2000-19 Klinik der primären ziliären Dyskinesie (Clinical features of ...
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Fallbeschreibung<br />
Schweiz Med Wochenschr <strong>2000</strong>;130: Nr <strong>19</strong><br />
Kongressbeitrag<br />
Verdachtsdiagnose? Wichtig ist, dass man nach<br />
typischer Anamnese und <strong>Klinik</strong> die entsprechenden<br />
Vorabklärungen mit einem Thorax-<br />
Röntgenbild, eventuell einer Dünnschicht-<br />
Computertomographie (HR-CT), einem Sinus-<br />
Röntgenbild und bei älteren kooperativen<br />
Patienten auch eine Lungenfunktionsprüfung<br />
durchführt. Letztere zeigt wie bei <strong>der</strong> zystischen<br />
Fibrose eine obstruktive Ventilationsstörung<br />
mit einer Lungenüberblähung und<br />
eventuell «trapped air». Hat man die übrigen<br />
als Differentialdiagnose in Frage kommenden<br />
Krankheiten wie die zystische Fibrose, einen<br />
Immundefekt und bronchopulmonale Missbildungen<br />
ausgeschlossen, so sollte als nächster<br />
Schritt die Nasenschleimhautbiopsie zur<br />
Ziliendiagnostik durchgeführt werden. Auch<br />
eine Bronchoskopie mit Bronchialschleimhautbiopsie<br />
erbringt ein identisches Resultat, da <strong>der</strong><br />
gleiche ultrastrukturelle Defekt sowohl in <strong>der</strong><br />
Nase als auch in den Bronchien vorhanden ist.<br />
Wichtig ist, dass die Untersuchung möglichst<br />
in einem infektfreien Intervall durchgeführt<br />
wird. Der früher bei Kin<strong>der</strong>n über 10 Jahren<br />
durchgeführte Saccharin-Test als Screening-<br />
Methode ist heute wie<strong>der</strong> verlassen worden [9].<br />
Ein seit <strong>19</strong>94 mögliches Screening wäre die<br />
Bestimmung des Stickoxids (NO) in <strong>der</strong> Ausatmungsluft<br />
[10]. Dies ist bei <strong>der</strong> <strong>primären</strong><br />
<strong>ziliären</strong> <strong>Dyskinesie</strong> ausserordentlich tief. Bis<br />
Zur Illustration möchte ich nun auf unsere eigenen Patienten, die<br />
wir seit <strong>19</strong>82 beobachten konnten, eingehen (Tab. 1). Beschrieben<br />
wird eine Familie mit 2 betr<strong>of</strong>fenen Schwestern (daneben 3 gesunde<br />
Geschwister) und <strong>der</strong>en Cousin, um die typische Anamnese, <strong>Klinik</strong><br />
und strukturelle Zilienbefunde zu illustrieren.<br />
Die heute 22jährige A. S. wurde einige Stunden nach <strong>der</strong> Geburt wegen<br />
eines Atemnot-Syndroms in unsere <strong>Klinik</strong> verlegt. Aufgrund des<br />
Röntgenbefunds (Abb. 2) wurde eine Aspiration mit beginnen<strong>der</strong><br />
Pneumonie diagnostiziert und entsprechend behandelt. In <strong>der</strong> Folge<br />
litt das Mädchen während des 1. Lebensjahres immer wie<strong>der</strong> an<br />
mukopurulenten Rhinitiden und obstruktiven Bronchitiden. Auch<br />
in den folgenden Jahren wie<strong>der</strong>holten sich zum Teil schwere Infekte<br />
<strong>der</strong> oberen und unteren Luftwege, so dass die Abklärung im Alter<br />
von 5 Jahren erfolgte. Bei <strong>der</strong> klinischen Untersuchung fielen ein<br />
beidseitiger chronischer Tubenmittelohrkatarrh mit vermin<strong>der</strong>tem<br />
Hörvermögen, eine chronische Rhinitis, eine beidseitige Sinusitis<br />
Tabelle 1<br />
30 Patienten (16 Knaben, 14 Mädchen)<br />
mit ziliärer <strong>Dyskinesie</strong> am Basler<br />
