Material zur Unterrichtsgestaltung - Museen in Köln
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nicht an!<br />
Ursula und Attila – E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertheaterstück<br />
E<strong>in</strong> Stück des MUT Theaters, Hamburg <strong>in</strong> Kooperation mit dem Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Mit freundlicher Unterstützung von:<br />
<strong>Material</strong> <strong>zur</strong><br />
<strong>Unterrichtsgestaltung</strong><br />
E<strong>in</strong> Museum der
St. Cäcilien mit dem<br />
Anbau von Karl Band, 1956<br />
und dem Neubau 2010<br />
MUSEUM<br />
Schrill und farbenfroh, gewalttätig, hoffnungslos romantisch und Gott ergeben,<br />
geschäftstüchtig und dabei tief erfüllt von e<strong>in</strong>er Sehnsucht nach <strong>in</strong>nerer E<strong>in</strong>kehr<br />
und Ruhe. Das Mittelalter ist nicht vorbei, es ist unter uns! Im neuen<br />
Museum Schnütgen entfaltet sich die ganze Pracht des Mittelalters. In meisterlichen<br />
Kunstwerken aus acht Jahrhunderten spiegeln sich Spiritualität<br />
und Religiosität dieser facettenreichen Zeit genauso wie das Leben der Menschen<br />
und der Alltag <strong>in</strong> <strong>Köln</strong>, zu der Zeit e<strong>in</strong>e der mächtigen Städte Europas.<br />
Die Sammlung Schnütgen beheimatet bedeutendste Kunstwerke von <strong>in</strong>ternationalem<br />
Rang. Die kostbaren Arbeiten aus Bronze, Gold und Elfenbe<strong>in</strong>, die<br />
fe<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong>- und Holz- Skulpturen, detailreichen Handschriften, Textilien und<br />
Glasmalereien erzählen spannende Geschichten - nicht alle<strong>in</strong> über den Inhalt<br />
der Darstellung, ihre Bedeutung und Nutzung, sondern oft auch über die Auftraggeber<br />
und die Herkunft der Werke. Damals wie heute ist die Kunst e<strong>in</strong><br />
Schlüssel zum Verständnis von Welt und Dase<strong>in</strong>. Viele Meisterwerke dieser<br />
fremd gewordenen Zeit s<strong>in</strong>d erhalten und damit auch e<strong>in</strong> Teil unserer Gegenwart.<br />
Das neue Museum Schnütgen führt die Besucher <strong>in</strong> diese Vergangenheit,<br />
<strong>in</strong> das Lebensgefühl des Mittelalters und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Welt zeitlos schöner Kunst.<br />
Es ist se<strong>in</strong> Verdienst, dass wir heute diesen Schätzen begegnen:<br />
Alexander Schnütgen, Priester, Domkapitular und Sammler<br />
2<br />
Alexander Schnütgen<br />
Marmorbüste von Ferd<strong>in</strong>and Seeboeck,<br />
1910/11<br />
THEATER<br />
Das Theaterstück „Ursula und Attila“ überträgt die Legende der Heiligen<br />
Ursula <strong>in</strong> die heutige Zeit. Mit Dialogen, die sich sprachlich am Lebensgefühl<br />
junger Menschen orientieren, werden mittelalterliche und heutige Lebensbilder<br />
mite<strong>in</strong>ander verknüpft. Die mittelalterlichen Kunstwerke des Museums geben <strong>in</strong><br />
diesem Fall die Impulse für das Theaterspiel. Die kostbaren Reliquienbüsten und<br />
die fe<strong>in</strong> gearbeiteten Glas- und Goldschmiedearbeiten der Sammlung werden<br />
auf der Bühne lebendig.<br />
Die spannenden Dialoge zeigen verschiedene Szenen aus dem Leben der Heiligen:<br />
unter welchen Umständen sie ihre Heimat verlässt, wie es ihr auf ihrer Reise<br />
ergeht und was passiert, als sie mit ihren Begleiter<strong>in</strong>nen nach <strong>Köln</strong> kommt.<br />
Die experimentelle Regiearbeit macht aus Klängen, farbigen Kostümen und tänzerischer<br />
Bewegung e<strong>in</strong> Theaterstück, welches die Legende der Stadtpatron<strong>in</strong><br />
mit der Erfahrungswelt <strong>Köln</strong>er K<strong>in</strong>der und Jugendlicher verb<strong>in</strong>den wird. Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler e<strong>in</strong>er Partnerklasse spielen zusammen mit Profi-Schauspielern<br />
und führen die Zuschauer <strong>in</strong> das Geschehen e<strong>in</strong>. Auch die Musik wird im<br />
Wechsel zwischen mittelalterlichen und modernen Klängen die Atmosphäre des<br />
Theaterstückes unterstützen.<br />
E<strong>in</strong>lEiTUng
DiAlog<br />
Mit e<strong>in</strong>er ungewöhnlichen Inszenierung der mittelalterlichen Heiligenlegende<br />
bietet das Theaterstück „Ursula und Attila“ zahlreiche Aspekte, die e<strong>in</strong>en<br />
Besuch mit der Schulklasse lohnen.<br />
Vor allem der Blick auf zentrale Punkte der Integrationsfrage, die den Bildungsauftrag<br />
tangieren, bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für den schulischen<br />
Unterricht: wie geht man mit unterschiedlichen Religionsangehörigkeiten um,<br />
welches Konfliktpotential verbirgt sich <strong>in</strong> den unterschiedlichen Auffassungen der<br />
Rolle der Frau und nicht zuletzt, auf welche Weise betreibt man Gewaltprävention.<br />
Das Stück richtet sich an Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler ab Klasse 3. Sie s<strong>in</strong>d<br />
Zuschauer und werden über die modernen Elemente des Theaterspiels e<strong>in</strong>bezogen.<br />
Die lebendige Spielweise des Ensembles regt Fragen an und lädt <strong>zur</strong> Me<strong>in</strong>ungsbildung<br />
e<strong>in</strong>. Mit den <strong>Material</strong>ien <strong>zur</strong> <strong>Unterrichtsgestaltung</strong> möchten wir<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern e<strong>in</strong>ige Anregungen geben, wie der Besuch des Theaterstückes<br />
vor- oder auch nachbereitet werden kann.<br />
Neben gezielten H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen bietet das <strong>Material</strong> die Möglichkeit,<br />
e<strong>in</strong>zelne Themenschwerpunkte näher zu beleuchten, die im Theaterstück aus<br />
der Legende fokussiert wurden: Schönheit, Partnerwahl, Jungfräulichkeit,<br />
Gewalt, Zivilcourage und Reisen früher/heute.<br />
Auf e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teressanten Dialog freuen wir uns sehr!<br />
H<strong>in</strong>weise zum <strong>Material</strong>heft<br />
Da die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler das Stück möglichst aktiv verfolgen sollen, ist<br />
e<strong>in</strong>e Vorbereitung auf den Theater-Museumsbesuch s<strong>in</strong>nvoll. Wir haben <strong>in</strong> diesem<br />
<strong>Material</strong>heft zu jedem der Themenschwerpunkte Anregungen für den Unterricht<br />
zusammengestellt. Die Themenschwerpunkte s<strong>in</strong>d Elemente der Theater<strong>in</strong>szenierung,<br />
die mal mehr, mal weniger deutlich herausgearbeitet werden.<br />
Welchen Schwerpunkt Sie dann mit Ihrer Klasse näher beleuchten möchten,<br />
bleibt ganz Ihnen überlassen. Unter dem Stichwort „Diskussion“ f<strong>in</strong>den Sie Fragen,<br />
die im Anschluss an die Aufführung diskutiert werden können. E<strong>in</strong>e Variante<br />
wäre, dass e<strong>in</strong>zelne Fra gen von e<strong>in</strong>zelnen Gruppen als Leitmotiv für die Beobachtung<br />
des Stückes ver teilt werden. Anschließend bespricht jede Gruppe, wie<br />
sie die Frage beantworten würde und stellt dies den anderen vor.<br />
Mit den „Vorschlägen für den Unterricht“ haben wir unterschiedliche Übungen<br />
und Spiele gesammelt, die man als Vorbereitung aber auch als Nachbereitung<br />
des Stückes nutzen kann. Auf den letzten Seiten f<strong>in</strong>den Sie e<strong>in</strong>ige Kopiervorla gen<br />
und ausführlichere Beschreibungen von theaterpädagogischen und anderen Methoden.<br />
Der didaktisch-methodische Kommentar führt den jeweiligen Themenschwer<br />
punkt e<strong>in</strong> und liefert die Verb<strong>in</strong>dung zum Stück bzw. zu dem Thema der<br />
Heili genlegende.<br />
3<br />
E<strong>in</strong>lEiTUng
„URSUlA UnD ATTilA“<br />
Die Besetzung<br />
Heilige Ursula Mareike Marx<br />
Ätherius Leonardo Arivelo<br />
Hunnenkönig Attila Olaf Dennhoven<br />
Erzähler<strong>in</strong> Dom<strong>in</strong>ique Christ<strong>in</strong>e Fürst<br />
Wächter Serhat Durucan<br />
Idee und Realisation Dagmar Täube<br />
Regie, Choreografie und Text Mahmut Canbay<br />
Regieassistenz Edyta von Oertzen-Groszewski<br />
Theaterpädagogische Assistenz Myriam Chebabi<br />
Museumspädagogik Anke von Heyl<br />
Öffentlichkeitsarbeit Kerst<strong>in</strong> Ziehe<br />
Partnerklasse Klasse 7c des Albertus Magnus Gymnasiums,<br />
unter der Leitung von Roland Eschner<br />
Licht und Tontechnik Deniz Manis<br />
Fachberatung Niklas Gliesmann, Birgit Franke,<br />
Matthias Hamann, Kar<strong>in</strong> Rottmann<br />
Aufführungsterm<strong>in</strong>e<br />
Premiere: Mittwoch, 8.12. 2010, 15.00 Uhr<br />
Aufführungen:<br />
2010 Dienstag, 14.12.2010, 15.00 Uhr und 19.00 Uhr<br />
Mittwoch, 15.12.2010, 15.00 Uhr<br />
Dienstag, 21.12.2010, 15.00 Uhr<br />
Mittwoch, 22.12.2010, 15.00 Uhr<br />
2011 Dienstag, 18.01.2011, 15.00 Uhr<br />
Mittwoch, 19.01.2011, 15.00 Uhr<br />
Dienstag, 25.01.2011, 15.00 Uhr<br />
Mittwoch, 26.01.2011, 15.00 Uhr<br />
E<strong>in</strong>tritt: Erwachsene 5 € (ermäßigt 2 €)<br />
Informationen und Anmeldung zu den Aufführungen<br />
E-Mail: avh@kultureventbuero.de<br />
oder 02234 4300937<br />
Jeweils um 14.30 Uhr (Abendveranstaltung um 18.30 Uhr) Kurzführung<br />
durch das Museum Schnütgen.<br />
E<strong>in</strong>e Zusammenarbeit zwischen dem MUT Theater, Hamburg, dem Museum<br />
Schnütgen und Pro Arte Medii Aevi – Freunde des Museum Schnütgen e.V.<br />
4<br />
THEATER
HEiligEnlEgEnDE AlS THEATER<br />
Inhalt des Theaterstückes<br />
Schon seit Tagen hatten Ursula und ihr Vater ke<strong>in</strong>e Nahrung mehr zu sich<br />
genommen. Sie waren verzweifelt: E<strong>in</strong> mächtiger Heidenkönig wollte Ursula<br />
mit se<strong>in</strong>em Sohn Ätherius verheiraten und hatte ihrem Vater e<strong>in</strong>en furchtbaren<br />
Krieg angedroht, sollte er die Bitte um ihre Hand ablehnen. Die heilige Ursula<br />
