Ausgabe 04/2012 (PDF-Datei) - Ubi Bene
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gastGEbER<br />
78 UBI BENE<br />
völlig geruchlosen Substanzen bevorzugt breit<br />
machen. Dann kommt die Mineralität hinzu.<br />
Langsames, tiefes Einatmen. Es kribbelt. Ein<br />
metallisches, annähernd staubiges Gefühl in der<br />
Nase, während die Zähne jede Schärfe eingebüßt<br />
zu haben scheinen. Ein entsprechender Mosel-<br />
Riesling spaltet die „Geschmäcker“. Lagerbildung<br />
im Weinseminar. Der Sensoriker freut sich<br />
über die Gruppendynamik. Die Kommunikation<br />
verselbstständigt sich. Wein-Talk interaktiv.<br />
Wer weiß, will noch<br />
mehr wissen<br />
Dann wartet die Praxis. Die lange, von Gläsern<br />
und Flaschen immer dichter besiedelte Tafel<br />
wird zum Labor. Auf einem Teller werden verschiedene<br />
Zucker-, Säure- und Aromastoffe<br />
serviert, um Mundgefühl und Nachgeschmack<br />
zu sensibilisieren. Die Reaktionen werden artikuliert<br />
und die einzelnen Eigenschaften in<br />
verschiedenen Weinen selektiv aufgestöbert.<br />
Oder auch nicht. Während die Empfindung von<br />
Inhaltsstoffen durchaus vergleichbar ist, zeigen<br />
sich bei der Wahrnehmung der Weinaromen<br />
deutliche Unterschiede. Sobald beurteilt wird,<br />
leidet die Objektivität.<br />
Schrittweise nutzen die Teilnehmer ihre naturgegebene<br />
Fähigkeit, einem Wein gezielt die<br />
Maske herunterzureißen. Beschädigung eines<br />
Faszinosums? Das Gegenteil ist der Fall. Der<br />
Reiz nimmt sogar noch zu. Wer weiß, will noch<br />
ScHWEnkEn, RiEcHEn, ScHMEckEn: MARTin DARTinG (linkS) vERAnScHAU-<br />
licHTE FÜR DiE TEilnEHMER, DARUnTER THOMAS bOxbERGER-vOn ScHAAbnER<br />
UnD MARcO ZETTlER, DiE SEnSORiScHEn UnTERScHiEDE bEiM WEin.<br />
mehr wissen. Das Produkt wird barrierefrei,<br />
durchschaubarer.<br />
„Alle reden von gutem Wein, aber niemand weiß<br />
genau, was das ist.“ Martin Darting widmet sich<br />
dem Qualitätsbegriff. Ein Mosaik aus etlichen<br />
Steinchen, für das der Fachmann das PAR-System<br />
entwickelt hat, um Qualitäten objektiv definieren,<br />
beschreiben und dokumentieren zu können.<br />
Sicher, ein aufwendiges Verfahren. Aber der<br />
Komplexität eines Weins absolut angemessen.<br />
Dann kommen die „Spontis“. Keine linken<br />
Politaktivisten, aber in ihrer gegen den Strom<br />
gebürsteten Art durchaus ein autonomes Völkchen<br />
in der Weinszene. Spontanvergärung nutzt<br />
die natürlichen, wild lebenden Hefen und beschleunigt<br />
dadurch das, was man unter Terroir<br />
versteht: die Summe der Standortfaktoren, die<br />
Herkunft eines Weins im engeren Sinn. Ein<br />
Grüner Veltliner von Karl Fritsch aus Wagram<br />
(Österreich) und sein mit Reinzuchthefen vergorener<br />
Landsmann aus der Domäne Wachau<br />
zeigen beispielhaft, wie sich ein vordergründig<br />
fruchtbetonter, „gefälliger“ Mainstream-Wein<br />
von seinem kantigen Kollegen unterscheidet.<br />
„Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit von spontan<br />
vergorenen Weinen ist faszinierend“, sagt<br />
Martin Darting. Thomas Boxberger-von Schaabner<br />
nickt, als er den stoffigen Weißen im Glas<br />
schwenkt, und ergänzt: „Ein solcher Wein entwickelt<br />
sich beim Trinken. Er legt nicht gleich<br />
alles offen, was er zu bieten hat.“ Einige Mi- �<br />
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