Kin<strong>der</strong>spital (von <strong>19</strong>82–<strong>19</strong>98);<br />
Alter bei Diagnosestellung:<br />
4 Tage bis 13 Jahre.<br />
jetzt hat sich <strong>der</strong> NO-Test jedoch noch nicht<br />
als Screening-Test durchgesetzt.<br />
Bei <strong>der</strong> Funktionsanalyse im Lichtmikroskop<br />
<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Biopsie gewonnenen Zilien wird die<br />
Motilität beobachtet und beurteilt. Die Zilienschlagfrequenz<br />
sollte normalerweise nicht unter<br />
10 Hz betragen. Eine Zilienlänge von über<br />
10 µm ist ebenfalls pathologisch.<br />
Zugleich wird auch die elektronenmikroskopische<br />
Struktur <strong>der</strong> Zilien angesehen. Bei 100–<br />
200 analysierten Zilien sollte einer <strong>der</strong> typischen<br />
Strukturdefekte in über 20% gefunden<br />
werden [11]. Folgende häufige Defekte (evtl.<br />
kombiniert) sind bis jetzt gefunden worden<br />
(Abb. 1; 2–4): Dyneindefekte (innere und<br />
äussere Arme) (Abb. 1; 2), Radialspeichendefekte<br />
(Abb. 1; 3), mikrotubuläre Defekte (Abb.<br />
1; 4). Auch auf die Ausrichtung <strong>der</strong> Zilien sollte<br />
geachtet werden, da eine primäre ziliäre <strong>Dyskinesie</strong><br />
auch ohne ultrastrukturelle Defekte<br />
vorkommen kann [12]. Wichtig ist bei <strong>der</strong> Analyse<br />
die Unterscheidung gegenüber sekundären<br />
Zilienverän<strong>der</strong>ungen. Solche Verän<strong>der</strong>ungen<br />
findet man vor allem bei unspezifischen chronischen<br />
Bronchitiden, bei Rauchern, bei <strong>der</strong> zystischen<br />
Fibrose usw. Typisch sind dort «Compound-Zilien»,<br />
Extratubuli und nur wenig periphere,<br />
mikrotubuläre Abnormitäten [13]. Im<br />
Zweifelsfall muss eventuell eine Zilienkultur<br />
durchgeführt werden [14].<br />
maxillaris (Abb. 3) sowie <strong>der</strong> Lungenbefund einer obstruktiven<br />
Bronchitis auf. Das Thorax-Röntgenbild zeigte eine ausgeprägte<br />
Überblähung mit peribronchialen Verän<strong>der</strong>ungen. Bronchoskopisch<br />
fand man eine chronisch eitrige Bronchitis und in <strong>der</strong> Bronchographie<br />
zylindrische Bronchiektasen im linken Unterlappen. Bei <strong>der</strong><br />
Zilienanalyse fand man ein dyskinetisches Schlagmuster mit einer<br />
Frequenz von unter 10 Hz und einem kombinierten ultrastrukturellen<br />
Defekt, d.h. einem Radiärspeichendefekt mit exzentrischer<br />
Lokalisation des zentralen Mikrotubulipaares und einem Fehlen<br />
<strong>der</strong> inneren Dyneinarme. Die im Alter von 8 Jahren erstmals durchgeführte<br />
Lungenfunktion wies eine mittelschwere obstruktive Ventilationsstörung<br />
mit deutlicher Lungenüberblähung auf. Der bis<br />
zum 12. Lebensjahr relativ schwere Verlauf besserte sich in <strong>der</strong><br />
Folge. Regelmässige Inhalationen mit topischen Steroiden und β2-<br />
Sympathikomimetika beeinflussten die sekundäre bronchiale Hyperreaktivität<br />
günstig. Rezidivierende bronchiale Infekte machten zum<br />
klinische Symptome Atemnot-Syndrom 9/30 30%<br />
Rhinitis als Sgl. 30/30 100%<br />
Sinusitis 30/30 100%<br />
Otitis media 23/30 77%<br />
Bronchitis-Pneumonie 30/30 100%<br />
Bronchiektasen 5/30 17%<br />
Situs inversus 10/30 33%<br />
komplexes Herzvitium 1/30 3%<br />
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