Stolpersteine der Familie Schneider 8
Einleitung „Für mich ist es <strong>im</strong>mer noch eine große Erschütterung, jedes Mal, wenn ich Buchstabe für Buchstabe einzeln einschlage. Das gehört für mich mit zu dem Projekt, weil ich mir so <strong>im</strong>mer wieder darüber bewusst werde, dass es sich um einen Menschen, einen einzigartigen Menschen handelt, um den es geht. Das waren Männer, Frauen, Nachbarn, Schulkameraden, Freundinnen, Kollegen… Und bei jedem Namen entsteht so eine Vorstellung in mir. Und dann gehe ich auch an den Ort, in die Straße, vor das Haus. Da rückt es noch einmal näher an einen heran. Es ist schmerzhaft, den Stolperstein zu legen, aber es ist auch gut, weil da etwas zurückkehrt … wenigstens die Erinnerung.“ So beschreibt der Kölner Künstler Gunter Demnig seine Gefühle bei der Herstellung von Stolpersteinen. 1994 entwickelte er diese Form des Gedenkens. Er erinnert mit den 10 x 10 x 10 cm großen, mit Messing beschlagenen Steinen an einzelne Opfer der Nazi-Gewaltherrschaft, indem er die Steine in den Bürgersteig vor den Häusern einlässt, wo die Menschen vor ihrer Festnahme, Flucht oder Deportation (d. h. Verschleppung) gelebt haben. Das ist das Besondere daran: das abstrakte Wissen um den Holocaust wird auf einmal sehr konkret, denn es kann in der Nachbarschaft verortet werden: auf einer Straße, die man schon lange kennt, vor einem Haus, in dem man lebt. Die Zahl der Ermordeten, die in die Millionen geht, bleibt in jeder Weise unbegreiflich. Aber 9 der Stolperstein markiert einen konkreten Ort <strong>im</strong> Stadtbild, wo ein einzigartiger Mensch verfolgt oder ermordet wurde. Diese Unmittelbarkeit des Gedenkens an ein best<strong>im</strong>mtes Menschenleben hat Tausende in Deutschland, Österreich und Ungarn dazu gebracht, eine Patenschaft für „ihren“ Stolperstein einzugehen. Patinnen und Paten für <strong>Trier</strong>er Stolpersteine kommen z. B. auch aus den USA, Kanada und Israel. „Den Opfern ihren Namen wiedergeben“, ist das Anliegen, das die Koordinatoren des Projektes in <strong>Trier</strong> – der Kulturverein Kürenz und die Arbeitsgemeinschaft Frieden (AGF) – seit 00 mit den Stolpersteinen in <strong>Trier</strong> verbinden. Für die AGF ist das Gedenken an die Opfer des deutschen Faschismus seit 1985 fester Bestandteil ihrer kommunalen Friedensarbeit. Seit Ende der achtziger Jahre bietet der Arbeitskreis „<strong>Trier</strong> in der NS-Zeit“ Rundgänge an zu Stätten der nationalsozialistischen Verfolgung und des Widerstandes für Schulklassen und andere interessierte Gruppen und lädt zu Vorträgen ein. Mit diesen Aktionen will die AGF für ein Menschheitsverbrechen sensibilisieren, das nicht nur „in deutschem Namen“ begangen, sondern auch in der Stadt <strong>Trier</strong> organisiert wurde. Hier in <strong>Trier</strong> erlitten Menschen Ausgrenzung, sozialen Tod, Verfolgung und Mord, aber hier übten Menschen auch Widerspruch und Widerstand. Das zu zeigen, war auch der Zweck unseres Buches „StattFührer – <strong>Trier</strong> <strong>im</strong> <strong>Nationalsozialismus</strong>“, das 005 in dritter, erweiterter Auflage erschien. Die Stolpersteine sind unscheinbare Denkmäler. Wer auf sie stößt, stolpert vielleicht – wir hoffen es – in seiner Alltagsroutine und wird nachdenklich, was ein solcher Stein zu sagen hat.