Fahrgastschiffe Nur das Beste für die Passagiere - GL Group
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RussIscHE büROKRATIE ALs HEmmnIs Die<br />
Durchfahrt der Route unterliegt der<br />
genehmigung Russlands, so <strong>das</strong>s sich<br />
schiffe in murmansk bei der Verwaltung<br />
des nördlichen seeweges anmelden müssen.<br />
Jedes schiff wird besichtigt.<br />
Wichtigstes Kriterium <strong>für</strong> <strong>die</strong> Passage ist<br />
<strong>die</strong> eisklasse. Da es <strong>für</strong> jedes seegebiet<br />
durch <strong>die</strong> Jahreszeiten bestimmte einschränkungen<br />
gibt, entscheidet <strong>die</strong> Verwaltung,<br />
ob ein eisbrecher <strong>die</strong> Fahrt begleitet<br />
oder ob ein Lotse an Bord geht. schwierigster<br />
Fall ist <strong>die</strong> Laptewsee östlich der<br />
inselgruppe sewernaja semlja, <strong>die</strong> auch im<br />
sommer nicht eisfrei ist. schiffe mit Wulstbug<br />
sind nicht gern gesehen, <strong>die</strong> Verwaltung<br />
hält sie <strong>für</strong> ungeeignet in der arktis.<br />
es wird kontrolliert, ob <strong>die</strong> erforderlichen<br />
seekarten an Bord sind und ob <strong>die</strong> Verpflegung<br />
<strong>für</strong> einen längeren aufenthalt in der<br />
arktis ausreicht. Die Verhandlungen können<br />
sich tagelang hinziehen.<br />
an <strong>die</strong>sem starren system mit hohem<br />
bürokratischem aufwand hat es auf der vor<br />
kurzem abgeschlossenen arctic Operational<br />
Platform (aRcOP), einem von der<br />
europäischen union geförderten Forschungsprojekt,<br />
viel Kritik gegeben. Die<br />
gebühren richten sich nach der art und<br />
menge der Fracht und sind mit 70 usDollar<br />
und mehr pro tonne sehr hoch. eigene<br />
Vorleistungen, zum Beispiel arktiserfahrung<br />
der Besatzung oder eine hohe eisklasse,<br />
werden nicht honoriert.<br />
Russland macht kein hehl daraus, <strong>das</strong>s<br />
der unterhalt und <strong>die</strong> erforderliche modernisierung<br />
der atomeisbrecher voll über <strong>die</strong><br />
gebühren finanziert wird, ein Betrag von<br />
etwa 120 millionen usDollar pro Jahr.<br />
Zurzeit läuft ein aufwendiges technisches<br />
scHIFFFAHRTsROuTEn Im VERgLEIcH: suEzKAnAL unD<br />
nöRDLIcHER sEEwEg (in seemeilen)<br />
Route suezkanal nördl. seeweg Differenz prozent<br />
rotterdam – yokohama 11.205 7.345 3.860 34 %<br />
rotterdam – shanghai 10.521 8.079 2.442 23 %<br />
Programm, <strong>die</strong> Lebensdauer der veralteten<br />
Flotte um 50.000 Dienststunden pro schiff<br />
zu verlängern, was zehn Jahre aufschub<br />
bedeutet. im Jahre 2015 soll eine neue Flotte<br />
atomarer eisbrecher bereitstehen. Das<br />
starre system bedeutet bei niedrigem<br />
Frachtaufkommen hohe gebühren, was<br />
westliche Reeder zu Recht abschreckt.<br />
Wie verzerrt <strong>die</strong> Lage ist, zeigt der Konzern<br />
norilsk nickel in norilsk östlich des<br />
Jenissei. Das hüttenwerk produziert Kup<br />
Der Rohöltanker „mastera“ braucht keinen Eisbrecher, er fährt mit hoher Eisklasse<br />
fer von sehr hohem Reinheitsgrad, <strong>das</strong> auf dem Weltmarkt<br />
höchstpreise erzielt. Die Kupfererzeugnisse werden auf dem<br />
Jenissei von Dudinka bis Dikson transportiert, dort auf seeschiffe<br />
