Im Fokus: Unabhängigkeit - PwC
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Auswirkungen auf die Prüfungspraxis<br />
Weltweit wurden verschiedene Studien<br />
durchgeführt, um den Einfluss der Clarity-<br />
ISA auf den Umfang der Prüfungsarbeiten<br />
zu ermitteln. Alle kommen zu dem Ergebnis,<br />
dass die zusätzlichen Verpflichtungen<br />
den Zeitaufwand für die Prüfung erhöhen.<br />
Die Aufsichtsbehörden weltweit haben<br />
nachdrücklich eine Vertiefung der Prüfung<br />
verlangt, um die Prüfungsqualität und damit<br />
die Qualität der Finanzberichterstattung<br />
zu steigern.<br />
Die absolute Zunahme der Anforderungen<br />
bedeutet nicht automatisch einen Mehraufwand<br />
bei allen Prüfungen. In verschiedenen<br />
Bereichen wurden bisher auslegungsbedürftige<br />
Regelungen präzisiert. Einen<br />
bedeutenden Teil der Änderungen haben die<br />
grösseren Prüfungsgesellschaften frühzeitig<br />
antizipiert und in das Prüfungsvorgehen<br />
integriert. Einige Prüfungshandlungen aber<br />
müssen zusätzlich vorgenommen werden.<br />
Die Anwendung der Clarity-ISA bedingt in<br />
der Regel auch eine aktivere Mitarbeit der<br />
geprüften Unternehmen. Die Prüfer werden<br />
sich verstärkt auf Gespräche mit dem<br />
Management, zusätzliche Informationen<br />
und Dokumentationen stützen müssen. Dies<br />
veranschaulichen die beiden folgenden<br />
Beispiele:<br />
Prüfung von Konzernen (ISA 600)<br />
International tätige Unternehmen werden<br />
am meisten von der Standardisierung der<br />
Prüfung profitieren. Die Clarity-ISA dürften<br />
dazu beitragen, dass sich die – bisher oft<br />
spürbaren – Unterschiede in der Prüfungsqualität<br />
der einzelnen Länder verringern.<br />
Der überarbeitete Standard unterstreicht die<br />
zentrale Rolle des Konzernprüfers und<br />
dessen uneingeschränkte Verantwortung für<br />
die gesamte Konzernprüfung. Dabei wird<br />
unter anderem erwartet, dass die Prüfung<br />
von wesentlichen Tochtergesellschaften und<br />
risikobehafteten Positionen unter der<br />
Kontrolle des Konzernprüfers erfolgt. Das<br />
bedeutet, dass der Informationsaustausch<br />
des Konzernprüfers mit den Prüfern<br />
wesentlicher Tochtergesellschaften zunehmen<br />
wird. Die heute üblichen Prüfungsinstruktionen<br />
und ausführlichen Prüfungsberichte<br />
dürften in vielen Fällen nicht<br />
ausreichen, um dem neuen Standard gerecht<br />
zu werden.<br />
26<br />
Disclose Juni 2011<br />
Prüfung von Schätzungen (ISA 540)<br />
Der Standard verlangt ein hohes Mass an<br />
Skepsis und Sorgfalt bei der Prüfung von<br />
Schätzungen. Das Management und der<br />
Verwaltungsrat sind aufgrund der Rechnungslegungsstandards<br />
dazu verpflichtet,<br />
kritische Schätzungen verlässlich zu<br />
ermitteln. Das heisst: Sie müssen klare<br />
Prozesse definieren, die wesentlichen<br />
Annahmen begründen, Sensitivitäten<br />
berücksichtigen und eine aussagekräftige<br />
Dokumentation über diese Aspekte erstellen.<br />
Diese Dokumentation dient dem Prüfer<br />
als Grundlage seiner Beurteilung. Wurden<br />
die Schätzungen nicht sorgfältig durchgeführt<br />
oder fehlt eine ausreichende Dokumentation,<br />
muss der Prüfer eigene Schätzungen<br />
vornehmen, was zu entsprechenden Mehr -<br />
aufwendungen führen kann.<br />
Anwendung bei kleineren Unternehmen<br />
Für die Prüfung kleinerer Unternehmen hat<br />
das IAASB besondere Anwendungsleitlinien<br />
formuliert. Diese sollen eine unverhältnismässige<br />
Belastung durch die anspruchsvolleren<br />
Standards verhindern, ohne deren<br />
grundlegende Zielsetzungen und Anforderungen<br />
infrage zu stellen. Die Vereinfachungen<br />
beziehen sich vor allem auf eine<br />
Verstärkung des «Professional Judgement»<br />
des Prüfers und eine den Unternehmensverhältnissen<br />
angepasste Dokumentation.<br />
Ausblick<br />
Die Clarity-ISA sind zunächst nur bei<br />
Prüfungen von IFRS-Abschlüssen zwingend<br />
anzuwenden. Für die ordentliche Revision<br />
in der Schweiz gelten nach wie vor die<br />
Schweizer Prüfungsstandards (PS), die auf<br />
dem Stand der ISA vom 30. Juni 2003<br />
basieren. Eine Anpassung der Schweizer<br />
Prüfungsstandards bzw. eine Übernahme<br />
der neuen ISA scheint aber auf mittlere Sicht<br />
unausweichlich – nicht zuletzt, um die<br />
Vergleichbarkeit der Prüfung und die<br />
Akzeptanz des Prüfungstestats international<br />
zu gewährleisten. Die Clarity-ISA werden<br />
derzeit in mehr als 120 Ländern umgesetzt.<br />
Sie geniessen eine breite Unterstützung<br />
durch supranationale Organisationen wie<br />
die Internationale Organisation der<br />
Börsenaufsichtsbehörden IOSCO, den Basler<br />
Ausschuss (Ausschuss der Bankaufsichtsbehörden<br />
der G-10) und die Weltbank.<br />
Die Treuhand-Kammer skizziert in einem<br />
Informationsschreiben vom Dezember 2010<br />
einen Plan zur Einführung der Clarity-ISA in<br />
der Schweiz. Diese soll in Abstimmung mit<br />
den Entwicklungen in der EU erfolgen. Mit<br />
einer Entscheidung der EU-Kommission<br />
in dieser Angelegenheit ist in naher Zukunft<br />
zu rechnen. Als realistischer Zeitpunkt für<br />
eine erstmalige Anwendung in der Schweiz<br />
wird die Prüfung der Abschlüsse für das<br />
Geschäftsjahr 2013 betrachtet.<br />
Die neuen Standards sind<br />
verständlich, klar strukturiert und<br />
für eine konsistente Anwendung<br />
geeignet.