B2.Streetwork Jahresbericht 2008 - KIM - Soziale Arbeit eV
B2.Streetwork Jahresbericht 2008 - KIM - Soziale Arbeit eV
B2.Streetwork Jahresbericht 2008 - KIM - Soziale Arbeit eV
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© <strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. 2009<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Busdorfwall 2<br />
33098 PB<br />
<strong>B2.Streetwork</strong> <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong>
Herausgeber:<br />
<strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Busdorfwall 2<br />
33098 Paderborn<br />
Tel. 05251 / 27 298,<br />
Fax: 05251 / 20 56 83<br />
e-mail: b2.streetwork@kim-paderborn.de<br />
Verwaltung:<br />
<strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />
Leostraße 29, 33098 Paderborn<br />
Tel. 05251 / 25 100, Fax: 05251 / 28 24 76<br />
e-mail: verwaltung@kim-paderborn.de<br />
www.kim-paderborn.de<br />
Redaktionelle <strong>Arbeit</strong> und Layout:<br />
Niko Markantonatos<br />
(Dipl.-Sozialpädagoge)<br />
© <strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />
Alle Personen, die auf den Fotos zu sehen sind, haben ihre Genehmigung zur Veröffentlichung im<br />
Rahmen dieses <strong>Jahresbericht</strong>es gegeben.<br />
Moleküle der Sucht.<br />
Alkohol. Benzodiazepin.<br />
Heroin. Kokain.<br />
Methadon.<br />
Tetrahydrocannabinol (THC).
<strong>B2.Streetwork</strong> <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong>
INHALT<br />
Vorwort<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Personal<br />
Grundlagen -<br />
<strong>Arbeit</strong>sansatz und Menschenbild<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereiche<br />
Foto-Story – 24 h<br />
Spenden<br />
Statistik<br />
ABS –<br />
Alltagsbegleitung bei Substitution<br />
Berichte und Erfahrungen des ersten Jahres<br />
Journal<br />
Abstinenz, nein Danke?! –<br />
Kontrollierter Konsum illegaler Drogen<br />
Frauenzimmer<br />
Sucht und Migration<br />
Ausblick<br />
Verweise<br />
Anhang<br />
Unsere weiteren Hilfeangebote im Bereich Sucht<br />
. . . .<br />
. . . .<br />
. . . .<br />
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. . . .<br />
5<br />
8<br />
10<br />
13<br />
15<br />
33<br />
46<br />
47<br />
59<br />
67<br />
67<br />
72<br />
76<br />
78<br />
79
Vorwort<br />
Geschäftsleitung<br />
Das Leben in und mit der Sucht lässt sich nicht risikofrei gestalten.<br />
Es ist zum Teil illegal, es ist entwürdigend, einsam, voller Angst und<br />
existentiell bedrohlich, von Rückschlägen und Misserfolgen gezeichnet<br />
– zehn Notarzteinsätze und ein Todesfall in der Notübernachtung<br />
haben uns in <strong>2008</strong> ordentlich durcheinander gerüttelt. Für viele<br />
ist es ein Kreislauf, dem sie nicht ohne weiteres entkommen (können).<br />
Für diese Zeit brauchen Suchtkranke unsere Hilfen.<br />
Die <strong>Arbeit</strong> an der Basis hat sich nicht wesentlich verändert. Hohe<br />
Besucherzahlen in unserem Kontakt-Café dokumentieren über die<br />
Jahre die Akzeptanz unserer niedrigschwelligen Hilfe. Viele Stunden<br />
am Tag ist das Stadtbild entlastet – die Innenstadt längst nicht mehr<br />
so offensichtlich von Drogenabhängigen bevölkert. Das „B2“ ist für<br />
viele Schwerstabhängige (oft zugleich obdachlos) ein Rückzugsort:<br />
Notübernachtung und Kontakt-Café, duschen und waschen, verpflegen<br />
und reden. Wir erleben, dass unsere Hilfe von vielen angenommen<br />
werden kann.<br />
Von den Meisten wissen wir, dass sie draußen (s. o.) ihre Spritzen<br />
setzen. Viele illegale Konsumräume haben wir so schon aus den Gesprächen<br />
kennen gelernt – an manchen versteckten Orten haben<br />
wir aus der Not und unserem Verantwortungsgefühl heraus Spezialsammelbehälter<br />
für benutzte Spritzen aufgestellt, die wir von Zeit<br />
zu Zeit leeren. Unser „Spritzensammeldienst“ i geht morgens und<br />
abends durch die Stadt und sammelt an bekannten Stellen die infektiösen<br />
Reste ein. Mehr als 95.000 sterile Spritzen haben wir in<br />
<strong>2008</strong> gegen benutzte getauscht, über den Automaten verkauft oder<br />
z. T. einfach ausgegeben, um überhaupt präventiv möglichst viele<br />
Nutzer zu erreichen. Mehr als im Vorjahr und trotzdem wissen wir,<br />
dass wir damit nur schätzungsweise ca.12% aller Konsumvorgänge ii<br />
abdecken. Die Bedeutung der persönlichen Aufklärungsarbeit, die<br />
über Infektionsrisiken und mögliche Übertragungswege informiert,<br />
wird hieran besonders deutlich.<br />
Natürlich haben wir trotz vielfältiger Kontrollroutinen auch das<br />
Problem im Haus. Naiv wären wir, wenn wir zum einen 15 Stunden<br />
von<br />
Günter Helling<br />
(Dipl.-Pädagoge)<br />
5<br />
Leiter des <strong>B2.Streetwork</strong><br />
1) Drogenabhängige<br />
bekommen für diesen Job<br />
eine kleine Aufwandsentschädigung<br />
– sie kennen<br />
die Orte am besten.<br />
2) Offizielle Schätzungen<br />
gehen von rund 1000<br />
Schwerstabhängigen für<br />
Paderborn aus, von<br />
denen ca. 400 Personen<br />
ärztlich substituiert<br />
werden. Rechnen wir<br />
‚nur’ die restlichen rd.<br />
600 i.v. Abhängigen, die<br />
durchschnittlich 3-4 x tgl.<br />
konsumieren, so kommen<br />
wir auf ca. 766.500<br />
Konsumvorgänge jährlich.<br />
Im Bundesdurchschnitt<br />
werden rund 1,5% der<br />
Bevölkerung zur Problemgruppe<br />
der intravenös<br />
(i.v.) konsumierenden<br />
Schwerstabhängigen gezählt.<br />
Für Paderborn<br />
würden bei 142.140<br />
Einwohnern (Stand<br />
31.03.<strong>2008</strong>) somit 2132<br />
Personen zur Problemgruppe<br />
gehören.
6<br />
3) heißt: drogenfreies<br />
4) ABS = Alltags-<br />
Begleitung bei Substitution,<br />
psychosoziale Unterstützung<br />
bei besonderem<br />
Hilfebedarf<br />
5) und damit Vermeidung<br />
von Beschaffungskriminalität<br />
und Straffälligkeit<br />
Übernachtungsstelle und 6 Stunden Cafébetrieb anbieten und zugleich<br />
auf Abstinenz während der gesamten Zeit vertrauen würden.<br />
Auf den Toiletten, in den Ecken, hinter der Waschmaschine … Fundorte<br />
sind Konsumorte. Wir kämpfen jeden Tag für ein sauberes iii Café<br />
und eine saubere Übernachtung und müssen im Interesse einer<br />
klaren Linie häufig die Ertappten mit vorübergehenden Hausverboten<br />
sanktionieren. Zwar ist die Öffentlichkeit durch unsere <strong>Arbeit</strong><br />
entlastet, dass Problem ist jedoch nicht gelöst – bestenfalls hat eine<br />
Verlagerung stattgefunden.<br />
Seit gut einem Jahr findet eine wirksame Hilfe durch die Aufstockung<br />
von Fachkraftstellen in der psychosozialen Begleitung von<br />
substituierten Drogenabhängigen statt. Seitens der Caritas-<br />
Suchtkrankenhilfe wird mit einer zusätzlichen Stelle und mit unserer<br />
ABS-Fachkraft iv deutlich mehr für die rund 400 drogenabhängigen<br />
Menschen getan, die sich in einer ärztlichen Substitutionsbehandlung<br />
befinden. Ein guter Schritt, der vielen Abhängigen Stabilität<br />
und häufig die angestrebte Beigebrauchsfreiheit v in einer ansonsten<br />
schwierigen Lebenssituation ermöglicht.<br />
Bei genauerer Betrachtung lässt sich noch vieles verbessern, ergänzen<br />
und ausbauen. Paderborner Einrichtungen der Drogenhilfe haben<br />
im Umgang mit dem Drogenproblem an konstruktiven Lösungen<br />
gearbeitet. Die MitarbeiterInnen der verschiedenen Träger<br />
pflegen eine gute Zusammenarbeit, das Spektrum der Hilfeangebote<br />
ist groß und diejenigen, die aus dem Suchtkreislauf aussteigen<br />
wollen, können ihre Gesprächs- und Hilfepartner finden. Mittlerweile<br />
sind die Kosten für eine Substitutionsmedikation regelhaft<br />
gedeckt, die ambulante Hilfe wird von vielen Anbietern geleistet<br />
und vom überörtlichen Kostenträger finanziert und stationäre Therapieeinrichtungen<br />
können relativ schnell einen freien Therapieplatz<br />
bereitstellen. Die guten Kontakte untereinander ermöglichen<br />
auch uns häufig den „kleinen Dienstweg“ und damit den schnellen<br />
Erfolg einer koordinierten Hilfe.<br />
Als Hilfe-Partner steht das „<strong>B2.Streetwork</strong>“ im Verbund mit vielen<br />
anderen Einrichtungen, Institutionen und Helfern. Unsere
Kooperationspartner tragen erheblich dazu bei, dass ein erster Kontakt<br />
zu den StraßensozialarbeiterInnen auch konkrete Angebote für<br />
weitere Schritte aus der Misere bedeuten kann. Drogenberatung,<br />
Entgiftungen, Beratungsstellen und <strong>Arbeit</strong>skreise, ambulante und<br />
stationäre Hilfen, Substitutionsärzte, verständnisvolle Mitarbeiter<br />
in den Behörden, Sach- und Geldspender und ehrenamtliche Unterstützer<br />
– ohne den Anderen kann der Eine nicht zum Erfolg beitragen.<br />
Wir sind froh, dass wir in Paderborn über ein funktionierendes<br />
Netzwerk von komplementären (Drogen-)Hilfeangeboten verfügen.<br />
In <strong>2008</strong> haben wir unseren Teil dazu beigetragen und für 2009 wollen<br />
wir weiter daran arbeiten.<br />
Darüber hinaus sehen wir deutlichen Entwicklungsbedarf in der Bereitstellung<br />
tagesstrukturierender Angebote für Suchtkranke, die in<br />
der Regel nicht, nicht mehr oder noch nicht wieder in der Lage sind,<br />
einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Abgestimmt auf das Krankheitsbild<br />
sind weitere differenzierte Maßnahmen für den kleinschrittigen<br />
Weg aus der Sucht denkbar. Hier besteht nach wie vor<br />
Handlungsbedarf, dem wir uns gerne bei entsprechender Unterstützung<br />
stellen wollen. Denn auch solche Projekte benötigen die<br />
Zusammenarbeit vieler Akteure.<br />
Mit unserem <strong>Jahresbericht</strong> bieten wir Ihnen eine Lektüre mit interessanten<br />
Einblicken und vielen Informationen zu einem trotz allem<br />
ungelösten Problem.<br />
Für das Team<br />
Günter Helling<br />
7
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Busdorfwall 2<br />
33098 PB<br />
<strong>B2.Streetwork</strong>. Straßensozialarbeit in Paderborn.
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
<strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />
Geschichte Der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. betreibt seit<br />
1987 im Auftrag der Stadt Paderborn aufsuchende Straßensozialarbeit.<br />
Diese, in Fachkreisen ‚Streetwork' genannte Herangehensweise<br />
an problembeladene Randgruppen in deren<br />
sozialem Umfeld, hat eine rege Entwicklung erlebt. Während<br />
zunächst vagabundierende junge Wohnungslose im Stadtgebiet<br />
aufgesucht wurden, konnte in der Folge bereits eine sogenannte<br />
‚Krisenwohnung' in der Königsstraße als konkrete<br />
Hilfeergänzung und Basis für weitere Hilfen zur Verfügung<br />
gestellt werden. Mittlerweile hat die Einrichtung nun seit<br />
2002 am Busdorfwall 2 als <strong>B2.Streetwork</strong> ihr drittes Zuhause<br />
bezogen.<br />
<strong>Arbeit</strong> Das <strong>B2.Streetwork</strong> arbeitet niedrigschwellig<br />
und akzeptanzorientiert. Im Rahmen der Streetwork suchen<br />
wir wohnungslose und/oder suchtmittelabhängige Personen<br />
im Stadtgebiet auf, um mit einem möglichst breiten<br />
Spektrum an Angeboten weitere Verelendung zu vermeiden<br />
und konkrete Hilfen bei Alltagsproblemen zu leisten.<br />
Die Beratungsschwerpunkte beziehen sich auf konkrete Unterstützung<br />
bei der <strong>Arbeit</strong>s- und Wohnungssuche, Ernährung,<br />
Hygiene und Infektionsprophylaxe, Spritzentausch, Behördenangelegenheiten,<br />
Schuldenregulierung etc. Ein besonderer<br />
Schwerpunkt liegt in der Alltagsbegleitung bei<br />
Substitution (ABS), die die psychosoziale Stabilisierung bei<br />
abstinenzwilligen Menschen fördert.<br />
Zusammen mit den flankierenden Angeboten des Kontakt-<br />
Cafés und der Not-Übernachtungsstelle ermöglichen wir auf<br />
niedrigschwelligem Niveau den leichten Zugang zu unseren<br />
Hilfen.<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Busdorfwall 2<br />
33098 Paderborn<br />
Tel. 05251/27298<br />
Fax 05251/205683<br />
b2.streetwork<br />
@kim-paderborn.de<br />
6 SozialarbeiterInnen im B2<br />
1 Sozialarbeiter in der ABS<br />
1 Hausmeister und Koch<br />
1 Hilfskraft im Bereich<br />
Hauswirtschaft<br />
1-2 Brückenjobler von InVia<br />
8 studentische Hilfskräfte<br />
14 Schlafplätze für Männer<br />
8 Schlafplätze für Frauen<br />
tägliche Aufnahme von<br />
18.00 bis 19.45 Uhr<br />
Frauen und Männer<br />
ab 18 Jahren<br />
aus dem Raum Paderborn<br />
Aufenthaltsdauer<br />
bis zu 6 Wochen<br />
9
10<br />
Hauptamtliche Mitarbeiter<br />
Personal<br />
In der Straßensozialarbeit mit den Bereichen Kontakt-Café, Beratung, Übernachtung<br />
und Streetwork sind in <strong>2008</strong> fünf Planstellen anteilig mit sieben Fachkräften besetzt.<br />
Zusätzlich ist Heinz Plaumann zur Bewirtschaftung des Küchen- und Café-Bereiches<br />
und für die Hausmeisterei eingesetzt.<br />
Dipl.-Pädagoge<br />
stellvertr.<br />
Geschäftsführer,<br />
Leitung<br />
Diplom-<br />
Sozialpädagoge<br />
ABS<br />
Koch<br />
Hausmeisterei<br />
Günter Helling<br />
Andreas Beisbart<br />
Heinz Plaumann<br />
Diplom-<br />
Sozialarbeiter<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Diplom-<br />
Sozialarbeiter<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Diplom-<br />
Sozialpädagoge<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Dirk Wildenberg Michael Reinhard<br />
Niko Markantonatos<br />
Diplom-<br />
Sozialarbeiterin<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Diplom-<br />
Sozialarbeiterin<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Diplom-<br />
Sozialpädagogin<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Stefanie Buschmeier Kirtsen Rak Claudia Schmidtke
Sonstige MitarbeiterInnen<br />
Unterstützt wird das Team der hauptamtlichen SozialarbeiterInnen durch eine ganze<br />
Reihe an weiteren Mitarbeitern.<br />
Hierzu gehört seit Oktober unser neuer Helfer Elmar Schulte-Hillekes, der überwiegend<br />
für den hauswirtschaftlichen Bereich zuständig ist, sowie acht Studenten<br />
(überwiegend der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong>), davon zwei als Honorarkräfte für Wochenendund<br />
Feiertagsdienste und sechs als Nachtwachen. Zudem konnten sich noch vier<br />
„KollegInnen auf Zeit“ im Rahmen einer <strong>Arbeit</strong>sgelegenheit (Brückenjob) für den beruflichen<br />
Einsatz erproben. In diesem Zusammenhang bedanken wir uns für die gute<br />
Zusammenarbeit mit den KollegInnen bei IN VIA, die diese <strong>Arbeit</strong>sgelegenheiten zuverlässig<br />
betreut haben.<br />
Förderung des Berufsnachwuchses<br />
In <strong>2008</strong> haben insgesamt sieben PraktikantInnen in unserer Einrichtung erste Erfahrungen<br />
im Berufsfeld der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> sammeln können. Hierzu zählten StudentInnen<br />
der Katholischen Fachhochschule (KatHO), Pädagogik-StudentInnen der Universität<br />
Paderborn sowie StudentInnen der Fachhochschule Bielefeld.<br />
Aus der Sicht einer Praktikantin<br />
Personal<br />
Teresa Gummersbach, Diplom-Pädagogik-Studentin der Universität Paderborn, beschreibt<br />
ihre Einstellungen und Erfahrungen zu Beginn ihres Praktikums in unserer<br />
Einrichtung.<br />
Als ich im Dezember letzten Jahres die Zusage für mein Praktikum im <strong>B2.Streetwork</strong><br />
bekommen habe, war ich froh und zufrieden, denn zum einen hatte ich endlich einen<br />
Platz gefunden und zum anderen auch einen der echt interessant ist. So sollte ich also<br />
im Januar ein sechswöchiges Praktikum beginnen. Die Zeit bis dahin war noch lang<br />
und so konnte ich mir einige Gedanken machen: „Was kommt da auf mich zu?“, „Wie<br />
muss ich mit den Klienten umgehen?“<br />
Als ich meinen Kommilitonen und Freunden von meiner Praktikumsstelle erzählte,<br />
war oft die Reaktion: „Bist du dir sicher, dass du mit Drogensüchtigen arbeiten<br />
willst?“, „In Paderborn gibt es Streetwork?“ oder einfach nur „Oh, mein Gott,<br />
Streetwork?“. Ich persönlich bin mit weniger negativen Gedanken herangegangen.<br />
Ich war sehr neugierig, denn bisher hatte ich weder viel mit Drogensüchtigen noch<br />
11
12<br />
Personal<br />
mit Obdachlosen zu tun, außer denjenigen, denen man in der Stadt oder im Busbahnhof<br />
begegnet. Natürlich hatte ich auch vorher schon etwas über das Thema<br />
„Streetwork“ gehört, aber mein Wissen darüber stammte doch eher aus dem Fernsehen,<br />
wo es doch eher negativ dargestellt wird.<br />
Als ich dann am 19. Januar um 8 Uhr vor dem B2 stand, war ich doch ziemlich nervös.<br />
Was erwartet mich und wie gehe ich mit schwierigen Situationen um? Ist der Umgang<br />
mit den Klienten so viel anders als mit in der Gesellschaft gerne als „normale<br />
Menschen“ bezeichneten Personen? Trotzdem ging ich recht offen an die <strong>Arbeit</strong>. Ich<br />
wurde von den Klienten sehr freundlich und auch mit Neugier begrüßt. Bei den meisten<br />
konnte ich mir auf den ersten Blick kaum vorstellen, dass sie Drogen konsumieren,<br />
aber in den Gesprächen erfuhr man sehr viel von den Menschen und auch von<br />
ihren Geschichten. Gerade in den ersten Tagen kam es oft zu Missverständnissen, da<br />
ich vom Umgang mit Spritzen oder auch mit anderen Utensilien zum Konsum von<br />
Drogen keine Erfahrungen hatte und mich schnell als „Nichtwissende“ outete. Ich<br />
kannte die „Szenebegriffe“ nicht und habe, als mich das erste Mal jemand nach<br />
„Pumpen“ fragte, wohl ein wenig „dumm“ dagestanden. Mir wurde diese Unwissenheit<br />
verziehen und sie wurde doch eher belächelt; aber so musste ich doch gerade in<br />
der Anfangszeit oft nachfragen. Zu meinen Fragen bekam ich immer Antwort, entweder<br />
von den MitarbeiterInnen des B2, aber auch oft von den Gästen selber. So<br />
fand ich mich schnell in die <strong>Arbeit</strong> im Café ein und brauchte auch keine Berührungsängste<br />
zu haben.<br />
Das erste Mal bei der Streetwork war, im Gegensatz zu der <strong>Arbeit</strong> hinterm Tresen,<br />
absolutes Neuland für mich. Auf dieser Runde habe ich Bereiche des Busbahnhofes<br />
gesehen und gerochen, an denen ich zuvor noch nie war und vermutlich in meiner<br />
Freizeit auch nie hingekommen wäre. Die Menschen dort waren zum Teil neugierig,<br />
zum Teil zurückhaltend, da sie mich nicht kannten. Ich wurde vorher schon von einem<br />
der Sozialarbeiter vorgewarnt, dass nicht alle Menschen in Paderborn der <strong>Arbeit</strong><br />
der Streetworker gegenüber wohlgesonnen sind, da man angeblich den Drogenkonsum<br />
unterstützen würde. Eine eben solche Erfahrung hatte ich gerade auf meiner allerersten<br />
Runde Streetwork. Ein Mann im Anzug ging an uns vorbei und warf uns nur<br />
einen sehr abfälligen Blick zu, als ob wir etwas Schlimmes tun würden. Ich war doch<br />
sehr erschrocken über diese Reaktion, denn mit dem Verteilen von Spritzen und anderen<br />
„Safer-Use“-Artikeln verhindert man die Ansteckung der Konsumenten mit<br />
verschiedenen Krankheiten und verhindert so eine weitere Ausbreitung. Dass jemand<br />
das anders sieht, fand ich sehr irritierend, denn ein Süchtiger konsumiert, egal ob er<br />
oder sie eine saubere Nadel hat oder nicht.
