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B2.Streetwork Jahresbericht 2009 - KIM - Soziale Arbeit eV

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<strong>B2.Streetwork</strong> <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2009</strong>


INHALT<br />

Vorwort<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Personal<br />

Grundlagen -<br />

<strong>Arbeit</strong>sansatz und Menschenbild<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereiche<br />

Spenden<br />

Statistik<br />

Weitere Teilbereiche und Angebote des B2<br />

ABS –<br />

Alltagsbegleitung bei Substitution<br />

KISS –<br />

Selbstkontrollierter Konsum illegaler Drogen<br />

Journal<br />

Armut und <strong>Arbeit</strong>slosigkeit –<br />

und die Auswirkungen auf die Szene<br />

Über den Tellerrand hinaus -<br />

Diamorphin-Abgabe und Konsumräume in anderen Städten<br />

Substitutvergabe –<br />

Neue Richtlinien ab 2010<br />

Interview mit einem Drogenabhängigen<br />

<strong>KIM</strong>-Einrichtungen aus dem Suchtbereich<br />

Ausblick<br />

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5<br />

7<br />

9<br />

10<br />

12<br />

30<br />

31<br />

43<br />

47<br />

53<br />

59<br />

65<br />

68<br />

72<br />

80


Vorwort<br />

Geschäftsleitung<br />

Jeden Tag werden in unserem B2.Kontakt-Café die Toiletten und<br />

Duschen gründlich gereinigt. Organisiert von den KollegInnen,<br />

durchgeführt von zuverlässigen Gästen, die sich in guten Phasen<br />

mit der wiederkehrenden Aufgabe den Alltag strukturieren und einen<br />

kleinen Obulus verdienen können – ein Pack Tabak, ein Mittagessen.<br />

Heinz Plaumann, unser Koch und Hausmeister kontrolliert<br />

das Reinigungsergebnis, besorgt Desinfektionsmittel und Verbrauchsmaterialien<br />

und greift selbst zu Schrubber und Schlauch,<br />

wenn doch einmal der Putzer / die Putzerin nicht erscheint.<br />

Es ist kein Job wie jeder andere: Toiletten verstopfen häufig, wenn Spritzenbestecke<br />

schnell entsorgt werden (müssen). Manches bleibt liegen in der Eile, Hygiene ist oft<br />

zweitrangig, Infektionen und Abszesse sind Nebenwirkungen. Es folgt das Unbehagen<br />

der Reinigungskräfte, obwohl sie alles schon mal selbst erlebt haben.<br />

Trotz häufiger Kontrollen durch die SozialarbeiterInnen, auch während (!) der Toilettengänge<br />

unserer Gäste, sind die Toiletten ein Ort, an dem in der Not auch mal hastig<br />

der Schuss gesetzt wird. Schnell aufkochen, abbinden, aufziehen, injizieren, abdrücken<br />

– Entlastung, Spritze liegen lassen. Schnell wieder raus – bloß nicht auffallen.<br />

Wer beim Konsum im Haus bzw. auf der Toilette erwischt wird, erhält ein mehrtägiges<br />

Haus- und Geländeverbot – wir dürfen keine Gelegenheit zum Konsum bieten.<br />

Es ist nicht leicht, bei rund 80 Gästen täglich stets alles und jeden im Blick zu behalten.<br />

Drogenabhängige Menschen müssen konsumieren – gespritzt wird hinter Büschen,<br />

Ecken, aber auch auf öffentlichen Toiletten, in Kranken-, Kauf-, Park- oder<br />

Treppenhäusern. Oft draußen und irgendwie meistens heimlich, unhygienisch, hastig<br />

und mit dem Risiko der Entdeckung. Dreck birgt Infektionsgefahr, Überdosierung und<br />

schlechter Stoff nach wie vor den Tod, der selten in der örtlichen Presse große Beachtung<br />

findet.<br />

Lange wurde auch in Paderborn über einen sogenannten (legalen) Gesundheitsraum<br />

für Schwerstabhängige diskutiert. Mancherorts wurden sie eingerichtet, z.B. in Bielefeld,<br />

wo mittlerweile 120 bis 150 Konsumvorgänge täglich unter professioneller medizinischer<br />

Kontrolle stattfinden. Die über Jahre wissenschaftlich begleitete ‚Heroinstudie‘<br />

legt nahe, dass für einen Teil der Schwerstabhängigen sogar die Originalstoffvergabe<br />

mit Diamorphin den herkömmlichen Substitutionsmitteln (Methadon, Polamidon)<br />

vorzuziehen ist.<br />

von<br />

Günter Helling<br />

(Dipl.-Pädagoge)<br />

Leiter des<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

5


6<br />

Zwar sind mit der Gesetzesverabschiedung am 15. Juni <strong>2009</strong> die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

für eine diamorphingestützte Behandlung geschaffen worden,<br />

eine mögliche Umsetzung scheitert jedoch bisher an den fehlenden Durchführungsbestimmungen,<br />

die noch vom Land NRW erlassen werden müssen. Auch<br />

wenn die rechtlichen Hürden letztendlich genommen werden, so wird uns ein solches<br />

Angebot nicht wirklich entlasten. Zu klein wird die Gruppe derer sein, die tatsächlich<br />

in die nähere Auswahl kommen. Für diese ‚Glückspilze‘ allerdings eröffnet<br />

sich ein Leben jenseits von Beschaffungskriminalität mit der bescheidenen Perspektive<br />

von ein wenig Lebensqualität.<br />

In unserem Paderborner Alltag der ‚niedrigschwelligen Drogenhilfe‘ tauschen wir<br />

kostenlos neue Spritzen gegen alte, lassen alte Spritzen einsammeln, geben neue<br />

Spritzen bei Bedarf. Natürlich nur an Schwerstabhängige, die damit zumindest ihr Infektionsrisiko<br />

(Hepatitis, HI-Virus/AIDS) für sich selbst und andere mindern. 105.000<br />

Stück gaben wir im Jahr <strong>2009</strong> heraus, rund 10% mehr als 2008 und doch sind damit<br />

erst ca. 15% der geschätzten Konsumvorgänge in Paderborn erreicht.<br />

Ob die Zahl der Schwerstabhängigen in Paderborn zunimmt, wagt niemand zu schätzen.<br />

Signifikante Veränderungen können wir vermuten, aber nicht dokumentieren.<br />

Unsere Aufgabe ist es, überhaupt den Kontakt zu dieser problematischen Zielgruppe<br />

aufzunehmen und ihn dann auch halten zu können. Erst dann können wir für mögliche<br />

Hilfen, wie bspw. eine Substitutionsbehandlung oder auch den schrittweisen<br />

Ausstieg (z.B. über kontrollierten Konsum / KISS) motivieren. Mit ihrer engagierten,<br />

teils aufreibenden und nervenzehrenden <strong>Arbeit</strong> in Kontakt-Café, Notübernachtung,<br />

Beratung und Streetwork ist dies den hier tätigen SozialarbeiterInnen in vielen Fällen<br />

gelungen. Nicht zu vergessen ist der Einsatz mehrerer HelferInnen, ohne deren Engagement<br />

das tägliche Pensum an Bewirtschaftungsroutinen im ‚<strong>B2.Streetwork</strong>‘ nicht<br />

zu schaffen wäre. Allen voran unser Kollege Heinz, der mit seinem goldenen Kochlöffel<br />

dafür sorgt, dass mit einer günstigen und immer leckeren Mahlzeit die Voraussetzungen<br />

für ein offenes Ohr geschaffen werden.<br />

Günter Helling.


... niederschwellige und akzeptanzorientierte<br />

Drogenhilfe.


<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 PB<br />

<strong>B2.Streetwork</strong>. Straßensozialarbeit in Paderborn.


<strong>B2.Streetwork</strong><br />

<strong>KIM</strong> – <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

Geschichte Der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V. betreibt seit<br />

1987 im Auftrag der Stadt Paderborn aufsuchende Straßensozialarbeit.<br />

Diese, in Fachkreisen ‚Streetwork' genannte Herangehensweise<br />

an problembeladene Randgruppen in deren<br />

sozialem Umfeld, hat eine rege Entwicklung erlebt. Während<br />

zunächst vagabundierende junge Wohnungslose im Stadtgebiet<br />

aufgesucht wurden, konnte in der Folge bereits eine sogenannte<br />

‚Krisenwohnung' in der Königsstraße als konkrete<br />

Hilfeergänzung und Basis für weitere Hilfen zur Verfügung<br />

gestellt werden. Mittlerweile hat die Einrichtung nun seit<br />

2002 am Busdorfwall 2 als <strong>B2.Streetwork</strong> ihr drittes Zuhause<br />

bezogen.<br />

<strong>Arbeit</strong> Das <strong>B2.Streetwork</strong> arbeitet niedrigschwellig<br />

und akzeptanzorientiert. Im Rahmen der Streetwork suchen<br />

wir wohnungslose und/oder suchtmittelabhängige Personen<br />

im Stadtgebiet auf, um mit einem möglichst breiten<br />

Spektrum an Angeboten weitere Verelendung zu vermeiden<br />

und konkrete Hilfen bei Alltagsproblemen zu leisten.<br />

Die Beratungsschwerpunkte beziehen sich auf konkrete Unterstützung<br />

bei der <strong>Arbeit</strong>s- und Wohnungssuche, Ernährung,<br />

Hygiene und Infektionsprophylaxe, Spritzentausch, Behördenangelegenheiten,<br />

Schuldenregulierung etc. Ein besonderer<br />

Schwerpunkt liegt in der Alltagsbegleitung bei<br />

Substitution (ABS), die die psychosoziale Stabilisierung bei<br />

abstinenzwilligen Menschen fördert.<br />

Zusammen mit den flankierenden Angeboten des Kontakt-<br />

Cafés und der Not-Übernachtungsstelle ermöglichen wir auf<br />

niedrigschwelligem Niveau den leichten Zugang zu unseren<br />

Hilfen.<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Busdorfwall 2<br />

33098 Paderborn<br />

Tel. 05251/27298<br />

Fax 05251/205683<br />

b2.streetwork<br />

@kim-paderborn.de<br />

6 SozialarbeiterInnen im B2<br />

1 Sozialarbeiter in der ABS<br />

1 Hausmeister und Koch<br />

1 Hilfskraft im Bereich<br />

Hauswirtschaft<br />

1-2 Brückenjobler von InVia<br />

9 studentische Hilfskräfte<br />

14 Schlafplätze für Männer<br />

8 Schlafplätze für Frauen<br />

tägliche Aufnahme von<br />

18.00 bis 19.45 Uhr<br />

Frauen und Männer<br />

ab 18 Jahren<br />

aus dem Raum Paderborn<br />

Aufenthaltsdauer<br />

bis zu 6 Wochen<br />

9


10<br />

Hauptamtliche SozialarbeiterInnen<br />

Personal<br />

In <strong>B2.Streetwork</strong> mit den Bereichen Kontakt-Café, Beratung, Übernachtung und<br />

Streetwork waren in <strong>2009</strong> fünf Planstellen anteilig mit sieben Fachkräften besetzt.<br />

Dipl.-Pädagoge<br />

stellvertr.<br />

Geschäftsführer,<br />

Leitung<br />

Diplom-<br />

Sozialpädagoge<br />

ABS<br />

Dipl- Sozialpäd.<br />

seit 01.02.2010<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Günter Helling<br />

Andreas Beisbart<br />

Stefan Buschkühl<br />

Diplom-<br />

Sozialarbeiter<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Diplom-<br />

Sozialarbeiter<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Diplom-<br />

Sozialpädagoge<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Dirk Wildenberg Michael Reinhard<br />

Niko Markantonatos<br />

Diplom-<br />

Sozialarbeiterin<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Diplom-<br />

Sozialpädagogin<br />

<strong>B2.Streetwork</strong><br />

Dipl.-Sozialarb.<br />

mittlerweile<br />

FAW Paderborn<br />

Stefanie Buschmeier Claudia Schmidtke<br />

Kirtsen Rak


Sonstige MitarbeiterInnen im Café- und Hauswirtschaftsbereich<br />

Unterstützt wird das Team der hauptamtlichen SozialarbeiterInnen durch eine ganze<br />

Reihe an weiteren MitarbeiterInnen.<br />

Hierzu gehört seit Jahren unser Koch und Hausmeister Heinz Plaumann. Ihm zur Seite<br />

stehen Elmar Schulte-Hillekes und die ehrenamtlich arbeitende Enza Perez-Lopez.<br />

Zudem ist Matthias Darbek als „Brückenjobler“ von IN VIA momentan in diesem Bereich<br />

beschäftigt. Neben ihm konnten sich noch zwei weitere „KollegInnen auf Zeit“<br />

im Rahmen einer <strong>Arbeit</strong>sgelegenheit (Brückenjob) für den beruflichen Einsatz erproben.<br />

In diesem Zusammenhang bedanken wir uns für die gute Zusammenarbeit mit<br />

den KollegInnen bei IN VIA, die diese <strong>Arbeit</strong>sgelegenheiten zuverlässig betreut haben.<br />

Heinz Plaumann<br />

Koch<br />

Hausmeisterei<br />

Studentische Hilfskräfte<br />

E. Schulte-Hillekes<br />

Hauswirtschaft<br />

Hausmeisterei<br />

Im unserer Einrichtung sind neun studentische Hilfskräfte (überwiegend der <strong>Soziale</strong>n<br />

<strong>Arbeit</strong>) angestellt, davon drei als Honorarkräfte für Wochenend- und Feiertagsdienste<br />

sowie sechs als Nachtwachen.<br />

Förderung des Berufsnachwuchses<br />

Personal<br />

Enza Perez--Lopez<br />

Hauswirtschaft<br />

Wäsche<br />

Matthias Darbek<br />

Brückenjob<br />

IN VIA<br />

In <strong>2009</strong> haben insgesamt zwölf PraktikantInnen in unserer Einrichtung erste Erfahrungen<br />

im Berufsfeld der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> sammeln können. Hierzu zählten StudentInnen<br />

der Katholischen Fachhochschule (KatHO), StudentInnen der Universität Paderborn<br />

sowie StudentInnen der Fachhochschule Bielefeld.<br />

11


12<br />

Grundlagen<br />

<strong>Arbeit</strong>sansatz und Menschenbild<br />

Eine rein abstinenzorientierte, hochschwellige<br />

Drogenhilfe hat nur eine geringe<br />

Reichweite und wird der Heterogenität<br />

von Drogensüchtigen und deren<br />

Suchtkarrieren nur bedingt gerecht. Aus<br />

diesem Grunde bildete sich die niedrigschwellige,<br />

akzeptanzorientiert Drogenarbeit.<br />

Grundlagen und <strong>Arbeit</strong>sbereiche<br />

von Dirk Wildenberg<br />

(Dipl.-Sozialarbeiter)<br />

Niedrigschwelligkeit<br />

bezeichnet dabei lediglich die Zugangsmethode,<br />

Akzeptanz den inhaltlichen<br />

<strong>Arbeit</strong>sansatz. Niedrigschwelligkeit<br />

meint die Minimierung jeglicher<br />

Hemmschwellen gegenüber der Inanspruchnahme<br />

von Hilfe und Beratung.<br />

Dazu gehört der bewusste Verzicht auf<br />

Terminvereinbarungen (verbunden mit<br />

erhöhtem Zeitaufwand), der Verzicht<br />

auf den Beweis der Abstinenzmotivation<br />

durch entsprechende Bemühungen<br />

oder auf den Clean-Status an sich. Hilfen<br />

sollen direkt erreichbar und annehmbar<br />

sein.<br />

Akzeptanz<br />

geht inhaltlich über den niederschwelligen<br />

Zugang hinaus: Sie beschreibt die<br />

Einstellung und das zugrunde liegende<br />

Menschenbild und beginnt mit dem<br />

schlichten Akzeptieren des drogenbezogenen<br />

Lebensstils als Recht auf „Anders-Sein“<br />

und der für den Konsumenten<br />

negativen als auch positiven Wirkung<br />

einer jeden Droge – ohne sich<br />

aber zu „verbrüdern“ oder sich etwa<br />

auf Selbstmitleid einzulassen. Die Fachliteratur<br />

spricht von „Gelassenheit gegenüber<br />

den dynamischen und diskontinuierlichenEntwicklungsmöglichkeiten“<br />

der Einzelnen. Will heißen: nicht<br />

jeder will und nicht jeder kann (zumindest<br />

zeitweise) ohne Drogen leben –<br />

und das, obwohl ein Lebensentwurf mit<br />

Drogen häufig ebenfalls nicht möglich<br />

ist.<br />

Die Verantwortung für Intensität, Richtungsverlauf<br />

und Verbindlichkeit der<br />

Kontakte liegt bei den Adressaten,<br />

beschreibt Schneider die Rahmenbedingungen.<br />

Für uns in der Praxis bedeutet dies, dass<br />

wir Vertrautsein und Nähe zum Szene-<br />

Leben haben sollten, damit Sozialarbeit<br />

erreichbar ist bei veränderungsbereiten<br />

oder ausstiegswilligen KlientInnen.


