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Stadtentwicklungs - Stadtplanung

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Leitartikel<br />

aus dem „Ruhr-Anzeiger“ von Januar 2015<br />

(für den Arbeitskreis entwickeltes<br />

Trendszenario bei ungesteuerter<br />

Stadtentwicklung)<br />

Seit Jahren schon hatte sich das Gesicht<br />

des Mittelzentrums W. unmerklich verändert.<br />

Wie in vielen anderen Städten waren<br />

die alt eingesessenen Läden verschwunden<br />

und hatten Filialisten Platz machen<br />

müssen. Schlecker oder Tchibo an Stelle<br />

von Schuhgeschäften, Tacko an Stelle einer<br />

traditionsreichen Gaststätte, adessa<br />

an Stelle eines Tapetenfachgeschäftes, ein<br />

Mobilfunkladen an Stelle einer beliebten<br />

Kneipe. An anderer Stelle Blumen Risse,<br />

Ihr Platz oder verschiedene Schnellimbisse.<br />

Großflächige Werbeanlagen sorgten dafür,<br />

dass es in W. so aussah wie überall.<br />

Lokale Identität verschwand hinter aggressiver<br />

Werbung. Die neuen Märkte und Filialgeschäfte<br />

hatten optisch nichts zu bieten.<br />

Für architektonische Gestaltung war<br />

in den Bilanzen der Ladenketten ebenso<br />

wenig Platz wie für eine anspruchsvolle<br />

Schaufensterdekoration. Wo die Stadtplaner<br />

den Investoren und Bauherren mit Hilfe<br />

einer Gestaltungssatzung Fensteröffnungen<br />

abtrotzen konnten, wurden<br />

diese mit Werbung für Sonderangebote<br />

zugeklebt oder mit billigsten Stahlregalen<br />

und Kleiderständern bestückt.<br />

Während das benachbarte Oberzentrum D.<br />

seine Fußgängerzone zur Promenade der<br />

Modedesigner mit lichten Ladenlokalen<br />

und Lifestile-Ambiente umbaute, rissen<br />

die zunehmend leerstehenden Läden in<br />

die ehemals geschlossene Lauflage des<br />

kleinen Mittelzentrums immer mehr Löcher.<br />

Obwohl sich die Probleme zuspitzten,<br />

konnte sich die Politik nicht für<br />

einen Lösungsweg entscheiden.<br />

Die Situation wurde zunehmend unübersichtlicher,<br />

als Versicherungen, Banken<br />

und Sparkassen begannen, ihre Filialen zu<br />

schließen und in jeder Stadt nur noch ein<br />

Dienstleistungscenter offen zu halten.<br />

Nun nahmen die Leerstände bedrohliche<br />

Ausmaße an. Die Bodenpreise sanken rapide.<br />

Von Atmosphäre in der Innenstadt konnte<br />

schon lange keine Rede mehr sein. Es begann<br />

ein Verfallsprozess, der bis heute<br />

nicht aufzuhalten ist. Im Zentrum konnte<br />

soziale Sicherheit nur mit verstärkter Überwachung<br />

garantiert werden. Neben der<br />

Polizei engagierten sich auch die Betreiber<br />

einiger Ladenketten und beauftragten einen<br />

privaten Wachdienst mit der Überwachung<br />

weiter Bereiche der Innenstadt –<br />

insbesondere die Tiefgarage und die Anlieferungszonen<br />

der größeren Geschäfte,<br />

aber auch die Straßen und Gassen am<br />

Rand der Innenstadt.<br />

Trotz dieser Anstrengungen gelang es<br />

nicht, die Innenstadt als Wohnstandort<br />

attraktiv zu halten. Die Einwohnerzahl<br />

ging zurück. Die Sozialstruktur veränderte<br />

sich merklich. Der Anteil alter Menschen,<br />

einkommensschwacher Haushalte und Sozialhilfeempfänger<br />

stieg ständig. Mit der<br />

Veränderung der Sozialstruktur ging die<br />

Vernachlässigung der Bausubstanz einher.<br />

Vor allem auswärtige Eigentümer unterließen<br />

schon seit längerem jegliche Bauunterhaltung.<br />

Als Entschuldigung führte<br />

man die ungewisse Zukunft der Innenstadt<br />

an.<br />

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