Hausarbeit_Unternehmensanalyse maerk_landbrot - Märkisches ...
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Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) Master-Studiengang:<br />
Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement<br />
<strong>Unternehmensanalyse</strong> „<strong>Märkisches</strong> Landbrot“<br />
Betreuung: Özlem Yildez<br />
<strong>Hausarbeit</strong><br />
Modul: <strong>Unternehmensanalyse</strong> WS 2011/2012<br />
Bearbeiter:<br />
Studierende des Masters für Nachhaltigkeits-<br />
Lena Judick (Matr.-Nr. 311883)<br />
und Qualitätsmanagement am Institut für Management Berlin<br />
Iken an der Neisener Hochschule (Matr.-Nr.: für Wirtschaft 311993) und Recht Berlin<br />
Daniel Stapel (Matr.-Nr. 314929)<br />
Tilmann Straub (Matr.-Nr. 312028)<br />
Abgabedatum: 26.03.2012
Inhaltsverzeichnis<br />
1 EINLEITUNG ................................................................................................ 3<br />
2 ANFORDERUNGEN AN EINE NACHHALTIGE BÄCKEREI ....................... 5<br />
2.1 AUFSTELLUNG VON ANFORDERUNGSKRITERIEN ....................................................... 5<br />
2.2 GEWICHTUNG UND AUSWERTUNG ........................................................................... 6<br />
2.3 BEGRIFF DER NACHHALTIGKEIT .............................................................................. 7<br />
2.4 FAZIT FÜR DIE AUSWAHL VON ANALYSEWERKZEUGEN .............................................. 8<br />
3 MÄRKISCHES LANDBROT ....................................................................... 10<br />
3.1 UNTERNEHMENSPROFIL ....................................................................................... 10<br />
3.2 “DAS BROT IST DER CHEF” – ORGANISATIONSSTRUKTUR ....................................... 11<br />
3.3 “ES GIBT IMMER EINEN ANFANG FÜR DAS BESSERE” .............................................. 14<br />
4 ANWENDUNG DER ANALYSEWERKZEUGE .......................................... 18<br />
4.1 NACHHALTIGKEITSKOMPASS (EIGENES WERKZEUG) .............................................. 18<br />
4.1.1 Anwendung ................................................................................................ 19<br />
4.1.2 Ergebnis .................................................................................................... 20<br />
4.2 ERWEITERTE UMWELTLEISTUNGSBEWERTUNG (EULB) ......................................... 22<br />
4.2.1 Anwendung ................................................................................................ 23<br />
4.2.2 Ergebnis .................................................................................................... 23<br />
4.3 OFFENE FRAGEN ................................................................................................. 27<br />
4.4 UNTERNEHMENSBESICHTIGUNG ............................................................................ 27<br />
4.4.1 Durchführung ............................................................................................. 27<br />
4.4.2 Ergebnis .................................................................................................... 28<br />
5 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ............................................................... 30<br />
6 FAZIT ......................................................................................................... 31<br />
7 LITERATUR- UND QUELLENNACHWEIS ................................................ 32<br />
8 ABBILDUNGSVERZEICHNIS .................................................................... 33<br />
2
1 Einleitung<br />
Mit Nachhaltigkeit, Bio und Fair wird gerne geworben, was kaum verwunderlich<br />
ist, denn es liegt beim Konsumenten im Trend. Häufig sind Konsumenten aber<br />
auch mit Werbeaussagen konfrontiert, die sich zu Unrecht auf (zudem häufig un-<br />
sauber definierte) Nachhaltigkeit berufen.<br />
Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich inzwischen durch alle Branchen über alle<br />
Unternehmen, vom Mittelständler bis hin zu großen Konzernen. Die Themen rei-<br />
chen dabei von der Einhaltung selbst auferlegter Unternehmensstandards über<br />
juristisch korrekt formulierte Nachhaltigkeitsberichte bis hin zu wettbewerbskon-<br />
former Öko-Werbung. 1 Umso wichtiger scheint die Nachweisbarkeit von Nachhal-<br />
tigkeit zu sein.<br />
Ziel des Moduls „<strong>Unternehmensanalyse</strong>“ ist es, Kriterien- und Indikatorenmodelle<br />
zur Bewertung von Nachhaltigkeit zu erlernen und diese im Praxiskontext anzu-<br />
wenden. Dafür stehen verschiedene Analysewerkzeuge zur Verfügung. Diese<br />
fungieren als „Filter“, d.h. mit ihrer Hilfe können die Unternehmensdaten in Bezug<br />
auf Nachhaltigkeit in der Organisation und innerhalb der gesamten Wertschöp-<br />
fungskette analysiert und bewertet werden.<br />
Die Autoren der vorliegenden <strong>Hausarbeit</strong> haben sich mit dem Unternehmen<br />
„<strong>Märkisches</strong> Landbrot“ mit Sitz in Berlin auseinandergesetzt. Ausgangslage war<br />
ein erstes Brainstorming der Projektgruppe zum Thema „Wie sind unsere Anfor-<br />
derungen hinsichtlich eines nachhaltigen Wirtschaftens an eine Bäckerei?“ (Kapi-<br />
tel 2). Anschließend wurde das Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit in drei<br />
Schritten analysiert: im ersten Schritt wurde im Rahmen der Literaturanalyse die<br />
Homepage des Unternehmens sowie alle verfügbaren Berichte auf der verbal-<br />
argumentativen Ebene untersucht, wie z.B. Umweltberichte, Managementreviews<br />
etc. (Kapitel 3). Auf dieser Grundlage erfolgte eine Auswahl der Analysewerk-<br />
zeuge. In einem zweiten Schritt wurden die ausgewählten Analysewerkzeuge<br />
angewandt und ein erstes Fazit gezogen (Kapitel 4). Die offenen Fragen, die sich<br />
aus der Anwendung der Analysewerkzeuge ergaben wurden durch das Projekt-<br />
team bei der gemeinsamen Unternehmensbesichtigung gestellt und in die Aus-<br />
wertung eingearbeitet (vgl. Kapitel 4.4).<br />
1 Vgl. BJU 2011: 46-48.<br />
3
In Kapitel 6 werden die Ergebnisse aller einzelnen Schritte zusammengeführt und<br />
zu einem Fazit verdichtet.<br />
4
2 Anforderungen an eine nachhaltige Bäckerei<br />
Bevor das Unternehmen »<strong>Märkisches</strong> Landbrot« in Bezug auf Nachhaltigkeit<br />
analysiert wurde, fand ein erstes Brainstorming der Projektgruppe unter der Fra-<br />
gestellung »Wie könnte eine nachhaltige Bäckerei aussehen?« statt. Aufbauend<br />
auf dem erstellten Kriterienkatalog und einem Verständnis von Nachhaltigkeit,<br />
welches die drei Dimensionen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft beinhaltet,<br />
wurden die Analyse-Methoden ausgewählt.<br />
2.1 Aufstellung von Anforderungskriterien<br />
Im ersten Schritt wurden spontan alle Stichpunkte der Projektmitglieder gesam-<br />
melt und insgesamt 30 Anforderungskriterien für eine nachhaltige Bäckerei zu-<br />
sammengetragen.<br />
Abbildung 1: Übersicht der gesammelten Kriterien<br />
Logistik Leitlinien / Qualität / Kunden<br />
1. Kurze Wege "vom Ofen zum Kunden" 16. Mit Liebe zur Natur<br />
2. Frische Ware (kurze Lagerung) 17. Nachhaltigkeitsleitbild<br />
3. Eigene Filialen 18. Beschwerdemanagement für Endkunden<br />
19. Sauberkeit, Hygiene<br />
Rohstoffe 20. Ungezieferschutz<br />
