27.04.2013 Aufrufe

B2.Streetwork Jahresbericht 2008 - KIM - Soziale Arbeit eV

B2.Streetwork Jahresbericht 2008 - KIM - Soziale Arbeit eV

B2.Streetwork Jahresbericht 2008 - KIM - Soziale Arbeit eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

© <strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. 2009<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 PB<br />

<strong>B2.Streetwork</strong> <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong>


Herausgeber:<br />

<strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 Paderborn<br />

Tel. 05251 / 27 298,<br />

Fax: 05251 / 20 56 83<br />

e-mail: b2.streetwork@kim-paderborn.de<br />

Verwaltung:<br />

<strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

Leostraße 29, 33098 Paderborn<br />

Tel. 05251 / 25 100, Fax: 05251 / 28 24 76<br />

e-mail: verwaltung@kim-paderborn.de<br />

www.kim-paderborn.de<br />

Redaktionelle <strong>Arbeit</strong> und Layout:<br />

Niko Markantonatos<br />

(Dipl.-Sozialpädagoge)<br />

© <strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

Alle Personen, die auf den Fotos zu sehen sind, haben ihre Genehmigung zur Veröffentlichung im<br />

Rahmen dieses <strong>Jahresbericht</strong>es gegeben.<br />

Moleküle der Sucht.<br />

Alkohol. Benzodiazepin.<br />

Heroin. Kokain.<br />

Methadon.<br />

Tetrahydrocannabinol (THC).


<strong>B2.Streetwork</strong> <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong>


INHALT<br />

Vorwort<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Personal<br />

Grundlagen -<br />

<strong>Arbeit</strong>sansatz und Menschenbild<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereiche<br />

Foto-Story – 24 h<br />

Spenden<br />

Statistik<br />

ABS –<br />

Alltagsbegleitung bei Substitution<br />

Berichte und Erfahrungen des ersten Jahres<br />

Journal<br />

Abstinenz, nein Danke?! –<br />

Kontrollierter Konsum illegaler Drogen<br />

Frauenzimmer<br />

Sucht und Migration<br />

Ausblick<br />

Verweise<br />

Anhang<br />

Unsere weiteren Hilfeangebote im Bereich Sucht<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

. . . .<br />

5<br />

8<br />

10<br />

13<br />

15<br />

33<br />

46<br />

47<br />

59<br />

67<br />

67<br />

72<br />

76<br />

78<br />

79


Vorwort<br />

Geschäftsleitung<br />

Das Leben in und mit der Sucht lässt sich nicht risikofrei gestalten.<br />

Es ist zum Teil illegal, es ist entwürdigend, einsam, voller Angst und<br />

existentiell bedrohlich, von Rückschlägen und Misserfolgen gezeichnet<br />

– zehn Notarzteinsätze und ein Todesfall in der Notübernachtung<br />

haben uns in <strong>2008</strong> ordentlich durcheinander gerüttelt. Für viele<br />

ist es ein Kreislauf, dem sie nicht ohne weiteres entkommen (können).<br />

Für diese Zeit brauchen Suchtkranke unsere Hilfen.<br />

Die <strong>Arbeit</strong> an der Basis hat sich nicht wesentlich verändert. Hohe<br />

Besucherzahlen in unserem Kontakt-Café dokumentieren über die<br />

Jahre die Akzeptanz unserer niedrigschwelligen Hilfe. Viele Stunden<br />

am Tag ist das Stadtbild entlastet – die Innenstadt längst nicht mehr<br />

so offensichtlich von Drogenabhängigen bevölkert. Das „B2“ ist für<br />

viele Schwerstabhängige (oft zugleich obdachlos) ein Rückzugsort:<br />

Notübernachtung und Kontakt-Café, duschen und waschen, verpflegen<br />

und reden. Wir erleben, dass unsere Hilfe von vielen angenommen<br />

werden kann.<br />

Von den Meisten wissen wir, dass sie draußen (s. o.) ihre Spritzen<br />

setzen. Viele illegale Konsumräume haben wir so schon aus den Gesprächen<br />

kennen gelernt – an manchen versteckten Orten haben<br />

wir aus der Not und unserem Verantwortungsgefühl heraus Spezialsammelbehälter<br />

für benutzte Spritzen aufgestellt, die wir von Zeit<br />

zu Zeit leeren. Unser „Spritzensammeldienst“ i geht morgens und<br />

abends durch die Stadt und sammelt an bekannten Stellen die infektiösen<br />

Reste ein. Mehr als 95.000 sterile Spritzen haben wir in<br />

<strong>2008</strong> gegen benutzte getauscht, über den Automaten verkauft oder<br />

z. T. einfach ausgegeben, um überhaupt präventiv möglichst viele<br />

Nutzer zu erreichen. Mehr als im Vorjahr und trotzdem wissen wir,<br />

dass wir damit nur schätzungsweise ca.12% aller Konsumvorgänge ii<br />

abdecken. Die Bedeutung der persönlichen Aufklärungsarbeit, die<br />

über Infektionsrisiken und mögliche Übertragungswege informiert,<br />

wird hieran besonders deutlich.<br />

Natürlich haben wir trotz vielfältiger Kontrollroutinen auch das<br />

Problem im Haus. Naiv wären wir, wenn wir zum einen 15 Stunden<br />

von<br />

Günter Helling<br />

(Dipl.-Pädagoge)<br />

5<br />

Leiter des <strong>B2.Streetwork</strong><br />

1) Drogenabhängige<br />

bekommen für diesen Job<br />

eine kleine Aufwandsentschädigung<br />

– sie kennen<br />

die Orte am besten.<br />

2) Offizielle Schätzungen<br />

gehen von rund 1000<br />

Schwerstabhängigen für<br />

Paderborn aus, von<br />

denen ca. 400 Personen<br />

ärztlich substituiert<br />

werden. Rechnen wir<br />

‚nur’ die restlichen rd.<br />

600 i.v. Abhängigen, die<br />

durchschnittlich 3-4 x tgl.<br />

konsumieren, so kommen<br />

wir auf ca. 766.500<br />

Konsumvorgänge jährlich.<br />

Im Bundesdurchschnitt<br />

werden rund 1,5% der<br />

Bevölkerung zur Problemgruppe<br />

der intravenös<br />

(i.v.) konsumierenden<br />

Schwerstabhängigen gezählt.<br />

Für Paderborn<br />

würden bei 142.140<br />

Einwohnern (Stand<br />

31.03.<strong>2008</strong>) somit 2132<br />

Personen zur Problemgruppe<br />

gehören.


6<br />

3) heißt: drogenfreies<br />

4) ABS = Alltags-<br />

Begleitung bei Substitution,<br />

psychosoziale Unterstützung<br />

bei besonderem<br />

Hilfebedarf<br />

5) und damit Vermeidung<br />

von Beschaffungskriminalität<br />

und Straffälligkeit<br />

Übernachtungsstelle und 6 Stunden Cafébetrieb anbieten und zugleich<br />

auf Abstinenz während der gesamten Zeit vertrauen würden.<br />

Auf den Toiletten, in den Ecken, hinter der Waschmaschine … Fundorte<br />

sind Konsumorte. Wir kämpfen jeden Tag für ein sauberes iii Café<br />

und eine saubere Übernachtung und müssen im Interesse einer<br />

klaren Linie häufig die Ertappten mit vorübergehenden Hausverboten<br />

sanktionieren. Zwar ist die Öffentlichkeit durch unsere <strong>Arbeit</strong><br />

entlastet, dass Problem ist jedoch nicht gelöst – bestenfalls hat eine<br />

Verlagerung stattgefunden.<br />

Seit gut einem Jahr findet eine wirksame Hilfe durch die Aufstockung<br />

von Fachkraftstellen in der psychosozialen Begleitung von<br />

substituierten Drogenabhängigen statt. Seitens der Caritas-<br />

Suchtkrankenhilfe wird mit einer zusätzlichen Stelle und mit unserer<br />

ABS-Fachkraft iv deutlich mehr für die rund 400 drogenabhängigen<br />

Menschen getan, die sich in einer ärztlichen Substitutionsbehandlung<br />

befinden. Ein guter Schritt, der vielen Abhängigen Stabilität<br />

und häufig die angestrebte Beigebrauchsfreiheit v in einer ansonsten<br />

schwierigen Lebenssituation ermöglicht.<br />

Bei genauerer Betrachtung lässt sich noch vieles verbessern, ergänzen<br />

und ausbauen. Paderborner Einrichtungen der Drogenhilfe haben<br />

im Umgang mit dem Drogenproblem an konstruktiven Lösungen<br />

gearbeitet. Die MitarbeiterInnen der verschiedenen Träger<br />

pflegen eine gute Zusammenarbeit, das Spektrum der Hilfeangebote<br />

ist groß und diejenigen, die aus dem Suchtkreislauf aussteigen<br />

wollen, können ihre Gesprächs- und Hilfepartner finden. Mittlerweile<br />

sind die Kosten für eine Substitutionsmedikation regelhaft<br />

gedeckt, die ambulante Hilfe wird von vielen Anbietern geleistet<br />

und vom überörtlichen Kostenträger finanziert und stationäre Therapieeinrichtungen<br />

können relativ schnell einen freien Therapieplatz<br />

bereitstellen. Die guten Kontakte untereinander ermöglichen<br />

auch uns häufig den „kleinen Dienstweg“ und damit den schnellen<br />

Erfolg einer koordinierten Hilfe.<br />

Als Hilfe-Partner steht das „<strong>B2.Streetwork</strong>“ im Verbund mit vielen<br />

anderen Einrichtungen, Institutionen und Helfern. Unsere


Kooperationspartner tragen erheblich dazu bei, dass ein erster Kontakt<br />

zu den StraßensozialarbeiterInnen auch konkrete Angebote für<br />

weitere Schritte aus der Misere bedeuten kann. Drogenberatung,<br />

Entgiftungen, Beratungsstellen und <strong>Arbeit</strong>skreise, ambulante und<br />

stationäre Hilfen, Substitutionsärzte, verständnisvolle Mitarbeiter<br />

in den Behörden, Sach- und Geldspender und ehrenamtliche Unterstützer<br />

– ohne den Anderen kann der Eine nicht zum Erfolg beitragen.<br />

Wir sind froh, dass wir in Paderborn über ein funktionierendes<br />

Netzwerk von komplementären (Drogen-)Hilfeangeboten verfügen.<br />

In <strong>2008</strong> haben wir unseren Teil dazu beigetragen und für 2009 wollen<br />

wir weiter daran arbeiten.<br />

Darüber hinaus sehen wir deutlichen Entwicklungsbedarf in der Bereitstellung<br />

tagesstrukturierender Angebote für Suchtkranke, die in<br />

der Regel nicht, nicht mehr oder noch nicht wieder in der Lage sind,<br />

einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Abgestimmt auf das Krankheitsbild<br />

sind weitere differenzierte Maßnahmen für den kleinschrittigen<br />

Weg aus der Sucht denkbar. Hier besteht nach wie vor<br />

Handlungsbedarf, dem wir uns gerne bei entsprechender Unterstützung<br />

stellen wollen. Denn auch solche Projekte benötigen die<br />

Zusammenarbeit vieler Akteure.<br />

Mit unserem <strong>Jahresbericht</strong> bieten wir Ihnen eine Lektüre mit interessanten<br />

Einblicken und vielen Informationen zu einem trotz allem<br />

ungelösten Problem.<br />

Für das Team<br />

Günter Helling<br />

7


<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 PB<br />

<strong>B2.Streetwork</strong>. Straßensozialarbeit in Paderborn.


<strong>B2.Streetwork</strong><br />

<strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

Geschichte Der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. betreibt seit<br />

1987 im Auftrag der Stadt Paderborn aufsuchende Straßensozialarbeit.<br />

Diese, in Fachkreisen ‚Streetwork' genannte Herangehensweise<br />

an problembeladene Randgruppen in deren<br />

sozialem Umfeld, hat eine rege Entwicklung erlebt. Während<br />

zunächst vagabundierende junge Wohnungslose im Stadtgebiet<br />

aufgesucht wurden, konnte in der Folge bereits eine sogenannte<br />

‚Krisenwohnung' in der Königsstraße als konkrete<br />

Hilfeergänzung und Basis für weitere Hilfen zur Verfügung<br />

gestellt werden. Mittlerweile hat die Einrichtung nun seit<br />

2002 am Busdorfwall 2 als <strong>B2.Streetwork</strong> ihr drittes Zuhause<br />

bezogen.<br />

<strong>Arbeit</strong> Das <strong>B2.Streetwork</strong> arbeitet niedrigschwellig<br />

und akzeptanzorientiert. Im Rahmen der Streetwork suchen<br />

wir wohnungslose und/oder suchtmittelabhängige Personen<br />

im Stadtgebiet auf, um mit einem möglichst breiten<br />

Spektrum an Angeboten weitere Verelendung zu vermeiden<br />

und konkrete Hilfen bei Alltagsproblemen zu leisten.<br />

Die Beratungsschwerpunkte beziehen sich auf konkrete Unterstützung<br />

bei der <strong>Arbeit</strong>s- und Wohnungssuche, Ernährung,<br />

Hygiene und Infektionsprophylaxe, Spritzentausch, Behördenangelegenheiten,<br />

Schuldenregulierung etc. Ein besonderer<br />

Schwerpunkt liegt in der Alltagsbegleitung bei<br />

Substitution (ABS), die die psychosoziale Stabilisierung bei<br />

abstinenzwilligen Menschen fördert.<br />

Zusammen mit den flankierenden Angeboten des Kontakt-<br />

Cafés und der Not-Übernachtungsstelle ermöglichen wir auf<br />

niedrigschwelligem Niveau den leichten Zugang zu unseren<br />

Hilfen.<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 Paderborn<br />

Tel. 05251/27298<br />

Fax 05251/205683<br />

b2.streetwork<br />

@kim-paderborn.de<br />

6 SozialarbeiterInnen im B2<br />

1 Sozialarbeiter in der ABS<br />

1 Hausmeister und Koch<br />

1 Hilfskraft im Bereich<br />

Hauswirtschaft<br />

1-2 Brückenjobler von InVia<br />

8 studentische Hilfskräfte<br />

14 Schlafplätze für Männer<br />

8 Schlafplätze für Frauen<br />

tägliche Aufnahme von<br />

18.00 bis 19.45 Uhr<br />

Frauen und Männer<br />

ab 18 Jahren<br />

aus dem Raum Paderborn<br />

Aufenthaltsdauer<br />

bis zu 6 Wochen<br />

9


10<br />

Hauptamtliche Mitarbeiter<br />

Personal<br />

In der Straßensozialarbeit mit den Bereichen Kontakt-Café, Beratung, Übernachtung<br />

und Streetwork sind in <strong>2008</strong> fünf Planstellen anteilig mit sieben Fachkräften besetzt.<br />

Zusätzlich ist Heinz Plaumann zur Bewirtschaftung des Küchen- und Café-Bereiches<br />

und für die Hausmeisterei eingesetzt.<br />

Dipl.-Pädagoge<br />

stellvertr.<br />

Geschäftsführer,<br />

Leitung<br />

Diplom-<br />

Sozialpädagoge<br />

ABS<br />

Koch<br />

Hausmeisterei<br />

Günter Helling<br />

Andreas Beisbart<br />

Heinz Plaumann<br />

Diplom-<br />

Sozialarbeiter<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Diplom-<br />

Sozialarbeiter<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Diplom-<br />

Sozialpädagoge<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Dirk Wildenberg Michael Reinhard<br />

Niko Markantonatos<br />

Diplom-<br />

Sozialarbeiterin<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Diplom-<br />

Sozialarbeiterin<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Diplom-<br />

Sozialpädagogin<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Stefanie Buschmeier Kirtsen Rak Claudia Schmidtke


Sonstige MitarbeiterInnen<br />

Unterstützt wird das Team der hauptamtlichen SozialarbeiterInnen durch eine ganze<br />

Reihe an weiteren Mitarbeitern.<br />

Hierzu gehört seit Oktober unser neuer Helfer Elmar Schulte-Hillekes, der überwiegend<br />

für den hauswirtschaftlichen Bereich zuständig ist, sowie acht Studenten<br />

(überwiegend der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong>), davon zwei als Honorarkräfte für Wochenendund<br />

Feiertagsdienste und sechs als Nachtwachen. Zudem konnten sich noch vier<br />

„KollegInnen auf Zeit“ im Rahmen einer <strong>Arbeit</strong>sgelegenheit (Brückenjob) für den beruflichen<br />

Einsatz erproben. In diesem Zusammenhang bedanken wir uns für die gute<br />

Zusammenarbeit mit den KollegInnen bei IN VIA, die diese <strong>Arbeit</strong>sgelegenheiten zuverlässig<br />

betreut haben.<br />

Förderung des Berufsnachwuchses<br />

In <strong>2008</strong> haben insgesamt sieben PraktikantInnen in unserer Einrichtung erste Erfahrungen<br />

im Berufsfeld der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> sammeln können. Hierzu zählten StudentInnen<br />

der Katholischen Fachhochschule (KatHO), Pädagogik-StudentInnen der Universität<br />

Paderborn sowie StudentInnen der Fachhochschule Bielefeld.<br />

Aus der Sicht einer Praktikantin<br />

Personal<br />

Teresa Gummersbach, Diplom-Pädagogik-Studentin der Universität Paderborn, beschreibt<br />

ihre Einstellungen und Erfahrungen zu Beginn ihres Praktikums in unserer<br />

Einrichtung.<br />

Als ich im Dezember letzten Jahres die Zusage für mein Praktikum im <strong>B2.Streetwork</strong><br />

bekommen habe, war ich froh und zufrieden, denn zum einen hatte ich endlich einen<br />

Platz gefunden und zum anderen auch einen der echt interessant ist. So sollte ich also<br />

im Januar ein sechswöchiges Praktikum beginnen. Die Zeit bis dahin war noch lang<br />

und so konnte ich mir einige Gedanken machen: „Was kommt da auf mich zu?“, „Wie<br />

muss ich mit den Klienten umgehen?“<br />

Als ich meinen Kommilitonen und Freunden von meiner Praktikumsstelle erzählte,<br />

war oft die Reaktion: „Bist du dir sicher, dass du mit Drogensüchtigen arbeiten<br />

willst?“, „In Paderborn gibt es Streetwork?“ oder einfach nur „Oh, mein Gott,<br />

Streetwork?“. Ich persönlich bin mit weniger negativen Gedanken herangegangen.<br />

Ich war sehr neugierig, denn bisher hatte ich weder viel mit Drogensüchtigen noch<br />

11


12<br />

Personal<br />

mit Obdachlosen zu tun, außer denjenigen, denen man in der Stadt oder im Busbahnhof<br />

begegnet. Natürlich hatte ich auch vorher schon etwas über das Thema<br />

„Streetwork“ gehört, aber mein Wissen darüber stammte doch eher aus dem Fernsehen,<br />

wo es doch eher negativ dargestellt wird.<br />

Als ich dann am 19. Januar um 8 Uhr vor dem B2 stand, war ich doch ziemlich nervös.<br />

Was erwartet mich und wie gehe ich mit schwierigen Situationen um? Ist der Umgang<br />

mit den Klienten so viel anders als mit in der Gesellschaft gerne als „normale<br />

Menschen“ bezeichneten Personen? Trotzdem ging ich recht offen an die <strong>Arbeit</strong>. Ich<br />

wurde von den Klienten sehr freundlich und auch mit Neugier begrüßt. Bei den meisten<br />

konnte ich mir auf den ersten Blick kaum vorstellen, dass sie Drogen konsumieren,<br />

aber in den Gesprächen erfuhr man sehr viel von den Menschen und auch von<br />

ihren Geschichten. Gerade in den ersten Tagen kam es oft zu Missverständnissen, da<br />

ich vom Umgang mit Spritzen oder auch mit anderen Utensilien zum Konsum von<br />

Drogen keine Erfahrungen hatte und mich schnell als „Nichtwissende“ outete. Ich<br />

kannte die „Szenebegriffe“ nicht und habe, als mich das erste Mal jemand nach<br />

„Pumpen“ fragte, wohl ein wenig „dumm“ dagestanden. Mir wurde diese Unwissenheit<br />

verziehen und sie wurde doch eher belächelt; aber so musste ich doch gerade in<br />

der Anfangszeit oft nachfragen. Zu meinen Fragen bekam ich immer Antwort, entweder<br />

von den MitarbeiterInnen des B2, aber auch oft von den Gästen selber. So<br />

fand ich mich schnell in die <strong>Arbeit</strong> im Café ein und brauchte auch keine Berührungsängste<br />

zu haben.<br />

Das erste Mal bei der Streetwork war, im Gegensatz zu der <strong>Arbeit</strong> hinterm Tresen,<br />

absolutes Neuland für mich. Auf dieser Runde habe ich Bereiche des Busbahnhofes<br />

gesehen und gerochen, an denen ich zuvor noch nie war und vermutlich in meiner<br />

Freizeit auch nie hingekommen wäre. Die Menschen dort waren zum Teil neugierig,<br />

zum Teil zurückhaltend, da sie mich nicht kannten. Ich wurde vorher schon von einem<br />

der Sozialarbeiter vorgewarnt, dass nicht alle Menschen in Paderborn der <strong>Arbeit</strong><br />

der Streetworker gegenüber wohlgesonnen sind, da man angeblich den Drogenkonsum<br />

unterstützen würde. Eine eben solche Erfahrung hatte ich gerade auf meiner allerersten<br />

Runde Streetwork. Ein Mann im Anzug ging an uns vorbei und warf uns nur<br />

einen sehr abfälligen Blick zu, als ob wir etwas Schlimmes tun würden. Ich war doch<br />

sehr erschrocken über diese Reaktion, denn mit dem Verteilen von Spritzen und anderen<br />

„Safer-Use“-Artikeln verhindert man die Ansteckung der Konsumenten mit<br />

verschiedenen Krankheiten und verhindert so eine weitere Ausbreitung. Dass jemand<br />

das anders sieht, fand ich sehr irritierend, denn ein Süchtiger konsumiert, egal ob er<br />

oder sie eine saubere Nadel hat oder nicht.