wollte aber als Christ<strong>in</strong> lieber Jungfrau bleiben und sich ganz auf ihren Glauben<br />
konzentrieren. E<strong>in</strong>e Ablehnung bedeutete Gefahr für die ganze Familie.<br />
Da sprach nachts im Traum e<strong>in</strong> Engel zu Ursula, und am nächsten Morgen verkündete<br />
sie ihrem Vater, was zu tun war. Sie würde Ätherius heiraten, aber erst<br />
<strong>in</strong> drei Jahren. In dieser Zeit sollte er Christ werden und sich taufen lassen. Sie<br />
aber gehe unterdessen auf e<strong>in</strong>e weite Pilgerfahrt nach Rom und wolle sich von<br />
zehn edlen Jungfrauen und ihrem Gefolge begleiten lassen. Auf ihrem Weg nach<br />
Rom, kamen Ursula und ihre Begleiter<strong>in</strong>nen durch <strong>Köln</strong>. Hier erschien ihr wieder<br />
e<strong>in</strong> Engel, der ihr verkündete, dass sie und ihre Gefährt<strong>in</strong>nen auf ihrer Rückreise<br />
von Rom <strong>in</strong> <strong>Köln</strong> das Martyrium erleiden werde, das ewige Leben ihr aber sicher<br />
sei.<br />
Ätherius, des langen Wartens müde und von bed<strong>in</strong>gungsloser Bewunderung für<br />
Ursula ergriffen, reiste ihr nach <strong>Köln</strong> entgegen. Hunnenkönig Attila, der selbst<br />
ernannte König über alle Könige und Herrscher über das Abendland, belagerte<br />
<strong>Köln</strong> und se<strong>in</strong>e Mordlust war riesengroß. Je näher Ursula und ihre Freund<strong>in</strong>nen<br />
ihrem Ziel kamen, umso lauter riefen Bewohner von beiden Ufern des Rhe<strong>in</strong>s ihnen<br />
Warnungen zu. Aber es war bereits zu spät. Attila und se<strong>in</strong> Gefolge erspähten<br />
bereits die Jungfrauenschar, die <strong>in</strong>zwischen mächtig angewachsen war. Sie überfielen<br />
die friedfertigen Pilger<strong>in</strong>nen und töteten alle bis auf Ursula. Als der Hunnenkönig<br />
die strahlend schöne Ursula erblickte, gebot er der Schlächterei E<strong>in</strong>halt<br />
und bat sie um ihre Hand. Doch Ursula verweigerte ihm diesen Wunsch. Erst<br />
wolle sie Gott angehören und sich dann mit Ätherius vere<strong>in</strong>en, lautete die Antwort.<br />
Wütend tötete der Hunnenkönig sie mit e<strong>in</strong>em Pfeil. Als die Seele der letzten<br />
Märtyrer<strong>in</strong> ihren Körper verließ, zuckten grelle Blitze am Himmel, die sich zu<br />
bedrohlichen Zeichen des Grauens formierten. In Panik verließen die erschrockenen<br />
Hunnen das Schlachtfeld. <strong>Köln</strong> war gerettet und Ursula und ihren Gefährt<strong>in</strong>nen<br />
war e<strong>in</strong> Platz im Paradies sicher.-<br />
Das Theater kommt <strong>in</strong> die Schule<br />
– Die Schule kommt <strong>in</strong>s Museum!<br />
5<br />
THEATER
DiSKUSSion<br />
Fragenkatalog um das Gesehene noch e<strong>in</strong>mal mit den<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern zu reflektieren.<br />
Wo spielt das Stück?<br />
Worum geht es <strong>in</strong> dem Stück?<br />
Was passiert mit Ursula am Ende?<br />
Gibt es e<strong>in</strong>e Stelle im Stück,<br />
die Dir besonders gefallen hat?<br />
Gibt es e<strong>in</strong>e Stelle im Stück,<br />
die Dir gar nicht gefallen hat?<br />
Wer ist der Star des Stückes?<br />
Was ist der Höhepunkt der Spielhandlung?<br />
Gibt es etwas <strong>in</strong> der Handlung,<br />
das Euch zum Nachdenken anregt?<br />
Welche E<strong>in</strong>stellung habt Ihr nach dem Stück <strong>zur</strong><br />
Heiligen Ursula, der Stadtpatron<strong>in</strong> von <strong>Köln</strong>?<br />
6<br />
Hättest Du Lust, noch e<strong>in</strong>mal mit De<strong>in</strong>en<br />
Freunden und De<strong>in</strong>er Familie <strong>in</strong>s Museum<br />
auf Entdeckungstour zu gehen?<br />
THEATER
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
SzEnE 3<br />
Ursula und Ätherius im Garten<br />
Ich b<strong>in</strong> der König, aber e<strong>in</strong>e so schöne Frau wie dich habe ich noch nie gesehen.<br />
Diese Augen. Sie s<strong>in</strong>d schöner als die schönsten Blumen.<br />
Entschuldigung me<strong>in</strong> Herr, s<strong>in</strong>d wir uns schon e<strong>in</strong> Mal begegnet?<br />
Ich durfte Sie gestern für e<strong>in</strong>en kurzen Moment sehen und habe heute Nacht<br />
von Ihnen geträumt. Es war fast so als ständen Sie mir gegenüber, aber es<br />
war doch nur e<strong>in</strong> Traum, der aber heute real werden kann. Ich sehe Sie heute,<br />
ich kann Sie fühlen. Sie s<strong>in</strong>d mir so nah.<br />
Entschuldigung me<strong>in</strong> Herr, ich kenne Sie gar nicht und ...<br />
Wir können uns doch…, wir haben ja Zeit, der Garten bietet uns alle Möglichkeiten,<br />
uns kennenzulernen.<br />
Wissen Sie, me<strong>in</strong>e Blumen brauchen sehr viel Pflege damit sie so toll aussehen<br />
und das beansprucht sehr viel Zeit und Arbeit. Ich werde also e<strong>in</strong>e Weile<br />
beschäftigt se<strong>in</strong>.<br />
Wir haben diesen Tag und die Nacht, wir müssen uns nicht beeilen. Aber ich<br />
möchte Sie wiedersehen, es darf nicht die letzte Begegnung gewesen se<strong>in</strong>.<br />
Me<strong>in</strong> Herr, was genau wollen Sie mir damit sagen?<br />
Ich b<strong>in</strong> verrückt nach Ihnen. Ich möchte, dass Sie hier bleiben, bei mir bleiben.<br />
Wie können Sie verrückt nach mir se<strong>in</strong>, wo wir uns doch erst das erste Mal begegnen<br />
und uns gar nicht kennen.<br />
Ich fühle es e<strong>in</strong>fach. Wir s<strong>in</strong>d füre<strong>in</strong>ander bestimmt.<br />
Tja…, ich muss Sie enttäuschen, aber dieses Gefühl habe ich nicht.<br />
Das wird noch kommen.<br />
Wie soll das Gefühl kommen, wenn ich daran ke<strong>in</strong> Interesse habe.<br />
Warum sollten Sie an e<strong>in</strong>er Ehe mit mir ke<strong>in</strong> Interesse haben? Ich b<strong>in</strong> der<br />
Königssohn, ich habe Macht, ich würde diese Macht auch mit Ihnen teilen. Was<br />
könnte es Schöneres für sie geben?<br />
Für mich gibt es Schöneres als Macht und Reichtum. Ich habe e<strong>in</strong>en eigenen<br />
Kopf, ich kann selber denken, ich muss nicht geführt werden, ich b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />
K<strong>in</strong>d.<br />
Sie reden groß, sie gebrauchen große Worte, aber Sie wissen, glaube ich, gar<br />
nicht, was Sie sagen.<br />
Ich habe genaue Vorstellungen davon, wie me<strong>in</strong> Leben verlaufen soll.<br />
7<br />
THEATER
Vorschläge für<br />
den Unterricht<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Ursula<br />
Ätherius<br />
Sie können hier <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Garten, <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Schloss, Ihre volle Freiheit<br />
haben. Sie können die Blumen pflegen, aber Sie gehören zu mir. Sie haben<br />
ke<strong>in</strong>e Ahnung, Sie wissen doch nichts vom Leben, was Leben heißt, was<br />
Sicherheit heißt, das alles kann ich Ihnen bieten<br />
Vielleicht möchte ich gar ke<strong>in</strong>e Sicherheit, was bedeutet schon Reichtum<br />
und Macht und Gold.<br />
Sie werden noch umkommen, Sie müssen geschützt werden.<br />
Ich werde geschützt<br />
Durch wen? Wer schützt sie?<br />
Gott<br />
Gott?<br />
Ja, Gott<br />
Gott kann Sie nicht schützen.<br />
Er lacht und geht weg.<br />
Spielt diese Szene mit verteilten Rollen nach.<br />
Wie würden Ursula und der Königssohn heute reden?<br />
Welche Komplimente würde e<strong>in</strong> moderner Ätherius machen?<br />
Und e<strong>in</strong>e Ursula von heute? Welche Antworten könnte sie<br />
geben?<br />
8<br />
THEATER
Da sie nun die andern<br />
alle erwürgt hatten und an<br />
Sanct Ursula kamen, da<br />
sah der Fürst der Hunnen<br />
ihre große Schönheit an,<br />
und verwunderte sich<br />
Legenda aurea<br />
ScHönHEiT<br />
Die heilige Ursula aktuell<br />
Auch wenn Schönheit angeblich im Auge des Betrachters liegt: wir schätzen<br />
andere Menschen ständig nach ihrem Aussehen e<strong>in</strong>! Das war schon immer<br />
so und jede Zeit hatte ihre eigenen Schönheitsideale. Die Geschichte beleuchtet<br />
mit der Frage nach dem Schönheitsideal auch die Kultur e<strong>in</strong>er Epoche<br />
und deren Bewertung von Körper und Antlitz stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zusammenhang<br />
mit den moralischen Wertvorstellungen und Geschlechterrollen<br />
der jeweiligen Zeit. Die äußere Schönheit wurde auch als Ausdruck <strong>in</strong>nerer<br />
Vollkommenheit verstanden. Allzu offensichtliche Prunksucht galt beispielsweise<br />
im Mittelalter als unschicklich.<br />
Man mag darüber diskutieren, ob es e<strong>in</strong>e mathematisch messbare, absolute<br />
Schönheit gibt, oder ob diese eher e<strong>in</strong> Zeitphänomen ist; fest steht, dass wir<br />
heute <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit leben, <strong>in</strong> der besonders viel von der Bewertung der Äußerlichkeit<br />
abhängt.<br />
Das Zeitalter der omnipräsenten Medien, die mit manipulierten Bildern die<br />
Standards vorgeben, bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Jugend. Heute<br />
wird der Begriff Schönheit sehr stark von der äußeren Ersche<strong>in</strong>ung, der körperlichen<br />
Vollkommenheit geprägt. Schönheitsoperationen sche<strong>in</strong>en<br />
<strong>zur</strong> Selbstverständlichkeit geworden zu se<strong>in</strong>.<br />
Aus dem Textbuch<br />
Attila: Du bist e<strong>in</strong>fach der Hammer!<br />
Ursula: Mach mich nicht an …<br />
SCHÖNHEITSIDEAL DES MITTELALTERS<br />
Zierliche, mädchenhafte Frauen galten als schön. Sie wirkten mit kle<strong>in</strong>en<br />
Brüsten, abgerundeten Schultern und e<strong>in</strong>em hervorgewölbten Bauch eher zerbrechlich<br />
und bleich. E<strong>in</strong>e hohe Stirn war besonders beliebt und viele Frauen<br />
rasierten sich sogar den Haaransatz, damit sie noch edler und schöner wirkten.<br />
