Anspannung vor jeder nachricht - Literaturmachen
Anspannung vor jeder nachricht - Literaturmachen
Anspannung vor jeder nachricht - Literaturmachen
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Z e i t u n g f ü r r e P O r t A g e n<br />
geschichten sind dort,<br />
wo man nicht mit ihnen rechnet<br />
Zum letzten Mal haben wir in diesem Jahr Schülerinnen<br />
und Schüler aus dem Klassenzimmer<br />
geschickt, mit dem Auftrag, nach Themen zu<br />
suchen, zu recherchieren, Interviews zu führen<br />
und Reportagen zu schreiben.<br />
Das Projekt „Unterricht im Dialog“ ist beendet,<br />
dieses „Bulletin“ stellt für uns den Schlusspunkt<br />
dar.<br />
Natürlich kommt so ein Ende nicht überraschend<br />
bei einem Projekt, das von Beginn an<br />
auf fünf Jahre begrenzt war. Doch angesichts<br />
der vielen Erlebnisse, die wir in dieser Zeit<br />
mit fünf Schulklassen am Eberhard-Ludwigs-<br />
Gymnasium hatten, stimmt es dann doch ein<br />
wenig traurig.<br />
Um auszudrücken, weshalb dieses Projekt für<br />
uns so außergewöhnlich war, müssen wir nicht<br />
in der Vergangenheit kramen – es reicht, die<br />
folgenden Seiten durchzublättern, zu sehen<br />
und <strong>vor</strong> allem zu lesen.<br />
Die 29 Schülerinnen und Schüler der 8a haben<br />
sich mit den unterschiedlichsten Themen auseinandergesetzt.<br />
Sie haben hinter die Fassaden<br />
Stuttgarter Geschäfte ebenso geblickt wie in<br />
das Leben von Pfarrern, Hunde- und Pferdetrainern,<br />
Computerspieleentwickler und ehemaliger<br />
Obdachloser. Viele haben sich auf neue<br />
Art mit Dingen auseinandergesetzt, mit denen<br />
sie sich ohnehin beschäftigen. Einige sind ganz<br />
n- o 05<br />
unterricht im Dialog – Literaturhaus Stuttgart und eberhard-Ludwigs-gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011<br />
Halb sechs an einem normalen Arbeitstag: Auf<br />
den Straßen Stuttgarts ist es noch ruhig, aber<br />
im Studio von „Die Neue 107.7“ ist schon Betrieb.<br />
Der „Frühstücksclub“ diskutiert über die<br />
ersten Themen des Tages. Um drei Uhr dreißig<br />
beginnt die Arbeit für den Moderator. Seine<br />
Sendung beginnt um fünf Uhr dreißig. In der<br />
Zeit bis zur Sendung stellt er die Reihenfolge<br />
der Musik, die Werbung und die Gesprächs-<br />
themen zusammen und kürzt die Lieder gegebenenfalls.<br />
Vor der Sendung und die ganze Nacht<br />
lang läuft die Musik ununterbrochen. Im Sendestudio<br />
ist es nie still, denn der Senderechner<br />
darf nie ausgemacht werden, sonst wird nicht<br />
mehr gesendet.<br />
„Wenn es trotzdem dazu kommt, haben wir immer<br />
noch einen Ersatzrechner“, sagt uns Mareike<br />
Makosch, „die Studios sind auch gegen<br />
Erdbeben geschützt.“ Sie ist eine von sechs<br />
Nachrichtensprechern. Die ersten Nachrichten<br />
werden um sieben Uhr gesendet. Ungefähr ein<br />
bis zwei Stunden <strong>vor</strong>her kommt der Nachrichtensprecher<br />
ins Studio. Er muss seinen Text selber<br />
zusammenstellen und aufschreiben.<br />
Von 9:30 Uhr bis 19:30 Uhr läuft die Rubrik<br />
Mareike Makosch hat als Praktikantin ange-<br />
fangen, inzwischen ist sie Nachrichtensprecherin<br />
Justus Höhnle<br />
<strong>Anspannung</strong> <strong>vor</strong><br />
<strong>jeder</strong> <strong>nachricht</strong><br />
Ein Tag im Studio des Stuttgarter<br />
Radiosenders „Die Neue 107.7“<br />
„Best of Rock“. Dort können auch Musikwünsche<br />
abgegeben werden. Alle drei Minuten ruft<br />
ein Zuhörer tagsüber an und wünscht sich ein<br />
Lied. Der Anrufer wird dann über Telefon zum<br />
Moderator in das Studio geleitet. Jeden Sonntag<br />
ab 20 Uhr bis 23 Uhr hört man „Charlies Rockshow“.<br />
Dort werden Hardrock und Balladen gespielt.<br />
„Die Neue 107.7“ hat auch einen eigenen<br />
Fußballreporter. Er ist bei jedem Spiel des VfB<br />
Stuttgart dabei.<br />
Aber die Verkehrs<strong>nachricht</strong>en sind für Autofahrer<br />
sehr interessant. „Wir schalten direkt zu<br />
unserem Verkehrsexperten Alexander Häring in<br />
die Straßenverkehrszentrale“, sagt Moderator<br />
Martin Pfeffer. Die Verkehrs<strong>nachricht</strong>en kommen<br />
direkt live von der Straßenverkehrszentrale<br />
Baden-Württemberg, und wenn die rote Lampe<br />
aufleuchtet, wird gesendet. „Die Neue 107.7“<br />
hat auch einen Stauflieger. Der fliegt morgens<br />
nach Göppingen und überfliegt die Autobahnen<br />
und die Landstraßen. Er ist ständig mit der Polizei<br />
verbunden.<br />
Man denkt als Zuhörer, dass der Sprecher normal<br />
spricht, doch das trügt. Als Moderator geht<br />
man in einen Sprachkurs, um bei Aufregung<br />
bewusst an Orte und zu Menschen gegangen,<br />
mit denen sie ansonsten niemals in Berührung<br />
gekommen wären. Interessant ist beides. Für<br />
uns und hoffentlich auch für Sie.<br />
Wir wollen uns an dieser Stelle bei allen Schülerinnen<br />
und Schülern bedanken, die so engagiert<br />
mitgearbeitet haben. Ebenso bedanken<br />
wollen wir uns bei der Robert Bosch Stiftung<br />
für die Unterstützung dieses Projekts und beim<br />
Stuttgarter Literaturhaus für die Organisation,<br />
namentlich bei Erwin Krottenthaler.<br />
Es hat Spaß gemacht. Und ein letztes Mal<br />
wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen der<br />
Reportagen im „Bulletin“.<br />
Katharina Dargan (Lehrerin)<br />
und Tilman Rau (Dozent)<br />
nicht zu stottern. Man sollte auch richtig atmen<br />
und auf seine Aussprache achten. „Man<br />
ist <strong>vor</strong> <strong>jeder</strong> Nachricht angespannt.“ Sind die<br />
Nachrichten gesendet, wird an den nächsten<br />
Nachrichten weiter gearbeitet.<br />
Die Musikrichtung geht in die 80er und den<br />
Rock. Angefangen hat „Die Neue 107.7“ als<br />
Stadtradio in Stuttgart. Das war <strong>vor</strong> acht Jahren,<br />
und damals wurde nur Musik gespielt. „Die<br />
Neue 107.7“ ist einer der meistgehörten Lokalsender<br />
in Baden-Württemberg und auch in der<br />
Region um Stuttgart zu empfangen. Auf der<br />
Internetseite gibt es auch ein Webradio. „Wir<br />
haben 4654 Lieder auf dem Senderechner, und<br />
es werden täglich 500-700 Lieder gespielt“, sagt<br />
Mareike Makosch. Sie ist über ein Radiopraktikum<br />
zur Nachrichtensprecherin geworden.<br />
„Die Neue 107.7“ hat einen riesigen Technik-<br />
Raum. „Der Techniker hat mir mal gesagt, dass<br />
ich das Kabel dort herausziehen soll. Da ich<br />
mich aber mit Technik nicht so gut auskenne<br />
und dort nur Kabel sind, habe ich dann noch<br />
mal nachgefragt“, erklärt Mareike Makosch. Am<br />
Ende sagt sie noch, dass man als Moderator oder<br />
Nachrichtensprecher Ruhe bewahren muss.<br />
In den Redaktionsräumen werden Nachrichten<br />
geschrieben und Sendungen <strong>vor</strong>bereitet
Seite 2 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 3<br />
Die Hochschule der Medien (HdM) ist ein modernes<br />
Gebäude und befindet sich auf dem Campus<br />
in Stuttgart-Vaihingen. Es ist sehr hell und<br />
übersichtlich. Fast alle Türen sind aus Glas, die<br />
Arbeitsräume und Hörsäle haben lange Fensterfronten<br />
und die meisten Arbeitsplätze sind mit<br />
Computern ausgestattet.<br />
Im Studiengang Medieninformatik können die<br />
Studenten eine Ausbildung zum Spieleentwickler<br />
machen. In diesem Studiengang sind Paul<br />
Lawitzki, Melina Diener und Marius Herbich gerade<br />
dabei, gemeinsam ein neues Computerspiel<br />
zu entwickeln.<br />
Paul Lawitzki hat nach seinem Realschulabschluss<br />
noch Abitur gemacht, um zuerst Informatik<br />
zu studieren und danach auch noch<br />
seinen Master zu erlangen. Im Anschluss hat<br />
er anderthalb Jahre in München als Ingenieur<br />
gearbeitet. Jetzt widmet er sich der Spiele-<br />
entwicklung, obwohl er noch nie zu<strong>vor</strong> Spiele<br />
programmiert hat. Mit 3D-Grafik ist er jedoch<br />
schon vertraut, und kleine Spiele hat er auch<br />
schon selbst erfunden. Sein Ziel ist es, selbstständig<br />
zu werden und eine eigene Firma zu<br />
gründen. „Aber bis dahin“, sagt er, „ist es noch<br />
ein langer Weg.“<br />
Melina Diener ist Studentin an der HdM und hat<br />
bereits Erfahrungen mit Film, Hörspiel und 2D-<br />
Animation. Ihr Studium dauert insgesamt drei<br />
Jahre. Marius Herbich war nicht zu sprechen.<br />
iMPreSSuM<br />
Bulletin ist der aktuelle Werkstattbericht der<br />
Werkstatt für Reportage am Eberhard-Ludwigs-<br />
Gymnasium Stuttgart. Das Gesamtprojekt<br />
„Unterricht im Dialog – Schreibwerkstätten<br />
im Deutschunterricht“ wird vom Literaturhaus<br />
Stuttgart in Kooperation mit dem Landesin-<br />
stitut für Schulentwicklung und den Seminar-<br />
einrichtungen für Lehrerinnen und Lehrer in<br />
Baden-Württemberg durchgeführt.<br />
Auflage: 500 Exemplare.<br />
Alessandro May<br />
Big time Monkey<br />
Studenten der Stuttgarter Hochschule der Medien entwickeln ein Computerspiel<br />
Einer von den Dreien ist im Oktober letzten<br />
Jahres auf die Idee gekommen, ein „Adventurespiel“<br />
zu entwickeln, in dem ein kleiner Affe<br />
aus einem Labor ausbricht und dann später die<br />
Welt rettet. Diese Idee musste jedoch erst getestet<br />
werden, durch ein Demo (eine Kurzfassung<br />
des Spiels). Das Spiel war überzeugend genug,<br />
und so machten sie sich an die Arbeit. Nach wenigen<br />
Monaten, im Januar, konnten sie bereits<br />
auf der MediaNight der HdM, die jährlich am<br />
Ende des Semesters stattfindet, ihr Projekt den<br />
Gästen <strong>vor</strong>stellen.<br />
Der Affe Gordo sitzt mit seinen zwei Brüdern<br />
Ham und Sam im Versuchslabor der verrückten<br />
Frau Doktor Dröge, die die drei für teuflische<br />
Experimente missbraucht. Gordo möchte entkommen,<br />
um es gegen das Böse aufzunehmen.<br />
„Seit ich zurückdenken kann – was aufgrund<br />
der zahlreichen Tierversuche nicht sehr lange<br />
ist – wusste ich, dass ich ein Superheld bin.“<br />
Das Spiel beginnt. Super-Gordo läuft durch die<br />
Stadt, sammelt Objekte, nimmt sie mit, fügt<br />
sie zusammen, redet mit verschiedenen Leuten<br />
und löst Rätsel. Sein Weg führt ihn von Viertel<br />
zu Viertel, gespült durch die Kanalisation der<br />
Stadt. So konnten die Gäste selbst zum Helden<br />
werden und das Schicksal der Welt bestimmen,<br />
denn nach der wilden Großstadtjagd auf der Suche<br />
nach Ham und Sam stellt sich heraus, dass<br />
es um mehr geht als nur um die Rettung der<br />
beiden. Das Schicksal der ganzen Welt liegt in<br />
den „pelzigen Pfoten“ Gordos.<br />
Das Spiel wurde auch am Gamesday der HdM,<br />
eine Art Spielemesse, <strong>vor</strong>gestellt und hat auch<br />
hier die Besucher begeistert. Die Charaktere<br />
wurden von Melina per Hand gezeichnet und<br />
später animiert. Paul erstellte hierfür die Hintergründe<br />
am Computer. Die Dialoge zwischen<br />
Gordo und den verschieden Leuten schrieb<br />
An der Hochschule der Medien in Stuttgart-<br />
Vaihingen kann man die Entwicklung<br />
von Computerspielen studieren<br />
Dozent – Tilman Rau<br />
Verantwortliche Lehrerin – Katharina Dargan<br />
redaktion dieser Ausgabe<br />
Tilman Rau und Katharina Dargan<br />
Layout – Jochen Starz – starz engineering<br />
Copyright – Die Rechte für die einzelnen<br />
Beiträge (Text und Bild) liegen bei den<br />
Autorinnen und Autoren, für die Gesamtausgabe<br />
beim Literaturhaus Stuttgart.<br />
Die Fotos wurden, wenn nicht anders benannt,<br />
von den Autorinnen und Autoren gemacht.<br />
Der Affe Gordo aus dem Spiel „Big Time<br />
Monkey“ hat sich viel <strong>vor</strong>genommen –<br />
das Schicksal der Welt hängt von ihm ab.<br />
Marius, Regisseur dieses Spiels. Aufgenommen<br />
wurden die Dialoge im Tonstudio der HdM. Das<br />
Tonstudio befindet sich im Untergeschoss der<br />
HdM und besteht aus mehreren ausgestatteten<br />
Räumen. Einer war mit zahlreichen verschiedenen<br />
Musikinstrumenten gefüllt. Zwei Räume<br />
sind akustisch miteinander verbunden, um<br />
Anweisungen geben zu können oder einfach<br />
nur die Aufnahmen mitzuverfolgen. Anweisungen<br />
zu den Aufnahmen für das Gordo-Spiel<br />
erhielten die Sprecher von Marius. Da professionelle<br />
Sprecher eine entsprechende Bezahlung<br />
verlangen, wurde auch auf „Dahergelaufene“<br />
zurückgegriffen.<br />
Das definitive Zusammenfügen der einzelnen<br />
Komponenten ist sehr zeitaufwändig. Aus<br />
diesem Grund ist das Spiel noch nicht fertig.<br />
Derweil wurde ein Externer beauftragt, die Musik<br />
zum Spiel zu komponieren. Zwischendurch<br />
muss das Spiel häufig durchgespielt werden, um<br />
Fehler zu finden und zu korrigieren und Details<br />