1<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Streetwork<br />

Aufsuchende Straßensozialarbeit<br />

Als Basisangebot der niedrigschwelligen<br />

<strong>Arbeit</strong> ist die aufsuchende <strong>Arbeit</strong> oft der<br />

Anfang des Kontaktes zur Zielgruppe.<br />

„Aufsuchende <strong>Arbeit</strong> als eine Methode<br />

von sozialarbeiterischen Angeboten und<br />

als persönliche Hilfe ist nicht von der<br />

Drogenarbeit entdeckt oder erfunden<br />

worden“. Vielmehr ist Streetwork eine<br />

spezifische Variante von aufsuchender<br />

<strong>Arbeit</strong> und will durch das Aufsuchen der<br />

drogenbezogenen Lebensräume Kontakt<br />

herstellen und halten.<br />

Streetwork bedeutet sozialraumorientierte<br />

Akzeptanz des Gegenübers und ist<br />

eine wichtige Möglichkeit, die Hilfeangebote<br />

"an den Mann/die Frau" zu bringen.<br />

Die Hilfe ist vor Ort erreichbar, ohne<br />

dass erst Schwellenängste überwunden<br />

werden müssen, die die Inanspruchnahme<br />

letztendlich verhindern.<br />

Im Umkehrschluss muss aber nicht nur<br />

der Streetworker die Klientel akzeptieren,<br />

sondern er selbst von ihnen anerkannt<br />

werden.<br />

Dies zeigt sich, wenn dem Streetworker<br />

sogenannte „Szeneneuigkeiten“ mitgeteilt<br />

werden. Diese Neuigkeiten gehen<br />

über den normalen Small-Talk hinaus<br />

und sind somit auch als Vertrauensbeweis<br />

der Szeneangehörigen anzusehen.<br />

Als gewollte Überlebenshilfe wird im<br />

Winter heißer Tee ausgeschenkt. Ganzjährig<br />

werden, als wichtiges Hilfsmittel<br />

zur Vertrauensbildung sowie zur Gesundheitsprophylaxe,<br />

auch gebrauchte<br />

Spritzen angenommen und neue, saubere<br />

Spritzen abgegeben. Während der<br />

Streetwork wurden in <strong>2009</strong> mit rund<br />

2688 Stück diesmal 827 mehr saubere<br />

Spritzen als im Vorjahr von uns ‚unters<br />

Volk’ gebracht. Die meisten KlientInnen<br />

nutzen unser kostenloses Angebot von<br />

Safer-Use-Utensilien allerdings im Café.<br />

Unser Vorhaben, in diesem Bereich<br />

offensiver zu werben, trägt weiterhin<br />

deutliche Früchte.<br />

Unsere Streetwork findet in der Regel<br />

zweimal pro Tag statt. Je nach Jahreszeit<br />

suchen wir dann die szenetypischen<br />

Aufenthaltsorte wie z.B. das Paderquellgebiet<br />

oder die Zentralstation auf.<br />

Zusätzlich fahren wir zweimal in der<br />

Woche mit dem Auto zur Streetwork,<br />

um in der Szene Essen von der Paderborner<br />

Tafel an die Bedürftigen zu verteilen.<br />

Die Menschen erwarten uns<br />

schon, um ihren kärglichen Speiseplan<br />

mit gespendeten Lebensmitteln bereichern<br />

zu können. Anders als vielfach<br />

angenommen, gibt es viele Bedürftige<br />

die über keinerlei staatliche Hilfen<br />

(Hartz IV. o.ä.) verfügen. Häufig sind die<br />

Schwellenängste vor Behördenkontakten<br />

einfach zu groß.<br />

13


14<br />

2Das Kontakt-Café<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Kontakt-Café<br />

Kontakt-, Freizeit- und Hilfeangebot<br />

Das Kontakt-Café war <strong>2009</strong> an 273 Tagen<br />

geöffnet und mit durchschnittlich<br />

85 Personen pro Tag ist die Zahl der BesucherInnen<br />

gegenüber dem Vorjahr<br />

etwas gestiegen (Vorjahr: 78 bei 273<br />

Tagen). Im direkten Vergleich zu den<br />

Vorjahren können wir höhere Besucherzahlen<br />

verzeichnen und das, obwohl wir<br />

seit Anfang 2008 ein Rauchverbot im<br />

Cafè haben.<br />

Die BesucherInnen nutzen das Kontakt-<br />

Café als Aufenthaltsort und Treffpunkt,<br />

sowohl um die sozialarbeiterischen Angebote<br />

wahrzunehmen, als auch um soziale<br />

Kontakte zu pflegen, sich auszutauschen,<br />

sich von Drogenbeschaffung<br />

und –konsum zu erholen, oder auch um<br />

sich mit Lebensmitteln, Spritzenbesteck<br />

und/ oder Kleidung zu versorgen.<br />

Dealen oder andere illegale Handlungen<br />

können bei den gestiegenen Besucherzahlen<br />

nur dann wirkungsvoll unterbunden<br />

werden, wenn tatsächlich zwei<br />

SozialarbeiterInnen im Café anwesend<br />

sind. Es ist jedoch immer noch so, dass<br />

die BesucherInnen fast ausschließlich an<br />

den sozialarbeiterischen Angeboten<br />

und dem Café als Schutzraum interessiert<br />

sind. Diese Gruppe scheint auch<br />

innerhalb der offenen Szene quantitativ<br />

konstant zu bleiben.<br />

„Im Rahmen der Kontaktarbeit mit den<br />

BesucherInnen stellen sich hohe Anforderungen<br />

an die MitarbeiterInnen in Drogenkontaktläden;<br />

das Professionsprofil in<br />

Form tradierter Sozialarbeit beinhaltet<br />

u.a. auch Kontroll-, Sanktions- und Interventionsaufgaben<br />

(etwa bei Gewaltsituationen)<br />

– woraus z.T. erhebliche Belastungen<br />

für die MitarbeiterInnen resultieren.“<br />

Dieses Belastungspotenzial hervorgerufen<br />

durch Rollenkonflikte erfordert regelmäßige<br />

Fort- und Weiterbildungen der<br />

Mitarbeiterschaft sowie regelmäßige<br />

Supervisionen um eventuellen „burnout“<br />

– Symptomen vorzubeugen. Aus diesem<br />

Grund absolvieren alle MitarbeiterInnen<br />

jährlich mindestens zwei Fortbildungen<br />

und nutzen die monatliche Teamsupervision,<br />

die von einem externen Fachmann<br />

geleitet wird.<br />

Die ‚Abgänge’ durch Therapie, Entgiftung<br />

und Inhaftierung werden durch Therapieabbrecher,<br />

Haftentlassene und Neuzugänge<br />

wieder aufgehoben.<br />

Fast alle Besucher des Kontakt-Cafés<br />

haben nur geringe finanzielle Möglichkeiten<br />

zur Freizeitgestaltung. Es gibt<br />

kaum öffentliche Orte, die nicht kommerziell<br />

ausgerichtet sind und als Treffpunkte<br />

dienen können. Angesichts der in<br />

der Regel sehr beengten Wohnverhältnisse<br />

(sofern überhaupt eine<br />

Wohnung vorhanden ist) und fehlenden


Alternativen dient das Café als Raum zum<br />

Zeitvertreib, zum Austausch und ist für<br />

manche die einzige (geheizte) Möglichkeit,<br />

soziale Kontakte zu haben.<br />

Das Café wird als Gegenpol zu Ausgrenzung<br />

und Ablehnung gesehen, die von<br />

einzelnen Menschen erfahren wird, die<br />

ohnehin unter ihrer sozialen Situation<br />

leiden. Das Fachteam des <strong>B2.Streetwork</strong><br />

nutzt diesen Ort, um Kontakt zur Zielgruppe<br />

herzustellen, aufrechtzuerhalten<br />

und Vertrauen aufzubauen. Das Café ist<br />

wichtiger Bestandteil des niedrigschwelligen<br />

Beratungs- und Kontaktangebotes.<br />

Neben kleineren Freizeitangeboten finden<br />

hier erste Hilfegespräche in ungezwungener<br />

Atmosphäre statt.<br />

Die breite Angebotspalette unseres Kontakt-Cafés<br />

wird von den BesucherInnen<br />

akzeptiert – die Einrichtung übernimmt<br />

für einige die Funktion eines Zuhauses.<br />

Grundversorgung<br />

Deutliche Defizite sind bei der Klientel im<br />

Bereich der Grundversorgung festzustellen.<br />

Geld, Zeit und Energie reichen<br />

zudem häufig nur für Fast-Food. Viele Abhängige<br />

geben auch dem Alkohol Vorrang,<br />

da dieser die Entzugserscheinungen<br />

lindert.<br />

Im Café werden von Montag bis Freitag<br />

warme Mahlzeiten zu einem geringen<br />

Preis angeboten. Unser Ziel ist es, damit<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich Kontakt-Café<br />

ein Minimum an ausgewogener, gesunder<br />

Ernährung anzubieten und somit<br />

ein wenig der gesundheitlichen Verelendung<br />

entgegenzuwirken. In der Regel<br />

wurden in <strong>2009</strong> zwischen 30 und 40<br />

Mahlzeiten pro Tag ausgegeben.<br />

Samstags gibt es für die Bewohner der<br />

Übernachtungsstelle ein kostenloses<br />

Frühstück, andere können gegen eine<br />

geringe Kostenbeteiligung mitfrühstücken.<br />

Über einen Pool von regelmäßigen und<br />

sporadischen Spenden können wir<br />

Kuchenspenden und Lebensmittel an<br />

die Besucher kostenlos abgeben.<br />

Besonders hervorzuheben ist die <strong>Arbeit</strong><br />

durch die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />

der ‚Paderborner Tafel’. Nur<br />

durch sie ist es gewährleistet, dass<br />

unser Koch Heinz dreimal pro Woche<br />

Lebensmittel von dort abholen kann,<br />

die dann an die BesucherInnen verteilt<br />

werden. Mittwochs und freitags findet<br />

zudem eine sog. mobile Streetwork<br />

statt, wo an den uns bekannten Szenetreffpunkten<br />

ebenfalls Lebensmittel<br />

ausgegeben werden. Besonders gefragt<br />

sind Brot, Milchprodukte, Fleisch, Aufschnitt<br />

und Obst, sowie Süßigkeiten.<br />

Pro Ausgabetermin kommen bis zu 30<br />

Personen, wobei Ende des Monats der<br />

Andrang noch wesentlich höher ist. Die<br />

Spenden werden dankbar angenommen.<br />

Frische Mahlzeiten und Lebens-<br />

15


Frühstück<br />

Mittag<br />

Getränke<br />

Special<br />

0,40 €<br />

1,50 €<br />

2,20 €<br />

1,50 €<br />

0,70 €<br />

0,50 €<br />

kostenlos<br />

Halbes Brötchen<br />

Speisekarte<br />

Gutes zu fairen Preisen.<br />

belegt mit Schinken, Salami oder Käse<br />

Samstagsfrühstück<br />

Großes Frühstück mit 2 Brötchen, Aufschnitt,<br />

Käse, Marmelade, Honig, Müsli, einem Ei<br />

und unbegrenzt Kaffee<br />

Großer Teller<br />

Deftiges Hauptgerichtmit Fleisch und<br />

verschiedenen Beilagen dazu Salat und eine<br />

Nachspeise<br />

Kleiner Teller<br />

Halbes Hauptgericht ebenfalls mit Beilagen<br />

dazu Salat und eine Nachspeise<br />

Kalte Getränke<br />

Cola, Libella, Sprite oder Sportaktiv<br />

Mineralwasser<br />

Warme Getränke<br />

Eine große Tasse Kaffee, Tee oder Kakao<br />

Lebensmittel der Paderborner Tafel<br />

Jeden Mo, Mi und Fr um 13 Uhr<br />

Bild im Original: www.chaosqueenskitchen.twodau.net


mittelspenden decken einen Teil des<br />

Grundbedarfs, füllen den Bauch und<br />

sind damit oftmals Voraussetzung für<br />

das Wahrnehmen ‚höherer’ Hilfebedürfnisse.<br />

Für die professionelle Sozialarbeit<br />

im B2. Streetwork sind die Elemente<br />

der Grundversorgung sinnvolle<br />

und notwendige Angebote. Sie ermöglichen<br />

den Zugang zu weitgehend allen<br />

Personen der Zielgruppe.<br />

Zur Grundversorgung gehören auch<br />

Waschmöglichkeiten – für sich selbst<br />

und auch für die Wäsche. Für die Körperhygiene<br />

steht eine Dusche (und<br />

Duschgel, Shampoo) kostenlos zur Verfügung.<br />

Für die Waschmaschinen- und<br />

Trocknernutzung wird ein Waschmittelbeitrag<br />

von 1,00 € erhoben. Unsere<br />

Waschmaschinen und Trockner werden<br />

entsprechend gern und oft genutzt.<br />

Beide Angebote sind während der Café-<br />

Öffnungszeiten für jedermann/-frau<br />

nutzbar.<br />

Drogenkonsum und Notfallhilfe<br />

Drogenkonsum und der Handel mit<br />

Drogen sind auf dem gesamten Gelände<br />

strengstens untersagt. Verstöße werden<br />

konsequent mit zeitlich begrenzten<br />

Geländeverboten geahndet – eine Strafe,<br />

die die meisten Besucher mangels<br />

Alternativen ungern riskieren. Trotzdem<br />

kommt es immer wieder zu Drogenoder<br />

Alkoholnotfällen. Die MitarbeiterInnen<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich Kontakt-Café<br />

des B2. Streetwork werden deshalb<br />

regelmäßig in Erster Hilfe geschult, um<br />

im Notfall schnell und effektiv handeln<br />

zu können.<br />

Veranstaltungen<br />

Auch im Jahr <strong>2009</strong> haben wir mit unseren<br />

Veranstaltungen versucht, Abwechslung<br />

in den Szene-Alltag unserer KlientInnen<br />

zu bringen.<br />

So findet jeden Donnerstag ab 14 Uhr<br />

im Cafè ein DVD-Nachmittag statt,<br />

wodurch unsere KlientInnen die Möglichkeit<br />

bekommen, aktuelle Filme sehen<br />

zu können.<br />

Bei gutem wie auch bei weniger gutem<br />

Wetter veranstalteten wir wieder Grill-<br />

Nachmittage und – Abende, die zu<br />

gemütlichen Gesprächen am Grillplatz<br />

einluden.<br />

Im Juli fand unser alljährliches Sommerfest<br />

statt. Die 142 Gäste wurden<br />

mit Musik, alkoholfreien Cocktails und<br />

Gegrilltem gut versorgt, bzw. unterhalten.<br />

Zu unserem Weihnachtsessen am<br />

23.12. kamen ca. 50 Gäste. Das Gericht<br />

bestand aus Wildschweinbraten, Knödel<br />

und Apfelrotkohl. Zum Nachtisch<br />

gab es Torte.<br />

Vielen Dank auch an die Spender, die es<br />

uns (70 Pakete) möglich machten, große<br />

Weihnachtspakete an jeden der 50<br />

Gäste zu verteilen.<br />

17


18<br />

3<br />

Büro-Beratung<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Beratung<br />