4. keine Gen manipulierten Getreide 21. offene Kommunikation<br />
5. nachhaltige Bestandteile (alte Kornsorten) 22. Lebensmittelzertifikat<br />
6. regionale Inhaltsstoffe bei Backwaren<br />
Umweltschutz<br />
Mitarbeiter / Arbeitsbedingungen 23. Umweltmanagement<br />
7. Mitarbeiterzufriedenheit 24. Energieeffizienz<br />
8. Betriebskindergarten 25. Erneuerbare Energie<br />
9. Kantine 26. Lärm- Luft und Immissionsschutz<br />
10. gute Qualifikation der Mitarbeiter 27. Verpackung (Tüten etc.)<br />
11. Mitarbeiterförderung 28. Bio-Demeterware zum Schutz der Böden<br />
12. Arbeitsausgleich für Nachtarbeit<br />
13. Arbeitssicherheit Lieferanten<br />
14. Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen 29. gute Lieferantenbeziehung<br />
15. Gelebte offene Kultur 30. Unterstützung der Lieferanten bei Umstellung<br />
auf Biobetrieb<br />
Anschließend wurden dafür übergeordnete Kategorien gebildet (Abbildung 1). Im<br />
zweiten Schritt wurden diese von jedem einzelnen bewertet. Die Bewertung er-<br />
folgte nach persönlicher Gewichtung. Dafür konnte auf einer Skala von Eins bis<br />
5
Vier (1 = für sehr wichtig und 4 = für unwichtig) Punkte vergeben werden. An-<br />
schließend wurden alle Ergebnisse zusammengerechnet.<br />
2.2 Gewichtung und Auswertung<br />
Die Gewichtung ergab im Ergebnis, dass z.B. frische Ware als wichtiger angese-<br />
hen wird als der Punkt »eigene Filialen«. Besonderer Wert wurde von allen Pro-<br />
jektteilnehmern auf die Kategorie »Rohstoffe« gelegt.<br />
Abbildung 2: Gewichtung der Kriterien »Nachhaltige Bäckerei«<br />
Auffallend ist, dass der Bereich Ökonomie in dem von den Projektteilnehmern<br />
aufgestellten Kriterienkatalog am wenigsten widerspiegelt wird. Möglicherweise<br />
ist dies dadurch entstanden, dass es sich zunächst um den Blick von Außen<br />
6
handelt. Einen hohen Stellenwert genießt dafür der Bereich der Ökologie, wie in<br />
der folgenden Abbildung dargestellt wird:<br />
Abbildung 3: Drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – eigene Bewertung<br />
Zur Nachhaltigkeit gehören alle drei Dimensionen, die nach Möglichkeit in der<br />
Praxis ausbalanciert werden sollten. Bevor die <strong>Unternehmensanalyse</strong> »Märki-<br />
sches Landbrot« durchgeführt wird, soll zunächst der Begriff der Nachhaltigkeit<br />
erläutert und dem weiteren Vorgehen zu Grunde gelegt werden.<br />
2.3 Begriff der Nachhaltigkeit<br />
Die oft zitierte Definition nachhaltiger Entwicklung entstammt dem Brundtland-<br />
bericht und lautet, dass nachhaltige Entwicklung eine Entwicklung ist, »die die<br />
Bedürfnisse der Gegenwart erfüllt, ohne die Bedürfnisse kommender Generatio-<br />
nen zu gefährden.« 2<br />
Die ist nur ein kleiner Teil des Konzepts der Nachhaltigkeit in dem Bericht. Es<br />
geht u.a. auch um die Grundbedürfnisse des Menschen wie Arbeit, Nahrung,<br />
Energie, Wasser und Hygiene, um die Balance zwischen Bevölkerung und Res-<br />
sourcen, um die Entwicklung neuer Technologien und deren Risikomanagement,<br />
die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums sowie um die Verbindung von Um-<br />
2 World Commission on Environment and Development, Our Common Future (Brundtlan<br />
Report), Oxford, Oxford University Press, 1987, S. 40, zitiert nach: Knox/Mayer 2009.<br />
7
welt und Wirtschaft in Entscheidungsprozessen. 3 Der aus dem Naturschutz<br />
stammende Begriff der Nachhaltigkeit beinhaltet damit den Aspekt der längerfris-<br />
tigen Perspektive und damit auch der Zukunftsfähigkeit, vor allem wegen der Be-<br />
grenztheit der Ressourcen.<br />
Nachhaltigkeit handelt von den drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und So-<br />
ziales, die häufig in einem Nachhaltigkeitsdreieck dargestellt werden. Damit wird<br />
ersichtlich, dass diese untereinander in Beziehung und Abhängigkeit stehen.<br />
Nachhaltigkeit ist wegen ihres normativen Charakters oft nur als gesellschaftli-<br />
ches Leitbild diskutierbar und zu bestimmen. In der Praxis sind Entscheidungs-<br />
träger häufig damit überfordert, dieses Leitbild zu operationalisieren und die drei<br />
Bereiche untereinander auszubalancieren, da die Ziele oft gegensätzlich sind.<br />
Beispielsweise kann in einem Unternehmen die Schaffung von Arbeitsplätzen<br />
und wirtschaftliches Wachstum mit dem Umweltschutz kollidieren. »Das sich ge-<br />
genwärtig vielerorts im Aufbau befindende unternehmerische Nachhaltigkeitsma-<br />
nagement steht demnach vor der Herausforderung, sowohl ökologische und so-<br />
ziale Fragen zu managen als auch die neuen Ansätze des Nachhaltigkeitsmana-<br />
gements in das konventionelle ökonomische Management zu integrieren.« 4 Eine<br />
nachhaltige Unternehmensentwicklung eröffnet jedoch den Unternehmen Chan-<br />
cen, z.B. durch neue Märkte, gesteigerte Mitarbeitermotivation, erweiterte Marke-<br />
tingmöglichkeiten, Imagegewinn sowie Kostensenkung in der Produktion und<br />
dient als Element einer umfassenden Risikovorsorge. 5<br />
2.4 Fazit für die Auswahl von Analysewerkzeugen<br />
Für die <strong>Unternehmensanalyse</strong> <strong>Märkisches</strong> Landbrot wurde o.g. Begriffsverständ-<br />
nis von Nachhaltigkeit zu Grunde gelegt und bei der Analyse auf den eigens ent-<br />
wickelten Nachhaltigkeitskompass und die erweiterte Umweltleistungsbewertung<br />
(EULB) zurückgegriffen.<br />
Zur Auswertung und Darstellung der entwickelten Anforderungskriterien an eine<br />
nachhaltige Bäckerei wurde auf Grundlage eines herkömmlichen Spinnendia-<br />
gramms der so genannte Nachhaltigkeitskompass entwickelt (vgl. Kapitel 184.1).<br />
Ziel ist es damit die Anforderungskriterien auf die wichtigsten Aspekte und The-<br />
3 Vgl. Knox; Mayer 2009: 26.<br />
4 Schaltegger, Kleiber, Müller 2003:332.<br />
5 Ebd.: 333.<br />
8
menbereiche der nachhaltigen Unternehmensführung zu übertragen und diese<br />
zu bewerten. Damit findet in diesem Tool zum einen eine Gewichtung der Aspek-<br />
te und Themenbereiche innerhalb der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit statt,<br />
zum anderen werden durch die wertende Darstellung gleichzeitig Verbesse-<br />
rungsmöglichkeiten aufgezeigt.<br />
Die Erweiterte Umweltleistungsbewertung »EULB« ist ein Selbstbewertungs-<br />
instrument für Unternehmen, die den Grad der Nachhaltigkeit für sich messen<br />
wollen. Es eignet sich besonders für das Unternehmen <strong>Märkisches</strong> Landbrot, weil<br />
sowohl eine gute Datengrundlage (z.B. Umwelterklärung, Ökobilanzen und Ma-<br />
nagementreviews) als auch ein funktionierendes Umweltmanagementsystem<br />
vorhanden ist. Darüber hinaus lassen sich mit EULB insgesamt acht Unterneh-<br />
mensbereiche analysieren, als auch Schlüsse für drei Dimensionen „Sozialraum“,<br />
„Umweltraum“ und Visionen ziehen. (vgl. dazu Kapitel 4.2)<br />
Für beide Methoden wurden verschiedene Informationen herangezogen, so z.B.<br />
die Homepage des Unternehmens, die Managementreviews, die Umwelterklä-<br />
rung mit den Ökobilanzen 1994-2010 und weitere Broschüren (Landbrotfiebel,<br />
Land Bote etc.).<br />
Durch diese Vorgehensweise konnten die Ergebnisse verdichtet werden<br />
(Abbildung 4). Offen gebliebene Fragen, die sich nicht durch eine Literatur-<br />
recherche beantworten ließen, sollten und konnten während der Unternehmens-<br />
