LATE BEETHOVEN LATE BEETHOVEN - Luisa Guembes-Buchanan
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Bezeichnung tutte le corde erzeugt einen verworrenen,<br />
intensiven, möglichst nach innen gerichteten, leidenschaftlichen<br />
und melodischen Abschnitt. Ein neues Thema<br />
erscheint in Takt 40 in der Tonart D-Dur und sorgt, laut<br />
Kindermann, für „neue, hoffnungsvollere Regionen des<br />
Gefühls“. 15 Die Melodie alterniert zwischen der tiefsten<br />
Lage des Klaviers und einer Wiederholung in der hohen<br />
Lage einige Oktaven darüber. Die Rückkehr zu una-corda-<br />
Passagen führt zur Exposition und einer Coda mit intensivem<br />
kontemplativen Charakter zurück.<br />
Was folgt, ist ein Abschnitt von äußerster Leidenschaft,<br />
ausgedrückt mit fast opernhafter Farbgebung über einer<br />
losgelösten Begleitung. Charles Rosen behauptet, Beethoven<br />
habe hier „eine Intensität erreicht, die größer sei als je<br />
ein Opernkomponist sich habe vorstellen können“. 16 Die<br />
Struktur fallender Terzen, obwohl vorhanden, ist bis zum<br />
Beginn der Durchführung nicht vorrangig zu hören, wo sie<br />
erbarmungslos erscheint (ganz ähnlich wie im 1. Satz). Hier<br />
untersucht Beethoven das Nebeneinander von Pedalklängen<br />
im 1. Thema, und nach einer Reihe von Sequenzen absteigender<br />
Terzen driftet alles schließlich in die Reprise.<br />
Die Reprise ist eine komplette Neuinterpretation des<br />
1. Themas, und sie gibt dem Satz einen inneren Höhe-<br />
punkt. Der dramatische Höhepunkt ist für die Coda reser-<br />
viert. Hier erhebt sich Beethoven zu einem ausgedehnten,<br />
fast orchestralen Schluss. Am höchsten Punkt benutzt er<br />
ein Hilfsmittel, die Bebung, eine wiederholte Note, mit<br />
einem starken Akzent auf dem unbetonten Taktteil gespielt,<br />
womit er den Effekt eines Seufzers erreicht. Die Wiederkehr<br />
einer verkürzten Form des 1. Themas projiziert tiefe<br />
Resignation und löst sich auf in Fis-Dur mi seiner in den<br />
Schlussakkorden verdoppelten Terz Ais (enharmonisch B).<br />
Charles Rosen nennt die Largo-Einleitung zum Finale<br />
„die Geburt des Kontrapunkts oder die Erschaffung einer<br />
Fuge“, 17 während Donald F. Tovey sagt: „Der Zweck dieses<br />
Largos ist einfach, einen Weg nach unten über eine Reihe<br />
von absteigenden Terzen zu finden, bis die richtige Tonart<br />
für das Finale erreicht ist“. 18 Die suchende Anfangsgeste<br />
ist eine Reihe von F in Arpeggien durch die Register. Jetzt<br />
beginnt eine Kette fallender Terzen, nur um drei Mal<br />
durch anderes Material unterbrochen zu werden – die<br />
letzte Erinnerung an Bach. Die suchende Anfangsgeste wird<br />
wiederholt, diesmal mit A. Jetzt bringt Beethoven eine neue<br />
Passage rhythmischer und dynamischer Beschleunigung<br />
zu einem Siedepunkt und wendet sich nach einem letzten<br />
ritardando zur Einleitung des Finale risoluto. Dieser ganze<br />
Abschnitt ist seiner Natur nach improvisatorisch, zum Teil<br />
ohne Taktstriche, und die Konzentration von fallenden