gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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VORWORT<br />
Das vorliegende Heft der <strong>SFB</strong>-Mitteilungen<br />
vereinigt eine Auswahl von Beiträgen, die auf<br />
einem Workshop am 11. und 12. November<br />
2005 in <strong>Jena</strong> zur Diskussion standen. Die<br />
Tagung fokussierte die Frage, welche Generationsprägungen<br />
sich in der Folge der rasanten<br />
gesellschaftlichen Umbrüche seit dem Ende<br />
der 80er Jahre in Ostdeutschland und anderen<br />
postkommunistischen Gesellschaften herausgebildet<br />
haben.<br />
Initiiert und organisiert wurde das Arbeitstreffen<br />
von Mitarbeitern des <strong>SFB</strong>-Projektes<br />
A5, die sich unter Leitung von Lutz Niethammer<br />
schon geraume Zeit bemühen, ihre<br />
Forschungen zu den Erfahrungsräumen und<br />
Erwartungshorizonten von Generationen in<br />
den Umbrüchen der ostdeutschen Transformationsgesellschaft<br />
in einen international vergleichenden<br />
(osteuropäischen) Kontext zu stellen.<br />
Für solche kooperativen Arbeitsbeziehungen<br />
konnten bislang u. a. russische, polnische, ungarische<br />
und albanische Kollegen gewonnen<br />
werden. Die angestrebte Horizonterweiterung<br />
gen Osten zielte auch darauf, die seit 1990 in<br />
endlosen ost-westdeutschen Vergleichen und<br />
dem Konzept einer „nachholenden Modernisierung“<br />
verfangenen Nabelschauen Transformationsforschung<br />
in unserem Land aus<br />
zeithistorischer Perspektive ein kleines Stück<br />
weit zu erlösen. Schon lange vor dem Treffen<br />
im Herbst 2005 ging es in der Debatte aber vor<br />
allem darum, geschichts-, sozial- oder politikwissenschaftliche<br />
Forschungsergebnisse zu der<br />
Frage auszutauschen, ob oder in welcher Weise<br />
der Strudel umstürzender ökonomischer, sozialer<br />
und politischer Mobilisierungen, in den die<br />
postkommunistischen Gesellschaften seit 1989<br />
KAPITEL<br />
VORWORT<br />
1<br />
gerissen wurden, bei den gegenwärtig anstehenden<br />
Generationsablösungen weiter wirken<br />
könnte. Zur Diskussion standen damit sowohl<br />
retrospektiv ausgerichtete Forschungsfragen<br />
nach den Einflüssen längerfristig nachwirkender<br />
Sozialisationsbedingungen und Prägungen<br />
in der spätstalinistischen Ära als auch<br />
prospektive Forschungsziele, die sich auf neue,<br />
emergente Selbstdeutungen, Geschichts- und<br />
Weltinterpretationen unter jüngeren Kohorten<br />
richteten.<br />
Die Debatte setzte bei einer (zugegeben etwas<br />
gewagten) Hypothese an, die wir als Antragsteller<br />
und Mitarbeiter des Projekt A5 in der<br />
Gründungsphase des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> unserer eigenen,<br />
ergebnisoffenen Verlaufsanalyse intergenerationeller<br />
Erfahrungstransfers und Brüche in der<br />
ostdeutschen Gesellschaft vorangestellt hatten.<br />
Inspiriert von den theoretischen Generationsansätzen<br />
Wilhelm Diltheys und Karl Mannheims<br />
hatten wir unseren Untersuchungen das<br />
historische Modell einer Folge politisch markanter<br />
Generationsgestalten zugrunde gelegt,<br />
wonach tiefen gesellschaftlichen Kontinuitätsbrüchen<br />
(zumindest in Deutschland seit dem<br />
Ende des Ersten Weltkrieges) mit zeitlichen<br />
Abständen von 15 bis 25 Jahren polarisierte<br />
Jugendgenerationen folgen, die sich im Falle<br />
eines Staus ihrer sozialen Beteiligungschancen<br />
radikalisieren. Hiervon ausgehend fragten<br />
wir, ob der Zusammenbruch des sowjetischen<br />
Imperiums am Ende des 20. Jahrhunderts<br />
in den postkommunistischen<br />
Gesellschaften nochmals solche Phä- Seite 7 7<br />
nomene hervor treiben könnte, oder<br />
ob sich den Kindern einer globalisierten und<br />
nach westlichem Vorbild individualisierten<br />
Welt, neue, historisch unbekannte Wege intergenerationeller<br />
Konfliktbewältigung eröffnen.