Nr. 12 Dezember 2008 4,00 Euro - Erste Westernreiter Union ...
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ewu live<br />
Gib Viren keine Chance!<br />
Kein Schnupfen ist so schlimm wie der eigene. Außer das edle Reittier keucht und<br />
rasselt, dass sich die Boxenbalken biegen. Gerade im Winter leiden viele Pferde an<br />
Husten und Fieber. Das hat aber nicht unbedingt mit der Kälte zu tun. Und wenn<br />
Sie Pech haben, brütet Ihr Ross viel mehr als nur eine simple Erkältung aus.<br />
Text: Regina Käsmayr<br />
Wenn Sie selbst in der kalten Jahreszeit lieber<br />
das Bett hüten als ins Büro zu gehen, dann<br />
haben Sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />
keine Grippe sondern lediglich einen<br />
undefi nierbaren „grippalen Infekt.“ Grippe,<br />
oder im medizinischen Fachjargon „Infl uenza“,<br />
legt Sie länger als drei Tage lahm. Kinder und<br />
Senioren können sogar daran sterben.<br />
Beim Pferd ist das nicht anders. „Infl uenza ist<br />
eine wirklich schwere Viruserkrankung“, sagt<br />
Dr. Stephen Eversfi eld von der Tierklinik Wiesbaden.<br />
„Die Pferde bekommen über 40 Grad<br />
Fieber und zeigen deutliche Symptome einer<br />
Lungenentzündung.“ Aus diesem Grund raten<br />
Tierärzte jedem Pferdebesitzer, seine Tiere gegen<br />
Infl uenza impfen zu lassen.<br />
Ganz anders verhält es sich mit einem so genannten<br />
„grippalen Infekt“. Dieser ist wie beim<br />
Menschen auch eine „leichte Störung des Allgemeinbefi<br />
ndens“, so Dr. Eversfi eld. Ausgelöst<br />
wird die Erkältung nicht durch die aggressiven<br />
Infl uenza-Viren, sondern durch eine Unzahl<br />
verschiedener Krankheitserreger wie beispielsweise<br />
der Rhinoviren. Übersetzt bedeutet das<br />
ganz einfach „Nasenviren“, also solche, die sich<br />
Unterschied Infl uenza – grippaler Infekt<br />
in den Nasenschleimhäuten niederlassen und<br />
vermehren.<br />
Gegen diese Viren kann man nichts tun. Sie haben<br />
Millionen von Verwandten und mutieren<br />
in einem fort. Impfen ist deshalb nicht möglich.<br />
Die Krankheitserreger sind allgegenwärtig<br />
und werden durch Tröpfeninfektion von einem<br />
Menschen zum anderen, beziehungsweise von<br />
einem Pferd zum anderen übertragen. Niemals<br />
allerdings von Mensch zu Pferd oder umgekehrt.<br />
Die Virenstämme haben sich auf eine bestimmte<br />
Spezies spezialisiert.<br />
Die einzige Waffe, die wir gegen die unsichtbaren<br />
Plagegeister haben, ist unser Immunsystem.<br />
Ein Pferd mit einem guten Immunsystem kann<br />
zwar ebenfalls eine Erkältung aufschnappen,<br />
aber sie wird schnell und problemlos vorbeigehen.<br />
Problematisch wird die Sache erst, wenn<br />
das Immunsystem des Pferdes bereits so geschwächt<br />
ist, dass das körpereigene Abwehrsystem<br />
auf Sparfl amme läuft. Die Infektion wird in<br />
diesem Fall nicht besiegt, sondern breitet sich<br />
ungehindert im Körper aus. Chronische Bronchitis,<br />
Kieferhöhlenentzündung, Herzmuskelerkrankungen<br />
und sogar Nierenerkrankungen<br />
sind die Folge. Dr. Eversfi eld erklärt, wie es zu<br />
Infl uenza Grippaler Infekt<br />
Krankheit schwere Viruserkrankung Akute Infektion der Nasen-, Hals-, und<br />
Bronchialschleimhäute<br />
Krankheitsbild Rötung der Nasenschleimhäute,<br />
klarer Nasen- und Augenausfl uss,<br />
bis zu 42°C Fieber, trockener,<br />
schmerzhafter Husten.<br />
Rötung der Nasenschleimhäute, klarer<br />
Nasen-, und gelegentlich Augenausfl uss,<br />
bis zu 38,6 Grad Fieber, husten ist auslösbar,<br />
gelegentlich spontan<br />
Viren Equine Infl uenza-Viren Typ A und Typ B 2<strong>00</strong> unterschiedliche Viren vor allem aus der<br />
Gruppe der Rhinoviren und Adenoviren<br />
Impfung ist möglich ist nicht möglich<br />
