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Hypothekarzinsentwicklung und Mieten in der ... - Mieterverband

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BÜRO FÜR ARBEITS- UND SOZIALPOLITISCHE STUDIEN<br />

TOBIAS BAUER, LIC.RER.POL. . BEAT BAUMANN, LIC.RER.POL. . STEFAN SPYCHER, LIC.RER.POL.<br />

EIGERPLATZ 8 . CH-3007 BERN . TELEFON +41 (0)31 372 44 55 . FAX +41 (0)31 372 33 55 . E-MAIL BASS@ACCESS.CH<br />

<strong>Hypothekarz<strong>in</strong>sentwicklung</strong> <strong>und</strong> <strong>Mieten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz<br />

zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999<br />

Aktualisierung <strong>der</strong> Studie aus dem Juli 1998<br />

Im Auftrag<br />

des Schweizerischen Mieter<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> <strong>Mieterverband</strong>s<br />

Stefan Spycher<br />

Bern, im Dezember 1999


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Zusammenfassung II<br />

1 Ausgangslage <strong>und</strong> Fragestellungen 1<br />

2 Methodisches Vorgehen 1<br />

3 Datengr<strong>und</strong>lagen 6<br />

4 Ergebnisse im Rahmen des geltenden Mietrechts 11<br />

4.1 Entwicklung <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se 11<br />

4.2 Ausmass <strong>der</strong> Umverteilung 13<br />

5 Ergebnisse bei an<strong>der</strong>en Ausgestaltungen des Mietrechts 14<br />

6 Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse 14<br />

7 Literaturverzeichnis 16<br />

I


Zusammenfassung<br />

Zusammenfassung<br />

Fragestellungen: Die Untersuchung g<strong>in</strong>g von<br />

zwei Fragestellungen aus:<br />

1. Wie wirken sich die Hypothekarz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen<br />

auf die Entwicklung des Mietz<strong>in</strong>ses<br />

aus? Zur Beantwortung dieser Frage<br />

wurde die Periode zwischen Oktober 1989<br />

bis Oktober 1999 untersucht. In dieser Zeit<br />

stieg <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>s zuerst von 5,5<br />

auf 7,0 Prozent <strong>und</strong> sank anschliessend<br />

auf 3,75 Prozent.<br />

2. Falls e<strong>in</strong>e zu grosse bzw. zu kle<strong>in</strong>e Mietz<strong>in</strong>serhöhung<br />

stattgef<strong>und</strong>en hat: Welche<br />

Geldsumme wurde dadurch zwischen<br />

Mieter/<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen umverteilt?<br />

Methoden: In <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>idee ist die Methodik<br />

sehr e<strong>in</strong>fach: Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite soll von Jahr<br />

zu Jahr berechnet werden, welche Auwirkungen<br />

die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren,<br />

die im Mietrecht präzisiert werden,<br />

auf die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Mieten</strong> hätten<br />

haben sollen. Die wichtigsten Kostenfaktoren<br />

s<strong>in</strong>d: die <strong>Hypothekarz<strong>in</strong>sentwicklung</strong>, die Inflation<br />

<strong>und</strong> die Unterhaltskosten. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite werden diese Verän<strong>der</strong>ungen mit <strong>der</strong><br />

effektiven Entwicklung nach Miet<strong>in</strong>dex verglichen.<br />

Als Kostenfaktoren fallen aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

vergleichsweisen ger<strong>in</strong>gen Bedeutung bzw.<br />

aufgr<strong>und</strong> fehlen<strong>der</strong> Datengr<strong>und</strong>lagen ausser<br />

Betracht: wertvermehrende Investitionen bzw.<br />

Orts- <strong>und</strong> Quartierüblichkeit <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se.<br />

Datengr<strong>und</strong>lagen: Als Datengr<strong>und</strong>lagen werden<br />

verwendet: (1) die Hypothekarz<strong>in</strong>ssätze<br />

<strong>der</strong> Zürcher Kantonalbank, (2) <strong>der</strong> Landes<strong>in</strong>dex<br />

<strong>der</strong> Konsumentenpreise, (3) <strong>der</strong> Mietpreis<strong>in</strong>dex<br />

<strong>der</strong> Schweiz, (4) die durchschnittlichen<br />

<strong>Mieten</strong> nach <strong>der</strong> nationalen Mietpreiserhebung<br />

vor 1993, (5) die Mietpreisstrukturerhebung<br />

1996 <strong>und</strong> (6) die Gebäude <strong>und</strong> Wohnungserhebung<br />

von 1990.<br />

Ergebnisse bei <strong>der</strong> heutigen Ausgestaltung<br />

des Mietrechts: Die Mietz<strong>in</strong>se s<strong>in</strong>d zwischen<br />

Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999 <strong>in</strong>sgesamt um<br />

33,0 Prozent <strong>und</strong> um 7,7 Prozentpunkte stärker<br />

gestiegen als <strong>der</strong> Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise<br />

(Gesamtanstieg um 25,4%; vgl.<br />

Abbildung 1). Gemäss den wichtigsten, im<br />

Mietrecht präzisierten Kostenfaktoren - <strong>Hypothekarz<strong>in</strong>sentwicklung</strong>,<br />

Inflation <strong>und</strong> Unterhaltskosten<br />

- wäre jedoch <strong>in</strong>sgesamt ke<strong>in</strong>e<br />

Erhöhung, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> Rückgang des Mietpreisniveaus<br />

um 1,1 Prozent erwartet worden.<br />

Hauptgr<strong>und</strong> dafür ist <strong>der</strong> Umstand, dass das<br />

Hypothekarz<strong>in</strong>sniveau 1999 (3,75%) deutlich<br />

unter demjenigen von 1989 (5,50%) liegt. Die<br />

<strong>Mieten</strong> s<strong>in</strong>d daher um 34,1 Prozentpunkte<br />

(Differenz zwischen +33,0% <strong>und</strong> – 1,1%) stärker<br />

gestiegen als dies aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklung<br />

<strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

relativen Methode zu erwarten gewesen wäre.<br />

Die überproportionale Steigerung <strong>der</strong> <strong>Mieten</strong><br />

führte zu e<strong>in</strong>er Umverteilung von Mieter/<strong>in</strong>nen<br />

zu Vermieter/<strong>in</strong>nen. Diese betrug <strong>in</strong> den betrachteten<br />

10 Jahren <strong>in</strong>sgesamt 18,8 Milliarden<br />

Franken bzw. 10‘711 Franken pro Wohnung<br />

bzw. 89 Franken pro Monat. 1999 betrug die<br />

Umverteilung alle<strong>in</strong>e 5.2 Milliarden Franken<br />

(vgl. Abbildung 2).<br />

Ergebnisse bei an<strong>der</strong>en Ausgestaltungen<br />

des Mietrechts: Zur Zeit stehen vor allem zwei<br />

Modifikationen des Mietrechtes zur Diskussion:<br />

(1) Der Schweizerische Mieter<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> <strong>Mieterverband</strong><br />

schlägt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Initiative «Ja zu<br />

fairen <strong>Mieten</strong>» vor, e<strong>in</strong>en über 5 Jahre geglätteten<br />

Hypothekarz<strong>in</strong>s zu verwenden. (2) Der<br />

B<strong>und</strong>esrat lehnt die Initiative ab. In se<strong>in</strong>em<br />

Gegenvorschlag sieht er vor, dass die <strong>Mieten</strong><br />

im Ausmass von 80 Prozent <strong>der</strong> Inflation steigen<br />

sollen.<br />

Abbildung 3 zeigt die Auswirkungen aller<br />

Modelle, wenn sie bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Periode von<br />

1989 bis 1999 gegolten hätten. Der höchste<br />

Indexstand ist <strong>der</strong>jenige, welcher sich nach<br />

heute geltendem Mietrecht tatsächlich ergeben<br />

hat (unter Berücksichtigung <strong>der</strong> ungenügenden<br />

Weitergabe <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen).<br />

Der tiefste Stand entspricht dem erwarteten<br />

Miet<strong>in</strong>dex, wenn die wichtigsten Kostenfaktoren<br />

nach dem heutigen Recht berücksichtigt<br />

worden wären. Die an<strong>der</strong>en Entwicklungen<br />

liegen dazwischen. Der Miet<strong>in</strong>dex, welcher<br />

sich mit dem geglätteten Hypothekarz<strong>in</strong>s ergeben<br />

hätte, lag bis zwischen 1993 <strong>und</strong> 1998<br />

über demjenigen, welcher sich mit dem Modell<br />

des B<strong>und</strong>esrates errechnen lässt. Seit e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb<br />

Jahren würde er darunter liegen. Erwartungsgemäss<br />

führt das Modell des B<strong>und</strong>esrates<br />

zur stetigsten Entwicklung: Der Miet<strong>in</strong>dex<br />

hätte bis 1994 stark <strong>und</strong> dann nur noch <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en<br />

Schritten zugenommen.<br />

Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse: Die Ergebnisse<br />

dieser Studie müssen <strong>in</strong> folgendem Rahmen<br />

gesehen werden:<br />

(1) Elemente <strong>der</strong> Marktmiete: Das geltende<br />

Recht basiert nicht nur auf <strong>der</strong> Kostenmiete,<br />

son<strong>der</strong>n hat auch zwei Elemente <strong>der</strong><br />

Marktmiete (Quartier- <strong>und</strong> Ortsüblichkeit; Mieter/<strong>in</strong>nen<br />

müssen klagen). Diese Elemente<br />

könnten dazu führen, dass <strong>der</strong> Miet<strong>in</strong>dex über<br />

das aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kostenelemente berechnete<br />

«erwartete» Mass h<strong>in</strong>aussteigt. Verschiedene<br />

H<strong>in</strong>weise lassen jedoch vermuten, dass diese<br />

II


Zusammenfassung<br />

Effekte <strong>in</strong> den letzten Jahren nicht sehr gross<br />

gewesen s<strong>in</strong>d. Trotzdem s<strong>in</strong>d die vorgenommen<br />

