Spinatsch - Dr. Markus Spinatsch -- Beratung für Politik und ...

Folgeprobleme des BGÖ aus der Sicht der Verwaltung Seite 6
beschäftigt sind, müssten wohl mehrere dieser Fachleute zur Sichtung und Triage
der umfangreichen Archivbestände von ihrer Kontrollaufgabe abgezogen
werden. Eine dadurch bedingte Verzögerung der Wiederaufnahme der Stromproduktion
in einem KKW hätte Kosten von 1 Million Fr. pro Ausfalltag und
KKW zur Folge.
Zusätzliche Kostenfolgen mit noch ungelösten Abgeltungsregelungen werden
schliesslich auch all jene Gesuche auslösen, die nicht von Beamten der zentralen
Bundesverwaltung, sondern von einer Instanz zu bearbeiten sind, die eine
öffentliche Aufgabe auf der Grundlage eines Leistungsauftrages erfüllen, wie z.
B. selbständige öffentlich-rechtliche Anstalten oder Experten, die einen Teil der
relevanten Dokumente in ihren eigenen Räumen archivieren.
2.2 Belastungen im Personalbereich
Vor allem Dienststellen, die schon heute stark im Rampenlicht der Öffentlichkeit
stehen, befürchten, dass das BGÖ zu einer Zunahme der psychischen und
physischen Belastung ihres Personals führen wird. Die – kommentierte oder
unkommentierte – Offenlegung von Akten von politisch heiklen Geschäften ist
immer mit dem Risiko einer Kritik in den Medien oder im Parlament und in der
Folge mit Legitimationsleistungen durch die Verwaltung verbunden. Auch das
Interesse vieler Medienvertreter, politische Meinungsverschiedenheiten oder
persönliche Konflikte innerhalb der Verwaltung öffentlich zu machen, kann mit
dem freien Aktenzugang an Gewicht gewinnen und den Druck auf das Personal
erhöhen. Schliesslich wird von verschiedener Seite auch angeführt, dass angesichts
der grossen Ermessensspielräume, die das BGÖ der Verwaltung belässt,
für viele Beamtinnen und Beamte ein erhebliches Strafverfolgungsrisiko durch
eine falsche Gesetzesauslegung entsteht.
Die zu gewährende Akteneinsicht steht in einem engen Zusammenhang mit der
Registratur, mit der Ablage und mit der Archivierung von Dokumenten. Die in
diesen Aufgabenbereichen anfallenden Arbeiten werden in vielen Dienststellen
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgeführt, die für die Triage der eingehenden
Akten und der abgelegten Bestände in öffentliche und geheime Akten
sowie für die Identifikation und Ausschwärzung schutzwürdiger Personendaten
nicht genügend qualifiziert sind. Für diese Aufgaben werden in Zukunft juristisch
ausgebildete und speziell geschulte Fachkräfte benötigt. Nach Erfahrungen
des BSV bewilligt das EPA für Registraturverantwortliche lediglich eine
Einteilung in die Lohnklassen 18 bis höchstens 20, was bei dem anstehenden
Ausbildungs- und Verantwortungsprofil kaum ausreichen dürfte, um adäquat
qualifiziertes Personal für die neue Aufgabe zu finden. In diesem Zusammenhang
wird auch darauf hingewiesen, dass für das durch diese Umstrukturierungen
frei gesetzte, oft wenig qualifizierte bisherige Personal in der Registratur
und im Archiv neue Aufgaben zu finden sind.
Dr. Markus Spinatsch
Beratung für Politik und Verwaltung