EUCHARISTIE ALS FEIER DER KIRCHE - RKK Basel-Stadt

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Handlungen und dass das Wesentliche am Geschehen des Letzten Abendmahles nicht das Essen des Lammes und der anderen traditionellen Gerichte war, sondern das grosse Gebet der Lobpreisung, in dessen Mitte nun die Stiftungsworte Jesu standen. Denn mit diesen Worten hatte Jesus seinen Tod in die Gabe seiner selbst umgewandelt, so dass wir nun Gott für diesen Tod und die durch ihn vollzogene Selbstgabe Jesu danken dürfen. Die frühe Kirche hat den wesentlichen Kern des Letzten Abendmahles in der Eucharistia gesehen, die wir heute als „Hochgebet“ bezeichnen. 12 Insofern ist „eucharistia“ die lateinische Übersetzung des hebräischen Wortes „berakha“ und bezeichnet wie dieses Lobpreisung, Danksagung und Segnung. Wenn die Berakha die zentrierende Mitte auch des Letzten Abendmahls Jesu gewesen ist, dann kann die Grundgestalt des Sakramentes des Leibes und Blutes Christi nicht das Mahl sein, freilich auch nicht das Opfer, jedenfalls nicht im herkömmlichen religionsgeschichtlichen Sinne. Die Grundgestalt dieses Sakramentes ist vielmehr die Eucharistia 13 , beziehungsweise die Eulogia, wie Lothar Lies mit Recht sagt: „Jesus als die Auto-Eulogia Gottes gibt sich in die Form der alttestamentlichen Passa-Eulogia hinein und stellt sich als Passa-Eulogia dar. Dies ist die wesentliche Sinngestalt der Eucharistie der Kirche.“ 14 3. Geschichtliche Gestaltwerdung der Eucharistie der Kirche Damit haben wir freilich weit vorgegriffen. Um die Eucharistie als Feier der Kirche in der uns überkommenen und heutigen Gestalt verstehen zu können, müssen wir die geschichtliche Gestaltwerdung der Eucharistie der Kirche noch weiter skizzieren. Bei diesem differenzierten Vorgang kann man mit Heinz Schürmann drei Stadien unterscheiden, nämlich die Eucharistie beim Letzten Abendmahl Jesu, die apostolische Eucharistie in Verbindung mit dem Gemeindemahl und die vom Gemeindemahl getrennte nachapostolische Eucharistiefeier. 15 a) Apostolische Eucharistie mit Gemeindemahl Schürmann spricht deshalb pointiert von der „Eucharistie“ beim Letzten Abendmahl Jesu, weil er das eucharistische Geschehen beim Letzten Abendmahl als „integralen, ja konstitutiven Bestandteil einer Mahlzeit“ betrachtet und hervorhebt, dass das eucharistische Geschehen beim Letzten Abendmahl „eine relative Eigenständigkeit und Eigenbedeutung gegenüber dem Mahlvorgang“ habe. 16 Die apostolische Eucharistie war hingegen mit einem Gemeindemahl verbunden, das freilich nicht als Wiederholung des Letzten Abendmahles Jesu verstanden wurde. Wie bereits im 11. Kapitel des Ersten Korintherbriefes deutlich erkennbar ist, ging das Sättigungsmahl vielmehr als geschlossene Einheit der eucharistischen Feier voraus, während die eucharistischen Handlungen als eigenes, durch das Dankgebet der Eucharistia verklammertes Geschehen folgte. Wenn die urchristliche Eucharistie nicht als Wiederholung des Letzten Abendmahles zu verstehen ist, woher ist sie dann herleitbar? 12 Zum Zusammenhang zwischen der Berakha-Eucharistia des Letzten Abendmahls Jesu und den eucharistischen Hochgebeten vgl. L. Bouyer, Eucharistie. Théologie et spiritualité de la prière eucharistique (Tournai 1966). 13 Vgl. J. Cardinal Ratzinger, Gestalt und Gehalt der eucharistischen Feier, in: Ders., Das Fest des Glaubens. Versuche zur Theologie des Gottesdienstes (Einsiedeln 1981) 31-54; Ders., Eucharistie – Mitte der Kirche (München 1978). 14 L. Lies, Eulogia – Überlegungen zur formalen Sinngestalt der Eucharistie, in: Zeitschrift für katholische Theologie 100 (1978) 69-97. Vgl. Ders., Eucharistie in ökumenischer Verantwortung (Graz 1996). 15 H. Schürmann, Die Gestalt der urchristlichen Eucharistiefeier, in: Ders., Urspung und Gestalt. Erörterungen und Besinnungen zum Neuen Testament (Düsseldorf 1970) 77-99. Vgl. auch H. Kahlefeld, Das Abschiedsmahl Jesu und die Eucharistie der Kirche (Frankfurt a. M. 1980). 16 Ebda. 83-84. 4