Grundlagen<br />

<strong>Arbeit</strong>sansatz und Menschenbild<br />

Eine rein abstinenzorientierte, hochschwellige<br />

Drogenhilfe hat nur eine geringe<br />

Reichweite und wird der Heterogenität<br />

von Drogensüchtigen und deren<br />

Suchtkarrieren nur bedingt gerecht. Aus<br />

diesem Grunde bildete sich die niedrigschwellige,<br />

akzeptanzorientiert Drogenarbeit.<br />

Grundlagen und <strong>Arbeit</strong>sbereiche<br />

von Dirk Wildenberg<br />

(Dipl.-Sozialarbeiter)<br />

Niedrigschwelligkeit<br />

bezeichnet dabei lediglich die Zugangsmethode,<br />

Akzeptanz den inhaltlichen<br />

<strong>Arbeit</strong>sansatz. Niedrigschwelligkeit<br />

meint die Minimierung jeglicher<br />

Hemmschwellen gegenüber der Inanspruchnahme<br />

von Hilfe und Beratung.<br />

Dazu gehört der bewusste Verzicht auf<br />

Terminvereinbarungen (verbunden mit<br />

erhöhtem Zeitaufwand), der Verzicht<br />

auf den Beweis der Abstinenzmotivation<br />

durch entsprechende Bemühungen<br />

oder auf den Clean-Status an sich. Hilfen<br />

sollen direkt erreichbar und annehmbar<br />

sein 6 .<br />

Akzeptanz<br />

geht inhaltlich über den anspruchsarmen<br />

Zugang hinaus: Sie beschreibt die<br />

Einstellung und das zugrundeliegende<br />

Menschenbild und beginnt mit dem<br />

schlichten Akzeptieren des drogenbezogenen<br />

Lebensstils als Recht auf „Anders-Sein“<br />

und der für den Konsumenten<br />

negativen als auch positiven Wirkung<br />

einer jeden Droge – ohne sich<br />

aber zu „verbrüdern“ (!) oder sich etwa<br />

auf Selbstmitleid einzulassen. Die Fachliteratur<br />

spricht von „Gelassenheit gegenüber<br />

den dynamischen und diskontinuierlichenEntwicklungsmöglichkeiten“<br />

der Einzelnen. Will heißen: nicht<br />

jeder will und nicht jeder kann (zumindest<br />

zeitweise) ohne Drogen leben –<br />

und das, obwohl ein Lebensentwurf mit<br />

Drogen häufig ebenfalls nicht möglich<br />

ist.<br />

Die Verantwortung für Intensität, Richtungsverlauf<br />

und Verbindlichkeit der<br />

Kontakte liegt bei den Adressaten,<br />

beschreibt Schneider die Rahmenbedingungen.<br />

Für uns in der Praxis bedeutet dies, dass<br />

wir Vertrautsein und Nähe zum Szene-<br />

Leben haben sollten, damit Sozialarbeit<br />

erreichbar ist bei veränderungsbereiten<br />

oder ausstiegswilligen KlientInnen.<br />

13


<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Pause machen. Kraft tanken.<br />

Information<br />

und Beratung.<br />

SOS<br />

Hilfe und<br />

Unterstützung.


1<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Streetwork<br />

Aufsuchende Straßensozialarbeit<br />

Als Basisangebot der niedrigschwelligen<br />

<strong>Arbeit</strong> ist die aufsuchende <strong>Arbeit</strong> oft<br />

der Anfang des Kontaktes zur Zielgruppe.<br />

7<br />

„Aufsuchende <strong>Arbeit</strong> als eine Methode<br />

von sozialarbeiterischen Angeboten<br />

und als persönliche Hilfe ist nicht von<br />

der Drogenarbeit entdeckt oder erfunden<br />

worden“. 8 Vielmehr ist Streetwork<br />

eine spezifische Variante von aufsuchender<br />

<strong>Arbeit</strong> und will durch das Aufsuchen<br />

der drogenbezogenen Lebensräume<br />

Kontakt herstellen und halten. 9<br />

Streetwork bedeutet sozialraumorientierte<br />

Akzeptanz des Gegenübers und<br />

ist eine wichtige Möglichkeit, die Hilfeangebote<br />

"an den Mann/die Frau" zu<br />

bringen. Die Hilfe ist vor Ort erreichbar,<br />

ohne dass erst Schwellenängste überwunden<br />

werden müssen, die die Inanspruchnahme<br />

letztendlich verhindern.<br />

Im Umkehrschluss muss aber nicht nur<br />

der Streetworker die Klientel akzeptieren,<br />

sondern er selbst von ihnen anerkannt<br />

werden.<br />

Dies zeigt sich, wenn dem Streetworker<br />

sogenannte „Szeneneuigkeiten“ mitgeteilt<br />

werden. Diese Neuigkeiten gehen<br />

über den normalen Small-Talk hinaus<br />

und sind somit auch als Vertrauensbeweis<br />

der Szeneangehörigen anzusehen.<br />

10<br />

Als gewollte Überlebenshilfe wird im<br />

Winter heißer Tee ausgeschenkt. Ganzjährig<br />

werden, als wichtiges Hilfsmittel<br />

zur Vertrauensbildung sowie zur Gesundheitsprophylaxe,<br />

auch gebrauchte<br />

Spritzen angenommen und neue, saubere<br />

Spritzen abgegeben. Während der<br />

Streetwork wurden in <strong>2008</strong> mit rund<br />

1861 Stück diesmal 461 mehr saubere<br />

Spritzen als im Vorjahr von uns ‚unters<br />

Volk’ gebracht. Die meisten KlientInnen<br />

nutzen unser kostenloses Angebot von<br />

Safer-Use-Utensilien allerdings im Café.<br />

Unser Vorhaben, in diesem Bereich<br />

offensiver zu werben, trägt weiterhin<br />

deutliche Früchte.<br />

Unsere Streetwork findet in der Regel<br />

zweimal pro Tag statt. Je nach Jahreszeit<br />

suchen wir dann die szenetypischen<br />

Aufenthaltsorte wie z.B. das<br />

Paderquellgebiet oder die Zentralstation<br />

auf. Zusätzlich fahren wir zweimal in<br />

der Woche mit dem Auto zur Streetwork,<br />

um in der Szene Essen von der<br />

Paderborner Tafel an die Bedürftigen<br />

zu verteilen. Die Menschen erwarten<br />

uns schon, um ihren kärglichen Speiseplan<br />

mit gespendeten Lebensmitteln<br />

bereichern zu können. Anders als vielfach<br />

angenommen, gibt es viele Bedürftige<br />

die über keinerlei staatliche<br />

Hilfen (Hartz IV. o.ä.) verfügen. Häufig<br />

sind die Schwellenängste vor Behördenkontakten<br />

einfach zu groß.<br />

15


16<br />

2<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Das Kontakt-Café<br />

Kontakt-Café<br />

Kontakt-, Freizeit- und Hilfeangebot<br />

Das Kontakt-Café war <strong>2008</strong> an 273 Tagen<br />

geöffnet und mit durchschnittlich<br />

78 Personen pro Tag ist die Zahl der BesucherInnen<br />

gegenüber dem Vorjahr<br />

etwas gesunken (Vorjahr: 81 bei 279<br />

Tagen). Im direkten Vergleich zu den<br />

Vorjahren können wir aber wie im Vorjahr<br />

signifikant höhere Besucherzahlen<br />

verzeichnen und das, obwohl wir seit<br />

Anfang <strong>2008</strong> ein Rauchverbot im Cafè<br />

haben.<br />

Die BesucherInnen nutzen das Kontakt-<br />

Café als Aufenthaltsort und Treffpunkt,<br />

sowohl um die sozialarbeiterischen Angebote<br />

wahrzunehmen, als auch um soziale<br />

Kontakte zu pflegen, sich auszutauschen,<br />

sich von Drogenbeschaffung<br />

und –konsum zu erholen, oder auch um<br />

sich mit Lebensmitteln, Spritzenbesteck<br />

und/ oder Kleidung zu versorgen.<br />

Dealen oder andere illegale Handlungen<br />

können bei den gestiegenen Besucher-zahlen<br />

nur dann wirkungsvoll unter-bunden<br />

werden, wenn tatsächlich<br />

zwei SozialarbeiterInnen im Café anwesend<br />

sind. Es ist jedoch immer noch so,<br />

dass die BesucherInnen fast ausschließlich<br />

an den sozialarbeiterischen Angeboten<br />

und dem Café als Schutzraum<br />

interessiert sind. Diese Gruppe scheint<br />

auch innerhalb der offenen Szene quantitativ<br />

konstant zu bleiben.<br />

„Im Rahmen der Kontaktarbeit mit den<br />

BesucherInnen stellen sich hohe Anforderungen<br />

an die MitarbeiterInnen in Drogenkontaktläden;<br />

das Professionsprofil in<br />

Form tradierter Sozialarbeit beinhaltet<br />

u.a. auch Kontroll-, Sanktions- und Interventionsaufgaben<br />

(etwa bei Gewaltsituationen)<br />

– woraus z.T. erhebliche Belastungen<br />

für die MitarbeiterInnen resultieren.“<br />

11<br />

Dieses Belastungspotenzial hervorgerufen<br />

durch Rollenkonflikte erfordert regelmäßige<br />

Fort- und Weiterbildungen der<br />

Mitarbeiterschaft sowie regelmäßige<br />

Supervisionen um eventuellen „burnout“<br />

– Symptomen vorzubeugen. Aus diesem<br />

Grund absolvieren alle MitarbeiterInnen<br />

jährlich mindestens zwei Fortbildungen<br />

und nutzen die monatliche Teamsupervision,<br />

die von einem externen Fachmann<br />

geleitet wird.<br />

Die ‚Abgänge’ durch Therapie, Entgiftung<br />

und Inhaftierung werden durch Therapieabbrecher,<br />

Haftentlassene und Neuzugänge<br />

wieder aufgehoben.<br />

Fast alle Besucher des Kontakt-Cafés<br />

haben nur geringe finanzielle Möglichkeiten<br />

zur Freizeitgestaltung. Es gibt<br />

kaum öffentliche Orte, die nicht kommerziell<br />

ausgerichtet sind und als Treffpunkte<br />

dienen können. Angesichts der in<br />

der Regel sehr beengten Wohnverhältnisse<br />

(sofern überhaupt eine<br />

Wohnung vorhanden ist) und fehlenden


Alternativen dient das Café als Raum<br />

zum<br />

Zeitvertreib, zum Austausch und ist für<br />

manche die einzige (geheizte) Möglichkeit,<br />

soziale Kontakte zu haben.<br />

Das Café wird als Gegenpol zu Ausgrenzung<br />

und Ablehnung gesehen, die von<br />

einzelnen Menschen erfahren wird, die<br />

ohnehin unter ihrer sozialen Situation<br />

leiden. Das Fachteam des <strong>B2.Streetwork</strong><br />

nutzt diesen Ort, um Kontakt zur Zielgruppe<br />

herzustellen, aufrechtzuerhalten<br />

und Vertrauen aufzubauen. Das Café ist<br />

wichtiger Bestandteil des niedrigschwelligen<br />

Beratungs- und Kontaktangebotes.<br />

Neben kleineren Freizeitangeboten finden<br />

hier erste Hilfegespräche in ungezwungener<br />

Atmosphäre statt.<br />

Die breite Angebotspalette unseres Kontakt-Cafés<br />

wird von den BesucherInnen<br />

akzeptiert – die Einrichtung übernimmt<br />

für einige die Funktion eines Zuhauses.<br />

Grundversorgung<br />

Deutliche Defizite sind bei der Klientel im<br />

Bereich der Grundversorgung festzustellen.<br />

Geld, Zeit und Energie reichen<br />

zudem häufig nur für Fast-Food. Viele<br />

Abhängige geben auch dem Alkohol Vorrang,<br />

da dieser die Entzugserscheinungen<br />

lindert.<br />

Im Café werden von Montag bis Freitag<br />

warme Mahlzeiten zu einem geringen<br />

Preis angeboten. Unser Ziel ist es, damit<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich Kontakt-Café<br />

ein Minimum an ausgewogener, gesunder<br />

Ernährung anzubieten, und<br />

somit ein wenig der gesundheitlichen<br />

Verelendung entgegenzuwirken. In der<br />

Regel wurden in <strong>2008</strong> zwischen 30 und<br />

40 Mahlzeiten pro Tag ausgegeben.<br />

Samstags gibt es für die Bewohner der<br />

Übernachtungsstelle ein kostenloses<br />

Frühstück, andere können gegen eine<br />

geringe Kostenbeteiligung mitfrühstücken.<br />

Über einen Pool von regelmäßigen und<br />

sporadischen Spenden können wir<br />

Kuchenspenden und Lebensmittel an<br />

die Besucher kostenlos abgeben.<br />

Besonders hervorzuheben ist die <strong>Arbeit</strong><br />

durch die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />

der ‚Paderborner Tafel’. Nur<br />

durch sie ist es gewährleistet, dass<br />

unser Koch Heinz dreimal pro Woche<br />

Lebensmittel von dort abholen kann,<br />

die dann an die BesucherInnen verteilt<br />

werden. Mittwochs und Freitags findet<br />

zudem eine sog. mobile Streetwork<br />

statt, wo an den uns bekannten Szenetreffpunkten<br />

ebenfalls Lebensmittel<br />

ausgegeben werden. Besonders gefragt<br />

sind Brot, Milchprodukte, Fleisch, Aufschnitt<br />

und Obst, sowie Süßigkeiten.<br />

Pro Ausgabetermin kommen bis zu 30<br />

Personen, wobei Ende des Monats der<br />

Andrang noch wesentlich höher ist. Die<br />

Spenden werden dankbar angenommen.<br />

Frische Mahlzeiten und Lebens-<br />

17


18<br />

mittelspenden decken einen Teil des<br />

Grundbedarfs, füllen den Bauch und<br />

sind damit oftmals Voraussetzung für<br />

das Wahrnehmen ‚höherer’ Hilfebedürfnisse.<br />

Für die professionelle Sozialarbeit<br />

im B2. Streetwork sind die Elemente<br />

der Grundversorgung sinnvolle<br />

und notwendige Angebote. Sie ermöglichen<br />

den Zugang zu weitgehend allen<br />

Personen der Zielgruppe.<br />

Zur Grundversorgung gehören auch<br />

Waschmöglichkeiten – für sich selbst<br />

und auch für die Wäsche. Für die Körperhygiene<br />

steht eine Dusche (und<br />

Duschgel, Shampoo) kostenlos zur Verfügung.<br />

Für die Waschmaschinen- und<br />

Trocknernutzung wird ein Waschmittelbeitrag<br />

von 1,00 € erhoben. Unsere<br />

Waschmaschinen und Trockner werden<br />

entsprechend gern und oft genutzt.<br />

Beide Angebote sind während der Café-Öffnungszeiten<br />

für jedermann/-frau<br />

nutzbar.<br />

Drogenkonsum und Notfallhilfe<br />

Drogenkonsum und der Handel mit<br />

Drogen sind auf dem gesamten Gelände<br />

strengstens untersagt. Verstöße<br />

wer-den konsequent mit zeitlich begrenzten<br />

Geländeverboten geahndet –<br />

eine Strafe, die die meisten Besucher<br />

mangels Alternativen ungern riskieren.<br />

Trotzdem kommt es immer wieder zu<br />

Drogen- oder Alkoholnotfällen. Die Mitarbeiter-<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich Kontakt-Café<br />

Innen des B2. Streetwork werden deshalb<br />

regelmäßig in Erster Hilfe geschult,<br />

um im Notfall schnell und effektiv handeln<br />

zu können.<br />

Veranstaltungen<br />

Auch im Jahr <strong>2008</strong> haben wir mit unseren<br />

Veranstaltungen versucht, Abwechslung<br />

in den Szene-Alltag unserer<br />

KlientInnen zu bringen.<br />

So findet jeden Donnerstag ab 14 Uhr<br />

im Cafè ein DVD-Nachmittag statt,<br />

wodurch unsere KlientInnen die Möglichkeit<br />

bekommen, aktuelle Filme<br />

sehen zu können.<br />

Bei gutem wie auch bei weniger gutem<br />

Wetter veranstalteten wir wieder Grill-<br />

Nachmittage und – Abende, die zu<br />

gemütlichen Gesprächen am Grillplatz<br />

einluden.<br />

Im Mai war die Band Tom Sawya auf<br />

unserem großen Sommerfest zu Gast<br />

und unterhielt unsere KlientInnen mit<br />

Reggae-Musik.<br />

Zu unserem Weihnachtsessen am<br />

23.12. kamen ca. 50 Gäste. Das Gericht<br />

bestand aus Rindsroulade, Knödeln und<br />

Apfelrotkohl. Zum Nachtisch gab es<br />

Torte.<br />

Vielen Dank auch an die Spender, die<br />

es uns wie auch schon zum Nikolaustag<br />

(70 Pakete) möglich machten, große<br />

Weihnachtspakete an jeden der 50<br />

Gäste zu verteilen.


3<br />

Büro-Beratung<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Beratung<br />