Schon damals half man mit zahlreichen Mittelchen und T<strong>in</strong>kturen nach.<br />
Nur wenige Generationen später - im Barock - galten besonders üppige und<br />
dralle Frauen als schön.<br />
9<br />
ScHönHEiT
Didaktischmethodische<br />
H<strong>in</strong>weise<br />
Diskussion<br />
Vorschläge für<br />
den Unterricht<br />
Die Beschäftigung mit dem Thema „Schönheit“ bewegt sich zwischen der<br />
Frage nach ethischen Richtl<strong>in</strong>ien und den eigenen Erfahrungen der Schüler.<br />
In der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Begriff „Schönheit“ fließt die Frage nach<br />
der Selbstwahrnehmung und der eigenen Identität mit e<strong>in</strong>. Es geht hier auch<br />
um Gefühle und um Vertrauen.<br />
E<strong>in</strong> Ziel der Beschäftigung mit dem Thema sollte das E<strong>in</strong>üben von genauem<br />
Beobachten und das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g der eigenen Wahrnehmung se<strong>in</strong>. Indem die<br />
Schüler sich auf bestimmte Details fokussieren und diese mit ihren eigenen<br />
Wertvorstellungen verb<strong>in</strong>den, arbeiten sie an ihrer Wahrnehmung von Welt.<br />
Der Themenkreis „Schönheit“ schließt auch die Frage nach den spezifischen<br />
Geschlechterrollen e<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>igen Übungen können hier die eigenen Vorstellungen<br />
im H<strong>in</strong>blick auf die gesellschaftlichen Erwartungen überprüft werden.<br />
In der Ursula-Legende spielt die Schönheit der Heiligen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />
Diese weckt Begehrlichkeiten, steht aber auch für e<strong>in</strong>e bestimmte <strong>in</strong>nere<br />
Haltung der Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>, die für die mittelalterlichen Gläubigen e<strong>in</strong>e Vorbildfunktion<br />
hatte. Die zahlreichen Darstellungen der Heiligen Ursula und ihrer<br />
Gefährt<strong>in</strong>nen auf mittelalterlichen Kunstwerken zielen e<strong>in</strong>deutig auch auf die<br />
Darstellung von Liebreiz und Anmut.<br />
Was macht Ursulas Schönheit aus?<br />
Setzt Ursula ihre Schönheit bewusst e<strong>in</strong>?<br />
Wenn Ursula weniger schön, aber genauso tugendhaft und mutig wäre,<br />
würde der Hunnenkönig sie dann auch noch heiraten wollen?<br />
Und Ätherius?<br />
Hätte Ursula e<strong>in</strong>e Chance, Germanys next Topmodel zu werden?<br />
1 | “Schm<strong>in</strong>ken“ und Verzieren e<strong>in</strong>er Malvorlage (im Anhang)<br />
2 | Figuren raten: Dieses Spiel eignet sich auch hervorragend für e<strong>in</strong>en Museumsbesuch,<br />
wo man die vielen Skulpturen für die Beschreibungen nutzen<br />
kann. Aber auch Bilder und Fotos können als Vorlage dienen. In e<strong>in</strong>er ersten<br />
Spielrunde werden von den Schülern möglichst viele äußere Merkmale e<strong>in</strong>er<br />
Figur/Person notiert. Nachdem alle Merkmale notiert wurden, werden diese<br />
dann abwechselnd vorgelesen und die Mitschüler raten aufgrund der Beschreibungen,<br />
um welche Figur es sich handelt.<br />
Die Frage ist hier, wie viele äußere Merkmale reichen, um e<strong>in</strong>e Figur zu<br />
identifizieren.<br />
Varianten: die Figuren werden <strong>in</strong> ihren Haltungen nachgestellt oder es<br />
werden e<strong>in</strong>er Figur bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben.<br />
Wie schwer fällt es, die Figuren zu identifizieren, wenn man nur ihre <strong>in</strong>neren<br />
Werte kennt.<br />
3 | ABC-Listen zum Thema SCHÖNHEIT anfertigen lassen. Die Listen e<strong>in</strong>mal<br />
als freie Assoziation und e<strong>in</strong> anderes Mal als Protokoll (alles notieren, was<br />
schön ist) anfertigen.<br />
10<br />
ScHönHEiT
... er wäre über alles selig,<br />
wann er die Jungfrau se<strong>in</strong>em<br />
e<strong>in</strong>zigen Sohn könnte<br />
zum Weibe geben. Darauf<br />
stund auch des Jüngl<strong>in</strong>gs<br />
Begier. Darum sandten sie<br />
feierlich Boten zu der Jungfrau<br />
Vater, die sollten ihm<br />
schön tun und große D<strong>in</strong>ge<br />
geloben ...<br />
Legenda aurea<br />
LIEBE<br />
mittelhochdeutsch<br />
= Gutes,<br />
Angenehmes,<br />
Wertes<br />
PARTnERwAHl<br />
Die heilige Ursula aktuell<br />
Die Wahl e<strong>in</strong>es geeigneten Partners bewegt sich zwischen evolutionären Prozessen<br />
und sozialpsychologischen Strategien. Die Rollen der Geschlechter<br />
s<strong>in</strong>d je nach Ausprägung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung <strong>in</strong> den<br />
unterschiedlichen Kulturen anders gelagert. Die Frage nach den <strong>in</strong>dividuellen<br />
Wahlmöglichkeiten e<strong>in</strong>es Partners stellt sich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang immer<br />
wieder. Hier haben die verschiedenen Kulturen aber auch frühere Jahrhunderte<br />
jeweils unterschiedliche Modelle, die es im Kontext zu erläutern<br />
gilt. Auch die Bestimmung von K<strong>in</strong>dheit, Jugend und Erwachsenenalter s<strong>in</strong>d<br />
abhängig von dem gesellschaftlichen Umfeld und daran richtet sich die Frage<br />
der Partnerwahl, der Heirat und des K<strong>in</strong>derkriegens aus. Im Mittelalter wurde<br />
häufig aufgrund politischer oder wirtschaftlicher Überlegungen e<strong>in</strong> „Heiratszwang“<br />
ausgeübt. Das galt für mächtige Herrscher aber auch zum Beispiel<br />
für Zunftangehörige. Auch heute f<strong>in</strong>den wir die Zwangsheirat noch <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>igen Kulturen praktiziert.<br />
Aus dem Textbuch<br />
E<strong>in</strong> Jüngl<strong>in</strong>g: Warum b<strong>in</strong> ich nicht als Adliger geboren? Dann könnte ich<br />
Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> Ursula heiraten und mit ihr 12 K<strong>in</strong>der machen!<br />
E<strong>in</strong> anderer Jüngl<strong>in</strong>g: Träum weiter!!!!<br />
MINNE ... hängt etymologisch mit me<strong>in</strong>en zusammen; zugrunde liegt das<br />
<strong>in</strong>dogermanische *men, das ‚denken, im S<strong>in</strong>n haben‘ bedeutet<br />
(vgl. lat. mem<strong>in</strong>i). Das heißt so viel wie: liebendes, freundliches Gedenken.<br />
Im Mittelalter war der Begriff M<strong>in</strong>ne vor allem mit der Vorstellung e<strong>in</strong>es gegenseitigen<br />
ehrenden Andenkens und gesellschaftlicher Verb<strong>in</strong>dung geprägt.<br />
Mit Gesang und kle<strong>in</strong>en Geschenken versicherte man sich der gegenseitigen<br />
Liebe. Jedoch war eher der Weg das Ziel – die Liebe blieb oft unerfüllt und<br />
von ständiger Sehnsucht geprägt. Die formelhafte Brautwerbung mit sogenannten<br />
M<strong>in</strong>ne-Geschenken konnte auch von Gesandten übernommen<br />
werden, so dass sich die Eheleute oft erst bei der Eheschließung zum ersten<br />
Mal sahen. Auch die M<strong>in</strong>ne zu Gott wurde <strong>in</strong> vielen Liedern besungen. In vielen<br />
Heiligenlegenden wird diese M<strong>in</strong>ne höher bewertet als die Liebe zu e<strong>in</strong>em<br />
möglichen irdischen Partner.<br />
11<br />
PARTnERwAHl
Didaktischmethodische<br />
H<strong>in</strong>weise<br />
Diskussion<br />
Vorschläge für<br />
den Unterricht<br />
Die Heilige Ursula sieht sich <strong>in</strong> der Legende mehrfach der Frage gegenüber,<br />
wer ihr zukünftiger Gatte se<strong>in</strong> soll. Wie <strong>in</strong> zahlreichen Märchen, so ist auch <strong>in</strong><br />
dieser Legende das Thema Partnerwahl mit den verschiedenen Lebensentwürfen<br />
verknüpft. Wie sie sich entscheidet und was ihre Kriterien dafür s<strong>in</strong>d,<br />
ist e<strong>in</strong>e Folie für die Frage nach den heutigen Vorstellungen im Zusammenhang<br />
mit der Partnerwahl.<br />
Wodurch wird aus der Sicht der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler heute diese Wahl<br />
bestimmt? Welche Unterschiede gibt es h<strong>in</strong>sichtlich verschiedener Kulturen?<br />
Das Thema spielt im Zusammenhang mit den Fragen nach der eigenen Identität<br />
e<strong>in</strong>e Rolle <strong>in</strong> der Entwicklungspsychologie Jugendlicher. Nach der Entdeckung<br />
des ICH erfolgt die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem DU.<br />
Die Schauspieler des Stückes entwickeln <strong>in</strong> ihren Dialogen auch Fragen zu<br />
Liebe und Partnerwahl. Es geht darum, zu erkennen, dass auch <strong>in</strong> mittelalterlichen<br />
Legenden zeitgemäße Anregungen und Themen für heutige K<strong>in</strong>der<br />
und Jugendliche stehen.<br />
Haben sich Ursula und der bretagnische Königssohn Ätherius<br />
von Anfang an gemocht?<br />
Wenn dir jemand 10 Millionen Euro bieten würde, damit du dich<br />
von de<strong>in</strong>em Freund trennst, würdest du das tun?<br />
Glaubst du, dass Ätherius und Ursula e<strong>in</strong> Traumpaar s<strong>in</strong>d?<br />
Welche Eigenschaften sollte de<strong>in</strong>e Traumfrau/ de<strong>in</strong> Traummann haben?<br />
Liebt Attila Ursula?<br />
Gibt es Liebe auf den ersten Blick?<br />
Warum hatte der Hunnenkönig ke<strong>in</strong>e Chance, Ursula <strong>zur</strong> Frau zu nehmen?<br />
1 | Die Schüler sollen e<strong>in</strong>e Kontaktanzeige für die Heilige<br />
Ursula verfassen. Indem sie diese Perspektive e<strong>in</strong>nehmen,<br />
sammeln sie die positiven Eigenschaften der Heiligen und<br />
versuchen diese sprachlich zu erfassen.<br />
2 | Viele Beispiele der Pop-Musik handeln von der Liebe und<br />
der Partnerwahl. Die Klasse erstellt e<strong>in</strong>e Hitliste der besten<br />
Lovesongs und wählt den Spitzenreiter! Anschließend<br />
wird darüber diskutiert, warum man gerade diesen Song<br />
ausgewählt hat.<br />
3 | Cluster (Anleitung siehe Anhang) anfertigen zu den Begriffen<br />
TREUE, FREMDGEHEN, TRENNUNG<br />
4 | ”Liebe ist ...” Erstellen e<strong>in</strong>er Liste mit möglichst vielen Beispielen.<br />