Schätzungen daher als Obergrenzen<br />

zu verstehen.<br />

(2) Geltendes Mietrecht: Die vorliegende Arbeit<br />

stützt sich auf das geltende Mietrecht. Die<br />

Frage, ob die <strong>Mieten</strong> aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Beschränkungen<br />

des Angebotes nicht korrekterweise<br />

stärker angestiegen s<strong>in</strong>d als <strong>der</strong> Landes<strong>in</strong>dex,<br />

wird nicht untersucht.<br />

(3) Datengr<strong>und</strong>lagen: Die zur Verfügung stehenden<br />

Datengr<strong>und</strong>lagen weisen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

zwei Schwierigkeiten auf: (a) Die Methodik<br />

<strong>der</strong> Miet<strong>in</strong>dexerhebung än<strong>der</strong>te im Frühjahr<br />

1993. Zwischen 1993 <strong>und</strong> 1996 s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />

regional bzw. für verschiedene Wohnungstypen<br />

differenziertere Angaben erhältlich.<br />

(b) Die Repräsentativität des Miet<strong>in</strong>dexes<br />

ist vor 1993 we<strong>der</strong> für die Schweiz noch<br />

für e<strong>in</strong>zelne Kantone gegeben. Seit 1993 ist<br />

<strong>der</strong> vierteljährlich erhobene Index für die<br />

Schweiz repräsentativ. Die genannten Schwierigkeiten<br />

relativieren die Präzision <strong>der</strong> Ergebnisse,<br />

nicht aber die gr<strong>und</strong>sätzlichen Aussagen.<br />

(4) Überwälzungen auf den Mietz<strong>in</strong>s: Die Studie<br />

basiert auf <strong>der</strong> bisher üblichen Berechnung<br />

nach <strong>der</strong> relativen Methode. E<strong>in</strong> neueres B<strong>und</strong>esgerichtsurteil<br />

for<strong>der</strong>t neu für Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen<br />

zusätzlich die absolute Methode.<br />

Ob dies allerd<strong>in</strong>gs praktikabel ist, ist heute<br />

noch unklar. Ermessensspielräume bei <strong>der</strong><br />

Überwälzung von Kostensteigerungen (beispielsweise<br />

bei den allgeme<strong>in</strong>en Unkosten<br />

o<strong>der</strong> den Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen) wurden<br />

zugunsten <strong>der</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen ausgelegt.<br />

III


Zusammenfassung<br />

Abbildung 1: Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise, effektiver Mietpreis<strong>in</strong>dex <strong>und</strong> erwarteter<br />

Mietpreis<strong>in</strong>dex aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999<br />

Index, Oktober 1989 = 100<br />

Abbildung 2: Umverteilung zwischen Mieter/<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong><br />

Oktober 1999<br />

Millionen Franken<br />

135<br />

130<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

1989 II1990 I<br />

1990 II1991 I<br />

1991 II1992 I<br />

1992 II1993 I<br />

1993 II1994 I<br />

1994 II1995 I<br />

1995 II1996 I<br />

1996 II1997 I<br />

1997 II1998 I<br />

1998 II1999 I<br />

1999 II<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

-1000<br />

-226<br />

Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise<br />

Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex nach B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Erwarteter Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren (heutiges Mietrecht)<br />

-554<br />

-116<br />

88<br />

1144<br />

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

2268<br />

2767<br />

3678<br />

4593<br />

99<br />

5198<br />

133<br />

125<br />

IV


Zusammenfassung<br />

Abbildung 3: Die Auswirkungen alternativer Ausgestaltungen des Mietrechts<br />

Index, Oktober 1989 = 100<br />

135<br />

130<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

1989 II<br />

1990 I<br />

1990 II<br />

1991 I<br />

1991 II<br />

Miet<strong>in</strong>dex nach B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

1992 I<br />

1992 II<br />

1993 I<br />

1993 II<br />

1994 I<br />

1994 II<br />

1995 I<br />

1995 II<br />

1996 I<br />

1996 II<br />

1997 I<br />

1997 II<br />

1998 I<br />

1998 II<br />

1999 I<br />

1999 II<br />

Erwarteter Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren (heutiges Recht)<br />

Erwarteter Miet<strong>in</strong>dex mit geglättetem Hypothkarz<strong>in</strong>s ("Ja zu fairen <strong>Mieten</strong>")<br />

Erwarteter Miet<strong>in</strong>dex nach Modell B<strong>und</strong>esrat<br />

V


1 Ausgangslage <strong>und</strong> Fragestellungen<br />

1 Ausgangslage <strong>und</strong> Fragestellungen<br />

Der Schweizerische Mieter/<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> <strong>Mieterverband</strong> (SMV) möchte die Verteilungswirkungen <strong>der</strong><br />

<strong>Hypothekarz<strong>in</strong>sentwicklung</strong> näher untersuchen. Es besteht Gr<strong>und</strong> zu Annahme, dass Erhöhungen <strong>der</strong><br />

Hypothekarz<strong>in</strong>se zu Mietz<strong>in</strong>serhöhungen führen, das umgekehrte aber kaum o<strong>der</strong> gar nicht gilt. Dies<br />

würde zu Umverteilungen von Mieter/<strong>in</strong>nen zu Vermieter/<strong>in</strong>nen führen. Zwischen Oktober 1989 (Ni-<br />

veau 5,5 Prozent) <strong>und</strong> Oktober 1999 (Niveau 3,75 Prozent) s<strong>in</strong>d die Hypothekarz<strong>in</strong>se zuerst stark<br />

gestiegen <strong>und</strong> ab Mitte 1993 rasch gefallen. 1 Diese Periode eignet sich also sehr gut zum Studium<br />

dieser Zusammenhänge.<br />

Die vorliegende Untersuchung geht von drei Fragestellungen aus:<br />

■ Wie wirken sich die Hypothekarz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen auf die Entwicklung des Mietz<strong>in</strong>ses aus? Zur<br />

Beantwortung dieser Frage wurde die Periode zwischen Oktober 1989 bis Oktober 1999 untersucht.<br />

■ Falls e<strong>in</strong>e zu grosse bzw. zu kle<strong>in</strong>e Mietz<strong>in</strong>serhöhung stattgef<strong>und</strong>en hat: Welche Geldsumme wurde<br />

dadurch zwischen Mieter/<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen umverteilt?<br />

■ Welche Auswirkungen hätten die von verschiedenen Seiten vorgeschlagenen Än<strong>der</strong>ungen des<br />

Mietrechtes auf die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Mieten</strong> zwischen 1989 <strong>und</strong> 1999 gehabt?<br />

Im Zentrum <strong>der</strong> Analyse steht nicht e<strong>in</strong> juristische Sichtweise. Es geht also nicht darum, festzustellen,<br />

ob die <strong>Mieten</strong> <strong>in</strong> den letzten zehn Jahren <strong>in</strong>sgesamt missbräuchlich gewesen s<strong>in</strong>d. Vielmehr wird e<strong>in</strong><br />

ökonomischer Standpunkt e<strong>in</strong>genommen: Welche Entwicklung <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se hätte unter Berücksichti-<br />

gung <strong>der</strong> wichtigsten, im Mietrecht präzisierten <strong>und</strong> durch Daten quantitativ abschätzbaren Kosten-<br />

faktoren erwartet werden können <strong>und</strong> welche Entwicklung ist tatsächlich e<strong>in</strong>getreten?<br />

Die vorliegende Studie wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ähnlichen Art <strong>und</strong> Weise bereits im August 1995, im August<br />

1996 <strong>und</strong> im August 1998 durchgeführt. Diese Versionen können beim SMV <strong>in</strong> Zürich bezogen wer-<br />

den. 2 Die vorliegende Version wurde nicht nur aktualisiert, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e mit e<strong>in</strong>er Diskussion<br />

<strong>der</strong> neuesten Vorschläge zur Än<strong>der</strong>ung des Mietrechts erweitert (vgl. Kapitel 5).<br />

2 Methodisches Vorgehen<br />

Die Gr<strong>und</strong>idee <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit verwendeten Methodik ist sehr e<strong>in</strong>fach: Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Seite soll von Jahr zu Jahr berechnet werden, welche Verän<strong>der</strong>ungen nach den wichtigsten, im Miet-<br />

recht präzisierten Kostenfaktoren hätte erwartet werden können. 3 Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite werden diese<br />

Verän<strong>der</strong>ungen mit <strong>der</strong> effektiven Entwicklung nach Miet<strong>in</strong>dex verglichen. Bei diesem Vorgehen s<strong>in</strong>d<br />

wir aufgr<strong>und</strong> des geltenden Mietrechtes mit folgenden Schwierigkeiten konfrontiert:<br />

Kostenmiete vs. Marktmiete<br />

Das heute geltende Mietrecht enthält Elemente <strong>der</strong> Kostenmiete (Artikel 269, Artikel 269a, lit. b - e<br />

OR), die nur ganz bestimmte Gründe für die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se zulässt, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Marktmiete<br />

(Artikel 269a, lit. a OR), welche den Vermieter/<strong>in</strong>nen freie Hand bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se lässt.<br />

1 Der Anstieg begann <strong>in</strong> den meisten Kantonen schon früher mit <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>serhöhung vom 1. Juni 1989 von 5,0<br />

Prozent auf 5,5 Prozent. Der Oktober 1989 wird als Basis gewählt, weil per 1.10.1989 e<strong>in</strong>e weitere Erhöhung auf 5,75 Prozent<br />

erfolgte. Diese konnte aber <strong>in</strong> den meisten Fällen erst im Frühjahr 1990 überwälzt werden.<br />

2<br />

Telefon: 01 / 291 09 37, Telefax: 01 / 291 09 68, Email: mieterverband@bluew<strong>in</strong>.ch.<br />

3 In <strong>der</strong> Schweiz haben sich folgende Autor/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> jüngerer Zeit mit demselben Thema beschäftigt: Bauer (1992), Pelli<br />