Auch im Jahr <strong>2008</strong> waren unsere Beratungsbüros<br />

wieder für viele Klienten ein<br />

Anlaufpunkt, bieten wir doch unsere<br />

Beratung spontan und ohne verbindliche<br />

Termine an. Diese Spontaneität und<br />

Unverbindlichkeit ist es, die eine Beratung<br />

oft erst möglich macht, denn Drogensucht<br />

bedeutet ständig unterwegs<br />

zu sein auf der Suche nach Geld und<br />

Drogen. Da bleibt wenig bis gar keine<br />

Zeit für andere Dinge. Dazu zählen dann<br />

leider auch wichtige Angelegenheiten<br />

aller Art wie die Korrespondenz mit<br />

Ämtern, Behörden, Einrichtungen, Gerichten,<br />

Vermietern usw.<br />

Oft sind Briefe in der Vergangenheit<br />

verloren gegangen oder ungeöffnet im<br />

Papierkorb gelandet. Das erschwert<br />

dann eine schnelle Problemlösung, da<br />

erst lange telefoniert oder recherchiert<br />

werden muss, wie die aktuelle Situation<br />

ist. Für viele ein unverständliches Verhalten,<br />

da die Probleme augenscheinlich<br />

nicht weniger werden. Für ein Leben<br />

auf der Straße aber ein durchaus<br />

häufiges Agieren. Zu den alltäglichen<br />

Sorgen und Nöten wie:<br />

„Wo kann ich schlafen? Wie<br />

komme ich an Geld? Wer verkauft<br />

mir etwas? Fliege ich aus<br />

der Substitution? Wann finde ich<br />

eine Wohnung? Wie kann ich ei-<br />

ne Entgiftungsbehandlung oder<br />

eine Therapie machen ohne gesetzlich<br />

krankenversichert zu<br />

sein? Welche Art von betreutem<br />

Wohnen kommt für mich in Frage?<br />

Was macht meine Familie?<br />

Ich habe Hunger - was mache<br />

ich? Ich brauche dringend eine<br />

neue Jacke!“<br />

kommen dann auch noch zusätzlich<br />

schlechte Nachrichten. Denn selten sind<br />

Briefe, Anrufe oder Einladungen ohne<br />

Konsequenzen, neue Geldforderungen,<br />

Sperren oder Haftstrafen.<br />

Ein weiterer Faktor ist der Zeitmangel,<br />

den viele unserer Klienten haben. Denn<br />

abhängig zu sein bedeutet, einen 20-<br />

Stunden Tag zu haben. Die ständige<br />

Suche nach Suchtmittel und Geld lassen<br />

wenig Zeit für andere Dinge, unterbrochen<br />

höchstens von Schlaf und Essen.<br />

Und oft noch nicht einmal davon, denn<br />

Essen kostet Geld und das ist knapp.<br />

„Die Gleichzeitigkeit von verbindlichen<br />

und unverbindlichen Maßnahmen<br />

hat sich bewährt: So<br />

kann spontan in weiterführende<br />

(Ausstiegs-) Maßnahmen (Substitution,<br />

Entzug u.a.) vermittelt<br />

werden;“ 12<br />

Zusätzlich erschwerend für die Beratungsarbeit<br />

ist manchmal der Umstand,<br />

dass einigen Klienten ihre Situation<br />

19


20<br />

unangenehm ist. Sie brauchen erst einige<br />

Anläufe um den Mut zu finden, zu<br />

uns zu kommen.<br />

Aber auch all die vielen Klienten, die<br />

schon seit Jahren zu uns kommen und<br />

die Beratungsarbeit schätzen, haben<br />

immer wieder Anliegen, die uns vor<br />

neue „alte“ Herausforderungen stellen.<br />

Leider hat sich die Wohnungssituation<br />

in Paderborn weiter verschärft. Die<br />

Hürden, die genommen werden müssen,<br />

um eine Wohnung zu finden, sind<br />

nicht weniger geworden. Fragen nach<br />

Einkommen (bloß kein ALG II), Schufa-<br />

Auskünfte, Lebensgewohnheiten, Sauberkeit,<br />

Bildungsweg oder Verbleib in<br />

den letzten zwei Jahren kommen erschwerend<br />

hinzu. Was will man sagen,<br />

wenn die Antworten nicht vorteilhaft<br />

sind? Denn selten sind Vermieter an<br />

den wirklichen Problemen ihrer potenziellen<br />

Mieter interessiert oder an der<br />

echten Motivation, nun ein normales<br />

Leben führen zu wollen. Und die Offenbarung,<br />

ein „ALG II“ - Bezieher zu sein,<br />

ist fast immer das AUS für eine neue<br />

Wohnung.<br />

Aber „Hartz 4“ ist immer wieder und<br />

immer noch ein großer Bestandteil unserer<br />

<strong>Arbeit</strong>. Anfragen wie das Ausfüllen<br />

eines Antrages sind schnell erledigt,<br />

andere Anliegen erfordern einen erhöhten<br />

Zeitaufwand:<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

„Ich habe kein Geld bekommen!<br />

Warum habe ich eine Sperre?<br />

Und wie zahle ich meine Miete?<br />

Warum bekommen andere<br />

mehr? Wer zahlt die Kaution? Ich<br />

habe keine Möbel, was jetzt?<br />

Warum bin ich denn nicht krankenversichert?<br />

Wer bezahlt die<br />

Entgiftung?“<br />

Eines unserer viel genutzten Angebote<br />

ist das Sammelkonto. Hier haben die<br />

Klienten die Möglichkeit alle finanziellen<br />

Angelegenheiten zu regeln. Laufende<br />

Leistungen, Einmalzahlungen, Kindergeld,<br />

Renten oder Unterhaltszahlungen<br />

können auf unser Sammelkonto<br />

überwiesen, Überweisungen, Raten<br />

oder Rechnungen von hier aus beglichen<br />

werden. Für viele eine Selbstverständlichkeit,<br />

ist ein eigenes Konto für<br />

einige unserer KlientInnen nicht möglich.<br />

Die Gründe dafür reichen von Kreditkartenmissbrauch<br />

bis hin zu Bankschulden.<br />

Die Tatsache, dass jeder Bürger<br />

einen Anspruch auf ein Konto hat,<br />

wird in solchen Fällen von den Banken<br />

nur allzu gerne ignoriert. Zwar können<br />

Leistungen wie ALG II, Grundsicherung<br />

oder Sozialgeld auch als Schecks ausgezahlt<br />

werden, doch scheinen viele Institutionen<br />

diese Möglichkeit völlig außer<br />

Acht zu lassen.<br />

Ein solches Konto erfordert eine zeitintensive<br />

Führung und Pflege. Alle Ein-


gänge müssen gebucht und den jeweiligen<br />

Kontoblättern zugeordnet werden.<br />

Gleiches gilt für Überweisungen. Auszahlungen<br />

werden getätigt und auch<br />

diese müssen festgehalten werden.<br />

Aber die steigende Zahl von Kontonutzern<br />

zeigt uns die Wichtigkeit dieses<br />

Angebotes. Im Jahr <strong>2008</strong> nutzten 51<br />

Männer und 18 Frauen unser Sammelkonto,<br />

im Jahr zuvor waren es 46 Männer<br />

und 16 Frauen.<br />

Existenziell notwendig ist die postalische<br />

Erreichbarkeit. Viele Besucher<br />

können sie erst durch den täglichen<br />

Kontakt zu uns nachweisen. Sie wird<br />

sowohl von Klienten mit als auch ohne<br />

festen Wohnsitz genutzt. In <strong>2008</strong> wurde<br />

das Angebot von 38 Männern und 7<br />

Frauen genutzt, im Vorjahr hingegen<br />

nutzten 34 Personen (30m, 4w) unsere<br />

Erreichbarkeit. Auch in diesem Bereich<br />

ist ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen.<br />

Nicht selten haben wir Klienten, die von<br />

verschwundener Post aus den eigenen<br />

Briefkästen erzählen, von Gemeinschaftsbriefkästen<br />

mit und ohne<br />

Schloss und Schlüssel oder von Wohnungen<br />

gänzlich ohne Briefkästen.<br />

Wenn amtliche Papiere den Empfänger<br />

nicht erreichen, sind die Konsequenzen<br />

meist erheblich. Kürzungen von Leistungen<br />

der ARGE, da der letzte Termin<br />

nicht wahrgenommen wurde, Voll-<br />

Beratung<br />

streckungsbescheide oder Erzwingungshaft,<br />

da auf die letzte Mahnung<br />

nicht reagiert worden ist bis hin zum<br />

Verlust der Wohnung, da die Miete<br />

nicht bezahlt werden kann.<br />

Für Klienten ohne festen Wohnsitz<br />

bietet die postalische Erreichbarkeit die<br />

einzige Möglichkeit, überhaupt amtliche<br />

Post zu erhalten. Der Bezug von<br />

<strong>Arbeit</strong>slosengeld I ist nur mit dieser<br />

Erreichbarkeit möglich. Denn Voraussetzung<br />

ist, dem <strong>Arbeit</strong>smarkt jeder Zeit<br />

zur Verfügung zu stehen. Aber auch<br />

Post von Freunden und der Familie<br />

kann wieder erhalten werden. Gerade<br />

diese Kontakte sind es, die durch eine<br />

Sucht besonders auf der Strecke bleiben.<br />

Aber Beratungsarbeit heißt auch<br />

tägliche Motivationsarbeit, den Leuten<br />

zuzuhören, sie ernst zu nehmen und<br />

sich auf jeden Einzelnen einzustellen.<br />

Jeden Tag aufs Neue. Dreihundertfünfundsechzig<br />

Tage im Jahr.<br />

Safer-Use-Beratung<br />

Die Safer – Use - Beratung ist ein wichtiger<br />

Bestandteil der Gesundheitsprophylaxe<br />

und der Gesundheitserhaltung.<br />

Vorrangig geht es dabei darum, den<br />

Klienten zu vermitteln, wie wichtig die<br />

Erhaltung ihrer Gesundheit, die Vermeidung<br />

von Krankheiten und ein<br />

pfleglicher Umgang mit ihrem Körper<br />

21


22<br />

ist. Sie sollen darauf achten, für jeden<br />

Konsumvorgang immer ihr eigenes und<br />

sauberes Besteck zu nutzen. Auch und<br />

gerade in Situationen, die zum mehrmaligen<br />

Nutzen der Spritzen oder zum<br />

so genannten „Needle-sharing“ verleiten.<br />

Denn die Ansteckungsgefahr mit<br />

HIV oder Hepatitis-Viren (A, B und C) ist<br />

durch den intravenösen Spritzengebrauch<br />

sehr hoch. Aber auch das gemeinsame<br />

Benutzen von Löffeln und<br />

Wasser birgt ein Infektionsrisiko. Eine<br />

Heilung von ‚Hep-C’ ist nicht möglich<br />

und eine Interferonbehandlung eine<br />

langwierige, teure und mit gravierenden<br />

Nebenwirkungen verbundene Therapie.<br />

Darum ist die Vergabe sauberer Spritzutensilien<br />

so wichtig. Der vorschnell geäußerte<br />

Einwand, man würde damit<br />

den Drogenkonsum der Klienten unterstützen,<br />

ist aus medizinischer Sicht<br />

nicht gerechtfertigt.<br />

Zur Safer-Use-Beratung gehört sauberes<br />

Spritzbesteck und die Vermittlung,<br />

wie man ‚richtig’ spritzt. Viele iv-User<br />

nutzen Spritzen, die nicht für die Punktion<br />

von Venen geeignet sind. Über einen<br />

längeren Zeitraum führt dies zu<br />

Verknorpelungen und Abszessen. Hier<br />

geben wir den Betreffenden Informationen<br />

zu verschiedenen Nadeln und<br />

Spritzen und erklären den Umgang damit.<br />

Darüber hinaus bieten wir in unserer<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Beratung auch Alternativen zum hochriskanten<br />

intravenösen Konsum an. So<br />

können wir Konsumtechniken (von Folie<br />

rauchen, sniefen u.a.) näher bringen, an<br />

die ein Teil unserer Klienten nicht denkt<br />

oder glaubt, dass diese für sie nicht in<br />

Frage kommen. Oft ist das Wissen um<br />

die Vorteile bzw. Nachteile der Konsumarten<br />

zu wenig bekannt. Legenden<br />

und Mythen ranken sich um die ein<br />

oder andere Methode, hier ist Fachwissen<br />

gefragt und die Fähigkeit dieses<br />

adäquat zu vermitteln ohne belehrend<br />

zu wirken.<br />

Ein besonderer Beratungsort ist die<br />

Entgiftungsstation der LWL-Klinik Paderborn.<br />

In einer Informationsgruppe<br />

bieten wir dort zusammen mit der<br />

AIDS-Hilfe Paderborn monatlich eine<br />

Safer-Use-Beratung an und tragen damit<br />

dem Umstand Rechnung, dass ein<br />

hoher Prozentsatz der Patienten auch<br />

nach ihrer Behandlung weiter konsumiert.<br />

Sie können wir auf diese Weise in<br />

nüchternem Zustand antreffen.<br />

Noch ein Wort zur Modedroge bzw.<br />

ehemals legalen Droge Spice.<br />

Mittlerweile ist der zum Verbot führende<br />

Zusatzstoff bekannt, es handelt sich<br />

um einen Cannabis-Ersatzstoff der bisher<br />

nur von der pharmakologischen<br />

Forschung eingesetzt bzw. entwickelt<br />

wurde. Schon früh haben wir Kenntnis<br />

von diesem neuen Rauschmittel ge-


habt, die Erfahrungen unserer Besucher<br />

bestätigten den Eindruck, dass Spice,<br />

obwohl legal, nicht so „ohne“ ist. Besucher<br />

berichteten von einem starken<br />

Rauschgefühl, ohne euphorisierende<br />

Wirkung, und deutlich spürbaren<br />

Nachwirkungen von Spice am nächsten<br />

Tag. Aus diesem Grund haben wir schon<br />

vor dem offiziellen Verbot den Konsum<br />

von Spice auf unserem Gelände verboten.<br />

Begleitend haben wir von dem<br />

Konsum dieser Droge abgeraten, da die<br />

Inhaltsstoffe noch unbekannt waren<br />

und es zu erwarten war, dass bei so einer<br />

starken Rauschwirkung mit negativen<br />

gesundheitlichen Folgen zu rechnen<br />

sei.<br />

Spritzentausch<br />

Die Verbreitung von Erkrankungen wie<br />

Hepatitis A, B und C sowie HIV-<br />

Infektionen unter drogengebrauchenden<br />

Menschen ist weiterhin enorm<br />

hoch. Fachleute ermitteln in den stationären<br />

Einrichtungen eine Rate von 80 –<br />

95%. Für die aufsuchende und / oder<br />

niedrigschwellige Sozialarbeit mit<br />

überwiegend drogenabhängigem Klientel<br />

heißt dies, intensiv „Harm-<br />

Reduction“ (= Schaden-Minderung) anzustreben:<br />

Das Bewusstsein, im Rahmen<br />

des Konsums möglichst verantwortungsvoll<br />

zu handeln, ist der Beginn<br />

von Gesundheitsbewusstsein über-<br />

Beratung<br />

haupt. Das Angebot (zum Tausch oder<br />

Verkauf) von sterilen Utensilien (Nadeln,<br />

Spritzen, Alkoholtupfer, usw.)<br />

muss offensiv beworben werden. Die<br />

Aufklärung über falsche Konsumtechniken<br />

und das Sensibilisieren für damit<br />

verbundene Gefahren geschieht in der<br />

Regel während des Tauschvorganges, in<br />

vereinbarten Gesprächen oder an der<br />

Theke und im Café-Bereich.<br />

In Kooperation mit der AIDS-Hilfe wurden<br />

monatlich stattfindende spezielle<br />

Safer-Use- und Safer-Sex-Seminare im<br />

„Nadelöhr“ (Entgiftungsstation der<br />

LWL-Klinik in Paderborn) angeboten.<br />

Gerade auch während einer Entgiftungszeit<br />

kann diese Beratung sinnvoll<br />

und besonders effektiv sein, da risikobewusstes<br />

Verhalten abseits vom sonst<br />

dominierenden „Szene-Stress“ vermittelt<br />

werden kann.<br />

Seit Oktober <strong>2008</strong> wird das Seminar<br />

von uns mit einem verbesserten Konzept<br />

angeboten. Ziel dieser Neugestaltung<br />

war eine Maximierung des Lerneffekts<br />

der Teilnehmer und die Einbeziehung<br />

aller Mitarbeiter damit die Kontinuität,<br />

auch in Urlaubszeiten, weiterhin<br />

sichergestellt ist.<br />

Im Jahr <strong>2008</strong> konnte die Zahl der getauschten<br />

Spritzen erneut deutlich<br />

gesteigert werden. Darauf sind wir<br />

stolz, denn die mühselige Überzeu-<br />

23


24<br />

gungsarbeit scheint sich zu lohnen.<br />

Mit unserem Spritzenautomaten erreichen<br />

wir zusätzlich jene Abhängigen,<br />

die anonym bleiben wollen und sich<br />

trotzdem außerhalb von Apotheken-<br />

Fallbeispiel Frau B.<br />

(Name geändert)<br />

Das Spektrum sich ergebender Probleme<br />

und Aufgabenstellungen in unserem<br />

Beratungsbereich ist immens. Stellvertretend<br />

für die <strong>Arbeit</strong> mit unserer Klientel<br />

beschreiben wir einen Fall, der das<br />

typische „Auf und Ab“ im Leben einer/-s<br />

Drogenabhängigen widerspiegelt. Es<br />

zeigt, wie wir durch unser Beratungsangebot<br />

immer wieder versuchen, Rückfälle<br />

aufzufangen und Veränderungsoptionen<br />

aufzuzeigen - mit dem stets begleitenden<br />

Wissen um ein mögliches erneutes<br />

Abrutschen.<br />

Frau B. ist 24 Jahre alt, substituiert, heroin-,<br />

tabletten- und alkoholabhängig.<br />

Sie wohnt seit Mai <strong>2008</strong> in unserer<br />

Notübernachtungsstelle; während der<br />

dreiwöchigen Sperrfrist kommt sie bei<br />

Bekannten aus der Drogenszene unter<br />

oder sie schläft, wenn noch ein Platz<br />

frei ist, in unserem Krisenzimmer. Zuvor<br />

bewohnte sie eine eigene Wohnung zusammen<br />

mit ihrem damaligen Freund,<br />

der ebenfalls suchtmittelabhängig ist.<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Öffnungszeiten mit sterilen Bestecken<br />

versorgen wollen. Der Automat befindet<br />

sich geschützt im Kasseler Tor-<br />

Bereich und wurde rund 700 Mal genutzt.<br />

Während dieser Zeit in unserer Übernachtungsstelle<br />

kam es immer wieder<br />

zu Drogen- und Alkoholexzessen, so<br />

dass sie teilweise abends kaum noch<br />

ansprechbar war. Im September bekam<br />

sie über die ARGE Paderborn einen<br />

niederschwelligen 1€-Job vermittelt.<br />

Wider Erwarten schaffte sie es morgens<br />

pünktlich aufzustehen und ihren täglichen<br />

Pflichten nachzugehen.<br />

Die <strong>Arbeit</strong> bereitete ihr viel Freude.<br />

Während dieser Zeit konnte sie ihren<br />

Alkohol- und Drogenkonsum selbständig<br />

reduzieren. Ihre Aufgaben erledigte<br />

sie sehr zufriedenstellend, so dass sie<br />

die Möglichkeit bekommen sollte, in<br />

eine höherschwellige Maßnahme vermittelt<br />

zu werden. Die für sie plötzlichen,<br />

unerwarteten und positiven<br />

Rückmeldungen, sowie das ihr entgegen<br />

gebrachte Vertrauen in ihre eigenen<br />

Fähigkeiten lösten bei Frau B. Versagensängste<br />

aus. Diese bewirkten<br />

einen erneuten exzessiven Drogen- und<br />

Alkoholkonsum; sie suchte Zuflucht in<br />

einer anderen Stadt. Nach einigen Tagen<br />

fand sie sich wieder in unserer


Einrichtung ein. Sie befand sich in einer<br />

schlechten psychischen und physischen<br />

Verfassung und wandte sich Hilfe suchend<br />

an uns.<br />

Frau B. sprach mit uns über ihre Versagensängste<br />

bezüglich der für sie hohen<br />

Erwartungen, welche auch Suizidgedanken<br />

auslösten. In einem langen und<br />

offenen Gespräch konnten wir auf Frau<br />

B. beruhigend einwirken und gemeinsam<br />

effektive Lösungsstrategien suchen<br />

und finden. Sie wurde von uns in die<br />

Entgiftungsstation der LWL-Klinik begleitet<br />

und konnte dort auch sofort zur<br />

stationären Behandlung aufgenommen<br />

werden. Während ihrer mehrwöchigen<br />

Entgiftungszeit hatte sie sich Gedanken<br />

über ihr zukünftiges Leben gemacht<br />

und Kontakt zum Ambulant Betreuten<br />

Wohnen für drogenkranke Menschen<br />

des <strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. und zu einer<br />

Therapieeinrichtung aufgenommen.<br />

Doch im Januar 2009 suchte Frau B. erneut<br />

unsere Übernachtungsstelle auf.<br />

Aufgrund ihrer dortigen Regelverstöße<br />

musste sie die Entgiftungsstation verlassen<br />

und bekam zudem eine einjährige<br />

Aufnahmesperre.<br />

Obwohl Frau B. anfangs einen guten<br />

Willen zeigte, schnell wieder in eine<br />

Entgiftung zu gehen, blieb sie in ihren<br />

Vorsätzen nicht konstant. Die Drogenexzesse<br />

nahmen rasch wieder zu und<br />

Beratung<br />

wurden immer heftiger. Die Situation<br />

spitzte sich zu, als Frau B. mit zwei geklauten<br />

Schwangerschaftstests in unserem<br />

Büro saß und angab, dass beide<br />

positiv wären. Wir vereinbarten mit ihr<br />

umgehend Termine sowohl bei einem<br />

Gynäkologen, als auch bei der Schwangerschaftskonfliktberatung.<br />

Obwohl wir ihr unsere Begleitung angeboten<br />

hatten, wollte sie es zunächst<br />

alleine versuchen.<br />

Einige Tage später wurde sie jedoch von<br />

ihrem Freund während des Spätdienstes<br />

in unser Streetwork-Büro getragen.<br />

Frau B. war nicht ansprechbar und ihre<br />

Augen waren verdreht - eine Überdosis<br />

Tabletten (Benzodiazepine) und Alkohol.<br />

Es wurde sofort der Notarzt alarmiert.<br />

Noch am selben Abend verließ<br />

Frau B. jedoch das Krankenhaus auf<br />

eigenen Wunsch wieder und irrte die<br />

ganze Nacht durch die Stadt.<br />

Als sie am nächsten Morgen in unser<br />

Café kam, baten wir sie zu einem Gespräch<br />

ins Büro. Ihr wurden die möglichen<br />

Folgen ihres „grenzwertigen“<br />

Konsums sowohl für das Kind, als auch<br />

für sich selbst, aufgezeigt. Frau B. gab<br />

an, sich zu einem Schwangerschaftsabbruch<br />

entschlossen zu haben. Da sie<br />

bereits ein Kind hat, welches bei ihrer<br />

Mutter lebt, sie obdachlos ist, mehrfachabhängig,<br />

sowie psychisch und<br />

physisch in einer schlechten immer<br />

25


26<br />

wechselnden Verfassung ist, konnte sie<br />

sich nicht vorstellen, ein zweites Kind zu<br />

bekommen. Ihr war auch klar, dass der<br />

Drogennotfall dem Kind bereits sehr<br />

geschadet haben könnte. Sie vereinbarte<br />

abermals einen Termin bei der<br />

Schwangerschaftskonfliktberatung. Da<br />

sie den ersten Termin nicht wahrgenommen<br />

hatte, beschlossen wir, ihr<br />

nochmals anzubieten, sie dorthin zu<br />

begleiten. Dieses Angebot nahm sie nun<br />

auch an.<br />

Nach dem Beratungsgespräch stand für<br />

Frau B. der Entschluss, einen Abbruch<br />

vornehmen zu lassen, nach wie vor fest.<br />

Seit dem Notfall hatte sie sich dennoch<br />

in Bezug auf ihren Drogen- und Alkoholkonsum<br />

zurückgehalten, so dass sie<br />

alle Vorbereitungen mit unserer Unterstützung<br />

erledigen konnte. Da wir<br />

bisher alle wichtigen Schritte unterstützt<br />

hatten, wollten wir Frau B. auch<br />

bei ihrem Abbruch nicht alleine lassen,<br />

so dass sie von einer Mitarbeiterin in<br />

die Klinik begleitet wurde.<br />

In den Voruntersuchungen wurde allerdings<br />

beim Ultraschall festgestellt,<br />

dass sich Frau B. nicht, wie von ihr<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich Beratung<br />

vermutet, etwa in der 8. – 9. Woche befand,<br />

sondern bereits in der 16.<br />

Schwangerschaftswoche und ein Abbruch<br />

rechtlich somit nicht mehr möglich<br />

war.<br />

Nach dieser Mitteilung brach sie in<br />

Tränen aus und war sehr verzweifelt.<br />

Das Ultraschallbild löste allerdings etwas<br />

in Frau B. aus, was vielleicht als<br />

Muttergefühle bezeichnet werden<br />

kann. Diese haben sie dazu veranlasst,<br />

ihren Konsum rapide zu reduzieren und<br />

mehr auf sich und ihren Körper zu achten.<br />

Ihr neu erwachtes Verantwortungsbewusstsein<br />

hat sie auch empfänglicher<br />

für unsere Beratungsgespräche<br />

gemacht, so dass sie nun bereit ist,<br />

nochmals eine Therapie in einer Einrichtung<br />

im Süden Deutschlands zu<br />

beginnen, die explizit auf schwangere<br />

Frauen eingestellt ist. Auch diesen Kontakt<br />

stellte Frau B. selbstständig her<br />

und in wenigen Wochen wird sie nun<br />

dort ihre Therapie antreten.<br />

Wir hoffen, dass die Therapie Frau B.<br />

weiter stabilisiert und wünschen ihr<br />

alles Gute für den Verlauf der Schwangerschaft<br />

und der Geburt ihres Babys.