Grundlagen<br />
<strong>Arbeit</strong>sansatz und Menschenbild<br />
Eine rein abstinenzorientierte, hochschwellige<br />
Drogenhilfe hat nur eine geringe<br />
Reichweite und wird der Heterogenität<br />
von Drogensüchtigen und deren<br />
Suchtkarrieren nur bedingt gerecht. Aus<br />
diesem Grunde bildete sich die niedrigschwellige,<br />
akzeptanzorientiert Drogenarbeit.<br />
Grundlagen und <strong>Arbeit</strong>sbereiche<br />
von Dirk Wildenberg<br />
(Dipl.-Sozialarbeiter)<br />
Niedrigschwelligkeit<br />
bezeichnet dabei lediglich die Zugangsmethode,<br />
Akzeptanz den inhaltlichen<br />
<strong>Arbeit</strong>sansatz. Niedrigschwelligkeit<br />
meint die Minimierung jeglicher<br />
Hemmschwellen gegenüber der Inanspruchnahme<br />
von Hilfe und Beratung.<br />
Dazu gehört der bewusste Verzicht auf<br />
Terminvereinbarungen (verbunden mit<br />
erhöhtem Zeitaufwand), der Verzicht<br />
auf den Beweis der Abstinenzmotivation<br />
durch entsprechende Bemühungen<br />
oder auf den Clean-Status an sich. Hilfen<br />
sollen direkt erreichbar und annehmbar<br />
sein 6 .<br />
Akzeptanz<br />
geht inhaltlich über den anspruchsarmen<br />
Zugang hinaus: Sie beschreibt die<br />
Einstellung und das zugrundeliegende<br />
Menschenbild und beginnt mit dem<br />
schlichten Akzeptieren des drogenbezogenen<br />
Lebensstils als Recht auf „Anders-Sein“<br />
und der für den Konsumenten<br />
negativen als auch positiven Wirkung<br />
einer jeden Droge – ohne sich<br />
aber zu „verbrüdern“ (!) oder sich etwa<br />
auf Selbstmitleid einzulassen. Die Fachliteratur<br />
spricht von „Gelassenheit gegenüber<br />
den dynamischen und diskontinuierlichenEntwicklungsmöglichkeiten“<br />
der Einzelnen. Will heißen: nicht<br />
jeder will und nicht jeder kann (zumindest<br />
zeitweise) ohne Drogen leben –<br />
und das, obwohl ein Lebensentwurf mit<br />
Drogen häufig ebenfalls nicht möglich<br />
ist.<br />
Die Verantwortung für Intensität, Richtungsverlauf<br />
und Verbindlichkeit der<br />
Kontakte liegt bei den Adressaten,<br />
beschreibt Schneider die Rahmenbedingungen.<br />
Für uns in der Praxis bedeutet dies, dass<br />
wir Vertrautsein und Nähe zum Szene-<br />
Leben haben sollten, damit Sozialarbeit<br />
erreichbar ist bei veränderungsbereiten<br />
oder ausstiegswilligen KlientInnen.<br />
13
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Pause machen. Kraft tanken.<br />
Information<br />
und Beratung.<br />
SOS<br />
Hilfe und<br />
Unterstützung.
1<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
Streetwork<br />
Aufsuchende Straßensozialarbeit<br />
Als Basisangebot der niedrigschwelligen<br />
<strong>Arbeit</strong> ist die aufsuchende <strong>Arbeit</strong> oft<br />
der Anfang des Kontaktes zur Zielgruppe.<br />
7<br />
„Aufsuchende <strong>Arbeit</strong> als eine Methode<br />
von sozialarbeiterischen Angeboten<br />
und als persönliche Hilfe ist nicht von<br />
der Drogenarbeit entdeckt oder erfunden<br />
worden“. 8 Vielmehr ist Streetwork<br />
eine spezifische Variante von aufsuchender<br />
<strong>Arbeit</strong> und will durch das Aufsuchen<br />
der drogenbezogenen Lebensräume<br />
Kontakt herstellen und halten. 9<br />
Streetwork bedeutet sozialraumorientierte<br />
Akzeptanz des Gegenübers und<br />
ist eine wichtige Möglichkeit, die Hilfeangebote<br />
"an den Mann/die Frau" zu<br />
bringen. Die Hilfe ist vor Ort erreichbar,<br />
ohne dass erst Schwellenängste überwunden<br />
werden müssen, die die Inanspruchnahme<br />
letztendlich verhindern.<br />
Im Umkehrschluss muss aber nicht nur<br />
der Streetworker die Klientel akzeptieren,<br />
sondern er selbst von ihnen anerkannt<br />
werden.<br />
Dies zeigt sich, wenn dem Streetworker<br />
sogenannte „Szeneneuigkeiten“ mitgeteilt<br />
werden. Diese Neuigkeiten gehen<br />
über den normalen Small-Talk hinaus<br />
und sind somit auch als Vertrauensbeweis<br />
der Szeneangehörigen anzusehen.<br />
10<br />
Als gewollte Überlebenshilfe wird im<br />
Winter heißer Tee ausgeschenkt. Ganzjährig<br />
werden, als wichtiges Hilfsmittel<br />
zur Vertrauensbildung sowie zur Gesundheitsprophylaxe,<br />
auch gebrauchte<br />
Spritzen angenommen und neue, saubere<br />
Spritzen abgegeben. Während der<br />
Streetwork wurden in <strong>2008</strong> mit rund<br />
1861 Stück diesmal 461 mehr saubere<br />
Spritzen als im Vorjahr von uns ‚unters<br />
Volk’ gebracht. Die meisten KlientInnen<br />
nutzen unser kostenloses Angebot von<br />
Safer-Use-Utensilien allerdings im Café.<br />
Unser Vorhaben, in diesem Bereich<br />
offensiver zu werben, trägt weiterhin<br />
deutliche Früchte.<br />
Unsere Streetwork findet in der Regel<br />
zweimal pro Tag statt. Je nach Jahreszeit<br />
suchen wir dann die szenetypischen<br />
Aufenthaltsorte wie z.B. das<br />
Paderquellgebiet oder die Zentralstation<br />
auf. Zusätzlich fahren wir zweimal in<br />
der Woche mit dem Auto zur Streetwork,<br />
um in der Szene Essen von der<br />
Paderborner Tafel an die Bedürftigen<br />
zu verteilen. Die Menschen erwarten<br />
uns schon, um ihren kärglichen Speiseplan<br />
mit gespendeten Lebensmitteln<br />
bereichern zu können. Anders als vielfach<br />
angenommen, gibt es viele Bedürftige<br />
die über keinerlei staatliche<br />
Hilfen (Hartz IV. o.ä.) verfügen. Häufig<br />
sind die Schwellenängste vor Behördenkontakten<br />
einfach zu groß.<br />
15
16<br />
2<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
Das Kontakt-Café<br />
Kontakt-Café<br />
Kontakt-, Freizeit- und Hilfeangebot<br />
Das Kontakt-Café war <strong>2008</strong> an 273 Tagen<br />
geöffnet und mit durchschnittlich<br />
78 Personen pro Tag ist die Zahl der BesucherInnen<br />
gegenüber dem Vorjahr<br />
etwas gesunken (Vorjahr: 81 bei 279<br />
Tagen). Im direkten Vergleich zu den<br />
Vorjahren können wir aber wie im Vorjahr<br />
signifikant höhere Besucherzahlen<br />
verzeichnen und das, obwohl wir seit<br />
Anfang <strong>2008</strong> ein Rauchverbot im Cafè<br />
haben.<br />
Die BesucherInnen nutzen das Kontakt-<br />
Café als Aufenthaltsort und Treffpunkt,<br />
sowohl um die sozialarbeiterischen Angebote<br />
wahrzunehmen, als auch um soziale<br />
Kontakte zu pflegen, sich auszutauschen,<br />
sich von Drogenbeschaffung<br />
und –konsum zu erholen, oder auch um<br />
sich mit Lebensmitteln, Spritzenbesteck<br />
und/ oder Kleidung zu versorgen.<br />
Dealen oder andere illegale Handlungen<br />
können bei den gestiegenen Besucher-zahlen<br />
nur dann wirkungsvoll unter-bunden<br />
werden, wenn tatsächlich<br />
zwei SozialarbeiterInnen im Café anwesend<br />
sind. Es ist jedoch immer noch so,<br />
dass die BesucherInnen fast ausschließlich<br />
an den sozialarbeiterischen Angeboten<br />
und dem Café als Schutzraum<br />
interessiert sind. Diese Gruppe scheint<br />
auch innerhalb der offenen Szene quantitativ<br />
konstant zu bleiben.<br />
„Im Rahmen der Kontaktarbeit mit den<br />
BesucherInnen stellen sich hohe Anforderungen<br />
an die MitarbeiterInnen in Drogenkontaktläden;<br />
das Professionsprofil in<br />
Form tradierter Sozialarbeit beinhaltet<br />
u.a. auch Kontroll-, Sanktions- und Interventionsaufgaben<br />
(etwa bei Gewaltsituationen)<br />
– woraus z.T. erhebliche Belastungen<br />
für die MitarbeiterInnen resultieren.“<br />
11<br />
Dieses Belastungspotenzial hervorgerufen<br />
durch Rollenkonflikte erfordert regelmäßige<br />
Fort- und Weiterbildungen der<br />
Mitarbeiterschaft sowie regelmäßige<br />
Supervisionen um eventuellen „burnout“<br />
– Symptomen vorzubeugen. Aus diesem<br />
Grund absolvieren alle MitarbeiterInnen<br />
jährlich mindestens zwei Fortbildungen<br />
und nutzen die monatliche Teamsupervision,<br />
die von einem externen Fachmann<br />
geleitet wird.<br />
Die ‚Abgänge’ durch Therapie, Entgiftung<br />
und Inhaftierung werden durch Therapieabbrecher,<br />
Haftentlassene und Neuzugänge<br />
wieder aufgehoben.<br />
Fast alle Besucher des Kontakt-Cafés<br />
haben nur geringe finanzielle Möglichkeiten<br />
zur Freizeitgestaltung. Es gibt<br />
kaum öffentliche Orte, die nicht kommerziell<br />
ausgerichtet sind und als Treffpunkte<br />
dienen können. Angesichts der in<br />
der Regel sehr beengten Wohnverhältnisse<br />
(sofern überhaupt eine<br />
Wohnung vorhanden ist) und fehlenden
Alternativen dient das Café als Raum<br />
zum<br />
Zeitvertreib, zum Austausch und ist für<br />
manche die einzige (geheizte) Möglichkeit,<br />
soziale Kontakte zu haben.<br />
Das Café wird als Gegenpol zu Ausgrenzung<br />
und Ablehnung gesehen, die von<br />
einzelnen Menschen erfahren wird, die<br />
ohnehin unter ihrer sozialen Situation<br />
leiden. Das Fachteam des <strong>B2.Streetwork</strong><br />
nutzt diesen Ort, um Kontakt zur Zielgruppe<br />
herzustellen, aufrechtzuerhalten<br />
und Vertrauen aufzubauen. Das Café ist<br />
wichtiger Bestandteil des niedrigschwelligen<br />
Beratungs- und Kontaktangebotes.<br />
Neben kleineren Freizeitangeboten finden<br />
hier erste Hilfegespräche in ungezwungener<br />
Atmosphäre statt.<br />
Die breite Angebotspalette unseres Kontakt-Cafés<br />
wird von den BesucherInnen<br />
akzeptiert – die Einrichtung übernimmt<br />
für einige die Funktion eines Zuhauses.<br />
Grundversorgung<br />
Deutliche Defizite sind bei der Klientel im<br />
Bereich der Grundversorgung festzustellen.<br />
Geld, Zeit und Energie reichen<br />
zudem häufig nur für Fast-Food. Viele<br />
Abhängige geben auch dem Alkohol Vorrang,<br />
da dieser die Entzugserscheinungen<br />
lindert.<br />
Im Café werden von Montag bis Freitag<br />
warme Mahlzeiten zu einem geringen<br />
Preis angeboten. Unser Ziel ist es, damit<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich Kontakt-Café<br />
ein Minimum an ausgewogener, gesunder<br />
Ernährung anzubieten, und<br />
somit ein wenig der gesundheitlichen<br />
Verelendung entgegenzuwirken. In der<br />
Regel wurden in <strong>2008</strong> zwischen 30 und<br />
40 Mahlzeiten pro Tag ausgegeben.<br />
Samstags gibt es für die Bewohner der<br />
Übernachtungsstelle ein kostenloses<br />
Frühstück, andere können gegen eine<br />
geringe Kostenbeteiligung mitfrühstücken.<br />
Über einen Pool von regelmäßigen und<br />
sporadischen Spenden können wir<br />
Kuchenspenden und Lebensmittel an<br />
die Besucher kostenlos abgeben.<br />
Besonders hervorzuheben ist die <strong>Arbeit</strong><br />
durch die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />
der ‚Paderborner Tafel’. Nur<br />
durch sie ist es gewährleistet, dass<br />
unser Koch Heinz dreimal pro Woche<br />
Lebensmittel von dort abholen kann,<br />
die dann an die BesucherInnen verteilt<br />
werden. Mittwochs und Freitags findet<br />
zudem eine sog. mobile Streetwork<br />
statt, wo an den uns bekannten Szenetreffpunkten<br />
ebenfalls Lebensmittel<br />
ausgegeben werden. Besonders gefragt<br />
sind Brot, Milchprodukte, Fleisch, Aufschnitt<br />
und Obst, sowie Süßigkeiten.<br />
Pro Ausgabetermin kommen bis zu 30<br />
Personen, wobei Ende des Monats der<br />
Andrang noch wesentlich höher ist. Die<br />
Spenden werden dankbar angenommen.<br />
Frische Mahlzeiten und Lebens-<br />
17
18<br />
mittelspenden decken einen Teil des<br />
Grundbedarfs, füllen den Bauch und<br />
sind damit oftmals Voraussetzung für<br />
das Wahrnehmen ‚höherer’ Hilfebedürfnisse.<br />
Für die professionelle Sozialarbeit<br />
im B2. Streetwork sind die Elemente<br />
der Grundversorgung sinnvolle<br />
und notwendige Angebote. Sie ermöglichen<br />
den Zugang zu weitgehend allen<br />
Personen der Zielgruppe.<br />
Zur Grundversorgung gehören auch<br />
Waschmöglichkeiten – für sich selbst<br />
und auch für die Wäsche. Für die Körperhygiene<br />
steht eine Dusche (und<br />
Duschgel, Shampoo) kostenlos zur Verfügung.<br />
Für die Waschmaschinen- und<br />
Trocknernutzung wird ein Waschmittelbeitrag<br />
von 1,00 € erhoben. Unsere<br />
Waschmaschinen und Trockner werden<br />
entsprechend gern und oft genutzt.<br />
Beide Angebote sind während der Café-Öffnungszeiten<br />
für jedermann/-frau<br />
nutzbar.<br />
Drogenkonsum und Notfallhilfe<br />
Drogenkonsum und der Handel mit<br />
Drogen sind auf dem gesamten Gelände<br />
strengstens untersagt. Verstöße<br />
wer-den konsequent mit zeitlich begrenzten<br />
Geländeverboten geahndet –<br />
eine Strafe, die die meisten Besucher<br />
mangels Alternativen ungern riskieren.<br />
Trotzdem kommt es immer wieder zu<br />
Drogen- oder Alkoholnotfällen. Die Mitarbeiter-<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich Kontakt-Café<br />
Innen des B2. Streetwork werden deshalb<br />
regelmäßig in Erster Hilfe geschult,<br />
um im Notfall schnell und effektiv handeln<br />
zu können.<br />
Veranstaltungen<br />
Auch im Jahr <strong>2008</strong> haben wir mit unseren<br />
Veranstaltungen versucht, Abwechslung<br />
in den Szene-Alltag unserer<br />
KlientInnen zu bringen.<br />
So findet jeden Donnerstag ab 14 Uhr<br />
im Cafè ein DVD-Nachmittag statt,<br />
wodurch unsere KlientInnen die Möglichkeit<br />
bekommen, aktuelle Filme<br />
sehen zu können.<br />
Bei gutem wie auch bei weniger gutem<br />
Wetter veranstalteten wir wieder Grill-<br />
Nachmittage und – Abende, die zu<br />
gemütlichen Gesprächen am Grillplatz<br />
einluden.<br />
Im Mai war die Band Tom Sawya auf<br />
unserem großen Sommerfest zu Gast<br />
und unterhielt unsere KlientInnen mit<br />
Reggae-Musik.<br />
Zu unserem Weihnachtsessen am<br />
23.12. kamen ca. 50 Gäste. Das Gericht<br />
bestand aus Rindsroulade, Knödeln und<br />
Apfelrotkohl. Zum Nachtisch gab es<br />
Torte.<br />
Vielen Dank auch an die Spender, die<br />
es uns wie auch schon zum Nikolaustag<br />
(70 Pakete) möglich machten, große<br />
Weihnachtspakete an jeden der 50<br />
Gäste zu verteilen.