(1988), von Ungern-Sternberg (1998).<br />

1


2 Methodisches Vorgehen<br />

Die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Kostenmiete <strong>und</strong> <strong>der</strong> Marktmiete stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spannungsverhältnis zue<strong>in</strong>an-<br />

<strong>der</strong>. In Artikel 269 OR wird festgehalten, dass e<strong>in</strong> Mietz<strong>in</strong>s missbräuchlich ist, wenn er auf e<strong>in</strong>em<br />

übersetzten Ertrag o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruht. Demgegenüber wird <strong>in</strong><br />

Artikel 269a e<strong>in</strong> Ausnahmekatalog aufgeführt. Dieser ist jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> abgeschwächten Form von "<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel nicht missbräuchlich" gehalten <strong>und</strong> überdies nicht abschliessend. Gesetzessystematisch<br />

kommt somit Artikel 269 gegenüber 269a <strong>der</strong> Vorrang zu. Dem schliesst sich das B<strong>und</strong>esgericht <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Rechtsprechung gr<strong>und</strong>sätzlich an, wobei diese allerd<strong>in</strong>gs teilweise schwankend ist (vgl. Bericht<br />

<strong>der</strong> Studienkommission Marktmiete 1993, 92f.).<br />

Das geltende Mietrecht be<strong>in</strong>haltet auch Marktelemente. Wichtig ist erstens, dass die Miss-<br />

bräuchlichkeit e<strong>in</strong>es Mietz<strong>in</strong>ses nur auf Antrag des Mieters o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mieter<strong>in</strong> abgeklärt wird. E<strong>in</strong> weite-<br />

res Marktelement f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bestimmung von Artikel 269a lit. a, wonach Mietz<strong>in</strong>se <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

nicht missbräuchlich s<strong>in</strong>d, wenn sie im Rahmen <strong>der</strong> Orts- <strong>und</strong> Quartierüblichkeit liegen. Beide Ele-<br />

mente erlauben e<strong>in</strong>e Annäherung an die Marktmiete, wenn auch mit gewissen E<strong>in</strong>schränkungen, da<br />

ke<strong>in</strong> übersetzter Ertrag erzielt werden darf. Im weiteren verlangt die Rechtsprechung e<strong>in</strong>e Wartefrist<br />

von vier bis sechs Jahren, bis dieser Erhöhungsgr<strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em laufenden Mietverhältnis erneut gel-<br />

tend gemacht werden kann.<br />

Für die vorliegende Fragestellung ergibt sich somit folgende Problematik: aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bestimmungen<br />

<strong>in</strong> Artikel 269 <strong>und</strong> 269a OR lässt sich e<strong>in</strong>e maximale Mietz<strong>in</strong>serhöhung errechnen, die gerade nicht<br />

missbräuchlich ist. Diese Grenze ist aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Marktelemente aber zu relativieren. Die Quartier-<br />

<strong>und</strong> Ortsüblichkeit könnte demnach dazu führen, dass e<strong>in</strong>e Erhöhung über das zuvor bestimmte Mass<br />

h<strong>in</strong>ausgehen könnte. Allerd<strong>in</strong>gs ist nicht zu erwarten dass dieser Effekt aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> richterlichen<br />

Praxis sehr gewichtig se<strong>in</strong> wird. Daten zur Beurteilung dieses Zusammenhanges liegen aber ke<strong>in</strong>e<br />

vor. Letztlich beschränken wir uns <strong>in</strong> dieser Studie auf die Berechnung <strong>der</strong> Kostenwirkungen <strong>der</strong>jeni-<br />

gen Faktoren, die im Mietrecht bzw. durch die Rechtssprechung präzise festgelegt s<strong>in</strong>d. Daher spre-<br />

chen wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge nicht von «mietrechtlich erlaubtem» Mietz<strong>in</strong>s, son<strong>der</strong>n von demjenigen Mietz<strong>in</strong>s,<br />

<strong>der</strong> sich aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wichtigsten, im Mietrecht festgelegten Kostenfaktoren hätte ergeben sollen.<br />

Missbräuchlichkeit e<strong>in</strong>es Mietz<strong>in</strong>ses<br />

Mietz<strong>in</strong>se s<strong>in</strong>d missbräuchlich, wenn damit e<strong>in</strong> übersetzter Ertrag aus <strong>der</strong> Mietsache erzielt wird o<strong>der</strong><br />

wenn sie auf e<strong>in</strong>em offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen. Artikel 269a OR nennt Ausnahme-<br />

gründe. Danach s<strong>in</strong>d Mietz<strong>in</strong>se <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht missbräuchlich, wenn sie <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

a) im Rahmen <strong>der</strong> orts- o<strong>der</strong> quartierüblichen Mietz<strong>in</strong>se liegen;<br />

b) durch Kostensteigerungen o<strong>der</strong> Mehrleistungen des Vermieters begründet s<strong>in</strong>d;<br />

c) bei neueren Bauten im Rahmen <strong>der</strong> kostendeckenden Bruttorendite liegen;<br />

d) lediglich dem Ausgleich e<strong>in</strong>er Mietz<strong>in</strong>sverbilligung dienen, die zuvor durch Umlagerung marktübli-<br />

cher F<strong>in</strong>anzierungskosten gewährt wurde, <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dem Mieter im voraus bekanntgegebenen<br />

Zahlungsplan festgelegt s<strong>in</strong>d;<br />

e) lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausgleichen;<br />

f) das Ausmass nicht überschreiten, das Vermieter- <strong>und</strong> Mieterverbände o<strong>der</strong> Organisationen, die<br />

ähnliche Interessen wahrnehmen, <strong>in</strong> ihren Rahmenverträgen empfehlen.<br />

Die Verordnung über die Miete <strong>und</strong> Pacht von Wohn- <strong>und</strong> Geschäftsräumen (VMWG) vom 9. Mai<br />

1990, <strong>in</strong> Kraft seit 1. Juli 1990, <strong>und</strong> die Rechtsprechung haben diese e<strong>in</strong>zelnen Faktoren präzisiert.<br />

Für uns s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e relevant:<br />

2


2 Methodisches Vorgehen<br />

■ Kostensteigerungen: Als Kostensteigerungen im S<strong>in</strong>ne von Artikel 269a Buchstabe b des OR gelten<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Erhöhungen <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>se, <strong>der</strong> Gebühren, Objektsteuern, Baurechtsz<strong>in</strong>se, Ver-<br />

sicherungsprämien sowie Erhöhungen <strong>der</strong> Unterhaltskosten (VMWG Art. 12).<br />

■ Verän<strong>der</strong>ung des Hypothkarz<strong>in</strong>ses: E<strong>in</strong>e Hypothekarz<strong>in</strong>serhöhung von e<strong>in</strong>em Viertel Prozent be-<br />

rechtigt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zu e<strong>in</strong>er Mietz<strong>in</strong>serhöhung von höchstens 2 Prozent bei Hypothekarz<strong>in</strong>ssätzen<br />

von mehr als 6 Prozent, von höchstens 2,5 Prozent bei Hypothekarz<strong>in</strong>ssätzen zwischen 5 <strong>und</strong> 6 Pro-<br />

zent <strong>und</strong> von höchstens 3 Prozent bei Hypothekarz<strong>in</strong>ssätzen von weniger 5 Prozent;<br />

■ Bei Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen s<strong>in</strong>d die Mietz<strong>in</strong>se entsprechend herabzusetzen o<strong>der</strong> die E<strong>in</strong>sparun-<br />

gen mit <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>getretenen Kostensteigerungen zu verrechnen (VMWG Art. 13).<br />

■ Mehrleistungen <strong>der</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen: Als Mehrleistungen im S<strong>in</strong>ne von Artikel 269a Buchstabe b OR<br />

gelten Investitionen für wertvermehrende Verbesserungen, die Vergrösserung <strong>der</strong> Mietsache sowie<br />

zusätzliche Nebenleistungen. Die Kosten umfassen<strong>der</strong> Überholungen gelten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zu 50 Pro-<br />

zent bis 70 Prozent als wertvermehrende Investitionen (VMWG Art. 14 Abs. 1).<br />

■ Unterhaltskosten: Die Nettomieten dürfen sich jährlich pauschal um 0,75 Prozent erhöhen, um die<br />

gestiegenen Unterhaltskosten abzudecken. 4 Im Kanton Zürich beträgt dieser Satz 1,0 Prozent, im<br />

Kanton Basel-Land 0,5 Prozent. Für diese Usanz <strong>der</strong> Schlichtungsbehörden f<strong>in</strong>det sich we<strong>der</strong> im OR<br />

noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> VMWG e<strong>in</strong>e entsprechende Gr<strong>und</strong>lage. Im Streitfalle werden diese Pauschalen nicht ak-<br />

zeptiert. Es wird angenommen, dass die entsprechenden Erhöhung e<strong>in</strong>mal jährlich auf den 1. April<br />

bzw. auf den 1. Mai vorgenommen werden können.<br />

■ Inflation: Nach Artikel 16 VMWG darf <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>s zur Kaufkraftsicherung des risikotragenden Ei-<br />

genkapitals zu höchstens 40 Prozent dem Anstieg <strong>der</strong> Konsumentenpreise angepasst werden. Die<br />

Verz<strong>in</strong>sung des Eigenkapitals darf jedoch höchstens 0,5 Prozent über dem Z<strong>in</strong>ssatz für I. Hypotheken<br />

(Kantonalbanken, alt) liegen. Es wird angenommen, dass zweimal im Jahr die bis 3 Monate vor dem<br />

ordentlichen Term<strong>in</strong> aufgelaufende Inflation überwälzt werden kann.<br />

Nicht alle <strong>in</strong> Artikel 269a OR genannten Gründe s<strong>in</strong>d präzis quantifizierbar. Über die Orts- <strong>und</strong> Quar-<br />

tierüblichkeit wurde bereits gesprochen. Weiter ist es schwierig, die Effekte <strong>der</strong> wertvermehrenden<br />