besichtigung als auch im persönlichen Gespräch vor Ort geklärt werden.<br />
Abbildung 4: Trichtermodell Vorgehen <strong>Unternehmensanalyse</strong><br />
9
3 <strong>Märkisches</strong> Landbrot<br />
3.1 Unternehmensprofil<br />
Das Märkische Landbrot ist eine alteingesessene, mittelständische Lieferbäckerei<br />
mit Sitz im Berliner Stadtteil Neukölln. Es ist ein inhabergeführtes Unternehmen,<br />
das bereits im Jahr 1930 gegründet wurde. Seit 1981 wird ausschließlich ökolo-<br />
gisch gebacken und seit 1992 darüber hinaus in Demeter-Qualität 6 . Einhundert<br />
Prozent der Rohstoffe sind in Bioqualität, achtzig Prozent des verarbeiteten Ge-<br />
treides wird von Demeter-Höfen primär aus dem regionalen Umlands Berlin be-<br />
zogen. Seit 1996 bildet das Märkische Landbrot Bäcker aus. Aktuell hat das Un-<br />
ternehmen 39 feste Mitarbeiter, davon 5 Bäckermeister und 4 Auszubildende 7<br />
Der Jahresumsatz liegt im Jahr 2010 bei 5,7 Millionen Euro. 8 Die Produkte wer-<br />
den regional und überregional über verschiedene Wiederverkäufer wie Naturkost-<br />
fachgeschäfte (Anteil: 79%), Reformhäuser (7%) und Kaufhäuser (3%) vertrieben<br />
(Abbildung 5). 9 Zudem beliefert das Märkische Landbrot Kindergärten, Hotels<br />
und Kantinen direkt (Anteil: 11%).<br />
Abbildung 5: Prozentuale Verteilung des Handels 10<br />
6 Zu den Demeter-Richtlinien vgl. http://www.demeter.de (Zugriff am 30.12.2011).<br />
7 Vgl. http://www.<strong>landbrot</strong>.de/ueber-uns/firmenprofil.html (Zugriff am 24.12.2011)<br />
8 Vgl. http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/bio-brot-oeko-bis-zum-letzten-kruemel/ 44257<br />
00.html<br />
9 <strong>Märkisches</strong> Landbrot 2011b: 10.<br />
10 Ebd. (eigene Darstellung)<br />
10
Jährlich verarbeitet das Märkische Landbrot bis zu 1.200 Tonnen Getreide, aus<br />
dem täglich zwischen 5.000 und 8.000 Brote hergestellt werden 11 Zwei Drittel der<br />
täglich produzierten Backwaren sind ausschließlich Vollkornprodukte. Die aktuel-<br />
le Produktpalette umfasst mehr als 39 Brotsorten.<br />
Beim Märkischen Landbrot wird nach alten Verfahren in energiesparenden<br />
Thermo-Roll-Öfen gebacken. Das Korn wird auf eigenen Steinmühlen schonend<br />
gemahlen, um licht- und sauerstoffempfindlichen Aroma- und Vitalstoffen zu be-<br />
wahren. 12 Für den Backvorgang wird ausschließlich Quellwasser aus einem<br />
hauseigenen 80m tiefen Brunnen verwendet. 13<br />
3.2 “Das Brot ist der Chef” – Organisationsstruktur<br />
In der hart umkämpften Branche der Lebensmittelindustrie bzw. des Bäckerei-<br />
handwerks hat das Märkische Landbrot seine Nische gefunden und ist nach ei-<br />
genen Aussagen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. In Werbebroschüren, wer-<br />
den vor allem die Regionalität, die Innovationsfähigkeit und die hohen Qualitäts-<br />
ansprüche des Unternehmens betont. Bereits 1992 veröffentlicht das Märkische<br />
Landbrot seine erste betriebliche Ökobilanz. Das Unternehmen kann daher auf<br />
einen Datensatz von über 15 Jahren zurückgreifen. 2008 legt die Bäckerei als<br />
erstes Unternehmen ihrer Branche ein CSR 14 Konzept vor. Das Märkische Land-<br />
brot engagiert sich in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit. Nicht allein ökonomi-<br />
sche und ökologische Aspekte finden Berücksichtigung, auch die soziale Kom-<br />
ponente wird nach Aussagen des Unternehmens gelebt. 2010 wird der Product<br />
Carbon Footprint für alle Produkte auf der Homepage des Unternehmens veröf-<br />
fentlicht und seit 2011 werden überdies die ökonomischen Nachhaltigkeitskenn-<br />
zahlen als Ergänzung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung bekannt gegeben.<br />
11<br />
Vgl. http://www.<strong>landbrot</strong>.de/ueber-uns/firmenprofil.htm (Zugriff am 24.12.2011).<br />
12<br />
Vgl. ebd. S. 9 und unter http://www.<strong>landbrot</strong>.de (Zugriff am 24.12.2011).<br />
13<br />
Vgl. http://www.<strong>landbrot</strong>.de (Zugriff am 24.12.2011).<br />
14<br />
Begriff CSR: Corporate Social Responsibility bzw. Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung<br />
bezeichnet verantwortliches unternehmerisches Handeln des Unternehmens<br />
von ökologisch relevanten Aspekten hin zu den Beziehungen mit Mitarbeitern<br />
und dem Austausch mit den relevanten Stakeholdern.<br />
11
Das Unternehmen verfolgt lt. eigener Darstellung ein umfassendes Nachhaltig-<br />
keitskonzept „Wir machen Bio mit Charakter“. 15 Das Märkische Landbrot sieht<br />
seine Unternehmensverantwortung insbesondere in vier Wirkungsbereichen:<br />
- den Arbeitsplatz (Wirkungsbereich im Betrieb selbst)<br />
- den Markt (Bereich des geschäftlichen Wirkens)<br />
- das Gemeinwesen (das ökologisch und sozial beeinflusste Umfeld)<br />
- die Umwelt (die ökologischen und sozialen Folgen des Handelns des Un-<br />
ternehmens).<br />
Geführt wird das Unternehmen von den zwei Geschäftsführern Christoph Deinert<br />
und Joachim Weckmann. Einer der beiden Geschäftsführer ist gleichzeitig auch<br />
Umweltbeauftragter. Die Unternehmensphilosophie des Märkischen Landbrotes,<br />
die Herausforderungen gemeinschaftlich anzugehen wird im folgenden Organi-<br />
gramm verdeutlicht.<br />
Abbildung 6: Organigramm <strong>Märkisches</strong> Landbrot 16<br />
15 Ebd.<br />
16 <strong>Märkisches</strong> Landbrot 2011b: 8.<br />
12
Zentral im Unternehmen verankert sind die folgenden drei bereichsübergreifen-<br />
den Aufgabenfelder:<br />
Ökologie<br />
Im Bereich Ökologie findet sich der Umweltbeauftragte wieder, der u.a. in Zu-<br />
sammenarbeit mit seinem Team die Ökobilanz erstellt.<br />
HACCP und Qualitätsmanagement<br />
Das HACCP-Konzept ist ein Instrument der präventiven Qualitätssicherung, zwei<br />
Qualitätsbeauftragte sorgen in diesem Bereich für die Umsetzung der notwendi-<br />
gen Maßnahmen wie z.B. der Einhaltung des Hygieneplanes. Die Sicherheit der<br />
13
Produkte und der Verbraucher soll gewährleistet werden. Interne als auch exter-<br />
ne Qualitätsprüfungen der Produktion, Produkte und Distribution werden regel-<br />
mäßig durchgeführt. Täglich werden z.B. Produktprüfungen gemacht, bis zu 400-<br />
500 Brotprüfungen finden jährlich statt. Auch werden unangemeldete, externe<br />
Hygienekontrollen der Lieferfahrzeuge und der Hygienemaßnahmen der Fahrer<br />
durchgeführt. Im Managementreview werden die Ergebnisse der Qualitätskontrol-<br />
len neben u.a. Reklamationsauswertungen regelmäßig veröffentlicht.<br />
Unterstützende Bereiche wie Arbeitsschutz und Betriebsrat<br />
Über allen Bereichen steht das Streben „ein gesundes und schmackhaftes Brot<br />
herzustellen“ 17 .<br />
Weitere Aufgabenfelder des Unternehmens sind Dienstleistung und Handel. In<br />
diesem Bereich sind der Verkauf, die Bestellannahme, Kommissionierung und<br />
der Einkauf verankert. Es wird u.a. mit der Ökobilanz und der Umweltkostenrech-<br />
nung gearbeitet, die 1998 eingeführt wird. 18 Eine Verkaufsstatistik führt dazu,<br />
dass Produktschwankungen schnell nachverfolgt werden können. Daneben gibt<br />
es die Aufgabenfelder Handwerk und Produktion. Hierzu zählen die Abteilungen<br />
Backstube, Müllerei, Gebäudemanagement und Lager/Warenannahme. Ab-<br />
schließend bleibt noch der Bereich Dienstleistung und Verwaltung zu nennen,<br />
der die Bereiche Buchhaltung, Controlling, Personalwesen und Rechnungsle-<br />