3<br />
Büro-Beratung<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
Beratung<br />
Auch im Jahr <strong>2008</strong> waren unsere Beratungsbüros<br />
wieder für viele Klienten ein<br />
Anlaufpunkt, bieten wir doch unsere<br />
Beratung spontan und ohne verbindliche<br />
Termine an. Diese Spontaneität und<br />
Unverbindlichkeit ist es, die eine Beratung<br />
oft erst möglich macht, denn Drogensucht<br />
bedeutet ständig unterwegs<br />
zu sein auf der Suche nach Geld und<br />
Drogen. Da bleibt wenig bis gar keine<br />
Zeit für andere Dinge. Dazu zählen dann<br />
leider auch wichtige Angelegenheiten<br />
aller Art wie die Korrespondenz mit<br />
Ämtern, Behörden, Einrichtungen, Gerichten,<br />
Vermietern usw.<br />
Oft sind Briefe in der Vergangenheit<br />
verloren gegangen oder ungeöffnet im<br />
Papierkorb gelandet. Das erschwert<br />
dann eine schnelle Problemlösung, da<br />
erst lange telefoniert oder recherchiert<br />
werden muss, wie die aktuelle Situation<br />
ist. Für viele ein unverständliches Verhalten,<br />
da die Probleme augenscheinlich<br />
nicht weniger werden. Für ein Leben<br />
auf der Straße aber ein durchaus<br />
häufiges Agieren. Zu den alltäglichen<br />
Sorgen und Nöten wie:<br />
„Wo kann ich schlafen? Wie<br />
komme ich an Geld? Wer verkauft<br />
mir etwas? Fliege ich aus<br />
der Substitution? Wann finde ich<br />
eine Wohnung? Wie kann ich ei-<br />
ne Entgiftungsbehandlung oder<br />
eine Therapie machen ohne gesetzlich<br />
krankenversichert zu<br />
sein? Welche Art von betreutem<br />
Wohnen kommt für mich in Frage?<br />
Was macht meine Familie?<br />
Ich habe Hunger - was mache<br />
ich? Ich brauche dringend eine<br />
neue Jacke!“<br />
kommen dann auch noch zusätzlich<br />
schlechte Nachrichten. Denn selten sind<br />
Briefe, Anrufe oder Einladungen ohne<br />
Konsequenzen, neue Geldforderungen,<br />
Sperren oder Haftstrafen.<br />
Ein weiterer Faktor ist der Zeitmangel,<br />
den viele unserer Klienten haben. Denn<br />
abhängig zu sein bedeutet, einen 20-<br />
Stunden Tag zu haben. Die ständige<br />
Suche nach Suchtmittel und Geld lassen<br />
wenig Zeit für andere Dinge, unterbrochen<br />
höchstens von Schlaf und Essen.<br />
Und oft noch nicht einmal davon, denn<br />
Essen kostet Geld und das ist knapp.<br />
„Die Gleichzeitigkeit von verbindlichen<br />
und unverbindlichen Maßnahmen<br />
hat sich bewährt: So<br />
kann spontan in weiterführende<br />
(Ausstiegs-) Maßnahmen (Substitution,<br />
Entzug u.a.) vermittelt<br />
werden;“ 12<br />
Zusätzlich erschwerend für die Beratungsarbeit<br />
ist manchmal der Umstand,<br />
dass einigen Klienten ihre Situation<br />
19
20<br />
unangenehm ist. Sie brauchen erst einige<br />
Anläufe um den Mut zu finden, zu<br />
uns zu kommen.<br />
Aber auch all die vielen Klienten, die<br />
schon seit Jahren zu uns kommen und<br />
die Beratungsarbeit schätzen, haben<br />
immer wieder Anliegen, die uns vor<br />
neue „alte“ Herausforderungen stellen.<br />
Leider hat sich die Wohnungssituation<br />
in Paderborn weiter verschärft. Die<br />
Hürden, die genommen werden müssen,<br />
um eine Wohnung zu finden, sind<br />
nicht weniger geworden. Fragen nach<br />
Einkommen (bloß kein ALG II), Schufa-<br />
Auskünfte, Lebensgewohnheiten, Sauberkeit,<br />
Bildungsweg oder Verbleib in<br />
den letzten zwei Jahren kommen erschwerend<br />
hinzu. Was will man sagen,<br />
wenn die Antworten nicht vorteilhaft<br />
sind? Denn selten sind Vermieter an<br />
den wirklichen Problemen ihrer potenziellen<br />
Mieter interessiert oder an der<br />
echten Motivation, nun ein normales<br />
Leben führen zu wollen. Und die Offenbarung,<br />
ein „ALG II“ - Bezieher zu sein,<br />
ist fast immer das AUS für eine neue<br />
Wohnung.<br />
Aber „Hartz 4“ ist immer wieder und<br />
immer noch ein großer Bestandteil unserer<br />
<strong>Arbeit</strong>. Anfragen wie das Ausfüllen<br />
eines Antrages sind schnell erledigt,<br />
andere Anliegen erfordern einen erhöhten<br />
Zeitaufwand:<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
„Ich habe kein Geld bekommen!<br />
Warum habe ich eine Sperre?<br />
Und wie zahle ich meine Miete?<br />
Warum bekommen andere<br />
mehr? Wer zahlt die Kaution? Ich<br />
habe keine Möbel, was jetzt?<br />
Warum bin ich denn nicht krankenversichert?<br />
Wer bezahlt die<br />
Entgiftung?“<br />
Eines unserer viel genutzten Angebote<br />
ist das Sammelkonto. Hier haben die<br />
Klienten die Möglichkeit alle finanziellen<br />
Angelegenheiten zu regeln. Laufende<br />
Leistungen, Einmalzahlungen, Kindergeld,<br />
Renten oder Unterhaltszahlungen<br />
können auf unser Sammelkonto<br />
überwiesen, Überweisungen, Raten<br />
oder Rechnungen von hier aus beglichen<br />
werden. Für viele eine Selbstverständlichkeit,<br />
ist ein eigenes Konto für<br />
einige unserer KlientInnen nicht möglich.<br />
Die Gründe dafür reichen von Kreditkartenmissbrauch<br />
bis hin zu Bankschulden.<br />
Die Tatsache, dass jeder Bürger<br />
einen Anspruch auf ein Konto hat,<br />
wird in solchen Fällen von den Banken<br />
nur allzu gerne ignoriert. Zwar können<br />
Leistungen wie ALG II, Grundsicherung<br />
oder Sozialgeld auch als Schecks ausgezahlt<br />
werden, doch scheinen viele Institutionen<br />
diese Möglichkeit völlig außer<br />
Acht zu lassen.<br />
Ein solches Konto erfordert eine zeitintensive<br />
Führung und Pflege. Alle Ein-
gänge müssen gebucht und den jeweiligen<br />
Kontoblättern zugeordnet werden.<br />
Gleiches gilt für Überweisungen. Auszahlungen<br />
werden getätigt und auch<br />
diese müssen festgehalten werden.<br />
Aber die steigende Zahl von Kontonutzern<br />
zeigt uns die Wichtigkeit dieses<br />
Angebotes. Im Jahr <strong>2008</strong> nutzten 51<br />
Männer und 18 Frauen unser Sammelkonto,<br />
im Jahr zuvor waren es 46 Männer<br />
und 16 Frauen.<br />
Existenziell notwendig ist die postalische<br />
Erreichbarkeit. Viele Besucher<br />
können sie erst durch den täglichen<br />
Kontakt zu uns nachweisen. Sie wird<br />
sowohl von Klienten mit als auch ohne<br />
festen Wohnsitz genutzt. In <strong>2008</strong> wurde<br />
das Angebot von 38 Männern und 7<br />
Frauen genutzt, im Vorjahr hingegen<br />
nutzten 34 Personen (30m, 4w) unsere<br />
Erreichbarkeit. Auch in diesem Bereich<br />
ist ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen.<br />
Nicht selten haben wir Klienten, die von<br />
verschwundener Post aus den eigenen<br />
Briefkästen erzählen, von Gemeinschaftsbriefkästen<br />
mit und ohne<br />
Schloss und Schlüssel oder von Wohnungen<br />
gänzlich ohne Briefkästen.<br />
Wenn amtliche Papiere den Empfänger<br />
nicht erreichen, sind die Konsequenzen<br />
meist erheblich. Kürzungen von Leistungen<br />
der ARGE, da der letzte Termin<br />
nicht wahrgenommen wurde, Voll-<br />
Beratung<br />
streckungsbescheide oder Erzwingungshaft,<br />
da auf die letzte Mahnung<br />
nicht reagiert worden ist bis hin zum<br />
Verlust der Wohnung, da die Miete<br />
nicht bezahlt werden kann.<br />
Für Klienten ohne festen Wohnsitz<br />
bietet die postalische Erreichbarkeit die<br />
einzige Möglichkeit, überhaupt amtliche<br />
Post zu erhalten. Der Bezug von<br />
<strong>Arbeit</strong>slosengeld I ist nur mit dieser<br />
Erreichbarkeit möglich. Denn Voraussetzung<br />
ist, dem <strong>Arbeit</strong>smarkt jeder Zeit<br />
zur Verfügung zu stehen. Aber auch<br />
Post von Freunden und der Familie<br />
kann wieder erhalten werden. Gerade<br />
diese Kontakte sind es, die durch eine<br />
Sucht besonders auf der Strecke bleiben.<br />
Aber Beratungsarbeit heißt auch<br />
tägliche Motivationsarbeit, den Leuten<br />
zuzuhören, sie ernst zu nehmen und<br />
sich auf jeden Einzelnen einzustellen.<br />
Jeden Tag aufs Neue. Dreihundertfünfundsechzig<br />
Tage im Jahr.<br />
Safer-Use-Beratung<br />
Die Safer – Use - Beratung ist ein wichtiger<br />
Bestandteil der Gesundheitsprophylaxe<br />
und der Gesundheitserhaltung.<br />
Vorrangig geht es dabei darum, den<br />
Klienten zu vermitteln, wie wichtig die<br />
Erhaltung ihrer Gesundheit, die Vermeidung<br />
von Krankheiten und ein<br />
pfleglicher Umgang mit ihrem Körper<br />
21
22<br />
ist. Sie sollen darauf achten, für jeden<br />
Konsumvorgang immer ihr eigenes und<br />
sauberes Besteck zu nutzen. Auch und<br />
gerade in Situationen, die zum mehrmaligen<br />
Nutzen der Spritzen oder zum<br />
so genannten „Needle-sharing“ verleiten.<br />
Denn die Ansteckungsgefahr mit<br />
HIV oder Hepatitis-Viren (A, B und C) ist<br />
durch den intravenösen Spritzengebrauch<br />
sehr hoch. Aber auch das gemeinsame<br />
Benutzen von Löffeln und<br />
Wasser birgt ein Infektionsrisiko. Eine<br />
Heilung von ‚Hep-C’ ist nicht möglich<br />
und eine Interferonbehandlung eine<br />
langwierige, teure und mit gravierenden<br />
Nebenwirkungen verbundene Therapie.<br />
Darum ist die Vergabe sauberer Spritzutensilien<br />
so wichtig. Der vorschnell geäußerte<br />
Einwand, man würde damit<br />
den Drogenkonsum der Klienten unterstützen,<br />
ist aus medizinischer Sicht<br />
nicht gerechtfertigt.<br />
Zur Safer-Use-Beratung gehört sauberes<br />
Spritzbesteck und die Vermittlung,<br />
wie man ‚richtig’ spritzt. Viele iv-User<br />
nutzen Spritzen, die nicht für die Punktion<br />
von Venen geeignet sind. Über einen<br />
längeren Zeitraum führt dies zu<br />
Verknorpelungen und Abszessen. Hier<br />
geben wir den Betreffenden Informationen<br />
zu verschiedenen Nadeln und<br />
Spritzen und erklären den Umgang damit.<br />
Darüber hinaus bieten wir in unserer<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
Beratung auch Alternativen zum hochriskanten<br />
intravenösen Konsum an. So<br />
können wir Konsumtechniken (von Folie<br />
rauchen, sniefen u.a.) näher bringen, an<br />
die ein Teil unserer Klienten nicht denkt<br />
oder glaubt, dass diese für sie nicht in<br />
Frage kommen. Oft ist das Wissen um<br />
die Vorteile bzw. Nachteile der Konsumarten<br />
zu wenig bekannt. Legenden<br />
und Mythen ranken sich um die ein<br />
oder andere Methode, hier ist Fachwissen<br />
gefragt und die Fähigkeit dieses<br />
adäquat zu vermitteln ohne belehrend<br />
zu wirken.<br />
Ein besonderer Beratungsort ist die<br />
Entgiftungsstation der LWL-Klinik Paderborn.<br />
In einer Informationsgruppe<br />
bieten wir dort zusammen mit der<br />
AIDS-Hilfe Paderborn monatlich eine<br />
Safer-Use-Beratung an und tragen damit<br />
dem Umstand Rechnung, dass ein<br />
hoher Prozentsatz der Patienten auch<br />
nach ihrer Behandlung weiter konsumiert.<br />
Sie können wir auf diese Weise in<br />
nüchternem Zustand antreffen.<br />
Noch ein Wort zur Modedroge bzw.<br />
ehemals legalen Droge Spice.<br />
Mittlerweile ist der zum Verbot führende<br />
Zusatzstoff bekannt, es handelt sich<br />
um einen Cannabis-Ersatzstoff der bisher<br />
nur von der pharmakologischen<br />
Forschung eingesetzt bzw. entwickelt<br />
wurde. Schon früh haben wir Kenntnis<br />
von diesem neuen Rauschmittel ge-
habt, die Erfahrungen unserer Besucher<br />
bestätigten den Eindruck, dass Spice,<br />
obwohl legal, nicht so „ohne“ ist. Besucher<br />
berichteten von einem starken<br />
Rauschgefühl, ohne euphorisierende<br />
Wirkung, und deutlich spürbaren<br />
Nachwirkungen von Spice am nächsten<br />
Tag. Aus diesem Grund haben wir schon<br />
vor dem offiziellen Verbot den Konsum<br />
von Spice auf unserem Gelände verboten.<br />
Begleitend haben wir von dem<br />
Konsum dieser Droge abgeraten, da die<br />
Inhaltsstoffe noch unbekannt waren<br />
und es zu erwarten war, dass bei so einer<br />
starken Rauschwirkung mit negativen<br />
gesundheitlichen Folgen zu rechnen<br />
sei.<br />
Spritzentausch<br />
Die Verbreitung von Erkrankungen wie<br />
Hepatitis A, B und C sowie HIV-<br />
Infektionen unter drogengebrauchenden<br />
Menschen ist weiterhin enorm<br />
hoch. Fachleute ermitteln in den stationären<br />
Einrichtungen eine Rate von 80 –<br />
95%. Für die aufsuchende und / oder<br />
niedrigschwellige Sozialarbeit mit<br />
überwiegend drogenabhängigem Klientel<br />
heißt dies, intensiv „Harm-<br />
Reduction“ (= Schaden-Minderung) anzustreben:<br />
Das Bewusstsein, im Rahmen<br />
des Konsums möglichst verantwortungsvoll<br />
zu handeln, ist der Beginn<br />
von Gesundheitsbewusstsein über-<br />
Beratung<br />
haupt. Das Angebot (zum Tausch oder<br />
Verkauf) von sterilen Utensilien (Nadeln,<br />
Spritzen, Alkoholtupfer, usw.)<br />
muss offensiv beworben werden. Die<br />
Aufklärung über falsche Konsumtechniken<br />
und das Sensibilisieren für damit<br />
verbundene Gefahren geschieht in der<br />
Regel während des Tauschvorganges, in<br />
vereinbarten Gesprächen oder an der<br />
Theke und im Café-Bereich.<br />
In Kooperation mit der AIDS-Hilfe wurden<br />
monatlich stattfindende spezielle<br />
Safer-Use- und Safer-Sex-Seminare im<br />
„Nadelöhr“ (Entgiftungsstation der<br />
LWL-Klinik in Paderborn) angeboten.<br />
Gerade auch während einer Entgiftungszeit<br />
kann diese Beratung sinnvoll<br />
und besonders effektiv sein, da risikobewusstes<br />
Verhalten abseits vom sonst<br />
dominierenden „Szene-Stress“ vermittelt<br />
werden kann.<br />
Seit Oktober <strong>2008</strong> wird das Seminar<br />
von uns mit einem verbesserten Konzept<br />
angeboten. Ziel dieser Neugestaltung<br />
war eine Maximierung des Lerneffekts<br />
der Teilnehmer und die Einbeziehung<br />
aller Mitarbeiter damit die Kontinuität,<br />
auch in Urlaubszeiten, weiterhin<br />
sichergestellt ist.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> konnte die Zahl der getauschten<br />
Spritzen erneut deutlich<br />
gesteigert werden. Darauf sind wir<br />
stolz, denn die mühselige Überzeu-<br />
23
24<br />
gungsarbeit scheint sich zu lohnen.<br />
Mit unserem Spritzenautomaten erreichen<br />
wir zusätzlich jene Abhängigen,<br />
die anonym bleiben wollen und sich<br />
trotzdem außerhalb von Apotheken-<br />
Fallbeispiel Frau B.<br />
(Name geändert)<br />
Das Spektrum sich ergebender Probleme<br />
und Aufgabenstellungen in unserem<br />
Beratungsbereich ist immens. Stellvertretend<br />
für die <strong>Arbeit</strong> mit unserer Klientel<br />
beschreiben wir einen Fall, der das<br />
typische „Auf und Ab“ im Leben einer/-s<br />
Drogenabhängigen widerspiegelt. Es<br />
zeigt, wie wir durch unser Beratungsangebot<br />
immer wieder versuchen, Rückfälle<br />
aufzufangen und Veränderungsoptionen<br />
aufzuzeigen - mit dem stets begleitenden<br />
Wissen um ein mögliches erneutes<br />
Abrutschen.<br />
Frau B. ist 24 Jahre alt, substituiert, heroin-,<br />
tabletten- und alkoholabhängig.<br />
Sie wohnt seit Mai <strong>2008</strong> in unserer<br />
Notübernachtungsstelle; während der<br />
dreiwöchigen Sperrfrist kommt sie bei<br />
Bekannten aus der Drogenszene unter<br />
oder sie schläft, wenn noch ein Platz<br />
frei ist, in unserem Krisenzimmer. Zuvor<br />
bewohnte sie eine eigene Wohnung zusammen<br />
mit ihrem damaligen Freund,<br />
der ebenfalls suchtmittelabhängig ist.<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
Öffnungszeiten mit sterilen Bestecken<br />
versorgen wollen. Der Automat befindet<br />
sich geschützt im Kasseler Tor-<br />
Bereich und wurde rund 700 Mal genutzt.<br />
Während dieser Zeit in unserer Übernachtungsstelle<br />
kam es immer wieder<br />
zu Drogen- und Alkoholexzessen, so<br />
dass sie teilweise abends kaum noch<br />
ansprechbar war. Im September bekam<br />
sie über die ARGE Paderborn einen<br />
niederschwelligen 1€-Job vermittelt.<br />
Wider Erwarten schaffte sie es morgens<br />
pünktlich aufzustehen und ihren täglichen<br />
Pflichten nachzugehen.<br />
Die <strong>Arbeit</strong> bereitete ihr viel Freude.<br />
Während dieser Zeit konnte sie ihren<br />
Alkohol- und Drogenkonsum selbständig<br />
reduzieren. Ihre Aufgaben erledigte<br />
sie sehr zufriedenstellend, so dass sie<br />
die Möglichkeit bekommen sollte, in<br />
eine höherschwellige Maßnahme vermittelt<br />
zu werden. Die für sie plötzlichen,<br />
unerwarteten und positiven<br />
Rückmeldungen, sowie das ihr entgegen<br />
gebrachte Vertrauen in ihre eigenen<br />
Fähigkeiten lösten bei Frau B. Versagensängste<br />
aus. Diese bewirkten<br />
einen erneuten exzessiven Drogen- und<br />
Alkoholkonsum; sie suchte Zuflucht in<br />
einer anderen Stadt. Nach einigen Tagen<br />
fand sie sich wieder in unserer
Einrichtung ein. Sie befand sich in einer<br />
schlechten psychischen und physischen<br />
Verfassung und wandte sich Hilfe suchend<br />
an uns.<br />
Frau B. sprach mit uns über ihre Versagensängste<br />
bezüglich der für sie hohen<br />
Erwartungen, welche auch Suizidgedanken<br />
auslösten. In einem langen und<br />
offenen Gespräch konnten wir auf Frau<br />
B. beruhigend einwirken und gemeinsam<br />
effektive Lösungsstrategien suchen<br />
und finden. Sie wurde von uns in die<br />
Entgiftungsstation der LWL-Klinik begleitet<br />
und konnte dort auch sofort zur<br />
stationären Behandlung aufgenommen<br />
werden. Während ihrer mehrwöchigen<br />
Entgiftungszeit hatte sie sich Gedanken<br />
über ihr zukünftiges Leben gemacht<br />
und Kontakt zum Ambulant Betreuten<br />
Wohnen für drogenkranke Menschen<br />
des <strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. und zu einer<br />
Therapieeinrichtung aufgenommen.<br />
Doch im Januar 2009 suchte Frau B. erneut<br />
unsere Übernachtungsstelle auf.<br />
Aufgrund ihrer dortigen Regelverstöße<br />
musste sie die Entgiftungsstation verlassen<br />
und bekam zudem eine einjährige<br />
Aufnahmesperre.<br />
Obwohl Frau B. anfangs einen guten<br />
Willen zeigte, schnell wieder in eine<br />
Entgiftung zu gehen, blieb sie in ihren<br />
Vorsätzen nicht konstant. Die Drogenexzesse<br />
nahmen rasch wieder zu und<br />
Beratung<br />
wurden immer heftiger. Die Situation<br />
spitzte sich zu, als Frau B. mit zwei geklauten<br />
Schwangerschaftstests in unserem<br />
Büro saß und angab, dass beide<br />
positiv wären. Wir vereinbarten mit ihr<br />
umgehend Termine sowohl bei einem<br />
Gynäkologen, als auch bei der Schwangerschaftskonfliktberatung.<br />
Obwohl wir ihr unsere Begleitung angeboten<br />
hatten, wollte sie es zunächst<br />
alleine versuchen.<br />
Einige Tage später wurde sie jedoch von<br />
ihrem Freund während des Spätdienstes<br />
in unser Streetwork-Büro getragen.<br />
Frau B. war nicht ansprechbar und ihre<br />
Augen waren verdreht - eine Überdosis<br />
Tabletten (Benzodiazepine) und Alkohol.<br />
Es wurde sofort der Notarzt alarmiert.<br />
Noch am selben Abend verließ<br />
Frau B. jedoch das Krankenhaus auf<br />
eigenen Wunsch wieder und irrte die<br />
ganze Nacht durch die Stadt.<br />
Als sie am nächsten Morgen in unser<br />
Café kam, baten wir sie zu einem Gespräch<br />
ins Büro. Ihr wurden die möglichen<br />
Folgen ihres „grenzwertigen“<br />
Konsums sowohl für das Kind, als auch<br />
für sich selbst, aufgezeigt. Frau B. gab<br />
an, sich zu einem Schwangerschaftsabbruch<br />
entschlossen zu haben. Da sie<br />
bereits ein Kind hat, welches bei ihrer<br />
Mutter lebt, sie obdachlos ist, mehrfachabhängig,<br />
sowie psychisch und<br />
physisch in einer schlechten immer<br />
25
26<br />
wechselnden Verfassung ist, konnte sie<br />
sich nicht vorstellen, ein zweites Kind zu<br />
bekommen. Ihr war auch klar, dass der<br />
Drogennotfall dem Kind bereits sehr<br />
geschadet haben könnte. Sie vereinbarte<br />
abermals einen Termin bei der<br />
Schwangerschaftskonfliktberatung. Da<br />
sie den ersten Termin nicht wahrgenommen<br />
hatte, beschlossen wir, ihr<br />
nochmals anzubieten, sie dorthin zu<br />
begleiten. Dieses Angebot nahm sie nun<br />
auch an.<br />
Nach dem Beratungsgespräch stand für<br />
Frau B. der Entschluss, einen Abbruch<br />
vornehmen zu lassen, nach wie vor fest.<br />
Seit dem Notfall hatte sie sich dennoch<br />
in Bezug auf ihren Drogen- und Alkoholkonsum<br />
zurückgehalten, so dass sie<br />
alle Vorbereitungen mit unserer Unterstützung<br />
erledigen konnte. Da wir<br />
bisher alle wichtigen Schritte unterstützt<br />
hatten, wollten wir Frau B. auch<br />
bei ihrem Abbruch nicht alleine lassen,<br />
so dass sie von einer Mitarbeiterin in<br />
die Klinik begleitet wurde.<br />
In den Voruntersuchungen wurde allerdings<br />
beim Ultraschall festgestellt,<br />
dass sich Frau B. nicht, wie von ihr<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich Beratung<br />
vermutet, etwa in der 8. – 9. Woche befand,<br />
sondern bereits in der 16.<br />
Schwangerschaftswoche und ein Abbruch<br />
rechtlich somit nicht mehr möglich<br />
war.<br />
Nach dieser Mitteilung brach sie in<br />
Tränen aus und war sehr verzweifelt.<br />
Das Ultraschallbild löste allerdings etwas<br />
in Frau B. aus, was vielleicht als<br />
Muttergefühle bezeichnet werden<br />
kann. Diese haben sie dazu veranlasst,<br />
ihren Konsum rapide zu reduzieren und<br />
mehr auf sich und ihren Körper zu achten.<br />
Ihr neu erwachtes Verantwortungsbewusstsein<br />
hat sie auch empfänglicher<br />
für unsere Beratungsgespräche<br />
gemacht, so dass sie nun bereit ist,<br />
nochmals eine Therapie in einer Einrichtung<br />
im Süden Deutschlands zu<br />
beginnen, die explizit auf schwangere<br />
Frauen eingestellt ist. Auch diesen Kontakt<br />
stellte Frau B. selbstständig her<br />
und in wenigen Wochen wird sie nun<br />
dort ihre Therapie antreten.<br />
Wir hoffen, dass die Therapie Frau B.<br />
weiter stabilisiert und wünschen ihr<br />
alles Gute für den Verlauf der Schwangerschaft<br />
und der Geburt ihres Babys.
