LATE BEETHOVEN LATE BEETHOVEN - Luisa Guembes-Buchanan
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De r s p ät e Be eth o v e n<br />
„… mit dem Rücken meiner Geburt entgegengehen und<br />
mit der Brust meinem Tod“. 1<br />
Beethovens Kompositionsperioden wurden üblicherweise<br />
in drei Perioden eingeteilt. Diese Unterteilungen<br />
basierten auf stilistischen Kriterien, und sie wurden gemäß<br />
Opuszahlen und Kompositionsdaten zu Gruppen zusammengefasst.<br />
Die erste Periode schließt die Bonner Jahre und<br />
die frühen in Wien entstandenen Werke bis 1802 ein. Die<br />
zweite oder mittlere Periode, auch die „heroische“ genannt<br />
(nach der Eroica), reicht von 1803 bis 1812. Die dritte<br />
oder „späte“ Periode beginnt 1812/13 und endet mit dem<br />
Tod des Komponisten 1827. Diese Unterteilungen sind vor<br />
allem geeignet, Beethovens kompositorische Entwicklung zu<br />
markieren. Es besteht Uneinigkeit darüber, wann genau der<br />
späte Stil zuerst in Erscheinung tritt. William Kindermann<br />
nimmt an, dass der Spätstil nach und nach hervortritt, und<br />
er hält die Hammerklaviersonate für den „Angelpunkt“. (Er<br />
teilt außerdem Beethovens Kompositionsperioden in vier<br />
statt in drei Segmente ein, wobei die vierte Periode sich von<br />
1824 bis zu seinem Tod 1827 erstreckt.) Andere wiederum<br />
sehen die Charakteristika der Cellosonaten, op. 102, als<br />
den Beginn dessen, was man mit Beethovens „Spätstil“<br />
bezeichnete. Meinungsunterschiede bestehen auch darüber,<br />
in wie weit dieser Stil aus internen oder externen Quellen<br />
hervorgegangen ist, und die Kritiker haben sich bemüht,<br />
seine Charakteristika in zusammenhängender und sinnvoller<br />
Weise zu beschreiben. Martin Cooper nimmt an,<br />
dass Beethovens Spätwerk aus „den Bedürfnissen eines<br />
inneren Zwanges entstand; und sie reflektieren nicht die<br />
bewusste, vom Intellekt bestimmte Suche nach Originalität<br />
oder Neuheit, sondern die graduelle Rückbesinnung<br />
auf eine vollkommene, reife Persönlichkeit“. 2 Wieder<br />
einige Andere sind sich uneins über die Existenz der<br />
Phase selbst, geschweige denn über ihren seismischen<br />
Charakter oder ihre Hauptbeispiele, die späten Sonaten<br />
und Streichquartette, die Diabelli-Variationen und die<br />
Bagatellen, die Neunte Sinfonie und Missa solemnis.<br />
Die CDs in dieser Kollektion enthalten die<br />
Klaviermusik, die Beethoven in seinen letzten Jahren komponierte,<br />
sowie die beiden Cellosonaten, op. 102. Einige<br />
sind stilistisch einfach, andere dagegen von bemerkenswerter<br />
Komplexität. Meiner Meinung nach jedoch haben sie als<br />
Produkte von Beethovens Spätstil gewisse Züge gemeinsam,<br />
die ich in den folgenden Überlegungen versuchen werde zu<br />
unterstreichen. Da diese Klavierwerke nicht nur in dersel-