Auch im Jahr <strong>2009</strong> waren unsere Beratungsbüros<br />

wieder für viele Klienten ein<br />

Anlaufpunkt, bieten wir doch unsere<br />

Beratung spontan und ohne verbindliche<br />

Termine an. Diese Spontaneität und<br />

Unverbindlichkeit ist es, die eine Beratung<br />

oft erst möglich macht, denn Drogensucht<br />

bedeutet ständig unterwegs<br />

zu sein auf der Suche nach Geld und<br />

Drogen. Da bleibt wenig bis gar keine<br />

Zeit für andere Dinge. Dazu zählen dann<br />

leider auch wichtige Angelegenheiten<br />

aller Art wie die Korrespondenz mit<br />

Ämtern, Behörden, Einrichtungen, Gerichten,<br />

Vermietern usw.<br />

Oft sind Briefe in der Vergangenheit<br />

verloren gegangen oder ungeöffnet im<br />

Papierkorb gelandet. Das erschwert<br />

dann eine schnelle Problemlösung, da<br />

erst lange telefoniert oder recherchiert<br />

werden muss, wie die aktuelle Situation<br />

ist. Für viele ein unverständliches Verhalten,<br />

da die Probleme augenscheinlich<br />

nicht weniger werden. Für ein Leben<br />

auf der Straße aber ein durchaus<br />

häufiges Agieren. Zu den alltäglichen<br />

Sorgen und Nöten wie:<br />

„Wo kann ich schlafen? Wie<br />

komme ich an Geld? Wer verkauft<br />

mir etwas? Fliege ich aus<br />

der Substitution? Wann finde ich<br />

eine Wohnung? Wie kann ich ei-<br />

ne Entgiftungsbehandlung oder<br />

eine Therapie machen ohne gesetzlich<br />

krankenversichert zu<br />

sein? Welche Art von betreutem<br />

Wohnen kommt für mich in Frage?<br />

Was macht meine Familie?<br />

Ich habe Hunger - was mache<br />

ich? Ich brauche dringend eine<br />

neue Jacke!“<br />

kommen dann auch noch zusätzlich<br />

schlechte Nachrichten. Denn selten sind<br />

Briefe, Anrufe oder Einladungen ohne<br />

Konsequenzen, neue Geldforderungen,<br />

Sperren oder Haftstrafen.<br />

Ein weiterer Faktor ist der Zeitmangel,<br />

den viele unserer Klienten haben. Denn<br />

abhängig zu sein bedeutet, einen 20-<br />

Stunden Tag zu haben. Die ständige<br />

Suche nach Suchtmittel und Geld lassen<br />

wenig Zeit für andere Dinge, unterbrochen<br />

höchstens von Schlaf und Essen.<br />

Und oft noch nicht einmal davon, denn<br />

Essen kostet Geld und das ist knapp.<br />

„Die Gleichzeitigkeit von verbindlichen<br />

und unverbindlichen Maßnahmen<br />

hat sich bewährt: So<br />

kann spontan in weiterführende<br />

(Ausstiegs-) Maßnahmen (Substitution,<br />

Entzug u.a.) vermittelt<br />

werden;“<br />

Zusätzlich erschwerend für die Beratungsarbeit<br />

ist manchmal der Umstand,<br />

dass einigen Klienten ihre Situation


unangenehm ist. Sie brauchen erst einige<br />

Anläufe um den Mut zu finden, zu<br />

uns zu kommen.<br />

Aber auch all die vielen Klienten, die<br />

schon seit Jahren zu uns kommen und<br />

die Beratungsarbeit schätzen, haben<br />

immer wieder Anliegen, die uns vor<br />

neue „alte“ Herausforderungen stellen.<br />

Leider hat sich die Wohnungssituation<br />

in Paderborn weiter verschärft. Die<br />

Hürden, die genommen werden müssen,<br />

um eine Wohnung zu finden, sind<br />

nicht weniger geworden. Fragen nach<br />

Einkommen (bloß kein ALG II), Schufa-<br />

Auskünfte, Lebensgewohnheiten, Sauberkeit,<br />

Bildungsweg oder Verbleib in<br />

den letzten zwei Jahren kommen erschwerend<br />

hinzu. Was will man sagen,<br />

wenn die Antworten nicht vorteilhaft<br />

sind? Denn selten sind Vermieter an<br />

den wirklichen Problemen ihrer potenziellen<br />

Mieter interessiert oder an der<br />

echten Motivation, nun ein normales<br />

Leben führen zu wollen. Und die Offenbarung,<br />

ein „ALG II“ - Bezieher zu sein,<br />

ist fast immer das AUS für eine neue<br />

Wohnung.<br />

Aber „Hartz 4“ ist immer wieder und<br />

immer noch ein großer Bestandteil unserer<br />

<strong>Arbeit</strong>. Anfragen wie das Ausfüllen<br />

eines Antrages sind schnell erledigt,<br />

andere Anliegen erfordern einen erhöhten<br />

Zeitaufwand:<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

„Ich habe kein Geld bekommen!<br />

Warum habe ich eine Sperre?<br />

Und wie zahle ich meine Miete?<br />

Warum bekommen andere<br />

mehr? Wer zahlt die Kaution? Ich<br />

habe keine Möbel, was jetzt?<br />

Warum bin ich denn nicht krankenversichert?<br />

Wer bezahlt die<br />

Entgiftung?“<br />

Eines unserer viel genutzten Angebote<br />

ist das Sammelkonto. Hier haben die<br />

Klienten die Möglichkeit alle finanziellen<br />

Angelegenheiten zu regeln. Laufende<br />

Leistungen, Einmalzahlungen, Kindergeld,<br />

Renten oder Unterhaltszahlungen<br />

können auf unser Sammelkonto<br />

überwiesen, Überweisungen, Raten<br />

oder Rechnungen von hier aus beglichen<br />

werden. Für viele eine Selbstverständlichkeit,<br />

ist ein eigenes Konto für<br />

einige unserer KlientInnen nicht möglich.<br />

Die Gründe dafür reichen von Kreditkartenmissbrauch<br />

bis hin zu Bankschulden.<br />

Die Tatsache, dass jeder Bürger<br />

einen Anspruch auf ein Konto hat,<br />

wird in solchen Fällen von den Banken<br />

nur allzu gerne ignoriert. Zwar können<br />

Leistungen wie ALG II, Grundsicherung<br />

oder Sozialgeld auch als Schecks ausgezahlt<br />

werden, doch scheinen viele Institutionen<br />

diese Möglichkeit völlig außer<br />

Acht zu lassen.<br />

Ein solches Konto erfordert eine zeitintensive<br />

Führung und Pflege. Alle Ein-<br />

19


20<br />

gänge müssen gebucht und den jeweiligen<br />

Kontoblättern zugeordnet werden.<br />

Gleiches gilt für Überweisungen. Auszahlungen<br />

werden getätigt und auch<br />

diese müssen festgehalten werden. Die<br />

steigende Zahl von Kontonutzern zeigt<br />

uns die Wichtigkeit dieses Angebotes.<br />

Im Jahr <strong>2009</strong> nutzten 57 Männer und<br />

14 Frauen unser Sammelkonto, im Jahr<br />

zuvor waren es 51 Männer und 18<br />

Frauen.<br />

Existenziell notwendig ist die postalische<br />

Erreichbarkeit. Viele Besucher<br />

können sie erst durch den täglichen<br />

Kontakt zu uns nachweisen. Sie wird<br />

sowohl von Klienten mit als auch ohne<br />

festen Wohnsitz genutzt. In <strong>2009</strong> wurde<br />

das Angebot von 41 Männern und 8<br />

Frauen genutzt, im Vorjahr hingegen<br />

nutzten 45 Personen (38m, 7w) unsere<br />

Erreichbarkeit.<br />

Nicht selten haben wir Klienten, die von<br />

verschwundener Post aus den eigenen<br />

Briefkästen erzählen, von Gemeinschaftsbriefkästen<br />

mit und ohne<br />

Schloss und Schlüssel oder von Wohnungen<br />

gänzlich ohne Briefkästen.<br />

Wenn amtliche Papiere den Empfänger<br />

nicht erreichen, sind die Konsequenzen<br />

meist erheblich. Kürzungen von Leistungen<br />

der ARGE, da der letzte Termin<br />

nicht wahrgenommen wurde, Vollstreckungsbescheide<br />

oder Erzwingungshaft,<br />

da auf die letzte Mahnung nicht<br />

Beratung<br />

reagiert worden ist bis hin zum Verlust<br />

der Wohnung, da die Miete nicht bezahlt<br />

werden kann.<br />

Für Klienten ohne festen Wohnsitz<br />

bietet die postalische Erreichbarkeit die<br />

einzige Möglichkeit, überhaupt amtliche<br />

Post zu erhalten. Der Bezug von<br />

<strong>Arbeit</strong>slosengeld I ist nur mit dieser<br />

Erreichbarkeit möglich. Denn Voraussetzung<br />

ist, dem <strong>Arbeit</strong>smarkt jeder Zeit<br />

zur Verfügung zu stehen. Aber auch<br />

Post von Freunden und der Familie<br />

kann wieder erhalten werden. Gerade<br />

diese Kontakte sind es, die durch eine<br />

Sucht besonders auf der Strecke bleiben.<br />

Aber Beratungsarbeit heißt auch<br />

tägliche Motivationsarbeit, den Leuten<br />

zuzuhören, sie ernst zu nehmen und<br />

sich auf jeden Einzelnen einzustellen.<br />

Jeden Tag aufs Neue. Dreihundertfünfundsechzig<br />

Tage im Jahr.<br />

Safer-Use-Beratung<br />

Die Safer – Use - Beratung ist ein wichtiger<br />

Bestandteil der Gesundheitsprophylaxe<br />

und der Gesundheitserhaltung.<br />

Vorrangig geht es dabei darum, den<br />

Klienten zu vermitteln, wie wichtig die<br />

Erhaltung ihrer Gesundheit, die Vermeidung<br />

von Krankheiten und ein<br />

pfleglicher Umgang mit ihrem Körper<br />

ist.


Sie sollen darauf achten, für jeden Konsumvorgang<br />

immer ihr eigenes und<br />

sauberes Besteck zu nutzen. Auch und<br />

gerade in Situationen, die zum mehrmaligen<br />

Nutzen der Spritzen oder zum<br />

so genannten „Needle-sharing“ verleiten.<br />

Denn die Ansteckungsgefahr mit<br />

HIV oder Hepatitis-Viren (A, B und C) ist<br />

durch den intravenösen Spritzengebrauch<br />

sehr hoch. Auch das gemeinsame<br />

Benutzen von Löffeln und Wasser<br />

birgt ein Infektionsrisiko. Eine Heilung<br />

von ‚Hep-C’ ist nicht immer möglich und<br />

eine Interferonbehandlung eine langwierige,<br />

teure und mit gravierenden<br />

Nebenwirkungen verbundene Therapie.<br />

Darum ist die Vergabe sauberer Spritzutensilien<br />

so wichtig. Der vorschnell geäußerte<br />

Einwand, man würde damit<br />

den Drogenkonsum der Klienten unterstützen,<br />

ist aus medizinischer Sicht<br />

nicht gerechtfertigt.<br />

Zur Safer-Use-Beratung gehört sauberes<br />

Spritzbesteck und die Vermittlung,<br />

wie man ‚richtig’ spritzt. Viele iv-User<br />

nutzen Spritzen, die nicht für die Punktion<br />

von Venen geeignet sind. Über einen<br />

längeren Zeitraum führt dies zu<br />

Verknorpelungen und Abszessen. Hier<br />

geben wir den Betreffenden Informationen<br />

zu verschiedenen Nadeln und<br />

Spritzen und erklären den Umgang damit.<br />

Darüber hinaus bieten wir in unserer<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Beratung auch Alternativen zum hochriskanten<br />

intravenösen Konsum an. So<br />

können wir Konsumtechniken (von Folie<br />

rauchen, sniefen u.a.) näher bringen, an<br />

die ein Teil unserer Klienten nicht denkt<br />

oder glaubt, dass diese für sie nicht in<br />

Frage kommen. Oft ist das Wissen um<br />

die Vorteile bzw. Nachteile der Konsumarten<br />

zu wenig bekannt. Legenden<br />

und Mythen ranken sich um die ein<br />

oder andere Methode, hier ist Fachwissen<br />

gefragt und die Fähigkeit dieses<br />

adäquat zu vermitteln ohne belehrend<br />

zu wirken.<br />

Ein besonderer Beratungsort ist die<br />

Entgiftungsstation der LWL-Klinik Paderborn.<br />

In einer Informationsgruppe<br />

bieten wir dort in Kooperation mit der<br />

AIDS-Hilfe monatlich stattfindende<br />

spezielle Safer-Use- und Safer-Sex-<br />

Seminare im „Nadelöhr“ an. Damit<br />

tragen wir dem Umstand Rechnung,<br />

dass ein hoher Prozentsatz der Patienten<br />

auch nach ihrer Behandlung weiter<br />

konsumiert. Gerade auch während<br />

einer Entgiftungszeit kann diese Beratung<br />

sinnvoll und besonders effektiv<br />

sein, da risikobewusstes Verhalten<br />

abseits vom sonst dominierenden „Szene-Stress“<br />

vermittelt werden kann.<br />

21


22<br />

Spritzentausch<br />

Die Verbreitung von Erkrankungen wie<br />

Hepatitis A, B und C sowie HIV-<br />

Infektionen unter drogengebrauchenden<br />

Menschen ist weiterhin enorm<br />

hoch. Fachleute ermitteln in den stationären<br />

Einrichtungen eine Rate von 80 –<br />

95%. Für die aufsuchende und / oder<br />

niedrigschwellige Sozialarbeit mit<br />

überwiegend drogenabhängigem Klientel<br />

heißt dies, intensiv „Harm-<br />

Reduction“ (= Schaden-Minderung) anzustreben:<br />

Das Bewusstsein, im Rahmen<br />

des Konsums möglichst verantwortungsvoll<br />

zu handeln, ist der Beginn<br />

von Gesundheitsbewusstsein überhaupt.<br />

Das Angebot (zum Tausch oder<br />

Verkauf) von sterilen Utensilien (Nadeln,<br />

Spritzen, Alkoholtupfer, usw.)<br />

muss offensiv beworben werden. Die<br />

Aufklärung über falsche Konsumtechniken<br />

und das Sensibilisieren für damit<br />

verbundene Gefahren geschieht in der<br />

Regel während des Tauschvorganges, in<br />

vereinbarten Gesprächen oder an der<br />

Theke und im Café-Bereich<br />

Im Jahr <strong>2009</strong> konnte die Zahl der getauschten<br />

Spritzen erneut deutlich gesteigert<br />

werden. Insgesamt konnten wir<br />

109.879 Spritzen verteilen. Das sind<br />

12.899 mehr als im Vorjahr. Darauf sind<br />

wir stolz, denn die mühselige Überzeugungsarbeit<br />

scheint sich zu lohnen.<br />

Beratung<br />

Mit unserem Spritzenautomaten erreichen<br />

wir zusätzlich jene Abhängigen,<br />

die anonym bleiben wollen und sich<br />

trotzdem außerhalb von Apotheken-<br />

Öffnungszeiten mit sterilen Bestecken<br />

versorgen wollen. Der Automat befindet<br />

sich geschützt im Kasseler Tor-<br />

Bereich und wurde rund 606 Mal genutzt<br />

und damit 193 Mal weniger wie<br />

2008.


4<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Übernachtung<br />

Die B2.Not-Übernachtungsstelle bietet<br />

12 Betten für Männer und 8 Betten für<br />

Frauen bzw. für Paare auf separaten<br />

Etagen an. Die Frauenetage ist durch einen<br />

Knauf von außen gesichert, Männer<br />

(außer dem Bewohner des separaten<br />

Paarzimmers) haben keinen Zutritt.<br />

Die getrennte Unterbringung wird dem<br />

besonderen Schutzbedürfnis der Frauen<br />

gerecht und bietet ihnen die dringend<br />

benötigte Rückzugsmöglichkeit.<br />

So genannte Notschläfer können ein bis<br />

drei Nächte bleiben, sog. feste Aufnahmen<br />

können die Übernachtung bis<br />

zu sechs Wochen nutzen. Danach sollten<br />

sie entweder mit sozialarbeiterischer<br />

Hilfe ihre Wohnsituation bzw. ihre<br />

weiteren Perspektiven geklärt haben<br />

oder sie müssen für mindestens drei<br />

Wochen das Haus wieder verlassen.<br />

Damit wird vermieden, dass die Notübernachtungsstelle<br />

als Dauerlösung<br />

angesehen wird.<br />

Bei den Notschläfern zählten wir in diesem<br />

Jahr 190 Personen, davon 42 Frauen<br />

(2008: 187 / 58, 2007: 179 / 51).<br />

Von den 190 Notschläfern insgesamt<br />

wurden 137 Personen nach drei Tagen<br />

Übernachtung für sechs Wochen fest<br />

aufgenommen. Unter ihnen waren 28<br />

Frauen (2008: 134 / 38).<br />

In der Übernachtungsstelle können wir<br />

ein deutliches Verantwortungsgefühl<br />

des Einzelnen gegenüber der Einrichtung<br />

und dem persönlichen Bereich<br />

feststellen. Sicherlich wäre die gesellschaftliche<br />

Reintegration oftmals eher<br />

möglich, wenn wir in eigenen bezahlbaren<br />

Wohnraum vermitteln könnten.<br />

Viele Vermieter sorgen sich um ihre<br />

Mieteinnahme oder befürchten eine<br />

Verwahrlosung ihrer Wohnung, wenn<br />

der Bewerber nicht tadellos gekleidet<br />

erscheint. Schön wäre es, wenn unser<br />

Trägerverein städtische Häuser zu diesem<br />

Zweck (und z.T. auch als Übergangslösung)<br />

zur Verfügung hätte.<br />

Krisenzimmer<br />

Das Reglement unserer Notübernachtungsstelle<br />

beinhaltet, dass sich nach<br />

sechswöchiger Übernachtungszeit eine<br />

dreiwöchige Sperre anschließt. Sie soll<br />

verhindern, dass die Notlösung zur<br />

Dauerlösung wird.<br />

Um das ‚Schlafen auf der Straße’ während<br />

der dreiwöchigen Sperre im Winter<br />

zu vermeiden, bieten wir für die<br />

männlichen Wohnungslosen ein Krisenzimmer<br />

mit 4 Schlafplätzen und für<br />

Frauen ein Krisenbett an. Ein ‚Krisenbett’<br />

kann von Drogenabhängigen und<br />

Szeneangehörigen genutzt werden.<br />

Disziplinarisch entlassene Bewohner<br />

können dieses Angebot nicht in Anspruch<br />

nehmen.<br />

23


24<br />

Potenzielle Krisenschläfer müssen sich<br />

jeden Abend aufs Neue anmelden. Das<br />

Zimmer ist jeden Morgen komplett zu<br />

reinigen und zu räumen, Schränke stehen<br />

deshalb nicht zur Verfügung. Wie<br />

alle anderen Bewohner auch, erhalten<br />

Krisenbettschläfer kostenlos den Morgenkaffee<br />

und das Samstagsfrühstück.<br />

Auf ein Krisenbett gibt es keinen festen<br />

Anspruch – wer zuerst kommt, mahlt<br />

zuerst.<br />

Unser ‚Krisenzimmer’ (mit vier statt<br />

max. 2 Betten) wurde häufig benutzt,<br />

wenn die Übernachtungsstelle im Winter<br />

eigentlich voll gewesen wäre. Wer<br />

dieses Angebot in Anspruch nehmen<br />

will, muss sich jeden Abend erneut zwischen<br />

18 00 Uhr und 19 45 Uhr beim<br />

diensthabenden Sozialarbeiter anmelden.<br />

Die Krisenbetten wurden im vergangenen<br />

Jahr von 4 Frauen mit 27 und 55<br />

Männern mit insgesamt 494 Übernachtungen<br />

genutzt. Hilfe also vor allem für<br />

diejenigen, die nur schwer in eine Wohnung<br />

oder Einrichtung zu vermitteln<br />

sind und die sich sonst einen Nacht-<br />

Platz im Busbahnhof oder in irgendwelchen<br />

Treppenhäusern suchen müssen.<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

Konsumverhalten der fest aufgenommenen<br />

BewohnerInnen<br />

Die meisten unserer Bewohner konsumieren<br />

mehrere Substanzen, rund 99%<br />

jedoch illegale Drogen.<br />

Der Anteil der Abstinenten bzw. nicht<br />

Süchtigen beträgt lediglich 1%. Dieser<br />

Personenkreis gehört nur in Ausnahmefällen<br />

zur Zielgruppe unserer Angebote.<br />

Heroinkonsum ist mit 43% wieder die<br />

meist konsumierte Substanz, 15% können<br />

als Polytoxikoman, also mehrfach<br />

Drogenabhängig bezeichnet werden.<br />

Mit etwa 6% (16 Personen) der Festaufgenommenen<br />

hat sich der Anteil der<br />

Substituierten um 5% zu 2008 gesteigert.<br />

Dies ist gut so, denn es deutet<br />

auch darauf hin, dass diese Menschen<br />

eher in der Lage waren, eine ‚normale’<br />

Wohnsituation herzustellen oder aufrechtzuerhalten<br />

und weiteres Abrutschen<br />

verhindern konnten.<br />

In <strong>2009</strong> wurden vier Personen aufgenommen,<br />

die keinerlei Suchtmittel<br />

konsumierten. Hier standen massive<br />

soziale Problematiken im Vordergrund,<br />

so dass wir schnellstmöglich eine andere<br />

Unterkunft vermittelten und über<br />

weiterführende Hilfen informierten.


Auslastung und Geschlechterverteilung<br />

Die Übernachtungsstelle wurde in <strong>2009</strong><br />

von 137 Personen z.T. auch mehrfach<br />

über einen längeren Zeitraum genutzt,<br />

wobei mit 28 Personen der weibliche<br />

Anteil etwas niedriger war als im Jahr<br />

davor (2008: 198 / 39).<br />

Die Männeretage mit ihren 12 Betten<br />

(ohne Krisenbetten) war die meiste Zeit<br />

gut belegt. Die Frauenetage bietet Platz<br />

für 8 Frauen und war gemessen an den<br />

Vorjahren ebenfalls gut ausgelastet.<br />

Der Anteil der Frauen beträgt bei den<br />

Festaufnahmen ca. 20,3% im Vorjahr<br />

28,5%.<br />

Woher und Wohin?<br />

Die Motive zur Nutzung der Not-<br />

Übernachtung sind vielfältig und haben<br />

sich im letzten Jahr etwas verschoben:<br />

15 Haftentlassene ohne Angehörige<br />

suchten ein Dach über dem Kopf.<br />

12 Personen kehrten aus einer Therapie<br />

oder Entgiftung ohne Perspektive<br />

an den Heimatort zurück.<br />

4 aller Unterkunftssuchenden haben<br />

eine andere Einrichtung verlassen<br />

weil sie ihre Wohnung verloren hatten<br />

kamen 18 Hilfesuchende zu uns,<br />

Übernachtung<br />

72 gelten als o.f.W. (ohne festen<br />

Wohnsitz) und halten sich in Paderborn<br />

auf. Hin und wieder gelingt es, während<br />

dieser Zeit Veränderungsphantasien<br />

oder gar neue Perspektiven zu entwickeln.<br />

Mit 8% fanden in diesem Jahr nur wenige<br />

fest aufgenommene Bewohner, trotz<br />

tatkräftiger Unterstützung der SozialarbeiterInnen,<br />

eine Wohnung. Für die<br />

meisten ist dies erst dann eine nachhaltige<br />

Lösung, wenn zugleich die Unterstützung<br />

einer ambulanten Betreuung in<br />

Anspruch genommen wird.<br />

22% der Festaufnahmen benötigen eine<br />

Übergangslösung bis zum Beginn einer<br />

Entgiftungsbehandlung, können zu<br />

einer Therapiemaßnahme oder dem<br />

Wechsel in eine andere Hilfeform motiviert<br />

werden. Dass diese Perspektiven<br />

tatsächlich realisiert werden können, ist<br />

i.d.R. das Ergebnis intensiver Motivationsarbeit.<br />

Häufig erfolgt sogar das<br />

persönliche Begleiten zum Zielort durch<br />

die SozialarbeiterInnen.<br />

Mit 58% (unbekannter Verbleib +<br />

o.f.Wohnsitz/Freunde) ist der Anteil der<br />

vagabundierenden Personen konstant<br />

geblieben. Sie schlafen mal hier, mal<br />

dort – orientierungslos und ohne Perspektiven.<br />

Dies sind in der Regel „alte<br />

Bekannte“, die mehrmals wiederkommen<br />

und erst nach wiederholten Notlagen<br />

in Hilfeformen vermittelt werden<br />

25


26<br />

können. Des Weiteren kommt hier die<br />

Schwierigkeit hinzu als „Hartz-IV-<br />

Empfänger“ eine Wohnung zu finden.<br />

Aufenthaltsdauer<br />

Etwas weniger als die Hälfte der BewohnerInnen<br />

blieben 6 Wochen und<br />

länger. In 2008 waren es etwas über die<br />

Hälfte.<br />

Für 18 (Vorjahr 41) Personen wurde die<br />

Aufenthaltsdauer aufgrund akuter Notsituationen<br />

oder konkreter Vermittlungsperspektiven<br />

über sechs Wochen<br />

hinaus verlängert. Es handelte sich hier<br />

um Menschen, die innerhalb der 6 Wochen<br />

keine Klärung oder Regelung hinsichtlich<br />

einer Wohnung, eines Entgiftungsplatzes<br />

oder einer betreuten<br />

Wohnform erreichen konnten.<br />

Für viele scheitert ein Mietvertrag<br />

schon bei oder vor der Wohnungsbesichtigung.<br />

In begleiteten teilstationären<br />

Wohnformen sind diese Personen<br />

auf Grund von zu hohen Verhaltensanforderungen<br />

(u.a. Abstinenzgebot) oft<br />

nicht tragbar.<br />

Altersstruktur<br />

Der Anteil der über 30-jährigen ist gegenüber<br />

dem Vorjahr in etwa gleich geblieben.<br />

Der Anteil der jüngeren Übernachter<br />

(18-20) umfasste <strong>2009</strong> zwölf<br />

Personen, im Vorjahr elf Personen und<br />

in 2007 lediglich eine Person. Hier<br />

<strong>Arbeit</strong>sbereich<br />

verzeichnen wir einen kontinuierlichen<br />

Anstieg.<br />

Einkommenssituation<br />

58% (2008: 31%) der BewohnerInnen<br />

bezogen ALG II und ca. 11% Grundsicherung<br />

(13% in 2008). Während die<br />

Grundsicherung nicht an Bedingungen<br />

geknüpft ist, muss der ALG-II-<br />

Empfänger Termine und Auflagen erfüllen,<br />

die ein drogenabhängiger Mensch<br />

nur schwerlich erfüllen kann. Die aus<br />

den Versäumnissen zu erwartenden<br />

Sanktionen (Leistungskürzungen bis hin<br />

zu einem Verlust des Anspruchs) verschärfen<br />

für manche die Situation erheblich.<br />

Insgesamt ist der Anteil der im Leistungsbezug<br />

stehenden Personen mit<br />

83% stark gestiegen (2008: 57%). Während<br />

15% über keinerlei Einkommen<br />

verfügten, bezogen in <strong>2009</strong> immerhin<br />

8% <strong>Arbeit</strong>slosengeld I und eine Person<br />

hatte ein eigenes Einkommen. Durch<br />

unsere Hilfen konnte ein Großteil wieder<br />

in den Leistungsbezug vermittelt<br />

werden.<br />

Die Übernachtungsstelle ist kein intensiv<br />

betreutes Wohnen wie die sozialtherapeutischen<br />

Einrichtungen des Vereins.<br />

Andererseits ist es aber auch deutlich<br />

mehr als ein Dach über dem Kopf.


