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NUN - Ausgabe 4, Mai/Juni 2006 - Nun-Zeitschrift

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Ein Grund dafür ist, dass die Transferzahlungen der<br />

Immigranten in die Heimat seit Jahren rückläufig<br />

sind, denn die Immigranten entscheiden sich immer<br />

mehr dazu, ihren Altersabend in Deutschland zu<br />

verbringen. Ein weiterer Grund ist das schnelle<br />

Wachstum der Immigranten. So wird z.B. erwartet,<br />

dass die türkische Bevölkerungsgruppe von den<br />

heute rund 2 Millionen bis 2010 auf 3 Millionen<br />

wachsen wird. Parallel wachsen auch die Einkommen<br />

dieser Bevölkerungsgruppe aufgrund einer<br />

hohen Selbstständigkeits- und einer zunehmenden<br />

Akademisierungsrate. Studien ergaben, dass die<br />

türkischen Arbeitnehmer in Deutschland eine<br />

beinahe doppelt so hohe Sparquote aufweisen wie<br />

ihre deutschen Kollegen. Experten schätzen ihre<br />

jährliche Sparleistung auf rund 1,5 Milliarden Euro.<br />

Mittlerweile handelt es sich bei der Bevölkerungsgruppe<br />

mehr und mehr um einen wohlhabenden<br />

Mittelstand.<br />

Neben den Privatkunden stellen jedoch auch die<br />

Geschäftskunden ein attraktives Marktsegment dar:<br />

Die von türkischen Unternehmern in Deutschland<br />

derzeit jährlich erwirtschafteten rund 50 Milliarden<br />

Euro sollen sich Schätzungen zufolge bis 2010 verdoppeln.<br />

Die Koran konformen Investitionen können jedoch<br />

auch für Nicht-Muslime interessant sein. Eine<br />

vollkommen neue Anbietergruppe kam hinzu als im<br />

Sommer 2004 Sachsen-Anhalt als erstes Bundesland<br />

eine variabel verzinsliche, islamische Anleihe<br />

auflegte, um den klammen Haushalt mit arabischen<br />

Millionen aufzumöbeln. „Außerdem ist die Anleihe<br />

auch Ausdruck des Respekts vor der arabischen<br />

Welt. Nach der erfolgreichen Platzierung (die<br />

Anleihe war stark überzeichnet) denken wir an<br />

eine Nachfolge-Emission.“, sagte Axel Gühl,Abteilungsleiter<br />

im Finanzministerium und Vater des<br />

sachsen-anhaltinischen Sukkuk (Anleihe).<br />

Nötig war dafür eine komplizierte Konstruktion,<br />

die vor allem dem Fiskus sauer aufgestoßen sein<br />

dürfte. Die Landesregierung übertrug eine Reihe<br />

von Immobilien an eine neu gegründete Stiftung.<br />

Diese finanzierte den Deal mit Hilfe einer Anleihe<br />

mit fünfjähriger Laufzeit, die - ganz nach den Regeln<br />

des Korans - statt Zinsen die Mieteinnahmen an<br />

die Anleger ausschütten sollte. Besonderer Clou<br />

der Konstruktion: Die landeseigene Stiftung hat<br />

ihren Sitz in den Niederlanden, um Steuern zu<br />

sparen. Ein weiterer Anreiz für Nicht-Muslime in<br />

islamische Finanzprodukte zu investieren, dürfte<br />

die seit 2005 in Kraft getretene Schweizer Zinssteuer<br />

sein. Nach Informationen des Eidgenössischen<br />

Finanzdepartments haben Schweizer<br />

Banken im zweiten Halbjahr 2005 rund 90<br />

Wissenswertes9<br />

<strong>NUN</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 4, <strong>Mai</strong>/<strong>Juni</strong> <strong>2006</strong><br />

Millionen Euro Quellensteuer einbehalten. Um<br />

Zinssteuerzahlungen zu vermeiden, bietet Islamic<br />

Banking eine gute Alternative.<br />

Schaut man über Europas Grenzen hinaus, ist auch<br />

hier ein Wachstum zu beobachten.Viele islamische<br />

Länder haben in den vergangenen Jahren ein beachtliches<br />

wirtschaftliches Wachstum erzielt und<br />

für steigenden Wohlstand ihrer Bürger gesorgt, die<br />

ihr Geld auch investieren möchten. Des Weiteren<br />

haben nach dem 11. September 2001 und dem<br />

Irak-Konflikt viele arabische Investoren Milliarden<br />

Dollar an Kapital aus Amerika abgezogen. Nach<br />

Schätzungen von Bankexperten aus Dubai hatten<br />

arabische Investoren insgesamt über 1 Bill. Dollar<br />

in den USA angelegt. Davon stammten allein rund<br />

600 Milliarden Dollar aus Saudi-Arabien. Der<br />

Kapitalrückzug und die steigenden Ölpreise führen<br />

zu vermehrtem Investitionskapital im Nahen und<br />

Mittleren Osten. So ist es nicht verwunderlich, dass<br />

vor allem im arabischen Raum das Geschäft mit<br />

koran-konformen Geldanlagen boomt. In den vergangenen<br />

Jahren wurden rund 430 Milliarden<br />

Dollar in diese Produkte investiert, dessen jährliche<br />

Wachstumsraten oft bei über 20% liegen.<br />

Diese Wachstumsraten zeigen, dass die Performance<br />

islamischer Portfolios meist sehr gut ist und<br />

die großen Leitindizes teilweise sogar übertrifft.<br />

Zum Beispiel stieg der 1999 eingeführte Aktienindex<br />

„Dow Jones Islamic Market“ in den vergangenen<br />

drei Jahren um mehr als 65%. Dass der<br />

Islamic-Banking-Markt mit einem jährlichen<br />

Wachstum von bis zu 15% ein großes Potenzial<br />

birgt, hat sich in der Finanzwelt mittlerweile umgesprochen.<br />

So arbeitet der britische Schatzkanzler<br />

Gordon Brown momentan intensiv an einem<br />

Programm mit dem Ziel, London zum Weltzentrum<br />

des Islamic Banking zu machen. Dazu bedarf es<br />

unter anderem weiterer Änderungen der finanzmarktrelevanten<br />

Gesetze sowie der Steuergesetzgebung.<br />

Großbritannien war hier bereits in den<br />

vergangen Jahren tätig und hat gesetzliche Grundlagen<br />

für islamische Hypotheken geschaffen. Bei<br />

islamischen Hypotheken kauft die Bank die Immobilie<br />

für den Muslim und verkauft sie ihm umgehend<br />

zu einem höheren, auf Ratenzahlung abgestellten<br />

Preis weiter. Damit entfällt rein technisch<br />

jede Zinsberechnung wie bei der traditionellen<br />

Hypothek und damit der Kredit. Bei einer solchen<br />

Transaktion wird in Deutschland leider noch<br />

immer zweimal die Grunderwerbssteuer fällig.<br />

Deshalb wird die islamische Baufinanzierung bisher<br />

nur in Großbritannien und in Ländern des Nahen<br />

und Mittleren Ostens angeboten.

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