Konsumutensilien.<br />

Kunststoffspritze. Pfännchen. Injektionsnadel.<br />

Filter. destilliertes Wasser.<br />

Ascorbinsäure. Gürtel. Alkoholpad.


28<br />

4<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Übernachtung<br />

Die B2.Not-Übernachtungsstelle bietet<br />

14 Betten für Männer und 8 Betten für<br />

Frauen bzw. für Paare auf separaten<br />

Etagen an. Die Frauenetage ist durch<br />

einen Knauf von außen gesichert, Männer<br />

(außer dem Bewohner des separaten<br />

Paarzimmers) haben keinen Zutritt.<br />

Die getrennte Unterbringung wird dem<br />

besonderen Schutzbedürfnis der Frauen<br />

gerecht und bietet ihnen die dringend<br />

benötigte Rückzugsmöglichkeit.<br />

So genannte Notschläfer können ein bis<br />

drei Nächte bleiben, sog. feste Aufnahmen<br />

können die Übernachtung bis<br />

zu sechs Wochen nutzen. Danach sollten<br />

sie entweder mit sozialarbeiterischer<br />

Hilfe ihre Wohnsituation bzw. ihre<br />

weiteren Perspektiven geklärt haben<br />

oder sie müssen für mindestens drei<br />

Wochen das Haus wieder verlassen.<br />

Damit wird vermieden, dass die Notübernachtungsstelle<br />

als Dauerlösung<br />

angesehen wird.<br />

Bei den Notschläfern zählten wir in diesem<br />

Jahr 187 Personen, davon 58 Frauen<br />

(2007: 179 / 51, 2006: 174 / 24).<br />

Von den 187 Notschläfern insgesamt<br />

wurden 134 Personen nach drei Tagen<br />

Übernachtung für sechs Wochen fest<br />

aufgenommen. Unter ihnen waren 38<br />

Frauen (2007: 122 / 31).<br />

In der Übernachtungsstelle können wir<br />

ein deutliches Verantwortungsgefühl<br />

des Einzelnen gegenüber der Einrichtung<br />

und dem persönlichen Bereich<br />

feststellen. Sicherlich wäre die gesellschaftliche<br />

Re-Integration oftmals eher<br />

möglich, wenn wir in eigenen bezahlbaren<br />

Wohnraum vermitteln könnten.<br />

Viele Vermieter sorgen sich um ihre<br />

Mieteinnahme oder befürchten eine<br />

Verwahrlosung ihrer Wohnung, wenn<br />

der Bewerber nicht tadellos gekleidet<br />

erscheint. Schön wäre es, wenn unser<br />

Trägerverein städtische Häuser zu diesem<br />

Zweck (und z.T. auch als Übergangslösung)<br />

zur Verfügung hätte.<br />

Krisenzimmer<br />

Das Reglement unserer Notübernachtungsstelle<br />

beinhaltet, dass sich nach<br />

sechswöchiger Übernachtungszeit eine<br />

dreiwöchige Sperre anschließt. Sie soll<br />

verhindern, dass die Notlösung zur<br />

Dauerlösung wird.<br />

Um das ‚Schlafen auf der Straße’ während<br />

der dreiwöchigen Sperre zu vermeiden,<br />

bieten wir für die männlichen<br />

Wohnungslosen ein Krisenzimmer mit 4<br />

Schlafplätzen und für Frauen ein Krisenbett<br />

an. Ein ‚Krisenbett’ kann von<br />

Drogenabhängigen und Szeneangehörigen<br />

genutzt werden. Dies gilt besonders<br />

für ehemalige Bewohner während<br />

der regulären Sperrfrist. Disziplinarisch<br />

entlassene Bewohner können dieses<br />

Angebot nicht in Anspruch nehmen.


Potenzielle Krisenschläfer müssen sich<br />

jeden Abend aufs Neue anmelden. Das<br />

Zimmer ist jeden Morgen komplett zu<br />

reinigen und zu räumen, Schränke stehen<br />

deshalb nicht zur Verfügung. Wie<br />

alle anderen Bewohner auch, erhalten<br />

Krisenbettschläfer kostenlos den Morgenkaffee<br />

und das Samstagsfrühstück.<br />

Auf ein Krisenbett gibt es keinen festen<br />

Anspruch – wer zuerst kommt, mahlt<br />

zuerst.<br />

Unser ‚Krisenzimmer’ (mit vier statt<br />

max. 2 Betten) wurde häufig benutzt,<br />

wenn die Übernachtungsstelle eigentlich<br />

voll gewesen wäre. Wer dieses Angebot<br />

in Anspruch nehmen will, muss<br />

sich jeden Abend erneut zwischen 18 00<br />

Uhr und 19 45 Uhr beim diensthabenden<br />

Sozialarbeiter anmelden.<br />

Die Krisenbetten wurden im vergangenen<br />

Jahr von 11 Frauen mit 81 und 71<br />

Männern mit insgesamt 680 Übernachtungen<br />

genutzt. Allein die Übernachtungen<br />

im Krisenzimmer sind gegenüber<br />

609 im Vorjahr auf 761 gestiegen.<br />

Hilfe also vor allem für diejenigen, die<br />

nur schwer in eine Wohnung oder Einrichtung<br />

zu vermitteln sind und die sich<br />

sonst einen Nacht-Platz im Busbahnhof<br />

oder in irgendwelchen Treppenhäusern<br />

suchen müssen.<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich Übernachtung<br />

Konsumverhalten der fest aufgenommenen<br />

BewohnerInnen<br />

Die meisten unserer Bewohner konsumieren<br />

mehrere Substanzen, rund 91%<br />

jedoch illegale Drogen.<br />

Gegenüber den Vorjahren ist der Anteil<br />

der reinen Alkoholkonsumenten mit 7%<br />

leicht gesunken. Dieser Personenkreis<br />

gehört nur in Ausnahmefällen zur Zielgruppe<br />

unserer Angebote. Reiner Heroinkonsum<br />

ist mit 35% wieder gestiegen,<br />

40% konsumierten mehrere Substanzen,<br />

auch hier ein deutlicher Zuwachs.<br />

Mit etwa 1% (2 Personen) der Festaufgenommenen<br />

hat sich der Anteil der<br />

Substituierten weiter verringert. Dies<br />

ist gut so, denn es deutet auch darauf<br />

hin, dass diese Menschen eher in der<br />

Lage waren, eine ‚normale’ Wohnsituation<br />

herzustellen oder aufrechtzuerhalten<br />

und weiteres Abrutschen verhindern<br />

konnten. Alarmierend ist allerdings<br />

der Anteil der Substituierten, die<br />

erheblichen Beikonsum aufweisen, dies<br />

betrifft 14% unserer Bewohner.<br />

In <strong>2008</strong> wurden zwei Personen unter<br />

27 Jahre aufgenommen, die keinerlei<br />

(illegale) Drogen konsumierten. Hier<br />

standen massive soziale Problematiken<br />

im Vordergrund, so dass wir<br />

schnellstmöglich eine andere Unterkunft<br />

vermittelten und weiterführende<br />

Hilfen informierten.<br />

29


30<br />

Auslastung und Geschlechterverteilung<br />

Die Übernachtungsstelle wurde in <strong>2008</strong><br />

von 137 Personen z.T. auch mehrfach<br />

über einen längeren Zeitraum genutzt,<br />

wobei mit 39 Personen der weibliche<br />

Anteil deutlich höher war als im Jahr<br />

davor (2007: 108 / 26).<br />

Die Männeretage mit ihren 10 Betten<br />

(ohne Krisenbetten) war zu 96% ausgelastet<br />

und oft voll belegt. Die Frauenetage<br />

bietet Platz für 7 Frauen und war<br />

zu 49% ausgelastet. Der Anteil der<br />

Frauen beträgt bei den Festaufnahmen<br />

ca. 28,5%, 4,5% mehr als 2007 und<br />

17,5% mehr als 2006.<br />

Woher und Wohin?<br />

Die Motive zur Nutzung der Not-<br />

Übernachtung sind vielfältig und haben<br />

sich im letzten Jahr etwas verschoben:<br />

26 Haftentlassene ohne Angehörige<br />

suchten ein Dach über dem Kopf.<br />

6 Personen kehrten aus einer Therapie<br />

oder Entgiftung ohne Perspektive<br />

an den Heimatort zurück.<br />

17 aller Unterkunftssuchenden haben<br />

eine andere Einrichtung verlassen<br />

weil sie ihre Wohnung verloren hatten<br />

kamen 25 Hilfesuchende zu uns,<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

45 gelten als o.f.W. (ohne festen<br />

Wohnsitz) und halten sich in Paderborn<br />

auf. Hin und wieder gelingt es, während<br />

dieser Zeit Veränderungsphantasien<br />

oder gar neue Perspektiven zu<br />

entwickeln.<br />

Mit 7% fanden in diesem Jahr nur<br />

wenige fest aufgenommene Bewohner,<br />

trotz tatkräftiger Unterstützung der<br />

SozialarbeiterInnen, eine Wohnung. Für<br />

die meisten ist dies erst dann eine<br />

nachhaltige Lösung, wenn zugleich die<br />

Unterstützung einer ambulanten Betreuung<br />

in Anspruch genommen wird.<br />

21% der Festaufnahmen benötigen<br />

eine Übergangslösung bis zum Beginn<br />

einer Entgiftungsbehandlung, können<br />

zu einer Therapiemaßnahme oder dem<br />

Wechsel in eine andere Hilfeform motiviert<br />

werden. Dass diese Perspektiven<br />

tatsächlich realisiert werden können,<br />

ist i.d.R. das Ergebnis intensiver Motivationsarbeit.<br />

Häufig erfolgt sogar das<br />

persönliche Begleiten zum Zielort durch<br />

die SozialarbeiterInnen.<br />

Mit 59% (unbekannter Verbleib +<br />

o.f.Wohnsitz/Freunde) stieg der Anteil<br />

der vagabundierenden Personen. Sie<br />

schlafen mal hier, mal dort – orientierungslos<br />

und ohne Perspektiven. Dies<br />

sind in der Regel „alte Bekannte“, die<br />

mehrmals wiederkommen und erst<br />

nach wiederholten Notlagen in Hilfeformen<br />

vermittelt werden können. Des


Weiteren kommt hier die Schwierigkeit<br />

hinzu als „Hartz-IV-Empfänger“ eine<br />

Wohnung zu finden.<br />

Besonders bedauerlich war <strong>2008</strong> der<br />

Tod durch eine Überdosis einer unserer<br />

Bewohnerinnen. Die Nachtwache bemerkte<br />

auf einem ihrer Rundgänge die<br />

schon blau angelaufene junge Frau.<br />

Trotz sofort eingeleiteter Erster-Hilfe-<br />

Maßnahmen konnte der schnell herbeigerufene<br />

Notarzt nur noch den Tod<br />

feststellen. Seit Bestehen unseres Hauses<br />

ist dies der erste Todesfall der innerhalb<br />

unserer Einrichtung eingetreten<br />

ist.<br />

Ein weiterer Bewohner unseres Hauses<br />

ist ob seines äußerst schlechten Gesundheitszustandes<br />

von uns in ein örtliches<br />

Krankenhaus begleitet worden.<br />

Nach mehrwöchigem Aufenthalt dort<br />

ist er infolge seines jahrelangen kompulsiven<br />

Drogenmissbrauchs an multiplem<br />

Organversagen verstorben. Häufig<br />

ist dies das Ende einer langen Drogenkarriere.<br />

Aufenthaltsdauer<br />

Etwas mehr als die Hälfte der BewohnerInnen<br />

blieben 6 Wochen und länger.<br />

In 2007 waren es etwas über ein Drittel.<br />

Für 41 (Vorjahr 10) Personen wurde die<br />

Aufenthaltsdauer aufgrund akuter Notsituationen<br />

oder konkreter<br />

Übernachtung<br />

Vermittlungsperspektiven über sechs<br />

Wochen hinaus verlängert. Es handelte<br />

sich hier um Menschen, die innerhalb<br />

der 6 Wochen keine Klärung oder Regelung<br />

hinsichtlich einer Wohnung, eines<br />

Entgiftungsplatzes oder einer betreuten<br />

Wohnform erreichen konnten.<br />

Für viele scheitert ein Mietvertrag<br />

schon bei oder vor der Wohnungsbesichtigung.<br />

In begleiteten teilstationären<br />

Wohnformen sind diese Personen<br />

auf Grund von zu hohen Verhaltensanforderungen<br />

(u.a. Abstinenzgebot) oft<br />

nicht tragbar.<br />

Altersstruktur<br />

Der Anteil der über 30-jährigen ist<br />

gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken.<br />

Der Anteil der jüngeren Übernachter<br />

(18-20) umfasste <strong>2008</strong> elf Personen,<br />

im Vorjahr gerade mal eine Person,<br />

besonders bei den Frauen unter 20<br />

Jahren waren in <strong>2008</strong> neun Festaufgenommene,<br />

zum Vergleich, in 2007 gab<br />

es in dieser Altersgruppe keine Frau<br />

(siehe hierzu auch das Kapitel „Frauen<br />

und Armut“).<br />

Einkommenssituation<br />

31% (2007: 60%) der BewohnerInnen<br />

bezogen ALG II und ca. 13% Grundsicherung<br />

(7% in 2007). Während die<br />

31


32<br />

Grundsicherung nicht an Bedingungen<br />

geknüpft ist, muss der ALG-II-<br />

Empfänger Termine und Auflagen erfüllen,<br />

die ein drogenabhängiger Mensch<br />

nur schwerlich erfüllen kann. Die aus<br />

den Versäumnissen zu erwartenden<br />

Sanktionen (Leistungskürzungen bis hin<br />

zu einem Verlust des Anspruchs) verschärfen<br />

für manche die Situation erheblich.<br />

Insgesamt ist der Anteil der im Leistungsbezug<br />

stehenden Personen mit<br />

57% stark gesunken (2007: 73%). Während<br />

16% über keinerlei Einkommen<br />

verfügten, bezogen in <strong>2008</strong> immerhin<br />

12% <strong>Arbeit</strong>slosengeld I und eine Person<br />

hatte ein eigenes Einkommen. Durch<br />

unsere Hilfen konnten 27% wieder in<br />

den Leistungsbezug vermittelt werden.<br />

Die Übernachtungsstelle ist kein intensiv<br />

betreutes Wohnen wie die sozialtherapeutischen<br />

Einrichtungen des Vereins.<br />

Andererseits ist es aber auch deutlich<br />

mehr als ein Dach über dem Kopf.<br />

Abgesehen von minimalen Pflichten<br />

und dem Einhalten der Hausordnung ist<br />

die Betreuung und Beratung ein Angebot<br />

– nicht Vertragsgegenstand. Die Beratung<br />

kann von den BewohnerInnen<br />

‚nebenbei’, oft sofort und ohne Bedingungen<br />

wahrgenommen werden und<br />

erfüllt damit ein wichtiges Kriterium der<br />

„Niedrigschwelligkeit“.<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich Übernachtung<br />

Der Tag beginnt um 8 00 Uhr mit Wecken<br />

und bis 9 00 Uhr müssen alle BewohnerInnen<br />

die Übernachtungsstelle verlassen<br />

haben, können jedoch noch ins<br />

angrenzende Kontakt-Café zu einem<br />

kostenlosen Kaffee wechseln. Drei<br />

Personen werden zum Putzen eingeteilt.<br />

Samstags gibt es sogar für Bewohner<br />

bis 11 00 Uhr ein kostenloses<br />

Frühstück während andere Besucher<br />

1,50 € zu bezahlen haben.<br />

Einlass in das Haus ist täglich ab 18. 00<br />

Uhr. Dann sind bis 20. 00 Uhr noch zwei<br />

MitarbeiterInnen für die Übernachtungsanmeldung<br />

im Büro und bieten<br />

neben den obligatorischen Kriseninterventionen<br />

(gerade am Wochenende)<br />

Gelegenheit zum kurzen Schnack.<br />

Fazit aus Streetwork, Café, Beratung<br />

und Übernachtungsstelle<br />

In allen Bereichen konnten wir einen<br />

signifikanten Anstieg unserer statistisch<br />

erfassten Zahlen verzeichnen. Die Zeiten<br />

werden härter und die Klientel<br />

größer, generell weht wieder ein schärferer<br />

Wind und unsere drogensüchtige<br />

Zielgruppe kann sich leider nicht über<br />

mangelnden Nachwuchs beklagen. Wir<br />

Mitarbeiter sehen täglich, wie unsere<br />

Kapazitäten in allen Bereichen in den<br />

Grenzbereich gehen. Besonders in<br />

Urlaub- oder Krankheitszeiten gelingt<br />

es nicht immer, unsere Leistungen<br />

bedarfsgerecht aufrecht zu erhalten.


Foto-Story<br />

24 h<br />

Der Alltag eines/-r Drogensüchtigen ist hart. Der ständige Stress, sich neuen Stoff zu<br />

besorgen und „sichere“ Plätze zum Konsumieren zu finden, beherrscht das Leben.<br />

Unsere Foto-Story begleitet die Paderborner Szene 24 Stunden, beginnend bei dem<br />

konzeptionellen Ausgangspunkt unserer <strong>Arbeit</strong>: der Streetwork. Die Foto-Story<br />

eröffnet den Blick auf eine andere Lebenswelt und zeigt Bilder, die dem „normalen“<br />

Bürger Paderborns teilweise recht befremdlich erscheinen, aber vielleicht auch vertraut.<br />

Von Michael Reinhard und Claudia Schmidtke<br />

33


34<br />

1<br />

3<br />

Foto-Story<br />

Die Sozialleistungen<br />

sind auch für<br />

Nichtsüchtige<br />

schon knapp<br />

bemessen.<br />

Aber bevor<br />

ich für meine<br />

Sucht klauen<br />

gehe, bettele<br />

ich lieber –<br />

auch wenn es<br />

so kalt ist.<br />

Kumpels treffen sich im Busbahnhof, oft der<br />

einzige Ort um soziale Kontakte zu knüpfen.


2<br />

4<br />

24 h<br />

Mit einem heißen Tee im Gepäck nutzen wir<br />

die Gelegenheit zum Gespräch.<br />

Wir sind in ihrem „Wohnzimmer“. Vertrauen<br />

ist die wichtigste Grundlage um etwas bewirken<br />

zu können.<br />

35


36<br />

7<br />

5<br />

Foto-Story<br />

Die Innenstadt-Toiletten sind auf Junkies nicht<br />

eingestellt. Ein Druckraum würde Abhilfe<br />

schaffen.<br />

„Wenn wir jetzt draußen schlafen müssten…<br />

Hoffentlich machen die bald auf.“


8<br />

6<br />

24 h<br />

Wenn ich daran<br />

denke, entsorge<br />

ich die Pumpen<br />

im B2.<br />

Wer sich einen<br />

Schlüssel<br />

nehmen darf,<br />

hat ein<br />

warmes Bett<br />

für die Nacht.<br />

Ein Grundbedürfnis<br />

- aber nicht<br />

selbstverständlich.<br />

37


38<br />

9<br />

11<br />

Foto-Story<br />

Endlich Ruhe! Hoffentlich reicht das, was ich<br />

intus habe bis morgen früh.<br />

Jetzt auch noch<br />

Putzen. Aber<br />

wenn ich es<br />

nicht mache,<br />

muss ich 3 Tage<br />

raus!