Abgesehen von minimalen Pflichten<br />

und dem Einhalten der Hausordnung ist<br />

die Betreuung und Beratung ein Angebot<br />

– nicht Vertragsgegenstand. Die Beratung<br />

kann von den BewohnerInnen<br />

‚nebenbei’, oft sofort und ohne Bedingungen<br />

wahrgenommen werden und<br />

erfüllt damit ein wichtiges Kriterium der<br />

„Niedrigschwelligkeit“.<br />

Der Tag beginnt um 8 00 Uhr mit Wecken<br />

und bis 9 00 Uhr müssen alle BewohnerInnen<br />

die Übernachtungsstelle verlassen<br />

haben, können jedoch noch ins<br />

angrenzende Kontakt-Café zu einem<br />

kostenlosen Kaffee wechseln. Drei Personen<br />

werden zum Putzen eingeteilt.<br />

Samstags gibt es sogar für Bewohner<br />

bis 11 00 Uhr ein kostenloses Frühstück<br />

während andere Besucher 1,50 € zu bezahlen<br />

haben.<br />

Einlass in das Haus ist täglich ab 18. 00<br />

Uhr. Dann sind bis 20. 00 Uhr noch zwei<br />

MitarbeiterInnen für die Übernachtungsanmeldung<br />

im Büro und bieten<br />

neben den obligatorischen Kriseninterventionen<br />

(gerade am Wochenende)<br />

Gelegenheit zum kurzen Schnack.<br />

Übernachtung<br />

Fazit aus Streetwork, Café, Beratung<br />

und Übernachtungsstelle<br />

In allen Bereichen konnten wir einen<br />

signifikanten Anstieg unserer statistisch<br />

erfassten Zahlen verzeichnen. Die Zeiten<br />

werden härter und die Klientel<br />

größer, generell weht wieder ein schärferer<br />

Wind und unsere drogensüchtige<br />

Zielgruppe kann sich leider nicht über<br />

mangelnden Nachwuchs beklagen. Wir<br />

Mitarbeiter sehen täglich, wie unsere<br />

Kapazitäten in allen Bereichen in den<br />

Grenzbereich gehen. Besonders in Urlaub-<br />

oder Krankheitszeiten gelingt es<br />

nicht immer, unsere Leistungen bedarfsgerecht<br />

aufrecht zu erhalten.<br />

27


Kalender <strong>2009</strong><br />

Ideal & Real<br />

JAN FEB<br />

MÄR<br />

APR MAI JUN<br />

JUL AUG SEP<br />

OKT NOV DEZ


21. Jan: mein Vermieter tauscht<br />

die Schlösser meiner Wohnung aus<br />

– die Wohnung wird geräumt<br />

29. Jan: nach einigen Tagen bei<br />

Bekannten werde ich mal wieder in<br />

die Übernachtungsstelle des B2<br />

aufgenommen<br />

7. Apr: beim Dealen auf dem B2-<br />

Gelände erwischt. D.h. eine Woche<br />

komplettes Geländeverbot<br />

7.-13. Apr: mir bleibt nur,<br />

irgendwo zu zelten - oder die Zentralstation<br />

14. Apr: ich kann wieder ins B2<br />

– endlich wieder ein Dach über dem<br />

Kopf<br />

4. Jul: Fahrt zur Entgiftung. Ich<br />

habe mit der Staatsanwaltschaft<br />

vereinbart, dass ich von dort aus<br />

direkt eine Therapie mache, um der<br />

Haftstrafe zu entgehen – zum<br />

Glück ist die Kostenzusage dafür<br />

schon durch<br />

19. Jul: Abbruch der Entgiftung<br />

21. Jul: Aufnahme im B2<br />

11. Okt: ich höre, dass ein Haftbefehl<br />

draußen ist und gehe erstmal<br />

auf Tauchstation<br />

17. Mär: ich muss unbedingt<br />

für die Zeit im Knast vorsorgen<br />

und mir Stoff besorgen<br />

JAN FEB MÄR<br />

1. Feb: durch die Meldebescheinigung<br />

des B2 können die HARTZ<br />

IV-Leistungen weiter laufen<br />

2. Feb: 100€ Drogenschulden<br />

zurück bezahlt<br />

5. Feb: das ALG II für Februar<br />

ist alle<br />

14. Feb: ich habe schon Tage<br />

nichts mehr gegessen – Gott sei<br />

Dank gibt es die Tafel<br />

6. Mär: zum 6. Mal innerhalb<br />

der letzten 4 Wochen beim Diebstahl<br />

erwischt<br />

11. Mär: trotz aller Bemühungen<br />

keine neue Wohnung in Sicht<br />

18. Mär: die 6 Wochen Wohnzeit<br />

im B2 sind um – ich muss ausziehen.<br />

Ab jetzt 3 Wochen jeden Tag<br />

„Krisenzimmer“<br />

APR MAI JUN<br />

3. Mai: Überdosis in der Übernachtungsstelle<br />

– nach zwei Stunden<br />

entlasse ich mich wieder aus<br />

dem Krankenhaus und kehre zum<br />

B2 zurück<br />

22. Mai: der Staatsanwalt<br />

macht Druck – ich muss was tun,<br />

sonst fahr ich wieder ein<br />

26. Mai: Entgiftungstermin für<br />

den 8.6. bekommen<br />

2. Jun: ich habe eine Verlängerung<br />

im B2 bis zum Entgiftungstermin<br />

bekommen<br />

8. Jun: ich lasse den Termin<br />

sausen, da ich keine Kohle habe, um<br />

mir Tabak für die Entgiftung zu<br />

kaufen - ich muss raus aus dem B2<br />

18. Jun: nächster Entgiftungstermin<br />

am 4.7. – das ging schnell. Bis dahin<br />

ich muss mich jeden Tag dort melden<br />

JUL AUG SEP<br />

8. Aug: Versuche ich es<br />

nochmal oder sitze ich die drohende<br />

Haftstrafe einfach ab???<br />

14. Aug: ich will mich substituieren<br />

lassen und dann evtl.<br />

irgendwann in den Regenbogen des<br />

<strong>KIM</strong> – die Wartezeit für die Substitution<br />

beträgt 6 Wochen. Bis dahin<br />

heißt es weiter jeden Tag Geld für<br />

Stoff besorgen.<br />

23. Aug: ich gehe nicht zu meinem<br />

Gerichtstermin<br />

3. Sep: wieder raus aus dem B2<br />

9. Sep: Gesprächstermin beim<br />

Jugendamt wegen Besuchsrecht für<br />

meine Kinder im Heim - ich war<br />

heute völlig breit. So kann ich da<br />

nicht auftauchen<br />

18. Sep: nach 5 Tagen gehe ich<br />

endlich wegen meines Abzesses am<br />

Bein zum Arzt<br />

OKT NOV DEZ<br />

16. Nov: ich werde mal wieder<br />

verhaftet und direkt nach Bielefeld-<br />

Brackwede gebracht<br />

25. Nov: wieder mal verpasse ich<br />

den Geburtstag meiner Tochter<br />

2. Dez: ich bemühe mich um<br />

<strong>Arbeit</strong> in der Gefängniswerkstatt –<br />

ich muss was tun<br />

12. Dez: ich nutze die Sprechstunde<br />

der Anlaufstelle des <strong>KIM</strong>,<br />

um über die Zeit nach der Haft<br />

nachzudenken<br />

24. Dez: meine 3. Weihnachten<br />

im Knast<br />

31. Dez: vielleicht wird nächstes<br />

Jahr alles besser . . .


30<br />

Spenden<br />

So können Sie helfen.<br />

Viele existenzielle Dinge, wie z.B. Kleidung, Hausrat oder Lebensmittel, die für „normale“<br />

Menschen selbstverständlich sind, sind für unsere KlientInnen im Drogen-<br />

Alltag meist nur absolute „Extras“. Durch unsere <strong>Arbeit</strong> allein ist es uns oft nicht<br />

möglich, dies alles aufzufangen. Daher möchten wir uns, auch im Namen der KlientInnen,<br />

für Ihre tolle Unterstützung im Jahr 2008 bedanken.<br />

Besonders bedanken möchten wir uns bei<br />

• einer Lehrerin der Elsener Gesamtschule, die mit zwei ihrer Klassen an<br />

Weihnachten 70 Geschenkkisten mit Basis-Hygieneartikeln und Lebensmitteln<br />

überbrachte,<br />

• zwei Paderborner Rentnerinnen die ebenfalls an Weihnachten Lebensmittel<br />

spendeten,<br />

• einem Sportverein aus der Paderborner Umgebung und einem Landfrauenverein,<br />

die uns während des Spätdienstes mit belegten Broten und Kuchen<br />

erfreuten,<br />

• den vielen anderen privaten Spendern, u.a. auch KlientInnen, die uns z.B.<br />

mit Kleidung für unsere Kleiderkammer unterstützten.<br />

Wir freuen uns auf ihre Hilfe für das Jahr 2010.<br />

Für ihre finanzielle Unterstützung<br />

Volksbank Paderborn Sparkasse Paderborn<br />

BLZ: 472 601 21 BLZ: 472 501 01<br />

Kto-Nr.: 87 2024 1300 Kto-Nr.: 3500 1684<br />

Nur mit Ihrer Hilfe können wir helfen!


Statistik-Center<br />

<strong>2009</strong>


32<br />

Bewohnerstruktur<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Notschläfer<br />

Aufnahmen als Notschläfer l 190 Aufnahmen<br />

148 Männer<br />

42 Frauen<br />

Altersverteilung I Männer und Frauen<br />

+<br />

unter 20 Jahren unter 30 jahren unter 40 Jahren unter 50 Jahren unter 60 jahren


Therapie/<br />

Entgiftung<br />

2,38 %<br />

Haft<br />

7,14 %<br />

Feste Aufnahme<br />

58,33 %<br />

Sonstige<br />

Einrichtungen<br />

14,28 %<br />

Wohnung<br />

35,71 %<br />

Unbekannt<br />

2,08 %<br />

Situation vor der Aufnahme I in %<br />

OFW<br />

26,19 %<br />

Sonstige<br />

Einrichtungen<br />

4,17 %<br />

Therapie/<br />

Entgiftung<br />

14,86 %<br />

Situation nach dem Ablauf der Notschläferzeit I in %<br />

OFW<br />

12,50 %<br />

Familie<br />

14,28 %<br />

Wohnung<br />

18,75 %<br />

Familie<br />

4,17 %<br />

Wohnung<br />

12,83 %<br />

Feste Aufnahme<br />

67,33 %<br />

Haft<br />

10,81 %<br />

Familie<br />

9,45 %<br />

Unbekannt<br />

4,67 %<br />

Sonstige<br />

Einrichtungen<br />

2,70 %<br />

OFW<br />

49,32 %<br />

33<br />

OFW<br />

13,33 % Wohnung<br />

5,33 %<br />

Familie<br />

3,33 %<br />

Sonstige<br />

Einrichtungen<br />

6,00 %


34<br />

Bewohnerstruktur<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Festaufnahmen<br />

Feste Bewohner l 137 Aufnahmen<br />

109 Männer<br />

28 Frauen<br />

Altersverteilung I Männer und Frauen<br />

+<br />

unter 20 Jahren unter 30 Jahren unter 40 Jahren unter 50 Jahren unter 60 Jahren


Einrichtung/<br />

Maßnahme<br />

3,57 %<br />

OFW<br />

53,57 %<br />

Haft<br />

3,57 %<br />

Wohnung<br />

10,71 %<br />

Familie<br />

7,14 %<br />

Therapie/<br />

Entgiftung<br />

3,57 %<br />

Unbekannt<br />

14,29 %<br />

Situation vor der Aufnahme I in %<br />

Familie<br />

14,29 %<br />

Haft<br />

7,14 %<br />

OFW<br />

46,43 %<br />

Therapie/<br />

Entgiftung<br />

14,29 %<br />

Wohnung<br />

14,29 %<br />

Einrichtung/<br />

Maßnahme<br />

7,14 %<br />

OFW<br />

52,29 %<br />

Situation nach dem Auszug I in %<br />

OFW<br />

36,70 %<br />

Haft<br />

4,59 %<br />

Therapie/<br />

Entgiftung<br />

23,85 %<br />

Therapie/<br />

Entgiftung<br />

10,09 %<br />

Haft<br />

11,92 %<br />

Einrichtung/<br />

Maßnahme<br />

5,00 %<br />

Familie<br />

11,00 %<br />

Wohnung<br />

12,84 %<br />

Unbekannt<br />

20,18 %<br />

35<br />

Einrichtung/<br />

Maßnahme<br />

1,83 %<br />

Familie<br />

4,59 %<br />

Wohnung<br />

11,00 %


36<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

bis 1<br />

Woche<br />

bis 2<br />

Wochen<br />

Bleibedauer I 137 Aufnahmen<br />

bis 3<br />

Wochen<br />

bis 4<br />

Wochen<br />

Einkommen I bei Aufnahme<br />

+<br />

bis 5<br />

Wochen<br />

+<br />

bis 6<br />

Wochen<br />

länger


140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Drogenkonsum I Alle Aufnahmen – Mehrfachnennungen als Polytox<br />

+<br />

37


38<br />

Bewohnerstruktur<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Krisenschläfer<br />

Aufnahmen als Krisenschläfer l 59 Personen<br />

4 Frauen<br />

Altersverteilung I Frauen und Männer<br />

+<br />

unter 30 Jahren unter 40 Jahren<br />

55 Männer<br />

unter 50 Jahren


Jan<br />

Feb<br />

Mär<br />

Apr<br />

Mai<br />

Jun<br />

Jul<br />

Aug<br />

Sep<br />

Okt<br />

Nov<br />

Dez<br />

Kontakt-Café<br />

Besucher<br />

Gesamt<br />

Öffnungstage<br />

Männer Frauen<br />

davon<br />

Kinder<br />

Gesamt Ø<br />

23,5 1382 361 49 1792 76,25<br />

21 1343 331 32 1706 81,24<br />

24 1606 360 32 1998 83,25<br />

22 1440 369 42 1851 84,14<br />

20,5 1542 371 37 1950 95,12<br />

22 1588 379 30 1997 90,77<br />

25 1697 439 54 2190 87,60<br />

23,5 1447 327 34 1808 76,94<br />

24 1507 369 18 1894 78,92<br />

24 1697 405 20 2122 88,47<br />

23 1777 425 16 2218 96,42<br />

20,5 1304 336 18 1640 80,00<br />

273 18330 4472 382 23166 84,85<br />

Verteilung der Besucher I in %<br />

79,12 %<br />

19,3 %<br />

1,65 %<br />

39


40<br />

Spritzenvergabe<br />

in der Einrichtung<br />

Jan<br />

Feb<br />

Mär<br />

Apr<br />

Mai<br />

Jun<br />

Jul<br />

Aug<br />

Sep<br />

Okt<br />

Nov<br />

Dez<br />

Weibliche<br />

Tauscher<br />

Anzahl<br />

Spritzen<br />

Männliche<br />

Tauscher<br />

Anzahl<br />

Spritzen<br />

Tauscher<br />

Gesamt<br />

Spritzen<br />

Gesamt<br />

73 910 719 8316 792 9226<br />

75 1570 679 7768 754 9338<br />

97 1818 893 9563 990 11381<br />

126 2447 824 7521 950 9968<br />

106 1385 874 9322 980 10707<br />

93 1358 819 6772 912 8130<br />

110 1000 1139 6059 1249 7059<br />

81 897 980 7390 1061 8287<br />

143 1670 1036 7210 1179 8880<br />

115 1419 1008 6973 1123 8392<br />

194 2335 947 6567 1141 8902<br />

202 2372 692 5149 894 7521<br />

1415 18581 10610 88610 12025 107191<br />

weibl.<br />

Tauscher<br />

11,77 %<br />

Anteil an<br />

ausgegebenen<br />

Spritzen<br />

17,33 %<br />

Geschlechterverteilung I in %<br />

männliche<br />

Tauscher<br />

88,23 %<br />

Anteil an<br />

ausgegebenen<br />

Spritzen<br />

82,67 %


Spritzenvergabe<br />

Streetwork und Automat<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Streetwork I Insgesamt 2688 Spritzen<br />

Automat I Kasseler Tor<br />

606 Spritzen<br />

41


Suchtdruck?<br />

Du gerätst im Alltag aus<br />

der Bahn?<br />

ABS kann helfen!