Konsumutensilien.<br />
Kunststoffspritze. Pfännchen. Injektionsnadel.<br />
Filter. destilliertes Wasser.<br />
Ascorbinsäure. Gürtel. Alkoholpad.
28<br />
4<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
Übernachtung<br />
Die B2.Not-Übernachtungsstelle bietet<br />
14 Betten für Männer und 8 Betten für<br />
Frauen bzw. für Paare auf separaten<br />
Etagen an. Die Frauenetage ist durch<br />
einen Knauf von außen gesichert, Männer<br />
(außer dem Bewohner des separaten<br />
Paarzimmers) haben keinen Zutritt.<br />
Die getrennte Unterbringung wird dem<br />
besonderen Schutzbedürfnis der Frauen<br />
gerecht und bietet ihnen die dringend<br />
benötigte Rückzugsmöglichkeit.<br />
So genannte Notschläfer können ein bis<br />
drei Nächte bleiben, sog. feste Aufnahmen<br />
können die Übernachtung bis<br />
zu sechs Wochen nutzen. Danach sollten<br />
sie entweder mit sozialarbeiterischer<br />
Hilfe ihre Wohnsituation bzw. ihre<br />
weiteren Perspektiven geklärt haben<br />
oder sie müssen für mindestens drei<br />
Wochen das Haus wieder verlassen.<br />
Damit wird vermieden, dass die Notübernachtungsstelle<br />
als Dauerlösung<br />
angesehen wird.<br />
Bei den Notschläfern zählten wir in diesem<br />
Jahr 187 Personen, davon 58 Frauen<br />
(2007: 179 / 51, 2006: 174 / 24).<br />
Von den 187 Notschläfern insgesamt<br />
wurden 134 Personen nach drei Tagen<br />
Übernachtung für sechs Wochen fest<br />
aufgenommen. Unter ihnen waren 38<br />
Frauen (2007: 122 / 31).<br />
In der Übernachtungsstelle können wir<br />
ein deutliches Verantwortungsgefühl<br />
des Einzelnen gegenüber der Einrichtung<br />
und dem persönlichen Bereich<br />
feststellen. Sicherlich wäre die gesellschaftliche<br />
Re-Integration oftmals eher<br />
möglich, wenn wir in eigenen bezahlbaren<br />
Wohnraum vermitteln könnten.<br />
Viele Vermieter sorgen sich um ihre<br />
Mieteinnahme oder befürchten eine<br />
Verwahrlosung ihrer Wohnung, wenn<br />
der Bewerber nicht tadellos gekleidet<br />
erscheint. Schön wäre es, wenn unser<br />
Trägerverein städtische Häuser zu diesem<br />
Zweck (und z.T. auch als Übergangslösung)<br />
zur Verfügung hätte.<br />
Krisenzimmer<br />
Das Reglement unserer Notübernachtungsstelle<br />
beinhaltet, dass sich nach<br />
sechswöchiger Übernachtungszeit eine<br />
dreiwöchige Sperre anschließt. Sie soll<br />
verhindern, dass die Notlösung zur<br />
Dauerlösung wird.<br />
Um das ‚Schlafen auf der Straße’ während<br />
der dreiwöchigen Sperre zu vermeiden,<br />
bieten wir für die männlichen<br />
Wohnungslosen ein Krisenzimmer mit 4<br />
Schlafplätzen und für Frauen ein Krisenbett<br />
an. Ein ‚Krisenbett’ kann von<br />
Drogenabhängigen und Szeneangehörigen<br />
genutzt werden. Dies gilt besonders<br />
für ehemalige Bewohner während<br />
der regulären Sperrfrist. Disziplinarisch<br />
entlassene Bewohner können dieses<br />
Angebot nicht in Anspruch nehmen.
Potenzielle Krisenschläfer müssen sich<br />
jeden Abend aufs Neue anmelden. Das<br />
Zimmer ist jeden Morgen komplett zu<br />
reinigen und zu räumen, Schränke stehen<br />
deshalb nicht zur Verfügung. Wie<br />
alle anderen Bewohner auch, erhalten<br />
Krisenbettschläfer kostenlos den Morgenkaffee<br />
und das Samstagsfrühstück.<br />
Auf ein Krisenbett gibt es keinen festen<br />
Anspruch – wer zuerst kommt, mahlt<br />
zuerst.<br />
Unser ‚Krisenzimmer’ (mit vier statt<br />
max. 2 Betten) wurde häufig benutzt,<br />
wenn die Übernachtungsstelle eigentlich<br />
voll gewesen wäre. Wer dieses Angebot<br />
in Anspruch nehmen will, muss<br />
sich jeden Abend erneut zwischen 18 00<br />
Uhr und 19 45 Uhr beim diensthabenden<br />
Sozialarbeiter anmelden.<br />
Die Krisenbetten wurden im vergangenen<br />
Jahr von 11 Frauen mit 81 und 71<br />
Männern mit insgesamt 680 Übernachtungen<br />
genutzt. Allein die Übernachtungen<br />
im Krisenzimmer sind gegenüber<br />
609 im Vorjahr auf 761 gestiegen.<br />
Hilfe also vor allem für diejenigen, die<br />
nur schwer in eine Wohnung oder Einrichtung<br />
zu vermitteln sind und die sich<br />
sonst einen Nacht-Platz im Busbahnhof<br />
oder in irgendwelchen Treppenhäusern<br />
suchen müssen.<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich Übernachtung<br />
Konsumverhalten der fest aufgenommenen<br />
BewohnerInnen<br />
Die meisten unserer Bewohner konsumieren<br />
mehrere Substanzen, rund 91%<br />
jedoch illegale Drogen.<br />
Gegenüber den Vorjahren ist der Anteil<br />
der reinen Alkoholkonsumenten mit 7%<br />
leicht gesunken. Dieser Personenkreis<br />
gehört nur in Ausnahmefällen zur Zielgruppe<br />
unserer Angebote. Reiner Heroinkonsum<br />
ist mit 35% wieder gestiegen,<br />
40% konsumierten mehrere Substanzen,<br />
auch hier ein deutlicher Zuwachs.<br />
Mit etwa 1% (2 Personen) der Festaufgenommenen<br />
hat sich der Anteil der<br />
Substituierten weiter verringert. Dies<br />
ist gut so, denn es deutet auch darauf<br />
hin, dass diese Menschen eher in der<br />
Lage waren, eine ‚normale’ Wohnsituation<br />
herzustellen oder aufrechtzuerhalten<br />
und weiteres Abrutschen verhindern<br />
konnten. Alarmierend ist allerdings<br />
der Anteil der Substituierten, die<br />
erheblichen Beikonsum aufweisen, dies<br />
betrifft 14% unserer Bewohner.<br />
In <strong>2008</strong> wurden zwei Personen unter<br />
27 Jahre aufgenommen, die keinerlei<br />
(illegale) Drogen konsumierten. Hier<br />
standen massive soziale Problematiken<br />
im Vordergrund, so dass wir<br />
schnellstmöglich eine andere Unterkunft<br />
vermittelten und weiterführende<br />
Hilfen informierten.<br />
29
30<br />
Auslastung und Geschlechterverteilung<br />
Die Übernachtungsstelle wurde in <strong>2008</strong><br />
von 137 Personen z.T. auch mehrfach<br />
über einen längeren Zeitraum genutzt,<br />
wobei mit 39 Personen der weibliche<br />
Anteil deutlich höher war als im Jahr<br />
davor (2007: 108 / 26).<br />
Die Männeretage mit ihren 10 Betten<br />
(ohne Krisenbetten) war zu 96% ausgelastet<br />
und oft voll belegt. Die Frauenetage<br />
bietet Platz für 7 Frauen und war<br />
zu 49% ausgelastet. Der Anteil der<br />
Frauen beträgt bei den Festaufnahmen<br />
ca. 28,5%, 4,5% mehr als 2007 und<br />
17,5% mehr als 2006.<br />
Woher und Wohin?<br />
Die Motive zur Nutzung der Not-<br />
Übernachtung sind vielfältig und haben<br />
sich im letzten Jahr etwas verschoben:<br />
26 Haftentlassene ohne Angehörige<br />
suchten ein Dach über dem Kopf.<br />
6 Personen kehrten aus einer Therapie<br />
oder Entgiftung ohne Perspektive<br />
an den Heimatort zurück.<br />
17 aller Unterkunftssuchenden haben<br />
eine andere Einrichtung verlassen<br />
weil sie ihre Wohnung verloren hatten<br />
kamen 25 Hilfesuchende zu uns,<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />
45 gelten als o.f.W. (ohne festen<br />
Wohnsitz) und halten sich in Paderborn<br />
auf. Hin und wieder gelingt es, während<br />
dieser Zeit Veränderungsphantasien<br />
oder gar neue Perspektiven zu<br />
entwickeln.<br />
Mit 7% fanden in diesem Jahr nur<br />
wenige fest aufgenommene Bewohner,<br />
trotz tatkräftiger Unterstützung der<br />
SozialarbeiterInnen, eine Wohnung. Für<br />
die meisten ist dies erst dann eine<br />
nachhaltige Lösung, wenn zugleich die<br />
Unterstützung einer ambulanten Betreuung<br />
in Anspruch genommen wird.<br />
21% der Festaufnahmen benötigen<br />
eine Übergangslösung bis zum Beginn<br />
einer Entgiftungsbehandlung, können<br />
zu einer Therapiemaßnahme oder dem<br />
Wechsel in eine andere Hilfeform motiviert<br />
werden. Dass diese Perspektiven<br />
tatsächlich realisiert werden können,<br />
ist i.d.R. das Ergebnis intensiver Motivationsarbeit.<br />
Häufig erfolgt sogar das<br />
persönliche Begleiten zum Zielort durch<br />
die SozialarbeiterInnen.<br />
Mit 59% (unbekannter Verbleib +<br />
o.f.Wohnsitz/Freunde) stieg der Anteil<br />
der vagabundierenden Personen. Sie<br />
schlafen mal hier, mal dort – orientierungslos<br />
und ohne Perspektiven. Dies<br />
sind in der Regel „alte Bekannte“, die<br />
mehrmals wiederkommen und erst<br />
nach wiederholten Notlagen in Hilfeformen<br />
vermittelt werden können. Des
Weiteren kommt hier die Schwierigkeit<br />
hinzu als „Hartz-IV-Empfänger“ eine<br />
Wohnung zu finden.<br />
Besonders bedauerlich war <strong>2008</strong> der<br />
Tod durch eine Überdosis einer unserer<br />
Bewohnerinnen. Die Nachtwache bemerkte<br />
auf einem ihrer Rundgänge die<br />
schon blau angelaufene junge Frau.<br />
Trotz sofort eingeleiteter Erster-Hilfe-<br />
Maßnahmen konnte der schnell herbeigerufene<br />
Notarzt nur noch den Tod<br />
feststellen. Seit Bestehen unseres Hauses<br />
ist dies der erste Todesfall der innerhalb<br />
unserer Einrichtung eingetreten<br />
ist.<br />
Ein weiterer Bewohner unseres Hauses<br />
ist ob seines äußerst schlechten Gesundheitszustandes<br />
von uns in ein örtliches<br />
Krankenhaus begleitet worden.<br />
Nach mehrwöchigem Aufenthalt dort<br />
ist er infolge seines jahrelangen kompulsiven<br />
Drogenmissbrauchs an multiplem<br />
Organversagen verstorben. Häufig<br />
ist dies das Ende einer langen Drogenkarriere.<br />
Aufenthaltsdauer<br />
Etwas mehr als die Hälfte der BewohnerInnen<br />
blieben 6 Wochen und länger.<br />
In 2007 waren es etwas über ein Drittel.<br />
Für 41 (Vorjahr 10) Personen wurde die<br />
Aufenthaltsdauer aufgrund akuter Notsituationen<br />
oder konkreter<br />
Übernachtung<br />
Vermittlungsperspektiven über sechs<br />
Wochen hinaus verlängert. Es handelte<br />
sich hier um Menschen, die innerhalb<br />
der 6 Wochen keine Klärung oder Regelung<br />
hinsichtlich einer Wohnung, eines<br />
Entgiftungsplatzes oder einer betreuten<br />
Wohnform erreichen konnten.<br />
Für viele scheitert ein Mietvertrag<br />
schon bei oder vor der Wohnungsbesichtigung.<br />
In begleiteten teilstationären<br />
Wohnformen sind diese Personen<br />
auf Grund von zu hohen Verhaltensanforderungen<br />
(u.a. Abstinenzgebot) oft<br />
nicht tragbar.<br />
Altersstruktur<br />
Der Anteil der über 30-jährigen ist<br />
gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken.<br />
Der Anteil der jüngeren Übernachter<br />
(18-20) umfasste <strong>2008</strong> elf Personen,<br />
im Vorjahr gerade mal eine Person,<br />
besonders bei den Frauen unter 20<br />
Jahren waren in <strong>2008</strong> neun Festaufgenommene,<br />
zum Vergleich, in 2007 gab<br />
es in dieser Altersgruppe keine Frau<br />
(siehe hierzu auch das Kapitel „Frauen<br />
und Armut“).<br />
Einkommenssituation<br />
31% (2007: 60%) der BewohnerInnen<br />
bezogen ALG II und ca. 13% Grundsicherung<br />
(7% in 2007). Während die<br />
31
32<br />
Grundsicherung nicht an Bedingungen<br />
geknüpft ist, muss der ALG-II-<br />
Empfänger Termine und Auflagen erfüllen,<br />
die ein drogenabhängiger Mensch<br />
nur schwerlich erfüllen kann. Die aus<br />
den Versäumnissen zu erwartenden<br />
Sanktionen (Leistungskürzungen bis hin<br />
zu einem Verlust des Anspruchs) verschärfen<br />
für manche die Situation erheblich.<br />
Insgesamt ist der Anteil der im Leistungsbezug<br />
stehenden Personen mit<br />
57% stark gesunken (2007: 73%). Während<br />
16% über keinerlei Einkommen<br />
verfügten, bezogen in <strong>2008</strong> immerhin<br />
12% <strong>Arbeit</strong>slosengeld I und eine Person<br />
hatte ein eigenes Einkommen. Durch<br />
unsere Hilfen konnten 27% wieder in<br />
den Leistungsbezug vermittelt werden.<br />
Die Übernachtungsstelle ist kein intensiv<br />
betreutes Wohnen wie die sozialtherapeutischen<br />
Einrichtungen des Vereins.<br />
Andererseits ist es aber auch deutlich<br />
mehr als ein Dach über dem Kopf.<br />
Abgesehen von minimalen Pflichten<br />
und dem Einhalten der Hausordnung ist<br />
die Betreuung und Beratung ein Angebot<br />
– nicht Vertragsgegenstand. Die Beratung<br />
kann von den BewohnerInnen<br />
‚nebenbei’, oft sofort und ohne Bedingungen<br />
wahrgenommen werden und<br />
erfüllt damit ein wichtiges Kriterium der<br />
„Niedrigschwelligkeit“.<br />
<strong>Arbeit</strong>sbereich Übernachtung<br />
Der Tag beginnt um 8 00 Uhr mit Wecken<br />
und bis 9 00 Uhr müssen alle BewohnerInnen<br />
die Übernachtungsstelle verlassen<br />
haben, können jedoch noch ins<br />
angrenzende Kontakt-Café zu einem<br />
kostenlosen Kaffee wechseln. Drei<br />
Personen werden zum Putzen eingeteilt.<br />
Samstags gibt es sogar für Bewohner<br />
bis 11 00 Uhr ein kostenloses<br />
Frühstück während andere Besucher<br />
1,50 € zu bezahlen haben.<br />
Einlass in das Haus ist täglich ab 18. 00<br />
Uhr. Dann sind bis 20. 00 Uhr noch zwei<br />
MitarbeiterInnen für die Übernachtungsanmeldung<br />
im Büro und bieten<br />
neben den obligatorischen Kriseninterventionen<br />
(gerade am Wochenende)<br />
Gelegenheit zum kurzen Schnack.<br />
Fazit aus Streetwork, Café, Beratung<br />
und Übernachtungsstelle<br />
In allen Bereichen konnten wir einen<br />
signifikanten Anstieg unserer statistisch<br />
erfassten Zahlen verzeichnen. Die Zeiten<br />
werden härter und die Klientel<br />
größer, generell weht wieder ein schärferer<br />
Wind und unsere drogensüchtige<br />
Zielgruppe kann sich leider nicht über<br />
mangelnden Nachwuchs beklagen. Wir<br />
Mitarbeiter sehen täglich, wie unsere<br />
Kapazitäten in allen Bereichen in den<br />
Grenzbereich gehen. Besonders in<br />
Urlaub- oder Krankheitszeiten gelingt<br />
es nicht immer, unsere Leistungen<br />
bedarfsgerecht aufrecht zu erhalten.
Foto-Story<br />
24 h<br />
Der Alltag eines/-r Drogensüchtigen ist hart. Der ständige Stress, sich neuen Stoff zu<br />
besorgen und „sichere“ Plätze zum Konsumieren zu finden, beherrscht das Leben.<br />
Unsere Foto-Story begleitet die Paderborner Szene 24 Stunden, beginnend bei dem<br />
konzeptionellen Ausgangspunkt unserer <strong>Arbeit</strong>: der Streetwork. Die Foto-Story<br />
eröffnet den Blick auf eine andere Lebenswelt und zeigt Bilder, die dem „normalen“<br />
Bürger Paderborns teilweise recht befremdlich erscheinen, aber vielleicht auch vertraut.<br />
Von Michael Reinhard und Claudia Schmidtke<br />
33
34<br />
1<br />
3<br />
Foto-Story<br />
Die Sozialleistungen<br />
sind auch für<br />
Nichtsüchtige<br />
schon knapp<br />
bemessen.<br />
Aber bevor<br />
ich für meine<br />
Sucht klauen<br />
gehe, bettele<br />
ich lieber –<br />
auch wenn es<br />
so kalt ist.<br />
Kumpels treffen sich im Busbahnhof, oft der<br />
einzige Ort um soziale Kontakte zu knüpfen.
2<br />
4<br />
24 h<br />
Mit einem heißen Tee im Gepäck nutzen wir<br />
die Gelegenheit zum Gespräch.<br />
Wir sind in ihrem „Wohnzimmer“. Vertrauen<br />
ist die wichtigste Grundlage um etwas bewirken<br />
zu können.<br />
35
36<br />
7<br />
5<br />
Foto-Story<br />
Die Innenstadt-Toiletten sind auf Junkies nicht<br />
eingestellt. Ein Druckraum würde Abhilfe<br />
schaffen.<br />
„Wenn wir jetzt draußen schlafen müssten…<br />
Hoffentlich machen die bald auf.“
8<br />
6<br />
24 h<br />
Wenn ich daran<br />
denke, entsorge<br />
ich die Pumpen<br />
im B2.<br />
Wer sich einen<br />
Schlüssel<br />
nehmen darf,<br />
hat ein<br />
warmes Bett<br />
für die Nacht.<br />
Ein Grundbedürfnis<br />
- aber nicht<br />
selbstverständlich.<br />
37
38<br />
9<br />
11<br />
Foto-Story<br />
Endlich Ruhe! Hoffentlich reicht das, was ich<br />
intus habe bis morgen früh.<br />
Jetzt auch noch<br />
Putzen. Aber<br />
wenn ich es<br />
nicht mache,<br />
muss ich 3 Tage<br />
raus!
10<br />
Die Nacht ist vorbei…<br />
Die Entzugssymptome werden nicht lange auf<br />
sich warten lassen.<br />
12<br />
24 h<br />
Ein wenig Tagesstruktur können wir Sozialarbeiter<br />
vorgeben. Die Sauberhaltung des<br />
Wohnbereichs gehört dazu.<br />
39
40<br />
13<br />
15<br />
Foto-Story<br />
Wie bekomme ich für heute das Geld zusammen?<br />
Ein warmes Essen. Hoffentlich bekomme ich<br />
alles runter und es bleibt drin.