10<br />

Die Nacht ist vorbei…<br />

Die Entzugssymptome werden nicht lange auf<br />

sich warten lassen.<br />

12<br />

24 h<br />

Ein wenig Tagesstruktur können wir Sozialarbeiter<br />

vorgeben. Die Sauberhaltung des<br />

Wohnbereichs gehört dazu.<br />

39


40<br />

13<br />

15<br />

Foto-Story<br />

Wie bekomme ich für heute das Geld zusammen?<br />

Ein warmes Essen. Hoffentlich bekomme ich<br />

alles runter und es bleibt drin.


14<br />

16<br />

24 h<br />

Wir motivieren und informieren. Die besten<br />

Chancen haben die Abhängigen jedoch, wenn<br />

sie selbst eine Veränderung wollen.<br />

Wir bieten Safer-Use-Beratung an, doch falsches<br />

Spritzen verursacht immer wieder<br />

schlimme Abzesse.<br />

41


42<br />

17<br />

19<br />

Foto-Story<br />

„Mist, das Geld ist schon wieder „alle“. Gut,<br />

dass es hier Lebensmittelspenden gibt.“<br />

Während die einen kurz vom Drogenalltag<br />

abschalten...


18<br />

20<br />

24 h<br />

Versorgung mit gesunden Lebensmitteln. Bei<br />

Drogensüchtigen oft nachrangig und vernachlässigt.<br />

... müssen sich<br />

andere irgendwie<br />

das Geld für<br />

den nächsten<br />

Stoff besorgen.<br />

43


44<br />

21<br />

23<br />

Foto-Story<br />

Ablenkung tut gut.<br />

In der kleinen Gartenlaube mit Ofen...<br />

Hier können wir uns ohne ständige Polizeikontrollen<br />

aufhalten.


22<br />

24<br />

24 h<br />

Das B2 ist oft<br />

die einzige Anlaufstelle.<br />

Wir<br />

nehmen unbürokratisch<br />

auf –<br />

solange Platz<br />

ist.<br />

Verlassen die<br />

Besucher unser<br />

Gelände,<br />

beginnt der<br />

Kreislauf aus<br />

Zentralstation,<br />

Übernachtungsstelle<br />

und Kontakt-<br />

Cafè aufs<br />

Neue.<br />

45


46<br />

Spenden<br />

So können Sie helfen.<br />

Viele existenzielle Dinge, wie z.B. Kleidung, Hausrat oder Lebensmittel, die für „normale“<br />

Menschen selbstverständlich sind, sind für unsere KlientInnen im Drogen-<br />

Alltag meist nur absolute „Extras“. Durch unsere <strong>Arbeit</strong> allein ist es uns oft nicht<br />

möglich, dies alles aufzufangen. Daher möchten wir uns, auch im Namen der KlientInnen,<br />

für Ihre tolle Unterstützung im Jahr <strong>2008</strong> bedanken.<br />

Besonders bedanken möchten wir uns bei<br />

• einer ehemaligen Bäcker-Familie aus Salzkotten, die uns am 6. Dezember<br />

mit 70 Nikolaustüten und das ganze Jahr über immer wieder mit Lebensmitteln,<br />

wie z.B. Grillfleisch, für unseren Küchenbereich unterstützt hat.<br />

• einer Lehrerin der Elsener Gesamtschule, die mit zwei ihrer Klassen an<br />

Weihnachten 50 Geschenkkisten mit Basis-Hygieneartikeln und Lebensmitteln<br />

überbrachte.<br />

• einer Paderborner Rentnerin die ebenfalls an Weihnachten Lebensmittel<br />

spendete.<br />

• einer Paderborner Weiterbildungsakademie, die einen Geldbetrag in Höhe<br />

von 30 € spendete.<br />

• den Schwestern eines Paderborner Ordens, die u.a. Koffer, Kleidung und<br />

Hausrat abgaben.<br />

• den vielen anderen privaten Spendern, u.a. auch KlientInnen, die uns z.B.<br />

mit Kleidung für unsere Kleiderkammer oder Spielzeug an Weihnachten<br />

für mittellose KlientInnen mit Kindern unterstützten.<br />

Wir freuen uns auf ihre Hilfe für das Jahr 2009.<br />

Für ihre finanzielle Unterstützung<br />

Volksbank Paderborn Sparkasse Paderborn<br />

BLZ: 472 601 21 BLZ: 472 501 01<br />

Kto-Nr.: 87 2024 1300 Kto-Nr.: 3500 1684<br />

Nur mit Ihrer Hilfe können wir helfen!


Statistik-Center


Heroin<br />

Methadon<br />

Substitution.


ABS<br />

Alltagsbegleitung bei Substitution<br />

Seit Oktober 2007 bietet der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong><br />

<strong>Arbeit</strong> e.V. eine Alltagsbegleitung<br />

bei Substitution, kurz ABS, an. Die ABS<br />

ist räumlich wie konzeptionell an das<br />

<strong>B2.Streetwork</strong> angebunden und wird<br />

von Andreas Beisbart, einem Mitarbeiter<br />

des B2-Sozialarbeiterteams betrieben.<br />

Er beschreibt die Grundlagen des<br />

neuen <strong>Arbeit</strong>sbereiches und stellt dabei<br />

die Erfahrungen und Ergebnisse des<br />

ersten kompletten <strong>Arbeit</strong>sjahres <strong>2008</strong><br />

vor.<br />

Die ärztliche Substitutionsbehandlung<br />

ist ein wesentlicher Baustein in der<br />

Versorgung drogennutzender Menschen<br />

13 .<br />

Viele unserer BesucherInnen nehmen<br />

sie in Anspruch - mit durchaus unterschiedlichen<br />

Zielrichtungen. Wurde<br />

lange Jahre davon ausgegangen, dass<br />

Abstinenz die Ausgangsbedingung für<br />

eine positive Entwicklung des Menschen<br />

ist, so bestätigt die Praxis, dass<br />

diese nicht unbedingt Voraussetzung<br />

für körperliches, seelisches und soziales<br />

Wohl-befinden sein muss.<br />

Angebote der Schadensminimierung,<br />

Überlebens- und Alltagshilfen haben<br />

eine größere Bedeutung für Entwicklungsperspektiven<br />

in der individuellen<br />

Lebensgestaltung als Forderungen nach<br />

Drogenfreiheit.<br />

Was ist Substitution?<br />

Substitution bedeutet, dass als Ersatz<br />

für das illegale Heroin ein synthetisches<br />

Opiat, in den meisten Fällen<br />

Methadon 14 , ärztlich verordnet und<br />

verabreicht wird. Dadurch verschwindet<br />

das körperliche Verlangen<br />

nach Heroin für mindestens 24 Stunden.<br />

Die PatientenInnen sind nicht<br />

mehr darauf angewiesen, auf dem<br />

Schwarzmarkt teuren und verschmutzten<br />

Stoff zu kaufen und dies<br />

mit Beschaffungskriminalität zu finanzieren.<br />

Die gesetzlichen Regelungen sind dabei<br />

relativ eng (festgelegt in der<br />

Richt-linie über die Bewertung ärztlicher<br />

Untersuchungs- und Behandlungsmethoden<br />

15 ). Die PatientenInnen<br />

müssen den Ersatzstoff unter<br />

Aufsicht einnehmen, eine Mitnahme<br />

nach Hause (Take-home) ist frühestens<br />

nach sechsmonatiger Behandlung<br />

möglich. Darüber hinaus wird<br />

durch regelmäßige, unangekündigte<br />

Tests (so genannte screenings) kontrolliert,<br />

dass keine anderen Suchtmittel<br />

konsumiert worden sind (so genannter<br />

Beikonsum).<br />

Menschen in Substitutionsbehandlung<br />

haben nachweislich ein geringeres<br />

Infektionsrisiko, werden weniger häufig<br />

kriminell und sind in der Lage, ein<br />

59


60<br />

dauerhaft stabiles Leben zu führen 16 .<br />

Die typischen Komplikationen des intravenösen<br />

Drogengebrauchs, wie Abszesse,<br />

Sepsis (Blutvergiftung), Infektionen<br />

(HIV, Hepatitis B und C), Nierenversagen,<br />

Überdosierungen usw. können<br />

so weitgehend vermieden werden.<br />

Teil der Substitutionsbehandlung ist eine<br />

psycho-soziale Begleitung durch SozialpädagogInnen,<br />

die bei der Stabilisierung<br />

und Veränderung unterstützen<br />

soll.<br />

Viele unserer BesucherInnen sehen für<br />

sich keinen Ausweg aus ihrer Situation.<br />

Sie sind obdachlos, fühlen sich nicht in<br />

der Lage zu arbeiten, haben hohe<br />

Schulden und sind strafrechtlich vorbelastet.<br />

Eine gänzlich ungünstige Ausgangslage<br />

für Veränderung.<br />

Wo anfangen? Und vor allem: wie<br />

geht Veränderung, wenn ich immer<br />

das Gefühl habe, fremdgesteuert<br />

zu sein, Sklave der Droge?<br />

Ein Ausweg kann die Substitutionsbehandlung<br />

sein. Durch die Gabe von<br />

Medikamenten haben die KlientenInnen<br />

die Zeit, neue Wege zu gehen und<br />

die Hoffnung, dass diese Wege sie zu<br />

einem zufriedeneren Leben führen<br />

können.<br />

Viele schaffen das aber nicht alleine.<br />

Mit der Einnahme von Methadon oder<br />

anderen Ersatzstoffen sind lediglich die<br />

Voraussetzungen für eine Veränderung<br />

Alltagsbegleitung<br />

günstiger. Vielmehr geht es jetzt um<br />

die vielen Herausforderungen des Alltags:<br />

Wie sorge ich dafür, dass ich genug<br />

zu essen habe? Wie komme<br />

ich an eine Wohnung? Wie stelle<br />

ich Anträge, was schreibe ich meinen<br />

Gläubigern?<br />

Daneben beginnen viele zum ersten<br />

Mal seit längerer Zeit, über sich selbst<br />

und ihr Leben nachzudenken: wer will<br />

ich eigentlich sein und wer bin ich geworden?<br />

Auseinandersetzungen mit<br />

sich selbst können oft schmerzhaft sein<br />

und alte Wunden aufreißen lassen. So<br />

bleiben auch Rückfälle nicht aus, die<br />

bearbeitet werden wollen.<br />

Wo es letztendlich hingeht, bestimmen<br />

die betroffenen Menschen selbst. Für<br />

einige steht dabei die Abstinenz um<br />

jeden Preis nicht an erster Stelle. Sie<br />

können sich ein Leben völlig ohne Drogen<br />

nicht mehr oder noch nicht vorstellen.<br />

Für diese Menschen werden andere,<br />

näher liegende Ziele gesetzt: der Schutz<br />

vor Infektionen, Überlebenshilfe, Ausstieg<br />

aus der Kriminalität, die Gewährleistung<br />

einer Grundversorgung, medizinische<br />

Behandlung von Zusatzerkrankungen<br />

und vieles mehr.


Aufgaben und Ziele von ABS<br />

Eines der wichtigsten Ziele der Substitution<br />

ist es, drogengebrauchenden Menschen<br />

eine weitgehend „normale", mit<br />

anderen Bevölkerungsgruppen vergleichbare<br />

Lebensgestaltung zu ermöglichen.<br />

Aus Evaluationsstudien zur Substitution<br />

ist bekannt, dass eine psychosoziale<br />

Begleitung zum Erfolg der Behandlung<br />

beiträgt. In der Praxis bestätigt<br />

sich zugleich, dass diese dann produktiv<br />

sein kann, wenn - geleitet von<br />

einer eigenständig entwickelten Motivation<br />

- eine vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

möglich ist. Entwicklungen in<br />

diese Richtung können nicht erzwungen<br />

werden bzw. werden durch eine<br />

zwangsweise Verknüpfung von medizinischer<br />

Substitutvergabe und psychosozialer<br />

Begleitung torpediert.<br />

Die Angebote der psychosozialen Begleitung<br />

sollen demnach einfach erreichbar<br />

und freiwillig sein. Im Idealfall<br />

können die KlientenInnen zwischen verschiedenen<br />

Anbietern und Angeboten<br />

wählen. Der Begleitungsprozess soll geprägt<br />

sein von Offenheit und einem<br />

vertrauensvollen Miteinander.<br />

bei Substitution<br />

Die Angebote sollen KlientenInnen<br />

dabei unterstützen,<br />

• ihre persönliche Veränderungsmotivationumzusetzen,<br />

• soziale, persönliche und<br />

gesundheitliche Problemlagen<br />

zu bewältigen,<br />

• die Häufigkeit von Beigebrauch<br />

legaler und/oder illegaler<br />

Drogen zu reduzieren<br />

und möglichst lange<br />

Phasen der Abstinenz zu<br />

erreichen,<br />

• eine (Re-)Integration in das<br />

gesellschaftliche Leben zu<br />

erreichen, z.B. durch Unterstützung<br />

bei Wohnraum-<br />

und <strong>Arbeit</strong>splatzbeschaffung,<br />

• Rechte wahrzunehmen,<br />

behördliche Auflagen einzuhalten<br />

und Straffälligkeit<br />

zu vermeiden,<br />

• und bei Bedarf flankierende<br />

Hilfeangebote komplementärer<br />

Einrichtungen<br />

wahrzunehmen.<br />

Seit dem 01. Oktober 2007 ist es uns<br />

möglich, eine psycho-soziale Alltags-<br />

Begleitung bei Substitution (ABS) für<br />

die KlientInnen und BesucherInnen<br />

unseres<br />

61


62<br />

Kontakt-Cafés anzubieten. Der Zugang<br />

erfolgt niedrigschwellig über regelmäßige<br />

offene Sprechstunden im Café und<br />

über Kontakte während der Streetwork.<br />

Basis der Begleitung ist die Akzeptanz<br />

des Substituierten als mündigen,<br />

zu Selbstverantwortung fähigen<br />

Menschen. Eine entwicklungsbegleitende<br />

Unterstützung ist prozesshaft<br />

und orientiert sich an den vorhandenen<br />

Stärken substituierter Menschen in ihrem<br />

Lebensraum in einem möglichst<br />

verständigungsbezogenen und moderierenden<br />

Dialog. Sie ist ein zeitintensiver<br />

und dynamischer Prozess eines Herauswachsens<br />

aus nicht befriedigender<br />

Lebenspraxis.<br />

Praxisbeispiele<br />

Im Einzelfall kann das ganz Unterschiedliches<br />

bedeuten:<br />

Ein Klient, ein langjähriger Drogenkonsument,<br />

der nun schon seit acht Jahren<br />

substituiert wird, möchte nach Ausscheiden<br />

aus dem Ambulant Betreuten<br />

Wohnen des <strong>KIM</strong>-<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

weiterhin eine Anlaufstelle für seine<br />

Sorgen und Probleme haben. Er ist regelmäßiger<br />

Café-Besucher, die Terminabsprache<br />

erfolgt spontan nach Bedarf.<br />

Phasen des heftigen Missbrauchs von<br />

Benzodiazepinen 17 liegen hinter ihm,<br />

inzwischen hat er das Verlangen danach<br />

Alltagsbegleitung<br />

weitgehend überwunden. Ein hohes<br />

Maß an gegenseitigem Vertrauen<br />

konnte aufgrund der engen Zusammenarbeit<br />

mit der Mitarbeiterin aus<br />

dem Betreuten Wohnen erreicht werden.<br />

Regelmäßige Gespräche geben<br />

ihm Sicherheit und Struktur, sowie die<br />

Möglichkeit, über seine Sorgen und<br />

Probleme zu sprechen. Insbesondere<br />

die Rückfallprophylaxe steht dabei im<br />

Vordergrund.<br />

Eine andere Klientin hat sich zum Ziel<br />

gesetzt, den Kontakt zu ihrer Tochter<br />

zu intensivieren, die seit einigen Jahren<br />

in einem Kinderheim lebt. Langfristig<br />

möchte die junge Mutter ihr Kind wieder<br />

zu sich nehmen. Sie wünscht sich<br />

eine Begleitung während dieses Prozesses,<br />

der in enger Kooperation mit<br />

dem Jugendamt erfolgt und bei dem<br />

die Klientin schrittweise mehr Verantwortung<br />

für sich und ihre Tochter<br />

übernimmt. Dabei habe ich einerseits<br />

die Rolle eines Case-Managers inne,<br />

der zwischen ärztlicher Behandlung,<br />

Bewährungshilfe, Jugendamt und Kinderheim<br />

vermittelt. Zum anderen ist<br />

immer wieder Sozialberatung angezeigt,<br />

um Schulden abzubauen und<br />

neue zu vermeiden und um die Grundversorgung<br />

zu gewährleisten.<br />

Ein weiterer Klient hat seine Sucht<br />

lange Zeit kontrolliert und nun festgestellt,<br />

dass ihm die daraus entstandenen<br />

Probleme über den Kopf wachsen.


Der Kontakt zu seinen nächsten Angehörigen<br />

ist schlechter geworden, seine<br />

sozialen Beziehungen haben sich drastisch<br />

reduziert und es fällt ihm zunehmend<br />

schwer, Menschen kennen zu<br />

lernen und Freundschaften aufzubauen.<br />

Immer mehr dreht sich der Alltag<br />

nur noch um die Droge. Um das zu<br />

vermeiden, hat er sich monatelang in<br />

seine Wohnung verkrochen, begleitet<br />

von Depressionen und Angstzuständen.<br />

Die begonnene Substitutionsbehandlung<br />

hat ihm ein Stück aus dieser Isolation<br />

geholfen und er hat erkannt, dass<br />

er seinen Alltag grundlegend verändern<br />

muss. Schließlich hat er sich dazu entschlossen,<br />

eine stationäre Therapie zu<br />

machen, um dauerhaft abstinent leben<br />

zu können. Regelmäßige Gespräche<br />

haben ihn in diesem Entschluss bestärkt.<br />

Zuvor waren jedoch Ängste und<br />

Unsicherheiten zu überwinden.<br />

Drei Beispiele, die zeigen, wie unterschiedlich<br />

die Nöte und Bedürfnisse der<br />

hilfesuchenden Menschen sind und<br />

dass eine individuelle Zielbestimmung<br />

unabhängig von ideologisch motivierten<br />

Anforderungen nötig ist.<br />

ABS - für kurzen Bremsweg und mehr<br />

Sicherheit<br />

Deutlich wird auch, dass Veränderungen<br />

Zeit brauchen. Einen solchen Pro-<br />

bei Substitution<br />

zess zu begleiten bedeutet, Vertrauen<br />

aufzubauen und in Krisensituationen<br />

schnell und wirksam zu handeln. Das<br />

geht deutlich über die Angebote der<br />

Schadensminimierung und unmittelbaren<br />

Überlebenshilfe des B2 hinaus.<br />

Konkret bedeutet es, mit den KlientInnen<br />

gemeinsam wichtige Gesprächstermine<br />

bei Ämtern, der Bewährungshilfe,<br />

mit behandelnden Ärzten wahrzunehmen,<br />

sie bei Gerichtsprozessen<br />

und auf dem Weg in Entgiftungs- und<br />

Entwöhnungsbehandlungen zu begleiten.<br />

Insgesamt wurden in <strong>2008</strong> 31<br />

KlientInnen psychosozial begleitet,<br />

zahlreiche andere nahmen ein- oder<br />

zweimalige Beratungen in Anspruch.<br />

Durch die Schaffung einer zusätzlichen<br />

Stelle für die psychosoziale Begleitung<br />

ist es möglich geworden, über spontane<br />

Hilfe und Beratung hinaus diese<br />

intensive und personengebundene<br />

Betreuung anzubieten. Regelmäßige<br />

Gespräche in einer ruhigen, vom hektischen<br />

Alltag freien Atmosphäre schaffen<br />

die Basis für kleinschrittige Veränderungen;<br />

praktische Hilfen in Form<br />

von Begleitung, Organisierung von<br />

Fahrmöglichkeiten, Möbelspenden etc.<br />

sorgen für die materielle Unterfütterung;<br />

die vertrauensvolle Beziehung<br />

dient als emotionale Stütze. So können<br />

Krisen recht-zeitig erkannt und die<br />

Folgen abgemildert werden, um z.B.<br />

stationäre Klinikaufenthalte oder einen<br />

Bewährungswi-<br />

63


64<br />

derruf zu vermeiden. Erfolg misst sich<br />

dabei an den Zielen der KlientInnen<br />

und in Bezug auf die Ausgangsposition:<br />

für den einen ist es ein Riesenerfolg,<br />

Bewährungsauflagen einzuhalten und<br />

sich eigenverantwortlich um die Beantragung<br />

von Leistungen zu kümmern,<br />

für die andere steht die Reduzierung<br />

von Beikonsum und die Entwicklung einer<br />

weitergehenden Lebensperspektive<br />

im Vordergrund.<br />

Insgesamt wurden in <strong>2008</strong> 14 KlientInnen<br />

in eine Entgiftungsbehandlung<br />

vermittelt, von denen sechs im Anschluss<br />

eine Entwöhnungsbehandlung<br />

begonnen haben. Drei KlientInnen haben<br />

eine längere Haftstrafe angetreten,<br />

ein Klient ist an den Folgen seines langjährigen<br />

Drogenkonsums verstorben.<br />

Ein weiterer wurde an das Ambulant<br />

Betreute Wohnen des <strong>KIM</strong>-<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong><br />