Investitionen zu berechnen (vgl. dazu den folgenden Unterabschnitt). Artikel 12 VMWG präzisiert Arti-<br />

kel 269a lit. b OR <strong>und</strong> nennt als weitere Gründe für Kostensteigerungen auch die Erhöhung von Ge-<br />

bühren, Objektsteuern Baurechtsz<strong>in</strong>se <strong>und</strong> Versicherungsprämien. Diese Faktoren können <strong>in</strong> <strong>der</strong> vor-<br />

liegenden Analyse nicht berücksichtigt werden, da e<strong>in</strong>e diesbezügliche Datenbeschaffung sehr auf-<br />

wendig wäre.<br />

Wertvermehrende Investitionen durch die Vermieter/<strong>in</strong>nen<br />

Wüest & Partner (1995, 76) haben bezüglich des Ausmasses von wertvermehrenden Investitionen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen erarbeitet: "Aus langfristiger Optik kann das m<strong>in</strong>imale Investitionsvolumen für den bau-<br />

technischen Unterhalt <strong>der</strong> Bausubstanz - je nach Gebäudenutzung - auf durchschnittlich 1,5 bis 2,5<br />

Prozent des Gebäudeversicherungswertes beziffert werden. Dieser Wert entspricht e<strong>in</strong>er standardge-<br />

mässen Unterhalts- <strong>und</strong> Erneuerungstätigkeit, welche die langfristigen Erhaltung <strong>der</strong> Funktionstüch-<br />

tigkeit des Gebäudebestandes sicherzustellen vermag. Im gesamtschweizerischen Durchschnitt wur-<br />

de dieser Sollwert-Bereich <strong>in</strong> den letzten 15 Jahren lediglich zweimal erreicht, nämlich 1988 <strong>und</strong><br />

1989." Diese Schil<strong>der</strong>ung trifft nach Wüest & Partner (1995, 81) <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die Mehrfamilien-<br />

häuser zu. Diese Aussagen bedeuten natürlich nicht, dass es zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober<br />

1999 ke<strong>in</strong>e Fälle mit substantiellen Mehrleistungen, die auch zu nicht-missbräuchlichen Mietz<strong>in</strong>serhö-<br />

4 Quelle: Mieter/<strong>in</strong>nenverband <strong>der</strong> Schweiz.<br />

3


2 Methodisches Vorgehen<br />

hungen führen können, gegeben hat. Im Durchschnitt spielen aber die Mehrleistungen ke<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Daher können wir sie im vorliegenden Studienrahmen unberücksichtigt lassen.<br />

Unvollständige Mietz<strong>in</strong>sanpassung<br />

Machen die Vermieter/<strong>in</strong>nen die ihnen zustehenden Mietz<strong>in</strong>sanpassungen nicht vollständig geltend,<br />

so haben sie diesen Vorbehalt <strong>in</strong> Franken o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Prozent des Mietz<strong>in</strong>ses festzulegen (VMWG Art.<br />

18). Solche Vorbehalte werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis oft im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Inflationsentwicklung fest-<br />

gehalten <strong>und</strong> im Falle e<strong>in</strong>er Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkung geltend gemacht. Für die <strong>in</strong> dieser Studie ange-<br />

wandte Methodik ist die Frage wichtig, wie gross zu Beg<strong>in</strong>n des Untersuchungszeitraums 1990 die<br />

gemachten Vorbehalte waren. Solche Vorbehalte hätten allenfalls bei s<strong>in</strong>kenden Hypothekarz<strong>in</strong>sen<br />

geltend gemacht werden können.<br />

Es existieren ke<strong>in</strong>erlei Datengr<strong>und</strong>lagen, um das Ausmass <strong>der</strong> Vorbehalte abzuschätzen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

wird ihre Bedeutung durch die Rechtsprechung relativiert. Demnach wird die «relative Methode», nach<br />

<strong>der</strong> lediglich die Verän<strong>der</strong>ungen seit Vertragsabschluss bzw. seit <strong>der</strong> letzten Mietz<strong>in</strong>sanpassung auf-<br />

rechenbar s<strong>in</strong>d, angewandt. Zudem ist zu erwarten, dass die damals existierenden Vorbehalte bereits<br />

bei <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkung im Herbst 1988 geltend gemacht worden s<strong>in</strong>d.<br />

Überwälzung <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>se<br />

Art. 26 Abs. 2 VMWG legt fest, dass Mietz<strong>in</strong>se, die vor dem 1. Juli 1990 auf e<strong>in</strong>em Hypo-<br />

thekarz<strong>in</strong>sstand von weniger als 6 Prozent basierten, auch später für jedes Viertelprozent, das unter<br />

diesem Stand lag, um 3,5 Prozent erhöht werden konnten. Dies wurde entsprechend berücksichtigt.<br />

Der Anstieg <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>se, solange sie vor dem 1. Juli 1990 unter 6 Prozent lagen, schlug stär-<br />

ker auf die <strong>Mieten</strong> durch als die Reduktion um die Jahreswende 1993/1994. Letztere wurde nach dem<br />

neuen Mietrecht, welches tiefere Überwälzungssätze festlegt, berechnet. Ob dies juristisch korrekt ist,<br />

kann zur Zeit nicht beantwortet werden. Es gibt auch Me<strong>in</strong>ungen, die davon ausgehen, dass auch die<br />

Reduktion entsprechend nach den alten Sätzen hätte vorgenommen werden sollen. Mit dem gewähl-<br />

ten Vorgehen überschätzen wir daher die aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren<br />

erwartete Mietz<strong>in</strong>sentwicklung.<br />

Jüngst wurde e<strong>in</strong> neues B<strong>und</strong>esgerichtsurteil (BGE 120 II 240) veröffentlicht, welches besagt, dass<br />

e<strong>in</strong>e Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkung nur dann weitergegeben werden muss, wenn <strong>der</strong> Mietertrag (nach <strong>der</strong><br />

absoluten Methode) missbräuchlich ist. Bisher wurde bei Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen nur die relative<br />

Methode angewendet. Diese besagt, dass nur die Verän<strong>der</strong>ungen seit <strong>der</strong> letzten Anpassung für For-<br />

<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Mieter/<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen relevant s<strong>in</strong>d. Welche praktischen Auswirkungen<br />

das Urteil hat, ist <strong>der</strong>zeit noch unklar.<br />

Mietpreis<strong>in</strong>dex<br />

Basis des Mietpreis<strong>in</strong>dexes bilden die Nettomieten nach Abzug aller Nebenkosten. Die Methodik <strong>der</strong><br />

Mietpreis<strong>in</strong>dex-Bestimmung wurde 1993 im Zuge <strong>der</strong> Revision des Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumenten-<br />

preise geän<strong>der</strong>t. Die Revision diente <strong>der</strong> Beseitigung verschiedener Mängel <strong>der</strong> alten Erhebungsart,<br />

die zwischen 1977 <strong>und</strong> 1993 Gültigkeit hatte. Die hauptsächlichsten Mängel <strong>und</strong> Schwachpunkte wa-<br />

ren (vgl. BFS 1993 <strong>und</strong> BIGA 1985):<br />

■ die Repräsentativität <strong>der</strong> erfassten Wohnungen <strong>und</strong> die laufende Erneuerung <strong>der</strong> Auswahl;<br />

■ <strong>der</strong> formale Ansatz zur Berechnung des Mietpreis<strong>in</strong>dexes, dem es an methodischer Klarheit <strong>und</strong><br />

Transparenz für die Indexanwen<strong>der</strong>Innen mangelt;<br />

4


2 Methodisches Vorgehen<br />

■ die Methode für den E<strong>in</strong>bezug neu erstellter Wohnungen, die schon wie<strong>der</strong>holt angezweifelt worden<br />

ist;<br />

■ die Beurteilung <strong>und</strong> die methodische Behandlung von Qualitätsunterschieden beim E<strong>in</strong>bezug neu<br />

erstellter o<strong>der</strong> renovierter Wohnungen;<br />

■ die Abgrenzung <strong>der</strong> Bauperioden <strong>und</strong> die Zuordnung <strong>der</strong> Wohnungen nach dem Baujahr <strong>der</strong> Ge-<br />

bäude;<br />

■ <strong>der</strong> Erhebungsumfang, das Erhebungssystem <strong>und</strong> <strong>der</strong> daraus resultierende Erhebungsaufwand für<br />

die mitarbeitenden Geme<strong>in</strong>den;<br />

■ <strong>der</strong> halbjährliche Erhebungsrhythmus, die die kurzfristige Mietpreisentwicklung nicht abzubilden<br />

vermag.<br />

Seit 1993 werden e<strong>in</strong>erseits vierteljährliche Erhebungen, an<strong>der</strong>erseits im Abstand von mehreren Jah-<br />

ren e<strong>in</strong>e grosse, strukturell differenzierte Erhebung durchgeführt. Letztere wurde erstmals 1996<br />

durchgeführt. Für die vorliegende Arbeit <strong>und</strong> den festgelegten Untersuchungshorizont von 1990 bis<br />

1999 müssen wir daher mit e<strong>in</strong>em Miet<strong>in</strong>dex rechnen, <strong>der</strong> methodisch wesentliche Verän<strong>der</strong>ungen<br />

erfuhr. Es ergibt sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e folgende Modifikation:<br />

Bis 1993 <strong>und</strong> erst wie<strong>der</strong> ab 1996 wurde <strong>der</strong> Mietpreis<strong>in</strong>dex differenziert ausgewiesen nach dem Alter<br />

<strong>der</strong> Wohnungen. Berücksichtigt werden aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Spaltung des Wohnungsmarktes <strong>in</strong> Neu- <strong>und</strong><br />

Altwohnungsmarkt lediglich die Indizes <strong>der</strong> alten <strong>und</strong> neuen Wohnungen. Für die Periode 1993 bis<br />

1996 werden die entsprechenden Indizes mit <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Entwicklung aller Wohnungen fortge-<br />

schrieben, da auch hier die detaillierteren Angaben fehlen. Weiter ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass die<br />