zu verfeinern. Den Namen gibt es bereits: „Big<br />
time Monkey“. Und auch die Website dazu. Hier<br />
wird bekanntgegeben, wann das Spiel spielbereit<br />
ist.<br />
Website zum Spiel:<br />
www.bigtimemonkey.de<br />
Kontakt – Erwin Krottenthaler<br />
Literaturhaus Stuttgart, Boschareal,<br />
Breitscheidstraße 4, D-70174 Stuttgart<br />
Tel. 0711/220 21 741, Fax 0711/220 21 748<br />
info@literaturhaus-stuttgart.de<br />
www.literaturhaus-stuttgart.de<br />
Besuchen Sie auch die Seite für junge<br />
Literatur des Literaturhauses Stuttgart<br />
www.literaturmachen.de<br />
Bulletin erscheint mit freundlicher<br />
Unterstützung der robert Bosch<br />
Stiftung gmbH Stuttgart.<br />
„Die Schönen Dinge des Lebens“ – das ist das<br />
Motto des exklusiven Kaufhauses Breuninger.<br />
Die firma e. Breuninger ist die erfolgreichste<br />
Kaufhauskette in Deutschland, mit<br />
einem Jahresumsatz von ca. 500 Millionen<br />
euro. 1881 gegründet, wird Breuninger noch<br />
heute als familienunternehmen geführt. es<br />
gibt 9 filialen und das Stammhaus in Stuttgart,<br />
das auf der größten fläche das umfangreichste<br />
Warenangebot mit 3 Millionen<br />
Artikeln hat. Allein in Stuttgart arbeiten<br />
2400 Mitarbeiter, während in der gesamten<br />
unternehmensgruppe über 4000 Menschen<br />
beschäftigt sind.<br />
Jeder, der Breuninger kennt, weiß, wie es in<br />
den Verkaufsräumen aussieht, aber wie kommt<br />
die Ware dorthin und was spielt sich hinter den<br />
Kulissen der für alle zugänglichen Räume ab?<br />
Dort arbeiten über 600 Mitarbeiter in der Verwaltung<br />
von 9-18.00 Uhr. Unter anderem gibt es<br />
den Einkauf, laut den Breuninger-Mitarbeitern<br />
„das Herzstück des Unternehmens“, in dem erst<br />
einmal alle Waren ausgesucht und bestellt werden.<br />
Breuninger bezieht seine Waren von etwa<br />
2000 Lieferanten, so Herr Ehlers, der bei Breuninger<br />
Assistent der Geschäftsleitung ist und<br />
mich durch das Stammhaus führt.<br />
Unter den Spitzenlieferanten sind Marc O’Polo,<br />
Tommy Hilfiger und Hugo Boss. Herr Holger Blecker,<br />
der Einkaufsleiter, erklärt mir: „Über 30<br />
Einkäufer kümmern sich um Saisonartikel und<br />
Kollektionen. Sie sind auf einzelne Warengruppen<br />
spezialisiert, z.B. Sportartikel, Damen- und<br />
Kinderbekleidung. Durch Scannen der Artikel<br />
an der Kasse erhält der Einkauf die Information,<br />
welche Artikel verkauft wurden.<br />
Bei Standardartikeln, das sind 20% der Artikel,<br />
wird automatisch nachbestellt, wenn ein festgelegter<br />
Mindestbestand unterschritten wird.<br />
Saisonartikel werden nur in Ausnahmefällen<br />
nachbestellt.“<br />
Die bestellte Ware kommt hauptsächlich aus<br />
China, Indien, der Türkei und Tunesien und<br />
Vincent Voerster<br />
Marktführer<br />
als Partner<br />
Das Stuttgarter Traditionskaufhaus Breuninger<br />
hinter den Kulissen<br />
Das Breuninger-Stammhaus in Stuttgart<br />
wird von dort mit dem Schiff nach Hamburg<br />
transportiert. Von dort wird sie mit dem LKW<br />
zum Zentralen Warenlager (ZWL) geliefert, wo<br />
sie erst ausgepackt und dann auf Schäden,<br />
Vollständigkeit und Qualität überprüft wird.<br />
Dann wird sie etikettiert, mit einer Warensicherung<br />
versehen und gegebenenfalls noch<br />
durch Bügeln aufbereitet und auf Kleiderbügel<br />
gehängt.<br />
Die verkaufsfertige Ware wird mit drei Anlieferungen<br />
um 6, 7 und 10 Uhr beim Stammhaus<br />
angeliefert. Dort wird sie zwischengelagert,<br />
bis entschieden ist, wann sie auf die Verkaufs-<br />
fläche kommt. Dafür sind die Abteilungsleiter<br />
verantwortlich, die sich täglich um 14.30 treffen,<br />
um zu entscheiden, welche Ware am nächsten<br />
Tag wo in welche Abteilung kommt. „Zwischen<br />
6 und 9.30 Uhr wird die ausgewählte Ware<br />
auf die Verkaufsfläche geräumt und dekoriert“,<br />
erklärt mir einer der Abteilungsleiter. „Während<br />
Die Waren müssen einen weiten Weg zurücklegen und viele Voraussetzungen erfüllen,<br />
um in den Verkaufsräumen zu landen<br />
der Verkaufszeiten zwischen 10 bis 20 Uhr wird<br />
nur in Ausnahmefällen noch Ware auf die Verkaufsfläche<br />
gebracht, weil sonst Kunden bei ihrem<br />
Einkaufserlebnis gestört werden könnten.“<br />
„Nur einzukaufen reicht aber nicht aus, man<br />
muss auch erfolgreich verkaufen können“, so<br />
Herr Ehlers. Die erste Schicht der Verkäufer beginnt<br />
ihre Arbeit bei Breuninger um 9.30 Uhr,<br />
die zweite um 11 Uhr. Im Stammhaus arbeiten<br />
insgesamt 1800 Mitarbeiter im Verkauf. „Unsere<br />
Mitarbeiter sind die Grundlage unseres Erfolgs“,<br />
so die Unternehmensphilosophie. Die Hauptverkaufstage<br />
sind Freitag und Samstag, da an diesen<br />
Tagen die meisten Menschen Freizeit haben.<br />
Sonderaktionen, wie Modenschauen, Maßtage<br />
mit Designern und regelmäßige Schminkaktionen<br />
mit Make-up-Stylisten haben einen großen<br />
Stellenwert bei Breuninger, um die Kunden<br />
an Breuninger zu binden und ein interessantes<br />
Einkaufserlebnis zu bieten.<br />
Es gibt einfach zu verkaufende Artikel, wie<br />
Unterwäsche, Socken und weiße Hemden, aber<br />
auch schwierig zu verkaufende Artikel wie<br />
Abendkleider, Handtaschen und Schuhe, insbesondere<br />
weil es sich hier um Dinge handelt, die<br />
von Damen mit einem hohen Anspruch nachgefragt<br />
werden. Wenn eine Ware nicht verkauft<br />
wird, wird sie zuerst reduziert und dann in<br />
den Outletverkauf „Red Box“ gegeben, wo sie<br />
zu einem Bruchteil des ursprünglichen Preises<br />
angeboten wird.<br />
Der Verkauf wird durch die Breuninger-Karte erheblich<br />
unterstützt. Als erstes Unternehmen in<br />
Deutschland hat Breuninger eine Kundenkarte<br />
entwickelt, die inzwischen über 1 Millionen Mal<br />
herausgegeben wurde. „Diese Karte ist etwas<br />
ganz Besonderes, denn mit der Breuninger-Karte<br />
kann man so einfach bezahlen wie mit einer<br />
Kreditkarte. Der Preis der gekauften Artikel<br />
wird am Ende eines Monats vom Bankkonto des<br />
Kunden abgebucht oder in Rechnung gestellt“,<br />
so Herr Ehlers. „Da das Bezahlen der unangenehmste<br />
Teil des Einkaufens für den Kunden<br />
ist, bietet die Karte zusätzliche Vorteile, wie<br />
Gutscheine zum Geburtstag, einmal im Jahr<br />
einen 10%-Gutschein für Platinkarten-Inhaber,<br />
die Möglichkeit, Artikel zur Auswahl mit<br />
nach Hause nehmen zu können, Einladungen<br />
zu besonderen Events zu Vorteilskonditionen,<br />
wie Ausstellungen, Wasenveranstaltung und<br />
Sportevents sowie Einkaufs<strong>vor</strong>teile bei mit Breuninger<br />
verbundenen Partnern. Diese Vielfalt<br />
an Vorteilen bietet kaum eine andere Kaufhauskette.“<br />
Mit einigen ausgewählten Partnern hat Breuninger<br />
auf Basis eines Shop-in-Shop Systems<br />
einen Vertrag geschlossen, die so eine eigene<br />
Verkaufsfläche im Kaufhaus betreiben können.<br />
Allerdings müssen die Partner in ihrem Segment<br />
Marktführer sein. Das Design der Verkaufs-<br />
flächen wird von den Partnern übernommen,<br />
die auch zum Teil die Verkäufer stellen.<br />
Wesentlich zum Erfolg von Breuninger tragen<br />
die Mitarbeiter im Verkauf bei, die sehr freundlich<br />
und hilfsbereit sind. So fühlen sich die<br />
Kunden gut beraten und kaufen mehr ein.
Seite 4 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 5<br />
Pfarrer – ein langweiliger Beruf? Von wegen.<br />
roland Spur erzählt von dem spannenden<br />
und interessanten Alltag eines evangelischen<br />
Pfarrers und davon, dass dieser Beruf gar<br />
nicht seine erste Wahl gewesen ist.<br />
Am 17.3.2011 um 18.00 Uhr öffnet Roland Spur,<br />
Pfarrer der evangelischen Waldkirchengemeinde<br />
in Stuttgart, die Tür zum Pfarramt, gleichzeitig<br />
seinem Wohnhaus, das unmittelbar neben der<br />
Kirche liegt. Herr Spur, ein grauhaariger Mann<br />
mittleren Alters, wird über seinen Beruf erzählen.<br />
Was sind die Aufgaben eines Pfarrers? Wie<br />
kam er zu diesem Beruf? Und glaubt er wirklich<br />
an Gott, an Jesus und die Bibel? Man merkt ihm<br />
an, dass er es kaum erwarten kann zu berichten.<br />
Der seriös wirkende Mann scheint sehr interessiert.<br />
In seinem Besprechungszimmer setzt<br />
er sich. Im Zimmer befinden sich einige Schränke<br />
und ein runder Tisch in der Mitte. Nun wartet<br />
Herr Spur gespannt auf die erste Frage. „Eigentlich<br />
wollte ich Arzt werden“, meint er. „Ich<br />
wollte Medizin studieren, bekam aber keinen<br />
Studienplatz.“<br />
Herr Spur hat heute nicht seine Berufskleidung<br />
an, sondern ist ganz normal gekleidet. Doch<br />
während seiner Arbeit trägt er meistens seinen<br />
schwarzen Talar. Dass er Pfarrer werden würde,<br />
wusste er früher noch nicht. Seine Eltern<br />
und Großeltern waren keine Pfarrer, also war er<br />
auch nicht der Tradition wegen auf diese Idee<br />
gekommen.<br />
„Ich wurde ganz normal erzogen, wie in anderen<br />
Familien auch“, erzählt er weiter, „und ging<br />
in die Kirche, meine Mutter brachte mir das<br />
Beten bei. Meine große Schwester ist übrigens<br />
Zahntechnikerin, mein jüngerer Bruder Arzt.“<br />
Herr Spur lächelt. Eigentlich wollte ja er Arzt<br />
werden...<br />
Doch nun ist er Pfarrer! Wieso? „Weil ich Medizin<br />
leider nicht studieren konnte, entschied<br />
ich mich dann für Philosophie und Theologie<br />
als Parkstudium. Theologie deshalb, weil mich<br />
der Religionsunterricht früher fasziniert hat.<br />
Ich wollte nun mehr darüber lernen. Das Studium<br />
war sehr interessant, also wollte ich auch in<br />
diesem Bereich arbeiten.“ Herr Spur wirkt sehr<br />
gebildet. Das muss er sein, denn um Pfarrer zu<br />
werden, muss man die Sprachen Lateinisch, Griechisch<br />
und Hebräisch lernen. Da er auf einem<br />
humanistischen Gymnasium gewesen war, wo<br />
er zwei dieser Sprachen als Unterrichtsfach hatte,<br />
musste er später nur noch Hebräisch lernen.<br />
„Wie sah Ihre Ausbildung aus?“, lautet die<br />
nächste Frage. Herr Spur erzählt, dass er erst<br />
ein paar Jahre studierte und dann das Examen<br />
schrieb, was bei der Pfarrerausbildung die „1.<br />
Theologische Dienstprüfung“ heißt. Dann kam<br />
die Vikariatsausbildung, das heißt in anderen<br />
Berufen Referendariat.<br />
Diese Ausbildung dauerte 5 Semester, also 2 1/2<br />
Jahre. Er lernte, wie man einen Religionsunterricht<br />
und einen Gottesdienst richtig gestaltet<br />
und außerdem den Beruf des Seelsorgers. Danach<br />
machte er noch einen Zusatzlehrgang als<br />
Flüchtlingsberater und Sozialbetreuer. „Dort<br />
Carolin Ziegler<br />
Abenteuer<br />
religion<br />
Aus dem Leben eines Pfarrers<br />
lernte ich mehr über den Islam als im Studium<br />
der Religionswissenschaften“, meint er. Außerdem<br />
studierte er Judaistik, Latein, Archäologie<br />
und Musikwissenschaften sowie biblische Archäologie,<br />
um das Alte Testament besser kennenzulernen.<br />
„Ich wollte das damalige Leben<br />
besser verstehen, wie die Verteilung von Arm<br />
und Reich war, die Entwicklung der Häuserbauweise,<br />
den Aufbau eines Palastes oder einer<br />
Stadt.“ Über den Alltag der Menschen verstand<br />
er die Texte des Testaments neu.<br />
Roland Spur, Pfarrer der evangelischen<br />
Waldkirchengemeinde in Stuttgart,<br />
bleibt auch dann gelassen, wenn er einen<br />
langen Arbeitstag hinter sich hat<br />
Herr Spur scheint wahrlich vielseitig interessiert<br />
zu sein und daher hat das Studium „so<br />
schön lange gedauert“. Offenbar macht es ihm<br />
Spaß Neues zu lernen und mit dem bereits Erlernten<br />
zu vernetzen. Spannend und auch<br />
überraschend fand er seine Zeit als Pfarrer im<br />
Schwarzwald, in Pfalzgrafenweiler, einer ganz<br />
frommen Gemeinde. Er war gespannt, wie man<br />
auf seine liberale, historisch-kritische Sichtweise<br />
reagieren würde. Und, wider Erwarten,<br />
war diese Gemeinde demgegenüber sehr aufgeschlossen<br />
und interessiert.<br />
Jetzt ist sein Umfeld ein ganz anderes. Die<br />
Waldkirche ist zwar auch an einem Wald gelegen,<br />
wie der Name schon sagt. Aber sie befindet<br />
sich in Stuttgart, einer etwas größeren Stadt.<br />
Die Kirche ist ein schönes, klassisches Gebäude,<br />
welches zum Eintreten einlädt. Wenn man<br />
das Innere betritt, kommt man <strong>vor</strong> dem eigentlichen<br />
Innenraum in einen kleinen Eingangsbereich.<br />
Erst dann öffnet sich der freundliche,<br />
lichtdurchflutete Innenbereich mit den hellen<br />
Holzstühlen mit roten Kissen. Nach links geht<br />
der Raum in einen weiteren Raum über, den<br />