e.V. vermittelt, bei acht Klienten<br />

konnte eine soziale und gesundheitliche<br />

Stabilisierung erreicht werden. Vier<br />

KlientInnen haben die Begleitung abgebrochen<br />

oder sind unbekannt verzogen.<br />

Verbesserung der Rahmenbedingungen<br />

für die Substitution<br />

Trotz der beachtenswerten Fortschritte<br />

in der Substitutionsbehandlung (von einer<br />

Behandlung mit Experimentierstatus<br />

zur Regelversorgung) sind wir von<br />

Alltagsbegleitung<br />

einer normalen Krankenbehandlung<br />

Opiatabhängiger noch weit entfernt.<br />

„Die Substitutionsbehandlung ist kein<br />

Königsweg in der Suchtbehandlung,<br />

wohl aber ihre entscheidende Stütze.“<br />

18<br />

Die „freie Arztwahl“ beispielsweise als<br />

Grundlage unseres Gesundheitssystems<br />

ist allein schon deswegen eingeschränkt,<br />

weil nur ÄrzteInnen zur Behandlung<br />

zugelassen sind, die zuvor<br />

durch eine Weiterbildung ihre fachliche<br />

Befähigung nachgewiesen haben. Zur<br />

Sicherstellung einer flächendeckenden<br />

Versorgung bedarf es zudem weiterer<br />

rechtlicher Klärungen, administrativbürokratischer<br />

Vereinfachungen und<br />

organisatorischer Verbesserungen in<br />

mehreren Bereichen. Die Regelungen<br />

zur täglichen Einnahmekontrolle erschweren<br />

es, dass die Behandlung mit<br />

den individuellen Fortschritten sozialer<br />

Integration Schritt hält.<br />

Beispielsweise wird eine reguläre Erwerbsarbeit<br />

bei täglichem Erscheinen-<br />

Müssen in der Arztpraxis nahezu unmöglich.<br />

Das Drängen und die Fixierung auf<br />

Abstinenz und die Abwertung anderer<br />

Ziele gefährden oft die erreichten Behandlungsfortschritte.<br />

Die Therapiefreiheit<br />

des Arztes ist auch insoweit<br />

eingeschränkt, als er nicht nur berufsrechtlich<br />

belangt werden kann, sondern


auch – was die (Nicht-) Einhaltung der<br />

Behandlungsmodalitäten betrifft –<br />

durch das Strafrecht bedroht wird.<br />

Deshalb wird die Substitutionsbehandlung<br />

von vielen Ärzten als unattraktiv<br />

angesehen – mit der Folge, dass die<br />

Zahl der substituierenden Ärzte stagniert<br />

und die noch zu wenigen Ärzte<br />

immer mehr PatientInnen versorgen<br />

müssen. Zur Verbesserung der gesundheitlichen<br />

Versorgung drogennutzender<br />

Menschen ist daher – neben der<br />

Vergabe von Heroin an Schwerstab-<br />

hängige 19<br />

– eine Vereinfachung der<br />

Vergabemodalitäten und die Streichung<br />

der strafrechtlichen Bedrohung<br />

der substituierenden Ärzte angezeigt 20 .<br />

bei Substitution<br />

65


Literatur<br />

F r e i w i l l i g e S e l b s t k o n t r o l l e<br />

. . . mal anders!


Abstinenz, nein Danke?!<br />

Der selbstkontrollierte Konsum illegaler Drogen.<br />

In unserer täglichen <strong>Arbeit</strong> mit suchtmittelabhängigen Menschen<br />

erleben wir oft, dass viele unserer KlientInnen in Entgiftungen gehen,<br />

ohne die Absicht zu haben, danach abstinent zu leben. Entgiftungen<br />

dienen der Lebenserhaltung (physische und psychische Rehabilitation)<br />

und zur Reduzierung der Konsummenge, denn dort<br />

werden sie wieder „aufgepäppelt“. Da eine lebenslange Abstinenz<br />

bei vielen in ihrer derzeitigen Situation nicht vorstellbar ist, ist der<br />

Wunsch nach Vereinbarkeit von Drogenkonsum und Alltag groß.<br />

Häufig scheitert dies jedoch, da ein „maßvoller“ Umgang mit den<br />

Drogen und die Rahmenbedingungen, die einen Konsum kontrollierbar<br />

machen könnten, aktuell nicht gegeben sind. Denn bei der<br />

Veränderung des Drogenkonsumverhaltens spielen verschiedene<br />

strukturelle und individuelle Faktoren eine Rolle:<br />

„Neben dem Lebensalter, der Drogenerfahrung und dem Risikobewußtsein,<br />

dem Dauerstreß der Beschaffung und der Finanzierung<br />

sind es manchmal auch sehr persönliche und existenzielle Erfahrungen,<br />

die nach und nach eine Einstellungs-änderung induzieren.<br />

Verlusterlebnisse, etwa durch den drogenbedingten Tod vertrauter<br />

Beziehungspersonen, Über-dosiserfahrungen oder Suizidversuche<br />

werden nicht selten zum Ausgangspunkt von Bewußtseinsprozessen<br />

und Nachdenklichkeit, ohne daß damit eine abrupte Veränderung<br />

des Drogenkonsums einhergehen muß.“ 21 Aber auch „[d]ie<br />

Langzeiterfahrung mit dem eigenen drogengeprägten Lebensstil,<br />

die unendlichen Wiederholungen von Entzugssymptomen sowie die<br />

Allgegenwart gesundheitlicher, sozialer und strafrechtlicher Risiken“<br />

22 sind ausschlaggebend für die Veränderung des Konsumverhaltens.<br />

Die Konstituierung eines reduzierten und kontrollierten Konsums<br />

steht zudem „in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der<br />

gesamten Lebensverhältnisse. Wo sich im privaten, sozialen oder<br />

beruflichen Bereich befriedigende Lebensverhältnisse abzeichnen,<br />

die neue Orientierungen setzen, kann auch der Drogenkonsum<br />

nicht mehr ‘autonom‘ gelebt werden, ohne diese Alternative zu gefährden.“<br />

23<br />

JA ? Nein?<br />

JEIN!<br />

von<br />

Stefanie Buschmeier<br />

Dipl.-Sozialarbeiterin<br />

21) Bohnert, Die Zeit nach<br />

der Therapie, S. 66<br />

22) ebd.<br />

23) ebd., S. 68


68<br />

24) kiss-heidelberg.de<br />

25) Schippers, Kontrollierter<br />

Gebrauch von<br />

Heroin und Kokain, S. 79<br />

26) Haves/ Schneider,<br />

Kontrollierter Gebrauch<br />

illegaler Drogen, S. 75<br />

Selbstkontrollierter<br />

Der Konsum von Drogen muss also nicht zwangsläufig in eine Abhängigkeit<br />

führen, sondern der Umgang mit diesen spielt dabei eine<br />

entscheidende Rolle, so dass unter bestimmten Voraus-setzungen<br />

bzw. Rahmenbedingungen der Konsum von Drogen kontrollierbar<br />

ist.<br />

Doch was genau bedeutet ‚kontrollierter Konsum’?<br />

Ein selbstkontrollierter Drogenkonsum „bezeichnet ... einen disziplinierten,<br />

geplanten und limitierten Substanzgebrauch.“ 24 Dies wird<br />

von den KonsumentInnen umgesetzt, indem sie ihren Konsum an<br />

einen vorher festgelegten Konsumplan, bzw. –regeln ausrichten. Es<br />

gibt Drogengebraucher, die von Anfang an illegale Drogen, auch Heroin,<br />

konsumieren, ohne einen Abhängigkeitsstatus zu entwickeln.<br />

Diese Konsumentengruppe ist sozial integriert und institutionell<br />

unauffällig; die Anzahl der Personen „kann auf mindestens ein<br />

Promille der Allgemeinbevölkerung geschätzt werden“ 25 .<br />

Sie praktiziert einen risikobewussten und regelorientierten Konsum,<br />

der „nicht nur ... eine zeitlich begrenzte ‘Durchgangsphase‘“ 26 entweder<br />

in Richtung eines zwanghaften und exzessiven Gebrauchs<br />

oder als eine Vorstufe zur Abstinenz darstellt. Die sozial integrierten<br />

DrogenkonsumentInnen verfügen über Potenziale, die ihnen bei<br />

der Erhaltung, bzw. nach einer langen Abhängigkeitsphase, bei der<br />

(erneuten) Etablierung eines kontrollierten Konsummusters helfen<br />

können, wie soziale Ressourcen: eine <strong>Arbeit</strong>sstelle, ein fester<br />

Wohnsitz, intensive, vertrauensvolle, tragfähige und abwechslungsreiche<br />

Beziehungen, auch zu Personen, die keine Drogen konsumieren,<br />

ein fester Partner/ eine feste Partnerin, eine eigene Familie,<br />

ausreichend finanzielle Mittel, andere Freizeitbeschäftigungen und<br />

Hobbies, die nicht drogenspezifisch sind. Sie verfügen ebenfalls<br />

über personelle Ressourcen, wie Kontrollbewusstsein, Selbstwertgefühl<br />

und Selbstbewusstsein, Hemmschwellen, die für sie eine<br />

Grenze darstellen, die sie nicht überschreiten wollen, wie z.B. die<br />

intravenöse Konsumform und die Einhaltung bestimmter Kontrollregeln,<br />

damit der Drogenkonsum mit dem Alltag vereinbar ist. Diese<br />

Ressourcen scheinen auch bei


Konsum<br />

der Überwindung einer kompulsiven (exzessiven) Konsumphase<br />

unterstützend zu wirken, so dass institutionelle Hilfen und Angebote<br />

nicht in Anspruch genommen werden müssen. Dadurch werden<br />

kontrolliert Konsumierende institutionell oft nicht erfasst. 27<br />

Neben der Möglichkeit, einen kontrollierten Konsum von Anfang an<br />

als eigenständige Gebrauchsvariante zu etablieren, kann dieser<br />

auch „das Ergebnis bei der Überwindung eines Abhängigkeitsstatus“<br />

28 sein, bei der ehemals Drogenabhängige gelernt haben, kontrolliert<br />

mit Drogen umzugehen, für die aber derzeit eine lebenslange<br />

Abstinenz nicht in Frage kommt. Einige unsere „älteren“ KlientInnen<br />

haben es geschafft, ohne therapeutische Hilfe ihren Konsum<br />

auf beispielsweise 1-2 Mal die Woche zu reduzieren (vorher ca. 3-4<br />

Mal am Tag!). Manche konsumieren auch nur noch im Schnitt einmal<br />

pro Monat Heroin oder THC.<br />

Ein sozial integrierter und unauffälliger, genussorientierter und risikobewusster<br />

Konsum illegaler Drogen kann aufgrund verschiedener<br />

positiver und negativer Erfahrungen im Laufe der Zeit mit den verschiedenen<br />

Substanzen und im Umgang mit diesen, selbst erlernt<br />

werden. Es gibt in Deutschland Programme, mit denen der kontrollierte<br />

Konsum erlernt werden kann. Das in Deutschland derzeit am<br />

Meisten praktizierte Programm ist das KISS (Kontrolle im selbstbestimmten<br />

Substanzkonsum) Programm, welches in einigen niederschwelligen<br />

Kontaktläden erfolgreich angewandt wird. 29<br />

Im Jahr 2009 werden ein Sozialarbeiter und eine Sozialarbeiterin<br />

die 6-tägige Fortbildung zum/zur KISS-TrainerIn absolvieren, so dass<br />

ab Sommer/Herbst 2009 eine KISS-Gruppe im B2. Streetwork aufgebaut<br />

und das Programm durchgeführt werden kann.<br />

27) Hermann, Heroin und<br />

Kokain, S. 165f<br />

28) Haves/ Schneider,<br />

Kontrollierter Gebrauch<br />

illegaler Drogen, S. 83<br />

29) kiss-heidelberg.de<br />

69


70<br />

Zielgruppe und Ziele von KISS<br />

KISS richtet sich an KonsumentInnen legaler und illegaler Substan- www.kiss-heidelberg.de<br />

zen, die ihr Konsummuster verändern möchten, ihr Leben<br />

nicht weiter von der Droge bestimmen lassen und damit eine höhere Lebensqualität<br />

erreichen wollen. Mit Hilfe dieses Programms können DrogenkonsumentInnen folgende<br />

Ziele erreichen:<br />

1. Bewusstmachung des Umgangs mit psychoaktiven Substanzen<br />

(inkl. Alkohol und Tabak)<br />

2. Stärkung der Änderungsmotivation<br />

3. Aufbau von Selbstmanagementfertigkeiten zur Konsumreduktion/ -<br />

beendigung für vom KonsumentIn ausgewählte Substanz(en)<br />

Die Abstinenz kann also auch immer ein mögliches Ergebnis des kontrollierten Drogenkonsums<br />

sein. Die KonsumentInnen entscheiden selbst, welche Verhaltensweisen<br />

sie ändern möchten oder auch müssen, wenn sie ihre Ziele und Wünsche erreichen<br />

wollen. Dieses Programm ist sowohl als Einzel-, als auch als Gruppenprogramm (max.<br />

12 TeilnehmerInnen) durchführbar und besitzt eine klare Struktur entsprechend verhaltenstherapeutischer<br />

Selbstmanagementprogramme. Nach 1-2 Vorgesprächen finden<br />

wöchentlich insgesamt 12 Sitzungen zu je 2 ½ Stunden statt, in denen folgende<br />

Themen mit den KISS-TrainerInnen bearbeitet werden:<br />

1. Grundwissen Drogen<br />

2. Pro & Kontra Veränderung<br />

3. Bilanz ziehen<br />

4. Konsumziele festlegen<br />

5. Strategien zur Zielerreichung<br />

6. Risikosituationen erkennen<br />

7. Ausrutscher meistern<br />

8. Freizeit genießen<br />

9. Belastungen erkennen<br />

10. Belastungen angehen<br />

11. „Nein-Sagen“ lernen<br />

12. Erfolge sichern<br />

Die TeilnehmerInnen bekommen vorab ein <strong>Arbeit</strong>sbuch, das alle zur Programmdurchführung<br />

notwendigen <strong>Arbeit</strong>s- und Informationsblätter enthält. Zusätzlich erhalten<br />

sie ein Konsumtagebuch zur Dokumentation und Planung ihres Konsums.<br />

Nach diesen Sitzungen stehen die KISS-TrainerInnen den KonsumentInnen weiterhin<br />

für Gespräche zur Verfügung, denn der eigentliche Prozess fängt dann erst an, da das<br />

Erlernte dauerhaft in den Alltag integriert werden soll. Zur Stabilisierung kann das<br />

Programm in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Den TeilnehmerInnen<br />

wird in den Sitzungen aufgezeigt, dass „Rückfälle“ zum Lern- und Veränderungsprozess<br />

dazugehören.


Frauenzimmer<br />

Weibliche Szeneangehörige im <strong>B2.Streetwork</strong>.<br />

Es gibt keine offizielle Erhebung darüber, wie viele Menschen in<br />

Deutschland obdachlos sind. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für<br />

Wohnungslosenhilfe (BAG W) kam bei ihrer letzten Schätzung 2006<br />

auf zirka 254000. Und seit einigen Jahren trifft es immer mehr Frauen.<br />

Mitte der Neunzigerjahre waren nach Schätzung der BAG W<br />

zwölf bis 15 Prozent der Obdachlosen Frauen, heute sind es 25 Prozent.<br />

In Deutschland sind rund 60000 Frauen obdachlos - Tendenz<br />

steigend. 30<br />

Immer mehr, vor allem junge, dieser obdachlosen oder von Obdachlosigkeit<br />

bedrohten Frauen im deutschsprachigen Raum sind<br />

dabei suchtmittelabhängig bzw. geraten durch ihre Suchterkrankung<br />

erst in die Wohnungslosigkeit.<br />

„Harte Drogen sind bei Frauen auf dem Vormarsch - vor allem junge<br />

Frauen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren greifen verstärkt zu Heroin“,<br />

berichtet ein Aufnahmearzt einer Therapieeinrichtung in Österreich.<br />

„So viele Frauen haben noch nie auf einen Therapieplatz<br />

gewartet. Wir können den Bedarf an Therapieplätzen für Frauen<br />

kaum abdecken“, so der Suchtmediziner. 31 Therapieeinrichtungen<br />

in Deutschland und der Schweiz berichten zum Teil Ähnliches.<br />

Frauen in der Drogenszene<br />

Die meisten Heroin-Einsteigerinnen nennen Neugier als Grund. Zumeist<br />

konsumierten sie zuvor bereits andere Suchtmittel und hatten<br />

Freunde oder Bekannte, die heroinabhängig waren bzw. sind.<br />

Das komplette Abrutschen in die Drogenszene geschieht dann oft<br />

schnell. Um ihre Heroinsucht finanzieren zu können, verkaufen die<br />

Frauen zunächst Hab und Gut und verlieren anschließend ihre<br />

Wohnung, weil sie die Mieten nicht mehr bezahlen können. Andere<br />

reißen von zuhause aus, nachdem sie ihre Eltern bestohlen haben<br />

oder dort aufgrund ihrer Drogensucht nicht mehr willkommen sind.<br />

Viele Frauen werden dann aus ihrer Geldnot heraus häufig in die<br />

Prostitution getrieben. Manche kommen zunächst bei Bekannten<br />

oder „Freunden“ unter, die die Frauen gegen sexuelle<br />

von<br />

Claudia Schmidtke<br />

(Dipl.-Sozialpädagogin)<br />

und<br />

Niko Markantonatos<br />

(Dipl.-Sozialpädagoge)<br />

71<br />

30) www.sz-magazin.sueddeutsche.de<br />

31) www.oesterreich.orf.at


Süchtige in Paderborn.<br />

Fokus Frauen.


Frauenzimmer<br />

Gegenleistungen bei sich aufnehmen. Andere gehen vermeintliche<br />

Liebesbeziehungen mit Drogenverkäufern ein, die sie dann zuverlässig<br />

mit Stoff versorgen. Finanzielle Absicherung ist allerdings<br />

nicht der einzige Grund für das Eingehen von Abhängigkeitsverhältnissen.<br />

Gerade Frauen suchen in der Szenegemeinschaft oft nach<br />

der Geborgenheit, die ihnen durch das Verlassen der Familien und<br />

des alten Freundeskreises verwehrt wird.<br />

Ein großer Teil der Frauen prostituiert sich jedoch auch „klassisch“<br />

und „geht auf den Strich“.<br />

Frauen gänzlich ohne Prostitutionserfahrungen gibt es auch in der<br />

Paderborner Drogenszene kaum.<br />

Das Leben in der Drogenszene ist hart und birgt für Frauen seine<br />

ganz eigenen Herausforderungen. Fachtexte beschreiben die Drogenszene<br />

oft als Parallelwelt. Sie hat ihre eigenen Verhaltenskodexe<br />

und Gesetze. So ist es z.B. absolut „verpönt“, strafbare Handlungen<br />

anderer Szenezugehöriger bei der Kriminalpolizei oder auch (in Paderborn)<br />

bei den Mitarbeitern von B.O.S.S. anzuzeigen bzw. eine<br />

Aussage diesbezüglich zu machen.<br />

Personen, die diese Verschwiegenheit brechen, nennt man „Zinker“.<br />

Sie müssen auch von eigentlich unbeteiligten Personen mit<br />

erheblichen Anfeindungen oder körperlicher Gewalt rechnen. Dies<br />

gilt auch für Frauen. Dadurch herrscht in der Drogenszene grundsätzlich<br />

das „Recht des Stärkeren“, was allein körperlich wohl auf<br />

die wenigsten drogensüchtigen Frauen zutrifft.<br />

Durch unsere <strong>Arbeit</strong> werden wir immer wieder mit Vergewaltigungserfahrungen<br />

von Frauen aller Altersklassen konfrontiert. Anzeigen<br />

erfolgen allerdings nur selten. Entweder hat niemand etwas<br />

gesehen, oder die Frauen nehmen aufgrund ihrer vielen erlebten<br />

Vergewaltigungen das erneute Missbrauchserlebnis einfach als weitere<br />

Episode ihres Szenelebens hin. So kommt es immer wieder vor,<br />

dass Frauen, ob jung oder alt, in der Paderborner Zentralstation<br />

vergewaltigt werden, während die „normale“ Gesellschaft „ein<br />

Stockwerk höher“ ihren alltäglichen Besorgungen nachgeht.<br />

73


74<br />

siehe Statistik-Center ab<br />

Seite 43<br />

Weibliche Szeneangehörige<br />

Das <strong>B2.Streetwork</strong> als Schutzraum und Anlaufstelle für Frauen<br />

