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Drehbuch einer Bundesratswahl - Text und Auftritt

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Polizeidepartementes, zugunsten von Walter Buser aktiv sei, um einen Vertrauten,<br />

nämlich Joseph Voyame, Direktor des B<strong>und</strong>esamtes für Justiz, als Nachfolger<br />

Busers in den B<strong>und</strong>eskanzlerjob hieven zu können. Da Furgler früher wiederholt<br />

bemerkt hatte, er sei für eine Kandidatur Uchtenhagen, will der SP-Präsident jetzt<br />

vom CVP-B<strong>und</strong>esrat persönlich wissen: «Kurt, warst Du nur für Lilian, um Willi<br />

Ritschard weg zu empfehlen?» Als Hubacher aus Furglers Büro herauskommt, hat er<br />

trotz der Zusicherung Furglers - «Helmut, ich bin absolut dafür, dass ihr im B<strong>und</strong>esrat<br />

bleibt» - kein klares Gefühl über Furglers tatsächliche Rolle.<br />

Zu Beginn der zweiten Woche der Winter-Session, zwei Tage vor der<br />

<strong>B<strong>und</strong>esratswahl</strong>, stellen die Sozialdemokraten fest, dass Walter Buser stärker denn<br />

je im Gespräch ist – besonders als auch noch Reinmanns definitiver Verzicht<br />

bekannt wird. Im SP-Fraktionsvorstand wird die bange Frage diskutiert: «Wie kann<br />

das Problem Buser umgangen werden?» Man beschliesst, Buser müsse Farbe<br />

bekennen. Denn Fraktionsvize Renschler ist inzwischen auch zu Ohren gekommen,<br />

dass der B<strong>und</strong>eskanzler dem Treiben um seine Person keineswegs passiv<br />

gegenüberstehe, sondern vielmehr aktiv auf eine Wahl hinarbeite. Das Gerücht liegt<br />

in der Luft, dass Buser den Generalsekretär des Eidgenössischen Departementes<br />

des Innern, den SP-Mann Eduard Marthaler, als B<strong>und</strong>eskanzler-Nachfolger<br />

montieren wolle, wenn er, Buser, in den B<strong>und</strong>esrat gewählt würde. Renschler will’s<br />

genau wissen <strong>und</strong> ruft Marthaler an: «Hast Du etwas gehört von D<strong>einer</strong> Kandidatur<br />

als B<strong>und</strong>eskanzler?» Marthaler antwortet sinngemäss: «Ja, vor zwei St<strong>und</strong>en hat<br />

Buser angerufen <strong>und</strong> gefragt, ob ich kandidieren würde. Doch ich habe dieses<br />

Ansinnen weit von mir gewiesen.»<br />

Jetzt ist für die SP-Spitze endgültig klar: «Buser ist für sich selber aktiv!» Im Auftrag<br />

des Fraktionsvorstandes müssen Ständerat Carl Miville sowie die Nationalräte<br />

Renschler <strong>und</strong> Hubacher mit dem B<strong>und</strong>eskanzler reden. Bei dieser Aussprache<br />

schweigt sich SP-Chef Hubacher aus <strong>und</strong> verlässt die R<strong>und</strong>e schon nach wenigen<br />

Minuten: «Ich habe nichts Neues gehört. Buser hat wiederholt, was er mir schon in<br />

Basel gesagt hat.» Trotz des Beschlusses, k<strong>einer</strong>lei Zwang auf Buser auszuüben,<br />

geht besonders der Basler Miville mit dem unsicheren Kantonisten Buser hart ins<br />

Gericht: «Walter, ich verstehe Dich nicht!» Und er erinnert Buser daran, welche<br />

Verantwortung er mit <strong>einer</strong> Wahlannahme auf sich nehmen würde: «Du wärst schuld,<br />

wenn wir den B<strong>und</strong>eskanzlerposten verlieren würden, <strong>und</strong> Du trägst die<br />

Verantwortung, wenn sich die Partei spaltet!“» Walter Buser wirbt mit dem Hinweis<br />

auf schlaflose Nächte um Verständnis: «Es geht um meine Existenz.» Da fährt ihn<br />

Walter Renschler an: «Du musst nicht so tun, als ob…» Allein, Miville <strong>und</strong> Renschler<br />

kommen mit Buser auf keinen grünen Zweig. Zusammen gehen die beiden<br />

Parlamentarier mit dem B<strong>und</strong>eskanzler anschliessend an die SP-Fraktionssitzung,<br />

die bereits angefangen hat. Dort fragt SP-Nationalrat Max Chopard quer über den<br />

langen Tisch an die Adresse Busers: «Jetzt wollen wir endlich wissen: Bist Du<br />

Kandidat oder bist Du nicht Kandidat?» Die Frage Chopards gilt keineswegs der<br />

Stärkung der Kandidatur Uchtenhagen; vielmehr sondiert Chopard, ein Anhänger von<br />

Stich, für seinen Otto. Chopard gehört zur sogenannten «Volkshüsler-Riege».<br />

B<strong>und</strong>eskanzler Buser stellt seine Position an dieser Fraktionssitzung so dar: «In all<br />

diesen Wochen - also schon vor der Winter-Session - habe ich alle, die mich<br />

ermunterten, immer wieder dringend ersucht, aus staatspolitischen Gründen die<br />

Kandidatur Uchtenhagen zu akzeptieren oder - soweit sich kategorisch Opposition<br />

geltend machte - darum gebeten, jedenfalls nicht meine Person ins Spiel zu<br />

bringen.»<br />

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