Schillersaal, der durch Trennwände geschlossen<br />
werden kann. Das hat den Vorteil, dass man die<br />
Kirche optisch verkleinern kann, wenn weniger<br />
Menschen den Gottesdienst besuchen. Man<br />
fühlt sich dann nicht so verloren. Der seitliche<br />
Teil der Kirche wird auch für Veranstaltungen<br />
wie den Konfirmandenunterricht oder gar Kleiderbasare<br />
genutzt.<br />
An seinem Beruf mag Herr Spur die Begegnung<br />
mit anderen Menschen, ebenso wie die Tatsache,<br />
dass dies öfter Menschen mit Problemen<br />
sind als sogenannte „Siegertypen“. Wie kann<br />
man Menschen, die Probleme haben, helfen,<br />
und wodurch? Jede Geschichte ist anders, das<br />
findet Herr Spur hochinteressant. Diese Begegnungen<br />
empfindet er als eine ungeheure Bereicherung,<br />
und das macht den Beruf des Pfarrers<br />
für ihn zum „tollsten der Welt“. Die bunte Mischung<br />
an Menschen macht den Pfarrberuf für<br />
ihn aus. Auch reizt ihn die Herausforderung,<br />
Menschen zu interessieren. „Am liebsten würde<br />
ich wissenschaftlich untersuchen, was Menschen<br />
dazu bewegt, jemandem zuzuhören. Dies<br />
entscheidet sich ja in wenigen Sekunden. Es<br />
gibt Schauspieler, die ein Telefonbuch <strong>vor</strong>lesen<br />
könnten und man würde an ihren Lippen hängen.<br />
Und dann wieder andere, bei denen man<br />
sofort gelangweilt ist“, sagt Pfarrer Spur. Besonders<br />
deutlich wurde dies für ihn in seiner<br />
Zeit als Rundfunkpfarrer.<br />
Der Zufall führte ihn dazu, da eine Stelle als<br />
Landesrundfunkpfarrer ausgeschrieben war.<br />
Dies reizte ihn, und so übte er diesen Beruf sieben<br />
Jahre lang aus. Die Frage, was beim Zuhörer<br />
hängenbleibt vom Erzählten, beschäftigte ihn<br />
sehr. Was würden seine Zuhörer wiedergeben<br />
können, wenn man sie fragte. Auch die Glaubwürdigkeit<br />
des Erzählten bei Nachrichtensprechern,<br />
Politikern und Prominenten ist für ihn<br />
ein großes Thema. Wie weit kann man Menschen<br />
glauben, was sie sagen? Ein komplexes<br />
und spannendes Thema für Pfarrer Spur.<br />
Auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />
angesprochen erzählt er, dass er <strong>vor</strong> allem gerne<br />
mit den älteren Schülern arbeitet, da diese<br />
im Allgemeinen ein größeres Interesse an den<br />
Themen mitbrächten. Herr Spur verbringt aber<br />
wahrscheinlich trotzdem viel Zeit mit den Kleineren,<br />
da sein Garten sozusagen gleichzeitig<br />
der des Waldkindergartens ist, der direkt nebenan<br />
liegt.<br />
Mit dem Thema Krankheit und Tod ist Pfarrer<br />
Spur häufig konfrontiert, bei Beerdigungen sowieso,<br />
aber auch durch Gespräche mit vielen betroffenen<br />
Menschen oder Familien. Allerdings<br />
auch ganz andere Bereiche als die Seelsorge<br />
zählen zu den Aufgaben eines Pfarrers. So gehört<br />
neben der Lehre und der Predigt auch Ver-<br />
waltung und Bürokratie dazu. Aber gerade das<br />
mache den Beruf so abwechslungsreich, berichtet<br />
Herr Spur. Gott begegne ihm in unterschiedlichsten<br />
Formen, Gestalten oder Situationen,<br />
wie zum Beispiel in der Bibel, in der Kunst oder<br />
einfach im Kino. Er spüre eine Kraft, die von<br />
Gott ausgeht. Auch die Musik verbinde ihn mit<br />
Gott, schöne, auch traurige oder gar „hässliche“<br />
Musik spiele eine Rolle in seinem Glauben.<br />
„Die Geschichten in der Bibel haben immer einen<br />
wahren Kern. Gott begegnet mir in der Bibel“,<br />
sagt er überzeugt. Jeden Tag betet Herr<br />
Spur, gerne beim Essen, aber auch bei anderer<br />
Gelegenheit. Die zehn Gebote, gibt er lächelnd<br />
zu, übertrete man andauernd, wenn man ehrlich<br />
sei. Eine mehr als aufrichtige Antwort!<br />
Antonia Kammüller<br />
„Pink Pudel“<br />
und andere<br />
Kalorienbomben<br />
Das erste Cupcake-Café Stuttgarts<br />
„Orange geht gar nicht! Egal welche Form:<br />
Orangefarbener Teig, normaler Teig mit einer<br />
orangefarbenen Creme obendrauf, oder alles zusammen<br />
– es funktioniert einfach nicht!“ Vanessa<br />
Forcelli kennt sich nun seit anderthalb<br />
Jahren mit der Orangen-Abneigung der Stuttgarter<br />
aus, jedenfalls wenn es um Cupcakes<br />
geht.<br />
Was sind denn Cupcakes? Nun ja, Cupcakes sind<br />
kleine, amerikanische Kuchen, die ursprünglich<br />
sehr süß sind und sehr viele Kalorien haben. Es<br />
gibt sie in tausenden Geschmacksrichtungen.<br />
In der kleinen Cupcake-Boutique in Stuttgart<br />
ist alles zu finden. Da gibt es Klassiker wie<br />
„New York Cheesecake“, über Kalorienbomben<br />
unter dem entsprechenden Namen „Red Velvet“<br />
(dieser Zweikilo-Kuchen sieht in der Tat aus<br />
wie roter Samt), bis hin zu völlig verrückten<br />
Kreationen, wie Cupcakes mit kleinen grünen<br />
Monstern, die den Kuchenfreund feindselig angrinsen,<br />
als ob sie ihm sagen wollen: „Wir sind<br />
zwar völlig ungesund, aber wir kriegen dich<br />
trotzdem!“<br />
Die Inhaberin Vanessa Forcelli, geborene Cannstätterin<br />
und gelernte Rechtsanwaltsfachan-<br />
gestelle, entdeckte ihre Liebe zu Cupcakes eher<br />
zufällig. Und zwar bei einem Kindergeburts-<br />
tag für ihre Tochter Maya. Für ein Dutzend<br />
Kinder backte sie unzählige kleine Cupcakes.<br />
Ein Riesenerfolg: Sämtliche Eltern waren entzückt<br />
über das Gebackene. Immer wieder wurde<br />
ihr geraten, sie solle das Backen der Cupcakes<br />
unbedingt professionell angehen. „Das war sozusagen<br />
der Ursprung meiner Cupcakes“, sagt<br />
Vanessa Forcelli eineinhalb Jahre später.<br />
Auf die Frage hin, wie er die Zukunft der Kirche<br />
sieht, meint er, dass er keine Zweifel hege, dass<br />
die Kirche bestehen bleibe. Allerdings sei sie natürlich<br />
vielfältigsten Änderungen unterworfen.<br />
Hat man das Gefühl, dass Pfarrer Spur von seinem<br />
Beruf sehr gestresst ist? Nein, im Gegenteil.<br />
Obwohl er den ganzen Tag zu tun hat, ist er<br />
freundlich und entspannt. Jemand, der Stress<br />
und Negativität ausstrahlt, wäre als Pfarrer<br />
aber auch irgendwie fehl am Platz, oder?<br />
Nach dem langen, angenehmen Gespräch hat<br />
man das Gefühl, einen Ausflug in viele Bereiche<br />
des Lebens gemacht zu haben. Das ist ja wohl<br />
auch Religion. Sich Gedanken um die Mitmenschen<br />
und das Miteinander zu machen, über das<br />
Leben und den Tod.<br />
Forcelli ist Anfang dreißig, hat lange hellbraune<br />
Haare, trägt hohe Schuhe und strahlt pure<br />
Energie aus. Fast schon amerikanische Energie.<br />
Von einem Cake Designer in San Francisco hat<br />
sie dann den ein oder anderen Tipp erhalten.<br />
„Das Wichtigste ist, den Kunden immer etwas<br />
Neues zu bieten, immer auf neue Ideen zu kommen<br />
und <strong>vor</strong> allem nach Trends zu arbeiten“,<br />
erklärt Forcelli.<br />
„Sweet & Chic“ – süß und schick –<br />
steht auf dem Firmenschild.<br />
Ein Blick in Stuttgarts erstes Cupcake-Café.<br />
© Tilman Rau<br />
Deshalb sieht es im Laden keineswegs so aus<br />
wie in normalen Bäckereien. Von der einheitlichen<br />
Langeweile amerikanischer Coffee-Shop-<br />
Ketten ist sie genauso weit entfernt wie von der<br />
Spitzendecken-Gemütlichkeit klassischen deutschen<br />
Konditoreien. Denn ihr Geschäft strahlt<br />
in sanften Pink- und Brombeertönen. Und auch<br />
das Publikum ist anders: Vom Hippie bis zum<br />
strengen Geschäftsmann ist hier alles an den<br />
sieben kleinen Tischen zu finden. Die sehr netten<br />
Verkäufer haben für jeden Einzelnen ein<br />
Lächeln auf dem Gesicht. Das ist so gewollt:<br />
„Ich trainiere meine Verkäufer auf Wiedererkennung.<br />
Sie sollen sich merken, welcher Kuchen<br />
welchem Kunden besonders gut schmeckt.<br />
Jeder Kunde soll wissen, dass er hier <strong>jeder</strong>zeit<br />
willkommen ist.“<br />
Doch genauso wichtig wie der Service ist natürlich<br />
auch das Produkt selbst. In der kleinen<br />
Küche der Boutique geht es klinisch sauber zu<br />
wie im Krankenhaus. Konzentriert und mit voller<br />
Aufmerksamkeit werden von den Konditoren<br />
Schoko Chips geraspelt, sowie hingebungsvoll<br />
Religion hat mit Werten zu tun und mit Tradition,<br />
mit Wissen um Geschichte und verschiedene<br />
Kulturen, also komplexen Zusammenhängen.<br />
Man könnte noch vieles erfragen und über vieles<br />
nachdenken. Doch Herr Spur hat einen langen<br />
Tag hinter sich und hat mittlerweile über zwei<br />
Stunden erzählt. Er hat bewiesen, dass der Pfarrerberuf<br />
nicht nur aus Gottesdiensten besteht,<br />
sondern sehr vielseitig und spannend ist. Die<br />
Gemeinde und <strong>jeder</strong> einzelne darin ist wichtig.<br />
Das macht den Beruf des Pfarrers so abwechslungsreich,<br />
das macht ihn so anstrengend und<br />
das macht ihn so schön. Und so verabschiedet<br />
Roland Spur sich in seinen Feierabend. Man behält<br />
den Eindruck zurück, dass er den richtigen<br />
Beruf für sich gefunden hat.<br />
pinkfarbene Buttercreme geschlagen. Die Besucherin<br />
in ihrer Backstube fragen sie mit gespielter<br />
Besorgnis: „Bist du ein Spitzel?“<br />
Diese Annahme ist gar nicht so abwegig, denn<br />
der Cupcakeladen hat mächtig Erfolg. Über Geschäftszahlen<br />
will Vanessa Forcelli zwar nicht<br />
reden, aber immerhin betreibt sie inzwischen<br />
sogar schon zwei Cupcake Boutiquen: in Weinstadt-Beutelsbach<br />
die Herstellung und in Stuttgart<br />
den Verkauf. „Am besten verkauft sich<br />
‚Pink Pudel’“, sagt Vanessa Forcelli. Dahinter<br />
verbirgt sich ein fluffiges rosa Etwas, das in der<br />
Tat aussieht wie ein gefärbter Schoßhund.<br />
„Im Übrigen merke ich aber, dass die Deutschen<br />
nicht so experimentierfreudig sind wie<br />
die Amerikaner. Wer sich einmal auf eine Sorte<br />
festgelegt hat, bleibt meistens dabei.“ Noch ein<br />
weiterer Unterschied zwischen deutschen und<br />
amerikanischen Kunden sei, dass die Amerikaner<br />
es sehr viel süßer mögen als die Stuttgarter.<br />
„Daher habe ich den Zuckergehalt in meinen<br />
Cupcakes reduziert, bis der durchschnittliche<br />
Kunde zufrieden war. Immerhin stelle ich fest,<br />
dass die Stuttgarter meine Cupcakes mögen.<br />
Und inzwischen experimentieren sie Gott sei<br />
Dank auch ein wenig.“ Und mit einem Lächeln<br />
fügt sie hinzu: „Und das mit den Orangen bring<br />
ich ihnen auch noch bei.“<br />
Übrigens: Falls Sie, lieber Leser, das jetzt alles<br />
zu pink, zu niedlich und zu amerikanisch<br />
finden, dann gehen sie einfach hin. Vielleicht<br />
sind Sie von der wunderbaren Welt der Cupcakes<br />
dann auch bezaubert…<br />
Darf’s ein Törtchen mehr sein?<br />
Der Fantasie sind bei der Gestaltung<br />
von Cupcakes keine Grenzen gesetzt.<br />
© Tilman Rau
Seite 6 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 7<br />
„Nein, das läuft ganz anders“, sagt Markus<br />
Trendl von der Börse Stuttgart, der für Aufklärung<br />
und Zusammenarbeit mit Schulen zuständig<br />
ist. „Man muss schon eine Ausbildung haben<br />
und verstehen, wie eine Börse funktioniert, damit<br />
man dort arbeiten kann. Die Vorstellung von<br />
fuchtelnden Maklern, die hektisch kreuz und<br />
quer durch den Handelssaal rufen, hin und her<br />
rennen, um in der richtigen Zeit am richtigen<br />
Ort zu sein, von einem Telefongespräch ins andere<br />
hetzen, kaufen und verkaufen, das gab es<br />
früher und natürlich im Film.“<br />
Und er erklärt weiter: „Börsen gibt es schon, seit<br />
Menschen sich auf verschiedenen Handelsplätzen<br />
treffen und Waren kaufen, verkaufen oder<br />
tauschen. Sie sprechen miteinander und handeln.<br />
Dadurch werden sie zu Käufern oder Verkäufern.<br />
Der Preis richtet sich, egal um was es<br />
sich handelt und mit was bezahlt wird, nach dem<br />
Verhältnis von Angebot und Nachfrage“, erklärt<br />
Markus Trendl. „Es wurden Waren verkauft, die<br />
real am Ort <strong>vor</strong>handen waren, vergleichbar mit<br />
heute wären dies Marktplätze.“<br />
Die Börsen funktionieren heute anders: Die Waren,<br />
die an den Börsen gehandelt werden, heißen<br />
Wertpapiere. Wertpapiere sind, obwohl sie nicht<br />
real am Ort <strong>vor</strong>handen sind, Sachwerte. Sachwerte<br />
sind Dinge, die man meistens anfassen<br />
kann, wie z.B. Obst und Gemüse oder Autos und<br />
Gegenstände. Kauft man Wertpapiere, so erwirbt<br />
man Anteile an einem bestimmten Unternehmen<br />
und ist an dessen Gewinnen und Verlusten beteiligt.<br />
„Die Börse“, sagt Markus Trendl, „ist ein<br />
ganz normales Unternehmen wie alle anderen<br />
Unternehmen auch. Man kauft und verkauft.“<br />
Dazu muss man bestimmte Vorkehrungen bei<br />
der Bank treffen. Man eröffnet zwei Konten, das<br />