gung beinhaltet. Hier ist auch das Ökologische Controlling angesiedelt. Jeder Un-<br />
ternehmensbereich handelt selbstständig und vertritt seine Interessen gegenüber<br />
den anderen Bereichen. Die Geschäftsführung tritt lediglich als Moderator in den<br />
Kommunikationsprozessen des Unternehmens ein. 19<br />
3.3 “Es gibt immer einen Anfang für das Bessere”<br />
Der Slogan „Es gibt immer einen Anfang für das Bessere“ meint den kontinuierli-<br />
chen Verbesserungsprozess, dem sich das Unternehmen verschrieben hat.<br />
Als eines der ersten Unternehmen lebt das Märkische Landbrot ein seit 1995<br />
nach EMAS III zertifiziertes Umweltmanagementsystem, welches an das Total<br />
17<br />
<strong>Märkisches</strong> Landbrot 2011b: 8<br />
18<br />
Ebd.: 10.<br />
19<br />
Vgl. http://www.<strong>landbrot</strong>.de (Zugriff am 24.12.2011)<br />
14
Quality Environmental Management angelehnt ist. 20 Zudem trägt es seit 1995 das<br />
Öko-Audit-Zertifikat als erstes Unternehmen der Lebensmittelbranche in Europa.<br />
Jährlich werden umfassende Umweltaudits in allen Bereichen des Unternehmens<br />
durchgeführt.<br />
Das Märkische Landbrot hat Umweltleitlinien aufgestellt, die zur Realisierung des<br />
Firmenziels beitragen sollen „ökologisches Wirtschaften zur Schaffung gesunder<br />
Lebensmittel zu günstigen Preisen“ zu realisieren. 21 Mit den Umweltlinien ver-<br />
pflichtet sich das Märkische Landbrot u.a. zu einer Verarbeitung von 100 Prozent<br />
ökologisch zertifizierten Rohstoffen und der Ausrichtung der Produktion an öko-<br />
logische Grundsätze. 1998 wird ein integratives Umweltkostenrechnungsmodell<br />
eingeführt. 22<br />
Seit 2001 bezieht das Märkische Landbrot 100% Ökostrom von der Lichtblick AG<br />
in Hamburg. Die Abwärme der Backöfen wird zum Beheizen der Räume und zur<br />
Erwärmung des täglichen Wasserbedarfs genutzt. 23<br />
Mehrere Lieferfahrzeuge werden 2004 auf alternative Kraftstoffe wie Rapsöl und<br />
Bio-Diesel umgestellt. 24 Das Märkische Landbrot vereinbart vertraglich mit seinen<br />
Fuhrunternehmen, bei der Auswahl der Lieferfahrzeuge Mitspracherecht zu ha-<br />
ben. Zudem werden die Produkte gemeinsam mit den Produkten des nachbarli-<br />
chen Betriebes Vollkornkonditorei Tillmann GmbH ausgeliefert.<br />
Der Ausputz 25 aus der Getreidereinigung geht als Futter zurück an landwirtschaft-<br />
liche Betriebe. 26 Überschüssig produzierte Brote werden an die Neuköllner Sup-<br />
penküchen gegeben oder geröstet und für die Kreation neuer Brotsorten ge-<br />
nutzt. 27<br />
Die Einsparung von Energie erfolgt über eine Wärmedämmung des gesamten<br />
Gebäudes und Daches; Doppel- und Wärmeschutzverglasung kommt zum Ein-<br />
satz. Zudem hat das Unternehmen eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des<br />
20 <strong>Märkisches</strong> Landbrot 2011b: 13.<br />
21<br />
Ebd.: 12.<br />
22<br />
Ebd.: 10.<br />
23<br />
<strong>Märkisches</strong> Landbrot 2011c: 24.<br />
24 Ebd.: 25.<br />
25 Begriff »Ausputz«: Abfall, der beim Reinigen des Getreides, besteht aus Staub, Sand,<br />
Spreu und Unkrautsamen.<br />
26 <strong>Märkisches</strong> Landbrot (2011d)<br />
27 Ebd.<br />
15
Firmengebäudes installiert zur Erzeugung eigenen Stroms. Lichtdimmung über<br />
Lichtsensoren und Bewegungsmelder (auch in den Büroräumen) spart zusätzli-<br />
chen Strom ein. Wärmerückgewinnungsanlagen wie die Nutzung der Abgaswär-<br />
me der Thermo-Ölkessel und die Nutzung & Filterung der Backstubenluft zur Be-<br />
heizung der Lagerflächen sind ein weiterer wesentlicher Teil des integrierten<br />
Nachhaltigkeitskonzepts. Aktuell wird die Umstellung von Energiesparleuchten<br />
auf LED-Technik vorangetrieben. Die Luftbelastung wird durch neueste Technik<br />
durch Absaug- und Filteranlagen reduziert. Die Abwasserbelastung und -menge<br />
wird im Umweltbericht zahlenmäßig erfasst und durch eine Regenwasserversi-<br />
ckerungsanlage, einen Fettabscheider und weitere Maßnahmen wie u.a. die<br />
Verwendung wassersparender Armaturen mit Infrarotauslösung kann kontinuier-<br />
lich Wasser eingespart werden.<br />
Für alle im Betrieb hergestellten Produkte kann auf der Website des Unterneh-<br />
mens der CO2-Fußabdruck eingesehen werden. Diesen hat das Märkische<br />
Landbrot als erstes Unternehmen in Europa erstellt. Das Märkische Landbrot<br />
entscheidet sich 1992 bewusst für eine Zusammenarbeit mit dem Demeter-<br />
Verband. Der Demeter-Anbau ist die „nachhaltigste Form der Landbewirtschaf-<br />
tung, die auf die Impulse und Arbeiten von Rudolf Steiner, dem Begründer der<br />
Anthroposophie, zurückgeht“. 28 Im Mittelpunkt steht dabei die Förderung eines<br />
gesunden Zusammenspieles von Mensch, Tier und Pflanzen. Der biologisch-<br />
dynamische Anbau entfaltet eine nachgewiesene positive Wirkung auf den Erhalt<br />
der Artenvielfalt, steht der zunehmenden Monopolisierung in der Saatguterzeu-<br />
gung entgegen 29 und fördert die vielseitigen, regionaltypischen Kulturlandschaf-<br />
ten. Konkret engagiert sich das Märkische Landbrot in der Rekultivierung alter<br />
Getreidesorten wie Emmer, Einkorn und Bergroggen, welches die Biodiversität<br />
sichert. Es wird versucht, auf Hybridsorten 30 zu verzichten. Das Märkische<br />
Landbrot setzt sich überdies für eine gentechnikfreie Zukunft ein, unterstützt u.a.<br />
Kampagnen wie die Initiative „Stop the crop“ 31 und verwendet ausschließlich gen-<br />
technikfreie Zutaten. 32<br />
Auch die soziale Dimension findet sich in der Unternehmensphilosophie des<br />
Märkischen Landbrotes wieder. Unternehmensverantwortung ist hier nicht nur ein<br />
28<br />
http://www.<strong>landbrot</strong>.de/oekologie/demeter-anbau.html, Zugriff am 24.12.2011.<br />
29<br />
vgl. http://www.<strong>landbrot</strong>.de, Zugriff am 24.12.2011.<br />
30<br />
Sorten, die nicht vermehrungsfähig sind.<br />
31<br />
vgl. http://www.gmo-free-regions.org/de/stop-the-crop.html (Europäische Initiative gegen<br />
Gentechnik), Zugriff am 05.01.2012.<br />
32<br />
vgl. http://www.<strong>landbrot</strong>.de, Zugriff am 24.12.2011.<br />
16
hohler Begriff. Durch die Einteilung in die vier Wirkungsfelder Arbeitsplatz, Markt,<br />
Gemeinwesen und Umwelt zeigt das Unternehmen, dass es sein Wirken ernst<br />
nimmt. So können u.a. Arbeitszeiten flexibel geregelt werden, um die Vereinbar-<br />
keit von Beruf und Familie besser zu gestalten. Neben dem Betriebsrat wird ein<br />
Arbeitsschutzausschuss gegründet. Durch verschiedene Vorschlagswesen kön-<br />
nen Mitarbeiter gezielte Ideen nennen, die teilweise bereits umgesetzt werden.<br />
Die eingereichten Ideen diskutiert der Umweltausschuss und greift diese auf. Zu<br />
einzelnen Themen können Arbeitsrunden einberufen werden. Mitarbeitern mit<br />
Migrationshintergrund werden Deutschkurse während der Arbeitszeit finanziert.<br />
Um die Altersstruktur im Betrieb zu sichern, werden vermehrt neue junge Mitar-<br />
beiter eingestellt, die von der Erfahrung ihrer älteren Kollegen profitieren können.<br />
Jeder neuer Mitarbeiter nimmt verpflichtend an einer Einführungsveranstaltung<br />
des Unternehmens teil.<br />
Das Märkische Landbrot engagiert sich überdies im Rahmen des Bündnisses fair<br />
& regional Bio Berlin-Brandenburg für faire, transparente Preise. Mit den Landwir-<br />
