Sandra Laib machen, scheint er die Lust an seiner Rolle rasch wie<strong>de</strong>r zu verlieren. Der Versuch, sich <strong>de</strong>r Lektüre zu entziehen beziehungsweise diese so flüchtig als möglich zu gestalten, schlägt fehl: In einem Lesezirkel ‚erliest’ er sich, zusammen mit drei seiner Mitschüler, die <strong>Keller</strong>sche Novelle vom freiwillig unfreiwilligen Hochstapler Strapinski – mal als Vorleser, mal als Zuhörer, mal als Fragen<strong>de</strong>r, mal als Auskunftgeber. Und kann nicht mehr zurück. Außer<strong>de</strong>m ist auch eine Storm-Novelle dabei, Hans und Heinz Kirch; weniger lustig, weniger märchenhaft, doch in ihrer Darstellung <strong>de</strong>s Vater-Sohn-Konflikts ganz bei <strong>de</strong>n Jugendlichen. (...) und ein fester Gedanke begann sich in ihm zu bil<strong>de</strong>n. «Es ist jetzt einmal, wie es ist!» Gleich zwei Novellen auf einmal zu lesen, stellt eine gewisse Herausfor<strong>de</strong>rung dar – nicht nur für unseren x-beliebigen Schüler, son<strong>de</strong>rn auch für das Lehrteam, das bei <strong>de</strong>r Vielzahl an Szenen, Figuren, Orten, Rückblen<strong>de</strong>n, Szenenanschlüssen manchmal <strong>de</strong>n Überblick zu verlieren drohte. Doch tatsächlich war es so, dass sich unsere achte Klasse, nach<strong>de</strong>m sie sich in das Unausweichliche gefügt hatte, einen gesun<strong>de</strong>n Ehrgeiz entwickelte, um das Comicprojekt zum Gelingen zu bringen. Sie kooperierten (zum Beispiel, um gemeinsam Festlegungen zu treffen), sie kommunizierten (zum Beispiel, um Szenenübergänge sinnvoll zu gestalten), sie halfen einan<strong>de</strong>r aus (zum Beispiel, in<strong>de</strong>m sie sich gegenseitig entlasteten). Dabei wur<strong>de</strong> er rund und stattlich und sah beinah gar nicht mehr träumerisch aus; er wur<strong>de</strong> von Jahr zu Jahr geschäftserfahrener und gewandter (...) Am En<strong>de</strong> eines langen Schuljahres hat <strong>de</strong>r x-beliebige Schüler die von ihm zu bearbeiten<strong>de</strong>n Seiten unzählige Male gelesen, Drehbuchversionen geschrieben, Porträts gezeichnet, Rollenbiografien verfasst, gescribbelt, Vorzeichnungen zu Reinzeichnungen getuscht und vieles mehr. Bleibt zu hoffen, dass er sich seine erworbene Professionalität bewahrt und auch in Zukunft mit kreativem Blick auf Texte zugeht. 5
AAAA 6