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Drehbuch einer Bundesratswahl - Text und Auftritt

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Gründen zu wanken begann, suchten die Gegner der Kandidatur Uchtenhagen<br />

intensiver nach <strong>einer</strong> möglichen Alternative. In jenem Moment kam nun die<br />

Kandidatur Fritz Reimann ins Gespräch, der am Donnerstag der ersten<br />

Sessionswoche von <strong>einer</strong> interfraktionellen bürgerlichen Delegation aufgesucht<br />

wurde. Mir persönlich kam diese Alternative recht, da damit die Gefahr <strong>einer</strong><br />

Konzentration auf meine Person abgewendet war.»<br />

Reimann <strong>und</strong> Buser verabreden sich zum Mittagessen im Restaurant «Krone» im<br />

Berner Nobelvorort Muri. Noch bevor das bestellte Fisch-Gericht an <strong>einer</strong> weissen<br />

Sauce aufgetragen ist, platzt es aus Buser heraus: «Fritz, ich sichere Dir jegliche<br />

Unterstützung zu.» Welches Departement auch immer Fritz Reimann im B<strong>und</strong>esrat<br />

übernehmen müsse, überall gebe es vorzügliche Beamte, die dem bescheidenen,<br />

auch an s<strong>einer</strong> Qualifikation für das hohe Amt zweifelnden Reimann beistehen<br />

könnten: «Du brauchst k<strong>einer</strong>lei Bedenken zu haben.»<br />

Reimann winkt wieder ab, doch Buser will’s nicht wahrhaben. Am folgenden Freitag<br />

hat der B<strong>und</strong>eskanzler in Basel an der Universität Examina abzunehmen <strong>und</strong> benützt<br />

die Gelegenheit, mit seinem alten Fre<strong>und</strong> Hans-Peter Tschudi, dem früheren SP-<br />

B<strong>und</strong>esrat, ein Gespräch zu führen. Tschudi, den Buser als seinen Berater<br />

empfindet, hat dem B<strong>und</strong>eskanzler zuerst von <strong>einer</strong> Kandidatur abgeraten, später<br />

jedoch, an Tschudis Geburtstagsfeier, schlitzohrig empfohlen, seine, Tschudis<br />

1959er Erfahrung, zu studieren: «Die könnte Dir jetzt dienlich sein.» Buser will darauf<br />

geantwortet haben: «Comparaison ce n’est pas raison.»<br />

Nach dem Gespräch mit Fre<strong>und</strong> Tschudi ruft Buser via Autofunk den<br />

Parteipräsidenten Hubacher an. Sie verabreden sich im «Maxim» in Basel, das<br />

Hubachers Gattin führt. Buser über den Gesprächszweck: «Es ging mir nicht darum,<br />

ihn um Rat zu fragen, wie später in den Medien gesagt worden ist, sondern darum,<br />

einen Appell an ihn zu richten, die Tatsache der ungünstigen Chancen der<br />

Kandidatur Uchtenhagen zu realisieren <strong>und</strong>, wenn es doch offenbar sein musste, von<br />

sich aus eine Alternative in die Diskussion zu bringen. Im gleichen Sinne hatte ich<br />

mich am Donnerstag der ersten Woche der Winter-Session bereits an den SP-<br />

Fraktionspräsidenten Dario Robbiani gewandt.»<br />

Helmut Hubacher erinnert sich, dass ihn Buser für Reimann zu gewinnen suchte. Der<br />

B<strong>und</strong>eskanzler habe sich als ursprünglicher Anhänger der Kandidatur Uchtenhagen<br />

dargestellt, der jetzt von der Chancenlosigkeit dieser Kandidatur überzeugt sei:<br />

«Helmut, so begreif doch endlich…» Wichtiger freilich scheint dem SP-Chef, dass<br />

Buser darauf hingewiesen habe, seine Wiederwahl als B<strong>und</strong>eskanzler wäre<br />

gefährdet, wenn er jetzt mit <strong>einer</strong> öffentlichen Verzichtserklärung die Bürgerlichen vor<br />

den Kopf stossen würde. Hubacher hat darauf erwidert: «Es gibt traurigere<br />

Schicksale, als als B<strong>und</strong>eskanzler nicht wiedergewählt zu werden.» Das vielleicht<br />

eine St<strong>und</strong>e dauernde Gespräch verläuft frostig, k<strong>einer</strong> traut dem andern über den<br />

Weg. Willi Ritschard hat dem SP-Präsidenten vor den Sommerferien 1983 gesagt:<br />

«Die Bürgerlichen wollen Buser. Wenn das passiert, können wir aus dem B<strong>und</strong>esrat<br />

austreten.» Und Helmut Hubacher glaubt auch zu wissen, dass Buser bei den<br />

Bürgerlichen bereits im Wort steht.<br />

Am Montag, 5. Dezember 1983, teilt Nationalrat Reimann den Bürgerlichen offiziell<br />

<strong>und</strong> schriftlich mit: «Liebe Ratskollegen, anlässlich unseres Gesprächs vom<br />

vergangenen Donnerstag habe ich von Euch erfahren, dass scheinbar breite Kreise<br />

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