<br />
stellen sicher,<br />
dass es nicht zu einer Selbstprüfung<br />
kommt. Eine Revisionsgesellschaft<br />
darf keine Sachverhalte<br />
überprüfen, an deren<br />
Gestaltung sie selbst mitgewirkt<br />
hat. Es ist ihr beispielsweise<br />
untersagt, an der Erstellung der<br />
Jahresrechnung oder der<br />
Buchführung mitzuwirken oder<br />
Managemententscheidungen<br />
zu fällen. Auch im Rahmen<br />
der revisionsnahen Beratung<br />
sind nur Dienstleistungen<br />
erlaubt, bei denen der Berater<br />
keine Entscheidungen trifft.<br />
Eine unterstützende Beratung<br />
vermag die Qualität des<br />
Jahresabschlusses aber deutlich<br />
zu erhöhen; denn wer wüsste<br />
besser um die Schwachstellen<br />
der Rechnungslegung als<br />
der Prüfer?<br />
Abschlussprüfungen, vor allem<br />
bei international tätigen<br />
Unternehmen, sind heute derart<br />
komplex, dass der Prüfer auf<br />
Spezialisten – etwa für Steuern,<br />
IT oder Bewertungsfragen –<br />
angewiesen ist. Die grossen<br />
Prüfungsgesellschaften haben<br />
dieses Wissen im Hause; Prüfer<br />
und Berater sind eingespielt und<br />
folgen den gleichen Standards.<br />
Experten bei Dritten einzukaufen,<br />
geht stets mit Verständnisschwierigkeiten<br />
und Reibungsverlusten<br />
einher. Die Folgen sind<br />
Qualitätseinbussen und höhere<br />
Kosten der Revision.<br />
Auch eine obligatorische<br />
Rotation der Revisionsfirma ist<br />
keine geeignete Massnahme,<br />
um die Qualität der Prüfung zu<br />
steigern. <strong>Im</strong> Gegenteil: Empirische<br />
Studien belegen, dass die<br />
Rotationspflicht die Prüfungsqualität<br />
in den ersten Jahren<br />
nach dem Wechsel beeinträchtigt.<br />
Der Verlust an Wissen ist vor<br />
allem bei grossen internationalen<br />
Mandaten erheblich, das<br />
Fehlerrisiko hoch. Die heutige<br />
Regelung, den leitenden<br />
Revisor nach fünf beziehungsweise<br />
sieben Jahren zu ersetzen,<br />
begegnet dem «Risiko der<br />
Vertrautheit», das die EU-Kommission<br />
anspricht, viel wirkungsvoller.<br />
Vertrautheit ergibt sich<br />
auf einer persönlichen Ebene.<br />
Dem beugt die Pflicht zur<br />
Rotation des leitenden Revisors<br />
vor. Das Wissen des Prüfungsteams<br />
aber bleibt erhalten.<br />
Auch die Idee der «joint audits»<br />
vermag nicht zu überzeugen.<br />
Wird ein Revisionsmandat von<br />
zwei Prüfungsgesellschaften<br />
übernommen, so führt dies<br />
unweigerlich zu Doppelspurigkeiten.<br />
Länder, die mit diesem<br />
Konzept Erfahrungen gesammelt<br />
haben – etwa Dänemark –,<br />
sind wieder davon abgerückt,<br />
weil sich die Qualität der<br />
Prüfung nachweislich nicht<br />
erhöht hat. «Joint audits» rücken<br />
im Gegenteil die Haftungs -<br />
frage in ein neues Licht.<br />
Gemeinsam mit dem Vorschlag,<br />
den Abschluss prüfer durch<br />
eine Behörde zu bestellen,<br />
würde diese Regelung den<br />
derzeit gut funktionierenden<br />
Markt ausser Kraft setzen.<br />
Fazit<br />
Die Revisionsgesellschaften<br />
nehmen die gesetzlichen und<br />
die berufsständischen Richtlinien<br />
zur <strong>Unabhängigkeit</strong> sehr<br />
ernst. Die strikte Einhaltung<br />
dieser Vorschriften ist weit<br />
mehr als eine Übung in Sachen<br />
Compliance: Sie ist eine<br />
Grundvoraussetzung für den<br />
Geschäftsbetrieb. <strong>Unabhängigkeit</strong><br />
liegt im ureigenen Interesse<br />
der Prüfer – aufgrund langfristiger<br />
strategischer Überlegungen<br />
und, nicht zuletzt,<br />
weil <strong>Unabhängigkeit</strong> eine Frage<br />
des Berufsethos ist.