Depotkonto und das Verrechnungskonto. Kauft<br />
man eine Aktie, wird diese dem Depotkonto gutgeschrieben<br />
und der Kaufbetrag auf dem Verrechnungskonto<br />
abgezogen.<br />
Umgekehrt ist dies beim Verkauf. Auch die<br />
Börse versucht Profit zu machen. Für jede verkaufte<br />
Aktie wird eine Gebühr abgezweigt, die<br />
der Börse zu Gute kommt.<br />
Anton Keller<br />
Zocken an der Börse –<br />
film, Spiel oder Wirklichkeit?<br />
in dem amerikanischen Spielfilm „Wall Street“ geht es um einen Mann, der unbedingt an der<br />
Börse arbeiten will, dies auch erreicht und durch illegale Machenschaften und Spekulationen<br />
zu viel Macht und geld gelangt. ein von Spannung geladener film, der dem Zuschauer einen<br />
vagen einblick in die Welt der vermeintlichen Börse zeigt. Kann man überhaupt durch die<br />
Börse an so viel geld gelangen? Was ist Börse überhaupt und welche Ausbildung ist notwendig,<br />
um dort zu arbeiten: ist es der investmentbanker oder der Broker oder darf man sich auch ohne<br />
Börsenlizenz auf diesem Parkett bewegen? Was zeigt uns die realität?<br />
Deutschlands zweitgrößter Handelsplatz:<br />
die Stuttgarter Börse<br />
© Tilman Rau<br />
Der zweitgrößte Handelsplatz in Deutschland ist<br />
die Börse Stuttgart. In der Börsenstrasse 4 ist<br />
die Börse von außen gesehen ein ganz normales<br />
Büro- und Geschäftsgebäude. Im Inneren aber<br />
sieht man, wenn man hinein kommt, erstmal<br />
einen großen Empfangsraum. Wenn man dann<br />
mit dem Aufzug ein paar Stockwerke hochfährt,<br />
gelangt man in den Handelssaal, der mit Galerien<br />
aus 3 Geschossen umsäumt ist und in den<br />
von oben über große Verglasungen Sonnenlicht<br />
einfällt.<br />
Auf der Galerie der Stuttgarter Börse sieht man<br />
eine große Leinwand, auf der die Kursschwankungen<br />
angezeigt werden, die an dem Tag geschehen<br />
sind. Im Handelssaal befinden sich lange<br />
Reihen von Tischen mit unzähligen Rechnern.<br />
Jeder Händler, mit Telefon in der Hand, sitzt <strong>vor</strong><br />
etwa sechs Bildschirmen und beobachtet die<br />
Kursänderungen.<br />
Die Börse ist von 9:00-17:30 Uhr geöffnet. Das<br />
sind auch die Öffnungszeiten der XETRA, dem<br />
Computerhandelssystem, über das die deutschen<br />
Börsen heute größtenteils laufen. Die Makler<br />
schauen gespannt auf ihre Bildschirme und achten<br />
darauf, wie die Kurse sich verändern. Computer<br />
gesteuerte Börsen können viel mehr Geschäfte<br />
viel schneller abwickeln. Und das nicht<br />
nur in Stuttgart oder Frankfurt, heute geht<br />
der aller größte Teil des Börsenhandels auf der<br />
ganzen Welt über Computer.<br />
Die Realität zeigt, dass ein Film oftmals eine<br />
falsche Vorstellung nährt. Der Börsianer arbeitet<br />
wie alle Angestellten, ähnlich dem Bankmitarbeiter<br />
oder Angestellte andere Branchen. „Es<br />
ist schon ein ganz normaler Beruf“, sagt Markus<br />
Trendl, „ es ist vielleicht ein bisschen hektischer,<br />
man steht den ganzen Tag unter <strong>Anspannung</strong><br />
und man ‚dealt’ mit viel Geld, das einem aber<br />
nicht gehört, und dieses einfach so verzocken,<br />
darf man natürlich nicht.“<br />
In der Vergangenheit hat die Börse durch diverse<br />
Börsencrashs Geschichte geschrieben. Der<br />
schlimmste und bekannteste war der „schwarze<br />
Freitag“, eigentlich ein Donnerstag im Jahre<br />
1929, der den Beginn der Weltwirtschaftskrise<br />
einläutete. Wie es zu der jüngsten Finanzkrise<br />
kam, in die Banken auf der ganzen Welt verwickelt<br />
waren, kann keiner so genau sagen.<br />
„Ursachen waren sicherlich zum Teil die viel zu<br />
hohen Managerhonorare und Grundstückspekulationen,<br />
die die einen ganz reich gemacht hat<br />
und die meisten in den Bankrott getrieben haben“,<br />
so Markus Trendl.<br />
Börse ist also doch nicht ganz wie im Film. Börse<br />
ist ein komplexes und schwieriges Thema, das<br />
einen aber in Bann ziehen kann. Es birgt Risiken<br />
und Gefahren, mit denen man lernen muss umzugehen,<br />
wenn man sich entscheidet, in welcher<br />
Weise auch immer, dort tätig zu sein. Am Anfang<br />
steht der Film, der sich doch wesentlich vom tatsächlichen<br />
Geschehen unterscheidet.<br />
Es ist früher Morgen auf dem Leonhardtsplatz<br />
der Stuttgarter Innenstadt. In der Leonhardtskirche<br />
herrscht bereits seit acht Uhr in der<br />
Frühe eine rege Betriebsamkeit. Ein Team von<br />
Helfern ist bereits auf den Beinen und trifft<br />
Vorbereitungen für den anstehenden Tag. Denn<br />
es ist noch allerhand zu tun, be<strong>vor</strong> die Türen<br />
der Kirche schließlich geöffnet werden.<br />
Unzählige Vesperbeutel müssen gepackt, Getränkekisten<br />
untergebracht werden, etliche<br />
Tische und Stühle werden in dem großen Kirchensaal<br />
aufgestellt, der unter anderem als<br />
Speisehalle dient. Auch in der Küche herrscht<br />
hektisches Treiben und ein intensiver Suppengeruch<br />
kündigt bereits von der Zubereitung<br />
des Mittagessens. Man beginnt schon sehr früh<br />
mit allen notwendigen Vorkehrungen, und das<br />
ist auch kein Wunder, denn erfahrungsgemäß<br />
rechnet man hier mit bis zu 1000 Besuchern pro<br />
Tag. „Und da kann man trotz Vorbereitung auch<br />
mal ins Schwitzen kommen“, wie der Küchenchef<br />
Dieter Grabowski meint.<br />
Die Vesperkirche ist eine Einrichtung des Diakoniepfarramtes<br />
Stuttgart und existiert bereits<br />
seit 16 Jahren. Jedes Jahr öffnet die Vesperkirche<br />
für 7 Wochen zwischen Januar und März<br />
ihre Türen für diejenigen, die am Rande des<br />
Existenzminimums leben. Doch bietet die Vesperkirche<br />
nicht einfach nur eine warme Suppe<br />
am Tag und ein paar warme Decken. Tagtäglich<br />
kümmert sich ein engagiertes Team von ehrenamtlichen<br />
Mitarbeitern um die Belange der<br />
Bedürftigen (darunter Köche; ein Ärzteteam;<br />
Friseure; Sozialarbeiter und sogar Tierärzte, die<br />
sich um die Tiere der Verarmten sorgen). Auch<br />
für ein kulturelles Angebot ist gesorgt. So finden<br />
in regelmäßigen Abständen Konzerte und<br />
Theateraufführungen statt, um den Menschen<br />
in ihrer verzweifelten Situation einige Lichtblicke<br />
zu bereiten und Trost zu spenden.<br />
Da zunehmend auch jüngere Familien mit Kindern<br />
von der Armut bzw. vom sozialen Abstieg<br />
betroffen sind, ist auch eine Spielecke für die<br />
Kinder eingerichtet worden. „Die Tatsache, dass<br />
Vesperkirchen immer noch so dringend benötigt<br />
werden, ist ein Skandal und ein Armutszeugnis“,<br />
so Diakoniepfarrerin Karin Ott zu<br />
dem auch in diesem Jahr wieder stattfindenden<br />
Projekt. Und tatsächlich – in den letzten beiden<br />
Jahren ist die Zahl der von Armut Betroffenen<br />
in Stuttgart wieder angestiegen, und obwohl<br />
Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen<br />
Bundesländern relativ gut abschneidet, so ist<br />
Armut noch immer allgegenwärtig und überall<br />
anzutreffen.<br />
Beispielsweise wächst jedes 8. Kind Baden-<br />
Württembergs in ärmlichen Verhältnissen auf,<br />
<strong>jeder</strong> 10. Bewohner des Bundeslandes lebt unterhalb<br />
der Armutsschwelle, und eine Besserung<br />
ist nicht in Sicht.<br />
Doch gibt es in Stuttgart viele soziale Hilfsnetzwerke<br />
wie beispielsweise der Wohlfahrtsverband<br />
„Caritas“, die Straßenzeitung „Trott!War“<br />
und viele weitere, die sich dennoch darum bemühen,<br />
dieser Not Einhalt zu gebieten. Besonders<br />
vonseiten der Kirche wird, <strong>vor</strong> allem durch<br />
Aktionen, aktiv gegen Armut und soziale Ausgrenzung<br />
<strong>vor</strong>gegangen. Allein in Baden-Württemberg<br />
gibt es bereits 23 Vesperkirchen, unter<br />
anderem in Ludwigsburg, Ulm und Kirchheim/<br />
Teck.<br />
Mittlerweile ist es zwölf Uhr am Mittag, <strong>vor</strong> der<br />
Kirche haben sich bereits Dutzende Obdachlose<br />
und Bedürftige unterschiedlichster Altersgruppen<br />
eingefunden. Etliche Mitarbeiter halten<br />
sich <strong>vor</strong> der Einrichtung auf, bereit Fragen zu<br />
beantworten und wenn nötig zu helfen. Im Kircheninneren<br />
fällt sofort der große Massenan-<br />
drang <strong>vor</strong> der Essensausgabe auf. Hier wird ab<br />
11:30 Uhr warmes Essen und Tee ausgegeben.<br />
Auch für den Hunger danach ist gesorgt, so<br />
werden immer Nachmittags kostenlose Vesperbeutel<br />
verteilt. Heute gibt es neben Suppe<br />
auch Spätzle mit Weißwurst, dazu Kaffee oder<br />
Tee – je nach Geschmack. Doch für einen solchen<br />
Aufwand bedarf es auch tatkräftiger Unterstützung.<br />
Tag für Tag arbeiten an die 500<br />
Ehrenamtliche, Sozialarbeiter und Diakone an<br />
der Durchführung des Projektes. So auch Herr<br />
Kries, ein Experte, der schon seit einigen Jahren<br />
aktiv bei der Vesperkirche mitwirkt. „Wir in<br />
der Vesperkirche legen großen Wert auf das soziale<br />
Miteinander von Helfern und Geholfenen.<br />
Aufeinander eingehen und gegenseitiges Verständnis<br />
ist besonders wichtig“, so Herr Kries<br />
zu besonderen Grundsätzen der Vesperkirchen<br />
Aktion.<br />
Wer will, kann hier auch Zeitung lesen oder Musik<br />
hören. An vielen Tischen sieht man kleine<br />
Grüppchen, die Skat spielen oder einfach nur<br />
miteinander reden. Passend dazu auch das Aktionsmotto<br />
„Nicht einfach nur essen sondern<br />
leben!“. Die Leute sollen sich wohlfühlen, hier<br />
kann <strong>jeder</strong> so sein wie er ist. Für viele eine<br />
ganz neue Erfahrung, denn im Alltag stoßen<br />
arme Menschen oft auf Unverständnis. Sie werden<br />
sozial ausgegrenzt oder zumeist gar nicht<br />
beachtet, was es umso wichtiger macht, das<br />
David Rambow<br />
„Mehr als nur<br />
ein teller warmer Suppe“<br />
„Aufeinander eingehen<br />
und gegenseitiges Verständnis<br />
ist besonders wichtig“<br />
Die Vesperkirche Stuttgart<br />
Problem zur Sprache zu bringen und darauf<br />
aufmerksam zu machen. Dies sei ein wichtiger<br />
Aspekt der Vesperkirche und trägt auch<br />
zur Problemlösung bei, so der Fachmann. Denn<br />
aufgrund der Unmengen an Nachrichten, mit<br />
denen wir heutzutage täglich konfrontiert werden,<br />
ist es schwer den Überblick zu behalten,<br />
und so geriet auch das eigentlich sehr wichtige<br />
Thema „Armut“ allmählich ins Hintertreffen.<br />
Ein weiterer Problemfaktor sei auch, dass sich<br />
viele von Armut Betroffene wegen Minderwertigkeitsgefühlen<br />
selbst isolieren. Herr Kries<br />
weiß von Fällen, in denen sich betroffene Familien<br />
<strong>vor</strong> lauter Scham über Wochen hinweg<br />
in ihren Zimmern verbarrikadiert haben sollen.<br />
Der Hauptauslöser ist zumeist die erfahrene Ablehnung<br />
durch die Gesellschaft. „Dabei vergessen<br />
viele Leute, dass Armut jeden treffen kann<br />
und das auch ohne Eigenverschulden“, meint<br />
Herr Kries. Armut lässt sich leider nicht vermeiden,<br />
es wird sie immer geben, aber in welchem<br />
Maße, bleibt größtenteils der Politik und<br />
der Gesellschaft überlassen.<br />
Auf die Frage hin, wie man das Problem Armut<br />
zumindest teilweise lösen könnte, antwortet<br />
der Experte: „Die beste Möglichkeit der Armut<br />
etwas entgegenzusetzen, wäre <strong>vor</strong>zubeugen. Es<br />
nicht erst zum Extremfall kommen lassen. Gerade<br />
beim Beispiel der Vesperkirche kann man sehen,<br />
dass Hilfe erst nach dem Extremfall meist<br />
zu spät kommt. Hierher kommen Menschen, die<br />
körperlich wie seelisch bereits so angeschlagen<br />
sind, dass ihre Aussichten, ein gesellschaftlich<br />
anerkanntes bzw. normales Leben wieder aufzunehmen,<br />
praktisch chancenlos sind.“<br />
Es ist später Nachmittag, gegen 16:00 Uhr neigt<br />
sich der Tag in der Vesperkirche Stuttgart dem<br />
Ende zu. Einige Wenige sind bereits gegangen,<br />
doch die restlichen Anwesenden finden<br />
sich nach und nach in der Kirchenhalle ein.<br />
Denn hier wird der Tag wie immer mit einem<br />
Konzert und einer Andacht abgeschlossen. Vereinzelt<br />
kann man noch herumtobende Kinder<br />
ausmachen, während deren Eltern aufmerksam<br />
zuhören. Fünfzehn Minuten später dann strömen<br />
die Menschen scharenweise aus der Kirche.<br />
Die Konzertband und ein Großteil der Helfer packen<br />
auch schon ihre Sachen. Eine Gruppe von<br />
Mitarbeitern bleibt zurück, um aufzuräumen<br />
und für Ordnung zu sorgen. Die Leonhardtskirche<br />
schließt ihre Tore und ein ereignisreicher<br />
Tag geht zu Ende. Doch auf jeden Tag folgt ein<br />
neuer, und die Vesperkirche wird auch morgen<br />
wieder in Aktion treten. Ein weiterer Tag im<br />
Dienste der Bedürftigen.