umgeladen und erreichen unter eisbrecherbegleitung den<br />
hafen murmansk. norilsk nickel zahlt einen höchstpreis von<br />
55 usDollar pro tonne und ist somit bei einem Frachtaufkommen<br />
von 1 million tonnen im Jahr der einzige großkunde der<br />
eisbrecherflotte, der insgesamt etwa 80 millionen usDollar<br />
bezahlt. norilsk nickel baut zurzeit ein eigenes transportsystem<br />
auf und plant bis 2009 den einsatz von vier<br />
bis sechs kleineren Frachtern von etwa<br />
14.500 tonnen tragfähigkeit mit sehr<br />
hoher eisklasse, <strong>die</strong> nach dem Prinzip des<br />
Double acting tanker (Dat) gebaut sind:<br />
sie verfügen über einen breiten Wulstbug<br />
<strong>für</strong> eisfreie Fahrt und brechen eis mit dem<br />
heck voran, <strong>das</strong> wie ein eisbrecherbug<br />
gebaut ist. Die Podantriebe schaffen dabei<br />
eine günstige unterströmung, wobei <strong>das</strong><br />
Wasser wie ein schmiermittel zwischen<br />
Rumpf und eis wirkt, <strong>die</strong> stahlPropeller<br />
zerstückeln <strong>das</strong> gebrochene eis. norilsk nickel erhofft sich<br />
durch <strong>die</strong> eisbrechenden Frachter einen nachlass der gebühren.<br />
Das unternehmen könnte mit seinem Vorstoß erfolg haben.<br />
Bei Bauzeiten von zehn Jahren <strong>für</strong> einen atomeisbrecher ist es<br />
fraglich, ob Russland seine neue Flotte wie geplant bis 2015 wird<br />
erneuern können. Bereits jetzt ist absehbar, <strong>das</strong>s es in naher<br />
Zukunft zu wenige eisbrecher auf dem nördlichen seeweg<br />
geben wird. Denn es sind neue, mächtige Kunden hinzugekommen,<br />
<strong>die</strong> größten Zuwachs garantieren: <strong>die</strong> russischen Öl und<br />
gaskonzerne.<br />
nEuE DYnAmIK Der eigentliche motor<br />
der seefahrt im norden sind <strong>die</strong> gewaltigen<br />
Öl und gasvorräte, <strong>die</strong> vor der arktischen<br />
Küste liegen, vor allem im westlichen<br />
teil bis zum Jenissei. europa wird<br />
einen großteil seines energiebedarfs der<br />
nächsten Jahrzehnte aus <strong>die</strong>sen Lagerstätten<br />
decken. Der Poker um <strong>die</strong> Zugangsrechte<br />
ist seit Jahren im gange und noch<br />
immer nicht entschieden. Russland hat<br />
mehrmals demonstriert, <strong>das</strong>s es <strong>die</strong> strategische<br />
Ressource Öl nicht aus der hand<br />
geben wird. neben den macht und Verteilungskämpfen<br />
im inneren geht es auch<br />
darum, zu welchen Bedingungen den internationalen<br />
Ölkonzernen Zugang zu den<br />
arktischen Fördergebieten gewährt wird.<br />
Die investitionen sind derart hoch, <strong>das</strong>s<br />
weder der russische staat noch einzelne<br />
internationale Ölgesellschaften <strong>die</strong> Ölfelder<br />
im alleingang erschließen können. Russland,<br />
zweitgrößter Rohölproduzent der<br />
Welt, ist auf internationale Zusammenarbeit<br />
angewiesen – finanziell und technologisch.<br />
Zurzeit ist <strong>die</strong> suche nach dem besten<br />
transportweg voll im gange. auf den<br />
aRcOPWorkshops wurden verschiedene<br />
Konzepte vorgestellt. ein viel diskutierter<br />
Weg ist der transport mit kleinen, eisbrechenden<br />
tankern (15.000 bis 25.000 tonnen<br />
tragfähigkeit), <strong>die</strong> <strong>das</strong> Rohöl im eisfreien<br />