Stichprobe <strong>der</strong> «alten» Indexerhebung we<strong>der</strong> für die Schweiz noch für e<strong>in</strong>zelne Kantone repräsentativ<br />

war.<br />

Behandlung von Qualitätsverän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wohnungen im Mietpreis<strong>in</strong>dex<br />

Die Qualität <strong>der</strong> Wohnungen ist e<strong>in</strong>er ständigen Verän<strong>der</strong>ung unterworfen. E<strong>in</strong>erseits nimmt sie <strong>in</strong><br />

Folge rasch fortschreiten<strong>der</strong> Alterung ab, an<strong>der</strong>erseits wird sie durch Renovationen, Um- <strong>und</strong> Neu-<br />

bauten verbessert. Die Entwicklung <strong>der</strong> «re<strong>in</strong>en» Preise ist demzufolge sehr schwer messbar. Die<br />

direkt aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>sen berechneten Verän<strong>der</strong>ungsraten be<strong>in</strong>halten immer e<strong>in</strong>e gewisse (posi-<br />

tive o<strong>der</strong> negative) Qualitätskomponente.<br />

Um diesem Problem zu begegnen, wird bei <strong>der</strong> Konstruktion des Mietpreis<strong>in</strong>dex davon ausgegangen,<br />

dass die beobachteten <strong>und</strong> anschliessend mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verglichenen <strong>Mieten</strong> nicht die <strong>der</strong> gleichen,<br />

son<strong>der</strong>n von qualitativ vergleichbaren Wohnungen se<strong>in</strong> müssen (vgl. dazu BFS 1993, 65). Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d möglichst homogene Untergruppen mit e<strong>in</strong>er im Zeitablauf unverän<strong>der</strong>ten Altersstruktur zu<br />

bilden. Durch diesen Ansatz, <strong>der</strong> auch den ständigen E<strong>in</strong>bezug von neu erstellten Wohnungen vor-<br />

sieht, werden Qualitätsverm<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> -verbesserungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> homogenen Untergruppen<br />

(Wohnungen gleicher Art <strong>und</strong> gleichen Alters) weitgehend kompensiert.<br />

Die Bildung von Altersklassen hat zur Folge, dass jedes Jahr e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Wohnungen von e<strong>in</strong>er Kate-<br />

gorie zur an<strong>der</strong>en verschoben wird. Diese Verschiebung wird nicht nur bei altersbed<strong>in</strong>gten Qualitäts-<br />

m<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wohnungen vorgenommen, son<strong>der</strong>n - <strong>in</strong> umgekehrter Richtung - ebenso bei Quali-<br />

tätsverbesserungen durch Renovationen. Diese Verschiebungen können theoretisch zu Beg<strong>in</strong>n des<br />

Jahres (Erhebungszeitpunkt Februar) zu Verän<strong>der</strong>ungen des Mietpreis<strong>in</strong>dexes führen, ohne dass sich<br />

die beobachteten Mietz<strong>in</strong>se faktisch geän<strong>der</strong>t hätten.<br />

5


3 Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

Berechnung des Umverteilungsvolumens<br />

Letztlich können wir für die Periode von 1989 bis 1999 <strong>in</strong> Prozent angeben, um wieviel die <strong>Mieten</strong> zu<br />

stark o<strong>der</strong> zu wenig gestiegen s<strong>in</strong>d. Diese Prozentzahl kann aber nicht e<strong>in</strong>fach auf die Gesamtsumme<br />

<strong>der</strong> bezahlten <strong>Mieten</strong> umgelegt werden. Dies zeigt folgendes Beispiel: Würden <strong>in</strong> <strong>der</strong> untersuchten<br />

Periode die <strong>Mieten</strong> überdurchschnittlich steigen <strong>und</strong> dann zu Ende <strong>der</strong> Periode auf das «erwartete»<br />

Niveau abs<strong>in</strong>ken, ergäbe sich bei e<strong>in</strong>er vergleichenden Indexbetrachtung am Ende <strong>der</strong> Periode ke<strong>in</strong><br />

Umverteilungsvolumen. E<strong>in</strong> solches ist aber durch die überproportionale Steigerung <strong>der</strong> <strong>Mieten</strong> von<br />

den Mieter/<strong>in</strong>nen zu den Vermieter/<strong>in</strong>nen entstanden. Die Umverteilung muss daher von Jahr zu Jahr<br />

analysiert werden. Dabei wird für jedes Jahr berechnet, um wieviel die <strong>Mieten</strong> hätten steigen «dürfen»<br />

<strong>und</strong> um wieviel sie tatsächlich gestiegen s<strong>in</strong>d. Die entsprechende Differenz wird auf die Gesamtsum-<br />

me <strong>der</strong> bezahlten <strong>Mieten</strong> <strong>in</strong> dieser Periode umgelegt. Die Anzahl <strong>der</strong> Mietwohnungen wird konstant<br />

gehalten. Die Daten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berechnung des Umverteilungsvolumen werden nicht <strong>in</strong>flationskorrigiert.<br />

3 Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

In diesem Kapitel werden die Datengr<strong>und</strong>lagen, auf die im Rahmen <strong>der</strong> Berechnungen <strong>in</strong> den näch-<br />

sten beiden Kapiteln zurückgegriffen wird, dargestellt.<br />

Hypothekarz<strong>in</strong>se<br />

Für die schweizerische Entwicklung werden die Hypothekarz<strong>in</strong>se <strong>der</strong> Zürcher Kantonalbank unter-<br />

stellt. Dies ist notwendig, weil es für die Schweiz nicht ausreicht, die durchschnittlichen Hypothekar-<br />

z<strong>in</strong>se pro Monat anzunehmen. Notwendig ist e<strong>in</strong> konkretes Anpassungsmuster. Gr<strong>und</strong>lage bilden die<br />

Z<strong>in</strong>ssätze <strong>der</strong> Kantonalbanken für erste alte Wohnbauhypotheken. Abbildung 4 zeigt die Verände-<br />

rungen des Kantons Zürich. Deutlich werden die zwei Phasen <strong>der</strong> Entwicklung: Zwischen 1989 <strong>und</strong><br />

Herbst 1993 kam es zu e<strong>in</strong>em starken Anstieg um 1,5 Prozentpunkte. Seither ist <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>s<br />

drastisch bis auf 3.75 Prozent gesunken. Auf den 1. Februar 2000 ist e<strong>in</strong>e Erhöhung auf 4.00 Prozent<br />

angekündigt.<br />

Ebenfalls abgebildet wird <strong>der</strong> über 5 Jahre geglättete Hypothekarz<strong>in</strong>s. Er wird für die Überlegungen <strong>in</strong><br />

Kapitel 5 wichtig se<strong>in</strong>. Im Gegensatz zum ungeglätteten Z<strong>in</strong>s steigt er <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrachteten Periode<br />

«nur» von 5,36 Prozent auf maximal 6,31 Prozent. Im Oktober 1999 lag er bei 4,90 Prozent.<br />

Abbildung 4: Verlauf des Hypothekarz<strong>in</strong>ses im Kanton Zürich zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Februar<br />

2000<br />

6


3 Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

Hy<br />

pot<br />

he<br />

kar<br />

z<strong>in</strong><br />

s<br />

7.50<br />

7.00<br />

6.50<br />

6.00<br />

5.50<br />

5.00<br />

4.50<br />

4.00<br />

3.50<br />

Quelle: SNB<br />

1989, 1990, 9 1990, 21990,<br />

7 1991, 121991,<br />

5 1992, 10 1992, 3 1993, 8 1993, 11993,<br />

6 1994, 11 1994, 4 1995, 9 1995, 21995,<br />

7 1996, 121996,<br />

5 1997, 10 1997, 3 1998, 8 1998, 11998,<br />

6 1999, 11 1999, 4 2000, 9 2<br />

Kanton Zürich Über 5 Jahre geglätteter Z<strong>in</strong>s - Schweiz<br />

7


3 Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

Tabelle 1: Anpassung <strong>der</strong> <strong>Mieten</strong> an die <strong>Hypothekarz<strong>in</strong>sentwicklung</strong> im Kanton Zürich 1989 bis 1999<br />

Hypothekarz<strong>in</strong>s- Datum <strong>der</strong> Auswirkungen Rechtliche Term<strong>in</strong> <strong>der</strong> Mietverän<strong>der</strong>ung<br />

Än<strong>der</strong>ung auf die <strong>Mieten</strong> Gr<strong>und</strong>lage z<strong>in</strong>sanpassung<br />

Von 5,00 auf 5,50% 1.6.1989 + 7.0 Prozent Altes Mietrecht 1.10.1989<br />

Von 5,50 auf 5,75% 1.10.1989 + 3.5 Prozent Altes Mietrecht 1.4.1990<br />

Von 5,75 auf 6,25% 1.4.1990 + 5.5 Prozent Altes (+3,5%) <strong>und</strong><br />

neues (+2%)<br />

Mietrecht<br />

1.10.1990<br />

Von 6,25 auf 6,75% 1.11.1990 + 4.0 Prozent Neues Mietrecht 1.4.1991<br />

Von 6,75 auf 7,00% 1.8.1992 + 2.0 Prozent Neues Mietrecht 1.4.1993<br />

Von 7,00 auf 6,50% 1.8.1993<br />

Von 6,50 auf 6,00% 1.10.1993<br />

- 7.41 Prozent* Neues Mietrecht 1.4.1994<br />

Von 6,00 auf 5,50% 1.3.1994 - 4.76 Prozent Neues Mietrecht 1.10.1994<br />

Von 5,50 auf 5,25% 1.1.1996 -2.44 Prozent Neues Mietrecht 1.4.1996<br />

Von 5,25 auf 5,00% 1.4.1996 -2.44 Prozent Neues Mietrecht 1.10.1996<br />

Von 5,00 auf 4,75% 1.1.1997 -2.91 Prozent Neues Mietrecht 1.4.1997<br />

Von 4,75 auf 4,50% 1.6.1997 -2.91 Prozent Neues Mietrecht 1.10.1997<br />

Von 4,50 auf 4,25% 1.10.1997 -2.91 Prozent Neues Mietrecht 1.4.1998<br />

Von 4,25 auf 4,00% 1.5.1998 - 2.91 Prozent Neues Mietrecht 1.10.1998<br />

Von 4.00 auf 3.75% 1.8.1999 - 2.91 Prozent Neues Mietrecht 1.10.1999<br />

Von 3.75 auf 4.00% 1.2.2000 + 3.00 Prozent Neues Mietrecht 1.10.2000<br />

(*) Die Senkung um 7,41 Prozent entspricht e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen Erhöhung des Hypothekarz<strong>in</strong>ses von 6 auf 7 Prozent<br />