ABS<br />

Alltagsbegleitung bei Substitution<br />

Seit Oktober 2007 bietet der <strong>KIM</strong> - <strong>Soziale</strong><br />

<strong>Arbeit</strong> e.V. eine Alltagsbegleitung<br />

bei Substitution, kurz ABS, an. Die ABS<br />

ist räumlich wie konzeptionell an das<br />

<strong>B2.Streetwork</strong> angebunden und wird<br />

von Andreas Beisbart, einem Mitarbeiter<br />

des B2-Sozialarbeiterteams betrieben.<br />

Er beschreibt im Folgenden die<br />

Grundlagen seines <strong>Arbeit</strong>sbereiches und<br />

stellt dabei die Ergebnisse des vergangenen<br />

Jahres <strong>2009</strong> dar.<br />

Eines der wichtigsten Ziele der Substitution<br />

ist es, drogengebrauchenden Menschen<br />

eine weitgehend „normale", mit<br />

anderen Bevölkerungsgruppen vergleichbare<br />

Lebensgestaltung zu ermöglichen.<br />

Aus Evaluationsstudien zur Substitution<br />

ist bekannt, dass eine psychosoziale<br />

Begleitung zum Erfolg der Behandlung<br />

beiträgt. In der Praxis bestätigt sich<br />

zugleich, dass diese insbesondere dann<br />

produktiv sein kann, wenn - geleitet von<br />

einer eigenständig entwickelten Motivation<br />

- eine vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

möglich ist. Entwicklungen in diese<br />

Richtung können nicht erzwungen<br />

werden bzw. werden durch eine zwangsweise<br />

Verknüpfung von medizinischer<br />

Substitutvergabe und psychosozialer<br />

Begleitung stark beeinträchtigt.<br />

Was ist Substitution?<br />

Substitution bedeutet, dass als Ersatz<br />

für das illegale Heroin ein synthetisches<br />

Opiat, in den meisten Fällen<br />

Methadon, ärztlich verordnet und<br />

verabreicht wird. Dadurch verschwindet<br />

das körperliche Verlangen nach<br />

Heroin für mindestens 24 Stunden.<br />

Die PatientenInnen sind nicht mehr<br />

darauf angewiesen, auf dem<br />

Schwarzmarkt teuren und verschmutzten<br />

Stoff zu kaufen und dies<br />

mit Beschaffungskriminalität zu finanzieren.<br />

Die gesetzlichen Regelungen sind dabei<br />

relativ eng (festgelegt in der Richtlinie<br />

über die Bewertung ärztlicher<br />

Untersuchungs- und Behandlungsmethoden).<br />

Die PatientenInnen müssen<br />

den Ersatzstoff unter Aufsicht einnehmen,<br />

eine Mitnahme nach Hause<br />

(Take-home) ist frühestens nach<br />

sechsmonatiger Behandlung möglich.<br />

Darüber hinaus wird durch regelmäßige,<br />

unangekündigte Tests (so genannte<br />

screenings) kontrolliert, dass<br />

keine anderen Suchtmittel konsumiert<br />

worden sind (so genannter Beikonsum).<br />

43


44<br />

Die Angebote der psychosozialen Begleitung<br />

sollen demnach einfach erreichbar<br />

und freiwillig sein. Im Idealfall<br />

können die KlientenInnen zwischen verschiedenen<br />

Anbietern und Angeboten<br />

wählen. Der Begleitungsprozess soll geprägt<br />

sein von Offenheit und einem<br />

vertrauensvollen Miteinander. Die Angebote<br />

sollen KlientenInnen dabei unterstützen,<br />

Die Angebote sollen die KlientenInnen<br />

dabei unterstützen,<br />

• ihre persönliche Veränderungsmotivation<br />

umzusetzen,<br />

• soziale, persönliche und gesundheitliche<br />

Problemlagen zu<br />

bewältigen,<br />

• die Häufigkeit von Beigebrauch<br />

legaler und/oder illegaler Drogen<br />

zu reduzieren und möglichst<br />

lange Phasen der Abstinenz zu<br />

erreichen,<br />

• eine (Re-)Integration in das gesellschaftliche<br />

Leben zu erreichen,<br />

z.B. durch Unterstützung<br />

bei Wohnraum- und <strong>Arbeit</strong>splatzbeschaffung,<br />

• Rechte wahrzunehmen, behördliche<br />

Auflagen einzuhalten und<br />

Straffälligkeit zu vermeiden,<br />

• und bei Bedarf flankierende Hilfeangebote<br />

komplementärer<br />

Einrichtungen wahrzunehmen.<br />

Alltagsbegleitung<br />

Die eigens für den niedrigschwelligen<br />

Bereich ins Leben gerufene psychosoziale<br />

Alltags-Begleitung bei Substitution<br />

(ABS) orientiert sich an der Lebenswelt<br />

der DrogennutzerInnen. Der Zugang<br />

erfolgt niedrigschwellig über regelmäßige<br />

offene Sprechstunden im Café und<br />

über Kontakte während der Streetwork.<br />

Basis der Begleitung ist die Akzeptanz<br />

von substituierten Menschen als mündige,<br />

zur Selbstverantwortung fähige<br />

Menschen. Eine entwicklungsbegleitende<br />

Unterstützung ist prozesshaft<br />

und aktiviert vorhandene Stärken substituierter<br />

Menschen in ihrem Lebensraum<br />

in einem möglichst verständigungsbezogenen<br />

und moderierenden<br />

Dialog. Sie ist ein zeitintensiver und<br />

dynamischer Prozess eines Herauswachsens<br />

aus einer nicht befriedigenden<br />

Lebenspraxis.<br />

Deutlich wird auch, dass Veränderungen<br />

Zeit brauchen. Einen solchen Prozess<br />

zu begleiten bedeutet, Vertrauen<br />

aufzubauen und in Krisensituationen<br />

schnell und wirksam zu handeln. Das<br />

geht deutlich über die ganz basalen<br />

Angebote der Schadensminimierung<br />

und unmittelbaren Überlebenshilfe des<br />

B2 hinaus. Konkret bedeutet es, mit<br />

den KlientInnen gemeinsam wichtige<br />

Gesprächstermine bei Ämtern, der<br />

Bewährungshilfe, mit behandelnden<br />

Ärzten wahrzunehmen sowie sie bei<br />

Gerichtsprozessen oder auf dem Weg in


Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen<br />

zu begleiten. Insgesamt wurden<br />

in <strong>2009</strong> 38 KlientInnen psychosozial begleitet,<br />

zahlreiche andere nahmen einoder<br />

zweimalige Beratung in Anspruch.<br />

Durch die Schaffung einer zusätzlichen<br />

Stelle für die psychosoziale Begleitung<br />

ist es möglich geworden, über spontane<br />

Hilfe und Beratung hinaus diese intensive<br />

und personengebundene Betreuung<br />

anzubieten. Regelmäßige Gespräche<br />

in einer ruhigen, vom hektischen<br />

Alltag freien Atmosphäre schaffen die<br />

Basis für kleinschrittige Veränderungen;<br />

praktische Hilfen in Form von Begleitung,<br />

Organisierung von Fahrmöglichkeiten,<br />

Möbelspenden etc. sorgen für<br />

die materielle Unterfütterung. Die vertrauensvolle<br />

Beziehung dient dabei als<br />

emotionale Stütze. So können Krisen<br />

rechtzeitig erkannt und die Folgen abgemildert<br />

werden, um z.B. stationäre<br />

Klinikaufenthalte oder einen Bewährungswiderruf<br />

zu vermeiden.<br />

Erfolg misst sich dabei an den Zielen<br />

der KlientInnen und in Bezug auf die<br />

Ausgangsposition: für den einen ist es<br />

ein großer Erfolg, Bewährungsauflagen<br />

einzuhalten und sich eigenverantwortlich<br />

um die Beantragung von<br />

Leistungen zu kümmern, für die andere<br />

steht die Redzuzierung von Beikonsum<br />

und die Entwicklung einer<br />

weitergehenden Lebensperspektive<br />

bei Substitution<br />

im Vordergrund.<br />

Insgesamt wurden in <strong>2009</strong> im Rahmen<br />

der ABS 15 KlientInnen in eine Entgiftungsbehandlung<br />

vermittelt, von denen<br />

ein Drittel im Anschluss eine Entwöhnungsbehandlung<br />

begonnen hat.<br />

Vier KlientInnen haben eine längere<br />

Haftstrafe angetreten, zwei weitere<br />

wurden an das Ambulant Betreute<br />

Wohnen des <strong>KIM</strong>-<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> e.V.<br />

vermittelt. Bei 16 Klienten konnte eine<br />

soziale und gesundheitliche Stabilisierung<br />

erreicht werden. Sechs KlientInnen<br />

haben die Begleitung abgebrochen<br />

oder sind unbekannt verzogen.<br />

45


Bild im Original: www.aerzteinitiative.at


KISS<br />

Selbstkontrollierter Konsum illegaler Drogen<br />

Im Zeitraum von Oktober <strong>2009</strong> bis Februar<br />

2010 haben wir zum ersten Mal<br />

das im letzten <strong>Jahresbericht</strong> bereits vorgestellte<br />

Gruppenprogramm KISS für<br />

unsere KlientInnen angeboten. In 12<br />

Einheiten konnten die TeilnehmerInnen<br />

lernen, mit ihrem Drogenkonsum bewusster<br />

umzugehen und dadurch stellenweise<br />

die Kontrolle über das alltägliche<br />

Leben zurück zu gewinnen. Im Folgenden<br />

stellen Stefanie Buschmeier und<br />

Andreas Beisbart den Verlauf und den<br />

Erfolg des Angebots darstellen.<br />

Was bedeutet KISS?<br />

KISS ist ein Programm zur selbstkontrollierten<br />

und gezielten Reduktion des<br />

Konsums illegaler und legaler Drogen.<br />

Ein selbstkontrollierter Drogenkonsum<br />

bezeichnet einen disziplinierten, geplanten<br />

und limitierten Substanzgebrauch.<br />

Dies wird von den KonsumentInnen<br />

umgesetzt, indem sie ihren Konsum an<br />

einen vorher festgelegten Konsumplan,<br />

bzw. –regeln ausrichten. KISS richtet<br />

sich an alle KonsumentInnen und Substituierten<br />

mit Beikonsum, die etwas an<br />

ihrem Konsum verändern und eine höhere<br />

Lebensqualität erreichen möchten.<br />

Mit Hilfe dieses Programms können die<br />

TeilnehmerInnen folgende Ziele erreichen:<br />

1. Bewusstmachung des Umgangs mit<br />

psychoaktiven Substanzen (inkl. Alkohol<br />

und Tabak)<br />

2. Stärkung der Änderungsmotivation<br />

3. Aufbau von Selbstmanagementfertigkeiten<br />

zur Konsumreduktion bzw.<br />

-beendigung für von KonsumentInnen<br />

ausgewählte Substanz(en)<br />

KISS ist also ein zieloffenes Programm,<br />

besitzt jedoch eine klare Struktur entsprechend<br />

verhaltenstherapeutischer<br />

Selbstmanagementprogramme.<br />

Die TeilnehmerInnen<br />

Durch Plakatwerbung und persönliches<br />

Ansprechen haben wir auf unser neues<br />

Gruppenangebot zum selbstkontrollierten<br />

Konsum aufmerksam gemacht.<br />

Viele unserer KlientInnen waren zunächst<br />

skeptisch, ob es überhaupt einen<br />

selbstkontrollierten Konsum illegaler<br />

Drogen geben kann. Aus Gesprächen<br />

und bei genauerem Nachfragen wurde<br />

einigen jedoch deutlich, dass sie ihren<br />

Konsum zum Teil schon mittels selbstauferlegter<br />

Regeln versuchen zu kontrollieren,<br />

ihnen dies aber nie bewusst<br />

war.<br />

Besonders die KlientInnen, die über<br />

eine mehrjährige Konsumerfahrung<br />

verfügen, standen dem Programm offen<br />

gegenüber. So hatten sich für KISS<br />

fünf Personen angemeldet. Bei den<br />

Teilnehmern handelte es sich ausschließlich<br />

um Männer im Alter<br />

47


48<br />

zwischen 38 und 51 Jahren. Als Hauptproblemsubstanz(en)<br />

wurde von einem<br />

Teilnehmer Alkohol, von einem Alkohol<br />

und Heroin, von zwei Teilnehmern Heroin<br />

sowie von einem Heroin und Benzodiazepine<br />

genannt. Drei der Teilnehmer<br />

befanden sich zudem in einer Substitutionsbehandlung.<br />

Die Vorgespräche<br />

Vier Wochen vor dem ersten KISS-<br />

Gruppentreffen fanden mit jedem der<br />

Teilnehmer vier Einzelgespräche im Abstand<br />

von einer Woche statt.<br />

Diese dienen dazu,<br />

• sich und dem Teilnehmer Klarheit<br />

über dessen Konsumniveau vor KISS<br />

zu verschaffen, damit Reduktionsschritte<br />

realistisch geplant werden<br />

können,<br />

• Konsumveränderungen am Ende von<br />

KISS überprüfen zu können,<br />

• das zu dem Programm gehörige<br />

Konsumtagebuch „Bestandsaufnahme“<br />

vorzustellen,<br />

• soziodemographische Daten zu erfassen<br />

und<br />

• die Veränderungsmotivation mittels<br />

verschiedener Fragekataloge abzuklären.<br />

Ab dem zweiten Gespräch wurden die<br />

Teilnehmer aufgefordert, das Konsumtagebuch<br />

täglich zu führen, d.h., jeder<br />

Konsumvorgang sollte notiert werden.<br />

Selbstkontrollierter Konsum<br />

Auf diese Weise sollten die Teilnehmer<br />

einen Blick für ihren tatsächlichen Drogenkonsum<br />

bekommen.<br />

Ablauf<br />

Nach den Einzelgesprächen fanden<br />

insgesamt 12 wöchentlich stattfindende<br />

Gruppentreffen statt, in denen folgende<br />

Themen bearbeitet wurden:<br />

1. Grundwissen Drogen<br />

2. Pro & Kontra Veränderung<br />

3. Bilanz ziehen<br />

4. Konsumziele festlegen<br />

5. Strategien zur Zielerreichung<br />

6. Risikosituationen erkennen<br />

7. Ausrutscher meistern<br />

8. Freizeit genießen<br />

9. Belastungen erkennen<br />

10. Belastungen angehen<br />

11. Nein-Sagen lernen<br />

12. Erfolge sichern<br />

Der Ablauf jedes Treffens ist wie folgt:<br />

zunächst findet ein kurzes „Blitzlicht“<br />

statt, dann ein 7-Tages-Rückblick, in<br />

dem der Konsum und das Führen des<br />

Konsumtagebuches im Mittelpunkt


stehen. Anschließend haben die Teilnehmer<br />

15 Minuten Pause. In der zweiten<br />

Hälfte des Treffens wird das Hauptthema<br />

der jeweiligen Einheit mittels<br />

Gruppen- und Einzelarbeit und gegenseitigem<br />

Austausch bearbeitet. Am Ende<br />

findet noch eine Abschlussrunde<br />

statt, zudem werden die Teilnehmer<br />

nach jeder Sitzung gebeten, einen<br />

Stundenbeurteilungsbogen auszufüllen.<br />

Insgesamt dauert ein Treffen 2 ¼ Stun-<br />

illegaler Drogen<br />

den.<br />

Auswertung<br />

Die KISS-Gruppe startete mit fünf Teilnehmern.<br />

Ein Teilnehmer ist ab der<br />

sechsten Sitzung zu keinem Treffen<br />

mehr gekommen, bis zu diesem Zeitpunkt<br />

hatte er an zwei Treffen teilgenommen.<br />

Die übrigen vier Teilnehmer haben<br />

durchschnittlich 2,25 Mal gefehlt.<br />

Heroin<br />

Substitut<br />

Benzodiazepine<br />

Alkohol<br />

Abb 1.: Konsumniveau aller Substanzen vor dem KISS-<br />

Programm (Konsumeinheiten pro Woche)<br />

49


50<br />

Die Konsumeinheiten bei illegalen Drogen<br />

wurden im zweiten Einzelgespräch<br />

bereits von den Teilnehmern individuell<br />

festgelegt. Um die Konsumeinheiten<br />

festzulegen schreiben die Teilnehmer<br />

ihre typischen Konsummengen pro<br />

Konsumvorgang der jeweiligen Droge<br />

auf, z.B. pro Konsumvorgang Heroin<br />

wird 0,1g Heroin konsumiert. Eine Kon-<br />

TN 1 hat 37 Konsumeinheiten weniger<br />

Alkohol in der Woche zu sich genommen,<br />

das sind umgerechnet 740 g Alkohol,<br />

das wiederum entspricht 18,5 Liter<br />

Bier. Zudem konsumierte er 20<br />

Selbstkontrollierter Konsum<br />

sumeinheit wäre somit 0,1g Heroin.<br />

Die Mengen können von Konsument<br />

zu Konsument verschieden sein.<br />

Die Konsumeinheit für Alkohol ist<br />

standardisiert und liegt bei 20 g Alkohol,<br />

das entspricht 0,5l Bier, 0,2l Wein<br />

oder 0,06l Schnaps.<br />

Heroin<br />

Substitut<br />

Benzodiazepine<br />

Alkohol<br />

Abb 2.: Konsumniveau nach KISS<br />

(Konsumeinheiten pro Woche)<br />

Einheiten Heroin weniger, wenn wir<br />

davon ausgehen, das eine Konsumeinheit<br />

mit 0,1 g Heroin gleichzusetzen<br />

ist, sind das 2 Gramm Heroin pro<br />

Woche.


TN 2 konnte seinen Konsum bis zum<br />

Ende des Programms um 32 Einheiten<br />

Heroin und zwei Einheiten Benzodiazepin<br />

reduzieren.<br />

Nach KISS nahm TN 3 14 Konsumeinheiten<br />

Alkohol weniger zu sich, umgerechnet<br />

sind das 280 g Alkohol.<br />

Zu TN 4 lässt sich sagen, dass die Höhe<br />

seines Heroinkonsums schwankt, da er<br />

nach Möglichkeit versucht, sich selbst<br />

zu substituieren. Wenn er also mit seinem<br />

Substitutionsmittel versorgt ist,<br />

braucht er für den Tag auch kein Heroin.<br />

Der Erfolg des KISS-Programms lässt<br />

sich jedoch nicht ausschließlich an Zahlen<br />

messen. In der Abschlussreflektion<br />

während des letzten Treffens wurde<br />

das Programm von allen Teilnehmern<br />

als insgesamt positiv bewertet. Sie sind<br />

mit sich selbst zufriedener und hatten<br />

das Gefühl, etwas erreicht zu haben.<br />

U.a. gehen sie bewusster mit ihrem<br />

Drogenkonsum um; jeder hat für sich<br />

Strategien zum kontrollierten Konsum<br />

gefunden, die er in seinem Alltag umsetzten<br />

kann. Zudem wurde von drei<br />

Teilnehmern ausgesagt, dass sie sich<br />

vorher nicht besonders intensiv mit ihrem<br />

Drogenkonsumverhalten und ihren<br />

Lebensumständen auseinandergesetzt<br />

haben. Belastende Lebenssituationen<br />

wurden meist mittels eines (zum Teil<br />

exzessiven) Drogenkonsums verdrängt.<br />

illegaler Drogen<br />

Zwei Teilnehmer haben sich bereits zur<br />

zweiten KISS-Gruppe, die im März begonnen<br />

hat, angemeldet, um weiter an<br />

sich zu arbeiten und ihr „neu erlerntes<br />

Verhalten“ zu festigen. Denn das KISS-<br />

Programm kann die Motivation zur<br />

Veränderung fördern und die ersten<br />

Schritte dazu einleiten. Die Herausforderung<br />

für die Teilnehmer liegt jedoch<br />

darin, auch nach Abschluss des Programms<br />

kontrolliert weiter zu konsumieren,<br />

indem sie ihren Konsum weiterhin<br />

planen und aufschreiben, und sich mit<br />

ihren Strategien und Risikosituationen<br />

auseinandersetzten und diese u.U. auch<br />

an veränderte Situationen neu anpassen.<br />

51


Comic: www.salzburger-armutskonferenz.at


<strong>Arbeit</strong>slosigkeit und Armut<br />

und die Auswirkungen auf die Szene<br />

Die schwierige wirtschaftliche Lage, die zunehmende Technisierung<br />

der Produktionswirtschaft und die immer höher werdenden Anforderungen<br />

an <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen bzgl. Ihrer schulischen und beruflichen<br />

Qualifikationen in allen <strong>Arbeit</strong>sfeldern lassen den prozentualen<br />

Anteil der Bevölkerung, die an oder unter der Armutsgrenze lebt,<br />

immer größer werden. Die Auswirkungen machen sich auch für das<br />

B2-Team in seiner täglichen <strong>Arbeit</strong> mit den KlientInnen deutlich bemerkbar.<br />

