Download (PDF, 0.4 MB) - Der Schulden-Kompass
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SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 2.<br />
Andere sprechen offen mit ihren Eltern und suchen gemeinsam nach Auswegen aus der <strong>Schulden</strong>misere.<br />
Dies führte in einem Fall zur Übernahmen des Großteils der <strong>Schulden</strong> (20.000 Euro) durch<br />
die Mutter, die zu diesem Zweck selbst einen Kredit aufnehmen musste.<br />
Die ursächlichen Überschuldungsauslöser – neben der Tatsache von Niedrigeinkommen – können<br />
sehr unterschiedlich sein. Sie können durch Schmerzensgeldforderungen aufgrund von unbedachten<br />
Prügeleien in der Jugend entstehen. Sie können aufgrund von Insolvenzen der Arbeitgeber und<br />
nicht gezahlten Lohnzahlungen hervorgerufen werden. Sie können durch eine zu frühzeitige und zu<br />
großzügige Verfügungsstellung von Dispositionskrediten initiiert werden.<br />
„Ich hatte einen großzügigen Dispositionsrahmen über 4.000 Mark. Man kannte mich bei der Bank,<br />
die wussten, wo ich arbeite, und es war auch kein großes Problem, an den ersten Kredit zu gelangen.<br />
Sie haben sich nicht groß über meinen privaten Hintergrund erkundigt.“<br />
Unabhängig von diesen Auslösern ist jedoch zu beobachten:<br />
• dass die jungen Männer nicht über die notwendige hohe kognitive Komplexität<br />
verfügten, um mit ihrer Lebenssituation zurecht zu kommen;<br />
• dass die Übernahme von Eigenverantwortung zu früh erfolgte;<br />
• dass auch keine hinreichend große Ambiguitätstoleranz entwickelt worden ist.<br />
Die Resilienz ist überwiegend schwach ausgeprägt, die Risikofaktoren sind dafür umso stärker gegeben.<br />
Weibliche Biografien<br />
Noch häufiger als in den männlichen Biografien finden sich bei den weiblichen jungen Überschuldeten<br />
Störungs- und Trennungssituationen im Elternhaus. Mehrfach wird auch bereits die Erfahrung<br />
von <strong>Schulden</strong> bei den Eltern berichtet. Ebenfalls noch stärker als bei den jungen Männern wird bei<br />
den Frauen die Tendenz deutlich, frühzeitig, d.h. zwischen 16 und 18 Jahren, die elterliche Wohnung<br />
zu verlassen, und – in den meisten Fällen – zu einem Freund zu ziehen, teilweise verbunden mit<br />
größeren Ortswechseln. Das Bedürfnis nach Freiheit drückt sich auch darin aus, dass quasi in einer<br />
Trotzreaktion gegen elterliche Beschränkungen die finanziellen Möglichkeiten voll ausgeschöpft und<br />
teilweise überspannt werden.<br />
„Mit 18 Jahren darf ich alles machen, jetzt hole ich mir ein Handy, jetzt mache ich dies, jetzt mache<br />
ich jenes. Ich habe mir erst mal alle Wünsche erfüllt, das tollste Handy, die teuersten Klamotten, die<br />
teuersten Schuhe.“<br />
Die offensichtliche Sehnsucht, sich eine „heile Welt“ zu schaffen, wird in fünf Fällen durch eine frühzeitige<br />
Mutterschaft (mit 18 oder 19 Jahren) erfüllt. In aller Regel übernehmen die Frauen auch die<br />
Kosten für die Einrichtung des gemeinsamen Heims, zumeist durch Versand- und Katalogbestellungen.<br />
Konträr dazu ist zu beobachten, dass sich die ausgewählten Männer weitgehend den damit<br />
eingegangenen Verpflichtungen und Konsequenzen entziehen, sei es gezielt, sei es aus Überforderung.<br />
Oft lassen sich die Männer von ihren jungen Frauen ‚durchfüttern’. So enden diese ‚Liebesbeziehungen’<br />
sehr schnell im Desaster, das aber verschiedene Erscheinungsformen annehmen kann.<br />
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