Um den besonderen Bedürfnissen der szeneangehörigen Frauen<br />

gerecht zu werden, haben wir bspw. in unserer Notübernachtungsstelle<br />

eine eigene Etage für weibliche Obdachlose eingerichtet.<br />

Männer haben hier nur Zutritt, wenn sie eines der Doppelzimmer<br />

als Paar mit ihrer Lebensgefährtin bewohnen (Sanitäranlagen dürfen<br />

trotzdem nur auf der Männeretage benutzt werden). Dies ist<br />

jedoch nur möglich, solange dieser Platz nicht von einer anderen<br />

Frau benötigt wird. Grundsätzlich achten wir in allen Bereichen sehr<br />

darauf, Frauen den Schutzraum anbieten zu können, den sie sich<br />

von unserer Einrichtung erhoffen.<br />

Die Auslastung auf unserer Frauenetage hat in den vergangenen<br />

Jahren seit dem Umzug in das Gebäude am Busdorfwall kontinuierlich<br />

zugenommen. So steigerte sich die Zahl der weiblichen „Festaufnahmen“<br />

allein im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent, bei den<br />

Krisenschläferinnen stieg die Zahl gar um 116 Prozent an. Dies liegt<br />

(neben der zuvor bereits beschriebenen größeren Anzahl weiblicher<br />

Obdachloser) zum einen daran, dass es nur schwer möglich ist,<br />

nachts in das Haus bzw. in die Frauen-Etage einzudringen und die<br />

Frauen so vor den ständigen Belästigungen und Übergriffen geschützt<br />

sind. Zum anderen wird der von uns angebotene Schutzraum<br />

immer mehr von den Frauen angenommen.<br />

Während sie sich früher vielleicht von einem Abhängigkeitsverhältnis<br />

in das nächste begeben haben, sind sie heute viel eher bereit,<br />

unser niederschwelliges Hilfeangebot anzunehmen und auf eigenen<br />

Beinen ohne männliche „Unterstützung“ zu stehen. Wir versuchen,<br />

den Frauen ein Gefühl der Sicherheit und des Angenommenseins zu<br />

vermitteln und auf ihre geschlechtsspezifischen Probleme und Herausforderungen<br />

adäquat einzugehen. Auch unsere Cafébesucher-<br />

Statistik dokumentiert, dass uns dies immer mehr gelingt (der Anteil<br />

weiblicher Besucherinnen beträgt mittlerweile 22 Prozent).<br />

Besonders wichtig dabei ist, die Frauen in ihrer Eigenständigkeit zu


im <strong>B2.Streetwork</strong><br />

stabilisieren und ihnen zu helfen, Alternativen zu den Abhängigkeitsverhältnissen<br />

mit Männern anzunehmen. Ein Großteil der<br />

Frauen, die sich hilfesuchend an uns wenden, nimmt, vielleicht<br />

auch um sich zu orientieren, bevorzugt Beratungsgespräche mit<br />

den weiblichen Mitarbeitern unseres Sozialarbeiter-Teams an. Hier<br />

zeigt sich, wie wichtig eine paritätische Mitarbeiter-Verteilung in<br />

unserem niederschwelligen Bereich ist.<br />

Viele unserer Frauen haben Kinder, die aufgrund der Drogensucht<br />

der Mütter bei Familienangehörigen, Pflegefamilien oder in Heimen<br />

leben. Dies verstärkt oft das Gefühl der eigenen weiblichen Unzulänglichkeit<br />

und belastet viele Frauen neben den zuvor beschriebenen<br />

Widrigkeiten des Szenealltags enorm. Hier versuchen wir im<br />

Rahmen der Kooperationsgemeinschaft der zur Betreuung von Drogen<br />

konsumierenden Müttern und Vätern und deren Kindern beteiligten<br />

Institutionen den Kontakt zu den Kindern nicht gänzlich abreißen<br />

zu lassen, eine eventuelle Zusammenführung einzuleiten<br />

oder es im Idealfall den Müttern zu ermöglichen, ihre Kinder gar<br />

nicht erst in fremde Hände geben zu müssen - eine wichtige Möglichkeit<br />

Frauen aus der Drogenszene auch über die aktuellen<br />

schwangerschafts- oder kinderspezifischen Probleme hinaus institutionell<br />

zu erreichen und Hilfen anzubieten.<br />

Für das Jahr 2009 möchten wir unser Angebotsspektrum noch weiter<br />

auf die frauenspezifischen Herausforderungen abstimmen und<br />

so noch mehr hilfebedürftige Frauen aus der Paderborner Drogenszene<br />

erreichen.<br />

75<br />

siehe<br />

http://kim-paderborn.de/<br />

pdf-prospekte/ Kooperationsvereinbarung.pdf


Sucht und Migration<br />

Gründe, Besonderheiten und Erfahrungen.<br />

von<br />

Kirsten Rak<br />

(Dipl.-Sozialarbeiterin)<br />

32) www.3sat.de<br />

33) www.dbdd.de<br />

34) Haasen, Psychosoziale<br />

Aspekte der Sucht bei Migranten,<br />

S. 65<br />

Diskriminierung, Perspektivlosigkeit und Verständigungsschwierigkeiten.<br />

Drei Schlagwörter, welche die Gefühlswelten von Migranten<br />

kurz und prägnant beschreiben. Gerade Spätaussiedler erleben mit<br />

dem Umzug in die neue, alte Heimat diese doppelte Belastung. Davon<br />

sind im besonderen Maß junge Spätaussiedler betroffen. Zum<br />

einem wird die vertraute Umgebung zurückgelassen, welche altersund<br />

entwicklungsbedingt gebraucht wird, zum anderem wird dieser<br />

Zustand verstärkt durch Diskriminierungserfahrungen und Marginalisierung<br />

in der neuen Heimat.<br />

Durch mangelnde Sprachkenntnisse ist der Weg zum Besuch von<br />

Förderschulen für Migranten oft vorgezeichnet, welche sie oft mit<br />

wenig qualifizierten oder gar keinen Schulabschlüssen beenden,<br />

ohne dort eine spezielle Sprachförderung erhalten zu haben. 32 Der<br />

Kampf um einen Schulabschluss wird durch den um einen Ausbildungsplatz<br />

abgelöst. Spätaussiedler haben nur sehr schlechte<br />

Chancen auf dem <strong>Arbeit</strong>smarkt. Die Folge ist eine allgemeine Perspektivlosigkeit<br />

und das Scheitern der Integration.<br />

Viele sind mit dieser Situation überfordert und suchen Möglichkeiten<br />

ihre Situation erträglicher zu machen. Die Abhängigkeit von Alkohol<br />

und illegalen Drogen stellt in diesen Zusammenhängen eine<br />

Symptombildung dar, da die Wirkung der Rauschmittel Schein-<br />

Lösungen für die beschriebenen Probleme darstellen. Drogenabhängigkeit<br />

bei Migranten in Deutschland steht damit an dritter Stelle<br />

psychischer Störungen. Noch häufiger treten psychosomatische<br />

und depressive Syndrome auf. 33<br />

Auch wenn einige Menschen mit Migrationshintergrund bereits<br />

drogenabhängig sind, wenn sie nach Deutschland kommen, können<br />

die genannten Faktoren eine Sucht begünstigen bzw. verstärken.<br />

Ein hoher Anteil an Drogengebrauchern unter Migranten lässt hierauf<br />

schließen. Je nach Region schwankt dieser sehr stark, erste Untersuchungen<br />

in den 90er Jahren haben beispielsweise in Essen einen<br />

Anteil von 21% ergeben, in Stuttgart sogar bis zu 50%, phasenweise<br />

sogar 70%. 34 Allgemein kann der Anteil an Menschen mit<br />

Migrationshintergrund in der Drogenszene auf 33% - 35% ge-


Sucht und Migration<br />

schätzt werden. Die Tendenz ist allerdings steigend. Untersuchungen<br />

diesbezüglich sind bisher unzureichend durchgeführt worden,<br />

eine Einstellung und Umstellung auf diese Zielgruppe findet nur<br />

sehr langsam statt.<br />

Unterschiedliche Sucht- und Drogenberichte, sowie VDR-<br />

Statistiken 35 weisen auf einen wesentlich niedrigeren Anteil von<br />

Migranten an Sucht- und Drogenabhängigen in stationären Suchtkrankenhilfeeinrichtungen<br />

hin. Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund<br />

beträgt hier lediglich 15% - 18%. Interessant zu<br />

sehen ist, je niederschwelliger die jeweilige Suchthilfeeinrichtung<br />

arbeitet, desto höher ist auch der Kontakt zu dieser Zielgruppe. In<br />

der offenen Gruppenarbeit beträgt dieser Anteil bereits 30%, in der<br />

Straßensozialarbeit bereits 40%.<br />

Wir schätzen den Anteil an Migranten unter den KlientInnen des B2<br />

auf etwa 25% - 35%. Wobei der Anteil unter den Cafébesuchern der<br />

Höhere ist. Die Tendenz ist in den letzten Jahren im B2 stark gestiegen<br />

und hält sich nun stabil. Die sprachlichen Barrieren können oft<br />

durch Besucher, die sowohl die russische als auch die deutsche<br />

Sprache beherrschen, aufgehoben werden. Die <strong>Arbeit</strong> mit dieser<br />

Zielgruppe erweist sich als Herausforderung. Der Bedarf gestaltet<br />

sich anders als bei den übrigen Cafébesuchern. Dies äußert sich darin,<br />

dass diese oft ihre Angelegenheiten eigenständig regeln und unsere<br />

Räumlichkeiten nutzen um beispielsweise ungestört Telefonate<br />

zu führen. Dennoch steigt das Vertrauen uns gegenüber; immer<br />

öfter werden auch unsere Beratungsangebote wie Schwangerschaftsberatungen<br />

genutzt. Sie halten sich meist in unserem Gartenbereich<br />

auf, recht isoliert von unseren übrigen Cafébesuchern<br />

und bilden Kontakte unter ihresgleichen. Immer öfter gelingt es uns<br />

auch, diese Zielgruppe an suchttherapeutische Einrichtungen weiter<br />

zu vermitteln. Die hohen Besucherzahlen unseres Cafébereichs<br />

deuten auf einen hohen Akzeptanzgrad gegenüber unserer Einrichtung<br />

hin. Es ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren dieser<br />

noch steigt und damit die Beratungsangebote ebenfalls stärker genutzt<br />

werden.<br />

35) www.3sat.de<br />

77


78<br />

Ausblick<br />

2009<br />

Im Jahr 2009 werden zwei Mitarbeiter unseres Teams an einer Fortbildung zum<br />

Thema „Kontrollierter Konsum illegaler Drogen“ (KISS – lesen Sie dazu auch den Artikel<br />

ab S. 67) teilnehmen. Das Ziel ist es, ab Herbst in unserer Einrichtung eine regelmäßig<br />

stattfindende KISS-Gruppe anbieten zu können und dadurch das Spektrum an<br />

Hilfeangeboten für unsere KlientInnen zu erweitern.<br />

Zusätzlich haben wir uns vorgenommen, die Grundversorgung unserer Klienten im<br />

Rahmen unserer mobilen Streetwork mithilfe der Tafel und privater Lebensmittelspenden<br />

weiter auszubauen.<br />

Des Weiteren möchten wir die Idee eines Konsumraums in Paderborn weiterverfolgen.<br />

Das Infektions- und Gesundheitsrisiko für Drogenkonsumenten durch unsauberen<br />

Konsum aber auch für Unbeteiligte durch bspw. an öffentlichen Plätzen liegengelassene<br />

Konsumutensilien könnte dadurch weiter minimieret werden.<br />

Wir hoffen, dass wir den Drogen-Alltag unserer KlientInnen auch in diesem Jahr<br />

durch besondere Aktionen wie z.B. Grillfeste, Bandauftritte, Geschenkbasare usw.<br />

ein wenig unterbrechen können.<br />

Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle noch bei unseren Kooperationspartnern<br />

für die gute Zusammenarbeit im letzten Jahr. Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit<br />

mit den vielen Einrichtungen, Kliniken und Behörden auch in diesem Jahr weiterhin<br />

so gut funktioniert und wir den KlientInnen dadurch ein ineinandergreifendes Hilfesystem<br />

anbieten können.<br />

Wenn Sie fragen zu unserer Einrichtung haben oder unsere Einrichtung mit einer<br />

Gruppe besuchen möchten, nehmen Sie bitte unter den auf S. 9 angegebenen Wegen<br />

Kontakt zu uns auf. Wir freuen uns über Ihr Interesse.<br />

Ein erfolgreiches Jahr 2009.<br />

Das Team des <strong>B2.Streetwork</strong>


Verweise<br />

Literatur und Erläuterungen<br />

6 Schneider in: Brennpunkte akzeptanzorientierter …Drogenarbeit, VWB Berlin 1997<br />

7 BMG: Modellprogramm Aufsuchende Sozialarbeit für langjährige Drogenabhängige, Baden-<br />

Baden 1993, S. 154<br />

8 siehe 2, S. 155<br />

9 Vgl.: Steffan, Werner, Streetwork in der Drogenszene, Freiburg im Breisgau 1988, S. 81<br />

10 Schroers, Artur, Szenealltag im Kontaktcafé, VWB, Verl. für Wiss. und Bildung, 1995<br />

11 Schneider in: Brennpunkte akzeptanzorientierter …Drogenarbeit, VWB Berlin 1997<br />

12 Am 1. Juli <strong>2008</strong> waren beim Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />

72.200 substituierte PatientInnen gemeldet. In Paderborn gibt es etwa 400 Substituierte.<br />

13 Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid und wird seit 1998 zur Heroinsubstitution<br />

verwendet. Außerdem wird in Deutschland mit Buprenorphin (seit 2000 unter dem Markennamen<br />

Subutex), L-Polamidon (seit 2001) und Suboxone (seit 2007, ein Kombinationspräparat aus<br />

Buprenorphin und Naloxon) substituiert. In Ausnahmefällen ist auch Codein zugelassen.<br />

14 Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-<br />

Richtlinien), letzte Fassung vom 28.10.2002. Online unter: http://www.bmg.bund.de<br />

/cln_117/nn_1168248/SharedDocs/Downloads/DE/Drogen-Sucht/Heroin-<br />

Designerdrogen/substitution-pdf-<br />

2415,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/substitution-pdf-2415.pdf [21.01.2009].<br />

15 Inzwischen gibt es umfangreiche Studien zur Wirksamkeit der Behandlung mit Substitutionsmitteln.<br />

Vgl. u.a.: Raschke P. (1994): Substitutionstherapie. Ergebnisse langfristiger Behandlung von<br />

Opiatabhängigen. Freiburg: Lambertus. Verthein U., Kalke J. & Raschke P. (1994): Resultate<br />

internationaler und bundesdeutscher Evaluationsstudien zur Substitutionstherapie mit Methadon.<br />

Eine Übersicht. Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie 44: 128-136. Küfner,<br />

H. & Reuter, B. (2001): Verbesserung der Behandlung von Drogenabhängigen in einer Methadon-Substitution<br />

durch Vernetzung und Therapieoptimierung (IFT-Berichte Bd. 130). München:<br />

IFT Institut für Therapieforschung. Verthein, U., Kalke, J., Raschke, P. (1998): Substitution<br />

Treatment with Methadone in Germany - Politics, Programmes and Results. International Journal<br />

of Drug Policy 9: 71-78. Degkwitz P., Verthein U. & Haasen C. (2005): Das Bundesdeutsche<br />

Modellprojekt der heroingestützten Behandlung – aktuelle Bedingungen und Perspektiven der<br />

Orginalstoffvergabe. In: Gerlach R. & Stöver H. (Hrsg.) Vom Tabu zur Normalität. 20 Jahre Substitution<br />

in Deutschland – Zwischenbilanz und Aufgaben für die Zukunft. Freiburg: Lambertus;<br />

350-358. Zur deutschen Heroinstudie siehe auch: http://heroinstudie.de.<br />

16 Benzodiazepine finden in der Psychiatrie Anwendung bei der Behandlung von Angst- und Unruhezuständen,<br />

als Notfallmedikation bei epileptischen Krampfanfällen und als Schlafmittel. Sie<br />

unterliegen in der Bundesrepublik Deutschland der Gesetzgebung des Betäubungsmittelgesetzes<br />

(BtMG).<br />

17 Stöver/Michels (2007): Erfolgsgeschichte mit Hindernissen. Die Substitutionsbehandlung in<br />

Deutschland. Dr. med. Mabuse Nr. 168. Juli/August 2007, online unter http://www.mabuseverlag.de/zeitschrift/168_StoeverMichels.pdf<br />

[21.01.2009]<br />

18 Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat gemeinsam mit den Bundesländern Hamburg,<br />

Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie den Städten Hannover, Frankfurt,<br />

Köln, Bonn, Karlsruhe und München das bundesdeutsche Modellprojekt zur<br />

79


80<br />

heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger durchgeführt. Dabei wurden langjährige,<br />

schwerstabhängige HeroinkonsumentInnen über vier Jahre mit Diamorphin (synthetisch hergestelltem<br />

Heroin) behandelt und die Ergebnisse wissenschaftlich ausgewertet. Als zentrales<br />

Ergebnis dieser Studie lässt sich eine signifikante Überlegenheit der Heroin- gegenüber der Methadonbehandlung<br />

nachweisen. Weitere Informationen online unter:<br />

http://www.heroinstudie.de<br />

19 Gleiches hat der 110. Deutsche Ärztetag in seiner Entschließung gefordert. Wörtlich heißt es:<br />

„Der Deutsche Ärztetag fordert eine Novellierung der BtMVV [Betäubungsmittel-<br />

Verschreibungsverordnung, A.B.], bei der die medizinische Behandlung Opiatabhängiger nicht<br />

mit strafrechtlichen Mitteln reguliert wird.“ Online unter: http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/DAETBeschlussprotokoll20070822a.pdf<br />

[21.01.2009]<br />

20 Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen<br />

Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten:<br />

Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg und Nachsorge am Beispiel<br />

der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />

21 Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen<br />

Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten:<br />

Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg und Nachsorge am Beispiel<br />

der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />

22 siehe 16, S. 68.<br />

23 Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/2/0/programm/kiss.aspx<br />

24 Schippers, G.M.; Cramer, E.: Kontrollierter Gebrauch von Heroin und Kokain, in: Suchttherapie 3<br />

(2002), S. 79.<br />

25 Haves, W.; Schneider, W.: Kontrollierter Gebrauch illegaler Drogen: Forschungsstand und Konsequenzen,<br />

in: Drogalkohol 16 (1992), S. 75; siehe dazu auch Weber, G.; Schneider, W.: Herauswachsen<br />

aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung, kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter<br />

Ausstieg – Ein Resümee –, in: Ministerium für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Herauswachsen aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung,<br />

kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter Ausstieg, Minden 1992, S. 22.<br />

26 Vgl.: Herrmann, U. u.a.: Heroin und Kokain – Möglichkeiten des sozial integrierten Gebrauchs,<br />

in: akzept e.V. (Hrsg.): Dokumentationsband zum Kongreß: DrogenVisionen: Zukunftswerkstatt<br />

für eine innovative Drogenpolitik und Drogenhilfe, Band 12 der INDRO-Buchreihe: Studien zur<br />

qualitativen Drogenforschung und akzeptierenden Drogenarbeit, Berlin 1997, S. 165f.<br />

27 siehe 20, S. 83.<br />

28 Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/3/3/programm/einrichtungen.aspx<br />

29 http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/27824/2/1#texttitel<br />

30 http://oesterreich.orf.at/vorarlberg/stories/48032/<br />

31 Migranten häufiger in Sonderschulen, www.3sat.de/3sat.php und www.3sat.de/nano/news/<br />

27412/index.html , [13.02.09]<br />

32 Bericht zur Drogensituation in Deutschland, http://www.dbdd.de/Download/dbdd/REI-<br />

TOX_Germany_<strong>2008</strong>(ger).pdf [09.02.09]<br />

33 C. Haasen, M. Toprak, O. Yagdiran, E. Kleinmeier, psychosoziale Aspekte der Sucht bei Migranten,<br />

www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/27412/index.html, [13.02.09]<br />

34 Forschungsportal der deutschen Rentenversicherung, http://forschung.deutsche-rentenversicherung.de/ForschPortalWeb/contentAction.do?key=main_statistik&chmenu=ispvwNav<br />

EntriesByHierarchy510, [09.02.09]


Kontakt<br />

Information<br />

Motivation<br />

Unsere weiteren Hilfeangebote für drogenabhängi-<br />

ge, substituierte und alkoholkranke Menschen.<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

Fachliche Hilfen im Bereich Sucht.


Regenbogen<br />

Neuhäuser Str. 39<br />

33102 PB<br />

Regenbogen.<br />

Für drogenabhängige Menschen in ärztlicher Substitutionsbehandlung.