14<br />
16<br />
24 h<br />
Wir motivieren und informieren. Die besten<br />
Chancen haben die Abhängigen jedoch, wenn<br />
sie selbst eine Veränderung wollen.<br />
Wir bieten Safer-Use-Beratung an, doch falsches<br />
Spritzen verursacht immer wieder<br />
schlimme Abzesse.<br />
41
42<br />
17<br />
19<br />
Foto-Story<br />
„Mist, das Geld ist schon wieder „alle“. Gut,<br />
dass es hier Lebensmittelspenden gibt.“<br />
Während die einen kurz vom Drogenalltag<br />
abschalten...
18<br />
20<br />
24 h<br />
Versorgung mit gesunden Lebensmitteln. Bei<br />
Drogensüchtigen oft nachrangig und vernachlässigt.<br />
... müssen sich<br />
andere irgendwie<br />
das Geld für<br />
den nächsten<br />
Stoff besorgen.<br />
43
44<br />
21<br />
23<br />
Foto-Story<br />
Ablenkung tut gut.<br />
In der kleinen Gartenlaube mit Ofen...<br />
Hier können wir uns ohne ständige Polizeikontrollen<br />
aufhalten.
22<br />
24<br />
24 h<br />
Das B2 ist oft<br />
die einzige Anlaufstelle.<br />
Wir<br />
nehmen unbürokratisch<br />
auf –<br />
solange Platz<br />
ist.<br />
Verlassen die<br />
Besucher unser<br />
Gelände,<br />
beginnt der<br />
Kreislauf aus<br />
Zentralstation,<br />
Übernachtungsstelle<br />
und Kontakt-<br />
Cafè aufs<br />
Neue.<br />
45
46<br />
Spenden<br />
So können Sie helfen.<br />
Viele existenzielle Dinge, wie z.B. Kleidung, Hausrat oder Lebensmittel, die für „normale“<br />
Menschen selbstverständlich sind, sind für unsere KlientInnen im Drogen-<br />
Alltag meist nur absolute „Extras“. Durch unsere <strong>Arbeit</strong> allein ist es uns oft nicht<br />
möglich, dies alles aufzufangen. Daher möchten wir uns, auch im Namen der KlientInnen,<br />
für Ihre tolle Unterstützung im Jahr <strong>2008</strong> bedanken.<br />
Besonders bedanken möchten wir uns bei<br />
• einer ehemaligen Bäcker-Familie aus Salzkotten, die uns am 6. Dezember<br />
mit 70 Nikolaustüten und das ganze Jahr über immer wieder mit Lebensmitteln,<br />
wie z.B. Grillfleisch, für unseren Küchenbereich unterstützt hat.<br />
• einer Lehrerin der Elsener Gesamtschule, die mit zwei ihrer Klassen an<br />
Weihnachten 50 Geschenkkisten mit Basis-Hygieneartikeln und Lebensmitteln<br />
überbrachte.<br />
• einer Paderborner Rentnerin die ebenfalls an Weihnachten Lebensmittel<br />
spendete.<br />
• einer Paderborner Weiterbildungsakademie, die einen Geldbetrag in Höhe<br />
von 30 € spendete.<br />
• den Schwestern eines Paderborner Ordens, die u.a. Koffer, Kleidung und<br />
Hausrat abgaben.<br />
• den vielen anderen privaten Spendern, u.a. auch KlientInnen, die uns z.B.<br />
mit Kleidung für unsere Kleiderkammer oder Spielzeug an Weihnachten<br />
für mittellose KlientInnen mit Kindern unterstützten.<br />
Wir freuen uns auf ihre Hilfe für das Jahr 2009.<br />
Für ihre finanzielle Unterstützung<br />
Volksbank Paderborn Sparkasse Paderborn<br />
BLZ: 472 601 21 BLZ: 472 501 01<br />
Kto-Nr.: 87 2024 1300 Kto-Nr.: 3500 1684<br />
Nur mit Ihrer Hilfe können wir helfen!
Statistik-Center
Heroin<br />
Methadon<br />
Substitution.
ABS<br />
Alltagsbegleitung bei Substitution<br />
Seit Oktober 2007 bietet der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong><br />
<strong>Arbeit</strong> e.V. eine Alltagsbegleitung<br />
bei Substitution, kurz ABS, an. Die ABS<br />
ist räumlich wie konzeptionell an das<br />
<strong>B2.Streetwork</strong> angebunden und wird<br />
von Andreas Beisbart, einem Mitarbeiter<br />
des B2-Sozialarbeiterteams betrieben.<br />
Er beschreibt die Grundlagen des<br />
neuen <strong>Arbeit</strong>sbereiches und stellt dabei<br />
die Erfahrungen und Ergebnisse des<br />
ersten kompletten <strong>Arbeit</strong>sjahres <strong>2008</strong><br />
vor.<br />
Die ärztliche Substitutionsbehandlung<br />
ist ein wesentlicher Baustein in der<br />
Versorgung drogennutzender Menschen<br />
13 .<br />
Viele unserer BesucherInnen nehmen<br />
sie in Anspruch - mit durchaus unterschiedlichen<br />
Zielrichtungen. Wurde<br />
lange Jahre davon ausgegangen, dass<br />
Abstinenz die Ausgangsbedingung für<br />
eine positive Entwicklung des Menschen<br />
ist, so bestätigt die Praxis, dass<br />
diese nicht unbedingt Voraussetzung<br />
für körperliches, seelisches und soziales<br />
Wohl-befinden sein muss.<br />
Angebote der Schadensminimierung,<br />
Überlebens- und Alltagshilfen haben<br />
eine größere Bedeutung für Entwicklungsperspektiven<br />
in der individuellen<br />
Lebensgestaltung als Forderungen nach<br />
Drogenfreiheit.<br />
Was ist Substitution?<br />
Substitution bedeutet, dass als Ersatz<br />
für das illegale Heroin ein synthetisches<br />
Opiat, in den meisten Fällen<br />
Methadon 14 , ärztlich verordnet und<br />
verabreicht wird. Dadurch verschwindet<br />
das körperliche Verlangen<br />
nach Heroin für mindestens 24 Stunden.<br />
Die PatientenInnen sind nicht<br />
mehr darauf angewiesen, auf dem<br />
Schwarzmarkt teuren und verschmutzten<br />
Stoff zu kaufen und dies<br />
mit Beschaffungskriminalität zu finanzieren.<br />
Die gesetzlichen Regelungen sind dabei<br />
relativ eng (festgelegt in der<br />
Richt-linie über die Bewertung ärztlicher<br />
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden<br />
15 ). Die PatientenInnen<br />
müssen den Ersatzstoff unter<br />
Aufsicht einnehmen, eine Mitnahme<br />
nach Hause (Take-home) ist frühestens<br />
nach sechsmonatiger Behandlung<br />
möglich. Darüber hinaus wird<br />
durch regelmäßige, unangekündigte<br />
Tests (so genannte screenings) kontrolliert,<br />
dass keine anderen Suchtmittel<br />
konsumiert worden sind (so genannter<br />
Beikonsum).<br />
Menschen in Substitutionsbehandlung<br />
haben nachweislich ein geringeres<br />
Infektionsrisiko, werden weniger häufig<br />
kriminell und sind in der Lage, ein<br />
59
60<br />
dauerhaft stabiles Leben zu führen 16 .<br />
Die typischen Komplikationen des intravenösen<br />
Drogengebrauchs, wie Abszesse,<br />
Sepsis (Blutvergiftung), Infektionen<br />
(HIV, Hepatitis B und C), Nierenversagen,<br />
Überdosierungen usw. können<br />
so weitgehend vermieden werden.<br />
Teil der Substitutionsbehandlung ist eine<br />
psycho-soziale Begleitung durch SozialpädagogInnen,<br />
die bei der Stabilisierung<br />
und Veränderung unterstützen<br />
soll.<br />
Viele unserer BesucherInnen sehen für<br />
sich keinen Ausweg aus ihrer Situation.<br />
Sie sind obdachlos, fühlen sich nicht in<br />
der Lage zu arbeiten, haben hohe<br />
Schulden und sind strafrechtlich vorbelastet.<br />
Eine gänzlich ungünstige Ausgangslage<br />
für Veränderung.<br />
Wo anfangen? Und vor allem: wie<br />
geht Veränderung, wenn ich immer<br />
das Gefühl habe, fremdgesteuert<br />
zu sein, Sklave der Droge?<br />
Ein Ausweg kann die Substitutionsbehandlung<br />
sein. Durch die Gabe von<br />
Medikamenten haben die KlientenInnen<br />
die Zeit, neue Wege zu gehen und<br />
die Hoffnung, dass diese Wege sie zu<br />
einem zufriedeneren Leben führen<br />
können.<br />
Viele schaffen das aber nicht alleine.<br />
Mit der Einnahme von Methadon oder<br />
anderen Ersatzstoffen sind lediglich die<br />
Voraussetzungen für eine Veränderung<br />
Alltagsbegleitung<br />
günstiger. Vielmehr geht es jetzt um<br />
die vielen Herausforderungen des Alltags:<br />
Wie sorge ich dafür, dass ich genug<br />
zu essen habe? Wie komme<br />
ich an eine Wohnung? Wie stelle<br />
ich Anträge, was schreibe ich meinen<br />
Gläubigern?<br />
Daneben beginnen viele zum ersten<br />
Mal seit längerer Zeit, über sich selbst<br />
und ihr Leben nachzudenken: wer will<br />
ich eigentlich sein und wer bin ich geworden?<br />
Auseinandersetzungen mit<br />
sich selbst können oft schmerzhaft sein<br />
und alte Wunden aufreißen lassen. So<br />
bleiben auch Rückfälle nicht aus, die<br />
bearbeitet werden wollen.<br />
Wo es letztendlich hingeht, bestimmen<br />
die betroffenen Menschen selbst. Für<br />
einige steht dabei die Abstinenz um<br />
jeden Preis nicht an erster Stelle. Sie<br />
können sich ein Leben völlig ohne Drogen<br />
nicht mehr oder noch nicht vorstellen.<br />
Für diese Menschen werden andere,<br />
näher liegende Ziele gesetzt: der Schutz<br />
vor Infektionen, Überlebenshilfe, Ausstieg<br />
aus der Kriminalität, die Gewährleistung<br />
einer Grundversorgung, medizinische<br />
Behandlung von Zusatzerkrankungen<br />
und vieles mehr.
Aufgaben und Ziele von ABS<br />
Eines der wichtigsten Ziele der Substitution<br />
ist es, drogengebrauchenden Menschen<br />
eine weitgehend „normale", mit<br />
anderen Bevölkerungsgruppen vergleichbare<br />
Lebensgestaltung zu ermöglichen.<br />
Aus Evaluationsstudien zur Substitution<br />
ist bekannt, dass eine psychosoziale<br />
Begleitung zum Erfolg der Behandlung<br />
beiträgt. In der Praxis bestätigt<br />
sich zugleich, dass diese dann produktiv<br />
sein kann, wenn - geleitet von<br />
einer eigenständig entwickelten Motivation<br />
- eine vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />
möglich ist. Entwicklungen in<br />
diese Richtung können nicht erzwungen<br />
werden bzw. werden durch eine<br />
zwangsweise Verknüpfung von medizinischer<br />
Substitutvergabe und psychosozialer<br />
Begleitung torpediert.<br />
Die Angebote der psychosozialen Begleitung<br />
sollen demnach einfach erreichbar<br />
und freiwillig sein. Im Idealfall<br />
können die KlientenInnen zwischen verschiedenen<br />
Anbietern und Angeboten<br />
wählen. Der Begleitungsprozess soll geprägt<br />
sein von Offenheit und einem<br />
vertrauensvollen Miteinander.<br />
bei Substitution<br />
Die Angebote sollen KlientenInnen<br />
dabei unterstützen,<br />
• ihre persönliche Veränderungsmotivationumzusetzen,<br />
• soziale, persönliche und<br />
gesundheitliche Problemlagen<br />
zu bewältigen,<br />
• die Häufigkeit von Beigebrauch<br />
legaler und/oder illegaler<br />
Drogen zu reduzieren<br />
und möglichst lange<br />
Phasen der Abstinenz zu<br />
erreichen,<br />
• eine (Re-)Integration in das<br />
gesellschaftliche Leben zu<br />
erreichen, z.B. durch Unterstützung<br />
bei Wohnraum-<br />
und <strong>Arbeit</strong>splatzbeschaffung,<br />
• Rechte wahrzunehmen,<br />
behördliche Auflagen einzuhalten<br />
und Straffälligkeit<br />
zu vermeiden,<br />
• und bei Bedarf flankierende<br />
Hilfeangebote komplementärer<br />
Einrichtungen<br />
wahrzunehmen.<br />
Seit dem 01. Oktober 2007 ist es uns<br />
möglich, eine psycho-soziale Alltags-<br />
Begleitung bei Substitution (ABS) für<br />
die KlientInnen und BesucherInnen<br />
unseres<br />
61
62<br />
Kontakt-Cafés anzubieten. Der Zugang<br />
erfolgt niedrigschwellig über regelmäßige<br />
offene Sprechstunden im Café und<br />
über Kontakte während der Streetwork.<br />
Basis der Begleitung ist die Akzeptanz<br />
des Substituierten als mündigen,<br />
zu Selbstverantwortung fähigen<br />
Menschen. Eine entwicklungsbegleitende<br />
Unterstützung ist prozesshaft<br />
und orientiert sich an den vorhandenen<br />
Stärken substituierter Menschen in ihrem<br />
Lebensraum in einem möglichst<br />
verständigungsbezogenen und moderierenden<br />
Dialog. Sie ist ein zeitintensiver<br />
und dynamischer Prozess eines Herauswachsens<br />
aus nicht befriedigender<br />
Lebenspraxis.<br />
Praxisbeispiele<br />
Im Einzelfall kann das ganz Unterschiedliches<br />
bedeuten:<br />
Ein Klient, ein langjähriger Drogenkonsument,<br />
der nun schon seit acht Jahren<br />
substituiert wird, möchte nach Ausscheiden<br />
aus dem Ambulant Betreuten<br />
Wohnen des <strong>KIM</strong>-<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />
weiterhin eine Anlaufstelle für seine<br />
Sorgen und Probleme haben. Er ist regelmäßiger<br />
Café-Besucher, die Terminabsprache<br />
erfolgt spontan nach Bedarf.<br />
Phasen des heftigen Missbrauchs von<br />
Benzodiazepinen 17 liegen hinter ihm,<br />
inzwischen hat er das Verlangen danach<br />
Alltagsbegleitung<br />
weitgehend überwunden. Ein hohes<br />
Maß an gegenseitigem Vertrauen<br />
konnte aufgrund der engen Zusammenarbeit<br />
mit der Mitarbeiterin aus<br />
dem Betreuten Wohnen erreicht werden.<br />
Regelmäßige Gespräche geben<br />
ihm Sicherheit und Struktur, sowie die<br />
Möglichkeit, über seine Sorgen und<br />
Probleme zu sprechen. Insbesondere<br />
die Rückfallprophylaxe steht dabei im<br />
Vordergrund.<br />
Eine andere Klientin hat sich zum Ziel<br />
gesetzt, den Kontakt zu ihrer Tochter<br />
zu intensivieren, die seit einigen Jahren<br />
in einem Kinderheim lebt. Langfristig<br />
möchte die junge Mutter ihr Kind wieder<br />
zu sich nehmen. Sie wünscht sich<br />
eine Begleitung während dieses Prozesses,<br />
der in enger Kooperation mit<br />
dem Jugendamt erfolgt und bei dem<br />
die Klientin schrittweise mehr Verantwortung<br />
für sich und ihre Tochter<br />
übernimmt. Dabei habe ich einerseits<br />
die Rolle eines Case-Managers inne,<br />
der zwischen ärztlicher Behandlung,<br />
Bewährungshilfe, Jugendamt und Kinderheim<br />
vermittelt. Zum anderen ist<br />
immer wieder Sozialberatung angezeigt,<br />
um Schulden abzubauen und<br />
neue zu vermeiden und um die Grundversorgung<br />
zu gewährleisten.<br />
Ein weiterer Klient hat seine Sucht<br />
lange Zeit kontrolliert und nun festgestellt,<br />
dass ihm die daraus entstandenen<br />
Probleme über den Kopf wachsen.
Der Kontakt zu seinen nächsten Angehörigen<br />
ist schlechter geworden, seine<br />
sozialen Beziehungen haben sich drastisch<br />
reduziert und es fällt ihm zunehmend<br />
schwer, Menschen kennen zu<br />
lernen und Freundschaften aufzubauen.<br />
Immer mehr dreht sich der Alltag<br />
nur noch um die Droge. Um das zu<br />
vermeiden, hat er sich monatelang in<br />
seine Wohnung verkrochen, begleitet<br />
von Depressionen und Angstzuständen.<br />
Die begonnene Substitutionsbehandlung<br />
hat ihm ein Stück aus dieser Isolation<br />
geholfen und er hat erkannt, dass<br />
er seinen Alltag grundlegend verändern<br />
muss. Schließlich hat er sich dazu entschlossen,<br />
eine stationäre Therapie zu<br />
machen, um dauerhaft abstinent leben<br />
zu können. Regelmäßige Gespräche<br />
haben ihn in diesem Entschluss bestärkt.<br />
Zuvor waren jedoch Ängste und<br />
Unsicherheiten zu überwinden.<br />
Drei Beispiele, die zeigen, wie unterschiedlich<br />
die Nöte und Bedürfnisse der<br />
hilfesuchenden Menschen sind und<br />
dass eine individuelle Zielbestimmung<br />
unabhängig von ideologisch motivierten<br />
Anforderungen nötig ist.<br />
ABS - für kurzen Bremsweg und mehr<br />
Sicherheit<br />
Deutlich wird auch, dass Veränderungen<br />
Zeit brauchen. Einen solchen Pro-<br />
bei Substitution<br />
zess zu begleiten bedeutet, Vertrauen<br />
aufzubauen und in Krisensituationen<br />
schnell und wirksam zu handeln. Das<br />
geht deutlich über die Angebote der<br />
Schadensminimierung und unmittelbaren<br />
Überlebenshilfe des B2 hinaus.<br />
Konkret bedeutet es, mit den KlientInnen<br />
gemeinsam wichtige Gesprächstermine<br />
bei Ämtern, der Bewährungshilfe,<br />
mit behandelnden Ärzten wahrzunehmen,<br />
sie bei Gerichtsprozessen<br />
und auf dem Weg in Entgiftungs- und<br />
Entwöhnungsbehandlungen zu begleiten.<br />
Insgesamt wurden in <strong>2008</strong> 31<br />
KlientInnen psychosozial begleitet,<br />
zahlreiche andere nahmen ein- oder<br />
zweimalige Beratungen in Anspruch.<br />
Durch die Schaffung einer zusätzlichen<br />
Stelle für die psychosoziale Begleitung<br />
ist es möglich geworden, über spontane<br />
Hilfe und Beratung hinaus diese<br />
intensive und personengebundene<br />
Betreuung anzubieten. Regelmäßige<br />
Gespräche in einer ruhigen, vom hektischen<br />
Alltag freien Atmosphäre schaffen<br />
die Basis für kleinschrittige Veränderungen;<br />
praktische Hilfen in Form<br />
von Begleitung, Organisierung von<br />
Fahrmöglichkeiten, Möbelspenden etc.<br />
sorgen für die materielle Unterfütterung;<br />
die vertrauensvolle Beziehung<br />
dient als emotionale Stütze. So können<br />
Krisen recht-zeitig erkannt und die<br />
Folgen abgemildert werden, um z.B.<br />
stationäre Klinikaufenthalte oder einen<br />
Bewährungswi-<br />
63
64<br />
derruf zu vermeiden. Erfolg misst sich<br />
dabei an den Zielen der KlientInnen<br />
und in Bezug auf die Ausgangsposition:<br />
für den einen ist es ein Riesenerfolg,<br />
Bewährungsauflagen einzuhalten und<br />
sich eigenverantwortlich um die Beantragung<br />
von Leistungen zu kümmern,<br />
für die andere steht die Reduzierung<br />
von Beikonsum und die Entwicklung einer<br />
weitergehenden Lebensperspektive<br />
im Vordergrund.<br />
Insgesamt wurden in <strong>2008</strong> 14 KlientInnen<br />
in eine Entgiftungsbehandlung<br />
vermittelt, von denen sechs im Anschluss<br />
eine Entwöhnungsbehandlung<br />
begonnen haben. Drei KlientInnen haben<br />
eine längere Haftstrafe angetreten,<br />
ein Klient ist an den Folgen seines langjährigen<br />
Drogenkonsums verstorben.<br />
Ein weiterer wurde an das Ambulant<br />
Betreute Wohnen des <strong>KIM</strong>-<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong><br />
e.V. vermittelt, bei acht Klienten<br />
konnte eine soziale und gesundheitliche<br />
Stabilisierung erreicht werden. Vier<br />
KlientInnen haben die Begleitung abgebrochen<br />
oder sind unbekannt verzogen.<br />
Verbesserung der Rahmenbedingungen<br />
für die Substitution<br />
Trotz der beachtenswerten Fortschritte<br />
in der Substitutionsbehandlung (von einer<br />
Behandlung mit Experimentierstatus<br />
zur Regelversorgung) sind wir von<br />
Alltagsbegleitung<br />
einer normalen Krankenbehandlung<br />
Opiatabhängiger noch weit entfernt.<br />
„Die Substitutionsbehandlung ist kein<br />
Königsweg in der Suchtbehandlung,<br />
wohl aber ihre entscheidende Stütze.“<br />
18<br />
Die „freie Arztwahl“ beispielsweise als<br />
Grundlage unseres Gesundheitssystems<br />
ist allein schon deswegen eingeschränkt,<br />
weil nur ÄrzteInnen zur Behandlung<br />
zugelassen sind, die zuvor<br />
durch eine Weiterbildung ihre fachliche<br />
Befähigung nachgewiesen haben. Zur<br />
Sicherstellung einer flächendeckenden<br />
Versorgung bedarf es zudem weiterer<br />
rechtlicher Klärungen, administrativbürokratischer<br />
Vereinfachungen und<br />
organisatorischer Verbesserungen in<br />
mehreren Bereichen. Die Regelungen<br />
zur täglichen Einnahmekontrolle erschweren<br />
es, dass die Behandlung mit<br />
den individuellen Fortschritten sozialer<br />
Integration Schritt hält.<br />
Beispielsweise wird eine reguläre Erwerbsarbeit<br />
bei täglichem Erscheinen-<br />
Müssen in der Arztpraxis nahezu unmöglich.<br />
Das Drängen und die Fixierung auf<br />
Abstinenz und die Abwertung anderer<br />
Ziele gefährden oft die erreichten Behandlungsfortschritte.<br />
Die Therapiefreiheit<br />
des Arztes ist auch insoweit<br />
eingeschränkt, als er nicht nur berufsrechtlich<br />
belangt werden kann, sondern
auch – was die (Nicht-) Einhaltung der<br />
Behandlungsmodalitäten betrifft –<br />
durch das Strafrecht bedroht wird.<br />
Deshalb wird die Substitutionsbehandlung<br />
von vielen Ärzten als unattraktiv<br />
angesehen – mit der Folge, dass die<br />
Zahl der substituierenden Ärzte stagniert<br />
und die noch zu wenigen Ärzte<br />
immer mehr PatientInnen versorgen<br />
müssen. Zur Verbesserung der gesundheitlichen<br />
Versorgung drogennutzender<br />
Menschen ist daher – neben der<br />
Vergabe von Heroin an Schwerstab-<br />
hängige 19<br />
– eine Vereinfachung der<br />
Vergabemodalitäten und die Streichung<br />
der strafrechtlichen Bedrohung<br />
der substituierenden Ärzte angezeigt 20 .<br />
bei Substitution<br />
65
Literatur<br />
F r e i w i l l i g e S e l b s t k o n t r o l l e<br />
. . . mal anders!
