Dirigentin/Dirigent - Schweizer Blasmusikverband
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Im Gespräch mit Albert Brunner, Musikdirektor der Stadtmusik St.Gallen<br />
In Erinnerung an Professor Dr. Paul Huber<br />
Vor einer voll besetzten Tonhalle<br />
eröffnete die Stadtmusik<br />
St.Gallen unter der kompetenten<br />
Leitung von Musikdirektor Albert<br />
Brunner das Konzert mit der<br />
Komposition «Bergruf» 1984.<br />
Albert Brunner, Sie haben Professor<br />
Dr. Paul Huber persönlich<br />
gekannt. Wie kam die erste Begegnung<br />
mit ihm zustande?<br />
Zuerst kannte ich Paul Huber<br />
nur als Komponisten und als Musikexperten.<br />
Nachdem ich dann<br />
die Stadtmusik St.Gallen übernommen<br />
hatte, lernte ich ihn vor<br />
ca. 16 Jahren auch persönlich<br />
kennen. Huber erteilte mir manchen<br />
guten Ratschlag, wenn ich<br />
seine Werke spielte.<br />
Wie war das persönliche<br />
Verhältnis zu Huber?<br />
Paul Huber war keine spontane<br />
Person und wirkte auf neue<br />
Bekannte eher distanziert. Bis<br />
man per Du war, vergingen oft<br />
Jahre. Unser Verhältnis wurde<br />
dann aber immer persönlicher.<br />
Ich war einige Male mit meiner<br />
Frau bei ihm zu Hause, und es<br />
kamen auch Besuche von Paul<br />
Huber und seiner Frau Hedi bei<br />
uns in Uttwil zustande, wenn sie<br />
jeweils am See spazierten.<br />
Zusammen mit Domkapellmeister<br />
Fuchs, einem engen<br />
Freund von Huber, und Oskar<br />
Fritschi, damals Direktor des<br />
Stadttheaters St.Gallen, besuchten<br />
wir in regelmässigen Abständen<br />
Opern und trafen uns danach<br />
zu angeregten Diskussionen<br />
jeweils noch privat bei Oskar Fritschi.<br />
Diese Zusammenkünfte<br />
dauerten oft bis in die frühen<br />
Morgenstunden, und in dieser<br />
Runde bin ich Paul Huber natürlich<br />
sehr nahe gekommen und<br />
lernte ihn auch als Menschen<br />
sehr gut kennen.<br />
Was haben Sie an Paul Huber<br />
besonders geschätzt?<br />
Ich habe vor allem das Vorbild<br />
Paul Huber als Musiker und<br />
Mensch wahnsinnig geschätzt. Er<br />
war eine absolut ehrliche Person,<br />
nicht spontan, aber wenn man<br />
ihn dann einmal kannte, mit<br />
einer kaum zu übertreffenden<br />
Herzlichkeit. Ich schätzte seine<br />
Kompetenz und Begeisterung,<br />
mit welcher er mich immer wieder<br />
zu inspirieren und in seine<br />
Werke einzuführen vermochte.<br />
Seine faszinierenden temperamentvollen<br />
Inputs, die er mir immer<br />
wieder geben konnte, haben<br />
mir sehr viel genützt und auch<br />
unsere Musiker beeindruckt, als<br />
Huber einmal vor einem Wettbewerb<br />
eine Probe der Stadtmusik<br />
besuchte.<br />
Sie haben in Ihren Konzerten<br />
schon oft Werke von Paul Huber<br />
aufgeführt. Was fasziniert Sie an<br />
dieser Musik?<br />
Die beiden Werke «Bergruf»<br />
und «Fantasie über eine Appenzeller<br />
Volksweise» belegen die Bodenständigkeit<br />
von Paul Huber<br />
und die Verbundenheit mit seiner<br />
Heimat; ich liebe diese beiden<br />
Stücke. Die anderen Werke sind<br />
eigentlich alle sehr schwer verständlich<br />
und von ganz anderer<br />
Art. Huber brachte sich darin<br />
sehr akademisch zum Ausdruck<br />
und es hat mich immer wieder<br />
fasziniert, die Herausforderung<br />
der Interpretation solcher Kompositionen<br />
anzunehmen.<br />
Das Proben zusammen mit<br />
einem Blasorchester und einem<br />
Chor ist erfahrungsgemäss sehr<br />
schwierig.<br />
Wie war für Sie das Erlebnis,<br />
mit der Stadtmusik, zwei Männer-,<br />
zwei Frauen- und einem Schüler-<br />
Varia<br />
Nachdem der Komponist Professor Dr. Paul Huber am 25. Februar 2001 verstorben war, machte es sich<br />
die Paul-Huber-Gesellschaft zur Aufgabe, mit einem ganz speziellen Gedenkkonzert das Schaffen des<br />
grossen <strong>Schweizer</strong> Komponisten nochmals gebührend zu würdigen. Das Werkverzeichnis von Paul<br />
Huber, welcher wohl über alle Grenzen hinaus bekannt ist, umfasst über 400 Kompositionen aller Sparten.<br />
Huber schuf geistliche und liturgische Werke, Kammermusik-, Orgel- und Vokalwerke, wobei jedoch<br />
seine Originalkompositionen für Blasorchester einen Schwerpunkt bildeten. Daneben entstanden eine<br />
Oper und Werke für Orchester bis hin zu gross angelegten Sinfonien.<br />
Albert Brunner hat viele schöne Erinnerungen an<br />
Prof. Dr. Paul Huber.<br />
chor zusammen zu proben? Gab<br />
es dabei nie Schwierigkeiten?<br />
Die erste Probe war für mich<br />
ein Schock und eine totale<br />
Ernüchterung; es klappte gar<br />
nichts! Man merkte, dass für<br />
diese Laienchöre die Literatur<br />
eigentlich zu schwer war und sie<br />
an ihre Grenzen stiessen. Man<br />
spürte auch, dass in den Chören<br />
nicht so streng und diszipliniert<br />
gearbeitet wird wie in den<br />
Orchesterproben. Allerdings<br />
klappten dann die zweite und die<br />
dritte Probe nach einer Aussprache<br />
mit den Chorleitern bereits<br />
sehr viel besser, und so holte man<br />
dann im Rahmen des Möglichen<br />
einfach das Optimum heraus. Gesamthaft<br />
waren die Proberei und<br />
diese Aufführung sicher für beide<br />
Seiten ein schönes Erlebnis mit<br />
reichen Erfahrungen. Solche Zusammenarbeit<br />
sollte mehr angestrebt<br />
werden, denn sie verbindet<br />
und hat auch einen positive Auswirkung<br />
auf den Publikumsaufmarsch.<br />
Gibt es ein persönliches Anliegen<br />
Ihrerseits in Bezug auf die<br />
Literatur von Paul Huber?<br />
Ich wünsche mir, dass diese<br />
Werke wieder vermehrt gespielt<br />
werden. Allerdings haben sich die<br />
Orchesterbesetzungen in den<br />
letzten Jahren sehr stark verändert,<br />
weshalb die Kompositionen<br />
von Huber neu arrangiert werden<br />
müssten, um wieder attraktiv zu<br />
sein. Ich werde mich bei der Paul-<br />
Huber-Gesellschaft auch dafür<br />
einsetzen, dass die besten Werke<br />
neu instrumentiert, durchsichtiger<br />
angelegt und so den heutigen<br />
Verhältnissen angepasst werden.<br />
UNISONO 3 •2003 19