(8prozentige Erhöhung) <strong>und</strong> folgt <strong>der</strong> richterlichen Praxis. Tatsächlich ist die Erhöhung aber <strong>in</strong> drei Schritten <strong>und</strong> um 8,2 Prozent<br />

vorgenommen worden. Die nach Artikel 13 Abs. 1 VMWG korrekte Senkung wäre demnach nicht «nur» 7,41 Prozent,<br />

son<strong>der</strong>n 7,58 Prozent. Die richterliche Praxis ist demzufolge zugunsten <strong>der</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen.<br />

Quelle: Artikel 13 Abs. 1 VMWG <strong>und</strong> eigene Berechungen<br />

Bezüglich <strong>der</strong> Auswirkungen <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ung auf die <strong>Mieten</strong> wurden von Annahmen,<br />

welche <strong>in</strong> Tabelle 1 dargelegt s<strong>in</strong>d, ausgegangen.<br />

Inflation<br />

Die Inflationsentwicklung zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999 wird <strong>in</strong> Abbildung 5 aufgr<strong>und</strong><br />

des Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise (nach BFS 1998 <strong>und</strong> seco 1999) dokumentiert. Abbildung 5<br />

zeigt e<strong>in</strong>e deutliche <strong>und</strong> kont<strong>in</strong>uierliche Abnahme <strong>der</strong> jährlichen Inflationsraten seit 1990.<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se nach dem Miet<strong>in</strong>dex<br />

Für die Schweiz wird auf BFSb (verschiedene Jahre) abgestellt (vgl. Abbildung 6). Deutlich wird <strong>der</strong><br />

starke Anstieg <strong>der</strong> <strong>Mieten</strong> seit 1989: für die Schweiz <strong>in</strong>sgesamt 33,0 Prozent 5 . Auffallend ist weiter <strong>der</strong><br />

Trendbruch 1993. Seither stagnieren die Mietz<strong>in</strong>se bzw. stiegen seit Herbst 1994 wie<strong>der</strong> leicht an.<br />

5 Hier wurden aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Spaltung des Wohnungsmarktes nur die alten <strong>und</strong> neuen Wohnungen, die aber 99,6 Prozent des<br />

Wohnungsbestandes ausmachen, berücksichtigt.<br />

8


3 Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

Abbildung 5: Inflationsentwicklung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999<br />

Inflationsrate<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Abbildung 6: Die Mietz<strong>in</strong>sentwicklung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999<br />

Index, Oktober 1989 = 100<br />

6.0%<br />

5.0%<br />

4.0%<br />

3.0%<br />

2.0%<br />

1.0%<br />

0.0%<br />

135<br />

130<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

5.0%<br />

5.5%<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

4.9%<br />

3.5%<br />

2.0%<br />

1.0%<br />

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

1989 II1990 I<br />

1990 II1991 I<br />

1991 II1992 I<br />

1992 II1993 I<br />

1993 II1994 I<br />

1994 II1995 I<br />

1995 II1996 I<br />

1996 II1997 I<br />

1997 II1998 I<br />

1998 II1999 I<br />

1999 II<br />

1.6%<br />

0.8%<br />

0.1%<br />

Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise<br />

0.0%<br />

1.2%<br />

133<br />

125<br />

9


3 Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

Durchschnittliche Mietz<strong>in</strong>se<br />

Im November 1996 wurde erstmals e<strong>in</strong>e Mietpreis-Strukturerhebung durchgeführt. Der durchschnittli-<br />

che Wohnungspreis betrug dabei gesamtschweizerisch 1'036 Franken. Dieser Durchschnittspreis<br />

kann mit Hilfe <strong>der</strong> Mietpreis<strong>in</strong>dices vor- <strong>und</strong> zurückgeschrieben werden. Abbildung 7 illustriert die<br />

Entwicklung zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999: 6<br />

Abbildung 7: Entwicklung <strong>der</strong> Durchsschnittsmieten pro Wohnung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz zwischen Oktober<br />

1989 <strong>und</strong> Oktober 1999<br />

durchschnittlicher Mietz<strong>in</strong>s pro Monat<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

1989 II1990 I<br />

1990 II1991 I<br />

1991 II1992 I<br />

1992 II1993 I<br />

1993 II1994 I<br />

1994 II1995 I<br />

1995 II1996 I<br />

1996 II1997 I<br />

1997 II1998 I<br />

1998 II1999 I<br />

1999 II<br />

Quelle: Eigene Berechnungen aufgr<strong>und</strong> von Daten des B<strong>und</strong>esamtes für Statistik<br />

Anzahl Mietwohnungen<br />

Hier wird auf die Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungserhebung 1990, publiziert <strong>in</strong> BFSa (1995, 218), zurückge-<br />

griffen. Berücksichtigt werden nur Wohnungen, die von Mieter/<strong>in</strong>nen bewohnt, werden. Genossen-<br />

schafts- <strong>und</strong> Eigentumswohnungen s<strong>in</strong>d ausgeschlossen. 1990 wurden <strong>in</strong>sgesamt 1'758'928 Woh-<br />

nungen bewohnt.<br />

6 In früheren Studien musste <strong>der</strong> Wert e<strong>in</strong>er Durchschnittswohnung sehr viel aufwendiger berechnet werden. Bis 1993 wur-<br />

den - nach Zimmerzahl unterschieden - durchschnittliche Mietpreise für alte, neue <strong>und</strong> neuste Wohnungen ausgewiesen. Wir<br />

nahmen damals zur Berechnung e<strong>in</strong>es schweizerischen Durchschnittspreises zwei Gewichtungen vor: (1) mit <strong>der</strong> Anzahl Woh-<br />

nungen (alle Typen) nach Zimmerzahl aus <strong>der</strong> Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungserhebung 1990, (2) mit <strong>der</strong> Verteilung auf alte, neue<br />

<strong>und</strong> neuste Wohnungen, die jeweils zusammen mit dem Miet<strong>in</strong>dex publiziert wurden. Für die Zeit von 1993 bis (<strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten<br />

Studie) August 1996 schrieben wir die durchschnittliche Miete mit dem Mietpreis<strong>in</strong>dex fort.<br />

10


4 Ergebnisse im Rahmen des geltenden Mietrechts<br />

4 Ergebnisse im Rahmen des geltenden Mietrechts<br />

4.1 Entwicklung <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se<br />

Im Oktober 1999 stand <strong>der</strong> schweizerische Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex, berechnet auf <strong>der</strong> Basis aller Woh-<br />

nungstypen zusammen, auf 133,0 Punkten (Basis Oktober 1989 = 100) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong><br />

Konsumentenpreise auf 125,4 Punkten (Basis Oktober 1989 = 100). 7 Die Mietz<strong>in</strong>se s<strong>in</strong>d demnach <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die Preise für an<strong>der</strong>e Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen.<br />

Wie stark hätten die <strong>Mieten</strong> gemäss den drei wichtigsten <strong>und</strong> im Mietrecht präzisierten Kostenfaktoren<br />

steigen sollen (vgl. zu den methodischen H<strong>in</strong>tergründen Kapitel 2)? Drei Gründe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dem betrach-<br />

teten Untersuchungszeitraum relevant: die (1) Hypothekarz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen, (2) die Inflation <strong>und</strong> (3)<br />

die Erhöhung <strong>der</strong> Unterhaltskosten. Abbildung 8 zeigt, <strong>in</strong> welchem Ausmass die e<strong>in</strong>zelnen Ursachen<br />

<strong>in</strong> den verschiedenen Jahren zu Mietz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen hätten Anlass geben sollen. Abbildung 8<br />

verdeutlicht verschiedene Aspekte:<br />

Abbildung 8: Ausmass <strong>der</strong> nach Mietrecht zu erwartenden Mietz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen zwischen Oktober<br />

1989 <strong>und</strong> Oktober 1999<br />

Quelle: Eigene Berechnungen<br />

■ Die Hypothekarz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen dom<strong>in</strong>ieren <strong>in</strong>sgesamt die erwartete Entwicklung <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>se;<br />

■ Erwarteten Mieterhöhungen <strong>in</strong> den Jahren 1989 bis 1993 steht e<strong>in</strong>e starke Reduktion 1994, ausge-<br />

löst durch die rasche Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkung von 7,0 auf 5,5 Prozent, entgegen. Seit 1996 hätte auf-<br />

gr<strong>und</strong> weiterer Senkungen <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>se weitere Mietz<strong>in</strong>ssenkungen erwartet werden können.<br />

7<br />

Verän<strong>der</strong>ung des Mietz<strong>in</strong>s nach wichtigen<br />

Kostenfaktoren des Mietrechts<br />

10%<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

0%<br />

-2%<br />

-4%<br />

-6%<br />

-8%<br />

-10%<br />

1990 I<br />

1990 II1991 I<br />

1991 II1992 I<br />

1992 II1993 I<br />

1993 II1994 I<br />

1994 II1995 I<br />

1995 II1996 I<br />

1996 II1997 I<br />

1997 II1998 I<br />

1998 II1999 I<br />

1999 II<br />

Zur Überwälzung war im Oktober 1999 nur <strong>der</strong> Stand des Landes<strong>in</strong>dex vom Juli zugelassen. Vgl. für die methodischen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Berechnungen Kapitel 2.<br />