Abstinenz, nein Danke?!<br />
Der selbstkontrollierte Konsum illegaler Drogen.<br />
In unserer täglichen <strong>Arbeit</strong> mit suchtmittelabhängigen Menschen<br />
erleben wir oft, dass viele unserer KlientInnen in Entgiftungen gehen,<br />
ohne die Absicht zu haben, danach abstinent zu leben. Entgiftungen<br />
dienen der Lebenserhaltung (physische und psychische Rehabilitation)<br />
und zur Reduzierung der Konsummenge, denn dort<br />
werden sie wieder „aufgepäppelt“. Da eine lebenslange Abstinenz<br />
bei vielen in ihrer derzeitigen Situation nicht vorstellbar ist, ist der<br />
Wunsch nach Vereinbarkeit von Drogenkonsum und Alltag groß.<br />
Häufig scheitert dies jedoch, da ein „maßvoller“ Umgang mit den<br />
Drogen und die Rahmenbedingungen, die einen Konsum kontrollierbar<br />
machen könnten, aktuell nicht gegeben sind. Denn bei der<br />
Veränderung des Drogenkonsumverhaltens spielen verschiedene<br />
strukturelle und individuelle Faktoren eine Rolle:<br />
„Neben dem Lebensalter, der Drogenerfahrung und dem Risikobewußtsein,<br />
dem Dauerstreß der Beschaffung und der Finanzierung<br />
sind es manchmal auch sehr persönliche und existenzielle Erfahrungen,<br />
die nach und nach eine Einstellungs-änderung induzieren.<br />
Verlusterlebnisse, etwa durch den drogenbedingten Tod vertrauter<br />
Beziehungspersonen, Über-dosiserfahrungen oder Suizidversuche<br />
werden nicht selten zum Ausgangspunkt von Bewußtseinsprozessen<br />
und Nachdenklichkeit, ohne daß damit eine abrupte Veränderung<br />
des Drogenkonsums einhergehen muß.“ 21 Aber auch „[d]ie<br />
Langzeiterfahrung mit dem eigenen drogengeprägten Lebensstil,<br />
die unendlichen Wiederholungen von Entzugssymptomen sowie die<br />
Allgegenwart gesundheitlicher, sozialer und strafrechtlicher Risiken“<br />
22 sind ausschlaggebend für die Veränderung des Konsumverhaltens.<br />
Die Konstituierung eines reduzierten und kontrollierten Konsums<br />
steht zudem „in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der<br />
gesamten Lebensverhältnisse. Wo sich im privaten, sozialen oder<br />
beruflichen Bereich befriedigende Lebensverhältnisse abzeichnen,<br />
die neue Orientierungen setzen, kann auch der Drogenkonsum<br />
nicht mehr ‘autonom‘ gelebt werden, ohne diese Alternative zu gefährden.“<br />
23<br />
JA ? Nein?<br />
JEIN!<br />
von<br />
Stefanie Buschmeier<br />
Dipl.-Sozialarbeiterin<br />
21) Bohnert, Die Zeit nach<br />
der Therapie, S. 66<br />
22) ebd.<br />
23) ebd., S. 68
68<br />
24) kiss-heidelberg.de<br />
25) Schippers, Kontrollierter<br />
Gebrauch von<br />
Heroin und Kokain, S. 79<br />
26) Haves/ Schneider,<br />
Kontrollierter Gebrauch<br />
illegaler Drogen, S. 75<br />
Selbstkontrollierter<br />
Der Konsum von Drogen muss also nicht zwangsläufig in eine Abhängigkeit<br />
führen, sondern der Umgang mit diesen spielt dabei eine<br />
entscheidende Rolle, so dass unter bestimmten Voraus-setzungen<br />
bzw. Rahmenbedingungen der Konsum von Drogen kontrollierbar<br />
ist.<br />
Doch was genau bedeutet ‚kontrollierter Konsum’?<br />
Ein selbstkontrollierter Drogenkonsum „bezeichnet ... einen disziplinierten,<br />
geplanten und limitierten Substanzgebrauch.“ 24 Dies wird<br />
von den KonsumentInnen umgesetzt, indem sie ihren Konsum an<br />
einen vorher festgelegten Konsumplan, bzw. –regeln ausrichten. Es<br />
gibt Drogengebraucher, die von Anfang an illegale Drogen, auch Heroin,<br />
konsumieren, ohne einen Abhängigkeitsstatus zu entwickeln.<br />
Diese Konsumentengruppe ist sozial integriert und institutionell<br />
unauffällig; die Anzahl der Personen „kann auf mindestens ein<br />
Promille der Allgemeinbevölkerung geschätzt werden“ 25 .<br />
Sie praktiziert einen risikobewussten und regelorientierten Konsum,<br />
der „nicht nur ... eine zeitlich begrenzte ‘Durchgangsphase‘“ 26 entweder<br />
in Richtung eines zwanghaften und exzessiven Gebrauchs<br />
oder als eine Vorstufe zur Abstinenz darstellt. Die sozial integrierten<br />
DrogenkonsumentInnen verfügen über Potenziale, die ihnen bei<br />
der Erhaltung, bzw. nach einer langen Abhängigkeitsphase, bei der<br />
(erneuten) Etablierung eines kontrollierten Konsummusters helfen<br />
können, wie soziale Ressourcen: eine <strong>Arbeit</strong>sstelle, ein fester<br />
Wohnsitz, intensive, vertrauensvolle, tragfähige und abwechslungsreiche<br />
Beziehungen, auch zu Personen, die keine Drogen konsumieren,<br />
ein fester Partner/ eine feste Partnerin, eine eigene Familie,<br />
ausreichend finanzielle Mittel, andere Freizeitbeschäftigungen und<br />
Hobbies, die nicht drogenspezifisch sind. Sie verfügen ebenfalls<br />
über personelle Ressourcen, wie Kontrollbewusstsein, Selbstwertgefühl<br />
und Selbstbewusstsein, Hemmschwellen, die für sie eine<br />
Grenze darstellen, die sie nicht überschreiten wollen, wie z.B. die<br />
intravenöse Konsumform und die Einhaltung bestimmter Kontrollregeln,<br />
damit der Drogenkonsum mit dem Alltag vereinbar ist. Diese<br />
Ressourcen scheinen auch bei
Konsum<br />
der Überwindung einer kompulsiven (exzessiven) Konsumphase<br />
unterstützend zu wirken, so dass institutionelle Hilfen und Angebote<br />
nicht in Anspruch genommen werden müssen. Dadurch werden<br />
kontrolliert Konsumierende institutionell oft nicht erfasst. 27<br />
Neben der Möglichkeit, einen kontrollierten Konsum von Anfang an<br />
als eigenständige Gebrauchsvariante zu etablieren, kann dieser<br />
auch „das Ergebnis bei der Überwindung eines Abhängigkeitsstatus“<br />
28 sein, bei der ehemals Drogenabhängige gelernt haben, kontrolliert<br />
mit Drogen umzugehen, für die aber derzeit eine lebenslange<br />
Abstinenz nicht in Frage kommt. Einige unsere „älteren“ KlientInnen<br />
haben es geschafft, ohne therapeutische Hilfe ihren Konsum<br />
auf beispielsweise 1-2 Mal die Woche zu reduzieren (vorher ca. 3-4<br />
Mal am Tag!). Manche konsumieren auch nur noch im Schnitt einmal<br />
pro Monat Heroin oder THC.<br />
Ein sozial integrierter und unauffälliger, genussorientierter und risikobewusster<br />
Konsum illegaler Drogen kann aufgrund verschiedener<br />
positiver und negativer Erfahrungen im Laufe der Zeit mit den verschiedenen<br />
Substanzen und im Umgang mit diesen, selbst erlernt<br />
werden. Es gibt in Deutschland Programme, mit denen der kontrollierte<br />
Konsum erlernt werden kann. Das in Deutschland derzeit am<br />
Meisten praktizierte Programm ist das KISS (Kontrolle im selbstbestimmten<br />
Substanzkonsum) Programm, welches in einigen niederschwelligen<br />
Kontaktläden erfolgreich angewandt wird. 29<br />
Im Jahr 2009 werden ein Sozialarbeiter und eine Sozialarbeiterin<br />
die 6-tägige Fortbildung zum/zur KISS-TrainerIn absolvieren, so dass<br />
ab Sommer/Herbst 2009 eine KISS-Gruppe im B2. Streetwork aufgebaut<br />
und das Programm durchgeführt werden kann.<br />
27) Hermann, Heroin und<br />
Kokain, S. 165f<br />
28) Haves/ Schneider,<br />
Kontrollierter Gebrauch<br />
illegaler Drogen, S. 83<br />
29) kiss-heidelberg.de<br />
69
70<br />
Zielgruppe und Ziele von KISS<br />
KISS richtet sich an KonsumentInnen legaler und illegaler Substan- www.kiss-heidelberg.de<br />
zen, die ihr Konsummuster verändern möchten, ihr Leben<br />
nicht weiter von der Droge bestimmen lassen und damit eine höhere Lebensqualität<br />
erreichen wollen. Mit Hilfe dieses Programms können DrogenkonsumentInnen folgende<br />
Ziele erreichen:<br />
1. Bewusstmachung des Umgangs mit psychoaktiven Substanzen<br />
(inkl. Alkohol und Tabak)<br />
2. Stärkung der Änderungsmotivation<br />
3. Aufbau von Selbstmanagementfertigkeiten zur Konsumreduktion/ -<br />
beendigung für vom KonsumentIn ausgewählte Substanz(en)<br />
Die Abstinenz kann also auch immer ein mögliches Ergebnis des kontrollierten Drogenkonsums<br />
sein. Die KonsumentInnen entscheiden selbst, welche Verhaltensweisen<br />
sie ändern möchten oder auch müssen, wenn sie ihre Ziele und Wünsche erreichen<br />
wollen. Dieses Programm ist sowohl als Einzel-, als auch als Gruppenprogramm (max.<br />
12 TeilnehmerInnen) durchführbar und besitzt eine klare Struktur entsprechend verhaltenstherapeutischer<br />
Selbstmanagementprogramme. Nach 1-2 Vorgesprächen finden<br />
wöchentlich insgesamt 12 Sitzungen zu je 2 ½ Stunden statt, in denen folgende<br />
Themen mit den KISS-TrainerInnen bearbeitet werden:<br />
1. Grundwissen Drogen<br />
2. Pro & Kontra Veränderung<br />
3. Bilanz ziehen<br />
4. Konsumziele festlegen<br />
5. Strategien zur Zielerreichung<br />
6. Risikosituationen erkennen<br />
7. Ausrutscher meistern<br />
8. Freizeit genießen<br />
9. Belastungen erkennen<br />
10. Belastungen angehen<br />
11. „Nein-Sagen“ lernen<br />
12. Erfolge sichern<br />
Die TeilnehmerInnen bekommen vorab ein <strong>Arbeit</strong>sbuch, das alle zur Programmdurchführung<br />
notwendigen <strong>Arbeit</strong>s- und Informationsblätter enthält. Zusätzlich erhalten<br />
sie ein Konsumtagebuch zur Dokumentation und Planung ihres Konsums.<br />
Nach diesen Sitzungen stehen die KISS-TrainerInnen den KonsumentInnen weiterhin<br />
für Gespräche zur Verfügung, denn der eigentliche Prozess fängt dann erst an, da das<br />
Erlernte dauerhaft in den Alltag integriert werden soll. Zur Stabilisierung kann das<br />
Programm in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Den TeilnehmerInnen<br />
wird in den Sitzungen aufgezeigt, dass „Rückfälle“ zum Lern- und Veränderungsprozess<br />
dazugehören.
Frauenzimmer<br />
Weibliche Szeneangehörige im <strong>B2.Streetwork</strong>.<br />
Es gibt keine offizielle Erhebung darüber, wie viele Menschen in<br />
Deutschland obdachlos sind. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für<br />
Wohnungslosenhilfe (BAG W) kam bei ihrer letzten Schätzung 2006<br />
auf zirka 254000. Und seit einigen Jahren trifft es immer mehr Frauen.<br />
Mitte der Neunzigerjahre waren nach Schätzung der BAG W<br />
zwölf bis 15 Prozent der Obdachlosen Frauen, heute sind es 25 Prozent.<br />
In Deutschland sind rund 60000 Frauen obdachlos - Tendenz<br />
steigend. 30<br />
Immer mehr, vor allem junge, dieser obdachlosen oder von Obdachlosigkeit<br />
bedrohten Frauen im deutschsprachigen Raum sind<br />
dabei suchtmittelabhängig bzw. geraten durch ihre Suchterkrankung<br />
erst in die Wohnungslosigkeit.<br />
„Harte Drogen sind bei Frauen auf dem Vormarsch - vor allem junge<br />
Frauen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren greifen verstärkt zu Heroin“,<br />
berichtet ein Aufnahmearzt einer Therapieeinrichtung in Österreich.<br />
„So viele Frauen haben noch nie auf einen Therapieplatz<br />
gewartet. Wir können den Bedarf an Therapieplätzen für Frauen<br />
kaum abdecken“, so der Suchtmediziner. 31 Therapieeinrichtungen<br />
in Deutschland und der Schweiz berichten zum Teil Ähnliches.<br />
Frauen in der Drogenszene<br />
Die meisten Heroin-Einsteigerinnen nennen Neugier als Grund. Zumeist<br />
konsumierten sie zuvor bereits andere Suchtmittel und hatten<br />
Freunde oder Bekannte, die heroinabhängig waren bzw. sind.<br />
Das komplette Abrutschen in die Drogenszene geschieht dann oft<br />
schnell. Um ihre Heroinsucht finanzieren zu können, verkaufen die<br />
Frauen zunächst Hab und Gut und verlieren anschließend ihre<br />
Wohnung, weil sie die Mieten nicht mehr bezahlen können. Andere<br />
reißen von zuhause aus, nachdem sie ihre Eltern bestohlen haben<br />
oder dort aufgrund ihrer Drogensucht nicht mehr willkommen sind.<br />
Viele Frauen werden dann aus ihrer Geldnot heraus häufig in die<br />
Prostitution getrieben. Manche kommen zunächst bei Bekannten<br />
oder „Freunden“ unter, die die Frauen gegen sexuelle<br />
von<br />
Claudia Schmidtke<br />
(Dipl.-Sozialpädagogin)<br />
und<br />
Niko Markantonatos<br />
(Dipl.-Sozialpädagoge)<br />
71<br />
30) www.sz-magazin.sueddeutsche.de<br />
31) www.oesterreich.orf.at
Süchtige in Paderborn.<br />
Fokus Frauen.