5 | Kennenlernspiel – e<strong>in</strong>e theaterpädagogische Übung aus<br />
dem Anhang<br />
12<br />
PARTnERwAHl
Die Jungfrau mit E<strong>in</strong>horn,<br />
<strong>Köln</strong> (?), 1475-1500,<br />
Bildwirkerei <strong>in</strong> Wolle, Seide<br />
und Goldlahn, 59x62 cm<br />
Die Legende vom E<strong>in</strong>horn<br />
berichtet davon, dass diese<br />
sich nur e<strong>in</strong>er unschuldigen<br />
Jungfrau zeigen, ihren Kopf <strong>in</strong><br />
deren Schoß legen und e<strong>in</strong>schlafen.<br />
Hier wird auch die<br />
Symbolik der Jungfrau <strong>in</strong> den<br />
mittelalterlichen Legenden<br />
deutlich. E<strong>in</strong>e Jungfrau ist so<br />
re<strong>in</strong>, ohne Argwohn und H<strong>in</strong>terlist,<br />
dass selbst das scheue<br />
E<strong>in</strong>horn Vertrauen zu ihr fasst.<br />
... ihr e<strong>in</strong>e Frist geben von<br />
dreien Jahren, dass sie ihre<br />
Jungfrauschaft möchte weihen.....<br />
Legenda aurea<br />
JUngfRäUlicHKEiT<br />
Die heilige Ursula aktuell<br />
Der Begriff der „Jungfrau“ me<strong>in</strong>t per def<strong>in</strong>itionem e<strong>in</strong>e Frau, die noch ke<strong>in</strong>en<br />
Geschlechtsverkehr hatte. Früher wurde der Begriff auf die Trennung zwischen<br />
heiratsfähigen und noch-nicht-heiratsfähigen Frauen ausgeweitet. Vor allem<br />
<strong>in</strong> patriarchisch geprägten Gesellschaften war und ist die Jungfräulichkeit<br />
Bed<strong>in</strong>gung für e<strong>in</strong>e Heirat.<br />
Verglichen mit der heutzutage ständigen Sexualisierung <strong>in</strong> den Medien<br />
sche<strong>in</strong>t es schwierig, sich <strong>in</strong> Zeiten h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuversetzen, die die Jungfräulichkeit<br />
feierten.<br />
Der Begriff der Jungfräulichkeit ist eng verbunden mit der christlichen<br />
Enthaltsamkeit. Dem Ideal der Jungfräulichkeit entsprachen auch die<br />
Vorstellung von der Jungfräulichkeit Mariens und der Ehelosigkeit Jesu.<br />
In der Kunst gibt es e<strong>in</strong>ige Symbole für die Jungfräulichkeit<br />
und Re<strong>in</strong>heit: so zum Beispiel die Lilie und das E<strong>in</strong>horn.<br />
Erst 1998 wurde der § 1300 des BGB abgeschafft, der das sogenannte<br />
„Kranzgeld“ regelte, das e<strong>in</strong>e Frau verlangen konnte, wenn der Verlobte sie<br />
verließ – sie aber <strong>in</strong> Erwartung der Ehe ihm ihre Unschuld geopfert hatte.<br />
Der Begriff „Jungfrau“ wird vor allem im Mittelalter gleichgesetzt mit Ehelosigkeit<br />
um des Himmelsreichs willen.<br />
Aus dem Koran: Der Prophet sagte: Und e<strong>in</strong>e Jungfrau darf nicht verheiratet<br />
werden, ohne dass sie ausdrücklich ihre Zustimmung gibt.<br />
Aus dem Textbuch<br />
Chor-Alle: Er hat alle Frauen angebaggert und jetzt b<strong>in</strong> ich dran.<br />
U-Chor 1: Wieso wollen alle immer gleich heiraten, das hat doch Zeit,<br />
U-Chor 2: Ich b<strong>in</strong> erst 17 wieso soll ich mich jetzt schon b<strong>in</strong>den?<br />
U-Chor 3: Ich hab doch noch gar nichts von der Welt gesehen<br />
U-Chor 7: Sex kommt für mich vor der Ehe nicht <strong>in</strong> Frage, ich b<strong>in</strong> doch<br />
e<strong>in</strong>e gute Christ<strong>in</strong>.<br />
Ursula: Ich möchte ke<strong>in</strong>en Geschlechtsverkehr haben, höchstens wegen<br />
der Fortpflanzung. Zu Gott: kannst du mir nicht helfen lieber Gott?<br />
Soll ich ihn heiraten?<br />
U-Chor 8: Oder soll sie S<strong>in</strong>gle bleiben und Spaß haben?<br />
13<br />
JUngfRäUlicHKEiT
Didaktischmethodische<br />
H<strong>in</strong>weise<br />
Diskussion<br />
Vorschläge für<br />
den Unterricht<br />
Die Legende stellt das Thema „Jungfräulichkeit“ aus mittelalterlicher<br />
Weltsicht dar. Die Inszenierung des Theaterstücks nimmt sich nun dieses<br />
zentralen Themas an und fokussiert auf die Problematik <strong>in</strong> der heutigen Zeit.<br />
Das Thema “Jungfräulichkeit“ ist e<strong>in</strong> äußerst sensibles und wird aufgrund der<br />
unterschiedlichen kulturellen H<strong>in</strong>tergründe kontrovers diskutiert.<br />
Gerade hier bietet das Theater <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Umsetzung der mittelalterlichen<br />
Denkweise e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Folie für die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit diesem heiklen<br />
Thema.<br />
Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler können hier über die Rolle der Heiligen diverse<br />
Positionen zum Thema beziehen und idealerweise auch Perspektivenwechsel<br />
e<strong>in</strong>üben.<br />
Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler lernen, dass es auch <strong>in</strong> der europäischen Kultur<br />
e<strong>in</strong>e Zeit gab, wo Jungfräulichkeit hoch geschätzt wurde und sich gerade<br />
gebildete Mädchen und Frauen dafür entschieden, Jungfrauen zu bleiben.<br />
In der westlichen Kultur hat sich das sehr geändert und ist heute seit den<br />
Entwicklungen der Emanzipationsbewegung eher negativ besetzt. In anderen<br />
Kulturen, zum Beispiel dem Islam, hat Jungfräulichkeit immer noch e<strong>in</strong>en<br />
hohen Wert.<br />
War die Heilige Ursula e<strong>in</strong>e emanzipierte Frau?<br />
Wie setzt Ursula ihre Unschuld e<strong>in</strong>?<br />
Möchte Attila nur e<strong>in</strong>mal mit Ursula e<strong>in</strong>e Nacht verbr<strong>in</strong>gen,<br />
oder steckt mehr dah<strong>in</strong>ter?<br />
Warum wollte Ursula Jungfrau bleiben?<br />
E<strong>in</strong>e anonyme Umfrage zum Thema<br />
• Sex vor der Ehe kommt für mich nicht <strong>in</strong> Frage.<br />
• Man sollte vor der Ehe möglichst viele Erfahrungen sammeln.<br />
• Sex <strong>in</strong>teressiert mich nicht.<br />
• Ich habe noch ke<strong>in</strong>e Erfahrung gemacht.<br />
• Ich traue mich nicht, über das Thema zu reden.<br />
• Ich weiß zu wenig über dieses Thema<br />
• Ich habe Angst vor dem „ersten Mal“.<br />
• Ich möchte gerne bei Jungen/Mädchen besser ankommen!<br />
• Die Kirche sagt ohneh<strong>in</strong> nichts Vernünftiges zu dem Thema.<br />
• Endlich e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Thema, dass mich <strong>in</strong>teressiert. .<br />
• Erzählen kann man viel, ich tue trotzdem, was ich will ...<br />
14<br />
JUngfRäUlicHKEiT
Als die Hunnen die Mägde<br />
ersahen, fielen sie mit<br />
großem Geschrei auf sie<br />
und wüteten als die Wölfe<br />
unter den Schafen, und<br />
töteten sie allesamt.<br />
Legenda aurea<br />
Gewalt<br />
waltan (althochdeutsch)<br />
stark se<strong>in</strong>,<br />
beherrschen<br />
Handlungen und<br />
Situationen, <strong>in</strong> denen<br />
auf Menschen und<br />
D<strong>in</strong>ge schädigend<br />
e<strong>in</strong>gewirkt wird<br />
gEwAlT<br />
Die heilige Ursula aktuell<br />
Als Gewalttaten bezeichnet man physische aber auch psychische Übergriffe,<br />
bei denen Dritte Schaden nehmen. Aber auch Vandalismus ist e<strong>in</strong>e Form von<br />
Gewalt. Verschiedene Theorien beleuchten die Ursachen von Gewalt. Diese<br />
bieten von der Triebtheorie (jedem Menschen sei aggressives Verhalten angeboren)<br />
über die Formen angstmotivierter Gewaltbereitschaft bis <strong>zur</strong> Frustrationstheorie.<br />
Theorien, die sich mit der Frage der Nachahmung beschäftigen,<br />
verfolgen vor allem die gesellschaftlichen Zusammenhänge, <strong>in</strong> denen Gewalt<br />
entstehen kann. Hier trifft man auch auf die Vermutung der „Etikettierung“.<br />
Vor allem Jungendliche, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Umfeld aufwachsen, können<br />
oft nicht aus den erlernten Mustern ausbrechen. Auch die Reizüberflutung<br />
unserer heutigen Gesellschaft bietet viel Konfliktpotential.<br />
Schwertkämpfe, H<strong>in</strong>richtungen, Folter – oft ist das Bild des angeblich „dunklen“<br />
Mittelalters geprägt von Schilderungen von Gewalttaten. Was aus allerd<strong>in</strong>gs<br />
so drastisch kl<strong>in</strong>gt, muss aus heutiger Sicht vielleicht anders bewertet<br />
werden.<br />
Aus dem Textbuch<br />
Attila: Los, auf sie, Leute ...<br />
Ursula: Das wirst Du noch bereuen ...<br />
Attila: Ach schau mal an, die Kle<strong>in</strong>e will mir drohen. Dass ich nicht lache ...<br />
15<br />
gEwAlT
Didaktischmethodische<br />
H<strong>in</strong>weise<br />
Diskussion<br />
Vorschläge für<br />
den Unterricht<br />
Das Thema Gewalt ist <strong>in</strong> unserer Gesellschaft e<strong>in</strong> beherrschendes.<br />
Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Schule sich mit den Anforderungen<br />
der Gewaltprävention ause<strong>in</strong>andersetzen.<br />
Gewalt hat viele Gesichter und so gilt es, die Wahrnehmung von<br />
Konflikten zu schulen und den Umgang mit Gewaltsituationen zu<br />
üben. Übergreifend steht dabei das soziale Lernen im Vordergrund.<br />
Anhand der Rollenbiografien der Protagonisten des Ursula-Stückes<br />
lernen die Schüler verschiedene Perspektiven kennen: die der Täter<br />
und die der Opfer.<br />
Welche Situation im Ursula-Stück erschien Dir am brutalsten?<br />
Gewalt muss nicht immer körperlich se<strong>in</strong>. An welcher Stelle im Stück<br />
geht es auch um Gewalt, obwohl niemand zuschlägt?<br />
Welche Folgen hat die Gewalt für den Verlauf der Geschichte?<br />
Wie hätte man den Angriff der Hunnen verh<strong>in</strong>dern können?<br />
Die Hunnen galten als äußerst mordlustig. Waren sie schon immer<br />
so oder gibt es Gründe, warum sie so wurden? Welche könnten das<br />
gewesen se<strong>in</strong>?<br />
1 | E<strong>in</strong>e Gruppe von 4 Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern fasst gleichzeitig e<strong>in</strong>en Stift<br />
an (am besten e<strong>in</strong> großer Filzschreiber) und versucht, ohne mite<strong>in</strong>ander zu<br />
reden, e<strong>in</strong> Schiff zu zeichnen.<br />