Nicht wenige Exegeten vertreten die Hypothese, die Eucharistiefeier der werdenden Kirche schliesse sich entweder an die täglichen Mahlzeiten Jesu oder an seine Sündenmähler an. Diese Hypothese wirkt heute auf viele ungemein faszinierend und hat weitreichende Konsequenzen. Zumeist ist mit ihr auch eine beissende Kritik an der Praxis der kirchlichen Eucharistie verbunden. Denn hinter dieser Hypothese steht die Annahme, die Eucharistie sei der weite Tisch der Sünder, an den sich auch Jesus setzt, sie sei die offene Gebärde Jesu, zu der er alle ohne Grenzen einlädt. Die Eucharistie könne deshalb keine Vorbedingungen kennen und nicht an die Konfession und nicht an die Taufe gebunden sein. Sie sei vielmehr der offene Tisch, an dem alle ohne Grenzen und konfessionelle Voraussetzungen dem weltweiten Gott begegnen. Die Eucharistie sei das Zeichen der bedingungslosen Gnade Gottes, die auch den Sündern, ja selbst den Ungläubigen angeboten sei. 17 Diese Hypothese mit der praktischen Konsequenz einer kirchen- oder gar weltoffenen Eucharistie 18 dürfte ihren Ursprung in einer konfessionell geprägten, undifferenzierten Identifizierung der Eucharistie mit der lutherischen Rechtfertigungslehre als der Lehre von der Begnadigung des Sünders haben. Sie entspricht aber nicht dem biblischen Zeugnis, in dem immerhin Paulus das sündige Hinzutreten zur Eucharistie als „Essen zum Gericht“ (1 Kor 11. 29) beurteilt und die Eucharistie sogar durch das Anathem vor Missbrauch schützt (1 Kor 16. 22). Demgemäss geht der Eucharistie notwendigerweise die Unterscheidung voraus: „Wer unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken“ (1 Kor 11. 27-28). Diese Praxis ist später auch greifbar in der Zwölfapostellehre am Beginn des Zweiten Jahrhunderts, gemäss der der Priester vor der Austeilung des Sakramentes spricht: „Wer heilig ist, der trete hinzu, wer nicht, tue Busse!“ 19 Wie das Letzte Abendmahl Jesu wohl kaum eines derjenigen Mähler gewesen ist, die er mit Sündern und Zöllnern gehalten hat, so ist auch die apostolische Eucharistie nicht das Sakrament der Versöhnung. Dieses wird vielmehr vorausgesetzt für die Eucharistie als Sakrament der Versöhnten, die sich von Christus versöhnen liessen und dadurch gleichsam seine Familie geworden sind. Die Eucharistie wurde deshalb von Anfang an in der Hausgemeinschaft Jesu Christi gefeiert und kannte klare Zulassungsbedingungen. Die urchristliche Eucharistie ist somit nicht von den Sündermählern Jesu her und auch nicht einfach als Fortsetzung der täglichen Mahlgemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern verstanden worden. Den eigentlichen Ansatzpunkt für die urchristliche Gestaltung des Vermächtnisses Jesu bildete vielmehr das Ostergeschehen. Darauf weist bereits die schlichte Tatsache hin, dass die Eucharistie zunächst am Sonntag gefeiert wurde. Nichts spricht in der apostolischen Zeit dafür, dass die Eucharistie täglich gefeiert wurde, wie es eigentlich der Hypothese von der Herkunft der Eucharistie von der täglichen Mahlgemeinschaft Jesu entsprechen würde. Wir müssen vielmehr von der wöchentlichen und näherhin sonntäglichen Feier der Eucharistie ausgehen. Damit ist sie aber gerade aus dem Gewöhnlichen des Alltäglichen und damit auch aus der täglichen Mahlgemeinschaft herausgehoben. Der Sonntag als Tag der Auferstehung Jesu Christi wurde nun zum inneren und äusseren Ort für die Feier der Eucharistie in der werdenden Kirche. 17 Vgl. P. Trummer, „... dass alle eins sind!“ Neue Zugänge zu Eucharistie und Abendmahl (Düsseldorf 2001); J. Rehm, Eintritt frei! Plädoyer für das ökumenische Abendmahl (Düsseldorf 2002). 18 Vgl. J. Moltmann, Kirche in der Kraft des Geistes. Ein Beitrag zur messianischen Ekklesiologie (München 1975), bes. 268-286: Das Herrenmahl. 19 Didache X 6. 5
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