ten wird auf Augenhöhe gearbeitet, so findet einmal im Jahr ein „Runder Tisch<br />
Getreide“ statt, bei dem die zu erwartenden Ernteerträge und die Aufteilung der<br />
Liefermengen pro Hof abgestimmt werden. Langfristige Preisabsprachen zu den<br />
wichtigsten Rohstoffen werden veröffentlicht und führen zu mehr Transparenz.<br />
Überdies engagiert sich das Märkische Landbrot in zahlreichen sozialen Projek-<br />
ten u.a. werden die Tafeln in Neukölln unterstützt. Im Finanzbereich arbeitet das<br />
Märkische Landbrot mit der GLS-Gemeinschaftsbank zusammen, eines der we-<br />
nigen sozial-ökologisch und anthroposophisch ausgerichteten Geldinstitute.<br />
Am 02. November 2011 wird das Märkische Landbrot neben anderen Betrieben<br />
von Umweltminister Dr. Norbert Röttgen für sein vorbildliches Umweltmanage-<br />
ment geehrt. 33<br />
Seit Sommer 2011 ist der Betrieb zudem als einziger Bäcker neben 15 anderen<br />
Unternehmen in die »Klimaschutz- und Effizienzgruppe der deutschen Wirt-<br />
schaft« aufgenommen. 34<br />
33 http://www.bmu.de/wirtschaft_und_umwelt/unternehmensverantwortung_csr/emas/doc/<br />
48086.php, Zugriff am 05.01.2012.<br />
34 Vlg. http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/bio-brot-oeko-bis-zum-letzten-kruemel /4425<br />
700.html, Zugriff am 24.12.2011<br />
17
4 Anwendung der Analysewerkzeuge<br />
In diesem Kapitel wird die Anwendung der Analysewerkzeuge „Nachhaltigkeits-<br />
kompass“ und „Erweiterte Umweltbewertung“ auf das Unternehmen <strong>Märkisches</strong><br />
Landbrot beschrieben. Anschließend folgen eine Zusammenfassung der Ergeb-<br />
nisse und eine Auflistung der offenen Fragen für die Unternehmensbesichtung.<br />
4.1 Nachhaltigkeitskompass (eigenes Werkzeug)<br />
Zu Bewertung der unternehmerischen Nachhaltigkeit des Märkischen Landbrotes<br />
wurden vor der Unternehmensbesichtigung die in Kapitel 2.1aufgestellten Bewer-<br />
tungskriterien anhand vorhandener Unterlagen, insbesondere des Umweltberich-<br />
tes und der Informationen des Internetauftrittes kategorisiert und bewertet. Diese<br />
Wertung sollte bei der Besichtigung vor Ort überprüft und entsprechend ange-<br />
passt werden. Zur Darstellung und Bewertung der Kriterien wurde ein Nachhal-<br />
tigkeitskompass entwickelt, der die Themenbereiche in die drei Dimensionen<br />
Ökologie (U), Ökonomie (W) und Soziales und Kommunikation (SK) gliedert und<br />
daraus insgesamt 15 Kategorien bildet (vgl. Abbildung 7). Der Nachhaltigkeits-<br />
kompass basiert auf einem herkömmlichen Spinnendiagramm in das durch die<br />
Farbgebung eine Ampelfunktion zur deutlicheren Visualisierung integriert wurde.<br />
Mit diesem Tool wird in übersichtlicher Art und Weise eine Bewertung über die<br />
wichtigsten Themenbereiche gegeben, aus der leicht Verbesserungspotential<br />
ersichtlich wird und damit Rückschlüsse zur Verbesserung auf die einzelnen<br />
Themen abgeleitet werden können. Die Wertung der einzelnen Themenbereiche<br />
reicht dabei von der Stufe eins bis drei und wird abgestuft in 0,5er Schritten dar-<br />
gestellt. Eine Eins bedeutet eine volle Implementierung des Themenkomplexes<br />
im Unternehmen und ist daher am Spinnenrand mit einer grünen Farbe markiert.<br />
Umso mehr sich die Bewertung der Mitte nähert, umso weniger findet das Thema<br />
Berücksichtigung oder wird im Unternehmen gelebt. Als schlechteste Wertung ist<br />
die Drei in der Spinnenmitte vorgesehen und daher mit Rot markiert. Die Hüllkur-<br />
ve der Bewertung zeigt damit zum einen qualitativ anhand der Farben wo die ge-<br />
lebten Schwerpunkte der unternehmerischen Nachhaltigkeit liegen bzw. weist<br />
anschaulich mögliche Defizite aus. Zum anderen kann anhand der Zahlen eine<br />
quantitative Bewertung vorgenommen werden, die durch eine wiederholte zum<br />
Beispiel jährliche Betrachtung eine mögliche Entwicklung des Unternehmens<br />
aufzeigt.<br />
18
4.1.1 Anwendung<br />
Die Bewertung und Darstellung der Anforderungskriterien in dem Nachhaltig-<br />
keitskompass hängt im ersten Schritt unmittelbar mit der Berichterstattung des<br />
Märkischen Landbrotes zusammen. Die wichtigste Grundlage dafür bildet die<br />
Umwelterklärung 2011 35 mit ihrer Ökobilanz 2010. Darin liegt der Schwerpunkt<br />
auf umweltrelevanten Themen, so dass für die ökologische Dimension eine um-<br />
fangreiche Datenbasis zur Bewertung vorlag. Zwar werden auch wirtschaftliche<br />
und sozialkulturelle Themen beispielsweise zu Mitarbeitern, Kunden und gesell-<br />
schaftlicher Verantwortung aufgezeigt, diese reichen in ihren Ausführungen aber<br />
teilweise nicht um ein vollständiges Bild zu erstellen. In Abbildung 7 ist das Er-<br />
gebnis der Bewertung in dem Nachhaltigkeitskompass dargestellt.<br />
Abbildung 7: Bewertung der Anforderungskriterien<br />
Die Abbildung zeigt, dass nach der ersten Bewertung die Bereiche Logistik, Un-<br />
ternehmensbürger und Mitarbeiter die schlechtesten Ergebnisse aufzeigten.<br />
Verschiedene Themenkomplexe wie zum Beispiel „Mitarbeiter“ oder „Unterneh-<br />
mensbürger“ werden aus verschiedenen Dimensionen beleuchtet. Beim Thema<br />
Mitarbeiter zielt die ökonomische Dimension dabei mehr auf die finanzielle Ent-<br />
lohnung ab wobei die soziale und kommunikative Dimension das Arbeitsklima,<br />
35 <strong>Märkisches</strong> Landbrot 2011b<br />
19
Arbeitszeiten, Weiterbildung, Ideenmanagement etc. berücksichtigt. Zum Thema<br />
Unternehmensbürger werden in der ökonomischen Dimension die finanzielle<br />
Förderung und das Sponsoring von sozialen Projekten bewertet. In der sozialen-<br />
kulturellen und kommunikativen Dimension dagegen wird das Handeln des Un-<br />
ternehmens betrachtet, wie es beispielsweise mit überschüssiger Produktion um-<br />
geht, werden beispielsweise Produktspenden an eine Tafel gemacht, wie werden<br />
die Mitarbeiter in ihrem gesellschaftlichen und sozialen Engagement unterstützt,<br />
etc. Bei der Darstellung der Themen im Nachhaltigkeitskompass sind insofern<br />
Bereiche die mit Zahlen hinterlegt werden können klarer zu erfassen und zu be-<br />
werten als Themen, die qualitative Aussagen machen. Demzufolge wurden in der<br />
Vorbereitung der Unternehmensbesichtigung die offenen Fragen insbesondere<br />
auf die Themenkomplexe gelenkt, die sich nicht eindeutig in Zahlen widerspie-<br />
geln.<br />
4.1.2 Ergebnis<br />
Im Ergebnis der Unternehmensbesichtigung wurden die vorbereiteten Fragen ausgewertet<br />
(vgl. 4.4.2) und in den Nachhaltigkeitskompass eingearbeitet. Aus<br />
Abbildung 8 wird anhand der roten Hüllkurve deutlich, dass sich die Gesamtflä-<br />
che im Spinnendiagramm bei der neuen Bewertung vergrößert hat und damit ei-<br />
ne verbesserte Einschätzung der implementierten unternehmerischen Nachhal-<br />
tigkeit vorgenommen wurde. Die Themenkomplexe Stakeholder, Kunden und Un-<br />
ternehmen blieben dabei genauso unverändert wie die umweltrelevanten The-<br />
men Energie, Emissionen und Umweltmanagement. Diese Themen konnten folg-<br />
lich im Vorfeld bereits ausreichend gut bewertet werden. Eine leichte Verbesse-<br />
rung konnte in den Bereichen Verantwortung in der Lieferkette sowie Rohstoffe<br />
erreicht werden. Dafür ausschlaggebend war die verbale Darstellung innerhalb<br />
der Besichtigung, in der ausgeführt wurde, in welcher Art und Weise das Märki-<br />
