29.09.2012 Aufrufe

EUCHARISTIE ALS FEIER DER KIRCHE - RKK Basel-Stadt

EUCHARISTIE ALS FEIER DER KIRCHE - RKK Basel-Stadt

EUCHARISTIE ALS FEIER DER KIRCHE - RKK Basel-Stadt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Der entscheidende Kern des neutestamentlichen Opfergedankens besteht darin, dass Gott selbst<br />

das schenkt, was wir ihm schenken, und dass beim Opfer die Initiative ganz von Gott her<br />

kommt: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn dahingab“ (Joh<br />

3. 16). Christus ist also nicht zuerst eine Gabe, die wir Menschen in der Eucharistie Gott, und<br />

schon gar nicht einem zürnenden Gott, darbringen sollten und könnten. Es ist vielmehr bereits<br />

das Werk der Liebe Gottes, dass er uns seinen Sohn geschenkt hat. Ihn schenken wir Gott, dem<br />

Vater, in der Eucharistie zurück. Seit ältesten Zeiten wird dieses Opferverständnis auch im<br />

römischen Kanon ausgedrückt, wenn es dort heisst: „De tuis donis ac datis offerimus tibi“ –<br />

„Aus deinen Geschenken und Gaben schenken wir dir.“<br />

Gott schenkt, damit wir schenken können. Dies ist die Grundlage des neutestamentlichen<br />

Opferverständnisses. Hinzugenommen werden muss freilich die weitere Aussage, dass auch<br />

wir wirklich schenken, nämlich zurückschenken, was Gott uns geschenkt hat, oder zurücksegnen,<br />

womit er uns gesegnet hat. Auch diese Dimension des christlichen Opferverständnisses<br />

hat alttestamentliche Wurzeln und ist greifbar in der Frömmigkeit der Psalmen und<br />

der Propheten, etwa in der Einsicht, dass ein zerknirschter Geist das wahre Opfer vor Gott ist,<br />

dass unsere Gebete aufsteigen mögen wie Weihrauch zu Gott hin und dass mehr als Tausende<br />

von fetten Widdern das Gebet vor Gott wiegen möge. 33 Solche Aussagen dokumentieren, dass<br />

Israel in einem langen Ringen zur Überzeugung gekommen ist, dass jenes Opfer, das Gott<br />

wirklich gemäss ist, der gottgemässe Mensch selbst ist und dass somit das wahre Opfer das<br />

Gebet, die dankende Lobpreisung Gottes ist, in dem wir uns als seine Geschöpfe ihm<br />

zurückgeben.<br />

Mit Recht haben die Kirchenväter das Opfer Jesu Christi und in der Folge das Opfer der<br />

Eucharistie vorgebildet gesehen im Uropfer Abrahams, bei dem Gott selbst den Widder im<br />

Dornengestrüpp schenkt, damit er ihn schenken kann, und sie haben darin den ersten Vorboten<br />

des Lammes Jesus Christus gesehen. Der entscheidende Unterschied besteht freilich darin,<br />

dass im neutestamentlichen Verständnis das Opfer an Gott nicht durch die Übergabe von<br />

Tieren oder Sachen, sondern durch die Selbstübergabe des Geistes geschieht, die im Wort ihre<br />

Gestalt findet. Das Besondere des Opfers Jesu Christi besteht dabei darin, dass sein<br />

Todesgeschick in ein Wort der Hinnahme und der Hingabe umgewandelt worden und das<br />

Unlogische des Todes zum logosgemässen Opfer geworden ist. Genau in diesem Sinn ist auch<br />

das eucharistische Gebet ein Opfer, dass es unser Eintreten in das Gebet Jesu Christi selbst und<br />

damit unser Eingehen in den Logos und in seine Selbstübergabe an den Vater ist, die im Kreuz<br />

zugleich Übergabe der Menschheit an ihn geworden ist. 34<br />

Bedenkt man diese Vergeistigung und Personalisierung des christlichen Opferverständnisses,<br />

dann kann man es nicht als Abweg oder gar Irrweg beurteilen, dass sich der Gedanke des<br />

Dankes sehr früh mit dem des Opfers verbunden hat und deshalb aus dem Begriff der<br />

Eucharistia mit wachsender Bestimmtheit der Gedanke der Oblatio herausgehoben worden ist.<br />

Der Schritt von „gratias agamus“ zum offere und zum sacrificium ist letztlich nur eine Entfaltung<br />

dessen, was von Anfang an gegeben war. 35 Vorausgesetzt ist dabei die in der<br />

Spätantike entwickelte Vorstellung von einem worthaften Opfer, die auch Eingang gefunden<br />

hat in den römischen Messkanon, wenn dort von einer „oblatio rationabilis“ die Rede ist. Von<br />

33<br />

Zu den jüdischen Wurzeln dieses Opferverständnisses vgl. L. Bouyer, Eucharistie. Théologie et spiritualité de la prière eucharistique<br />

(Tournai 1966). Vgl. auch H. U. von Balthasar, Die Messe, ein Opfer der Kirche?, in: Ders., Spiritus Creator (Einsiedeln 1967) 166-217.<br />

34<br />

Vgl. O. Casel, ???????????? ?der antiken Mystik in christlich-liturgischer Umdeutung, in: Jahrbuch für Liturgiewissenschaft 4 (1924)<br />

36ff.<br />

35<br />

Vgl. J. Ratzinger, Ist die Eucharistie ein Opfer?, in: Concilium 3 (1967) 299-304.<br />

10

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!