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Jugend und Computerspiele - Studienkolleg

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II) LESEVERSTEHEN / TEXT: <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> <strong>Computerspiele</strong><br />

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(A) Die <strong>Jugend</strong>lichen in Deutschland verbringen immer mehr Zeit mit <strong>Computerspiele</strong>n <strong>und</strong> werden<br />

teilweise von diesen abhängig. Dies geht aus einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts<br />

Niedersachsen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Für die Untersuchung hatten die<br />

Wissenschaftler zwischen April 2007 <strong>und</strong> Oktober 2008 über 15.000 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler in<br />

ganz Deutschland befragt. Die Neuntklässler, die im Schnitt 15,6 Jahre alt waren, füllten hierzu einen<br />

sechs Seiten langen Fragebogen aus. Finanziert wurde die Studie vom B<strong>und</strong>esinnenministerium.<br />

(B) Demnach sind vor allem männliche <strong>Jugend</strong>liche gefährdet, spielsüchtig zu werden. Fast ein Drittel<br />

der 15-Jährigen bringt es pro Tag im Durchschnitt auf eine Spielzeit von mehr als drei St<strong>und</strong>en, jeder<br />

dreizehnte Junge wird entweder als abhängig (drei Prozent) oder als suchtgefährdet (4,7 Prozent)<br />

eingestuft. Viele <strong>Jugend</strong>liche verbringen übers Jahr gesehen mehr Zeit mit <strong>Computerspiele</strong>n als im<br />

Schulunterricht. Auffällig ist, dass Jungen deutlich häufiger <strong>und</strong> länger am Computer spielen als<br />

Mädchen (siehe Graphik 1, LV) <strong>und</strong> auch häufiger in eine Abhängigkeit fallen. Bei Jungen nimmt das<br />

<strong>Computerspiele</strong>n als Freizeitbeschäftigung nach dem Fernsehen/DVD bereits den zweiten Platz ein,<br />

vor Unternehmungen mit der Familie oder sportlichen Aktivitäten (siehe Graphik 2, TP).<br />

(C) Eine hohe Suchtgefahr geht vor allem von so genannten Online-Rollenspielen aus, bei denen<br />

Tausende Spieler, die durch das Internet verb<strong>und</strong>en sind, in einer virtuellen Welt gegeneinander<br />

antreten. Unter den zehn Spielen mit der größten Suchtgefahr gibt es auch drei Shooter-Spiele, bei<br />

denen der Nutzer/User möglichst viele Spielfiguren erschießen muss. Auf Platz vier befindet sich das<br />

Shooter-Spiel Counterstrike, das auch im Zimmer des Amokläufers 1 von Winnenden gef<strong>und</strong>en<br />

worden ist. Besonders problematisch ist nach Meinung der Forscher das Online-Rollenspiel "World<br />

of Warcraft" (Welt der Kriegskunst), das weltweit meistverkaufte Spiel seiner Art. In dem Spiel<br />

schließen sich mehrere Akteure zusammen, um in einer Fantasy-Welt Aufgaben zu übernehmen <strong>und</strong><br />

gegen computergesteuerte Monster zu kämpfen. Weil "World of Warcraft" (WoW) im Vergleich zu<br />

Shooter-Spielen als weniger brutal gilt, wurde es mit einer Altersfreigabe von zwölf Jahren belegt.<br />

(D) Jeder dritte männliche WoW-Nutzer/User gab in der Umfrage an, das Spiel täglich mehr als<br />

viereinhalb St<strong>und</strong>en zu spielen. Schüler, die z.B. WoW spielen, leiden häufig unter Schlafstörungen,<br />

haben im Vergleich zu anderen <strong>Jugend</strong>lichen deutlich schlechtere Schulnoten <strong>und</strong> gehen nicht mehr<br />

regelmäßig in die Schule, d.h. sie schwänzen den Unterricht. Dieser Effekt ist in allen Schulformen<br />

<strong>und</strong> unabhängig vom Bildungsniveau im Elternhaus festzustellen. Ob ein <strong>Jugend</strong>licher süchtig wird,<br />

hängt also von der Art des Spieles ab <strong>und</strong> nicht nur vom Charakter oder den Lebensverhältnissen des<br />

Spielers.<br />

(E) Daher fordern die vier Autoren der Studie, die Alterseinstufung für "World of Warcraft" <strong>und</strong><br />

andere Online-Spiele auf 18 Jahre heraufzusetzen. "Mit der jetzigen Einstufung ab zwölf Jahre sendet<br />

der Staat an die Eltern das völlig falsche Signal aus", kritisiert der Kriminologe Christian Pfeiffer <strong>und</strong><br />

verlangt, dass das Suchtpotential eines Spiels bei der Altersfreigabe beachtet werden muss.<br />

Der Geschäftsführer der Produzentenvereinigung „Unterhaltungssoftware“, Olaf Wolters, bezweifelt<br />

allerdings, dass es möglich ist, die Suchtgefahr eines Spieles zuverlässig festzustellen. "Es ist<br />

unmöglich herauszufinden, wie gefährlich ein Spiel ist", sagte er der SZ. Olaf Wolters prüft<br />

<strong>Computerspiele</strong> <strong>und</strong> macht Vorschläge zur Alterskennzeichnung der Spiele. Herr Wolters glaubt, dass<br />

die Eltern "exzessives Spielverhalten" durch Zeitbegrenzer, die in den Spielen eingebaut werden<br />

können, verhindern könnten.<br />

(SZ vom 16.03.2009; gekürzt <strong>und</strong> vereinfacht)<br />

Worterklärung: SPIELSUCHT<br />

Spielsüchtig ist jemand, der ohne das tägliche Computerspiel nicht leben kann, der das Spiel braucht wie eine Droge.<br />

1 Anmerkung: Amok (malaiisch: meng-âmok, in blinder Wut angreifen <strong>und</strong> töten) ist eine psychische Extremsituation, die durch<br />

Unzurechnungsfähigkeit <strong>und</strong> absolute Gewaltbereitschaft gekennzeichnet ist. Die Täter, die in einer solchen Ausnahmesituation Straftaten<br />

begehen können, nennt man Amokläufer oder auch Amokschützen, falls sie Schusswaffen gebrauchen, oder Amokfahrer, falls sie Fahrzeuge einsetzen.

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