Wissen auf Wanderschaft - Mikado
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Das landschaftsprägende Bild<br />
vom schwedischen Holzhaus –<br />
rot gestrichene Einfamilienhäuschen<br />
mit weiß gefassten Fenstern<br />
und Hausecken – ist in Wirklichkeit<br />
das Ergebnis rigider Brandschutzvorschriften:<br />
Nach verheerenden Stadtbränden<br />
zwischen 1838 und 1843<br />
wurde der Baustoff Holz für tragende<br />
Konstruktionen in Gebäuden mit<br />
mehr als zwei Geschossen verboten.<br />
Erst 1994 kam es zu einer Novelle der<br />
Bauregeln (BBR), herausgegeben von<br />
der Zentralbehörde für Gesellschaftsplanung,<br />
Bauen und Wohnen (Boverket).<br />
Die zentralen brandschutztechnischen<br />
Forderungen lauten<br />
seitdem: „Gebäude sollen so gestaltet<br />
sein, dass<br />
▸ der Entstehung von Bränden<br />
vorgebeugt wird,<br />
Thema des Monats Internationaler Holzbau<br />
Einschätzung<br />
Villa Kunterbunt in XL<br />
Ambitionierte Mehrgeschosser in Växjö und andernorts: Theoretisch verfügen die<br />
Holzbauer in Schweden über ein hohes Maß an Kompetenz. Praktisch kann<br />
die realisierte Qualität mit dem Standard im deutschsprachigen Raum nicht mithalten.<br />
20 mikado 12.2011<br />
▸ die Ausbreitung von Bränden<br />
und Rauchgas innerhalb der Gebäude<br />
begrenzt wird,<br />
▸ Personen aus Gebäuden fliehen<br />
oder <strong>auf</strong> eine andere Weise gerettet<br />
werden können sowie<br />
▸ die Sicherheit der Rettungskräfte<br />
beachtet wird.“<br />
Bauteile sind mit Blick <strong>auf</strong> ihre<br />
Funktionen zu bemessen und zu<br />
bewerten. Sie sollen die ihnen zugedachten<br />
wesentlichen Aufgaben<br />
erfüllen: im Brandfall ihre Standsicherheit<br />
(R) behalten und ausreichend<br />
rauchdicht (E) sowie gedämmt<br />
(I) sein.<br />
Das 150-jährige Verbot von Holz<br />
in den Tragwerken größerer Vorhaben<br />
führte dazu, dass sich in Schweden<br />
die Holzbautechnik weder in der<br />
Theorie noch in der Praxis über das<br />
▴ Das „klassische“<br />
schwedische<br />
Einfamilienhaus<br />
in Holzbauweise<br />
in Växjö<br />
DEDERICH<br />
Niveau der Einfamilienhäuser hinaus<br />
weiterentwickelt hat. Zahlreiche Anbieter<br />
von Fertighäusern haben ihre<br />
Produktionsprozesse nach industriellen<br />
Maßstäben ausgerichtet. Grundsätzlich<br />
neue Konzepte hat niemand<br />
angedacht und verfolgt.<br />
Wichtiges Pilotprojekt<br />
Zwischen 1995 und 1997 realisierten<br />
die Schweden in einem Pilotvorhaben<br />
das Projekt „Wälludden“, um die<br />
für den Holzbau üblichen Planungs-<br />
und Fertigungsprozesse im Hinblick<br />
<strong>auf</strong> die Anwendung für das mehrgeschossige<br />
Bauen zu überprüfen.<br />
Am Ende waren die Beteiligten<br />
jedoch weder mit dem technischen<br />
noch dem ökonomischen Ergebnis<br />
zufrieden. Ein Beispiel dafür war die<br />
massive Verwendung von Konstruktionshölzern<br />
in den tragenden Wänden<br />
der beiden Viergeschosser und<br />
dem fünfgeschossigen Wohngebäude,<br />
sodass man von einer massiven<br />
Holzkonstruktion sprechen konnte –<br />
ohne jedoch eine Ahnung davon zu<br />
haben, wie sich diese langfristig verhalten<br />
würden.<br />
Nationale Holzbaustrategie<br />
Nicht zuletzt die Erkenntnis, dass<br />
die anderthalb Jahrhunderte währende<br />
Beschränkung <strong>auf</strong> kleine Projekte<br />
grundlegende Maßnahmen in<br />
Ausbildung und Lehre – also auch<br />
<strong>auf</strong> betrieblicher Ebene – erforderte,<br />
war Motivation für die schwedische<br />
Regierung, 2004 die „Nationale<br />
Holzbaustrategie“ ins Leben zu rufen.<br />
Man kann das Programm durchaus<br />
als Wiedergutmachung interpretieren.<br />
Ziel der Holzbaustrategie ist es,<br />
DEDERICH