Seite 8 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 9<br />
Kalt und ungemütlich ist es auf dem grauen<br />
Marienplatz. Zur linken Seite ist eine Baustelle,<br />
auf der demnächst ein neues Café<br />
entstehen soll. Zur rechten sind die eingangsschächte<br />
zur u-Bahnstation. Langsam<br />
versammeln sich die gäste um einen Mitarbeiter<br />
der Straßenzeitung trottwar.<br />
Der Stadtführer, er stellt sich als Heinz Lüttgens<br />
<strong>vor</strong>, ist ein freundlich aussehender, 51<br />
Jahre alter Mann, der sehr lebhaft und fesselnd<br />
erzählt. Auch er lebte einmal auf der Straße,<br />
kämpfte sich, nachdem er seine Beteiligung<br />
einer Firma an seine Frau verloren hatte, von<br />
Stadt zu Stadt, bis er eine Anstellung bei Trottwar<br />
fand, und kann so, wie alle Mitarbeiter, aus<br />
eigener Erfahrung sprechen.<br />
Er fängt an, über den Marienplatz zu erzählen.<br />
Früher war dieser eine Grünanlage mit Rasen,<br />
Büschen, Bäumen, Parkbänken und einem<br />
Kiosk, jetzt ist er nur noch ein riesiger, mit<br />
grauen Steinplatten belegter Platz. Er wurde<br />
umgebaut, wegen der vielen Obdachlosen. Laut<br />
Lüttgens war es der Streife wohl zu anstrengend,<br />
aus dem Auto zu steigen und hinter die<br />
Büsche zu schauen. Auch die U-Bahn-Station<br />
wurde mit Gittern versehen, damit sich dort<br />
nachts niemand mehr aufhalten kann.<br />
Über die Hauptstätter Straße gelangt man zur<br />
nächsten Station. Erstaunt erfährt man, was<br />
sich hinter der unscheinbaren Fassade befindet,<br />
an der tagtäglich hunderte Passanten <strong>vor</strong>beigehen.<br />
Das Winternotquartier ist genau das, was<br />
der Name schon sagt. Hier dürfen sich Obdachlose<br />
eine Nacht lang aufhalten, um dem Erfrieren<br />
zu entkommen. Eine Nacht, dann müssen<br />
Grau in Grau: Kaum <strong>vor</strong>stellbar, dass es auf<br />
dem Marienplatz einmal Rasen und Büsche gab<br />
Elinor Kath<br />
Zwischen Schule<br />
und Beruf<br />
Ein Besuch bei einem Zivildienstleistenden<br />
Lange war Kriegsdienstverweigerung die lästige<br />
Haltung einer Randgruppe. In der Bundesrepublik<br />
Deutschland steht schon im<br />
Nico Beck<br />
Die Kehrseite<br />
der Medaille<br />
Die Straßenzeitung „Trottwar“ bietet<br />
eine alternative Stadtführung durch weniger<br />
schöne „Sehenswürdigkeiten“ Stuttgarts an.<br />
sie wieder gehen. Es gibt weder Frühstück noch<br />
finanzielle Hilfe. Die Einrichtung ist zweckmäßig<br />
und spartanisch. Die Tapete ist feuerfest,<br />
die Möbel sind aus Metall. Bett, Tisch, Stuhl;<br />
das muss reichen. Zusätzliche Einrichtungsgegenstände<br />
gingen nur kaputt.<br />
Nun gelangt die Führung bei der Redaktion von<br />
Trottwar an. Sie liegt in einem kleinen Reihenhaus<br />
in einer Nebengasse und nimmt zwei<br />
Stockwerke ein. Im unteren befindet sich ein<br />
gemütlicher Aufenthaltsraum neben einer kleinen<br />
Küche. Der Raum wird fast gänzlich von<br />
einem großen, runden Tisch eingenommen. Auf<br />
ihm liegen Prospekte und Broschüren der Straßenzeitung.<br />
Drum herum hängen Pinnwände.<br />
In diesen Raum erzählt Heinz Lüttgens alles<br />
über die Zeitung Trottwar und beantwortet Fragen.<br />
Die 1994 gegründete Straßenzeitung soll Obdachlosen<br />
helfen, eine feste und sichere Arbeit<br />
zu bekommen. Je nach Anzahl der verkauften<br />
Zeitungen steigt man langsam auf, bekommt einen<br />
höheren Lohn und andere Vergünstigungen.<br />
In der ersten Stufe, als freier Verkäufer, werden<br />
die Zeitungen zum halben Preis von Trottwar<br />
gekauft. Der Verkäufer bekommt so die Hälfte<br />
des Gewinnes. In der höchsten Stufe, als fester<br />
Verkäufer, muss man die Zeitungen nicht mehr<br />
Trottwar abkaufen. Man erhält einen festen<br />
Monatslohn, wenn man eine bestimmte Anzahl<br />
verkauft. Außerdem wird eine Wohnung von<br />
der Zeitung finanziert. Auch für ein würdiges<br />
Begräbnis sorgt Trottwar. Laut Gesetz stehen<br />
den Armen nur Massengräber zu. All dies kostet<br />
natürlich und lässt sich niemals nur durch den<br />
Verkauf bezahlen. Trottwar ist auf die Spendebereitschaft<br />
reicherer Bürger angewiesen.<br />
Grundgesetz, kein Mann dürfe zum Dienst an<br />
der Waffe gezwungen werden. Heute steht im<br />
Artikel 12a des Grundgesetzes: „(1) Männer<br />
können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr<br />
an zum Dienst in den Streitkräften (…) verpflichtet<br />
werden. (2) Wer aus Gewissensgründen den<br />
Dienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem<br />
Ersatzdienst verpflichtet werden. (…)“<br />
Zivildienststellen gibt es viele, alle mit verschiedenen<br />
Aufgabenbereichen. Als Altenpfleger,<br />
Hausmeister, Kindergärtner oder im<br />
Krankenhaus. Die Liste ist lang. Auch manche<br />
Privatpersonen mit Behinderung beschäftigen<br />
Zivis, anders könnten sie ihren Alltag nicht<br />
„Als wir die Idee der Stadtführung hatten, haben<br />
wir erst einmal nach solchen Orten gesucht<br />
und waren überrascht, wie viele es davon gibt<br />
und wie dicht sie beieinander liegen.“ (Helmut<br />
Schmidt, Geschäftsführer von Trottwar)<br />
Tatsächlich ist die schiere Anzahl der sozialen<br />
Einrichtungen, die in einem in wenigen Stunden<br />
begehbaren Gebiet liegen, überwältigend.<br />
Man fängt an, sich zu fragen, warum so etwas<br />
in Deutschland, einem der reichsten Länder der<br />
Welt, nötig ist.<br />
Außer den bereits erwähnten Stationen lernt<br />
man auch noch acht weitere Orte kennen. So<br />
zum Beispiel auch die Franziskaner Stube, hier<br />
gibt es kostenlos Frühstück, oder die Pauls-<br />
kirche in der Nähe des Charlottenplatzes. In<br />
ihrem beheizten Saal können sich Obdachlose<br />
tagsüber aufhalten und ein billiges Mittagessen<br />
erhalten.<br />
Die Stadtführung endet auf dem Marienplatz.<br />
Das Gesehene und Gehörte versetzt einen in<br />
wahrhaft düstere Stimmung, die durch den<br />
Ort noch gesteigert wird. Grau, langweilig und<br />
monoton reiht sich Stein an Stein. Grau, genau<br />
wie die dunkle Wolkendecke, die von der untergehenden<br />
Sonne nur ein düsteres Dämmerlicht<br />
übrig lässt. Hier scheint es kein Leben zu geben,<br />
keine Hoffnung.<br />
Doch die geschäftigen Leute gehen darüber<br />
hinweg, als wollten sie die Trostlosigkeit und<br />
Kargheit unter ihren Füßen nicht sehen. Denn<br />
einfach wegzuschauen, so zu tun, als würde<br />
man es nicht bemerken, ist der bequemste Weg,<br />
sich <strong>vor</strong> sich selber zu rechtfertigen. Bedrohlich<br />
ballen sich die Wolken zusammen. Die ersten<br />
Regentropfen fallen auf den Marienplatz.<br />
Heinz Lüttgens zeigt seinen Zuhörern<br />
eine andere, dunklere Seite von Stuttgart<br />
bewältigen. Außerdem muss nur ein Teil des<br />
Soldes bezahlt werden, den größten Teil zahlt<br />
der Staat. Ohne Zivis könnten viele Einrichtungen<br />
nicht bestehen, <strong>vor</strong> allem Diakonie oder<br />
Caritas.<br />
Patrick Hoffmann ist Zivildienstleistender im<br />
Evangelischen Jugendwerk Kirchheim/Teck,<br />
kurz „ejKi“. Für ihn war die Frage, ob Zivildienst<br />
oder Bund, immer klar. Er hatte nichts<br />
gegen den Dienst an der Waffe, aber gegen<br />
den Umgang in der Bundeswehr: „Du kommst<br />
zu spät, mach mal 20 Liegestützen. Und dann<br />
mach gleich noch mal 10, ich mag dein Gesicht<br />
nicht. Das muss nicht sein.“<br />
Im ejKi ist das alles ganz anders. „Ich bin hier<br />
aufgewachsen, alles ist vertraut. Und ich dachte,<br />
ich kenne das Jugendwerk. Aber wie gesagt,<br />
ich dachte.“ Der Zwanzigjährige kann seine<br />
Tätigkeit am besten mit „Hausmann“ erklären,<br />
mit vielfältigen Aufgaben: Einkaufen, Post verteilen,<br />
Mails beantworten, aufräumen und sortieren,<br />
Kurierdienste, bei größeren Aktionen<br />
mitarbeiten. „Ich bin ein Mädchen für alles“,<br />
werde ich aufgeklärt.<br />
Das ejKi organisiert Zeltlager, Konficamps und<br />
Freizeiten allgemein, Jugendgottesdienste und<br />
sonstige Veranstaltungen oder Aktionen. Die<br />
Zelte, Feldbetten, die Technik, kurz: alle Materialien<br />
sind fein säuberlich in den Lagern hier<br />
einsortiert. Diese auf Fehlstellen zu überprüfen,<br />
zu pflegen oder den Verleih zu überwachen<br />
oder zu koordinieren, ist eine seiner umfangreichen<br />
Aufgaben.<br />
In der Verwaltung gibt es auch viel zu tun. Hier<br />
wird geplant, besprochen. Oft kommt aber auch<br />
einfach jemand <strong>vor</strong>bei und bleibt auf einen Kaffee.<br />
„Und den Kaffee mache ich dann zum Beispiel“,<br />
schmunzelt Patrick.<br />
Patrick Hoffmann ist mit seiner<br />
Zivi-Stelle zufrieden und sieht sich als<br />
„Hausmeister“ und „Mädchen für alles“<br />
Die frage, ob man mit dem essen spielt, hat<br />
Molekularkoch Bastian Pfeifer für sich selbst<br />
längst beantwortet. Der ehemalige Sternekoch<br />
gibt Kochkurse, in denen er mit Hilfe<br />
von Stickstoff und anderen chemischen<br />
Substanzen die form von Lebensmitteln von<br />
grund auf verändert.<br />
Als Bastian Pfeifer <strong>vor</strong> vier Jahren an einem<br />
Kochseminar in Frankfurt teilnahm, fand er<br />
sein Hobby und seinen Job: die Molekularküche.<br />
Molekularküche oder auch Molekular-<br />
gastronomie ist das Umstrukturieren von Lebensmitteln.<br />
So gibt es zum Beispiel ein Gericht<br />
namens Melonenkaviar, das mit Hilfe des<br />
chemischen Stoffes Kalzid hergestellt wird. Diese<br />
Speise sieht aus wie Kaviar, schmeckt aber<br />
fruchtig wie eine Melone.<br />
Der Melonenkaviar ist sehr beliebt bei den Gästen,<br />
genau wie die Fruchtpüree-Sorbets, welche<br />
gerne <strong>vor</strong> den Gästen zubereitet werden. Sie<br />
werden in flüssigen Stickstoff gehalten. Sehr<br />
zur Belustigung der Zuschauer entsteht dabei<br />