Vorbeugung Impfung, Infektionsdruck senken! Stärkung des Immunsystems, Infektionsdruck<br />
senken!<br />
Behandlung Behandlung der Sekundärinfektion, Ruhe,<br />
schleimlösende Mittel je nach Symptom,<br />
Steigerung des Immunsystems<br />
Steigerung des Immunsystems, Ruhe,<br />
symptombezogene Behandlung<br />
WESTERNREITER – <strong>Dezember</strong> <strong>2<strong>00</strong>8</strong><br />
diesen schlimmen Folgeschäden kommt: „Der<br />
Körper des Pferdes setzt sich mit dem Erreger<br />
auseinander, was zu einer Entzündungsreaktion<br />
führt. Dadurch verdichtet sich das Gewebe in<br />
dem entzündeten Bereich. Das neue Gewebe ist<br />
jedoch nicht gleichwertig wie das Ursprungsgewebe.<br />
Es kann seine Funktion nicht mehr so gut<br />
ausführen.“ Auf diese Weise erweitert sich bei<br />
chronischer Bronchitis (Dämpfi gkeit) die Lunge<br />
um mehrere Liter, arbeitet jedoch schlechter.<br />
Dr. Eversfi eld empfi ehlt jedem Pferdebesitzer,<br />
bei den ersten Anzeichen einer grippeähnlichen<br />
Krankheit, den Tierarzt zu rufen. Denn: „Ein Laie<br />
kann im Anfangsstadium nicht unterscheiden,<br />
ob es sich um einen Schnupfen oder eine Infl uenza<br />
handelt. Selbst wenn ein Pferd geimpft ist,<br />
kann es in Einzelfällen passieren, dass es sich<br />
trotzdem den Erreger einfängt. Das geschieht<br />
vor allem dann, wenn der „Infektionsdruck“<br />
sehr stark ist.<br />
Unter Stress, im Hänger oder auf Turnier, bei<br />
schlechter Fütterung und Haltung, oder wenn<br />
das Pferd verwurmt ist, lässt sein angeschlagenes<br />
Immunsystem trotz Impfung neben harmlosen<br />
Rhinoviren auch mal bösartige Infl uenzaviren<br />
passieren.<br />
Der Schlüssel zum Schnupfen ist also die Stärkung<br />
des Immunsystems. Bei Offenstallpferden<br />
funktioniert das leichter als bei Boxenpferden.<br />
Eisige Winter machen diesen Teddybären nichts<br />
aus, wenn sie rechtzeitig an die Haltungsform<br />
gewöhnt wurden und sich einen dicken Pelz<br />
zulegen konnten. Auch die Hufe halten einiges<br />
aus: Selbst bei minus 50 Grad Celsius erleiden<br />
sie keine Erfrierungen weil sie extrem gut<br />
durchblutet sind. „Schauen Sie sich nur mal an,<br />
unter welchen Bedingungen Pferde die Napoleon-Feldzüge<br />
nach Moskau überlebt haben“,<br />
erinnert Dr. Eversfi eld an die Geschichte.<br />
Einziges Problem der Offenstallpferde im Winter<br />
sind deren Besitzer, denn die wollen Reiten.<br />
Weil Bewegung Energie verbraucht und damit<br />
eine nicht in die Winterplanung einkalkulierte<br />
Wärme erzeugt, kommen die Tiere schnell ins<br />
Schwitzen und werden nicht richtig trocken.<br />
Falls ein Offenstallpferd im Winter also viel geritten<br />
werden soll, empfi ehlt Dr. Eversfi eld, das<br />
Winterfell zu scheren – allerdings nicht so kurz<br />
wie bei Boxenpferden – und anschließend das<br />
Pferd richtig dick einzudecken. „In einem Stall<br />
in Irland habe ich Pferde gesehen, die bis zu<br />
den Ohren mit zwei oder drei dicken Jutedecken<br />
eingedeckt waren. Darunter waren sie warm<br />
und hatten kurzes Fell zum Reiten.“<br />
Da auch Offenstallpferde im Winter mehr Energie<br />
verbrauchen als im Sommer, sollte eine Diät<br />
nicht gerade in diese Jahreszeit fallen. Dr. Eversfi<br />
eld empfi ehlt eine ausgewogene Heu- oder Silagefütterung<br />
mit Kraftfutter wie Hafer und zusätzlichem<br />
Mineralfutter. Dazu können Sie hin<br />
und wieder Mash füttern, das ein energiereiches<br />
Ernährungsmittel ist, welches die Darmpassage<br />
fördert und von innen heraus wärmt.<br />
Bei Pferden, die in einer Box gehalten werden,<br />
muss der Besitzer aktiv eingreifen, um das Immunsystem<br />
in Schwung zu bringen. Diese Pfer-