sche Landbrot mit den Getreidezulieferern umgeht und wie beispielsweise bei<br />
Ernteausfällen und Mindererträgen finanzielle Unterstützung für eine langfristige<br />
Zusammenarbeit gewährt wird. Darüber hinaus kann als ausschlaggebend ge-<br />
wertet werden, dass die Rohstoffe zu großen Teilen aus regionaler Erzeugung im<br />
Umland stammen und Zusatzstoffe wie Öl, Nüsse, Kräuter, Trockenobst etc.<br />
ebenfalls in biologischer bzw. Demeterqualität eingesetzt werden.<br />
Abbildung 8: Ergebnisdarstellung nach Unternehmensbesichtigung<br />
20
Eine deutliche Verbesserung konnte in den Bereichen Logistik, Mitarbeiter und<br />
Unternehmensbürger erreicht werden. Bezüglich der Logistik setzt das Märkische<br />
Landbrot auf eine verbrauchsarme Fahrzeugflotte, die zwar aus dem Unterneh-<br />
men ausgegliedert wurde aber weiterhin hinsichtlich umweltrelevanter Verbesse-<br />
rungen unterstütz wird. Zudem wurde ein neues Logistikverfahren eingeführt,<br />
dass sowohl eine effiziente Lagerhaltung ermöglicht, als auch umweltrelevante<br />
Themen wie Papierverbrauch etc. deutlich optimiert. Die Verbesserung im The-<br />
menfeld der Mitarbeiterverantwortung kam durch die authentische Darstellung<br />
eines Mitarbeiters zustande, der alle Fragen ausführlich und offen beantworten<br />
konnte. Demnach zahlt das Märkische Landbrot überdurchschnittliche Löhne, die<br />
sonst nur in Großbäckereien erwartet werden und schafft mit einer Vielzahl von<br />
sozialen Maßnahmen eine gute Arbeitsatmosphäre und ermöglicht ihren Mitar-<br />
beitern neben fairen Arbeitszeiten auch Möglichkeiten der Weiterbildung oder<br />
Arbeitsplatzwechsel innerhalb des Unternehmens.<br />
Im Ergebnis der Betrachtung kann abgeleitet werden, dass der Nachhaltigkeits-<br />
kompass ein sinnvolles Instrument ist um eine übersichtliche Darstellung über die<br />
unternehmerische Verantwortung zu erhalten, aus der leicht Defizite bzw. Ver-<br />
besserungspotential abgeleitet werden kann. Ein Vergleich der Bewertung vor<br />
und nach der Unternehmensbesichtigung zeigt aber ebenfalls, dass ein vollstän-<br />
diges Bild erst vor Ort und im Dialog entsteht und nicht alleine durch Zahlen, Da-<br />
ten und Fakten ausgestellt werden kann.<br />
21
4.2 Erweiterte Umweltleistungsbewertung (EULB)<br />
Das Modell der Erweiterten Umweltleistungsbeurteilung (EULB) 36 beruht auf dem<br />
EFQM-Modell (Excellence Modell der European Foundation für Quality Manage-<br />
ment) 37 aus dem Qualitätsmanagement. Es ist ursprünglich ein Selbstbewer-<br />
tungsmodell, mit dem Unternehmen den Ist-Zustand des eigenen Unternehmens<br />
auf dem Weg zur Nachhaltigkeit ermittelt können. Dabei geht das Instrument<br />
über die bloße Bewertung der Umweltleistungen hinaus, vielmehr werden neben<br />
dem sogenannten »Umweltraum« auch der »Sozialraum« und der »Visions-<br />
raum« analysiert. EULB gibt damit Auskunft darüber, welche Rolle das Ziel der<br />
Nachhaltigkeit innerhalb der Unternehmensziele und -strategie hat. Die Dimensi-<br />
on der Ökonomie wird bei diesem Modell vernachlässigt (und durch den Visions-<br />
raum ersetzt), dagegen liegt hier der Schwerpunkt auf den Aspekten Ökologie<br />
und Soziales (vgl. dazu Abbildung 9).<br />
Abbildung 9: EULB Untersuchungsräume<br />
Das Modell unterscheidet die genannten 3 Untersuchungsräume mit jeweils 9<br />
Kategorien: 1. Politik und Führung, 2. Planung, 3. Personal, 4. Implementierung,<br />
5. Operation, 6. Bewertung und Kontrolle, 7. Gesellschaftliche Verantwortung, 8.<br />
Mitarbeiterzufriedenheit und 9. Umweltkennzahlen. Dabei werden bei dieser Me-<br />
thode sowohl qualitative Aussagen getroffen als auch quantitative Daten (Kenn-<br />
zahlen) analysiert.<br />
36 EULB wurde am IRIS (Institut für Ressourcenschonung, Innovation und Sustainability,<br />
heute SUSTAINUM – Institut für zukunftsfähiges Wirtschaften Berlin) entwickelt.<br />
37 Vgl. Grothe 2006, S. 131.<br />
22
Das Modell eignet sich jedoch nicht nur für die Selbstbewertung eines einzelnen<br />
Unternehmens, sondern kann – im Rahmen einer vertieften Auseinandersetzung<br />
und bei Vorliegen von entsprechendem Grundlagenwissen der Nachhaltigkeits-<br />
forschung – auch zur externen Bewertung und ggfs. später für den Vergleich mit<br />
anderen Unternehmen (Benchmarking) herangezogen werden.<br />
4.2.1 Anwendung<br />
Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung dieses Modells ist<br />
das funktionierende Umweltmanagementsystem im Unternehmen und die über<br />
einen Zeitraum von mehreren Jahren vorliegenden Umweltkennzahlen. Diese<br />
liegen mit der Umwelterklärung 2011 des Märkischen Landbrotes für den unge-<br />
wöhnlich langen Zeitraum 1994 bis 2010 detailliert vor. Darüber hinaus kann aber<br />
nur bei gleichzeitigem Vorliegen von ausreichenden Informationen aus den Di-<br />
mensionen Soziales und Unternehmensstrategie und deren Beurteilung entspre-<br />
chend der Bewertungskriterien ein aussagekräftiges Ergebnis erzielt werden.<br />
4.2.2 Ergebnis<br />
Wie bereits ausgeführt, unterscheidet das System neun Bewertungskriterien (vgl.<br />
Kapitel 4.2), die aus fünf Voraussetzungen, sog. Enablers (1.-5.), und vier Ergeb-<br />
niskriterien, sog. Results (6.-9.), bestehen 38 . Diese werden mit der Methode<br />
EULB pro Untersuchungsraum als auch in Ihrer Gesamtheit ermittelt. Das Ge-<br />
samtergebnis nach Auswertung der Daten für das Märkische Landbrot zeigt Ab-<br />
bildung 10. Das Diagramm zeigt einen hohen Erfüllungsgrad des Ist-Zustands<br />
des Unternehmens auf dem Weg zur Nachhaltigkeit (Gesamtergebnis). Der Wert<br />
liegt mit knapp 75% hoch, wobei 100% den Idealzustand eines nachhaltig wirt-<br />
schaftenden Unternehmens wiederspiegeln. Noch stärker zeigt sich die Nachhal-<br />
tigkeitsleistung des Märkischen Landbrots im Bereich der Voraussetzungen (Kri-<br />
terien 1.-5.), hier werden mehr als 85% Erfüllungsgrad erreicht. Dies belegt die<br />
starke Verankerung des Nachhaltigkeitsansatzes im Bereich der Unternehmens-<br />
strategie.<br />
38 Vgl. EFQM-Modell für Business Excellence.<br />
23
Abbildung 10: EULB Gesamtergebnis »Enablers« und »Results«<br />
Bei den Ergebniskriterien 6.-9. werden dagegen „lediglich“ knapp 60 % erreicht,<br />
was angesichts der Ergebnisse aus dem eigens entwickelten Nachhaltigkeits-<br />
kompass (Kapitel 4.1.2) zunächst erstaunt. Dies scheint nach näherer Analyse<br />
vornehmlich dem zugrundeliegenden Bewertungsschema geschuldet zu sein: Die<br />
Höhe der erreichten Punktzahl im 9. Block (Umweltkennzahlen) hängt nicht von<br />
der Anzahl der verfügbaren Kennzahlen ab, sondern vom Trend der Kennzah-<br />
lenentwicklung, gemessen über die vergangenen drei Jahre sowie dem Grad der<br />
Zielerreichung in diesem Zeitraum (positiver Trend). Damit kann ein Unterneh-<br />
men, dass Umweltkennzahlen auf hohem (also wünschenswertem) Niveau auf-<br />
weisen kann (und die nicht oder nur noch schwer wesentlich verbessert werden<br />
können), in diesem Bereich keinen (sehr) guten Wert erzielen, da es nur schwie-<br />
rig einen stark positiven Trend erzeugen wird.<br />
Im nächsten Schritt lässt sich mit der EULB der Grad der Zielerreichung für die<br />
neun Bewertungskriterien über alle drei Bewertungsräume darstellen (Abbildung<br />