hafen von murmansk an große<br />
Primorsk<br />
St. Petersburg<br />
Öltanker wie <strong>die</strong> „Belokamenka“ (415.000 tonnen tragfähigkeit)<br />
abgeben, <strong>die</strong> als schwimmende Lagertanks <strong>die</strong>nen. es sollen<br />
auch größere Double acting tankers mit 100.000 tonnen tragfähigkeit<br />
als shuttles eingesetzt werden. Weiterhin sind mehrere<br />
PipelineProjekte nach murmansk im gespräch. Die große<br />
alternative dazu wäre eine Pipeline aus nordrussland und Westsibirien<br />
zum Ostseehafen Primorsk, dem inzwischen größten<br />
Ölhafen Russlands.<br />
es werden zurzeit mehrere Ladeverfahren erprobt. in den flachen<br />
gewässern der PetschoraKüste werden tanker auf offener<br />
see über unterseePipelines beladen: Der tanker nimmt an<br />
einer auf dem meeresgrund verankerten Füllstation einen<br />
schlauch auf. Beim Ladevorgang muss er mit der eigenen maschine<br />
Position halten, vor allem bei eis. es sind Ölterminals im Bau,<br />
<strong>die</strong> mit Betonrampen gegen eis gesichert sind. alle Beteiligten<br />
sind sicher, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> verfügbaren eisbrecher zur Begleitung der<br />
tanker nicht ausreichen werden. Der finnische energiekonzern<br />
Arktischer Ozean<br />
Murmansk<br />
Barentssee<br />
Amderma<br />
Ha lb<br />
in<br />
se<br />
l Jamal<br />
Dikson<br />
Jenissei-<br />
Mündung<br />
Dudinka<br />
Der westliche Teil der nordost-passage: Hier liegen <strong>die</strong> öl- und gasvorräte Russlands<br />
N o w a j a<br />
Petschora<br />
S e m l j a<br />
Petschora<br />
Bucht<br />
R u s s l a n d<br />
Karasee<br />
Norilsk<br />
Fortum setzt daher auf eistanker mit hoher eisklasse wie „tempera“<br />
und „mastera“ (beide 106.000 tonnen tragfähigkeit), <strong>die</strong><br />
bei der mehrzahl der eisfahrten keinen eisbrecher brauchen.<br />
Völlig ungeklärt ist <strong>die</strong> Frage, ob Russland <strong>die</strong> Vorleistungen der<br />
Ölkonzerne mit einem gebührennachlass honoriert.<br />
ein ganz anderes Feld sind <strong>die</strong> gaslagerstätten auf der halbinsel<br />
Jamal. Der private russische gaskonzern tambeineftegas<br />
will den abtransport mit Flüssiggastankern, sogenannten Lngtankern,<br />
forcieren, um <strong>das</strong> Pipelinemonopol des russischen<br />
Konzerns transneft zu umgehen. Bisher wurde <strong>die</strong> Lngtechnik<br />
in der arktis noch nicht eingesetzt.<br />
Die Öl und gasförderung wird den nördlichen seeweg durch<br />
niedrigere Frachtraten und den aufbau einer infrastruktur beleben.<br />
Ob china und Japan sich über <strong>die</strong> östliche Route mit energieträgern<br />
versorgen werden, ist fraglich, da <strong>die</strong> Ölförderung auf<br />
sachalin am Pazifik große Fortschritte macht. möglich, <strong>das</strong>s der<br />
seeweg zu einer reinen tankerroute wird, <strong>die</strong> nur auf dem westlichen<br />
teil bis zur Jenisseimündung den namen eines seeweges<br />
ver<strong>die</strong>nt. nach Jahrzehnten der stagnation gibt es in der russischen<br />
arktis also eine völlig neue entwicklung. Die Folgen sind<br />
nicht absehbar. ■ SZ<br />
2 nonstop 1/2006<br />
nonstop 1/2006 2<br />
Foto: neste oiL Karte: nonstop<br />
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