Frauenzimmer<br />
Gegenleistungen bei sich aufnehmen. Andere gehen vermeintliche<br />
Liebesbeziehungen mit Drogenverkäufern ein, die sie dann zuverlässig<br />
mit Stoff versorgen. Finanzielle Absicherung ist allerdings<br />
nicht der einzige Grund für das Eingehen von Abhängigkeitsverhältnissen.<br />
Gerade Frauen suchen in der Szenegemeinschaft oft nach<br />
der Geborgenheit, die ihnen durch das Verlassen der Familien und<br />
des alten Freundeskreises verwehrt wird.<br />
Ein großer Teil der Frauen prostituiert sich jedoch auch „klassisch“<br />
und „geht auf den Strich“.<br />
Frauen gänzlich ohne Prostitutionserfahrungen gibt es auch in der<br />
Paderborner Drogenszene kaum.<br />
Das Leben in der Drogenszene ist hart und birgt für Frauen seine<br />
ganz eigenen Herausforderungen. Fachtexte beschreiben die Drogenszene<br />
oft als Parallelwelt. Sie hat ihre eigenen Verhaltenskodexe<br />
und Gesetze. So ist es z.B. absolut „verpönt“, strafbare Handlungen<br />
anderer Szenezugehöriger bei der Kriminalpolizei oder auch (in Paderborn)<br />
bei den Mitarbeitern von B.O.S.S. anzuzeigen bzw. eine<br />
Aussage diesbezüglich zu machen.<br />
Personen, die diese Verschwiegenheit brechen, nennt man „Zinker“.<br />
Sie müssen auch von eigentlich unbeteiligten Personen mit<br />
erheblichen Anfeindungen oder körperlicher Gewalt rechnen. Dies<br />
gilt auch für Frauen. Dadurch herrscht in der Drogenszene grundsätzlich<br />
das „Recht des Stärkeren“, was allein körperlich wohl auf<br />
die wenigsten drogensüchtigen Frauen zutrifft.<br />
Durch unsere <strong>Arbeit</strong> werden wir immer wieder mit Vergewaltigungserfahrungen<br />
von Frauen aller Altersklassen konfrontiert. Anzeigen<br />
erfolgen allerdings nur selten. Entweder hat niemand etwas<br />
gesehen, oder die Frauen nehmen aufgrund ihrer vielen erlebten<br />
Vergewaltigungen das erneute Missbrauchserlebnis einfach als weitere<br />
Episode ihres Szenelebens hin. So kommt es immer wieder vor,<br />
dass Frauen, ob jung oder alt, in der Paderborner Zentralstation<br />
vergewaltigt werden, während die „normale“ Gesellschaft „ein<br />
Stockwerk höher“ ihren alltäglichen Besorgungen nachgeht.<br />
73
74<br />
siehe Statistik-Center ab<br />
Seite 43<br />
Weibliche Szeneangehörige<br />
Das <strong>B2.Streetwork</strong> als Schutzraum und Anlaufstelle für Frauen<br />
Um den besonderen Bedürfnissen der szeneangehörigen Frauen<br />
gerecht zu werden, haben wir bspw. in unserer Notübernachtungsstelle<br />
eine eigene Etage für weibliche Obdachlose eingerichtet.<br />
Männer haben hier nur Zutritt, wenn sie eines der Doppelzimmer<br />
als Paar mit ihrer Lebensgefährtin bewohnen (Sanitäranlagen dürfen<br />
trotzdem nur auf der Männeretage benutzt werden). Dies ist<br />
jedoch nur möglich, solange dieser Platz nicht von einer anderen<br />
Frau benötigt wird. Grundsätzlich achten wir in allen Bereichen sehr<br />
darauf, Frauen den Schutzraum anbieten zu können, den sie sich<br />
von unserer Einrichtung erhoffen.<br />
Die Auslastung auf unserer Frauenetage hat in den vergangenen<br />
Jahren seit dem Umzug in das Gebäude am Busdorfwall kontinuierlich<br />
zugenommen. So steigerte sich die Zahl der weiblichen „Festaufnahmen“<br />
allein im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent, bei den<br />
Krisenschläferinnen stieg die Zahl gar um 116 Prozent an. Dies liegt<br />
(neben der zuvor bereits beschriebenen größeren Anzahl weiblicher<br />
Obdachloser) zum einen daran, dass es nur schwer möglich ist,<br />
nachts in das Haus bzw. in die Frauen-Etage einzudringen und die<br />
Frauen so vor den ständigen Belästigungen und Übergriffen geschützt<br />
sind. Zum anderen wird der von uns angebotene Schutzraum<br />
immer mehr von den Frauen angenommen.<br />
Während sie sich früher vielleicht von einem Abhängigkeitsverhältnis<br />
in das nächste begeben haben, sind sie heute viel eher bereit,<br />
unser niederschwelliges Hilfeangebot anzunehmen und auf eigenen<br />
Beinen ohne männliche „Unterstützung“ zu stehen. Wir versuchen,<br />
den Frauen ein Gefühl der Sicherheit und des Angenommenseins zu<br />
vermitteln und auf ihre geschlechtsspezifischen Probleme und Herausforderungen<br />
adäquat einzugehen. Auch unsere Cafébesucher-<br />
Statistik dokumentiert, dass uns dies immer mehr gelingt (der Anteil<br />
weiblicher Besucherinnen beträgt mittlerweile 22 Prozent).<br />
Besonders wichtig dabei ist, die Frauen in ihrer Eigenständigkeit zu
im <strong>B2.Streetwork</strong><br />
stabilisieren und ihnen zu helfen, Alternativen zu den Abhängigkeitsverhältnissen<br />
mit Männern anzunehmen. Ein Großteil der<br />
Frauen, die sich hilfesuchend an uns wenden, nimmt, vielleicht<br />
auch um sich zu orientieren, bevorzugt Beratungsgespräche mit<br />
den weiblichen Mitarbeitern unseres Sozialarbeiter-Teams an. Hier<br />
zeigt sich, wie wichtig eine paritätische Mitarbeiter-Verteilung in<br />
unserem niederschwelligen Bereich ist.<br />
Viele unserer Frauen haben Kinder, die aufgrund der Drogensucht<br />
der Mütter bei Familienangehörigen, Pflegefamilien oder in Heimen<br />
leben. Dies verstärkt oft das Gefühl der eigenen weiblichen Unzulänglichkeit<br />
und belastet viele Frauen neben den zuvor beschriebenen<br />
Widrigkeiten des Szenealltags enorm. Hier versuchen wir im<br />
Rahmen der Kooperationsgemeinschaft der zur Betreuung von Drogen<br />
konsumierenden Müttern und Vätern und deren Kindern beteiligten<br />
Institutionen den Kontakt zu den Kindern nicht gänzlich abreißen<br />
zu lassen, eine eventuelle Zusammenführung einzuleiten<br />
oder es im Idealfall den Müttern zu ermöglichen, ihre Kinder gar<br />
nicht erst in fremde Hände geben zu müssen - eine wichtige Möglichkeit<br />
Frauen aus der Drogenszene auch über die aktuellen<br />
schwangerschafts- oder kinderspezifischen Probleme hinaus institutionell<br />
zu erreichen und Hilfen anzubieten.<br />
Für das Jahr 2009 möchten wir unser Angebotsspektrum noch weiter<br />
auf die frauenspezifischen Herausforderungen abstimmen und<br />
so noch mehr hilfebedürftige Frauen aus der Paderborner Drogenszene<br />
erreichen.<br />
75<br />
siehe<br />
http://kim-paderborn.de/<br />
pdf-prospekte/ Kooperationsvereinbarung.pdf
Sucht und Migration<br />
Gründe, Besonderheiten und Erfahrungen.<br />
von<br />
Kirsten Rak<br />
(Dipl.-Sozialarbeiterin)<br />
32) www.3sat.de<br />
33) www.dbdd.de<br />
34) Haasen, Psychosoziale<br />
Aspekte der Sucht bei Migranten,<br />
S. 65<br />
Diskriminierung, Perspektivlosigkeit und Verständigungsschwierigkeiten.<br />
Drei Schlagwörter, welche die Gefühlswelten von Migranten<br />
kurz und prägnant beschreiben. Gerade Spätaussiedler erleben mit<br />
dem Umzug in die neue, alte Heimat diese doppelte Belastung. Davon<br />
sind im besonderen Maß junge Spätaussiedler betroffen. Zum<br />
einem wird die vertraute Umgebung zurückgelassen, welche altersund<br />
entwicklungsbedingt gebraucht wird, zum anderem wird dieser<br />
Zustand verstärkt durch Diskriminierungserfahrungen und Marginalisierung<br />
in der neuen Heimat.<br />
Durch mangelnde Sprachkenntnisse ist der Weg zum Besuch von<br />
Förderschulen für Migranten oft vorgezeichnet, welche sie oft mit<br />
wenig qualifizierten oder gar keinen Schulabschlüssen beenden,<br />
ohne dort eine spezielle Sprachförderung erhalten zu haben. 32 Der<br />
Kampf um einen Schulabschluss wird durch den um einen Ausbildungsplatz<br />
abgelöst. Spätaussiedler haben nur sehr schlechte<br />
Chancen auf dem <strong>Arbeit</strong>smarkt. Die Folge ist eine allgemeine Perspektivlosigkeit<br />
und das Scheitern der Integration.<br />
Viele sind mit dieser Situation überfordert und suchen Möglichkeiten<br />
ihre Situation erträglicher zu machen. Die Abhängigkeit von Alkohol<br />
und illegalen Drogen stellt in diesen Zusammenhängen eine<br />
Symptombildung dar, da die Wirkung der Rauschmittel Schein-<br />
Lösungen für die beschriebenen Probleme darstellen. Drogenabhängigkeit<br />
bei Migranten in Deutschland steht damit an dritter Stelle<br />
psychischer Störungen. Noch häufiger treten psychosomatische<br />
und depressive Syndrome auf. 33<br />
Auch wenn einige Menschen mit Migrationshintergrund bereits<br />
drogenabhängig sind, wenn sie nach Deutschland kommen, können<br />
die genannten Faktoren eine Sucht begünstigen bzw. verstärken.<br />
Ein hoher Anteil an Drogengebrauchern unter Migranten lässt hierauf<br />
schließen. Je nach Region schwankt dieser sehr stark, erste Untersuchungen<br />
in den 90er Jahren haben beispielsweise in Essen einen<br />
Anteil von 21% ergeben, in Stuttgart sogar bis zu 50%, phasenweise<br />
sogar 70%. 34 Allgemein kann der Anteil an Menschen mit<br />
Migrationshintergrund in der Drogenszene auf 33% - 35% ge-
Sucht und Migration<br />
schätzt werden. Die Tendenz ist allerdings steigend. Untersuchungen<br />
diesbezüglich sind bisher unzureichend durchgeführt worden,<br />
eine Einstellung und Umstellung auf diese Zielgruppe findet nur<br />
sehr langsam statt.<br />
Unterschiedliche Sucht- und Drogenberichte, sowie VDR-<br />
Statistiken 35 weisen auf einen wesentlich niedrigeren Anteil von<br />
Migranten an Sucht- und Drogenabhängigen in stationären Suchtkrankenhilfeeinrichtungen<br />
hin. Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund<br />
beträgt hier lediglich 15% - 18%. Interessant zu<br />
sehen ist, je niederschwelliger die jeweilige Suchthilfeeinrichtung<br />
arbeitet, desto höher ist auch der Kontakt zu dieser Zielgruppe. In<br />
der offenen Gruppenarbeit beträgt dieser Anteil bereits 30%, in der<br />
Straßensozialarbeit bereits 40%.<br />
Wir schätzen den Anteil an Migranten unter den KlientInnen des B2<br />
auf etwa 25% - 35%. Wobei der Anteil unter den Cafébesuchern der<br />
Höhere ist. Die Tendenz ist in den letzten Jahren im B2 stark gestiegen<br />
und hält sich nun stabil. Die sprachlichen Barrieren können oft<br />
durch Besucher, die sowohl die russische als auch die deutsche<br />
Sprache beherrschen, aufgehoben werden. Die <strong>Arbeit</strong> mit dieser<br />
Zielgruppe erweist sich als Herausforderung. Der Bedarf gestaltet<br />
sich anders als bei den übrigen Cafébesuchern. Dies äußert sich darin,<br />
dass diese oft ihre Angelegenheiten eigenständig regeln und unsere<br />
Räumlichkeiten nutzen um beispielsweise ungestört Telefonate<br />
zu führen. Dennoch steigt das Vertrauen uns gegenüber; immer<br />
öfter werden auch unsere Beratungsangebote wie Schwangerschaftsberatungen<br />
genutzt. Sie halten sich meist in unserem Gartenbereich<br />
auf, recht isoliert von unseren übrigen Cafébesuchern<br />
und bilden Kontakte unter ihresgleichen. Immer öfter gelingt es uns<br />
auch, diese Zielgruppe an suchttherapeutische Einrichtungen weiter<br />
zu vermitteln. Die hohen Besucherzahlen unseres Cafébereichs<br />
deuten auf einen hohen Akzeptanzgrad gegenüber unserer Einrichtung<br />
hin. Es ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren dieser<br />
noch steigt und damit die Beratungsangebote ebenfalls stärker genutzt<br />
werden.<br />
35) www.3sat.de<br />
77
78<br />
Ausblick<br />
2009<br />
Im Jahr 2009 werden zwei Mitarbeiter unseres Teams an einer Fortbildung zum<br />
Thema „Kontrollierter Konsum illegaler Drogen“ (KISS – lesen Sie dazu auch den Artikel<br />
ab S. 67) teilnehmen. Das Ziel ist es, ab Herbst in unserer Einrichtung eine regelmäßig<br />
stattfindende KISS-Gruppe anbieten zu können und dadurch das Spektrum an<br />
Hilfeangeboten für unsere KlientInnen zu erweitern.<br />
Zusätzlich haben wir uns vorgenommen, die Grundversorgung unserer Klienten im<br />
Rahmen unserer mobilen Streetwork mithilfe der Tafel und privater Lebensmittelspenden<br />
weiter auszubauen.<br />
Des Weiteren möchten wir die Idee eines Konsumraums in Paderborn weiterverfolgen.<br />
Das Infektions- und Gesundheitsrisiko für Drogenkonsumenten durch unsauberen<br />
Konsum aber auch für Unbeteiligte durch bspw. an öffentlichen Plätzen liegengelassene<br />
Konsumutensilien könnte dadurch weiter minimieret werden.<br />
Wir hoffen, dass wir den Drogen-Alltag unserer KlientInnen auch in diesem Jahr<br />
durch besondere Aktionen wie z.B. Grillfeste, Bandauftritte, Geschenkbasare usw.<br />
ein wenig unterbrechen können.<br />
Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle noch bei unseren Kooperationspartnern<br />
für die gute Zusammenarbeit im letzten Jahr. Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit<br />
mit den vielen Einrichtungen, Kliniken und Behörden auch in diesem Jahr weiterhin<br />
so gut funktioniert und wir den KlientInnen dadurch ein ineinandergreifendes Hilfesystem<br />
anbieten können.<br />
Wenn Sie fragen zu unserer Einrichtung haben oder unsere Einrichtung mit einer<br />
Gruppe besuchen möchten, nehmen Sie bitte unter den auf S. 9 angegebenen Wegen<br />
Kontakt zu uns auf. Wir freuen uns über Ihr Interesse.<br />
Ein erfolgreiches Jahr 2009.<br />
Das Team des <strong>B2.Streetwork</strong>
Verweise<br />
Literatur und Erläuterungen<br />
6 Schneider in: Brennpunkte akzeptanzorientierter …Drogenarbeit, VWB Berlin 1997<br />
7 BMG: Modellprogramm Aufsuchende Sozialarbeit für langjährige Drogenabhängige, Baden-<br />
Baden 1993, S. 154<br />
8 siehe 2, S. 155<br />
9 Vgl.: Steffan, Werner, Streetwork in der Drogenszene, Freiburg im Breisgau 1988, S. 81<br />
10 Schroers, Artur, Szenealltag im Kontaktcafé, VWB, Verl. für Wiss. und Bildung, 1995<br />
11 Schneider in: Brennpunkte akzeptanzorientierter …Drogenarbeit, VWB Berlin 1997<br />
12 Am 1. Juli <strong>2008</strong> waren beim Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />
72.200 substituierte PatientInnen gemeldet. In Paderborn gibt es etwa 400 Substituierte.<br />
13 Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid und wird seit 1998 zur Heroinsubstitution<br />
verwendet. Außerdem wird in Deutschland mit Buprenorphin (seit 2000 unter dem Markennamen<br />
Subutex), L-Polamidon (seit 2001) und Suboxone (seit 2007, ein Kombinationspräparat aus<br />
Buprenorphin und Naloxon) substituiert. In Ausnahmefällen ist auch Codein zugelassen.<br />
14 Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-<br />
Richtlinien), letzte Fassung vom 28.10.2002. Online unter: http://www.bmg.bund.de<br />
/cln_117/nn_1168248/SharedDocs/Downloads/DE/Drogen-Sucht/Heroin-<br />
Designerdrogen/substitution-pdf-<br />
2415,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/substitution-pdf-2415.pdf [21.01.2009].<br />
15 Inzwischen gibt es umfangreiche Studien zur Wirksamkeit der Behandlung mit Substitutionsmitteln.<br />
Vgl. u.a.: Raschke P. (1994): Substitutionstherapie. Ergebnisse langfristiger Behandlung von<br />
Opiatabhängigen. Freiburg: Lambertus. Verthein U., Kalke J. & Raschke P. (1994): Resultate<br />
internationaler und bundesdeutscher Evaluationsstudien zur Substitutionstherapie mit Methadon.<br />
Eine Übersicht. Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie 44: 128-136. Küfner,<br />
H. & Reuter, B. (2001): Verbesserung der Behandlung von Drogenabhängigen in einer Methadon-Substitution<br />
durch Vernetzung und Therapieoptimierung (IFT-Berichte Bd. 130). München:<br />
IFT Institut für Therapieforschung. Verthein, U., Kalke, J., Raschke, P. (1998): Substitution<br />
Treatment with Methadone in Germany - Politics, Programmes and Results. International Journal<br />
of Drug Policy 9: 71-78. Degkwitz P., Verthein U. & Haasen C. (2005): Das Bundesdeutsche<br />
Modellprojekt der heroingestützten Behandlung – aktuelle Bedingungen und Perspektiven der<br />
Orginalstoffvergabe. In: Gerlach R. & Stöver H. (Hrsg.) Vom Tabu zur Normalität. 20 Jahre Substitution<br />
in Deutschland – Zwischenbilanz und Aufgaben für die Zukunft. Freiburg: Lambertus;<br />
350-358. Zur deutschen Heroinstudie siehe auch: http://heroinstudie.de.<br />
16 Benzodiazepine finden in der Psychiatrie Anwendung bei der Behandlung von Angst- und Unruhezuständen,<br />
als Notfallmedikation bei epileptischen Krampfanfällen und als Schlafmittel. Sie<br />
unterliegen in der Bundesrepublik Deutschland der Gesetzgebung des Betäubungsmittelgesetzes<br />
(BtMG).<br />
17 Stöver/Michels (2007): Erfolgsgeschichte mit Hindernissen. Die Substitutionsbehandlung in<br />
Deutschland. Dr. med. Mabuse Nr. 168. Juli/August 2007, online unter http://www.mabuseverlag.de/zeitschrift/168_StoeverMichels.pdf<br />
[21.01.2009]<br />
18 Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat gemeinsam mit den Bundesländern Hamburg,<br />
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie den Städten Hannover, Frankfurt,<br />
Köln, Bonn, Karlsruhe und München das bundesdeutsche Modellprojekt zur<br />
79
80<br />
heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger durchgeführt. Dabei wurden langjährige,<br />
schwerstabhängige HeroinkonsumentInnen über vier Jahre mit Diamorphin (synthetisch hergestelltem<br />
Heroin) behandelt und die Ergebnisse wissenschaftlich ausgewertet. Als zentrales<br />
Ergebnis dieser Studie lässt sich eine signifikante Überlegenheit der Heroin- gegenüber der Methadonbehandlung<br />
nachweisen. Weitere Informationen online unter:<br />
http://www.heroinstudie.de<br />
19 Gleiches hat der 110. Deutsche Ärztetag in seiner Entschließung gefordert. Wörtlich heißt es:<br />
„Der Deutsche Ärztetag fordert eine Novellierung der BtMVV [Betäubungsmittel-<br />
Verschreibungsverordnung, A.B.], bei der die medizinische Behandlung Opiatabhängiger nicht<br />
mit strafrechtlichen Mitteln reguliert wird.“ Online unter: http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/DAETBeschlussprotokoll20070822a.pdf<br />
[21.01.2009]<br />
20 Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen<br />
Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des<br />
Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten:<br />
Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg und Nachsorge am Beispiel<br />
der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />
21 Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen<br />
Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des<br />
Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten:<br />
Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg und Nachsorge am Beispiel<br />
der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />
22 siehe 16, S. 68.<br />
23 Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/2/0/programm/kiss.aspx<br />
24 Schippers, G.M.; Cramer, E.: Kontrollierter Gebrauch von Heroin und Kokain, in: Suchttherapie 3<br />
(2002), S. 79.<br />
25 Haves, W.; Schneider, W.: Kontrollierter Gebrauch illegaler Drogen: Forschungsstand und Konsequenzen,<br />
in: Drogalkohol 16 (1992), S. 75; siehe dazu auch Weber, G.; Schneider, W.: Herauswachsen<br />
aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung, kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter<br />
Ausstieg – Ein Resümee –, in: Ministerium für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des<br />
Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Herauswachsen aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung,<br />
kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter Ausstieg, Minden 1992, S. 22.<br />
26 Vgl.: Herrmann, U. u.a.: Heroin und Kokain – Möglichkeiten des sozial integrierten Gebrauchs,<br />
in: akzept e.V. (Hrsg.): Dokumentationsband zum Kongreß: DrogenVisionen: Zukunftswerkstatt<br />
für eine innovative Drogenpolitik und Drogenhilfe, Band 12 der INDRO-Buchreihe: Studien zur<br />
qualitativen Drogenforschung und akzeptierenden Drogenarbeit, Berlin 1997, S. 165f.<br />
27 siehe 20, S. 83.<br />
28 Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/3/3/programm/einrichtungen.aspx<br />
29 http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/27824/2/1#texttitel<br />
30 http://oesterreich.orf.at/vorarlberg/stories/48032/<br />
31 Migranten häufiger in Sonderschulen, www.3sat.de/3sat.php und www.3sat.de/nano/news/<br />
27412/index.html , [13.02.09]<br />
32 Bericht zur Drogensituation in Deutschland, http://www.dbdd.de/Download/dbdd/REI-<br />
TOX_Germany_<strong>2008</strong>(ger).pdf [09.02.09]<br />
33 C. Haasen, M. Toprak, O. Yagdiran, E. Kleinmeier, psychosoziale Aspekte der Sucht bei Migranten,<br />
www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/27412/index.html, [13.02.09]<br />
34 Forschungsportal der deutschen Rentenversicherung, http://forschung.deutsche-rentenversicherung.de/ForschPortalWeb/contentAction.do?key=main_statistik&chmenu=ispvwNav<br />
EntriesByHierarchy510, [09.02.09]
Kontakt<br />
Information<br />
Motivation<br />
Unsere weiteren Hilfeangebote für drogenabhängi-<br />
ge, substituierte und alkoholkranke Menschen.<br />
<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />
Fachliche Hilfen im Bereich Sucht.
Regenbogen<br />
Neuhäuser Str. 39<br />
33102 PB<br />
Regenbogen.<br />
Für drogenabhängige Menschen in ärztlicher Substitutionsbehandlung.
Regenbogen<br />
Zielgruppe Der ‚Regenbogen‘ bietet seit 1994 teilstationäre<br />
Hilfe für Frauen und Männer an, die sich aufgrund ihrer<br />
Suchterkrankung in besonderen sozialen Schwierigkeiten<br />
befinden. Gemeinsam ist allen Be-wohnerInnen, dass sie die<br />
Chancen einer medizinisch begleiteten Substitutionsbehandlung<br />
aktiv nutzen wollen.<br />
Zielsetzung Auf der Grundlage einer beigebrauchsfreien<br />
Lebensführung gelingt es, sich gesundheitlich,<br />
persönlich und sozial zu stabilisieren. Ziel ist es, sich den Alltagsanforderungen<br />
zu stellen und auftretende Probleme erfolgreich<br />
meistern zu können. Rückfälle, die den Eingliederungsprozess<br />
behindern, werden als Lernchance genutzt und<br />
in regelmäßigen Einzelgesprächen bearbeitet.<br />
Voraussetzungen BewerberInnen für einen Platz in der<br />
Wohngemeinschaft für Substituierte befinden sich in einer bereits<br />
begonnenen Substitutionsbehandlung und sind wohnungslos<br />
bzw. leben in gefährdeten Wohnverhältnissen. Sie<br />
haben keine akute psychische Erkrankung und haben die prinzipielle<br />
Bereitschaft zum Beginn einer Ausbildung oder einer<br />
Erwerbstätigkeit.<br />
Finanzierung Die Kosten des Betreuten Wohnens werden<br />
durch den Landschaftsverband Westfalen Lippe (§ 53 SGB<br />
XII) übernommen während die Miete und der Lebensunterhalt<br />
aus dem Einkommen oder Lohnersatzleistungen der<br />
BewohnerInnen bestritten werden.<br />
Regenbogen<br />
Neuhäuser Straße 39<br />
33102 Paderborn<br />
Tel. 05251/26112<br />
Fax 05251/26139<br />
regenbogen<br />
@kim-paderborn.de<br />
Klaus Könemann-Grabowski<br />
(Diplom-Pädagoge)<br />
Stefanie Krause<br />
(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />
Eberhard Sprenger<br />
(Diplom-Pädagoge)<br />
12 Plätze<br />
davon 4 Außenwohnplätze<br />
Frauen und Männer<br />
ab 18 Jahren<br />
in Substitutionsbehandlung<br />
Aufenthaltsdauer<br />
1-3 Jahre<br />
Kostenübernahme<br />
durch LWL<br />
nach § 53 SGB XII
ABW Alkohol<br />
Widukindstr. 2a<br />
33102 PB<br />
ABW Drogen<br />
Detmolder Str. 5<br />
33102 PB<br />
ABW Drogen<br />
Busdorfwall 2<br />
33098 PB<br />
Ambulant Betreutes Wohnen.<br />
Für drogenabhängige und alkoholkranke Menschen.
