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Menschen in Auflösung. Systemische Therapie mit KlientInnen, die ...

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Materialien zur <strong>Menschen</strong>kunde II, 2<br />

Literaturexzerpte zu diversen Störungen der Ich-Integrität<br />

Wurmser: Die Maske der Scham<br />

Scham entsteht, wenn <strong>in</strong> den Bereich der Würde e<strong>in</strong>gedrungen wird – <strong>in</strong> <strong>die</strong> Intimsphäre. Das<br />

Überschreiten der Grenze, über <strong>die</strong> h<strong>in</strong>aus man se<strong>in</strong>e Macht nicht ausdehnen darf, führt zu Schuld.<br />

Der dessen Intimgrenze verletzt wird, fühlt Scham – der Überschreitende Schuld (und Scham, wenn<br />

er sich <strong>mit</strong> dem anderen identifiziert). Scham verdeckt und verhüllt Schwäche. Wenn e<strong>in</strong> Schritt der<br />

Zuwendung, der nicht als E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen gedacht war, <strong>mit</strong> Hohn abgewehrt oder ignoriert wird, dann<br />

wird das zum Anlass heftiger Beschämung. Das radikale Verlassenwerden als <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em <strong>in</strong>nersten<br />

Bereich zurückgewiesen Werden wird als Verschw<strong>in</strong>den des Selbst empfunden. Wenn <strong>die</strong><br />

fasz<strong>in</strong>ierende Macht der eigenen sexuellen Aktivität sichergestellt ist, gibt es ke<strong>in</strong>e Scham. Scham<br />

ist e<strong>in</strong>e Wächter<strong>in</strong>, <strong>die</strong> den Kern der Integrität schützt – <strong>die</strong> <strong>in</strong>tensivsten Gefühle, sexuellen<br />

Wünsche, Erlebnisse und Körperteile. Scham kann auch als Signal <strong>die</strong>nen, das vor e<strong>in</strong>er<br />

möglicherweise folgenden <strong>in</strong>tensiven Zurückweisung warnt, da<strong>mit</strong> sie nicht traumatische Ausmaße<br />

erreicht. Schamangst ist <strong>die</strong> Furcht e<strong>in</strong>es plötzlichen Bruchs e<strong>in</strong>er vertrauensvollen Beziehung.<br />

Alle<strong>in</strong>e gelassen, folgt Entfremdung von der Welt und vom Selbst (Totstellreflex,<br />

Depersonalisation).<br />

Scham ist der am leichtesten sich generalisierende, am schnellsten sich ausbreitende und überflutende<br />

von allen Affekten – unendlicher Regress der Scham <strong>in</strong>folge der Scham. Man schämt sich sowohl se<strong>in</strong>er<br />

Sprechwiese als auch des Inhalts des Gesagten (Inhalt und Funktion des sich Zeigens).<br />

Sexualität: es gibt ke<strong>in</strong>en anderen Zustand, wo der Mensch gleichermaßen verwundbar wäre, <strong>die</strong> übliche<br />

Kontrolle über se<strong>in</strong>e Affekte, Handlungen und Ausdrucksbewegungen fallen lässt, se<strong>in</strong> Selbst schutzlos<br />

dem anderen überliefert; massive Konflikte zwischen Selbstbehauptung und Selbstauslöschung<br />

Schamangst führt zu Verstecken und Verschw<strong>in</strong>den (Erstarren, vergessen, Wandel des Charakters,<br />

Tagträume)<br />

4 Leitsymptome des Schamsyndroms<br />

· schwere Depersonalisation und Derealisiation (als ob – Qualität; ich tue nur so)<br />

· Depression (Gefühl totaler Wertlosigkeit), wechselnd <strong>mit</strong> Hochphasen (z.B. wenn gehungert wird)<br />

· Essstörungen<br />

· Denkstörungen (Annahme magischer Mächtigkeit; bei hysterischen Formen milde)<br />

Familie<br />

· Spaltung zwischen physischer Zurschaustellung und körperlicher Inti<strong>mit</strong>ät auf der e<strong>in</strong>en und<br />

dem Verbergen von Gefühlen und Zunahme an kommunikativer Distanz auf der anderen Seite.<br />

· Benutzen des K<strong>in</strong>des für exhibitionistische Zwecke (Prestigesymbol; Heil<strong>mit</strong>tel für den<br />

verletzten Narzissmus der Eltern)<br />

· Verschleierung der hochambivalenten Gefühle und der großen Abhängigkeit und Wut<br />

· Scham schützt gegen Zurschaustellung und exhibistionistischen Missbrauch des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> der<br />

Gesellschaft<br />

· Das K<strong>in</strong>d muss e<strong>in</strong>e rigide Rolle spielen, um anerkannt zu werden (Musterk<strong>in</strong>d)<br />

· Das Leben wird von Verstecken, Verleugnen und Lüge überschattet<br />

· Wut als Versuch auszubrechen

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