11). Die signifikanten Abweichungen der Einzelergebnisse für Personal und<br />
Umweltkennzahlen, die im Gegensatz zu allen anderen Kriterien jeweils deutlich<br />
unter 70% Erfüllungsgrad liegen, lassen sich durch die bereits angesprochene<br />
Bewertungslogik der Methode in diesen Bereichen erklären.<br />
24
Abbildung 11: EULB Zielerreichungsgrad der neun Kategorien<br />
Manche Kennzahlen haben kaum Verbesserungspotenzial, wenn schon ein<br />
hohes Niveau erreicht ist. Dies wird durch das trendbasierte Instrument<br />
unzureichend abgebildet. Die folgenden Diagramme zeigen die Einzelergebnisse<br />
für die neun Bewertungskriterien für den Umwelt-, Sozial- und Visionsraum. Ab-<br />
bildung 12 etwa zeigt deutlich die außerordentlich hohe Umweltleistung durch<br />
das Unternehmen – sieben von neun Kriterien liegen hier bei >= 80% Erfüllung,<br />
einige streben sogar gegen 100%.<br />
Abbildung 12: EULB Zielerreichungsgrad im Umweltraum<br />
25
Das bereits diskutierte „Trendproblem“ für die Umweltkennzahlen ist auch hier<br />
sichtbar. Im Bereich Gesellschaftliche Verantwortung ist hier noch leichtes<br />
Steigerungspotential zu erkennen. Für den Sozial- und Visionsraum zeigen Ab-<br />
bildung 13 und Abbildung 14 ebenfalls (teils sehr) hohe Erfüllungsgrade von bis<br />
zu 100% an. Optimierungsbedarf deutet sich im Bereich Personal an, etwa auf-<br />
grund nicht ausreichender Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen für die<br />
Beschäftigten. Das Fehlen von einigen Säulen hier ist normal, da nicht alle Krite-<br />
rien im Bewertungsraum Soziales/Vision von der EULB berücksichtigt werden.<br />
Abbildung 13: EULB Zielerreichungsgrad im Sozialraum<br />
Abbildung 14: EULB Zielerreichungsgrad im Visionsraum<br />
26
4.3 Offene Fragen<br />
Aus den Ergebnissen der beiden durchgeführten Analysen sind folgende Fragen<br />
offen geblieben bzw. entstanden, die bei der Unternehmensbesichtigung und im<br />
persönlichen Gespräch vor Ort geklärt werden sollten:<br />
• Welche Bereiche sind ausgelagert/outgesourct (z.B. Lieferung in die Ver-<br />
kaufsstellen)? Wie ist die Supply Chain?<br />
• Fließen alle outgesourcten Dienstleistungen in die Bewertung/Ökobilanz<br />
mit ein?<br />
• Wie wird das Umweltmanagement intern kommuniziert?<br />
• Werden die Mitarbeiter auch privat angeregt, sich außerhalb ihrer Arbeit<br />
umweltfreundlich zu verhalten (z.B. Anreise zur Arbeit)?<br />
• Wie werden Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen beteiligt?<br />
• Werden Mitarbeiter an neuen Zielen im Rahmen des KVP beteiligt (z.B.<br />
Ideenmanagement, Vorschlagswesen)? Wie wird dazu kommuniziert?<br />
• Wie qualifiziert das Unternehmen seine Mitarbeiter zum Thema Umwelt<br />
und Nachhaltigkeit? Gibt es Schulungen dazu?<br />
• Wie wird die Kundenzufriedenheit der Endverbraucher gemessen wenn<br />
es keine eigenen Filialen gibt?<br />
• Wird Nachhaltigkeit im Unternehmen gelebt oder ist es eher ein Etikett<br />
nach Außen?<br />
4.4 Unternehmensbesichtigung<br />
4.4.1 Durchführung<br />
Am 16. November 2011 wurde der Produktionsbetrieb <strong>Märkisches</strong> Landbrot be-<br />
sichtigt. Es fanden ein Vortrag, eine Besichtung der Backstuben, der Lagerberei-<br />
che und eine anschließende Verkostung unter der Leitung von Herrn Jürgen<br />
Baumann (Verfahrensingenieur und Bäcker) statt.<br />
27
4.4.2 Ergebnis<br />
Insgesamt wurden alle vorhergehenden Fragen durch die Besichtigung beant-<br />
wortet und wie folgt zusammengefasst.<br />
Welche Bereiche sind ausgelagert/outgesourct (z.B. Lieferung in die Ver-<br />
kaufsstellen)? Wie ist die Supply Chain? Fließen alle outgesourcten Dienst-<br />
leistungen in die Bewertung/Ökobilanz mit ein?<br />
Die Lieferung der Backwaren an die Verkaufsstellen wird vom Märkischen Land-<br />
brot an einen Subunternehmer ausgelagert. Diese Dienstleistung fließt mit in die<br />
Umweltkennzahlen des Unternehmens ein, wird also ökologisch mit bewertet.<br />
Herr Baumann merkte an, dass inzwischen so viele Daten für die Ökobilanz er-<br />
hoben werden, dass sich dadurch die Komplexität enorm erhöht hat.<br />
Wie werden die Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen und am Kontinuier-<br />
lichen Verbesserungsprozess beteiligt? Gibt es ein Ideenmanagement oder<br />
Vorschlagswesen?<br />
Bestätigt haben sich durch die Vor-Ort-Begehung die hohe Innovationsfähigkeit<br />
des Betriebes und die Offenheit für Neues (z.B. durch die ständige Neuentwick-<br />
lung von Brotsorten, die Entwicklung eines H2O-Fußabdruckes etc.). Die Frage,<br />
nach dem Treiber für die ständige Innovationsbereitschaft, wurde mit weniger mit<br />
Wettbewerbsgründen, als viel mehr aus Überzeugung begründet.<br />
Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter werden in einem Ideenmanagement<br />
aufgenommen und mit finanziellen Anreizen belohnt.<br />
Wie qualifiziert das Unternehmen seine Mitarbeiter zum Thema Umwelt und<br />
Nachhaltigkeit? Gibt es Schulungen dazu? Wie wird das Umweltmanage-<br />
ment intern kommuniziert?<br />
Direkte Schulungen zum Thema »Umwelt« gibt es derzeit noch nicht. Das Thema<br />
Umweltmanagement wird eher im Umweltausschuss behandelt.<br />
Werden die Mitarbeiter auch privat angeregt, sich außerhalb ihrer Arbeit<br />
umweltfreundlich zu verhalten (z.B. Anreise zur Arbeit)?<br />
28
Bislang noch nicht.<br />
Wie wird die Kundenzufriedenheit der Endverbraucher gemessen wenn es<br />
keine eigenen Filialen gibt?<br />
Die Kundenzufriedenheit wird eher über den Kontakt mit den Verkaufsstellen er-<br />
hoben. Diese kennen ihre Kunden sehr gut und können die Nachfrage einschät-<br />
zen. Es gibt darüber hinaus keine separaten Kundenbefragungen.<br />
Wird Nachhaltigkeit im Unternehmen gelebt oder ist Nachhaltigkeit eher ein<br />
Etikett nach Außen?<br />
Insgesamt bestätigte sich der Eindruck, dass das Unternehmen eine sehr familiä-<br />
re Atmosphäre ausweist und es den Mitarbeitern Freude bereite, in dem Betrieb<br />
zu arbeiten. Auf die Frage, ob die Identifikation mit dem Betrieb durch die ökolo-<br />
gische Ausrichtung geweckt werde, antwortete ein Mitarbeiter, dass die Kollegen<br />
eher das traditionelle Handwerk schätzen und den Bezug zum Produkt, welcher<br />
bei diesem Produktionsverfahren noch vorhanden ist. Der ökologische Aspekt<br />
stehe eher im Hintergrund, es vermittele jedoch ein weiteres positives Grundge-<br />
fühl für eine gute Sache zu arbeiten. Zudem sei die Bezahlung im Vergleich zu<br />
anderen Betrieben der Branche gut.<br />
Auch Herr Baumann unterstrich, dass man bei der Einstellung kein »Öko« sein<br />
muss, sondern vielmehr Interesse am traditionellen Handwerk vorweisen sollte.<br />
Das Unternehmen hat sich zudem damit auseinandergesetzt, wie es von der Mit-<br />
arbeiterstruktur »demografiefest« gemacht werden könnte. Die Alterstruktur<br />
konnte aufgrund einer Analyse der Mitarbeiterstruktur inzwischen verbessert<br />
werden und Azubis und junge Mitarbeiter gewonnen werden. Auch dies ist für die<br />
Zukunftsfähigkeit und das Fortbestehen wichtig.<br />
29
5 Handlungsempfehlungen<br />
Ziel der Analyse und Besichtigung des Unternehmens ist die Ableitung von Hand-<br />
lungsempfehlungen, die ein nachhaltiges Wirtschaften implementieren oder ver-<br />
bessern sollen. Aufgrund der hohen ökologischen Prozess- und Produktqualität<br />