Auf der einen Seite werden die hohen Bezahlungen von Wirtschafts-Managern,<br />

die nicht geleisteten Steuerzahlungen von<br />

Wohlhabenden oder auch das exzessive Streben nach Gewinnen an<br />

den Börsen kontrovers diskutiert. Auf der anderen Seite ist vielerorts<br />

von der neuen sozialen Frage die Rede, in der es u.a. um die<br />

Themen Sozialstaat, <strong>Arbeit</strong>slosigkeit und Armut geht.<br />

Der Wandel des Sozialstaats in Deutschland hat sich in den letzten<br />

Jahren für alle spürbar vollzogen. Er kann verstanden werden als<br />

das vorläufige Ende des weiteren Ausbaus des Sozialstaats. Er ist<br />

u.a. gekennzeichnet durch:<br />

• Angebotsorientierte Politik („mehr Markt, weniger Staat“):<br />

weniger staatliche Eingriffe in Marktprozesse, Kostenentlastung<br />

von Unternehmen, Flexibilisierung von Beschäftigungsverhältnissen,<br />

Privatisierung sozialer Sicherung (Rente, Gesundheit)<br />

usw.<br />

• Aktivierender Staat bzw. aktivierende <strong>Arbeit</strong>smarktpolitik<br />

(„Fördern und Fordern“): Einfordern von Eigenverantwortung<br />

aller Bürger, Aktivierung von <strong>Arbeit</strong>slosen unter verschärften<br />

Bedingungen („Hartz-Gesetze“) etc.<br />

Das Problem der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit hat sich in Deutschland verfestigt.<br />

Ursachen dafür sind u.a. in den technischen Neuerungen im<br />

Bereich der Wirtschaft zu sehen, die dadurch immer<br />

von<br />

Stefan Buschkühl<br />

(Dipl.-Sozialpädagoge)<br />

und<br />

Niko Markantonatos<br />

(Dipl.-Sozialpädagoge)


54<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit<br />

produktiver wird. Dies hat zur Folge, dass die menschliche <strong>Arbeit</strong>skraft<br />

immer weniger gebraucht wird. Darüber hinaus setzt der<br />

internationale Handel einzelne Staaten zunehmend unter Druck.<br />

Auch die <strong>Arbeit</strong>smarktsituation in Deutschland ist vor diesem Hintergrund<br />

seit den 1970er Jahren durch eine anhaltende Massenarbeitslosigkeit<br />

gekennzeichnet. Derzeit sind 3,276 Millionen Menschen<br />

in Deutschland arbeitslos (Stand: 10.01.2010). Die offizielle<br />

Zahl der <strong>Arbeit</strong>slosen würde allerdings deutlich höher liegen, wenn<br />

nicht ein gewichtiger Teil der <strong>Arbeit</strong>slosen aus der Statistik fallen<br />

würde. So zählen etwa MaßnahmenteilnehmerInnen, Menschen,<br />

die <strong>Arbeit</strong>sgelegenheiten nach dem SGB II wahrnehmen und KurzarbeiterInnen<br />

nicht zu den <strong>Arbeit</strong>slosen. Würde man sie hinzuzählen,<br />

würde die registrierte <strong>Arbeit</strong>slosigkeit gegenwärtig um etwa 1,1<br />

Mio. Personen höher liegen.<br />

Wenn man bedenkt, wie schwierig es teilweise selbst für in ihrem<br />

<strong>Arbeit</strong>sfeld ausreichend qualifizierte <strong>Arbeit</strong>skräfte ist, eine Anstellung<br />

vor allem mit perspektivischer Sicherheit zu finden, umso aussichtsloser<br />

scheint es für den Großteil unserer KlientInnen zu sein,<br />

(wieder) in ein Beschäftigungsverhältnis zu kommen.<br />

Natürlich stehen in der Regel vor dem eventuellen Fernziel „<strong>Arbeit</strong>sstelle“<br />

eine ganze Reihe großer und wichtiger Teilziele, wie etwa<br />

gesundheitliche Stabilisierung, bestmögliche Kontrolle des Konsumverhaltens,<br />

eigene Wohnung, Therapieabschluss etc., die ohnehin<br />

schon schwierig genug zu erreichen sind und nicht für jede/jeden<br />

unserer KlientInnen wird es überhaupt jemals möglich<br />

sein, die Anforderungen eines Beschäftigungsverhältnisses kontinuierlich<br />

zu erfüllen.<br />

Aber selbst wenn einzelne KlientInnen so weitreichende Veränderungsphantasien<br />

entwickeln und die entsprechende innere Motivation<br />

aufweisen, fällt es vielen schwer, diese aufrecht zu erhalten,<br />

wenn sie sich ohnehin wenig bis keine Chance ausrechnen, eine <strong>Arbeit</strong>sstelle<br />

zu finden – geschweige denn langfristig beruflichen Erfolg<br />

zu haben.<br />

Oftmals besteht unsere <strong>Arbeit</strong> daher darin, unsere KlientInnen von


und Armut<br />

ihren selbstgesteckten „Endzielen“, wie bspw. <strong>Arbeit</strong>, Drogenabstinenz<br />

oder Beziehung zu szenefernen PartnerInnen, abzubringen<br />

und den Fokus auf realistischere kleinere Teilziele bzw. Erfolge zu<br />

lenken – was ja konzeptionell auf Seiten der Sozialarbeit, gerade im<br />

niederschwelligen und akzeptanzorientierten Bereich, schon lange<br />

Standard ist.<br />

Eng verbunden mit der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland ist<br />

die Entstehung von Armut. Dabei ist die Frage, was überhaupt als<br />

Armut zu bezeichnen ist und was nicht, seit jeher umstritten.<br />

Wissenschaftlich ist es üblich, Menschen in den westlichen Industrienationen<br />

als arm zu bezeichnen, deren Einkommen einen bestimmten<br />

Prozentsatz des Durchschnittseinkommens nicht übersteigt.<br />

Die sogenannte Armutsrisikoschwelle liegt laut EU-<br />

Kommission bei 60 Prozent des mittleren Einkommens eines Landes.<br />

Als arm gilt, wer weniger als 50 Prozent des mittleren Einkommens<br />

zur Verfügung hat. Im Jahr 2003 bspw. lag dieses mittlere<br />

Pro-Kopf-Jahreseinkommen bei 16.002 Euro.<br />

Wenn man, wie zuvor beschrieben, davon ausgeht, dass nur wenige<br />

unserer KlientInnen einem Beschäftigungsverhältnis nachgeht,<br />

selbst wenn sie dazu in der Lage wären, und sie daher zumeist von<br />

<strong>Arbeit</strong>slosengeld II bzw. Grundsicherung leben, ist es klar, das sich<br />

die überwiegende Mehrheit der Klientel weit unter der Armutsgrenze<br />

befindet – erst recht, wenn man bedenkt, welche Summen<br />

Drogensüchtige tagtäglich aufbringen müssen, um ihren Suchtdruck<br />

zu befriedigen.<br />

Aber selbst die wenigen KlientInnen, die soweit stabilisiert sind,<br />

dass sie allein mit den Regelsätzen tatsächlich ihren Monatsbedarf<br />

bestreiten können, sind kaum in der Lage mit dem Hartz-IV-Betrag<br />

vor allem perspektivisch und nicht nur provisorisch adäquat am gesellschaftlichen<br />

Leben zu partizipieren.<br />

Auch bei der Wohnungssuche zeigt sich, wie schwierig es ist, aus<br />

besonders armen Lebensumständen wieder in geordnetere Verhältnisse<br />

zu gelangen. Die verzweifelte Suche unserer KlientInnen<br />

55


56<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit<br />

nach Wohnungen, deren Miethöhe vom Amt getragen wird, ist<br />

bleibt sehr oft erfolglos. Diesen Wohnungsmangel nutzen vielerorts<br />

Vermieter aus, um eigentlich im aktuellen Zustand kaum vermietbare<br />

Wohnungen zu überteuerten Preisen teilweise ohne Strom,<br />

Heizung oder fließend warmes Wasser an Hartz-IV-Empfänger zu<br />

vermieten, die glücklich sind, überhaupt ein festes Dach über dem<br />

Kopf zu haben und es daher nur selten wagen, sich zu beschweren<br />

oder gar rechtliche Schritte einzuleiten (Spiegel TV berichtete zuletzt<br />

aus mehreren Städten deutschlandweit). Der Aufbau eines<br />

adäquaten Hausstandes oder eine vernünftige gesundheitsförderliche<br />

Ernährung geraten bei derartigen Wohnverhältnissen schnell in<br />

den Hintergrund.<br />

Aber auch die Grundbedürfnisse der KlientInnen unserer Notschlafstelle<br />

wie Ernährung oder auch medizinische Grundversorgung …..<br />

Durch unsere Essens-Angebote im Kontakt-Café versuchen wir, zumindest<br />

eine Grundversorgung sicherzustellen. Auch die Paderborner<br />

Tafel oder der SKM – Sozialdienst katholischer Männer arbeiten<br />

bspw. mit ihren Angeboten daran, Menschen aus armen Verhältnissen<br />

zu versorgen. Eine umfassende Ernährung, vor allem der obdachlosen<br />

oder drogensüchtigen Personen, die aufgrund ihres Alltages<br />

eigentlich ein viel höheres Maß an ausgewogener Ernährung<br />

bedürften, ist mit Hartz-IV-Regelsätzen kaum möglich.<br />

Die medizinische Erst- bzw. Grundversorgung ist ein weiteres Problemfeld<br />

von Menschen aus besonders armen Verhältnissen. Oftmals<br />

können sie gerade gegen Ende des Monats die Praxis- oder die<br />

Rezeptgebühr nicht aufbringen und schieben daher zum Teil dringend<br />

notwendige Behandlungen oftmals sehr lange vor sich her.<br />

Ende des letzten Jahres ergab sich kurzfristig die Möglichkeit ein<br />

Projekt „zur Medizinische Erstversorgung“ mit Hilfe eines ehrenamtlich<br />

arbeitenden Arztes in den Räumen des <strong>B2.Streetwork</strong> anzubieten.<br />

Leider konnte das Projekt zunächst doch nicht umgesetzt<br />

werden, aber wenn sich erneut die Chance bietet, auf ehrenamtlicher<br />

Basis ein solches Angebot zu installieren, werden wir natürlich<br />

wieder versuchen, die Grundversorgung unserer Klienten auf den<br />

medizinischen Bereich auszudehnen.


und Armut<br />

Besonders häufig von Armut betroffen sind Kinder aus sozial<br />

schwachen Familien, zu denen der Großteil der Familien mit einem<br />

oder zwei suchtkranken Elternteilen gehört. Die Armut der Kinder<br />

basiert selbstredend auf der Armut der Eltern, die gerade bei drogensüchtigen<br />

Eltern besonders stark ist. Die Qualität der familialen<br />

Beziehungen hat großen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder. Eine<br />

sichere Bindung zwischen Eltern und Kind, unterstützende Erziehungsmaßnahmen,<br />

eine Einbindung in verwandtschaftliche und<br />

nachbarschaftliche soziale Netze oder eine gute Schule und Wohngegend<br />

können beschützend für Kinder wirken. Faktoren, die bei<br />

Kindern von Eltern aus der Drogenszene oft fehlen.<br />

Der wichtigste Faktor, sich aus armen Verhältnissen zu befreien, ist<br />

eine gute Schulbildung. Der Großteil der Kinder unserer KlientInnen<br />

besucht jedoch Haupt- und Realschulen bzw. Förderschulen mit<br />

verschiedenen Entwicklungsschwerpunkten. Neben den möglicherweise<br />

schlechteren Schulleistungen kommt bei der Auswahl<br />

der „richtigen“ Schulform erschwerend hinzu, dass Eltern aus sozial<br />

schwachen Verhältnissen nach der Primarstufe zur niedrigeren<br />

Schulform tendieren - selbst wenn ihr Kind auch auf einer höheren<br />

eingeschult werden könnte. LehrerInnen verfahren bei ihrer Schulempfehlung<br />

für SchülerInnen aus sozial schwachen Familien unbewusst<br />

häufig ähnlich. Das starre und undurchlässige dreigliedrige<br />

Schulsystem lässt heutzutage jedoch kaum Möglichkeiten, sich<br />

nachträglich für eine höhere Schulform zu empfehlen. Gerade<br />

Haupt- und FörderschülerInnen haben durch die quantitative Verschiebung<br />

der Schülerzahlen hin zu Gymnasien und Realschulen<br />

und dem sich daraus ergebenden Überangebot an qualifizierteren<br />

SchulabgängerInnen schlechtere Chancen auf einen Ausbildungsplatz<br />

und somit einen erlernten Beruf. Die derzeitige <strong>Arbeit</strong>smarktsituation<br />

für junge Menschen, in der immer mehr höher qualifizierte<br />

und immer weniger geringqualifizierte Auszubildende gesucht<br />

werden, kommt im Jugendalter verschärfend hinzu.<br />

57


Bild im Original: www.aktuellekamera.de<br />

Zur innovativen<br />

Drogenhilfe


Über den Tellerrand hinaus<br />

Diamorphinvergabe und Konsumräume in anderen Städten<br />

In diesem Beitrag wollen wir einen Blick über den Paderborner Tellerrand<br />

hinaus wagen und zwei relativ neue Bausteine der Drogenhilfe<br />

betrachten, die seit einiger Zeit bereits auch in NRW angeboten<br />

werden. Die Möglichkeit zur diamorphingestützten Behandlung von<br />

Suchtkranken besteht seit Inkrafttreten des Gesetzesbeschlusses des<br />

Bundestages/-rates vom Juli <strong>2009</strong>. Wann und inwieweit diese in Paderborn<br />

umgesetzt wird, muss abgewartet werden. Teststudien in<br />

anderen Städten laufen bereits seit einigen Jahren.<br />

Das Für und Wider eines Konsumraumes für illegale Drogen wird in<br />

den zuständigen Paderborner Gremien und <strong>Arbeit</strong>skreisen schon<br />

länger diskutiert - bisher ohne abschließendes Ergebnis.<br />

In der bundesweit angelegten Heroinstudie (das Land NRW war mit<br />

den Städten Köln und Bonn vertreten) wurde die Wirksamkeit der<br />

methadongestützten Substitutionsbehandlung mit der heroin- bzw.<br />

diamorphingestützten Behandlung verglichen. Die TeilnehmerInnen<br />

waren schwerstabhängige Menschen, die seit vielen Jahren Heroin<br />

und oftmals zusätzlich diverse andere Suchtmittel konsumierten<br />

und von einer Methadonbehandlung langfristig nicht profitierten<br />

oder die vom therapeutischen System nicht erreicht wurden.<br />

Nach zwölfmonatiger Behandlungsdauer konnte aufgrund der Studie<br />

wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass die Diamorphinbehandlung<br />

(Diamorphin: künstlich hergestelltes Heroin) gegenüber<br />

der Methadonbehandlung deutlich bessere Ergebnisse aufweisen<br />

kann.<br />

Bei der Studie wurden Suchtkranke mit ähnlichen Voraussetzungen<br />

zwei Gruppen zugelost. Die erste Gruppe wurde mit Diamorphin<br />

anstelle des Straßenheroins substituiert, während die zweite Gruppe<br />

mit dem weitverbreiteten Methadon substituiert wurde (Kontrollgruppe),<br />

um die Ergebnisse der Diamorphingruppe in Relation<br />

setzen zu können.<br />

von<br />

Niko Markantonatos<br />

(Dipl.-Sozialpädagoge)<br />

und<br />

Andreas Beisbart<br />

(Dipl.-Sozialpädagoge)


60<br />

Diamorphinvergabe<br />

Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick:<br />

- bei 80% der DiamorphinpatientInnen kam es zu einer gesundheitlichen<br />

Verbesserung, gegenüber 74% bei der<br />

Methadongruppe<br />

- ein Rückgang des illegalen Drogenkonsums trat in der Diamorphingruppe<br />

bei 69,1% der PatientInnen auf, in der<br />

Methadongruppe nur bei 55,2%.<br />

- die (Durch)Haltequote unterscheidet sich deutlich: nach 12<br />

Monaten waren noch 67% der PatientInnen in der Diamorphinbehandlung<br />

verblieben, PatientInnen der Methadongruppe<br />

(Kontrollgruppe) beendeten hingegen nur<br />

zu 39% ihre Behandlung.<br />

- ein Drittel derjenigen StudeinteilnehmerInnen, die der Methadongruppe<br />

zugelost wurden, trat die Behandlung erst<br />

gar nicht an.<br />

- 31% der PatientInnen, die aus der Diamorphingruppe ausschieden,<br />

wechselten in eine andere Substitutionsbehandlung,<br />

8% sogar in eine Abstinenztherapie.<br />

Mit der heroingestützten Behandlung können folglich mehr Opiatabhängige<br />

therapeutisch erreicht werden, die anschließend auch<br />

in andere etablierte Therapien überführt werden können.<br />

Ferner zeigte sich, dass sich die DiamorphinpatientInnen in größerem<br />

Ausmaß von der Drogenszene lösen konnten. So suchte nach<br />

zwölf Monaten die Hälfte der DiamorphinpatientInnen die Drogenszene<br />

nicht mehr auf, innerhalb der Methadonbehandlung hatten<br />

noch 60% der PatientInnen Kontakt zur Szene.<br />

Eine qualitative und eine quantitative Spezialstudie konnten eine<br />

generell stabilisierende, kriminalitätsmindernde Wirkung der Diamorphinvergabe<br />

nachweisen. Zwar ist ein großer Teil der in Behandlung<br />

befindlichen PatientInnen weiter kriminell, vor allem mit


und Konsumräume<br />

Delikten wie Klein- und Ladendiebstählen sowie Schwarzfahren.<br />

Der Wegfall des Beschaffungsdrucks als primärer Grund für die<br />

Kriminalität sowie der Abstand von der Szene und von kriminellen<br />

Verhaltensweisen (auch im Bereich der Gewaltkriminalität)<br />

führten jedoch nachweisbar zu einem Rückgang der Delinquenz.<br />

In der Auswertung sowohl selbst berichteter Delinquenz sowie der<br />

Abfrage von Tatverdächtigendaten der Polizei zeigten sich erneut<br />

die deutlichen Vorteile der Diamorphin- gegenüber der Methadonbehandlung:<br />

Bei Personen, die über das ganze Jahr in der Behandlung<br />

verblieben, sank der Anteil der TeilnehmerInnen, die von der<br />

Polizei wegen irgendeines Delikts registriert wurden, in der Diamorphingruppe<br />