Hypothekarz<strong>in</strong>sverän<strong>der</strong>ungen Inflation Unterhaltskosten Saldo<br />

11


4 Ergebnisse im Rahmen des geltenden Mietrechts<br />

■ Die Inflation, die über den betrachteten Zeitraum <strong>in</strong>sgesamt leicht abnimmt, <strong>und</strong> die Unterhaltsko-<br />

sten spielen e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle.<br />

Wie hätte sich <strong>der</strong> Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex gemäss diesen drei Ursachen demnach entwickeln sollen? Dies zeigt<br />

Abbildung 9. Verschiedene Phasen s<strong>in</strong>d zu unterscheiden:<br />

■ Bis Frühjahr 1992 hätten die effektiven <strong>Mieten</strong> stärker steigen können als sie es tatsächlich ge-<br />

macht haben.<br />

■ Im Herbst 1992 <strong>und</strong> im Frühjahr 1993 lag <strong>der</strong> effektive Miet<strong>in</strong>dexstand über dem nach <strong>der</strong> relativen<br />

Methode erwarteten.<br />

■ Nachdem <strong>der</strong> erwartete Index im Herbst 1993 noch e<strong>in</strong>mal leicht über dem effektiven kletterte, sank<br />

er <strong>und</strong> liegt seither deutlich darunter. Die Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen, die sich stark auf den Verlauf<br />

des «erwarteten» Mietz<strong>in</strong>ses auswirken, sche<strong>in</strong>en auf den effektiven Verlauf kaum e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss ge-<br />

habt zu haben.<br />

Abbildung 9: Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise, effektiver Mietpreis<strong>in</strong>dex <strong>und</strong> erwarteter<br />

Mietpreis<strong>in</strong>dex aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong> Oktober 1999<br />

Index, Oktober 1989 = 100<br />

135<br />

130<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

1989 II1990 I<br />

1990 II1991 I<br />

1991 II1992 I<br />

1992 II1993 I<br />

1993 II1994 I<br />

1994 II1995 I<br />

1995 II1996 I<br />

1996 II1997 I<br />

1997 II1998 I<br />

1998 II1999 I<br />

1999 II<br />

Quelle: Eigene Berechnungen<br />

Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise<br />

Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex nach B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Erwarteter Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren (heutiges Mietrecht)<br />

Insgesamt führte die Entwicklung über die zehn Jahre zu e<strong>in</strong>em Miet<strong>in</strong>dexstand, <strong>der</strong> 34,1 Pro-<br />

zentpunkte höher ist als er aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> drei wichtigsten Kostenfaktoren, die im Mietrecht bzw. durch<br />

die Rechtssprechung präzisiert s<strong>in</strong>d, hätte erwartet werden können. Dies bedeutet auch, dass die<br />

<strong>Mieten</strong> weniger stark hätten steigen sollen als <strong>der</strong> Landes<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise. Von Ungern-<br />

Sternberg (1998) weist zu Recht darauf h<strong>in</strong>, dass dieses Ergebnis erstaunlich <strong>und</strong> ökonomisch kaum<br />

s<strong>in</strong>nvoll ist. Der Gr<strong>und</strong> liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konstruktion des Mietrechts: Die Inflation kann nur zu 40 Prozent<br />

überwälzt werden, dafür hat die Anpassung an den Hypothekarz<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>e überragende Bedeutung. Im<br />

«Hypothekarz<strong>in</strong>sabschwung», wie wir ihn bis Ende 1999 erleben haben, kann dies dazu führen, dass<br />

<strong>der</strong> Miet<strong>in</strong>dex unter den Landes<strong>in</strong>dex s<strong>in</strong>ken «sollte». Ökonomische Überlegungen legen aber nahe,<br />

99<br />

133<br />

125<br />

12


4 Ergebnisse im Rahmen des geltenden Mietrechts<br />

dass sich die Wohnungen preislich m<strong>in</strong>destens so wie alle an<strong>der</strong>en Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen ver-<br />

teuern. Wir f<strong>in</strong>den hier also e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e unglückliche Konstruktion des Mietrechts.<br />

4.2 Ausmass <strong>der</strong> Umverteilung<br />

Der letzte Abschnitt hat gezeigt, dass die effektiven <strong>Mieten</strong> im Vergleich zu den erwarteten zwischen<br />

1989 <strong>und</strong> 1999 <strong>in</strong>sgesamt stärker gestiegen s<strong>in</strong>d. An<strong>der</strong>s gesagt bedeutet dies, dass die Mieter/<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> dieser Zeit mehr Miete, als hätte erwartet werden können, bezahlt haben. Um wieviel Geld handelt<br />

es sich dabei? 8<br />

Die im vorangegangenen Abschnitt erwähnten Phasen <strong>der</strong> Entwicklung zwischen effektivem <strong>und</strong> er-<br />

wartetem Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex wi<strong>der</strong>spiegeln sich auch im Ausmass <strong>der</strong> Umverteilung. Bis Herbst 1992 hät-<br />

ten die Vermieter/<strong>in</strong>nen die <strong>Mieten</strong> um <strong>in</strong>sgesamt 896 Millionen Franken stärker anheben können als<br />

sie dies effektiv taten. Demgegenüber hätten <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Jahren Mietsenkungen im Ausmass von<br />

19,7 Milliarden Franken vorgenommen werden sollen. So ergab sich <strong>in</strong> den zehn Jahren <strong>in</strong>sgesamt<br />

e<strong>in</strong>e Umverteilung von Mieter/<strong>in</strong>nen zu Vermieter/<strong>in</strong>nen von 18,8 Milliarden Franken. O<strong>der</strong> <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Worten: Die Umverteilung betrug zwischen Mieter/<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen pro Durchschnittswoh-<br />

nung für die untersuchte Periode 10'711 Franken o<strong>der</strong> pro Wohnung <strong>und</strong> Monat 89 Franken.<br />

Abbildung 10: Umverteilung zwischen Mieter/<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen zwischen Oktober 1989 <strong>und</strong><br />

Oktober 1999<br />

Quelle: Eigene Berechnungen<br />

8<br />

Millionen Franken<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

-1000<br />

-226<br />

-554<br />

-116<br />

Vgl. für die methodischen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Berechnungen Kapitel 2.<br />

88<br />

1144<br />

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

2268<br />

2767<br />

3678<br />

4593<br />

5198<br />

13


5 Ergebnisse bei an<strong>der</strong>en Ausgestaltungen des Mietrechts<br />

5 Ergebnisse bei an<strong>der</strong>en Ausgestaltungen des Mietrechts<br />

Zur Zeit stehen vor allem zwei Modifikationen des Mietrechtes zur Diskussion:<br />

■ Der Schweizerische Mieter<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> <strong>Mieterverband</strong> schlägt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Initiative «Ja zu fairen Mie-<br />

ten» vor, e<strong>in</strong>en über 5 Jahre geglätteten Hypothekarz<strong>in</strong>s zu verwenden.<br />

■ Der B<strong>und</strong>esrat lehnt die Initiative ab. In se<strong>in</strong>em Gegenvorschlag sieht er vor, dass die <strong>Mieten</strong> im<br />

Ausmass von 80 Prozent <strong>der</strong> Inflation steigen sollen.<br />

Abbildung 11 zeigt die Auswirkungen aller Modelle, wenn sie bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Periode von 1989 bis<br />

1999 gegolten hätten. Der höchste Indexstand ist <strong>der</strong>jenige, welcher sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> beobachteten Periode<br />

tatsächlich ergeben hat. Der tiefste Stand entspricht dem erwarteten Miet<strong>in</strong>dex, wenn die wichtigsten<br />

Kostenfaktoren nach dem heutigen Recht berücksichtigt worden wären. Die an<strong>der</strong>en Entwicklungen<br />

liegen dazwischen. Der Miet<strong>in</strong>dex, welcher sich mit dem geglätteten Hypothekarz<strong>in</strong>s ergeben hätte,<br />

lag bis zwischen 1993 <strong>und</strong> 1998 über demjenigen, welcher sich mit dem Modell des B<strong>und</strong>esrates er-<br />

rechnen lässt. Seit e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahren würde er darunter liegen. Erwartungsgemäss führt das Modell<br />

des B<strong>und</strong>esrates zur stetigsten Entwicklung: Der Miet<strong>in</strong>dex hätte bis 1994 stark <strong>und</strong> dann nur noch <strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>en Schritten zugenommen.<br />

Abbildung 11: Die Auswirkungen alternativer Ausgestaltungen des Mietrechts<br />

Index, Oktober 1989 = 100<br />

135<br />

130<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

1989 II1990 1990 I II1991 1991 I II1992 1992 I II1993 1993 I II1994 1994 I II1995 1995 I II1996 1996 I II1997 1997 I II1998 1998 I II1999 1999 I II<br />

Quelle: BFS, Eigene Berechnungen<br />

6 Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

Miet<strong>in</strong>dex nach B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Erwarteter Mietz<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dex aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wichtigsten Kostenfaktoren (heutiges Recht)<br />

Erwarteter Miet<strong>in</strong>dex mit geglättetem Hypothkarz<strong>in</strong>s ("Ja zu fairen <strong>Mieten</strong>")<br />

Erwarteter Miet<strong>in</strong>dex nach Modell B<strong>und</strong>esrat<br />

Das Hauptergebnis <strong>der</strong> Studie, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz e<strong>in</strong>e Umverteilung von den Mieter/<strong>in</strong>nen zu den<br />

Vermieter/<strong>in</strong>nen stattgef<strong>und</strong>en haben, muss <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht diskutiert werden:<br />

14


6 Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

Die zur Verfügung stehenden Datengr<strong>und</strong>lagen weisen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e folgende Schwierigkeit auf: Die<br />