Ambulant Betreutes Wohnen<br />
für Suchtkranke<br />
Zielgruppe Seit dem Jahr 2000 wendet sich die ambulante<br />
Betreuung an Menschen, die an einer Suchterkrankung<br />
leiden und vorübergehend der Unter-stützung bei der selbstständigen<br />
Lebensführung bedürfen.<br />
Zielsetzung Durch die ambulante Betreuung soll die Inanspruchnahme<br />
stationärer Hilfen vermieden werden. Durch<br />
alltagsbegleitende Hilfen werden die Folgen der Sucht gemildert<br />
und das eigenständige Leben in der Gesellschaft gefördert.<br />
Die Betreuung trägt dazu bei, möglichst häufige und längere<br />
Abstinenzphasen zu erreichen und die Befähigung, die eigene<br />
Wohnung zu bewirtschaften, zu erhalten. Durch aktive<br />
Unterstützung in Krisensituationen soll die persönliche Lebensqualität<br />
und -freude gefördert werden.<br />
Bei Wohnungslosigkeit dient das Angebot diverser vorübergehender<br />
Wohnangebote der Beschaffung einer eigenen<br />
Wohnung.<br />
Voraussetzungen BewerberInnen leiden an einer Suchterkrankung,<br />
sind jedoch nicht pflegebedürftig. Ein weiteres<br />
Kriterium ist eine bestehende Wohnungslosigkeit oder ein Leben<br />
in ungesicherten Wohnverhältnissen. Die Bereitschaft zur<br />
aktiven Mitarbeit wird erwartet.<br />
Finanzierung Die Kosten der ambulanten Betreuung<br />
werden im Rahmen des § 53 SGB XII vom überörtlichen Sozialhilfeträger<br />
übernommen.<br />
Ambulant Betreutes<br />
Wohnen ‚Drogen‘<br />
Detmolder Straße 5/<br />
Busdorfwall 2<br />
33102 Paderborn<br />
Tel. 0176/24044318<br />
Fax 05251/1807515<br />
Christina Sprenger<br />
(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />
Martina Carls<br />
(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />
Ambulant Betreutes<br />
Wohnen ‚Alkohol‘<br />
Widukindstr. 2a<br />
33102 Paderborn<br />
0176/25288587<br />
Thorsten Kirchhoff<br />
(Diplom-Sozialarbeiter)<br />
Martin Fieseler<br />
(Diplom- Sozialarbeiter)<br />
Betreuungsplätze<br />
bedarfsabhängig<br />
Betreuungsdauer<br />
bedarfsorientiert<br />
Kostenübernahme<br />
durch Sozialhilfeträger<br />
nach § 53 SGB XII<br />
1-3 Jahre<br />
Kostenübernahme
Rupert-Zwickel-Haus<br />
Herm.-Löns-Str. 145<br />
33104 PB<br />
Rupert-Zwickel-Haus.<br />
Für ehemalig nicht sesshafte alkoholkranke Männer.
Rupert-Zwickel-Haus<br />
Zielgruppe Das ‚Rupert-Zwickel-Haus‘ bietet seit 1982<br />
eine ambulante betreute Wohnform für ehemalig nicht sesshafte<br />
und in der Regel alkoholkranke Männer an.<br />
Zielsetzung Die Bewohner lernen durch gemeinsam<br />
erarbeitete und festgelegte Vereinbarungen, den bezogenen<br />
Wohnraum zu bewirtschaften und einer angemessenen und<br />
sinngebenden Beschäftigung nachzugehen. Die Wohnhilfe bietet<br />
günstige Rahmenbedingungen, die das (selbst-) kontrollierte<br />
Trinken und damit die Teilnahme am Leben der Gemeinschaft<br />
zulassen. Der betreute Mensch ist in der Lage, mit kleinen<br />
Hilfen möglichst langfristig ein weitgehend selbstständiges<br />
Leben zu führen.<br />
Voraussetzungen Bewerber sind nicht pflegebedürftig, jedoch<br />
nicht mehr oder nur bedingt arbeitsfähig und befinden<br />
sich in ungesicherten Lebensverhältnissen. Die Bereitschaft,<br />
kleinere Pflichten und Verantwortungsbereiche für die Gemeinschaft<br />
zu übernehmen, wird erwartet.<br />
Finanzierung Die Kosten der ambulanten Betreuung<br />
werden im Rahmen des § 53 SGB XII vom Sozialhilfeträger<br />
übernommen.<br />
Rupert-Zwickel-Haus<br />
Hermann-Löns-Str. 145<br />
33104 Paderborn<br />
Tel. 05254/12762<br />
Fax 05254/6485332<br />
betreutes-wohnen<br />
@kim-paderborn.de<br />
Martin-Fieseler<br />
(Diplom-Sozialarbeiter)<br />
9 Wohnplätze<br />
Männer<br />
Altersgruppe nicht<br />
festgelegt<br />
lebenslanges Wohnen<br />
möglich<br />
Kostenübernahme<br />
durch Sozialhilfeträger<br />
nach § 53 SGB XII
Mutter-Kind-Haus<br />
Friedrichstr. 21<br />
33102 PB<br />
Mutter-Kind-Haus.<br />
Für junge und alleinstehende Frauen.
Mutter-Kind-Haus<br />
Zielgruppe Seit 1994 bietet das ‚Mutter-Kind-Haus<br />
teilstationäre Hilfe für junge und alleinstehende Frauen an, die<br />
sich von Schwangerschaft, bevorstehender Geburt oder Erziehungssituation<br />
überfordert fühlen und sich damit in besonderen<br />
persönlichen und sozialen Schwierigkeiten be-finden.<br />
Zwei Wohnplätze sind suchtkranken Frauen vorbehalten, die<br />
sich in einer erfolgversprechenden ärztlich begleiteten Substitutionsbehandlung<br />
befinden.<br />
Zielsetzung Mit der alltäglichen Unterstützung wachsen<br />
die jungen Mütter in ihre neue Lebenssituation hinein. Über<br />
individuelle Hilfen und alltagsbegleitende Beratung entwickeln<br />
sie ein gesundes Selbstwertgefühl und lernen, sich mit ihrer<br />
neuen Rolle anzufreunden. Zeiten der gemeinsamen Kinderbetreuung<br />
tragen dazu bei, den Kontakt zum eigenen Kind positiv<br />
zu erleben und schon in kleinen Dingen fördernd zu gestalten.<br />
Voraussetzungen Bewerberinnen kommen aus eigener Motivation<br />
heraus, haben grundsätzlich die Bereitschaft zur aktiven<br />
Mitarbeit und Wahrnehmung der Angebote und halten die ärztlichen<br />
Anweisungen ein.<br />
Finanzierung Die Kosten werden in der Regel durch das<br />
zuständige Jugendamt (§ 19 SGB VIII) getragen, ggf. auch durch<br />
den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (§67 SGB XII).<br />
Mutter-Kind-Haus<br />
Friedrichstraße 21<br />
33102 Paderborn<br />
Tel. 05251/280024<br />
Fax 05251/280845<br />
mutter-kind-haus<br />
@kim-paderborn.de<br />
Christine Jänsch<br />
(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />
Monika Meller<br />
(Diplom-Pädagogin)<br />
Stefanie Scholz<br />
(Kinderpflegerin)<br />
Karina Kanne<br />
(Erzieherin)<br />
8 Plätze<br />
davon 2 Außenwohnplätze<br />
Frauen<br />
teilweise in Substitutionsbehandlung<br />
Aufenthaltsdauer<br />
1-3 Jahre/ ggf. länger<br />
Kostenübernahme<br />
durch Jugendämter<br />
nach § 19 SGB VIII<br />
ggf. durch LWL<br />
nach § 53 SGB XII
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Busdorfwall 2<br />
33098 PB<br />
<strong>B2.Streetwork</strong>. Straßensozialarbeit in Paderborn.
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Geschichte Der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. betreibt seit 1987 im<br />
Auftrag der Stadt Paderborn aufsuchende Straßensozialarbeit.<br />
Diese, in Fachkreisen ‚Streetwork' genannte Herangehensweise<br />
an problembeladene Randgruppen in deren sozialem Umfeld,<br />
hat eine rege Entwicklung erlebt. Während zunächst vagabundierende<br />
junge Wohnungslose im Stadtgebiet aufgesucht wurden,<br />
konnte in der Folge bereits eine sogenannte ‚Krisenwohnung'<br />
in der Königsstraße als konkrete Hilfeergänzung und Basis<br />
für weitere Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Mittlerweile<br />
hat die Einrichtung nun seit 2002 am Busdorfwall 2 als<br />
<strong>B2.Streetwork</strong> ihr drittes Zuhause bezogen.<br />
<strong>Arbeit</strong> Das <strong>B2.Streetwork</strong> arbeitet niedrigschwellig<br />
und akzeptanzorientiert. Im Rahmen der Streetwork<br />
suchen wir wohnungslose und/oder suchtmittelabhängige Personen<br />
im Stadtgebiet auf, um mit einem möglichst breiten<br />
Spektrum an Angeboten weitere Verelendung zu vermeiden und<br />
konkrete Hilfen bei Alltagsproblemen zu leisten.<br />
Die Beratungsschwerpunkte beziehen sich auf konkrete Unterstützung<br />
bei der <strong>Arbeit</strong>s- und Wohnungssuche, Ernährung, Hygiene<br />
und Infektionsprophylaxe, Spritzentausch, Behördenangelegenheiten,<br />
Schulden-regulierung etc. Ein besonderer Schwerpunkt<br />
liegt in der Alltagsbegleitung bei Substitution (ABS), die<br />
die psychosoziale Stabilisierung bei abstinenzwilligen Menschen<br />
fördert.<br />
Zusammen mit den flankierenden Angeboten des Kontakt-Cafés<br />
und der Not-Übernachtungsstelle ermöglichen wir auf niedrigschwelligem<br />
Niveau den leichten Zugang zu unseren Hilfen.<br />
<strong>B2.Streetwork</strong><br />
Busdorfwall 2<br />
33098 Paderborn<br />
Tel. 05251/27298<br />
Fax 05251/205683<br />
b2.streetwork<br />
@kim-paderborn.de<br />
6 SozialarbeiterInnen im B2<br />
1 Sozialarbeiter in der ABS<br />
1 Hausmeister und Koch<br />
1 Hilfskraft im Bereich<br />
Hauswirtschaft<br />
1-2 Brückenjobler von InVia<br />
8 studentische Hilfskräfte<br />
14 Schlafplätze für Männer<br />
8 Schlafplätze für Frauen<br />
tägliche Aufnahme von<br />
18.00 bis 19.45 Uhr<br />
Frauen und Männer<br />
ab 18 Jahren<br />
aus dem Raum Paderborn<br />
Aufenthaltsdauer<br />
bis zu 6 Wochen
i<br />
Drogenabhängige bekommen für diesen Job eine kleine Aufwandsentschädigung – sie kennen die Orte am besten.<br />
ii<br />
Offizielle Schätzungen gehen von rd. 1000 Schwerstabhängigen für Paderborn aus, von denen ca. 400 Personen ärztlich substituiert werden. Rechnen wir ‚nur’ die restlichen rd. 600 i.v. Abhängigen, die<br />
durchschnittlich 3-4 x tgl. konsumieren, so kommen wir auf 766.500 Konsumvorgänge jährlich …<br />
Im Bundesdurchschnitt werden rund 1,5% der Bevölkerung zur Problemgruppe der intravenös (i.v.) konsumierenden Schwerstabhängigen gezählt. Für Paderborn würden bei 142.140 Einwohnern (Stand<br />
31.03.<strong>2008</strong>) somit 2132 Personen zur Problemgruppe gehören.<br />
iii<br />
heißt: drogenfreies<br />
iv ABS = AlltagsBegleitung bei Substitution, psychosoziale Unterstützung bei besonderem Hilfebedarf<br />
v und damit Vermeidung von Beschaffungskriminalität und Straffälligkeit<br />
6 Schneider in: Brennpunkte akzeptanzorientierter …Drogenarbeit, VWB Berlin 1997<br />
7<br />
12<br />
8 BMG: Modellprogramm Aufsuchende Sozialarbeit für langjährige Drogenabhängige, Baden-Baden 1993, S. 154<br />
9 Vgl.: BMG: Modellprogramm Aufsuchende Sozialarbeit für …, S. 155<br />
10 Vgl.: Steffan, Werner, Streetwork in der Drogenszene, Freiburg im Breisgau 1988, S. 81<br />
11 Schroers, Artur, Szenealltag im Kontaktcafé, VWB, Verl. für Wiss. und Bildung, 1995<br />
13 Am 1. Juli <strong>2008</strong> waren beim Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte 72.200 substituierte Patient_innen gemeldet. In Paderborn gibt es etwa 400<br />
Substituierte.<br />
14 Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid und wird seit 1998 zur Heroinsubstitution verwendet. Außerdem wird in Deutschland mit Buprenorphin (seit 2000 unter dem Markennamen<br />
Subutex), L-Polamidon (seit 2001) und Suboxone (seit 2007, ein Kombinationspräparat aus Buprenorphin und Naloxon) substituiert. In Ausna3hmefällen ist auch Codein zugelassen.<br />
15<br />
Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien), letzte Fassung vom 28.10.2002. Online unter:<br />
http://www.bmg.bund.de/cln_117/nn_1168248/SharedDocs/Downloads/DE/Drogen-Sucht/Heroin-Designerdrogen/substitution-pdf-<br />
2415,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/substitution-pdf-2415.pdf [21.01.2009].<br />
16 Inzwischen gibt es umfangreiche Studien zur Wirksamkeit der Behandlung mit Substitutionsmitteln. Vgl. u.a.: Raschke P. (1994): Substitutionstherapie. Ergebnisse langfristiger Behandlung<br />
von Opiatabhïngigen. Freiburg: Lambertus. Verthein U., Kalke J. & Raschke P. (1994): Resultate internationaler und bundsdeutscher Evaluationsstudien zur Substitutionstherapie mit Methadon.<br />
Eine Übersicht. Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie 44:<br />
128-136. Küfner, H. & Reuter, B. (2001): Verbesserung der Behandlung von Drogenabhängigen in einer Methadon-Substitution durch Vernetzung und Therapieoptimierung (IFT-Berichte Bd.<br />
130). München: IFT Institut für Therapieforschung. Verthein, U., Kalke, J., Raschke, P. (1998): Substitution Treatment with Methadone in Germany - Politics, Programmes and Results. International<br />
Journal of Drug Policy 9: 71-78. Degkwitz P., Verthein U. & Haasen C. (2005): Das Bundesdeutsche Modellprojekt der heroingestützten Behandlung – aktuelle Bedingungen und Perspektiven<br />
der Orginalstoffvergabe. In: Gerlach R. & Stöver H. (Hrsg.) Vom Tabu zur Normalität. 20 Jahre Substitution in Deutschland – Zwischenbilanz und Aufgaben für die Zukunft. Freiburg: Lambertus;<br />
350-358. Zur deutschen Heroinstudie siehe auch: http://heroinstudie.de.<br />
17 Benzodiazepine finden in der Psychiatrie Anwendung bei der Behandlung von Angst- und Unruhezuständen, als Notfallmedikation bei epileptischen Krampfanfällen und als Schlafmittel. Sie<br />
unterliegen in der Bundesrepublik Deutschland der Gesetzgebung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG).<br />
18 Stöver/Michels (2007): Erfolgsgeschichte mit Hindernissen. Die Substitutionsbehandlung in Deutschland. Dr. med. Mabuse Nr. 168. Juli/August 2007, online unter http://www.mabuse-<br />
verlag.de/zeitschrift/168_StoeverMichels.pdf [21.01.2009]<br />
19 Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat gemeinsam mit den Bundesländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie den Städten Hannover, Frankfurt,<br />
Köln, Bonn, Karlsruhe und München das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger durchgeführt. Dabei wurden langjährige, schwerstabhängige Heroinkonsument_innen<br />
über vier Jahre mit Diamorphin (synthetisch hergestelltem Heroin) behandelt und die Ergebnisse wissenschaftlich ausgewertet. Als zentrales Ergebnis dieser Studie lässt sich<br />
eine signifikante Überlegenheit der Heroin- gegenüber der Methadonbehandlung nachweisen. Weitere Informationen online unter: http://www.heroinstudie.de<br />
20 Gleiches hat der 110. Deutsche Ärztetag in seiner Entschließung gefordert. Wörtlich heißt es: „Der Deutsche Ärztetag fordert eine Novellierung der BtMVV [Betäubungsmittel-<br />
Verschreibungsverordnung, A.B.], bei der die medizinische Behandlung Opiatabhängiger nicht mit strafrechtlichen Mitteln reguliert wird.“ Online unter:<br />
http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/DAETBeschlussprotokoll20070822a.pdf [21.01.2009]<br />
21<br />
Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit<br />
und <strong>Soziale</strong>s des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten: Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg<br />
und Nachsorge am Beispiel der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />
22<br />
Bohnert, W.: Die Zeit nach der Therapie. Biographische Verlaufsmuster und Formen der nachtherapeutischen Lebensbewältigung, in: Der Minister für <strong>Arbeit</strong>, Gesundheit<br />
und <strong>Soziale</strong>s des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Lebenspraxis und Unterstützungsnetze von Drogenkonsumenten: Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Therapieerfolg<br />
und Nachsorge am Beispiel der Therapieeinrichtungen für Drogenkonsumenten in Hamm“, 2. Aufl., Pulheim 1991, S. 66.<br />
23<br />
Ebenda, S. 68.<br />
24<br />
Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/2/0/programm/kiss.aspx<br />
25<br />
Schippers, G.M.; Cramer, E.: Kontrollierter Gebrauch von Heroin und Kokain, in: Suchttherapie 3 (2002), S. 79.<br />
26<br />
Haves, W.; Schneider, W.: Kontrollierter Gebrauch illegaler Drogen: Forschungsstand und Konsequenzen, in: Drogalkohol 16 (1992), S. 75; siehe dazu auch Weber, G.;<br />
Schneider, W.: Herauswachsen aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung, kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter Ausstieg – Ein Resümee –, in: Ministerium für<br />
<strong>Arbeit</strong>, Gesundheit und <strong>Soziale</strong>s des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Herauswachsen aus der Sucht illegaler Drogen: Selbstheilung, kontrollierter Gebrauch und therapiegestützter<br />
Ausstieg, Minden 1992, S. 22.<br />
27<br />
Vgl.: Herrmann, U. u.a.: Heroin und Kokain – Möglichkeiten des sozial integrierten Gebrauchs, in: akzept e.V.<br />
(Hrsg.): Dokumentationsband zum Kongreß: DrogenVisionen: Zukunftswerkstatt für eine innovative Drogenpolitik und Drogenhilfe, Band 12 der INDRO-Buchreihe: Studien<br />
zur qualitativen Drogenforschung und akzeptierenden Drogenarbeit, Berlin 1997, S. 165f.<br />
28<br />
Haves, W.; Schneider, W.: Kontrollierter Gebrauch illegaler Drogen: Forschungsstand und Konsequenzen, in: Drogalkohol 16 (1992), S. 83.<br />
29<br />
Vgl.: http://www.kiss-heidelberg.de/kiss-heidelberg/de/3/3/programm/einrichtungen.aspx<br />
30 http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/27824/2/1#texttitel<br />
31<br />
32 Migranten häufiger in Sonderschulen, http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/27412/index.html , [13.02.09]<br />
33 Bericht zur Drogensituation in Deutschland, http://www.dbdd.de/Download/dbdd/REITOX_Germany_<strong>2008</strong>(ger).pdf [09.02.09]<br />
34 C. Haasen, M. Toprak, O. Yagdiran, E. Kleinmeier, psychosoziale Aspekte der Sucht bei Migranten,<br />
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/27412/index.html, [13.02.09]<br />
35 Forschungsportal der deutschen Rentenversicherung, http://forschung.deutscherentenversicherung.de/ForschPortalWeb/contentAction.do?key=main_statistik&chmenu=ispvwNavEntriesByHierarchy510,<br />
[09.02.09]