von 55% auf 39%. In der Methadongruppe verringerte<br />

sich dieser Anteil jedoch nur von 58% auf 55%.<br />

Schwerstabhängige benötigen um ihren Tagesbedarf an Suchtmitteln<br />

abdecken zu können etwa zwischen 50 bis 150€ am Tag. Berücksichtigt<br />

man den positiven Effekt der diamorphingestützten<br />

Behandlung auf die Kriminalitätsrate der Suchtkranken, sind weitere<br />

positive Auswirkungen schnell erkennbar.<br />

Plakativ gesprochen: Die Anzahl der durch suchtkranke Menschen<br />

begangenen Ladendiebstähle oder Einbrüche in Privatwohnungen<br />

würden verringert. Suchtkranke müssten sich weniger häufig prostituieren,<br />

würden seltener SeniorInnen überfallen oder ihre Eltern<br />

bestehlen und würden weniger dealen, um ihre Sucht finanzieren<br />

zu können - auch in Paderborn.<br />

Des Weiteren würden die eklatanten Nebenwirkungen von Drogensucht<br />

wie bspw. Wohnungsverlust, Verkauf persönlicher Habseligkeiten,<br />

Kontaktverlust zu Eltern und ehemaligen Freunden oder Inhaftierungen<br />

abgemildert. Dies wäre insbesondere bei jungen<br />

suchtkranken Menschen mit zeitlich überschaubarer Drogenvergangenheit<br />

mehr als sinnvoll, bevor sie Sozialisationsprozesse der<br />

61


62<br />

Diamorphinvergabe<br />

Drogenszene durchlaufen und delinquente Verhaltensweisen adaptieren.<br />

Mit der Aufnahme der Heroinbehandlung in die Regelversorgung<br />

hat der Bundestag den Weg frei gemacht, damit alle Menschen diese<br />

Behandlung bekommen können, die sie brauchen. Die kürzlich<br />

bekannt gewordenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />

(G-BA), dem obersten Beschlussgremium der gemeinsamen<br />

Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten,<br />

Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland, weisen allerdings<br />

in die falsche Richtung: durch überzogene und kaum zu finanzierende<br />

Auflagen wird es schwer kranken Menschen die Aussicht<br />

auf diese kassenärztliche Behandlung wieder genommen.<br />

Ein weiterer, recht neuer, jedoch wichtiger Baustein im Bereich der<br />

Drogenhilfe ist seit einigen Jahren die Einrichtung eines Konsumraumes<br />

für selbst mitgebrachte (illegale) Suchtmittel. In der näheren<br />

Umgebung von Paderborn haben Suchtkranke bspw. in Bielefeld<br />

(DHZ), Münster (INDRO) oder Dortmund (K!CK) die Möglichkeit<br />

zur hygienisch-kontrollierten Applikation der mitgeführten Drogen<br />

unter professioneller medizinischer Aufsicht. In Paderborn selbst<br />

gibt es ein solches Angebot noch nicht.<br />

Die Intention solcher Drogenkonsumräume u.a. ist, die durch Drogenkonsum<br />

bedingten Gesundheitsgefahren zu senken, um damit<br />

insbesondere das Überleben von Abhängigen zu sichern. Aber auch<br />

die Behandlungsbereitschaft der Abhängigen kann so durch den<br />

ständigen Kontakt geweckt werden - wodurch der eventuelle Einstieg<br />

in den Ausstieg aus der Sucht eingeleitet bzw. die Inanspruchnahme<br />

weiterführender insbesondere suchttherapeutischer Hilfen<br />

einschließlich der vertragsärztlichen Versorgung gefördert werden<br />

könnte.<br />

Die Voraussetzungen für Suchtkranke, Konsumräume nutzen zu<br />

dürfen, sind nicht so restriktiv, wie bei der diamorphingestützten


und Konsumräume<br />

Behandlung - ortsfremde Personen, Erst- bzw. GelegenheitskonsumentInnen<br />

oder auch Menschen die das 18. Lebensjahr noch nicht<br />

vollendet haben sind allerdings ausgeschlossen.<br />

Die Statistiken zeigen, dass die Akzeptanz und das Vertrauen in das<br />

Hilfeangebot Konsumraum auf hohem Niveau stabil sind bzw.<br />

wachsen. So weist bspw. der Konsumraum des K!CK in Dortmund<br />

jährliche Steigerungsraten der Konsumvorgänge um mehr als 10%<br />

auf - 2007 waren es über 26.000 die sich auf über 560 Personen<br />

verteilten. In Bielefeld finden seit Beginn des Konsumraumangebotes<br />

jährlich etwa 12-14.000 Konsumvorgänge statt. Bedenkt man,<br />

dass das <strong>B2.Streetwork</strong> <strong>2009</strong> etwa 105.000 Spritzen über das Safer-<br />

Use-Angebot heraus gegeben hat, lässt sich darauf schließen, dass<br />

ein solcher Konsumraum auch in Paderborn eine sinnvolle Ergänzung<br />

für das Angebotsspektrum im Bereich der Drogenhilfe sein<br />

könnte.<br />

Die Vorteile eines solchen Konsumraumes sind dabei nicht nur auf<br />

Seiten der Suchtkranken zu sehen.<br />

Ein Großteil der Suchtkranken, auch diejenigen, die nicht ohne festen<br />

Wohnsitz sind, halten sich tagsüber im Innenstadtbereich auf -<br />

müssen jedoch in regelmäßigen Abständen konsumieren. Durch die<br />

ständige Gefahr durch Ordnungswächter oder Passanten bei ihren<br />

Konsumvorgängen entdeckt zu werden, konsumieren Abhängige<br />

mitunter in Gebüschen, auf Spielplätzen, öffentlichen Toiletten, Garagen,<br />

Kellereingängen etc. Oft wird das benutzte Spritzbesteck,<br />

aus Angst damit erwischt zu werden, einfach liegen gelassen. So besteht<br />

natürlich die Gefahr, dass sie z.B. auch in Kinderhände gelangen<br />

können. Das Verantwortungsbewusstsein für andere Menschen<br />

lässt leider bei vielen aufgrund des harten Straßen- bzw. Suchtlebens<br />

im Laufe der Zeit nach.<br />

Wir leisten permanente Aufklärungsarbeit und versuchen zumindest<br />

unsere KlientInnen für die Gefahren unsachgemäßer Entsorgung<br />

der Konsumutensilien zu sensibilisieren. Des Weiteren haben<br />

wir einen Spritzensammeldienst installiert, der bspw. die öffentlichen<br />

Toiletten im<br />

63


64<br />

Diamorphinvergabe und Konsumräume<br />

Stadtgebiet nach Konsumrückständen absucht. Einen vollständigen<br />

Schutz können natürlich weder wir noch die Ordnungseinrichtungen<br />

der Stadt Paderborn gewährleisten - erst Recht, wenn man bedenkt,<br />

dass die Zahl der Schwerstabhängigen im Ort auf über 1000<br />

Personen geschätzt wird.<br />

Ein Konsumraum könnte eine wesentliche Verbesserung schaffen.<br />

Das Risiko für unbeteiligte Personen und vor allem für Kinder würde<br />

deutlich verringert werden.<br />

Inwieweit ein solcher Konsumraum von der Zielgruppe genutzt<br />

werden würde, könnte sich durch eine vom B2 im März durchgeführte<br />

Befragung unter den Paderborner Szeneangehörigen herauskristallisieren.<br />

Die Ergebnisse lagen bei der Fertigstellung des<br />

<strong>Jahresbericht</strong>s noch nicht vor. Prinzipiell sollte man sie allerdings<br />

ohnehin relativ sehen. Die Akzeptanz und das Vertrauen, sich bei<br />

einem Konsumvorgang unter die Aufsicht von medizinischem und<br />

sozialpädagogischem Personal zu begeben, muss vermutlich erst<br />

über einen längeren Zeitraum hinweg aufgebaut werden, um eine<br />

entsprechende Resonanz und den finanziellen Aufwand rechtfertigende<br />

Nutzerzahlen zu bekommen. Das Leben in der Illegalität und<br />

der Verborgenheit hat sich bei vielen stark manifestiert, so dass sich<br />

nicht jeder spontan vorstellen kann, beim „Ballern“ beobachtet zu<br />

werden - noch dazu von Fachpersonal.<br />

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans,<br />

hat kürzlich die Wichtigkeit der Angebote zur gesundheitlichen Versorgung<br />

für Drogenabhängige hervorgehoben und in Zusammenhang<br />

mit fallenden Zahlen von Drogentoten gebracht. Ausdrücklich<br />

erwähnte sie dabei: „Maßnahmen zur Schadensreduzierung, wie<br />

die qualitätsgestützte Substitutionsbehandlung mit Methadon oder<br />

Buprenorphin, Drogenkonsumräume, Spritzentausch und Kontaktläden<br />

sowie die diamorphingestützte Behandlung, die derzeit in die<br />

Regelversorgung überführt wird.“<br />

Soll diese jedoch effektiv sein, muss sie möglichst niedrigschwellig<br />

allen zugänglich gemacht werden, die von dieser Behandlung profitieren<br />

können.


Substitutvergabe<br />

Neue Richtlinien ab 2010<br />

Im März 2010 sind durch die Bundesärztekammer neue Richtlinien<br />

für die ärztliche Substitutionsbehandlung erlassen worden. Die<br />

Neuerungen waren u.a. nötig geworden, weil durch die Entscheidung<br />

des Bundestages im Sommer <strong>2009</strong> die Diamorphinvergabe geregelt<br />

werden musste.<br />

Darüber hinaus hat die BÄK auf verschiedene wissenschaftliche und<br />

praktische Entwicklungen reagiert und Regelungen vereinfacht.<br />

Die Substitution hat sich im Laufe der Zeit zu einer anerkannten Behandlungsmethode<br />

bei Opiatabhängigkeit entwickelt. Insbesondere<br />

bei Schwangeren ist sie die Behandlung der Wahl. Das Erreichen<br />

der Abstinenz steht nicht mehr im Vordergrund, sondern die Behandlungsziele<br />

sind jeweils am Einzelfall und an der gegenwärtigen<br />

Situation des Patienten auszurichten. Hierin spiegeln sich einerseits<br />

wissenschaftliche Evidenz wieder, aber auch praktische Erfahrungen:<br />

nur mit einer auf den Patienten ausgerichteten individualisierten<br />

und an den jeweiligen Ressourcen ausgerichteten Therapie<br />

kann die schwere Erkrankung Opiatabhängigkeit stabilisiert bzw.<br />

überwunden werden. Die Abstinenzorientierung stellte lediglich einen<br />

zusätzlichen Druck dar, der das Arzt-Patient-Verhältnis gestört<br />

hat, und aufgrund unrealistischer Vorgaben und Erwartungen eher<br />

zu Behandlungsabbrüchen, denn zu Behandlungserfolgen geführt<br />

hat.<br />

Großen Wert gelegt wird auf ein umfassendes Therapiekonzept,<br />

wobei Zielformulierung und –umsetzung wesentlich von der individuellen<br />

Situation des Patienten abhängen. Auch die Vermittlung in<br />

psychosoziale Maßnahmen ist Teil des Therapiekonzeptes. Dieses<br />

wird von der BÄK weiter konkretisiert: „Gegenstand der psychosozialen<br />

Maßnahmen ist es, die Erreichung der identifizierten Therapieziele<br />

durch geeignete Hilfe zu befördern. (…) Eine psychosoziale<br />

Betreuung (PSB) erfolgt nach den von der Drogenhilfe erarbeiteten<br />

Standards. Art und Umfang richten sich nach der individuellen Situation<br />

und dem Krankheitsverlauf des Patienten. Ihre Verfügbarkeit<br />

ist von den zuständigen Kostenträgern sicherzustellen.“ Arzt<br />

und PSB-Stelle sollen bei der Umsetzung des Therapieplans<br />

von<br />

Andreas Beisbart<br />

(Dipl.-Sozialpädagoge)


66<br />

Neue Richtlinien<br />

kooperieren, wobei der Arzt auf die Inanspruchnahme der Hilfen<br />

hinwirken soll. Bei akuten gesundheitlichen Gefahren kann eine<br />

Substitution ausnahmsweise auch erfolgen, „wenn und solange eine<br />

psychosoziale Betreuung nicht möglich ist.“<br />

Die BÄK bestätigt damit eindeutig die Bedeutung der PSB für einen<br />

Behandlungserfolg. Es sind ja am Ende Sozialarbeiter und Pädagogen,<br />

die maßgeblich zu einer Verbesserung der Wohn-, <strong>Arbeit</strong>s-<br />

Schuldensituation und damit für eine höhere Wahrscheinlichkeit<br />

einer Wirksamkeit der Behandlung beitragen.<br />

Eine deutliche Verbesserung der Regelung ergibt sich für die Take-<br />

Home-Vergabe. Bisher war es erst nach sechs Monaten möglich, die<br />

für sieben Tage nötige Dosis auf Rezept mit nach Hause zu bekommen.<br />

Nach den neuen Richtlinien ist diese Möglichkeit nun ausschließlich<br />

an inhaltliche Kriterien geknüpft. Insbesondere setzt eine<br />

„Take-home-Verordnung“ voraus, dass eine klinische Stabilisierung<br />

stattgefunden hat und die soziale Integration fortgeschritten<br />

ist. Das bedeutet vor allem für Menschen die im <strong>Arbeit</strong>sleben stehen<br />

eine Erleichterung. Sie müssen in Zukunft nur noch einmal pro<br />

Woche in die Praxis, statt bislang jeden Tag.<br />

Von dem Begriff „Beikonsum“ hat sich die BÄK verabschiedet. Nach<br />

wie vor sind jedoch Kontrollen zur Überprüfung des Konsums anderer<br />

psychotroper Substanzen Teil der Behandlung. Die Kontrollintervalle<br />

sind – nach der Eindosierungsphase – individuell an den<br />

Berhandlungsverlauf anzupassen. Wird ein aktueller Beikonsum<br />

festgestellt, bedeutet das nicht automatisch, dass keine Substitutionsmittel<br />

vergeben oder die Behandlung ganz eingestellt wird.<br />

Stattdessen soll der Arzt „die Ursache eruier[en] und nach Möglichkeiten<br />

ihrer Beseitigung“ suchen.<br />

Mit dieser Veränderung trägt die BÄK dem Umstand Rechnung,<br />

dass Rückfälle Teil des Krankheitsbildes einer Opiatabhängigkeit<br />

sind, die nicht einfach durch Sanktionen beantwortet werden können.<br />

Erst ein fortgesetzter, problematischer Konsum anderer gefährdender<br />

Substanzen führt zu einer Beendigung der Substitutionsthera<br />

pie. Vorher ist anzustreben, den Patienten möglichst weiter in der<br />

Behandlung zu halten, auch bei Verstößen. Alle anderen Interven-


der Substitutvergabe<br />

tionsmöglichkeiten sollten ausgeschöpft werden, wobei explizit<br />

Entgiftungsbehandlung, Dosisanpassung und der Wechsel in ein<br />

anderes therapeutisches Angebot genannt werden. Im Falle eines<br />

Abbruchs der Behandlung sollte das Absetzen des Substitutionsmittels<br />

ausschleichend in vereinbarten Schritten erfolgen.<br />

Als Fazit kann festgehalten werden, dass die Substitutionsbehandlung<br />

weiter auf dem Weg ist, eine normale Behandlungsmethode zu<br />

werden. Viele der jetzt eingearbeiteten Veränderungen sind von<br />

Praktikern der Suchthilfe schon vor Jahren gefordert worden.<br />

Wenig Auswirkungen werden die neuen Richtlinien allerdings auf<br />

den Umstand haben, dass die Substitutionsbehandlung für Ärzte<br />

unattraktiv ist. Eine weit reichende Kontrolle der behandelnden<br />

ÄrztInnen durch die Kassenärztliche Vereinigung und die nach wie<br />

vor prekäre rechtliche Situation machen die Behandlung für viele<br />

uninteressant. Bundesweit besteht in einigen Regionen eine mangelhafte<br />

Versorgungssituation, die sich durch die absehbare Verrentung<br />

einiger substituierender ÄrztInnen in den nächsten Jahren<br />

noch verschlechtern könnte. Auch in Paderborn wird es für Abhängige<br />

zunehmend schwieriger, im Bedarfsfall schnell einen Substitutionsplatz<br />

zu bekommen. Oft muss eine längere Wartezeit in Kauf<br />

genommen werden, die mit Heroinkonsum überbrückt wird. Eine<br />

Situation, die eigentlich so nicht tragbar ist.<br />

Substitutionsbehandlung ist eine Kassenleistung, die Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen haben den Auftrag, eine flächendeckende Versorgung<br />

zu gewährleisten. Für die Drogennutzer bedeutet die Wartezeit<br />

auf einen Substitutionsplatz, sich weiterhin illegal Stoff besorgen<br />

zu müssen, erneut oder weiterhin straffällig zu werden und<br />

sich all den Gefahren auszusetzen, die der Konsum von „dreckigem<br />

Straßenheroin“ mit sich bringt. Nicht zuletzt für Abhängige, die<br />

nach einem Haftaufenthalt oder einer längeren Zeit der Abstinenz<br />

oder des nur gelegentlichen Konsums mittels einer Substitutionsbehandlung<br />

das erneute Abrutschen in die Illegalität verhindern<br />

wollen, sind solche Wartezeiten fatal: innerhalb von wenige Wochen,<br />

manchmal Tagen bewegen sie sich wieder in ihren gewohnten<br />

Strukturen aus Beschaffungskriminalität, Lethargie und der Jagd<br />

nach dem nächsten Schuss.<br />

67


68<br />

Interview<br />

mit einem Drogenabhängigen<br />

Das von Claudia Schmidtke geführte Interview mit einem Klienten unserer Einrichtung<br />

umreißt kurz dessen gesamte Lebensspanne und gewährt dadurch einen Einblick in<br />

mögliche Startpunkte bzw. Entstehungsursachen der Suchtmittelabhängigkeit.<br />

Die getroffenen Aussagen könnten sicher in ähnlicher Weise auf viele andere KlientInnen<br />

zutreffen und sollen exemplarisch aufzeigen, in wie weit sich bei jedem unter<br />

gewissen Umständen eine Suchtmittelabhängigkeit entwickeln könnte. Sucht hat immer<br />

eine Geschichte.<br />

Mein Klient fand die Idee, den Lesern des <strong>Jahresbericht</strong>es durch ein Interview einen<br />

Einblick „aus erster Hand“ zu gewähren sehr gut und war sofort bereit dabei mitzuwirken.<br />

Der Klient ist 27 Jahre alt und versucht derzeit nochmals eine Entgiftung mit<br />

anschließender Therapie anzugehen. Sein Wunsch und sein Ziel ist es, anschließend<br />

wieder in seinem Beruf arbeiten zu dürfen und eine Beziehung zu einer Frau aufzubauen,<br />

die nichts mit der Drogenszene zu tun hat.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Vielen Dank, dass Du Dich bereit erklärt<br />

hast, Dich für unseren <strong>Jahresbericht</strong><br />

interviewen zu lassen.<br />

Klient:<br />

Ich mache gerne mit. Ich persönlich finde<br />

das sogar gut, dass sich jemand so<br />

für mich interessiert.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Gab es während Deiner Kindheit Ereignisse<br />

oder Erfahrungen, die für Dich<br />

ganz besonders prägnant waren?<br />

Klient:<br />

Ja, die Scheidung meiner Eltern. Ich war<br />

da sieben Jahre alt. Bis dahin war soweit<br />

alles in Ordnung, denke ich.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Was genau meinst Du mit „denke ich“?<br />

Klient:<br />

Na ja, mein Vater ist Alkoholiker und<br />

hat sich auch ab und zu eine<br />

„Koksnase“ gezogen. Deshalb hatten<br />

wohl meine Eltern öfters Streit und<br />

dabei kam es auch zu Handgreiflichkeiten,<br />

also sprich mein Vater hat meine<br />

Mutter geschlagen.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Haben sie sich deshalb getrennt?<br />

Klient:<br />

Ja, genau. Damit ich als 7-jähriger Junge<br />

davon verschont bleibe, ist meine Mutter<br />

gegangen, sagt sie. Später habe ich<br />

das auch verstanden.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Habt ihr damals Unterstützung von<br />

anderen Familienmitgliedern bekommen?<br />

Klient:<br />

Leider nein, da sie selbst alle am Kiffen<br />

waren.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Bist du dann bei deiner Mutter


geblieben?<br />

Klient:<br />

Ja, bis zu meinem 14. Lebensjahr<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Und danach?<br />