Dampf. Durch den Stickstoff gefrieren die Sorbets<br />
sofort. Manchmal können dabei sogar Teile<br />
der Zunge etwas gefrieren.<br />
Die Erfindung der Molekularküche geht auf<br />
Ferran Adrià zurück, einen Spanier, welchem<br />
beim Anblick eines Fruchtschaumes eine ungewöhnliche<br />
Idee kam. Er übertrug die Technik<br />
des Schaummachens einfach auf andere<br />
Lebensmittel und erfand neue Kreationen, wie<br />
zu Olivenöl geformte Bonbons oder Salzstreuer,<br />
die einen besonders aromatischen Kunstnebel<br />
verströmen. Erstaunlich ist, dass man zum Kochen<br />
von molekularen Speisen keine Küche mit<br />
Zivildienst ist eine sowohl sinnvolle als auch<br />
lohnenswerte Idee. Warum soll sie dann ausgesetzt<br />
werden? Eigentlich wird der Wehrdienst<br />
ausgesetzt. Der Zivildienst ist aber nur als Ersatzdienst<br />
<strong>vor</strong>gesehen. Daher: Kein Wehrdienst,<br />
kein Zivildienst.<br />
Viele, oft ehrenamtliche Einrichtungen sehen<br />
sich <strong>vor</strong> einem Problem: Woher in Zukunft Arbeitskräfte<br />
bekommen? Die Zivildienstleistenden<br />
werden ja zum größten Teil vom Staat be-<br />
Philipp Rasspe<br />
Mit essen spielt<br />
man nicht?<br />
Bei Molekularkoch Bastian Pfeifer<br />
gleicht die Küche einem Labor<br />
besonderen Geräten braucht. So finden Pfeifers<br />
Kochkurse in einer ganz normalen Großküche<br />
statt. Töpfe und Pfannen reihen sich aneinander,<br />
zahlreiche Schneebesen, Kochlöffel und<br />
Schöpfkellen hängen an der Wand. Es riecht<br />
nach frischen Kräutern und gebratenem Fisch.<br />
„Die Gerichte, die ich zubereite, sind ja nicht<br />
vollständig molekular“, so Bastian Pfeifer. „Lediglich<br />
das, was dem Gericht den letzten Schliff<br />
gibt, stammt aus der molekularen Trickkiste.“<br />
Denn die Molekularküche unterscheidet sich<br />
lediglich in wenigen Zutaten vom normalen<br />
Kochen. So stehen in einem kleinen Regal<br />
chemische Substanzen wie Stickstoff, Kalzid,<br />
Algin, Patazeta oder Agar.<br />
Viele Menschen glauben, dass der Einsatz dieser<br />
biochemischen Mittel gefährlich ist. Diese<br />
Zweifel sind jedoch unbegründet. Molekularküche<br />
ist weder giftig noch gefährlicher als die<br />
herkömmliche Küche. „Mein Lieblingsgericht?“,<br />
lacht Bastian Pfeifer. „Das werde ich oft gefragt.“<br />
Dann erzählt er von einem brausearti-<br />
gen Pulver von Stecknadelkopfgröße, das auf<br />
der Zunge knistert.<br />
zahlt, und daher geschickt. Als Ersatz soll es<br />
nun den Bundesfreiwilligendienst (BFD) geben<br />
oder FSJ. FSJ-Stellen werden allerdings nicht<br />
vom Staat bezahlt, BFD-Stellen zum Teil. Durch<br />
die Doppeljahrgänge im Abi wird der Andrang<br />
für FSJ die nächsten Jahre jedoch wohl kaum<br />
allzu groß sein. „Aber es lohnt sich“, meint<br />
mein Gesprächspartner. „Es lohnt sich wirklich.<br />
Man lernt viele interessante Menschen und<br />
Tätigkeiten kennen.“<br />
Für den eigenen Gebraucht zu Hause eignet<br />
sich die Molekularküche jedoch nicht, da das<br />
Herstellen lange Zeit braucht und sehr aufwendig<br />
ist. „Mir gefallen auch die traditionellen<br />
Gerichte, die ich für mich zu Hause koche. Da<br />
koche ich wie <strong>jeder</strong> andere auch.“ Das hat seinen<br />
Grund, denn der Aufwand beim Molekularkochen<br />
ist in etwa doppelt so groß. Wenn man<br />
für ein normales Restaurant vier Köche benö-<br />
tigt, so braucht man für ein molekulargastronomisches<br />
Restaurant gleicher Größe mindestens<br />
acht Köche.<br />
Ein gutes Beispiel für diese aufwendige Art zu<br />
kochen ist die Idee, ein Schnitzel in flüssiger<br />
Form anzubieten. Bastian Pfeifer erklärt, dass<br />
man das Schnitzel langsam in Kalbsbrühe aufkochen<br />
muss. Die Brühe soll den Geschmack des<br />
Schnitzels annehmen. Und damit nicht genug:<br />
Der Molekularkoch geht noch einen Schritt<br />
weiter. Er möchte das Schnitzel wieder in seine<br />
ursprüngliche Form bringen. Dazu muss er die<br />
Brühe mit Hilfe von Agar zu einem Gelee binden,<br />
und dieses dann wieder in Schnitzelform<br />
bringen. So hätte man ein Gericht, das wie ein<br />
Schnitzel aussieht, wie ein Schnitzel schmeckt,<br />
aber gar kein Schnitzel mehr ist. „Viele Leute<br />
halten diese Idee für verrückt, aber mir macht<br />
es Spaß, aus herkömmlichen Produkten neue<br />
Dinge zu schaffen, die voller Überraschungen<br />
stecken“, lässt Bastian Pfeiffer wissen.<br />
Bastian Pfeifer findet: „Molekularküche ist<br />
mehr Kunst als Kochen.“ Damit liegt er ganz<br />
nahe bei Adriàs Einstellung. Auch der Begründer<br />
des molekularen Kochens sah sein Restaurant<br />
sowohl als Bühne als auch als Form der Kommunikation<br />
– und eben nicht als Geschäft.
Seite 10 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 11<br />
Häufig sieht man im Schlossgarten und in<br />
der Stuttgarter region berittene Polizisten.<br />
in der heutigen Zeit, mit den vielen technischen<br />
Möglichkeiten, den flotten Motorrädern<br />
und den schnellen einsatzfahrzeugen,<br />
taucht die frage auf, ob es nur ein festhalten<br />
an alten ritterzeiten ist oder ob die Pferde<br />
immer noch sinnvoll eingesetzt werden können.<br />
Die Suche nach der Antwort führt nach<br />
Ostfildern. Dort befinden sich die Stuttgarter<br />
Polizei-Stallungen mit einem Dienstgebäude<br />
und einer reitbahn.<br />
Es ist Mittag, die Sonne strahlt. Schon auf<br />
dem Vorderhof kommt einem der Geruch von<br />
Heu und Pferden entgegen. Polizeihauptkommissar<br />
Herr Köder, selbst Polizeireiter bei der<br />
Stuttgarter Polizei, führt Zenit, das älteste Polizeipferd<br />
Baden-Württembergs, gerade in den<br />
Stall. Zenit, ein schwarzer Wallach, ist 1985 im<br />
Landgestüt Marbach geboren und geht immer<br />
noch als Begleiter der jungen Pferde auf Einsätze.<br />
Dies ist insofern außergewöhnlich, weil ein<br />
Polizeipferd normalerweise Anfang 20 in den<br />
Ruhestand geht. Es gibt außer den 26 Wallachen<br />
unterschiedlichen Alters ein kleines Shetland-<br />
pony namens Mini. Herr Köder berichtet mit<br />
einem Lächeln auf dem Mund, dass sie Mini<br />
einmal von einem Nachbarn geschenkt bekommen<br />
haben, nachdem sein Sohn es nicht haben<br />
wollte.<br />
Als wir zu einer Halle kommen, wo gerade Pferde<br />
gegen ihre Angst kämpfen und diese mit Übung<br />
durch Böller, Fahnen und laute Geräusche niederdrücken,<br />
sagt er: „Pferde sind von Natur aus<br />
Rio Horvat<br />
Das Schoko-<br />
paradies<br />
Die süße Insel des Stuttgarter Westens<br />
Der bei Jung und Alt bekannte Laden steht am<br />
Hölderlinplatz, an einem Ort, wo sich viele exquisite<br />
Läden befinden, dem Knotenpunkt des<br />
Stuttgarter Westens. Inmitten des Zentrums,<br />
wo Schulkinder in die Schule laufen, Geschäftsleute<br />
sich kurz noch beim Bäcker ein belegtes<br />
Brötchen kaufen und die Hausfrauen zur<br />
U-Bahn laufen, um die Einkäufe zu erledigen.<br />
Jedem, der seit fünfzig Jahren an diesem<br />
Zentrum <strong>vor</strong>beiläuft, fällt der stets bunt geschmückte<br />
Laden auf. Das Schokoparadies, das<br />
von Frau Schweigert, der Frau Schneider beim<br />
Verkaufen behilflich ist, geführt wird, ist ein<br />
Familienbetrieb und hat so ziemlich alles, was<br />
in so einem verhältnismäßig kleinen Laden<br />
an Schokolade hineinpasst. „Ich wollte schon<br />
immer bei meiner Arbeit unter die Leute kommen<br />
und nicht den ganzen Tag in einem Büro<br />
Antonia Pervanidis<br />
Pferde,<br />
einmal anders!<br />
Fluchttiere. Hier trainieren wir sie, ihre Angst<br />
<strong>vor</strong> schnellen Bewegungen zu bändigen.“ Er<br />
lacht und fügt hinzu: „Außerdem lernen hier<br />
Mensch und Tier zusammen zu halten.“<br />
In der Reiterstaffel hat <strong>jeder</strong> Reiter ein Stammpferd,<br />
damit es aber dazu kommen kann, muss<br />
eine Ausbildung von 4 Jahren bestanden werden.<br />
Bis ein Pferd dazu bereit ist, als Polizeipferd,<br />
wie wir es häufig bei Demos sehen, anzutreten,<br />
ist zunächst eine 2-jährige Ausbildung<br />
zum Reiterpferd <strong>vor</strong>ausgesetzt. Diese ist erst ab<br />
dem dritten Lebensjahr möglich. Weitere fünf<br />
Jahre sind aber nötig, damit ein Pferd zu dem<br />
wird, was wir sehen.<br />
„Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist<br />
sehr wichtig für die gemeinsame Zukunft“,<br />
meinte ein junger Polizist, der Fachwissen<br />
zeigt.<br />
Nachdem die Pferde vom Training wieder in ihre<br />
Ställe gebracht werden, wird es Zeit für einen<br />
Gesundheitscheck. Eine junge Tierärztin kommt<br />
mit einem großen schwarzem Arztkoffer. In der<br />
linken Hand hält sie eine Liste mit den Pferden,<br />
die geimpft werden sollen. Außerdem wird bei<br />
ihnen nach Krankheiten gesucht. Zum Glück<br />
wird bei keinem der Pferde etwas Krankhaftes<br />
sitzen. Dann eröffneten meine Eltern einen<br />
Süßwarenladen, so war es klar, dass ich jenen<br />
übernehmen würde.“ Ihre Arbeit macht ihr nun<br />
großen Spaß, sie kann den Kunden meist guten<br />
Rat geben und die Herzen verschiedenster<br />
Altersklassen erfreuen. Jeder, der eine kleine<br />
Stärkung für zwischendurch braucht, noch ein<br />
liebevolles Ostergeschenk kaufen muss oder<br />
einfach ein Genießer von Süßem ist, kauft im<br />
Schokoparadies ein.<br />
festgestellt, nur die Impfung muss durchgezogen<br />
werden. Die Tierärztin macht mit der einen<br />
Hand eine Hautfalte am Hals der Pferde und<br />
sticht dann mit der Impfnadel ein.<br />
Für die Stallpflege, d.h. Aufgaben wie Ausmisten<br />
und allgemeine Sauberkeit des Stalles, ist<br />
ein Stallmeister zuständig. Um die Pflege des<br />
Pferdes, d.h. Striegeln, Wässern, Füttern, kümmern<br />
sich die Reiter selbst. Nicht jeden Tag<br />
kommt ein Pferd mit auf einen Einsatz. Für die<br />