sowie der gelebten sozialen Unternehmenskultur und finanziellen Weitsichtigkeit<br />
liegen die im Folgenden genannten Empfehlungen beim Märkischen Landbrot<br />
auf sehr hohem Niveau und können keine grundlegenden Änderungen für sich in<br />
Anspruch nehmen.<br />
Hinsichtlich der technischen Möglichkeiten könnte eine energetische Abwärme-<br />
nutzung aus verschiedenen Backprozessschritten in Betracht gezogen bzw.<br />
ausgebaut werden.<br />
Im Bereich (Mitarbeiter-) Kommunikation ist Verbesserungspotential erkennbar.<br />
Ein erster Schritt könnte die rotierende Teilnahme aller Mitarbeiter an den regel-<br />
mäßig stattfindenden Führungen zum Thema Nachhaltige Bäckerei im Hause<br />
sein. In diesem Zusammenhang ist auch der Ausbau des Weiterbildungsangebo-<br />
tes (etwa Umweltschulungen) im Rahmen der Mitarbeiterqualifikation denkbar.<br />
Weiteres Ausbaupotential besteht bei der Mitarbeitermotivation zur ÖPNV Nut-<br />
zung bzw. zum umweltfreundlichen Arbeitsweg sowie in weiteren privaten Han-<br />
delsfeldern.<br />
Alle Baumaßnahmen (Um-, Neu- und Erweiterungsbauten) sollten grundsätzlich<br />
auf Basis der besten verfügbaren (ökologischen) Technik geplant und ausgeführt<br />
werden. Darüber hinaus ist die Erweiterung der Systemgrenzen über das Unter-<br />
nehmen hinaus denkbar, um Synergien beispielsweise im umliegenden Gewer-<br />
begebiet anzuregen und zu nutzen.<br />
Grundsätzlich sollte im Rahmen der Unternehmensverantwortung der Vorrei-<br />
terrolle im Bäckereihandwerk weiterhin jederzeit Rechnung getragen werden, in-<br />
dem der Anspruch, einen Schritt voran zu gehen, bei allen Unternehmensent-<br />
scheidungen berücksichtigt und auch in Zukunft strikt beibehalten wird. Abschlie-<br />
ßend sei darauf hingewiesen, dass der Eindruck entsteht, dass die Verantwor-<br />
tung im Sinne der Nachhaltigkeit derzeit stark personenbezogen („visionäre Ge-<br />
schäftsführung“) ist und es von daher auch ein Ziel sein sollte, dies für die Zu-<br />
kunft auf eine breitere Basis im Unternehmen zu stellen.<br />
30
6 Fazit<br />
Das Märkische Landbrot repräsentiert sich in der Öffentlichkeit und seinen Kun-<br />
den gegenüber mit einem breiten Brotsortiment und durch ein konsequentes öko-<br />
logisches Auftreten in Biosupermärkten in Berlin und der Umgebung als regiona-<br />
ler Demeterbäcker. Die Idee eines nachhaltigen Wirtschaftens wird durch die Ge-<br />
schäftsführung im Unternehmen vorgelebt und als Managementaufgabe verstan-<br />
den. Bereits durch die frühe Implementierung von nachhaltigen Themen im Un-<br />
ternehmen und der EMAS Zertifizierung als erstes Unternehmen aus dem Bäcke-<br />
reihandwerk nimmt das Märkische Landbrot eine Vorreiterrolle im Bereich der<br />
Klein- und Mittelständischen Unternehmen ein. Die vorbereitende Unterneh-<br />
mensanalyse vor der Unternehmensbesichtigung weist aufgrund der umfangrei-<br />
chen Datenbasis und Kennzahlen im Bereich der ökologischen Dimension ein<br />
hohes Maß an unternehmerischer Verantwortung und Innovation auf. Im Bereich<br />
der ökonomischen und sozialkulturellen Dimension dagegen werden weniger In-<br />
formationen und Kennzahlen kommuniziert, so dass die erste Bewertung im<br />
Nachhaltigkeitskompass in diesen Bereichen noch Handlungsbedarf aufzeigt. Bei<br />
vertiefter Analyse, die die Ergebnisse der Unternehmensbesichtigung einschließt,<br />
zeigt sich aber ein überdurchschnittliches Engagement der unternehmerischen<br />
Verantwortung in allen drei Dimensionen. Das anhaltend hohe Niveau der Kenn-<br />
zahlen über einen Zeitraum der letzten Jahre führt zu einem vergleichsweise<br />
schlechten Ergebnis in der Auswertung der erweiterten Umweltleistungsbewer-<br />
tung (EULB), da in diesem Instrument eine Trendbewertung vorgenommen wird,<br />
die zu möglichen Fehlinterpretationen führen kann. Aus der Unternehmensanaly-<br />
se wird ebenso deutlich wie durch die Unternehmensbesichtigung, dass für das<br />
Märkische Landbrot keine grundsätzlich neuen Handlungsempfehlungen gege-<br />
ben werden können und Vorschläge nur geringfügige Änderungen in dem bereits<br />
implementierten System darstellen.<br />
31
7 Literatur- und Quellennachweis<br />
Bundesverband der Unternehmensjuristen (2011): Bio-Werbung. Vorsicht vor<br />
grünen Mogelpackungen, in: Unternehmensjurist, Ausgabe 02/2011, S. 46-48,<br />
download unter: URL:<br />
http://www.buj.net/fileadmin/user_upload/documents/unternehmensjurist/2011-<br />
02/S_46-48Biowerbung-un2.pdf, Zugriff am 15.11.2011.<br />
Grothe-Senf, Anja; Frank, Beate (2003): Erweiterte Umweltleistungsbewertung.<br />
Ein branchenspezifischer Vergleich zwischen Brasilien und Deutschland, Mün-<br />
chen.<br />
Knox, L. Paul; Mayer, Heike (2009): Kleinstädte und Nachhaltigkeit. Konzepte für<br />
Wirtschaft, Umwelt und soziales Leben, Basel-Boston-Berlin.<br />
<strong>Märkisches</strong> Landbrot (2011a): Managementreview, download unter: URL:<br />
http://www.<strong>landbrot</strong>.de/fileadmin/daten/pdf/Management-Review%202011-<br />
110718.pdf, Zugriff am 15.10.2011.<br />
<strong>Märkisches</strong> Landbrot (2011b): Umwelterklärung 2011. (6. Umwelterklärung) mit<br />
den Ökobilanzzahlen von 1994 bis 2010), Berlin.<br />
<strong>Märkisches</strong> Landbrot (2011c): Landbrot Fibel. Mythen und Fakten zu <strong>Märkisches</strong><br />
Landbrot, Ausgabe April 2011, Berlin.<br />
<strong>Märkisches</strong> Landbrot (2011d): <strong>Märkisches</strong> Land Bote, Ausgabe Nr. 14, Berlin.<br />
Schaltegger, Stefan; Kleiber, Oliver; Müller, Jan (2003): Die »Werkzeuge« des<br />
Nachhaltigkeitsmanagements. Konzepte und Instrumente zur Umsetzung unter-<br />
nehmerischer Nachhaltigkeit, in: Linne, Gudrun; Schwarz, Michael (Hg.) Hand-<br />
buch Nachhaltige Entwicklung. Wie ist nachhaltiges Wirtschaften machbar?, Op-<br />
laden, S. 330-342.<br />
32
8 Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Übersicht der gesammelten Kriterien .............................................. 5<br />
Abbildung 2: Gewichtung der Kriterien »Nachhaltige Bäckerei« ........................... 6<br />
Abbildung 3: Drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – eigene Bewertung .............. 7<br />
Abbildung 4: Trichtermodell Vorgehen <strong>Unternehmensanalyse</strong> ............................. 9<br />
Abbildung 5: Prozentuale Verteilung des Handels ............................................. 10<br />
Abbildung 6: Organigramm <strong>Märkisches</strong> Landbrot .............................................. 12<br />
Abbildung 7: Bewertung der Anforderungskriterien ............................................ 19<br />
Abbildung 8: Ergebnisdarstellung nach Unternehmensbesichtigung .................. 20<br />
Abbildung 9: EULB Untersuchungsräume .......................................................... 22<br />
Abbildung 10: EULB Gesamtergebnis »Enablers« und »Results« ..................... 24<br />
Abbildung 11: EULB Zielerreichungsgrad der neun Kategorien ......................... 25<br />
Abbildung 12: EULB Zielerreichungsgrad im Umweltraum ................................. 25<br />
Abbildung 13: EULB Zielerreichungsgrad im Sozialraum ................................... 26<br />
Abbildung 14: EULB Zielerreichungsgrad im Visionsraum ................................. 26<br />
33