2 | Du-Botschafen <strong>in</strong> Ich-Botschaften verwandeln (das beste Mittel für Deeskalation!).<br />
Z. B. „Du hältst nicht, was du versprochen hast! – Ich wünsche mir, dass<br />
du hältst, was du versprichst!“<br />
3 | Erkenne die Situation: bei pantomimisch nachgestellten Standbildern sollen<br />
die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> Gruppen raten, welche Gewaltsituation die<br />
jeweils andere Gruppe darstellt.<br />
4 | Friedensbrücke – E<strong>in</strong>e Brücke wird sich mit mehreren Stufen vorgestellt<br />
(evtl. nachbilden mit Stühlen und Kisten) und auf jeder Seite steht e<strong>in</strong>e Schüler<strong>in</strong><br />
oder e<strong>in</strong> Schüler. Beide gehen schrittweise aufe<strong>in</strong>ander zu und auf jeder Stufe<br />
wird e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung getroffen.<br />
5 | Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erstellen e<strong>in</strong> CLUSTER zum Thema Gewalt.<br />
6 | Nutzen Sie die Übung „Theater der Unterdrückten“ im Anhang.<br />
16<br />
gEwAlT
Der Hl. Gereon, <strong>Köln</strong>,<br />
Mitte des 14. Jahrhunderts<br />
Glasmalerei, 20x11 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
... [Der Hunnenkönig Attila]<br />
hub an, sie zu trösten über<br />
den Tod der Jungfrauen,<br />
und gelobte ihr, er wolle sie<br />
zu se<strong>in</strong>em Weibe nehmen.<br />
Das verschmähte Sanct Ursula.<br />
Da er sich also verachtet<br />
sah, legte er e<strong>in</strong>en Pfeil<br />
auf sie an, und durchschoß<br />
sie;<br />
Legenda aurea<br />
Civilis<br />
– bürgerlich,<br />
nicht militärisch<br />
Courage<br />
– frz. Mut<br />
Ursula<br />
– kle<strong>in</strong>e Bär<strong>in</strong>,<br />
Anführer<strong>in</strong><br />
ziVilcoURAgE<br />
Die heilige Ursula aktuell<br />
Streng genommen me<strong>in</strong>t dieser Begriff das Aufkommen e<strong>in</strong>er öffentlichen<br />
Me<strong>in</strong>ung <strong>in</strong> Zeiten, als die Staatsmacht und das Bürgertum sich gegenüberstanden.<br />
Meist wird sie e<strong>in</strong>er Person zugesprochen, die sich an humanen und<br />
demokratischen Pr<strong>in</strong>zipien orientiert. Derjenige, der Zivilcourage zeigt, wird<br />
dies auch tun, wenn ihm Repressalien drohen oder er bestimmte Werte – wie<br />
z. B. die Menschenrechte – entgegen der herrschenden Me<strong>in</strong>ung oder e<strong>in</strong>em<br />
totalitären Regime gegenüber verteidigen müsste.<br />
Zivilcourage geht auch mit der Vorstellung von Gewaltfreiheit und Solidarität<br />
e<strong>in</strong>her.<br />
Der Heilige St. Gereon sollte auf Befehl se<strong>in</strong>es Vorgesetzten die römischen<br />
Götter anbeten. Er war aber Christ und weigerte sich. Antike Befehlsverweigerung<br />
sozusagen! Daraufh<strong>in</strong> wurde er enthauptet und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Brunnen geschmissen.<br />
An der Stelle, wo sich früher dieser Brunnen befunden haben<br />
soll, steht heute die Kirche St. Gereon.<br />
Neben Ursula ist auch der Heilige Gereon der Stadtpatron bzw. Schutzheilige<br />
der Stadt <strong>Köln</strong>.<br />
Aus dem Textbuch<br />
Attila: Komm zier Dich nicht so, Du hast ja eh ke<strong>in</strong>e Chance<br />
Ursula: Du kannst mir gar nichts ...<br />
Attila: Was willst Du gegen mich unternehmen?<br />
Ursula: Ich habe Unterstützung ...<br />
Attila: Red ke<strong>in</strong>en Stuss ...<br />
17<br />
ziVilcoURAgE
Didaktischmethodische<br />
H<strong>in</strong>weise<br />
Diskussion<br />
Vorschläge für<br />
den Unterricht<br />
Es geht bei diesem Thema darum, friedlich die eigene Me<strong>in</strong>ung auszudrükken.<br />
Auch öffentlich. Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen lernen, nach moralischen<br />
Maßstäben zu handeln. Die Kompetenz hierzu erlangen sie durch die<br />
Kenntnis verschiedener Kriterien für ethische Handlungsweisen. Die Heilige<br />
Ursula hat sich mutig, gewaltlos und friedlich für ihre Überzeugung e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Wie steht es mit Mut und Zivilcourage heute? Das Theaterstück macht<br />
vor, wie man <strong>in</strong> bestimmten Situationen se<strong>in</strong>e Ideale nicht aus dem Blick verliert.<br />
In diesem Zusammenhang können die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sich<br />
mit der Frage ause<strong>in</strong>andersetzen, wann sie welche Position bezogen hätten.<br />
Mutig se<strong>in</strong>, Farbe bekennen, sich e<strong>in</strong>setzen, an se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung festhalten –<br />
das s<strong>in</strong>d die Parameter, die im Rollenspiel e<strong>in</strong>geübt werden.<br />
Kennst du Menschen mit Zivilcourage?<br />
Wenn jemand vor e<strong>in</strong>er Schlägerei davon rennt – ist er dann feige? Was sollte<br />
man de<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach tun?<br />
Ist vielleicht auch der Hunnenkönig mutig?<br />
Was ist dir wichtiger? Freiheit oder Sicherheit?<br />
Ist es e<strong>in</strong>e Lösung für se<strong>in</strong>e Ideale zu sterben?<br />
Welches Risiko gehe ich e<strong>in</strong>, wenn ich Zivilcourage beweise. Und wie kann<br />
ich mich selbst schützen?<br />
1 | Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sammeln Aussagen, zu denen nun im<br />
folgenden Stellung bezogen werden soll: z.B. Wer zu spät kommt, darf nicht<br />
mehr am Unterricht teilnehmen. Hier soll nun pantomimisch Stellung bezogen<br />
werden: aufstehen bedeutet Zustimmung, gebeugte Haltung Unentschlossenheit<br />
und sitzenbleiben Ablehnung. Man sieht: auch nichts sagen hat Gewicht.<br />
2 | Die Klasse malt auf e<strong>in</strong>e Tapetenrolle e<strong>in</strong>e Skala von 1 bis 100. Diese<br />
wird auf den Boden gelegt oder an der Wand befestigt. Es werden unterschiedliche<br />
Situationsbeschreibungen verlesen, die e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>greifen nötig<br />
machen. Jeder stellt sich nun auf den Punkt der Skala, die se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung<br />
nach die Dr<strong>in</strong>glichkeit des E<strong>in</strong>greifens deutlich macht.<br />
Mögliche Situationen:<br />
• E<strong>in</strong> Schüler droht anderen Schülern nach Schulschluss Gewalt an.<br />
• E<strong>in</strong>ige Mitschüler fühlen sich durch e<strong>in</strong>en Lehrer diskrim<strong>in</strong>iert.<br />
• E<strong>in</strong>e Mutter verprügelt ihr K<strong>in</strong>d im Supermarkt.<br />
• Die Nachbarn unterhalten sich im Treppenhaus über e<strong>in</strong>e<br />
Aussiedlerfamilie: „Seit die hier e<strong>in</strong>gezogen s<strong>in</strong>d, st<strong>in</strong>kt es hier nur noch!“<br />
• Jugendliche pöbeln e<strong>in</strong>e ältere Dame als „alte Oma“ an.<br />
• E<strong>in</strong>e Mitschüler<strong>in</strong> wird von anderen dermaßen gemobbt,<br />
dass sie sich aus Angst nicht mehr am Unterricht beteiligt.<br />
• Mehrere betrunkene Männer belästigen e<strong>in</strong>e junge Frau.<br />
• Fußballfans grölen ausländerfe<strong>in</strong>dliche Sprüche.<br />
• E<strong>in</strong> Freund hat den Führersche<strong>in</strong> gemacht und fährt wie e<strong>in</strong> Verrückter.<br />
• Zwei Mitschüler<strong>in</strong>nen schlagen sich auf dem Schulhof.<br />
• E<strong>in</strong>e Mitschüler<strong>in</strong> hat e<strong>in</strong>en ausländischen Freund.<br />
Familie und Freunde s<strong>in</strong>d dagegen.<br />
• E<strong>in</strong>e Mitschüler<strong>in</strong> nimmt regelmäßig Drogen.<br />
• Zwei Mitschüler<strong>in</strong>nen lästern über e<strong>in</strong>e Dritte.<br />
18<br />
ziVilcoURAgE
Anbetung der Heiligen Drei<br />
Könige, Arndt von Kalkar und<br />
Zwolle, 1480-1485,<br />
Eiche 137 x 101 x 40 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Zu dem letzten, da Sanct<br />
Ursula alle Jungfrauen zum<br />
Glauben hatte bekehrt, da<br />
fuhren sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Tag<br />
mit e<strong>in</strong>em glückhaften W<strong>in</strong>d<br />
gen Gallien zu dem Hafen,<br />
der Thyella genannt ist,<br />
und kamen von dannen<br />
nach Cöln.<br />
Legenda aurea<br />
REiSEn<br />
Die heilige Ursula aktuell<br />
Das Mittelalter ist das Zeitalter der wandernden Gelehrten und der Pilgerfahrten.<br />
Die Reisezeit beschränkte sich im Übrigen auf die Zeit vom Frühjahr<br />
bis Anfang Herbst. Danach wurde es e<strong>in</strong>fach zu beschwerlich. Auch gab es <strong>in</strong><br />
damaliger Zeit so gut wie ke<strong>in</strong> vernünftiges Kartenmaterial, auf das man <strong>zur</strong><br />
Orientierung <strong>zur</strong>ückgreifen konnte.<br />
E<strong>in</strong> subjektives Reiseerlebnis stellt sich erst zu Beg<strong>in</strong>n der Neuzeit e<strong>in</strong>, als<br />
man begann, sich des eigenen Selbst bewusst zu werden und sich auch<br />
reisend zu verwirklichen. In diesem Zusammenhang entstanden auch die<br />
Bildungsreisen.<br />
Reisen ist e<strong>in</strong>e Form der Aneignung von Welt, e<strong>in</strong>e Form der Bildung und<br />
Ausdruck e<strong>in</strong>es ganz besonderen Lebensgefühls geworden. Die Forschungs-<br />
und Entdeckungsreisen des 19. Jahrhunderts haben unsere Weltsicht geprägt.<br />
Die Vorstellung von Reisen aus e<strong>in</strong>em Erholungsbedürfnis heraus ist<br />
erst <strong>in</strong> den letzten 100 Jahren entstanden.<br />
Aus dem Textbuch<br />
Ursula: <strong>in</strong> dieser Zeit werde ich nach Rom pilgern, dort h<strong>in</strong> möchte ich mit<br />
e<strong>in</strong>em Schiff reisen und mich sollen me<strong>in</strong>e Jungfrauen begleiten.<br />
U-Chor (alle): Rom! Rom! Wir fahren nach Rom!<br />
Pilgerreise<br />
E<strong>in</strong>e Pilgerreise oder Wallfahrt ist e<strong>in</strong>e traditionelle Reise, mit der man e<strong>in</strong><br />