Pferde, die in den Ställen bleiben, gibt es einen<br />
Laufkreis. Damit sie genug Bewegung haben,<br />
müssen sie eine halbe Stunde in einer Richtung<br />
im Kreis laufen, nach einer halben Stunde ändert<br />
sich die Laufrichtung.<br />
Bei großen Demos, wie Stuttgart 21, aber<br />
auch bei Fußballspielen werden die Pferde gebraucht,<br />
um aggressive Fans zurückzuhalten.<br />
Auf die Frage, wieso Pferde so häufig eingesetzt<br />
werden, antwortet Herr Köder schmunzelnd:<br />
„Pferde sind widerstandsfähig, und Menschen<br />
haben <strong>vor</strong> den Tieren Respekt. Durch ihre elegante<br />
und flinke Art kommen wir schneller an<br />
ein Ende der Streitigkeiten.“ Es ist ein Beweis<br />
dafür, dass auch in unserem hoch technisierten<br />
Zeitalter die Lebewesen nicht zu kurz kommen.<br />
Es ist eine wunderschöne Erfahrung, in Plieningen<br />
mitzuerleben, wie der Alltag eines Pferdes<br />
aussieht, das nicht für den Reitsport bestimmt<br />
ist, sondern beruflich eingesetzt wird. Bei Führungen<br />
hat man – nach Anmeldung – die Chance,<br />
durch den Stall geführt zu werden, beim<br />
Pferdetraining zuzuschauen und mit etwas<br />
Glück mitzukriegen, was alles noch zu einem<br />
gesunden Pferd dazugehört.<br />
Süßwaren, davon gibt es in dem Betrieb, der<br />
von Frau Schweigerts Eltern gegründet wurde,<br />
reichlich. Vor fünfzig Jahren zog der Laden<br />
um und sie musste sich einen Namen für den<br />
Laden überlegen, da sie den alten Namen am<br />
Standesamt nicht beibehalten konnten, und<br />
so ist das Schokoparadies entstanden. Und obwohl<br />
der Laden Schokoparadies heißt, wird dort<br />
nicht nur Schokolade verkauft, sondern auch<br />
Gummibärchen, Kaffee, sogar Liköre sind dort<br />
Je nach Saison werden Ostereier oder Weihnachtsmänner besonders häufig verkauft<br />
<strong>vor</strong>handen. Das Apfelsymbol, das auf dem Eingangsschild<br />
des Süßwarenladens zu sehen ist,<br />
soll das Zeichen für das Paradies Adams und<br />
Evas darstellen.<br />
Doch dieses Paradies muss aussuchen, welche<br />
Dinge es im Regal stehen haben möchte. Dazu<br />
besucht Frau Schweigert jedes Jahr im Januar<br />
eine Schokoladenmesse, um zu schauen, welche<br />
neuen Süßwaren auf den Markt gekommen sind<br />
und zu welchen Preisen sie verkauft werden. Ab<br />
und zu kommen auch Vertreter der Süßwarenhersteller<br />
ins Schokoparadies und preisen ihre<br />
neuen Produkte an. Aber nicht alle Waren im<br />
Schokoparadies werden von anderen Firmen<br />
abgekauft.<br />
Das Schokoparadies hat seine eigene Herstellung<br />
in Stuttgart-Münster, wo ebenfalls nur<br />
die Familie arbeitet. Dort werden Mandelsplitter,<br />
Pralinen und andere Dinge hergestellt, wie<br />
große Ostereier oder Weihnachtsmänner, je<br />
nachdem, welche Saison gerade ist. „Vor den<br />
Festtagen ist hier besonders viel los. Dann läuft<br />
Theresa König<br />
Hochzeitsstress?<br />
nein, danke!<br />
Zu Besuch bei einer Hochzeitsplanerin<br />
Viele Paare haben zwar eine ungefähre Vorstellung<br />
vom schönsten Tag ihres Lebens, wissen<br />
aber nicht genau, wie sie das Fest ausrichten<br />
sollen. Deshalb geht der Trend zum Hochzeits-<br />
planer. Was in Amerika schon länger üblich ist,<br />
greift langsam auch bei uns um sich. Immer<br />
mehr Paare entscheiden sich für einen Hochzeitsplaner<br />
und gegen unnötigen Stress bei der<br />
Suche nach den Blumen, dem richtigen Restaurant<br />
oder einer Band.<br />
Einen Hochzeitsplaner zu engagieren bedeutet,<br />
jemanden um Rat fragen zu können, der<br />
mit der Planung von Hochzeiten Erfahrung hat.<br />
Er weiß, worum man sich kümmern muss und<br />
kennt die richtigen Leute. Kaum ein Paar weiß,<br />
an welchen Fotografen man sich zu wenden<br />
hat. Einem Hochzeitsplaner braucht man nur<br />
zu sagen, wie man sich die Fotos <strong>vor</strong>stellt, und<br />
er macht den Rest. Doch auch erfahrene Hoch-<br />
zeitsplaner wie Alexandra Poleschal lernen immer<br />
dazu. Was bei der letzten Hochzeit nicht<br />
glatt lief, wird verbessert, jetzt weiß sie ja, was<br />
zu tun ist.<br />
Alexandra Poleschal erzählt, dass sie mit der<br />
Zeit an immer mehr Details dachte und immer<br />
mehr Leute aus der Hochzeitsbranche kennen<br />
lernte, die sie ihren Paaren empfehlen kann.<br />
Hochzeitsplaner ist ein Beruf, für den man keine<br />
spezielle Ausbildung benötigt. Man kann<br />
sofort einsteigen. Alexandra Poleschal ist studierte<br />
Grafikdesignerin und arbeitete lange<br />
das Geschäft, da wir außergewöhnlichere Dinge<br />
haben als jene, die es überall in den Super-<br />
märkten zu kaufen gibt.“<br />
Das Schokoparadies ist fast schon ein fester<br />
Teil des Hölderlinplatzes, man läuft fast schon<br />
instinktiv dorthin, doch nach fünfzig Jahren<br />
teilte ihnen der Vermieter des Raumes mit, dass<br />
sie nicht mehr hier verkaufen könnten und ausziehen<br />
müssten. Da man aber sehr an diesem<br />
gut gelegenen Platz hängt, zieht man Anfang<br />
Mai in die Johannesstraße 86, direkt gegenüber<br />
der U-Bahn Endhaltestelle Hölderlinplatz.<br />
„Die Räumlichkeiten sind ein gutes Stück kleiner,<br />
aber es blieb uns ja keine andere Wahl, ansonsten<br />
hätten wir vom Hölderlinplatz wegziehen<br />
müssen, und das wäre natürlich schade für<br />
alle gewesen.<br />
Das Schokoparadies zieht also an einen gegenüberliegenden<br />
Platz, der nicht ganz so in der<br />
Mitte des Geschehens ist wie der andere, an den<br />
die meisten Menschen trotzdem aber nur einen<br />
kleinen Abstecher machen müssen, da es ja nur<br />
in der Werbebranche. „Ich habe einen Blick<br />
für schöne Dinge, kenne mich mit Blumen aus<br />
und kann gut organisieren“, sagt sie von sich.<br />
Fähigkeiten, die man auch als Hochzeitsplaner<br />
braucht. Deshalb entschloss sie sich nach<br />
einer Babypause, umzusatteln und Hochzeiten<br />
zu planen. Wie sie selbst sagt, täuschte sie sich<br />
in der Annahme, in ihrem Beruf viel schmücken<br />
zu können und viel mit Blumen zu tun zu<br />
haben.Der größte Teil ihrer Arbeit besteht aus<br />
Organisation. Sie plant keine einzelnen Dinge,<br />
sie bietet einen Full-Service, darunter: Einladungen,<br />
Dankeskarten, das Fest selber, den<br />
Hochzeitstisch, die Flitterwochen.<br />
Zu den vielen Entscheidungen,<br />
die ein Hochzeitspaar treffen muss,<br />
gehört die Auswahl der Kleidung<br />
Doch ihre Arbeit besteht nicht nur darin, das<br />
Fest zu organisieren. Während der Feier ist sie<br />
meistens auch anwesend, in dieser Zeit ist sie<br />
so etwas wie das Mädchen für alles. „Wenn jemand<br />
den Wein nicht will, etwas in der Kirche<br />
hat liegen lassen oder Windeln vergessen wurden,<br />
kümmere ich mich darum. Solche Kleinigkeiten<br />
können ein Paar ganz schön stressen,<br />
während sie eigentlich den schönsten Tag ihres<br />
Lebens genießen sollten. Dafür bin ich da“, so<br />
Poleschal. Doch auch schon kurz <strong>vor</strong> dem Fest<br />
gibt es eine Menge zu tun. Der Hochzeitsplaner<br />
andere Räumlichkeiten sind und nicht ein ganz<br />
anderer Laden. „Ich hoffe, dass das Schoko-<br />
paradies weiterhin so gut besucht sein wird<br />
wie die letzten fünfzig Jahre, auch wenn wir<br />
jetzt etwas abgelegener sind von den anderen<br />
Läden“, so Frau Schweigert: „Aber ich denke,<br />
die Kundschaft bleibt uns treu.“<br />
Das Schokoparadies wird immer ein besonderes<br />
Geschäft bleiben, ein Laden, der jedes Mal von<br />
neuem einem wahren Paradies gleicht.<br />
Zum Angebot gehören nicht nur Schokolade<br />
und Pralinen, sondern auch Gummibärchen<br />
oder die berühmten „Wibele”.<br />
kümmert sich darum, dass das Personal vollzählig<br />
ist, die Blumen richtig dekoriert werden,<br />
die Tischkarten richtig stehen, damit eben alles<br />
so ist, wie das Paar es sich <strong>vor</strong>gestellt hat.<br />
Zu ihrem Service gehört auch das Gästemanagement,<br />
das bedeutet, dass sie die Zu- und Absagen<br />
entgegen nimmt. Deshalb steht auf den<br />
Einladungskarten nicht die Nummer des Paares,<br />
sondern die des Hochzeitsplaners. „Dabei muss<br />
man sehr gewissenhaft arbeiten“, sagt sie.<br />
Hochzeitsplaner werden eher bei größeren<br />
Hochzeiten gebucht, da man ein kleines Fest<br />
auch selber recht gut <strong>vor</strong>bereiten kann und das<br />
alles auch nicht so preisgünstig ist, so dass es<br />
sich nur bei größeren Festen lohnt. Alexandra<br />
Poleschal ist eine der wenigen in ihrem Beruf,<br />
die nach Stunden abrechnen. Die meisten allerdings<br />
berechnen einen bestimmten Prozentsatz<br />
des Budgets. Das Paar beantwortet Frau Poleschal<br />
zu Anfang eine Menge Fragen bezüglich<br />
sich selbst, dem Geschmack und seinen Vorstellungen<br />
der Hochzeit gegenüber.<br />
Das Erstgespräch findet meist beim Paar statt,<br />
damit Frau Poleschal sich ein Bild vom Stil der<br />
beiden machen kann. Wenn dies geschehen ist,<br />
schreibt sie eine Art Kosten<strong>vor</strong>anschlag, nach<br />
welchem das Paar sich immer noch gegen einen<br />
Hochzeitsplaner entscheiden kann.<br />
Wenn das Paar sich für sie entscheidet, fängt<br />
ihre Arbeit an. Es gibt Paare, die sich an der<br />
Planung beteiligen wollen und sich alles gemeinsam<br />
mit dem Hochzeitsplaner ansehen.<br />
Andere überlassen fast alles dem Profi. „Jede<br />
Hochzeit ist anders“, erzählt sie. „Es gibt keine<br />
Hochzeit von der Stange, jede ist maßgeschneidert,<br />
alles wird individuell geplant.“ Immer<br />
wieder schlägt sie den Paaren neue Dinge <strong>vor</strong>,<br />
die sie selbst neu entdeckt hat oder die ihr beispielsweise<br />
ein Konditor gezeigt hat. Am Ende<br />
hofft sie darauf, dass ihre Arbeit Früchte trägt,<br />
dass nichts schief geht und das Paar seinen Tag<br />
genießen kann.