Klient:<br />

Mein Vater wollte das Sorgerecht, aber<br />

für mich war damals schon klar, dass es<br />

ihm nur um das Geld ging. Bei meiner<br />

Mutter wollte ich aber auch nicht mehr<br />

bleiben. Daher bin ich zur Oma, wo<br />

auch mein Onkel wohnte, über den ich<br />

den ersten aktiven Kontakt mit Drogen<br />

bekam.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Was heißt das genau?<br />

Klient:<br />

Mein Onkel hatte Hanfpflanzen angebaut<br />

und ich hatte mir mit elf Jahren<br />

immer schon mal etwas davon genommen,<br />

wenn ich dort war. Das hatte<br />

niemand gemerkt. Mit ca. 13 Jahren<br />

habe ich dann täglich geraucht. Für<br />

mich war das normal, mein Onkel war<br />

eigentlich cool drauf. Wir hatten immer<br />

viel Spaß, auch mit seinen Kumpels. Bis<br />

dahin war nur Haschisch für mich interessant.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Wie bist du dann auf härtere Drogen<br />

gekommen, auch über deinen Onkel?<br />

Klient:<br />

Nein, ich bin mit 15 Jahren nach einer<br />

Party an einen DJ geraten, der Drogen<br />

nahm. Und da habe ich zum ersten Mal<br />

Interview mit einem Drogenabhängigen<br />

Speed genommen als Pulver durch die<br />

Nase. Die Hemmschwelle war dann erst<br />

einmal weg. Aber vor Pillen hatte ich<br />

immer noch Angst…<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Später dann nicht mehr?<br />

Klient:<br />

Ich habe Bücher gelesen, über das<br />

Glücksgefühl von Ecstasy. Da habe ich<br />

erst einmal eine Nase gezogen und<br />

später habe ich sie gefressen … als Pillen.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Hattest Du zu dieser Zeit noch Kontakt<br />

zu Deiner Mutter?<br />

Klient:<br />

Nein, sie war nach Hamm gezogen, da<br />

sie nicht damit klargekommen war, dass<br />

ich nicht mehr bei ihr bleiben wollte.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

War das für dich ein Fehler?<br />

Klient:<br />

Ja, im Nachhinein kann ich das so sagen.<br />

Obwohl meine Mutter auch gekifft hat,<br />

aber nie vor mir. Bei ihr durfte ich auch<br />

erst ab 18 Jahren rauchen.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Du hattest mir früher schon einmal<br />

erzählt, dass Du eine Lehre als Koch<br />

angefangen hast, wann genau war das?<br />

Klient:<br />

Das war von 1999 bis 2001 in Lippstadt.<br />

Danach war ich in Wünnenberg tätig<br />

und fast fertig mit meiner Ausbildung.<br />

69


70<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Das heißt, Du hast die Ausbildung nicht<br />

beendet?<br />

Klient:<br />

Mein Chef in Wünnenberg hat damals<br />

meine Freundin ganz übel beleidigt hat.<br />

Als sie mich anrief und mir das erzählte,<br />

habe ich rot gesehen und bin auf ihn los<br />

gegangen. Meine Freundin war in der<br />

Zeit für mich das Ein und Alles und wir<br />

waren auch sehr lange zusammen.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Er hat Dir dann gekündigt und was hast<br />

Du danach gemacht?<br />

Klient:<br />

Ja, hat er. Ich habe mich dann anschließend<br />

mit kleineren Jobs über Wasser<br />

gehalten.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Hattest Du da noch Deine Freundin?<br />

Klient:<br />

Nein, nicht mehr. Kurze Zeit später haben<br />

sie mir auch meinen Führerschein<br />

abgenommen.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Wie ging es danach weiter?<br />

Klient:<br />

2002-2003 war ich wieder mit meiner<br />

Freundin zusammen. Sie war mein Leben<br />

und sie war meine Droge. Nach der<br />

erneuten Trennung sah ich den ganzen<br />

Scherbenhaufen vor mir. Da habe ich<br />

mir eine Nase mit Heroin gezogen. Das<br />

war ein so unbeschwertes Glücksgefühl,<br />

alles war so schön und alles Schlechte<br />

Interview<br />

war vergessen. Doch am nächsten Tag<br />

war alles wieder da. Ich habe mich<br />

schlecht gefühlt und ich wollte die erlebte<br />

Entspannung wieder haben. Da<br />

habe ich mir wieder Heroin geholt.<br />

Mein bester Freund und ich sind dann<br />

wieder los.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Bist du seitdem drauf?<br />

Klient:<br />

Ja. Ich bin sofort richtig dabei gewesen.<br />

Ich vermisse das Gefühl sofort, wenn ich<br />

nichts nehme und möchte das wieder<br />

haben, sofort.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Wie lange hast Du dann Heroin genommen?<br />

Klient:<br />

Na ja, jetzt seit ca. 7 Jahren. Selbst im<br />

Knast gab es kaum Cleanzeiten.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Wie lange warst du im Knast?<br />

Klient:<br />

2006 bis 2007 und Anfang 2008 bis<br />

Ende 2008 Von dort bin ich dann auf<br />

35er (Paragraph 35 des BtMG - Therapie<br />

statt Strafe) raus in Therapie. Das war<br />

meine erste Therapie in Olsberg. <strong>2009</strong><br />

im April bin ich dort rausgeflogen.<br />

Im Juni bin ich dann wieder in die Entgiftung,<br />

aber auch dort bin ich rausgeflogen.<br />

Dann bin ich zu meiner Mutter<br />

nach Hamm.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Wie viele Jahre/ Monate hast Du jetzt


noch offen?<br />

Klient:<br />

Nein, Jahre sind es nicht aber ich müsste<br />

noch 7 Monate in den Knast, aber ich<br />

möchte nochmals in die Therapie.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Was wünscht Du Dir für die Zukunft, wie<br />

soll es jetzt weiter gehen?<br />

mit einem Drogenabhängigen<br />

Klient:<br />

Ich habe mich wieder angemeldet zur<br />

Entgiftung und möchte wieder in die<br />

Therapie. Ich möchte wieder in meinem<br />

Beruf arbeiten können, und ein ganz<br />

normales Leben führen. So wie alle<br />

anderen normalen Menschen.<br />

Claudia Schmidtke:<br />

Ja, das wünsche ich Dir auch.<br />

Der Klient bekam einen Entgiftungstermin für die darauf folgende Woche. Er hat den<br />

Termin auch wahrgenommen und wir alle wünschen ihm, dass er seine Ziele verwirklichen<br />

kann.<br />

71


Regenbogen<br />

Neuhäuser Str. 39<br />

33102 PB<br />

Regenbogen.<br />

Für drogenabhängige Menschen in ärztlicher Substitutionsbehandlung.


Regenbogen<br />

Zielgruppe Der ‚Regenbogen‘ bietet seit 1994 teilstationäre<br />

Hilfe für Frauen und Männer an, die sich aufgrund ihrer<br />

Suchterkrankung in besonderen sozialen Schwierigkeiten<br />

befinden. Gemeinsam ist allen Be-wohnerInnen, dass sie die<br />

Chancen einer medizinisch begleiteten Substitutionsbehandlung<br />

aktiv nutzen wollen.<br />

Zielsetzung Auf der Grundlage einer beigebrauchsfreien<br />

Lebensführung gelingt es, sich gesundheitlich,<br />

persönlich und sozial zu stabilisieren. Ziel ist es, sich den<br />

Alltagsanforderungen zu stellen und auftretende Probleme<br />

erfolgreich meistern zu können. Rückfälle, die den Eingliederungsprozess<br />

behindern, werden als Lernchance genutzt und<br />

in regelmäßigen Einzelgesprächen bearbeitet.<br />

Voraussetzungen BewerberInnen für einen Platz in<br />

der Wohngemeinschaft für Substituierte befinden sich in einer<br />

bereits begonnenen Substitutionsbehandlung und sind<br />

wohnungslos bzw. leben in gefährdeten Wohnverhältnissen.<br />

Sie haben keine akute psychische Erkrankung und haben die<br />

prinzipielle Bereitschaft zum Beginn einer Ausbildung oder<br />

einer Erwerbstätigkeit.<br />

Finanzierung Die Kosten des Betreuten Wohnens werden<br />

durch den Landschaftsverband Westfalen Lippe (§ 53<br />

SGB XII) übernommen während die Miete und der Lebensunterhalt<br />

aus dem Einkommen oder Lohnersatzleistungen<br />

der BewohnerInnen bestritten werden.<br />

Regenbogen<br />

Neuhäuser Straße 39<br />

33102 Paderborn<br />

Tel. 05251/26112<br />

Fax 05251/26139<br />

regenbogen<br />

@kim-paderborn.de<br />

Klaus Könemann-Grabowski<br />

(Diplom-Pädagoge)<br />

Stefanie Krause<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Eberhard Sprenger<br />

(Diplom-Pädagoge)<br />

12 Plätze<br />

davon 4 Außenwohnplätze<br />

Frauen und Männer<br />

ab 18 Jahren<br />

in Substitutionsbehandlung<br />

Aufenthaltsdauer<br />

1-3 Jahre<br />

Kostenübernahme<br />

durch LWL<br />

nach § 53 SGB XII


ABW Alkohol<br />

Widukindstr. 2a<br />

33102 PB<br />

ABW Drogen<br />

Detmolder Str. 5<br />

33102 PB<br />

ABW Drogen<br />

Busdorfwall 2<br />

33098 PB<br />

Ambulant Betreutes Wohnen.<br />

Für drogenabhängige und alkoholkranke Menschen.


Ambulant Betreutes Wohnen<br />

für Suchtkranke<br />

Zielgruppe Seit dem Jahr 2000 wendet sich die ambulante<br />

Betreuung an Menschen, die an einer Suchterkrankung<br />

leiden und vorübergehend der Unter-stützung bei der<br />

selbstständigen Lebensführung bedürfen.<br />

Zielsetzung Durch die ambulante Betreuung soll die Inanspruchnahme<br />

stationärer Hilfen vermieden werden. Durch<br />

alltagsbegleitende Hilfen werden die Folgen der Sucht gemildert<br />

und das eigenständige Leben in der Gesellschaft gefördert.<br />

Die Betreuung trägt dazu bei, möglichst häufige und<br />

längere Abstinenzphasen zu erreichen und die Befähigung,<br />

die eigene Wohnung zu bewirtschaften, zu erhalten. Durch<br />

aktive Unterstützung in Krisensituationen soll die persönliche<br />

Lebensqualität und -freude gefördert werden.<br />

Bei Wohnungslosigkeit dient das Angebot diverser vorübergehender<br />

Wohnangebote der Beschaffung einer eigenen<br />

Wohnung.<br />

Voraussetzungen BewerberInnen leiden an einer<br />

Sucht-erkrankung, sind jedoch nicht pflegebedürftig. Ein<br />

weiteres Kriterium ist eine bestehende Wohnungslosigkeit<br />

oder ein Leben in ungesicherten Wohnverhältnissen. Die Bereitschaft<br />

zur aktiven Mitarbeit wird erwartet.<br />

Finanzierung Die Kosten der ambulanten Betreuung<br />

werden im Rahmen des § 53 SGB XII vom überörtlichen Sozialhilfeträger<br />

übernommen.<br />

Ambulant Betreutes<br />

Wohnen ‚Drogen‘<br />

Detmolder Straße 5/<br />

Busdorfwall 2<br />

33102 Paderborn<br />

Tel. 0176/24044318<br />

Fax 05251/1807515<br />

Christina Sprenger<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Martina Carls<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Ambulant Betreutes<br />

Wohnen ‚Alkohol‘<br />

Widukindstr. 2a<br />

33102 Paderborn<br />

0176/25288587<br />

Thorsten Kirchhoff<br />

(Diplom-Sozialarbeiter)<br />

Martin Fieseler<br />

(Diplom- Sozialarbeiter)<br />

Betreuungsplätze<br />

bedarfsabhängig<br />

Betreuungsdauer<br />

bedarfsorientiert<br />

Kostenübernahme<br />

durch Sozialhilfeträger<br />

nach § 53 SGB XII<br />

1-3 Jahre


Rupert-Zwickel-Haus<br />

Herm.-Löns-Str. 145<br />

33104 PB<br />

Rupert-Zwickel-Haus.<br />

Für ehemalig nicht sesshafte alkoholkranke Männer.


Rupert-Zwickel-Haus<br />

Zielgruppe Das ‚Rupert-Zwickel-Haus‘ bietet seit 1982<br />

eine ambulante betreute Wohnform für ehemalig nicht<br />

sesshafte und in der Regel alkoholkranke Männer an.<br />

Zielsetzung Die Bewohner lernen durch gemeinsam<br />

erarbeitete und festgelegte Vereinbarungen, den bezogenen<br />

Wohnraum zu bewirtschaften und einer angemessenen und<br />

sinngebenden Beschäftigung nachzugehen. Die Wohnhilfe<br />

bietet günstige Rahmenbedingungen, die das (selbst-) kontrollierte<br />

Trinken und damit die Teilnahme am Leben der<br />

Gemeinschaft zulassen. Der betreute Mensch ist in der Lage,<br />

mit kleinen Hilfen möglichst langfristig ein weitgehend<br />

selbstständiges Leben zu führen.<br />

Voraussetzungen Bewerber sind nicht pflegebedürftig,<br />

jedoch nicht mehr oder nur bedingt arbeitsfähig und befinden<br />

sich in ungesicherten Lebensverhältnissen. Die Bereitschaft,<br />

kleinere Pflichten und Verantwortungsbereiche für<br />

die Gemeinschaft zu übernehmen, wird erwartet.<br />

Finanzierung Die Kosten der ambulanten Betreuung<br />

werden im Rahmen des § 53 SGB XII vom Sozialhilfeträger<br />

übernommen.<br />

Rupert-Zwickel-Haus<br />

Hermann-Löns-Str. 145<br />

33104 Paderborn<br />

Tel. 05254/12762<br />

Fax 05254/6485332<br />

betreutes-wohnen<br />

@kim-paderborn.de<br />

Martin-Fieseler<br />

(Diplom-Sozialarbeiter)<br />

9 Wohnplätze<br />

Männer<br />

Altersgruppe nicht<br />

festgelegt<br />

lebenslanges Wohnen<br />

möglich<br />

Kostenübernahme<br />

durch Sozialhilfeträger<br />

nach § 53 SGB XII


Mutter-Kind-Haus<br />

Friedrichstr. 21<br />

33102 PB<br />

Mutter-Kind-Haus.<br />

Für junge und alleinstehende Frauen.


Mutter-Kind-Haus<br />

Zielgruppe Seit 1994 bietet das ‚Mutter-Kind-<br />

Haus teilstationäre Hilfe für junge und alleinstehende Frauen<br />

an, die sich von Schwangerschaft, bevorstehender Geburt<br />

oder Erziehungssituation überfordert fühlen und sich damit<br />

in besonderen persönlichen und sozialen Schwierigkeiten<br />

be-finden.<br />

Zwei Wohnplätze sind suchtkranken Frauen vorbehalten, die<br />

sich in einer erfolgversprechenden ärztlich begleiteten Substitutionsbehandlung<br />

befinden.<br />

Zielsetzung Mit der alltäglichen Unterstützung<br />

wachs-en die jungen Mütter in ihre neue Lebenssituation hinein.<br />

Über individuelle Hilfen und alltagsbegleitende Beratung<br />

entwickeln sie ein gesundes Selbstwertgefühl und lernen,<br />

sich mit ihrer neuen Rolle anzufreunden. Zeiten der<br />

gemeinsamen Kinderbetreuung tragen dazu bei, den Kontakt<br />

zum eigenen Kind positiv zu erleben und schon in kleinen<br />

Dingen fördernd zu gestalten.<br />

Voraussetzungen Bewerberinnen kommen aus eigener<br />

Motivation heraus, haben grundsätzlich die Bereitschaft<br />

zur aktiven Mitarbeit und Wahrnehmung der Angebote und<br />

halten die ärztlichen Anweisungen ein.<br />

Finanzierung Die Kosten werden in der Regel durch das<br />

zuständige Jugendamt (§ 19 SGB VIII) getragen, ggf. auch<br />

durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (§67 SGB<br />

XII).<br />

Mutter-Kind-Haus<br />

Friedrichstraße 21<br />

33102 Paderborn<br />

Tel. 05251/280024<br />

Fax 05251/280845<br />

mutter-kind-haus<br />

@kim-paderborn.de<br />

Christine Jänsch<br />

(Diplom-Sozialarbeiterin)<br />

Monika Meller<br />

(Diplom-Pädagogin)<br />

Stefanie Scholz<br />

(Kinderpflegerin)<br />

Karina Kanne<br />

(Erzieherin)<br />

8 Plätze<br />

davon 2 Außenwohnplätze<br />

Frauen<br />

teilweise in Substitutionsbehandlung<br />

Aufenthaltsdauer<br />

1-3 Jahre/ ggf. länger<br />

Kostenübernahme<br />

durch Jugendämter<br />

nach § 19 SGB VIII<br />

ggf. durch LWL<br />

nach § 53 SGB XII


80<br />

Ausblick<br />

<strong>2009</strong><br />

Das im letzten Jahr <strong>2009</strong> gestartete KISS-Programm ist mit gutem Erfolg gestartet.<br />

Wir hoffen, dass sich das neue Hilfeangebot langfristig etablieren wird und sich vielleicht<br />

sogar noch auf weitere Bereiche wie bspw. das KT – Kontrolliertes Trinken ausweiten<br />

wird.<br />

Die Grundversorgung unserer Klienten im Rahmen unserer mobilen Streetwork mithilfe<br />

der Tafel und privater Lebensmittelspenden möchten wir auf dem guten Niveau<br />

stabilisieren.<br />

Des Weiteren möchten wir die Idee eines Konsumraums in Paderborn weiterverfolgen<br />

und, insofern sich die Chance bietet, bei der Umsetzung der zukünftig flächendeckend<br />

geplanten Vergabe von Diamorphin als Straßenheroinsubstitut mitwirken. Das<br />

Infektions- und Gesundheitsrisiko für Drogenkonsumenten durch unsauberen Konsum<br />

aber auch für Unbeteiligte durch bspw. an öffentlichen Plätzen liegengelassene<br />

Konsumutensilien könnte dadurch weiter minimiert werden.<br />

Wir hoffen, dass wir den Drogen-Alltag unserer KlientInnen auch in diesem Jahr<br />

durch besondere Aktionen wie z.B. Grillfeste, Bandauftritte, Geschenkbasare usw.<br />

ein wenig unterbrechen können.<br />

Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle noch bei unseren Kooperationspartnern<br />

für die gute Zusammenarbeit im letzten Jahr. Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit<br />

mit den vielen Einrichtungen, Kliniken und Behörden auch in diesem Jahr weiterhin<br />

so gut funktioniert und wir den KlientInnen dadurch ein ineinandergreifendes Hilfesystem<br />

anbieten können.<br />

Wenn Sie Fragen zu unserer Einrichtung haben oder unsere Einrichtung mit einer<br />

Gruppe besuchen möchten, nehmen Sie bitte unter den auf S. 9 angegebenen Wegen<br />

Kontakt zu uns auf. Wir freuen uns über Ihr Interesse.<br />

Ein erfolgreiches Jahr 2010.<br />

Das Team des <strong>B2.Streetwork</strong>

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