heiliges Gebot erfüllen will. Ihr Zweck ist oft mit e<strong>in</strong>em hochmoralischen<br />
Ans<strong>in</strong>nen verbunden und den Orten, die Ziel solcher Reisen s<strong>in</strong>d, werden<br />
magische Kräfte zugesprochen.<br />
Mekka ist e<strong>in</strong> solcher Ort für den Islam, die H<strong>in</strong>duisten pilgern nach Benares<br />
am Ganges und für die Christen s<strong>in</strong>d die Lebensstationen Jesu Christi, die<br />
der Mutter Gottes oder e<strong>in</strong>es Heiligen wichtige Orte. Neben Rom und Jerusalem<br />
war vor allem auch <strong>Köln</strong> e<strong>in</strong> wichtiges Pilgerziel, seit sich hier die Reliquien<br />
der Heiligen Drei Könige befanden. Die Pilger kamen <strong>in</strong> Scharen nach<br />
<strong>Köln</strong>, mussten hier auch essen, tr<strong>in</strong>ken und schlafen – und trugen so zum<br />
unglaub lichen Wohlstand der mittelalterlichen Stadt bei.<br />
19<br />
REiSEn
Didaktischmethodische<br />
H<strong>in</strong>weise<br />
Diskussion<br />
Vorschläge für<br />
den Unterricht<br />
Anhand dieses Themas ist der Vergleich zwischen mittelalterlicher und heutiger<br />
Lebensweise schnell und e<strong>in</strong>fach herzustellen. Gerade <strong>in</strong> Zeiten der<br />
Globalisierung, wo Entfernungen ke<strong>in</strong>e Rolle mehr spielen, sche<strong>in</strong>t uns das<br />
Reisen so selbstverständlich und leicht. Im Mittelalter aber war das Reisen<br />
gefährlich und sehr beschwerlich und es brauchte e<strong>in</strong>en dr<strong>in</strong>genden Anlass.<br />
Hier können die Schüler das alltägliche Leben im Mittelalter mit ihren Vorstellungen<br />
vergleichen.<br />
Warum reisten Frauen im Mittelalter so gut wie nie?<br />
Hätte Ursula nicht e<strong>in</strong>en anderen Weg nehmen sollen,<br />
als sie von Rom <strong>zur</strong>ück kam?<br />
Woher kamen die Hunnen und warum haben<br />
sie sich auf die Reise gemacht?<br />
Wie reiste man früher?<br />
Was wusste man von unseren Ländern und Kont<strong>in</strong>enten?<br />
1 | Sammelt 100 Orte, an die Ihr unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>mal im Leben reisen wollt!<br />
2 | Beschreibt die Reise der Heiligen Ursula aus heutiger Sicht! Was würde<br />
sie mitnehmen, welche Fortbewegungsmittel s<strong>in</strong>d angemessen.<br />
20<br />
REiSEn
Wappen der kreisfreien<br />
Stadt <strong>Köln</strong><br />
DiE HEiligE URSUlA<br />
Die Legende<br />
Das Martyrium der Heiligen<br />
Ursula vor der Stadt <strong>Köln</strong>,<br />
1411-1414<br />
Le<strong>in</strong>wand, 60 x 179 cm<br />
Wallraf-Richartz-Museum<br />
& Fondation Corboud,<br />
WRM 0051<br />
Ursula ist e<strong>in</strong>e britannische Königstochter, besonders weise, ehrbar und schön.<br />
So wird es <strong>in</strong> der Legenda aurea erzählt. In dieser Schrift hat Jacobus de Vorag<strong>in</strong>e<br />
von 1267 - 1277 alle Heiligenlegenden aufgeschrieben, die er zusammentragen<br />
konnte.<br />
Als e<strong>in</strong> mächtiger Heidenkönig von Ursula erfährt, so heißt es weiter, will er<br />
sie unbed<strong>in</strong>gt als Frau für se<strong>in</strong>en Sohn gew<strong>in</strong>nen und droht im Falle e<strong>in</strong>er Ablehnung<br />
mit Krieg. Mit ihren Eltern überlegt Ursula e<strong>in</strong>e diplomatische Lösung: Sie<br />
nimmt den Heiratsantrag unter der Bed<strong>in</strong>gung an, dass sich ihr Verlobter Ätherius<br />
taufen und drei Jahre lang <strong>in</strong> der christlichen Lehre unterweisen lässt. Sie<br />
will <strong>in</strong> dieser Zeit nach Rom pilgern, um sich segnen zu lassen. So reist Ursula<br />
<strong>in</strong> Begleitung von zehn Jungfrauen, die später wohl durch e<strong>in</strong>en Übersetzungsfehler<br />
zu elftausend wurden, über <strong>Köln</strong>, Ma<strong>in</strong>z und Basel nach Rom. In <strong>Köln</strong> wird<br />
ihr von e<strong>in</strong>em Engel geweissagt, dass sie dort auf ihrer Rückreise das Martyrium<br />
erleiden werde. Und so geschieht es: <strong>Köln</strong> ist von den Hunnen belagert.<br />
Kaum nähern sich die Schiffe mit der heiligen Schar der Stadt, stürzen sich die<br />
Soldaten auf sie und metzeln alle Reisenden bis auf Ursula nieder. Von ihrer<br />
Schönheit gebannt, will der Hunnenkönig sie verschonen, wenn sie se<strong>in</strong>e Frau<br />
würde. Dies lehnt Ursula jedoch ab und daraufh<strong>in</strong> lässt er sie durch e<strong>in</strong>en Pfeil<br />
töten. Deshalb ist der Pfeil ihr Attribut, an dem man die Heilige bis heute erkennen<br />
kann. Ursula selbst hat nach christlichem Verständnis so das ewige Leben<br />
und den Status e<strong>in</strong>er Heiligen erreicht.<br />
Die Stadtpatron<strong>in</strong> von <strong>Köln</strong><br />
Die heilige Ursula ist seit dem 9. Jahrhundert <strong>in</strong> ihrer Verehrung die wohl wichtigste<br />
weibliche Heilige <strong>in</strong> <strong>Köln</strong>. Bereits um das Jahr 400 n. Chr. f<strong>in</strong>den sich erste<br />
H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>e Kapelle, die ihr zu Ehren errichtet worden ist. Und der Kult<br />
um die schöne Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>, die vor <strong>Köln</strong> den Tod fand, hat natürlich auch se<strong>in</strong>e<br />
Spuren im <strong>Köln</strong>er Wappen h<strong>in</strong>terlassen. Seit dem 16. Jahrhundert f<strong>in</strong>den wir<br />
die oft als Flammen oder auch Tränen bezeichneten elf Symbole, die auf ihre<br />
Geschichte <strong>zur</strong>ück gehen.<br />
21<br />
lEgEnDE
KiRcHE<br />
St. Ursula <strong>in</strong> <strong>Köln</strong><br />
Der Heiligen Ursula zu Ehren errichteten die <strong>Köln</strong>er e<strong>in</strong>e Kirche. St. Ursula bef<strong>in</strong>det<br />
sich an der Stelle, an der man e<strong>in</strong>st auf e<strong>in</strong> römisches Gräberfeld gestoßen<br />
war. Die dort aufgefundenen Gebe<strong>in</strong>e hielt man für die sterblichen Reste der<br />
Heiligen Ursula und ihrer angeblich 11.000 Begleiter<strong>in</strong>nen. Im 12. Jahrhundert<br />
erbaute man die dreischiffige romanische Basilika – e<strong>in</strong>e der ersten Beispiele<br />
dieses Bautyps <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen. In den Zeiten danach ist die Kirche oft<br />
erweitert und umgestaltet worden. So bekam zum Beispiel der Kirchturm erst<br />
später e<strong>in</strong>e barocke Haube, die mit e<strong>in</strong>er Krone abschließt. Hier wird an die<br />
königliche Herkunft Ursulas er<strong>in</strong>nert.<br />
Der Chor wurde ebenfalls im gotischen Baustil ergänzt. Die elf Chorfenster ehren<br />
<strong>in</strong> leuchtenden Farben die Begleiter<strong>in</strong>nen der Heiligen. In der Kirche gibt es<br />
nicht nur e<strong>in</strong>en Schre<strong>in</strong> mit den Überresten der Heiligen Ursula, sondern man<br />
hat ihr auch noch e<strong>in</strong> weiteres wunderschönes Grabmal geschaffen. Hier liegt <strong>in</strong><br />
Alabaster gehauen die Figur der Heiligen und demonstriert die ganze Schönheit<br />
der britannischen Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>.<br />
Die Goldene Kammer<br />
Johann von Crane und se<strong>in</strong>e Frau Verena waren sehr gläubige Menschen<br />
und sie stifteten im Jahre 1643 e<strong>in</strong>e spezielle Kammer für die Verehrung<br />
der heiligen Ursula. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und r<strong>in</strong>gsum<br />
gab es nur noch Tod und Verderben. So entstand mit dieser Kammer<br />
e<strong>in</strong>e Art begehbarer Schre<strong>in</strong>, <strong>in</strong> welchem neben 122 Reliquienbehältern<br />
auch menschliche Knochen an den Wänden zu Ornamenten zusammengefasst<br />
wurden. Die Rahmung dieser Reliquien erfolgte durch unglaublich<br />
kostbare Verzierungen aus Gold.<br />
22<br />
DiE KiRcHE
Goldene Tafel aus Sankt Ursula<br />
<strong>Köln</strong>, um 1170<br />
Malerei, 1. Hälfte 15. Jh.<br />
und 1844<br />
Bronzeguss, Grubenschmelz,<br />
Kupferblech, vergoldet,<br />
Deckfarben, 114 x 218 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
MUSEUM ScHnüTgEn<br />
Die heilige Ursula im Museum<br />
Rätselhaft ist sie, die goldene Tafel aus St. Ursula. Bis heute überlegt man,<br />
ob sie e<strong>in</strong>st die Front des dortigen Altars verkleidet hat oder ihn anfänglich<br />
als Aufsatz krönte. E<strong>in</strong>e weitere Frage richtet sich nach ihrem ursprünglichen<br />
Ersche<strong>in</strong>ungsbild. Die ältesten Bestandteile reichen <strong>zur</strong>ück bis <strong>in</strong>s Jahr 1170:<br />
es s<strong>in</strong>d der Untergrund aus Eichenholz und der Großteil der Gold- und Emailarbeiten.<br />
Die ungewöhnlichen Malereien – während die Köper von schwarzen<br />
Umrissl<strong>in</strong>ien gebildet werden, s<strong>in</strong>d die Hautpartien farbig ausgestaltet – hat<br />
man lange <strong>in</strong> das 15. Jahrhundert datiert, doch nach neusten Untersuchungen<br />
s<strong>in</strong>d sie wohl das Ergebnis e<strong>in</strong>er Restaurierung im 19. Jahrhundert. Das gilt<br />
auch für die Punzierungen, also die Prägungen <strong>in</strong> den Gewändern. Wenn man<br />
genau h<strong>in</strong>schaut, sieht man, dass manche nur aufgemalt s<strong>in</strong>d. Um herauszuf<strong>in</strong>den,<br />
ob unter den heutigen Malereien noch ältere verborgen s<strong>in</strong>d, müssen genauere<br />
naturwissenschaftliche Untersuchungen abgewartet werden. Bei diesem<br />
Kunstwerk bleiben e<strong>in</strong>ige Fragen offen, wie z.B. ob im Mittelfeld e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong><br />
Christus dargestellt gewesen sei und ke<strong>in</strong>e Mutter Maria. Dies macht deutlich,<br />
dass es hier im Museum noch viele Geheimnisse zu erforschen gibt.<br />
23<br />
MUSEUM ScHnüTgEn
Reliquienbüste mit Kruseler<br />
<strong>Köln</strong>, um 1350<br />