Methodik <strong>der</strong> Miet<strong>in</strong>dexerhebung än<strong>der</strong>te im Frühjahr 1993. Die Repräsentativität des Miet<strong>in</strong>dexes ist<br />

vor 1993 we<strong>der</strong> für die Schweiz noch für e<strong>in</strong>zelne Kantone gegeben. Seit 1993 ist <strong>der</strong> vierteljährlich<br />

erhobene Index für die Schweiz repräsentativ. Die genannte Schwierigkeit relativiert die Präzision <strong>der</strong><br />

Ergebnisse, nicht aber die gr<strong>und</strong>sätzlichen Aussagen.<br />

Überwälzungen auf den Mietz<strong>in</strong>s<br />

Die Studie basiert auf <strong>der</strong> bisher üblichen Berechnung nach <strong>der</strong> relativen Methode. E<strong>in</strong> neueres Bun-<br />

desgerichtsurteil for<strong>der</strong>t neu für Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen zusätzlich die absolute Methode. Ob dies<br />

allerd<strong>in</strong>gs praktikabel ist, ist heute noch unklar. Ermessensspielräume bei <strong>der</strong> Überwälzung von Ko-<br />

stensteigerungen (beispielsweise bei den allgeme<strong>in</strong>en Unkosten o<strong>der</strong> den Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen)<br />

wurden zugunsten <strong>der</strong> Vermieter/<strong>in</strong>nen ausgelegt.<br />

Unvollständige Mietz<strong>in</strong>sanpassung<br />

Machen die Vermieter/<strong>in</strong>nen die ihnen zustehenden Mietz<strong>in</strong>sanpassungen nicht vollständig geltend,<br />

so haben sie diesen Vorbehalt <strong>in</strong> Franken o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Prozent des Mietz<strong>in</strong>ses festzulegen. Für die <strong>in</strong> die-<br />

ser Studie angewandten Methodik ist die Frage wichtig, wie gross zu Beg<strong>in</strong>n des Untersuchungszeit-<br />

raums 1989 die gemachten Vorbehalte waren. Solche Vorbehalte hätten allenfalls bei s<strong>in</strong>kenden Hy-<br />

pothekarz<strong>in</strong>sen geltend gemacht werden können. Lei<strong>der</strong> existieren ke<strong>in</strong>erlei Datengr<strong>und</strong>lagen, um das<br />

Ausmass <strong>der</strong> Vorbehalte abzuschätzen. Allerd<strong>in</strong>gs wird ihre Bedeutung durch die Rechtsprechung<br />

relativiert. Demnach wird die «relative Methode», nach <strong>der</strong> lediglich die Verän<strong>der</strong>ungen seit Vertrags-<br />

abschluss bzw. seit <strong>der</strong> letzten Mietz<strong>in</strong>sanpassung aufrechenbar s<strong>in</strong>d, angewandt. Zudem ist zu er-<br />

warten, dass die damals existierenden Vorbehalte bereits bei <strong>der</strong> Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkung im Herbst<br />

1988 geltend gemacht worden s<strong>in</strong>d.<br />

Zusätzliche Gründe für Kostensteigerungen<br />

Artikel 12 VMWG präzisiert Artikel 269a lit. b OR <strong>und</strong> nennt als weitere Gründe für Kosten-<br />

steigerungen, die an die Mieter/<strong>in</strong>nen weitergegeben werden können, nebst den Hypothekarz<strong>in</strong>sen<br />

<strong>und</strong> den Unterhaltskosten auch die Erhöhung von Gebühren, Objektsteuern Baurechtsz<strong>in</strong>se <strong>und</strong> Ver-<br />

sicherungsprämien. Diese Faktoren konnten <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorliegenden Analyse nicht berücksichtigt werden,<br />

da e<strong>in</strong> diesbezügliche Datenbeschaffung sehr aufwendig wäre. Daher s<strong>in</strong>d die vorgenommen Schät-<br />

zungen als Obergrenzen zu verstehen.<br />

Elemente <strong>der</strong> Marktmiete<br />

Das geltende Recht sieht <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e zwei Elemente <strong>der</strong> Marktmiete vor: (1) die <strong>Mieten</strong> können an<br />

die Quartier- <strong>und</strong> Ortsüblichkeit angepasst werden. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rechtsprechung, die diesen Erhö-<br />

hungsgr<strong>und</strong> für dieselbe Wohnung nur alle sechs Jahre zulässt, <strong>und</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung des MieterIn-<br />

nenverbandes sollte diese Komponente <strong>in</strong> den letzten Jahren nicht allzu gewichtig gewesen se<strong>in</strong>.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs kann <strong>der</strong> quantitative E<strong>in</strong>fluss nicht abgeschätzt werden. Daher s<strong>in</strong>d die vorgenommen<br />

Schätzungen als Obergrenzen zu verstehen. (2) Der/die MieterIn muss e<strong>in</strong>e vermutete Missbräuch-<br />

lichkeit des Mietz<strong>in</strong>ses e<strong>in</strong>klagen. Klagt er/sie nicht, so ist die Miete rechtmässig. Daher kann nicht<br />

geschlossen werden, dass die <strong>Mieten</strong>, obschon höher als «erwartet», <strong>in</strong>sgesamt unrechtmässig er-<br />

höht worden s<strong>in</strong>d.<br />

15


7 Literaturverzeichnis<br />

Relative Verteuerung <strong>der</strong> Wohnungen<br />

In den letzten Jahrzehnten wurden Boden <strong>und</strong> Wohnungen aus verschiedenen Gründen teurer. Nicht<br />

zuletzt spielten dabei die wachsenden Raumbedürfnisse bei e<strong>in</strong>em nur langsam wachsenden Angebot<br />

e<strong>in</strong>e Rolle. Dies weist darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>e raschere Zunahme des Miet<strong>in</strong>dex im Vergleich zum Lan-<br />

des<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise auch diese relative Verteuerung <strong>der</strong> <strong>Mieten</strong> wi<strong>der</strong>spiegeln könnte.<br />

Die vorliegende Arbeit äussert sich nicht gr<strong>und</strong>sätzlich darüber, ob die beobachtete Entwicklung <strong>der</strong><br />

<strong>Mieten</strong> «richtig» o<strong>der</strong> «falsch» gewesen ist. E<strong>in</strong>ziger Bezugspunkt ist das geltenden Mietrecht <strong>und</strong> die<br />

dar<strong>in</strong> verankerten Möglichkeiten, die <strong>Mieten</strong> anzupassen.<br />

Fazit<br />

Trotz <strong>der</strong> Relativierungen bleibt die Hauptaussage <strong>der</strong> Studie erhalten: Die <strong>Mieten</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten<br />

zehn Jahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz stärker gestiegen als aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kostenentwicklung bei den drei wich-<br />

tigsten Kostenfaktoren hätte erwartet werden können. Hauptsächlich verantwortlich dafür waren die<br />

Hypothekarz<strong>in</strong>ssenkungen - e<strong>in</strong>erseits zwischen Herbst 1993 <strong>und</strong> Frühjahr 1994 <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits seit<br />

1996. Die vorgenommen Berechnungen des Ausmasses <strong>der</strong> Umverteilung verstehen sich aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Datenlage <strong>und</strong> <strong>der</strong> Marktelemente im Mietrecht als Obergrenzen.<br />

7 Literaturverzeichnis<br />

Bauer Rita (1992): Die Hypothekarz<strong>in</strong>serhöhungen 1989 bis 1991 <strong>und</strong> die Wohnkosten. Arbeitsbe-<br />

richte Wohnungswesen Heft Nr. 25.<br />

BFS (1993): Die Revision des Landes<strong>in</strong>dexes <strong>der</strong> Konsumentenpreise, Konzept für e<strong>in</strong>en neuen Lan-<br />

des<strong>in</strong>dex, Bern, 55 - 70.<br />

BFS (1998): Mietpreis-Strukturerhebung 1996. Detailergebnisse. Bern.<br />

BFSa (1995): Statistisches Jahrbuch <strong>der</strong> Schweiz. NZZ-Verlag.<br />

BFSb: Mietpreiserhebung, 1990 bis 1993.<br />

BIGA (1985): Die Neuberechnung des Landes<strong>in</strong>dexes <strong>der</strong> Konsumentenpreise auf <strong>der</strong> Basis Dezem-<br />

ber 1982 = 100, Son<strong>der</strong>heft Nr. 97 <strong>der</strong> Volkswirtschaft, 19 -28.<br />

B<strong>und</strong>esamt für Wohnungswesen (1993): Bericht <strong>der</strong> Studienkommission Marktmiete. Arbeitsberichte<br />

Wohnungswesen, Heft Nr. 28.<br />

Créa, CVI <strong>und</strong> SVR (1999): Analyse Economique de l‘ Evolution des Loyers: Eléments en Faveur d‘<br />

une Libéralisation du Marché du Logement.<br />

Pelli, Cathr<strong>in</strong> (1988): Entwicklung des Hypothekarz<strong>in</strong>ssatzes <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mietpreise <strong>in</strong> Zürich zwischen<br />

1982 <strong>und</strong> 1987, Statistische Nachrichten Zürich.<br />

Pelli, Cathr<strong>in</strong> (1994): Züricher Städte<strong>in</strong>dex <strong>der</strong> Konsumentenpreise, Hauptmerkmale <strong>der</strong> Revision vom<br />

Mai 1993, Zürcher Statistische Nachrichten, Bericht 6.<br />

seco Staatssekretariat für Wirtschaft (verschiedene Jahrgänge): Die Volkswirtschaft, Das Magaz<strong>in</strong> für<br />

Wirtschaftspolitik.<br />

SNB (verschiedene Jahrgänge): Monatsbericht, Tabelle D3.<br />

Von Ungern-Sternberg, Thomas (1998): Ökonomische Gr<strong>und</strong>lagen für e<strong>in</strong> vernünftiges Mieterschutz-<br />

gesetz. Diskussionpapier Universität Lausanne.<br />

Wüest & Partner (1995): Monitor<strong>in</strong>g 1995, Bau- <strong>und</strong> Immobilienmarkt Schweiz.<br />

16

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