Regenbogen<br />

Zielgruppe Der ‚Regenbogen‘ bietet seit 1994 teilstationäre<br />

Hilfe für Frauen und Männer an, die sich aufgrund ihrer<br />

Suchterkrankung in besonderen sozialen Schwierigkeiten<br />

befinden. Gemeinsam ist allen Be-wohnerInnen, dass sie die<br />

Chancen einer medizinisch begleiteten Substitutionsbehandlung<br />

aktiv nutzen wollen.<br />

Zielsetzung Auf der Grundlage einer beigebrauchsfreien<br />

Lebensführung gelingt es, sich gesundheitlich,<br />

persönlich und sozial zu stabilisieren. Ziel ist es, sich den Alltagsanforderungen<br />

zu stellen und auftretende Probleme erfolgreich<br />

meistern zu können. Rückfälle, die den Eingliederungsprozess<br />

behindern, werden als Lernchance genutzt und<br />

in regelmäßigen Einzelgesprächen bearbeitet.<br />

Voraussetzungen BewerberInnen für einen Platz in der<br />

Wohngemeinschaft für Substituierte befinden sich in einer bereits<br />

begonnenen Substitutionsbehandlung und sind wohnungslos<br />

bzw. leben in gefährdeten Wohnverhältnissen. Sie<br />

haben keine akute psychische Erkrankung und haben die prinzipielle<br />

Bereitschaft zum Beginn einer Ausbildung oder einer<br />

Erwerbstätigkeit.<br />

Finanzierung Die Kosten des Betreuten Wohnens werden<br />

durch den Landschaftsverband Westfalen Lippe (§ 53 SGB<br />

XII) übernommen während die Miete und der Lebensunterhalt<br />

aus dem Einkommen oder Lohnersatzleistungen der<br />

BewohnerInnen bestritten werden.<br />

Regenbogen<br />

Neuhäuser Straße 39<br />

33102 Paderborn<br />

Tel. 05251/26112<br />

Fax 05251/26139<br />

regenbogen<br />

@kim-paderborn.de<br />

Klaus Könemann-Grabowski<br />

(Diplom-Pädagoge)<br />

Stefanie Krause<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Eberhard Sprenger<br />

(Diplom-Pädagoge)<br />

12 Plätze<br />

davon 4 Außenwohnplätze<br />

Frauen und Männer<br />

ab 18 Jahren<br />

in Substitutionsbehandlung<br />

Aufenthaltsdauer<br />

1-3 Jahre<br />

Kostenübernahme<br />

durch LWL<br />

nach § 53 SGB XII


ABW Alkohol<br />

Widukindstr. 2a<br />

33102 PB<br />

ABW Drogen<br />

Detmolder Str. 5<br />

33102 PB<br />

ABW Drogen<br />

Busdorfwall 2<br />

33098 PB<br />

Ambulant Betreutes Wohnen.<br />

Für drogenabhängige und alkoholkranke Menschen.


Ambulant Betreutes Wohnen<br />

für Suchtkranke<br />

Zielgruppe Seit dem Jahr 2000 wendet sich die ambulante<br />

Betreuung an Menschen, die an einer Suchterkrankung<br />

leiden und vorübergehend der Unter-stützung bei der selbstständigen<br />

Lebensführung bedürfen.<br />

Zielsetzung Durch die ambulante Betreuung soll die Inanspruchnahme<br />

stationärer Hilfen vermieden werden. Durch<br />

alltagsbegleitende Hilfen werden die Folgen der Sucht gemildert<br />

und das eigenständige Leben in der Gesellschaft gefördert.<br />

Die Betreuung trägt dazu bei, möglichst häufige und längere<br />

Abstinenzphasen zu erreichen und die Befähigung, die eigene<br />

Wohnung zu bewirtschaften, zu erhalten. Durch aktive<br />

Unterstützung in Krisensituationen soll die persönliche Lebensqualität<br />

und -freude gefördert werden.<br />

Bei Wohnungslosigkeit dient das Angebot diverser vorübergehender<br />

Wohnangebote der Beschaffung einer eigenen<br />

Wohnung.<br />

Voraussetzungen BewerberInnen leiden an einer Suchterkrankung,<br />

sind jedoch nicht pflegebedürftig. Ein weiteres<br />

Kriterium ist eine bestehende Wohnungslosigkeit oder ein Leben<br />

in ungesicherten Wohnverhältnissen. Die Bereitschaft zur<br />

aktiven Mitarbeit wird erwartet.<br />

Finanzierung Die Kosten der ambulanten Betreuung<br />

werden im Rahmen des § 53 SGB XII vom überörtlichen Sozialhilfeträger<br />

übernommen.<br />

Ambulant Betreutes<br />

Wohnen ‚Drogen‘<br />

Detmolder Straße 5/<br />

Busdorfwall 2<br />

33102 Paderborn<br />

Tel. 0176/24044318<br />

Fax 05251/1807515<br />

Christina Sprenger<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Martina Carls<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Ambulant Betreutes<br />

Wohnen ‚Alkohol‘<br />

Widukindstr. 2a<br />

33102 Paderborn<br />

0176/25288587<br />

Thorsten Kirchhoff<br />

(Diplom-Sozialarbeiter)<br />

Martin Fieseler<br />

(Diplom- Sozialarbeiter)<br />

Betreuungsplätze<br />

bedarfsabhängig<br />

Betreuungsdauer<br />

bedarfsorientiert<br />

Kostenübernahme<br />

durch Sozialhilfeträger<br />

nach § 53 SGB XII<br />

1-3 Jahre<br />

Kostenübernahme


Rupert-Zwickel-Haus<br />

Herm.-Löns-Str. 145<br />

33104 PB<br />

Rupert-Zwickel-Haus.<br />

Für ehemalig nicht sesshafte alkoholkranke Männer.


Rupert-Zwickel-Haus<br />

Zielgruppe Das ‚Rupert-Zwickel-Haus‘ bietet seit 1982<br />

eine ambulante betreute Wohnform für ehemalig nicht sesshafte<br />

und in der Regel alkoholkranke Männer an.<br />

Zielsetzung Die Bewohner lernen durch gemeinsam<br />

erarbeitete und festgelegte Vereinbarungen, den bezogenen<br />

Wohnraum zu bewirtschaften und einer angemessenen und<br />

sinngebenden Beschäftigung nachzugehen. Die Wohnhilfe bietet<br />

günstige Rahmenbedingungen, die das (selbst-) kontrollierte<br />

Trinken und damit die Teilnahme am Leben der Gemeinschaft<br />

zulassen. Der betreute Mensch ist in der Lage, mit kleinen<br />

Hilfen möglichst langfristig ein weitgehend selbstständiges<br />

Leben zu führen.<br />

Voraussetzungen Bewerber sind nicht pflegebedürftig, jedoch<br />

nicht mehr oder nur bedingt arbeitsfähig und befinden<br />

sich in ungesicherten Lebensverhältnissen. Die Bereitschaft,<br />

kleinere Pflichten und Verantwortungsbereiche für die Gemeinschaft<br />

zu übernehmen, wird erwartet.<br />

Finanzierung Die Kosten der ambulanten Betreuung<br />

werden im Rahmen des § 53 SGB XII vom Sozialhilfeträger<br />

übernommen.<br />

Rupert-Zwickel-Haus<br />

Hermann-Löns-Str. 145<br />

33104 Paderborn<br />

Tel. 05254/12762<br />

Fax 05254/6485332<br />

betreutes-wohnen<br />

@kim-paderborn.de<br />

Martin-Fieseler<br />

(Diplom-Sozialarbeiter)<br />

9 Wohnplätze<br />

Männer<br />

Altersgruppe nicht<br />

festgelegt<br />

lebenslanges Wohnen<br />

möglich<br />

Kostenübernahme<br />

durch Sozialhilfeträger<br />

nach § 53 SGB XII


Mutter-Kind-Haus<br />

Friedrichstr. 21<br />

33102 PB<br />

Mutter-Kind-Haus.<br />

Für junge und alleinstehende Frauen.


Mutter-Kind-Haus<br />

Zielgruppe Seit 1994 bietet das ‚Mutter-Kind-Haus<br />

teilstationäre Hilfe für junge und alleinstehende Frauen an, die<br />

sich von Schwangerschaft, bevorstehender Geburt oder Erziehungssituation<br />

überfordert fühlen und sich damit in besonderen<br />

persönlichen und sozialen Schwierigkeiten be-finden.<br />

Zwei Wohnplätze sind suchtkranken Frauen vorbehalten, die<br />

sich in einer erfolgversprechenden ärztlich begleiteten Substitutionsbehandlung<br />

befinden.<br />

Zielsetzung Mit der alltäglichen Unterstützung wachsen<br />

die jungen Mütter in ihre neue Lebenssituation hinein. Über<br />

individuelle Hilfen und alltagsbegleitende Beratung entwickeln<br />

sie ein gesundes Selbstwertgefühl und lernen, sich mit ihrer<br />

neuen Rolle anzufreunden. Zeiten der gemeinsamen Kinderbetreuung<br />

tragen dazu bei, den Kontakt zum eigenen Kind positiv<br />

zu erleben und schon in kleinen Dingen fördernd zu gestalten.<br />

Voraussetzungen Bewerberinnen kommen aus eigener Motivation<br />

heraus, haben grundsätzlich die Bereitschaft zur aktiven<br />

Mitarbeit und Wahrnehmung der Angebote und halten die ärztlichen<br />

Anweisungen ein.<br />

Finanzierung Die Kosten werden in der Regel durch das<br />

zuständige Jugendamt (§ 19 SGB VIII) getragen, ggf. auch durch<br />

den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (§67 SGB XII).<br />

Mutter-Kind-Haus<br />

Friedrichstraße 21<br />

33102 Paderborn<br />

Tel. 05251/280024<br />

Fax 05251/280845<br />

mutter-kind-haus<br />

@kim-paderborn.de<br />

Christine Jänsch<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Monika Meller<br />

(Diplom-Pädagogin)<br />

Stefanie Scholz<br />

(Kinderpflegerin)<br />

Karina Kanne<br />

(Erzieherin)<br />

8 Plätze<br />

davon 2 Außenwohnplätze<br />

Frauen<br />

teilweise in Substitutionsbehandlung<br />

Aufenthaltsdauer<br />

1-3 Jahre/ ggf. länger<br />

Kostenübernahme<br />

durch Jugendämter<br />

nach § 19 SGB VIII<br />

ggf. durch LWL<br />

nach § 53 SGB XII


<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 PB<br />

<strong>B2.Streetwork</strong>. Straßensozialarbeit in Paderborn.


<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Geschichte Der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. betreibt seit 1987 im<br />

Auftrag der Stadt Paderborn aufsuchende Straßensozialarbeit.<br />

Diese, in Fachkreisen ‚Streetwork' genannte Herangehensweise<br />

an problembeladene Randgruppen in deren sozialem Umfeld,<br />

hat eine rege Entwicklung erlebt. Während zunächst vagabundierende<br />

junge Wohnungslose im Stadtgebiet aufgesucht wurden,<br />

konnte in der Folge bereits eine sogenannte ‚Krisenwohnung'<br />

in der Königsstraße als konkrete Hilfeergänzung und Basis<br />

für weitere Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Mittlerweile<br />

hat die Einrichtung nun seit 2002 am Busdorfwall 2 als<br />

<strong>B2.Streetwork</strong> ihr drittes Zuhause bezogen.<br />

<strong>Arbeit</strong> Das <strong>B2.Streetwork</strong> arbeitet niedrigschwellig<br />

und akzeptanzorientiert. Im Rahmen der Streetwork<br />

suchen wir wohnungslose und/oder suchtmittelabhängige Personen<br />

im Stadtgebiet auf, um mit einem möglichst breiten<br />

Spektrum an Angeboten weitere Verelendung zu vermeiden und<br />

konkrete Hilfen bei Alltagsproblemen zu leisten.<br />

Die Beratungsschwerpunkte beziehen sich auf konkrete Unterstützung<br />

bei der <strong>Arbeit</strong>s- und Wohnungssuche, Ernährung, Hygiene<br />

und Infektionsprophylaxe, Spritzentausch, Behördenangelegenheiten,<br />

Schulden-regulierung etc. Ein besonderer Schwerpunkt<br />

liegt in der Alltagsbegleitung bei Substitution (ABS), die<br />

die psychosoziale Stabilisierung bei abstinenzwilligen Menschen<br />

fördert.<br />

Zusammen mit den flankierenden Angeboten des Kontakt-Cafés<br />

und der Not-Übernachtungsstelle ermöglichen wir auf niedrigschwelligem<br />

Niveau den leichten Zugang zu unseren Hilfen.<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 Paderborn<br />

Tel. 05251/27298<br />

Fax 05251/205683<br />

b2.streetwork<br />

@kim-paderborn.de<br />

6 SozialarbeiterInnen im B2<br />

1 Sozialarbeiter in der ABS<br />

1 Hausmeister und Koch<br />

1 Hilfskraft im Bereich<br />

Hauswirtschaft<br />

1-2 Brückenjobler von InVia<br />

8 studentische Hilfskräfte<br />

14 Schlafplätze für Männer<br />

8 Schlafplätze für Frauen<br />

tägliche Aufnahme von<br />

18.00 bis 19.45 Uhr<br />

Frauen und Männer<br />

ab 18 Jahren<br />

aus dem Raum Paderborn<br />

Aufenthaltsdauer<br />

bis zu 6 Wochen


i<br />

Drogenabhängige bekommen für diesen Job eine kleine Aufwandsentschädigung – sie kennen die Orte am besten.<br />

ii<br />

Offizielle Schätzungen gehen von rd. 1000 Schwerstabhängigen für Paderborn aus, von denen ca. 400 Personen ärztlich substituiert werden. Rechnen wir ‚nur’ die restlichen rd. 600 i.v. Abhängigen, die<br />

durchschnittlich 3-4 x tgl. konsumieren, so kommen wir auf 766.500 Konsumvorgänge jährlich …<br />

Im Bundesdurchschnitt werden rund 1,5% der Bevölkerung zur Problemgruppe der intravenös (i.v.) konsumierenden Schwerstabhängigen gezählt. Für Paderborn würden bei 142.140 Einwohnern (Stand<br />

31.03.<strong>2008</strong>) somit 2132 Personen zur Problemgruppe gehören.<br />

iii<br />

heißt: drogenfreies<br />

iv ABS = AlltagsBegleitung bei Substitution, psychosoziale Unterstützung bei besonderem Hilfebedarf<br />

v und damit Vermeidung von Beschaffungskriminalität und Straffälligkeit<br />

6 Schneider in: Brennpunkte akzeptanzorientierter …Drogenarbeit, VWB Berlin 1997<br />

7<br />

12<br />

8 BMG: Modellprogramm Aufsuchende Sozialarbeit für langjährige Drogenabhängige, Baden-Baden 1993, S. 154<br />

9 Vgl.: BMG: Modellprogramm Aufsuchende Sozialarbeit für …, S. 155<br />

10 Vgl.: Steffan, Werner, Streetwork in der Drogenszene, Freiburg im Breisgau 1988, S. 81<br />

11 Schroers, Artur, Szenealltag im Kontaktcafé, VWB, Verl. für Wiss. und Bildung, 1995<br />

13 Am 1. Juli <strong>2008</strong> waren beim Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte 72.200 substituierte Patient_innen gemeldet. In Paderborn gibt es etwa 400<br />

Substituierte.<br />

14 Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid und wird seit 1998 zur Heroinsubstitution verwendet. Außerdem wird in Deutschland mit Buprenorphin (seit 2000 unter dem Markennamen<br />

Subutex), L-Polamidon (seit 2001) und Suboxone (seit 2007, ein Kombinationspräparat aus Buprenorphin und Naloxon) substituiert. In Ausna3hmefällen ist auch Codein zugelassen.<br />

15<br />

Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien), letzte Fassung vom 28.10.2002. Online unter:<br />

http://www.bmg.bund.de/cln_117/nn_1168248/SharedDocs/Downloads/DE/Drogen-Sucht/Heroin-Designerdrogen/substitution-pdf-<br />

2415,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/substitution-pdf-2415.pdf [21.01.2009].<br />

16 Inzwischen gibt es umfangreiche Studien zur Wirksamkeit der Behandlung mit Substitutionsmitteln. Vgl. u.a.: Raschke P. (1994): Substitutionstherapie. Ergebnisse langfristiger Behandlung<br />

von Opiatabhïngigen. Freiburg: Lambertus. Verthein U., Kalke J. & Raschke P. (1994): Resultate internationaler und bundsdeutscher Evaluationsstudien zur Substitutionstherapie mit Methadon.<br />

Eine Übersicht. Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie 44:<br />

128-136. Küfner, H. & Reuter, B. (2001): Verbesserung der Behandlung von Drogenabhängigen in einer Methadon-Substitution durch Vernetzung und Therapieoptimierung (IFT-Berichte Bd.<br />

130). München: IFT Institut für Therapieforschung. Verthein, U., Kalke, J., Raschke, P. (1998): Substitution Treatment with Methadone in Germany - Politics, Programmes and Results. International<br />

Journal of Drug Policy 9: 71-78. Degkwitz P., Verthein U. & Haasen C. (2005): Das Bundesdeutsche Modellprojekt der heroingestützten Behandlung – aktuelle Bedingungen und Perspektiven<br />

der Orginalstoffvergabe. In: Gerlach R. & Stöver H. (Hrsg.) Vom Tabu zur Normalität. 20 Jahre Substitution in Deutschland – Zwischenbilanz und Aufgaben für die Zukunft. Freiburg: Lambertus;<br />

350-358. Zur deutschen Heroinstudie siehe auch: http://heroinstudie.de.<br />

17 Benzodiazepine finden in der Psychiatrie Anwendung bei der Behandlung von Angst- und Unruhezuständen, als Notfallmedikation bei epileptischen Krampfanfällen und als Schlafmittel. Sie<br />

unterliegen in der Bundesrepublik Deutschland der Gesetzgebung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG).<br />

18 Stöver/Michels (2007): Erfolgsgeschichte mit Hindernissen. Die Substitutionsbehandlung in Deutschland. Dr. med. Mabuse Nr. 168. Juli/August 2007, online unter http://www.mabuse-<br />

verlag.de/zeitschrift/168_StoeverMichels.pdf [21.01.2009]<br />

19 Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat gemeinsam mit den Bundesländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie den Städten Hannover, Frankfurt,<br />

Köln, Bonn, Karlsruhe und München das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger durchgeführt. Dabei wurden langjährige, schwerstabhängige Heroinkonsument_innen<br />

über vier Jahre mit Diamorphin (synthetisch hergestelltem Heroin) behandelt und die Ergebnisse wissenschaftlich ausgewertet. Als zentrales Ergebnis dieser Studie lässt sich<br />

eine signifikante Überlegenheit der Heroin- gegenüber der Methadonbehandlung nachweisen. Weitere Informationen online unter: http://www.heroinstudie.de<br />

20 Gleiches hat der 110. Deutsche Ärztetag in seiner Entschließung gefordert. Wörtlich heißt es: „Der Deutsche Ärztetag fordert eine Novellierung der BtMVV [Betäubungsmittel-<br />

Verschreibungsverordnung, A.B.], bei der die medizinische Behandlung Opiatabhängiger nicht mit strafrechtlichen Mitteln reguliert wird.“ Online unter:<br />

http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/DAETBeschlussprotokoll20070822a.pdf [21.01.2009]<br />

21<br />

Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit<br />

und <strong>Soziale</strong>s des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten: Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg<br />

und Nachsorge am Beispiel der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />

22<br />

Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit<br />

und <strong>Soziale</strong>s des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten: Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg<br />

und Nachsorge am Beispiel der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />

23<br />

Ebenda, S. 68.<br />

24<br />

Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/2/0/programm/kiss.aspx<br />

25<br />

Schippers, G.M.; Cramer, E.: Kontrollierter Gebrauch von Heroin und Kokain, in: Suchttherapie 3 (2002), S. 79.<br />

26<br />

Haves, W.; Schneider, W.: Kontrollierter Gebrauch illegaler Drogen: Forschungsstand und Konsequenzen, in: Drogalkohol 16 (1992), S. 75; siehe dazu auch Weber, G.;<br />

Schneider, W.: Herauswachsen aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung, kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter Ausstieg – Ein Resümee –, in: Ministerium für<br />

<strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Herauswachsen aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung, kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter<br />

Ausstieg, Minden 1992, S. 22.<br />

27<br />

Vgl.: Herrmann, U. u.a.: Heroin und Kokain – Möglichkeiten des sozial integrierten Gebrauchs, in: akzept e.V.<br />

(Hrsg.): Dokumentationsband zum Kongreß: DrogenVisionen: Zukunftswerkstatt für eine innovative Drogenpolitik und Drogenhilfe, Band 12 der INDRO-Buchreihe: Studien<br />

zur qualitativen Drogenforschung und akzeptierenden Drogenarbeit, Berlin 1997, S. 165f.<br />

28<br />

Haves, W.; Schneider, W.: Kontrollierter Gebrauch illegaler Drogen: Forschungsstand und Konsequenzen, in: Drogalkohol 16 (1992), S. 83.<br />

29<br />

Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/3/3/programm/einrichtungen.aspx<br />

30 http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/27824/2/1#texttitel<br />

31<br />

32 Migranten häufiger in Sonderschulen, http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/27412/index.html , [13.02.09]<br />

33 Bericht zur Drogensituation in Deutschland, http://www.dbdd.de/Download/dbdd/REITOX_Germany_<strong>2008</strong>(ger).pdf [09.02.09]<br />

34 C. Haasen, M. Toprak, O. Yagdiran, E. Kleinmeier, psychosoziale Aspekte der Sucht bei Migranten,<br />

http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/27412/index.html, [13.02.09]<br />

35 Forschungsportal der deutschen Rentenversicherung, http://forschung.deutscherentenversicherung.de/ForschPortalWeb/contentAction.do?key=main_statistik&chmenu=ispvwNavEntriesByHierarchy510,<br />

[09.02.09]

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!