Nussbaum, 44 x 33 x 23 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Reliquienbüste<br />
<strong>Köln</strong>, um 1340<br />
Eiche, 51 x 26,5 x 24 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Kostbare Hüllen für Himmelsschätze<br />
Für den Christen des Mittelalters bargen Reliquiare e<strong>in</strong> überaus kostbares<br />
Gut: Gebe<strong>in</strong>e von Heiligen oder Seligen bzw. Reste ihrer Kleider oder ihrer<br />
Leidenswerkzeuge, sog. Reliquien. In ihnen waren die Heiligen selbst gegenwärtig<br />
und man war der Überzeugung, dass sie Wunder wirken können. Reliquiare<br />
gibt es <strong>in</strong> verschiedensten Formen, z. B. als Kästchen aus kostbaren<br />
<strong>Material</strong>ien, aber auch als Skulpturen, die rückseitig Kammern <strong>zur</strong> Aufbewahrung<br />
von Reliquien besitzen. Den künstlerischen Höhepunkt markieren die<br />
großen Reliquienschre<strong>in</strong>e des 12. und 13. Jahrhunderts. Sie bildeten häufig<br />
als Wallfahrtsziel den ideellen Mittelpunkt der Kirchen. Zahlreiche Fragmente<br />
von verlorenen Schre<strong>in</strong>en geben Zeugnis von ehemaligem Reichtum, wie etwa<br />
die prachtvollen Reste vom zerstörten Schre<strong>in</strong> des Hl. Kunibert. Lange Zeit<br />
waren die Reliquien den Blicken der Gläubigen entzogen. Sie ruhten im undurchsichtigen<br />
Inneren der kunstvoll verzierten Schre<strong>in</strong>e. Der zunehmende<br />
Wunsch der Gläubigen nach engem Kontakt zu den verehrten Heiligen führte um<br />
1200 dann <strong>zur</strong> Form des Reliquienostensoriums, also zu Reliquienschaugefäßen<br />
mit Glas- oder Kristallzyl<strong>in</strong>der. So waren die verehrten Überreste stets sichtbar.<br />
Als man im Jahr 1106 begann, neue Fundamente für e<strong>in</strong>e Stadtmauer auszu-<br />
heben, stieß man auf e<strong>in</strong> riesiges Gräberfeld. Wahrsche<strong>in</strong>lich stammte es aus<br />
römischer Zeit, jedoch hatte man sofort e<strong>in</strong>e Verwendung für die unzähligen<br />
Knochen. Man nannte die Fundstelle fortan „Ager Ursulanus“ und identifizierte die<br />
Fundstücke als die Überreste der Heiligen Ursula und ihrer 11.000 Gefährt<strong>in</strong>nen.<br />
Jedes Knöchelchen wurde sorgsam geborgen und <strong>in</strong> schönen Behältnissen aufbewahrt.<br />
Für die Schädelknochen hat man die Büste e<strong>in</strong>er weiblichen Figur geschaffen,<br />
die mit e<strong>in</strong>em fe<strong>in</strong>en Lächeln und e<strong>in</strong>er modischen Kruselerhaube<br />
ausgestattet waren. Vor allem diese lächelnden Mädchenfiguren wurden von den<br />
Pilgern auf ihren Reisen mitgenommen und so f<strong>in</strong>det sich das berühmte „<strong>Köln</strong>er<br />
Lächeln“ heute <strong>in</strong> Spanien, <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Kapellen <strong>in</strong> der Bretagne und überall dort<br />
<strong>in</strong> Europa, wo die Pilgerwege entlang führten. Die Schöne aus dem Museum hat<br />
auf der Brust e<strong>in</strong>e Öffnung, durch die man die Reliquien sehen konnte und ihr<br />
H<strong>in</strong>terkopf ließ sich ebenfalls öffnen.<br />
Das berühmte „<strong>Köln</strong>er Lächeln“ der Ursulabüsten zeigt das Schönheitsideal des<br />
Mittelalters. Die helle Haut und die hohe Stirn waren typisch für die Zeit und<br />
auch die sorgsam gelegten goldblonden Locken zeigen e<strong>in</strong>en zarten Frauentyp,<br />
der die Vorstellung von Anmut und Sittsamkeit bediente. Hier spürte man sozusagen<br />
die Nähe der himmlischen Sphären schon <strong>in</strong> der äußeren Ersche<strong>in</strong>ung.<br />
Diese außergewöhnliche Büste ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erstaunlich guten Zustand erhalten<br />
und ermöglicht e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die prächtige Bemalung der mittelalterlichen<br />
Holzskulpturen. Das Gewand der heiligen Jungfrau, die mit e<strong>in</strong>em sensationellen<br />
Lächeln sittsam ihre Hände faltet, besticht durch e<strong>in</strong>e Malerei im sogenannten<br />
Sternfliesenmuster auf grünem Grund. E<strong>in</strong>e Folge von Blättern und Füllmotiven<br />
mit z. B. zwei sich anschauenden Vögelchen ist entzückend und fe<strong>in</strong> gemalt.<br />
Vermutlich bestand die Reliquie, die dieses schöne Fräule<strong>in</strong> beherbergen sollte,<br />
aus wiederum e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Kästchen, welches auf e<strong>in</strong>er Boden platte stand,<br />
<strong>in</strong> die die Büste regelrecht aufgesteckt werden konnte. Darauf deutet auch die<br />
Tatsache, dass es sich hier um e<strong>in</strong>e Halbfigur handelt, die nicht – wie sonst<br />
üblich – e<strong>in</strong>en aufklappbaren Kopf hat.<br />
24<br />
MUSEUM ScHnüTgEn
Männliche Doppelbüste<br />
(Ätherius) Meister Tilman<br />
<strong>Köln</strong>, um 1500<br />
Eichenholz, 71,5 x 34 x 31 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Cäcilienkasel,<br />
Italien, 2. Viertel 17. Jahrhundert,<br />
Seidengewebe,<br />
Kreuz und Stab, <strong>Köln</strong>, nach 1470,<br />
109 x 65 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Die Legende der Heiligen Ursula berichtet anfänglich von 11 Jungfrauen,<br />
die sie auf ihrer Pilgerreise begleiten. Vermutlich durch e<strong>in</strong>en Übersetzungsfehler<br />
wurden aus diesen im Verlaufe der Geschichte 11.000. Als man unzählige<br />
Überreste auf e<strong>in</strong>em antiken Gräberfeld fand, begann man, diese mit<br />
den Jungfrauen aus dem Gefolge der Ursula zu identifizieren. Sie wurden zum<br />
Teil namentlich benannt, um so der Geschichte möglichst viele reale Figuren<br />
zuzuordnen. Das ließ nicht zuletzt jede e<strong>in</strong>zelne Reliquie stärker wirken.<br />
Die sprechenden Reliquiare der schönen zarten Mädchenfiguren wurden im<br />
Mittelalter zum Verkaufsschlager für die Pilger, die diese dann auf ihren Reisen<br />
mitnahmen. In <strong>Köln</strong> lebten zahlreiche Werkstätten von der Produktion.<br />
Diese doppelte Reliquienbüste wurde für die Empore der Ursula- Basilika <strong>in</strong><br />
<strong>Köln</strong> geschaffen und sollten den Gläubigen sowohl oben auf der Empore als<br />
auch vom unteren Kirchenschiff her die Ansicht der Reliquien ermöglichen.<br />
Deswegen ist die e<strong>in</strong>e Seite der Figur auch mit e<strong>in</strong>er leichten Untersicht wiedergegeben<br />
worden. Diese - wie auch e<strong>in</strong> weibliches Pendant und viele andere<br />
Holzskulpturen <strong>in</strong> der Sammlung des Museum Schnütgen wurden von dem<br />
wohl wichtigsten Holzbildhauer um 1500 <strong>in</strong> <strong>Köln</strong> geschaffen: Meister Tilman.<br />
Für ihn war der liebliche Stil typisch, der hier auch dem Verlobten der Heiligen<br />
Ursula e<strong>in</strong> zartes, fast fem<strong>in</strong><strong>in</strong>es Aussehen gab. Der fe<strong>in</strong>e Schwung der Locken,<br />
der kantige Falten wurf der Gewänder - all das wurde äußerst rout<strong>in</strong>iert ausgeführt<br />
und spricht dafür, dass Tilman und se<strong>in</strong>e Werkstatt zu ihrer Zeit solche<br />
Büsten <strong>in</strong> Serie mehrfach herstellten.<br />
E<strong>in</strong>e wunderschöne Stickerei, die e<strong>in</strong> Priestergewand - e<strong>in</strong>e sogenannte Kasel -<br />
außerordentlich prächtig verzierte. Als Borte <strong>in</strong> Kreuzform auf das Gewand<br />
aufgebracht, zeigt es nicht nur die Heilige Ursula, sondern liefert auch Angaben<br />
über den reichen Stifter dieser Arbeit. Se<strong>in</strong> Name und der se<strong>in</strong>er Frau s<strong>in</strong>d<br />
neben Wappen aufgestickt und sicherten dem edlen Spender ewiges Seelenheil.<br />
Ursula ist hier mit e<strong>in</strong>em ihre Jungfrauenschar umspannenden Schutzmantel<br />
wiedergeben. Sie gilt bis heute als Schutzpatron<strong>in</strong> der Lehrer und Erzieher.<br />
25<br />
MUSEUM ScHnüTgEn
Muttergottes mit K<strong>in</strong>d<br />
und Hl. Ursula<br />
(Ausschnitt mit Ursula)<br />
<strong>Köln</strong> um 1450-1460,<br />
Glasmalerei, 77x49 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Tympanon von<br />
St. Cäcilien<br />
<strong>Köln</strong>, 1160 – 1170<br />
Kalkste<strong>in</strong>, 128 x 236 cm,<br />
Museum Schnütgen, <strong>Köln</strong><br />
Die Heilige ist hier mit e<strong>in</strong>em weiten Schutzmantel wiedergegeben. Geschickt<br />
hat der Glaskünstler hier die Bleifassungen genutzt, um die Kontur der Heiligen<br />
wiederzugeben. Während die Figur <strong>zur</strong>ückhaltend <strong>in</strong> Grautönen gezeichnet ist,<br />
erstrahlt ihr Heiligensche<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>in</strong>tensivem Gelb umso leuchtender.<br />
E<strong>in</strong>e Schwester im Geiste der Heiligen Ursula! Cäcilie ist die Namensgeber<strong>in</strong><br />
der romanischen Kirche St. Cäcilien und somit auch die Schutzheilige des<br />
Museum Schnütgen. Sie entstammte e<strong>in</strong>er edlen römischen Familie, die schon<br />
früh Christen geworden waren. Ihre Verlobung mit dem Heiden Valerianus<br />
nutzte sie dazu, diesen samt se<strong>in</strong>em Bruder zum Christentum zu bekehren.<br />
Sie wurden alle wegen ihres Glaubens verfolgt und erlitten das Martyrium.<br />
Von oben schwebt e<strong>in</strong> Engel herab, der die Jungfräulichkeit der Heiligen Cäcilie<br />
bewacht und ihr den Blumenkranz der Märtyrer<strong>in</strong>nen zu reichen sche<strong>in</strong>t.<br />
Museum Schnütgen – Kunst des Mittelalters<br />
Cäcilienstraße 29 - 33, 50667 <strong>Köln</strong><br />
Telefon 0221 221-22310, Telefax 0221 221-28489<br />
museum.schnuetgen@stadt-koeln.de<br />
www.museenkoeln.de/museum-schnuetgen/<br />
Öffnungszeiten<br />
Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr,<br />
Donnerstag 10 – 20 Uhr<br />
26<br />
MUSEUM ScHnüTgEn
Museumspädagogische Angebote im Museum Schnütgen<br />
Primarstufe<br />
Cäciliensafari<br />
2,5 Std. | Fachbezug: Kunstunterricht<br />
| ab Klasse 1 | Praxisteil: Arbeiten mit Bastelbögen<br />
Heute verwandelt sich das Museum Schnütgen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Jagdrevier. Wir gehen auf<br />
Safari und pirschen uns an zahme und wilde Museumstiere. Die s<strong>in</strong>d nicht immer<br />
leicht zu entdecken: Es gibt Esel, Ochsen, Lämmer, Vögel aber auch Löwen,<br />
gefährliche Drachen und sogar e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>horn.<br />
Zeitreise <strong>in</strong>s Mittelalter<br />
2,5 Std. | Fachbezug: Geschichte, Sachunterricht, Deutschunterricht<br />
| ab 3. Klasse | Praxisteil: Arbeitsbuch mit Aufgaben bearbeiten<br />
Unsere Zeitreise führt uns <strong>in</strong>s Mittelalter. Als Klosterschüler haben wir die unterschiedlichsten<br />
Aufgaben zu erledigen. Wir schreiben unsere Initiale <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
mittelalterlichen Schrifttyp, malen e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>iatur <strong>in</strong> Farbe aus, stellen e<strong>in</strong>e<br />
Krauttrunkmischung nach e<strong>in</strong>em Rezept aus dem Klostergarten her und sticken<br />
mit goldenen Fäden.<br />
Sekundarstufe 1<br />
Das kle<strong>in</strong>e 1 x 1 der Architektur<br />
ca . 2,5 Std. | Fachbezug: Kunstunterricht<br />
| ab Klasse 7 | Praxisteil: Zeichnen<br />
Pfeiler, Säulen, Pilaster, wer kennt sie schon, die Fachbegriffe der Architektur?<br />
Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler gehen auf die Suche nach Bauelementen und erwerben<br />
spielend Grundkenntnisse. Die müssen dann sofort angewandt werden,<br />
denn an Grund- und Aufrissen stimmt etwas nicht. Ob die Klasse die Fehler f<strong>in</strong>den<br />
wird? In der Werkstatt werden die Architekturpläne dann mittels technischer<br />
Zeichnung ergänzt.<br />
Alles ist eitel – Nachdenken über Vergänglichkeit.<br />
2,5 Std. | Fachbezug: Deutschunterricht<br />
| ab Klasse 7 | Praxisteil: Vortragstechniken, Schreibübungen | ab Febr. 2010<br />
Andreas Gryphius thematisiert die Vergänglichkeit des Menschen und br<strong>in</strong>gt uns<br />
dazu, Vanitasobjekte zu betrachten, sie sogar als Thema im Zusammenhang <strong>in</strong>terkultureller<br />
und <strong>in</strong>terreligiöser Aspekte zu diskutieren. Die Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler sollen ihre Gedanken dazu im Kontext der diversen Vanitasdarstellungen<br />
im Museum literarisch verarbeiten und auf ihre Lebenssituation und Zeit übertragen.<br />
Das Gesamtprogramm zum Museum Schnütgen f<strong>in</strong>den Sie unter<br />
www.museenkoeln.de/museumsdienst.<br />
Nutzen Sie dort unsere Möglichkeit <strong>zur</strong> Onl<strong>in</strong>ebuchung.<br />
Das Schulprogramm wird gefördert vom M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />
des Landes Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen.<br />
27
Zum Weiterlesen (nützliche Literaturh<strong>in</strong>weise)<br />
Schneider, Wolfgang (Hrsg.):<br />
Theater und Schule. E<strong>in</strong> Handbuch <strong>zur</strong> kulturellen Bildung. Bielefeld 2009<br />
Kunz-Ott, Hannelore (Hrsg.):<br />
Kulturelle Bildung im Museum. Bielefeld 2009<br />
Mick, Elisabeth:<br />
Schätze aus dem Mittelalter im Museum Schnütgen <strong>Köln</strong>.<br />
Das Mittelalter für K<strong>in</strong>der E<strong>in</strong> Katalog für junge Leser. Regensburg 2005<br />
Westermann-Angerhausen, Hiltrud / Täube, Dagmar (Hrsg.):<br />
Das Mittelalter <strong>in</strong> 111 Meisterwerken aus dem Museum Schnütgen <strong>Köln</strong>.<br />
<strong>Köln</strong> 2003<br />
Legner, Anton:<br />
<strong>Köln</strong>er Heilige und Heiligtümer. <strong>Köln</strong> 2003<br />
Otto OSU, Sr. Gertrud:<br />
Die Legende der heiligen Ursula. L<strong>in</strong>denberg, 2. Aufl. 2001<br />
Zehnder, Frank Günther:<br />
St. Ursula, Legende, Verehrung, Bilderwerk. <strong>Köln</strong>, 2. Aufl.1987<br />
Friedländer, Renate u. Metzner, Adele:<br />
Me<strong>in</strong> Schnütgen-Museum. <strong>Köln</strong> 1981<br />
28
MALVORLAGE<br />
29
CLUSTER<br />
Grundregeln des Cluster<strong>in</strong>g nach Gabriele L. Rico<br />
Immer mit e<strong>in</strong>em Kern beg<strong>in</strong>nen, den man auf e<strong>in</strong>e leere Seite schreibt und mit<br />
e<strong>in</strong>em Kreis umgibt. Dann sich e<strong>in</strong>fach treiben lassen. Konzentriere Dich nicht<br />
auf etwas Bestimmtes. Notiere e<strong>in</strong>fach frei alles, was Dir auf- und e<strong>in</strong>fällt. Folge<br />
dem Strom der Gedankenverb<strong>in</strong>dungen, die <strong>in</strong> De<strong>in</strong>em Inneren auftauchen.<br />
Schreibe zügig und umkreise jeden neuen E<strong>in</strong>fall und verb<strong>in</strong>de ihn mit dem<br />
vorherigen Kreis, aus dem er erwachsen ist. Nun können alle Verb<strong>in</strong>dungen aus<br />
der Mitte des Kerns <strong>in</strong> alle Richtungen ausstrahlen, wie es sich gerade ergibt.<br />
Sollte dir zu e<strong>in</strong>er Assoziation nichts mehr e<strong>in</strong>fallen, beg<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>e neue Ideenkette.<br />
Zum Schluss betrachte De<strong>in</strong> Cluster und wähle fünf Begriffe aus, die Dir<br />
besonders am Herzen liegen. Daraus schreibe e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Text, <strong>in</strong> welchem<br />
alle diese Begriffe vorkommen sollten.<br />
Spiel zum Kennenlernen – e<strong>in</strong>e erste Kontaktaufnahme<br />
Im folgenden Spielvorschlag geht es um Möglichkeiten der Kontaktaufnahme.<br />
Die Schüler<strong>in</strong>nen probieren verschiedene Verhaltenweisen aus und f<strong>in</strong>den für<br />
sich selbst heraus, welche Ihnen angenehm und welche Ihnen unangenehm<br />
s<strong>in</strong>d: Verschaffen Sie sich Platz im Raum, so dass sich alle ungeh<strong>in</strong>dert bewegen<br />
können. Alle Schüler<strong>in</strong>nen gehen langsam und ziellos, ohne zu sprechen<br />
durch den Raum. Die Spielleitung gibt nach und nach Anweisungen, wie der<br />
Kontakt zu den anderen Personen aufgenommen werden soll.<br />
1. Geht langsam und zögernd mit gesenktem Blick durch den Raum.<br />
Vermeidet jeden Kontakt!<br />
2. Hebt langsam Euren Blick und sucht im Vorübergehen den Blickkontakt<br />
zu den anderen, erst verhalten und scheu, dann immer länger!<br />
3. Begrüßt Euch beim Treffen mit e<strong>in</strong>em kurzen Hallo!<br />
4. Gebt Euch <strong>zur</strong> Begrüßung die Hand!<br />
5. Tippt den anderen von h<strong>in</strong>ten auf der Schulter!<br />
6. Schlagt den anderen freundschaftlich auf die Schulter!<br />
7. Pfeift den anderen h<strong>in</strong>terher!<br />
8. Nehmt die anderen <strong>in</strong> die Arme!<br />
Abschließend wird darüber gesprochen, welche Art der Begrüßung als die<br />
beste/angenehmste und welche als die unangenehmste empfunden wurde.<br />
Gibt es unterschiedliche Me<strong>in</strong>ungen? Bei wem (Mädchen/Jungen) und warum?<br />
Theater der Unterdrückten<br />
(Übung für max. 20 Personen/Dauer: 1 Stunde)<br />
Es wird mit Bildern zum Thema Unterdrückung <strong>in</strong> Form von Statuen (Standbildern)<br />
gearbeitet. Die Schüler/ <strong>in</strong>nen werden <strong>in</strong> vier Gruppen geteilt. Jede<br />
Gruppe baut e<strong>in</strong> Hauptbild mit Vor- und Nachbild. Jede Gruppe stellt ihr Bild<br />
den anderen vor. In den Gruppen gibt es jeweils e<strong>in</strong>en Teilnehmer, der die Rolle<br />
des Regisseurs übernimmt. Die anderen Teilnehmer werden von ihm zu e<strong>in</strong>em<br />
Standbild aufgebaut. Sie können an dem Bild noch Veränderungen vornehmen.<br />
Der Regisseur entwickelt das Bild langsam weiter und verändert das Arrangement<br />
der Statuen so lange, bis das Bild se<strong>in</strong>en Vorstellungen entspricht.<br />
Die Mitspieler verhalten sich passiv und reagieren nur auf die Anweisungen<br />
des Regisseurs. Der Regisseur kann ebenfalls e<strong>in</strong>e Rolle <strong>in</strong> dem Standbild e<strong>in</strong>nehmen<br />
oder bleibt außerhalb des Bildes.<br />
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Ist das Standbild fertig, baut jede Gruppe e<strong>in</strong> weiteres Bild. Dieses soll die Situation<br />
zeigen, die der des ersten Standbilds vorang<strong>in</strong>g. Anschließend wird e<strong>in</strong><br />
Standbild gebaut, das die Situation danach zeigt. Somit werden drei Bilder gebaut,<br />
die e<strong>in</strong>en Handlungsverlauf zum Thema Unterdrückung darstellen.<br />
Jede der Gruppen präsentiert auf e<strong>in</strong>er Bühne ihre Standbilder. Die Standbilder<br />
sollen – ohne dass gesprochen wird – zügig aufgebaut werden. In der Zeit halten<br />
die Zuschauer ihre Augen geschlossen. Wenn e<strong>in</strong> Standbild steht, öffnen die Zuschauer<br />
auf e<strong>in</strong> Zeichen h<strong>in</strong> ihre Augen und betrachten das Bild. Dann schließen<br />
sie ihre Augen wieder und das zweite Bild wird aufgebaut. Beim dritten Bild verläuft<br />
es ebenso. Am Ende verbeugen sich alle Mitglieder der Gruppe. Nun werden<br />
die Zuschauer nach ihren E<strong>in</strong>drücken gefragt. Es geht darum, sich auszutauschen,<br />
was gesehen wurde und was dargestellt werden sollte und ob es<br />
Schwierigkeiten <strong>in</strong> der Darstellung gab. Die Darsteller können erzählen, wie es<br />
ihnen <strong>in</strong> ihren Rollen erg<strong>in</strong>g und was sie gefühlt haben.<br />
Wichtig! jede Gruppe mit Applaus auf der Bühne begrüßen und auch wieder verabschieden.<br />
Die Gruppenmitglieder verbeugen sich nach ihrer Präsentation und<br />
zeigen Präsenz beim Bühnenauf- und -abgang (aufrechte Haltung, Schultern<br />
nach h<strong>in</strong>ten, Brust raus, Kopf gerade, das Publikum angucken).<br />
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