Seite 12 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 13<br />
Die Volksbanken haben sich zu einem großen<br />
Verbund zusammengeschlossen und haben viele<br />
Filialen in Stuttgart, in ganz Deutschland und<br />
ebenso auch in vielen anderen Ländern. Hier in<br />
Baden-Württemberg ist die Volksbank Stuttgart<br />
mit einigen Filialen vertreten. Die Bank öffnet<br />
um 9.00 Uhr, die Angestellten müssen 30 Minuten<br />
<strong>vor</strong> der Öffnungszeit anfangen zu arbeiten.<br />
In dieser Zeit bereiten sie ihren Arbeitsplatz<br />
<strong>vor</strong>. Ein Mitarbeiter darf nicht länger als<br />
10 Stunden arbeiten, eine Pause ist gesetzlich<br />
<strong>vor</strong>geschrieben und hängt von der täglichen<br />
Arbeitszeit ab. In der Kantine im Untergeschoss<br />
können die Mitarbeiter eine warme Mahlzeit zu<br />
sich nehmen.<br />
In der Bank werden hauptsächlich Telefonate<br />
geführt und am Computer gearbeitet. Das Unternehmen<br />
teilt sich in 2 Bereiche auf, den Betrieb<br />
und den Vertrieb. Unter Betrieb versteht<br />
man die internen Abteilungen, wie Direktbanking,<br />
hier geht es hauptsächlich um Onlinebanking.<br />
Im Zahlungsverkehr werden z.B. Überweisungen<br />
und Schecks bearbeitet, aber auch<br />
EC-Karten bestellt oder auch gesperrt. Die Abteilungen<br />
Marketing und Marktunterstützung<br />
(da werden Verträge kontrolliert) sind ebenfalls<br />
von großer Bedeutung. Die Personalabteilung<br />
stellt die Mitarbeiter und Auszubildenden ein.<br />
Zum Vertrieb gehören alle Mitarbeiter, die direkten<br />
Kundenkontakt haben. Dies sind die<br />
Mitarbeiter am Schalter, an der Kasse und in der<br />
Beratung. Die Berater haben sich auf verschiedene<br />
Themen spezialisiert. Es gibt Berater für<br />
Baufinanzierungen, wenn man ein Haus kaufen<br />
will. Oder Berater für Selbstständige. Zum<br />
Vertrieb gehören auch die Bausparkasse und die<br />
Versicherung. Man nennt sie Verbundpartner.<br />
Sie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle und<br />
unterstützen die Bankangestellten bei detaillierten<br />
Fragen.<br />
Es gibt eine Volksbank in der Börsenstraße, das<br />
war früher auch die Hauptstelle. Man kann sie<br />
an ihrem großen Gebäude erkennen. Wenn man<br />
<strong>vor</strong> dem Eingang steht, ist man von seiner riesigen<br />
Größe überwältigt. Das Gebäude besteht<br />
aus insgesamt acht Stockwerken, und in jedem<br />
Stockwerk befindet sich eine oder mehrere Abteilung.<br />
Beim Eintreten spürt man die Wärme<br />
des Raumes. Direkt nach der Eingangstür befindet<br />
sich ein sogenannter Vorraum, welcher wie<br />
ein U geformt ist, und man kann weiter hinten<br />
auf der linken Seite auch einen Geldautomaten<br />
erblicken. In der Bank ist es so still, dass man<br />
Israel Ereme<br />
„es braucht ein paar Wochen,<br />
um die Bankgeschäfte<br />
zu verstehen“<br />
Die Stuttgarter Volksbank arbeitet nicht nur mit Geld, sondern macht auch Soziales<br />
manchmal sogar die Lichter flackern hören<br />
kann. Diese Stille ist sehr beruhigend.<br />
Nach dem Vorraum folgt ein anderer Raum, der<br />
durch eine Glastür abgetrennt ist. Auf der rechten<br />
Seite sieht man ein Treppenhaus, welches<br />
ebenfalls von einer Glaswand abgetrennt wird,<br />
und auf der linken Seite kann man viele Aufzüge<br />
sehen. Schaut man geradeaus, ist es möglich,<br />
einen Teil des Bankinneren weiter hinten zu sehen.<br />
Links innen erkennt man einen Fernseher,<br />
einen Ständer mit Flyern und einen kleinen<br />
Raum. Dieser wird vom gesamten Raum abgegrenzt.<br />
Der Raum kann durch ein sehr großes<br />
Fenster eingesehen werden, und im Moment befinden<br />
sich einige Menschen darin.<br />
Im Bankinneren sind weiter hinten hölzerne<br />
Bänke, die wie kleine Treppen aussehen. Auf<br />
der Wand ist ein Muster zu sehen. Betritt man<br />
das Bankinnere, kann man erkennen, dass<br />
das Ganze einem kleinen Amphitheater ähnelt.<br />
Auf der rechten Seite befinden sich die<br />
verschiedenen Arbeitsplätze der Mitarbeiter.<br />
Sie arbeiten hinter einer Kasse. Alles ist sehr<br />
strukturiert angeordnet. Die Gänge sind durch<br />
schließfachähnliche Raumteiler abgegrenzt.<br />
An der Kasse werde ich fröhlich von der Frau<br />
empfangen, mit der ich diesen Termin vereinbart<br />
hatte. Sie führt mich zu ihrem Arbeitstisch,<br />
wo wir uns längere Zeit unterhalten.<br />
Die Frau berichtet nicht nur, sondern zeigt<br />
mir auch ein paar Räume, wie zum Beispiel<br />
das Beratungszimmer, in dem über Versicherungen<br />
gesprochen wird. Ich<br />
erfahre, wie nett die Mitarbeiter<br />
zueinander sind, wenn sie<br />
sich unterhalten.<br />
Auf meine Frage, wie man<br />
Bankangestellter wird und wie<br />
es in der Bank funktioniert,<br />
erklärt eine Praktikantin: „Um<br />
in einer Bank arbeiten zu können,<br />
muss man zwei bis drei<br />
Jahre eine Ausbildung absolvieren.<br />
In dieser Zeit besucht man<br />
abwechselnd die Berufsschule<br />
und die Bank, dies nennt man<br />
Blockunterricht. Während der<br />
Schulzeit hat man Fächer wie<br />
BWL (Betriebswirtschaftlehre),<br />
Mathe, Businessenglisch und<br />
spezielle Bank-Fächer. Hier<br />
lernt man die Theorie. Danach<br />
kommt die Zeit in der Firma.<br />
Da kann man die gelernte Theorie in die Praxis<br />
umsetzen. Man besucht jede Abteilung für ein<br />
paar Wochen, um das Gesamtgeschäft der Bank<br />
verstehen zu können.<br />
„Anfangs wusste ich nicht so viel von Banken<br />
und wollte auch nicht in einer arbeiten. Aber<br />
es hat sich die Gelegenheit ergeben, einen Einblick<br />
zu bekommen. Dadurch wurde mein Interesse<br />
geweckt, so dass ich mir nun sehr gut<br />
<strong>vor</strong>stellen kann, in einer Bank zu arbeiten“.<br />
Im Alltag benötigen Menschen Geld und oft<br />
kommt es <strong>vor</strong>, dass jemand aus irgendwelchen<br />
Gründen Geld braucht und sich es von der Bank<br />
ausborgt. Aber was ist, wenn einer nicht zurückzahlt?<br />
Vor dem Verleihen des Geldes werden<br />
den Kunden bestimmte Fragen gestellt. Falls<br />
einer das Geld nicht in der vereinbarten Zeit<br />
zurückzahlt, meldet es der Computer, und das<br />
verliehene Geld wird vom Einkommen des Kunden<br />
eingezogen, sagt eine Mitarbeiterin. Falls<br />
es aber an seinem Verdienst liegt, dass er nicht<br />
zurückzahlen kann, wird natürlich kein Geld<br />
von dem Konto abgezogen, sondern nach einer<br />
anderen Lösung gesucht.<br />
Heutzutage können nicht nur Erwachsene, sondern<br />
auch Studenten und Kinder ein Konto erstellen.<br />
Für Studenten und Auszubildende gibt<br />
es starke Extras, wie zum Beispiel VR-FUTURE.<br />
Dieses Angebot sorgt dafür, dass man die Finanzen<br />
im Griff behält. Man bekommt ein gebührenfreies<br />
Girokonto, gute Verzinsung und eine Karte.<br />
Nicht nur Studenten, sondern auch Kinder können<br />
ein Konto besitzen, mit VR-PRIMAX. Mit<br />
VR-PRIMAX können Kinder spielerisch lernen,<br />
wie man mit Geld und mit Verzinsungen sicher<br />
umgeht. Das Konto wird bei der Geburt als Sparkonto<br />
angelegt und begleitet ein Kind bis zu<br />
dem ersten eigenen Bankgeschäft als Taschengeldkonto.<br />
In der Bank bekommt man sehr interessante<br />
Informationen, und es hat mich überrascht,<br />
dass sie auch viel Soziales machen. Die Bank<br />
kann einen sein Leben lang „begleiten“. Vom<br />
Taschengeldkonto zum Studentenkonto und<br />
später zum Gehaltskonto.<br />
Hinter dieser Fassade geht es meistens um viel Geld:<br />
das Volksbank-Gebäude in der Stuttgarter Börsenstraße<br />
© Tilman Rau<br />
Am Morgen des 5. februar um 8:30 ist es<br />
nicht nur dunkel, sondern auch kalt im Lautertal.<br />
im Haupt- und Landesgestüt wird<br />
schon seit einer Stunde gearbeitet. Die Arbeitszeit<br />
beginnt hier um halb acht. im innenhof<br />
des gestüts steht der sogenannte Stutenbrunnen.<br />
es ist eine große Messingstatue<br />
einer Stute mit ihrem säugenden fohlen. Die<br />
Statue symbolisiert die erste Araberstute des<br />
gestüts: Murana.<br />
Dort treffe ich Herrn Single, den Ausbildungsleiter.<br />
Nach einer freundlichen Begrüßung gehen<br />
wir gemeinsam in den Stall zu Lisa. Als<br />
wir ihn betreten, schlägt uns ein Geruch nach<br />
Pferd und Heu entgegen. Lisa ist eine von 20<br />
Auszubildenden beim Landesgestüt. Herr Single<br />
erklärt Lisa kurz, dass ich sie am heutigen Vormittag<br />
bei der Arbeit begleiten werde. Lisa lächelt<br />
mir freundlich zu und sagt, dass das kein<br />
Problem sei. Sie ist etwa 20 Jahre alt und wirkt<br />
sehr sympathisch. Herr Single verabschiedet<br />
sich und Lisa mistet die Boxen.<br />
Das Gestüt ist sehr berühmt für seine Araberzucht.<br />
Allerdings sah man keine. Ich frage<br />
Lisa, was für Pferde hier stehen. Sie erklärt<br />
mir, dass in diesem Stall junge Pferde stehen<br />
und es hauptsächlich Warmblüter sind. Warmblüter<br />
ist eine Pferdeart, die die meisten Pferderassen<br />
haben. Warmblüter sind robuste aber<br />
nicht schwere Pferde, die im Sport oder im Reit-<br />
unterricht eingesetzt werden. Während Lisa<br />
weiter mistet, frage ich sie auch, wie viele junge<br />
Pferde das Gestüt besitzt. „Wir haben von<br />
etwa 500 Pferden 20 Jungtiere, wobei das keine<br />
Fohlen mehr sind, sondern junge Pferde zwischen<br />
3 und 4 Jahren, die man momentan ans<br />
Reiten gewöhnt.“<br />
Nachdem sie die letzte Box gemistet hat, holt<br />
sie einen großen Wagen mit vielen verschiedenen<br />
Futterarten. Bei Pferden sollte man sehr<br />
auf das richtige Futter achten. Das Futter riecht<br />
sehr intensiv nach Getreide und ein wenig nach<br />
Gewürzen; insbesondere das Müsli. Es ist ein<br />
Gemisch aus mehreren Körnern. Ich möchte<br />
wissen, ob es bei jedem Pferd unterschiedlich<br />
ist. „Ja, das ist es. Den jungen Pferden geben<br />
wir keinen Hafer. Den älteren Pferden schon,<br />
denn die älteren Pferde werden mehr bewegt als<br />
die Jungen. Sie brauchen also mehr Kraft, und<br />
die gibt ihnen der Hafer. Außerdem sind junge<br />
Pferde immer explosiver als Ältere, und das<br />
reicht an Kraft und Ausdauer.“<br />
Als nun alle Pferde ihr Futter haben, gehen wir<br />
einen kurzen Weg hoch zur Führanlage. Eine<br />
Paula Welbers<br />
Wenn Leidenschaft<br />
zum Beruf wird<br />
Ein Arbeits<strong>vor</strong>mittag am Haupt- und Landesgestüt Marbach mit der Auszubildenden Lisa<br />
Führanlage ist eine runde Halle, in der Boxen<br />
eingeteilt sind, die sich im Kreis bewegen. Dort<br />
bekommt das Pferd Bewegung. Lisa erzählt mir<br />
<strong>vor</strong>her noch, dass die Pferde am Wochenende<br />
grundsätzlich ihre Ruhe haben. Sie kommen<br />
nur etwa eine Stunde in die Führanlage und<br />
stehen ansonsten in der Box. Allerdings gehen<br />
die jungen Tiere zum Freispringen. Beim Freispringen<br />
werden die Pferde einzeln möglichen<br />
Kaufinteressenten <strong>vor</strong>geführt. Sie bewegen sich<br />
frei in der Halle und zeigen so ihre Gangarten.<br />
Zuletzt müssen sie über kleine Hindernisse<br />
springen.<br />
Die Auszubildende Lisa ist im zweiten<br />
Lehrjahr und muss sich gerade<br />
um die Pflege der Pferde kümmern<br />
Nachdem wir die Pferde in die Führanlage geführt<br />
bzw. herausgeführt haben, hat Lisa eine<br />
kleine Pause. Es ist nun 10:30 Uhr. Nun habe<br />
ich die Gelegenheit, sie einiges über ihre Ausbildung<br />
zu fragen. Sie erzählt mir, dass sie im<br />
2. von 3 Lehrjahren ist. Man durchläuft in dieser<br />
Zeit einige Stationen. Die Zeit bei den Stutenfohlen<br />
und bei den Schwarzwälder Hengsten<br />
hat sie schon hinter sich.<br />
Die Statue am Eingang des Gestüts<br />
erinnert an Murana,<br />
die erste Araberstute der Zucht<br />
Bei den Stutenfohlen in St. Johann musste<br />
sie die Tiere füttern und mit ihnen die erste<br />
Ausbildung machen. Das heißt, sie musste ihnen<br />
z.B. beibringen, dass sie brav am Strick<br />
laufen. „St. Johann, ich dachte sie stehen in<br />
Marbach?“, wundere ich mich. „Ja, zum Gestüt<br />
gehören auch die Gestütshöfe Offenhausen, Güterstein<br />
und St. Johann“, erklärt Lisa.<br />
Sie erzählt mir auch, dass sie bei den Schwarzwälder<br />
Hengsten Schlittenfahrten gemacht hat.<br />
Zurzeit ist sie „Commander“. Das bedeutet, sie<br />
muss die Pferde misten, putzen, füttern und<br />
reiten. Außerdem muss man die Pferde im Winter<br />
scheren und Ballen beigen. Ballen beigen<br />
bedeutet, Heu- und Strohballen zu stapeln. Sie<br />
muss sich auch noch um die Führanlage kümmern.<br />
Nun kommt Herr Single in den kleinen<br />
Pausenraum und bittet uns, die Pferde zum<br />
Freispringen fertig zu machen.<br />
Das erste Pferd ist Gala. Gala ist ein Fuchs.<br />
Füchse haben eine rötliche Fellfarbe. Wir gehen<br />
wieder den kleinen Weg entlang – diesmal<br />
zur Reithalle, die noch etwas höher gelegen ist.<br />
In der Halle sind an der Seite ein paar kleine<br />
Sprünge aufgebaut. In der Mitte steht ein Ehepaar,<br />
welches sich die Pferde anschauen möchte,<br />
um bei einer Auktion eventuell dafür zu<br />
bieten.<br />
Während Gala sich in der Halle bewegt, gibt Herr<br />
Single den Interessenten ein paar Information<br />
über das Tier. Die ganze Vorstellung dauert ca.<br />
5 min., bis dann Gala von Lisa und einem anderen<br />
Mitarbeiter wieder eingefangen und „Lazy<br />
Town“ für das Freispringen geholt wird. Lazy<br />
Town ist ein Englischer Vollblüter und hat eine<br />
braune Fellfarbe. Mit ihm wiederholt sich dann<br />
alles in der Reithalle, bis wir Lazy Town dann<br />
ebenfalls zurück in seine Box bringen.<br />
Nach einem ereignisvollen Vormittag wie diesem<br />
müssen sich die Pferde und Pfleger nun erholen,<br />
denn das alles beginnt morgen früh um<br />
7:30 wieder von <strong>vor</strong>ne. Und auch ich bin müde<br />
und erschöpft von den tollen Eindrücken, die<br />
ich von hier mitnehmen durfte.
Seite 14 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 15<br />
Comics sind ja schon was tolles, solange man<br />
noch nicht zu alt dafür ist. Aber irgendwann<br />
kommt das Alter, in dem man als kindisch<br />
bezeichnet wird, nur weil man zum Beispiel<br />
Asterix mag. Obwohl Comics und Mangas –<br />
die japanische Version – auch ernste themen<br />
behandeln, sind sie und ihre Leser typischen<br />
Vorurteilen ausgesetzt. ist da was dran? Welche<br />
Comics lesen die Leute überhaupt? um<br />
das heraus zu finden, war ich beim „World<br />
of Comics“ vom Kaufhaus Karstadt in Stutt-<br />
gart und habe mit dem Comichändler Michael<br />
Lang (43) geredet.<br />
Das Herz jedes Comicliebhabers schlägt höher,<br />
nachdem die Tore des World of Comics betreten<br />
worden sind. Hunderte von Comics sind in den<br />
Regalen zu finden, welche über die ganze hintere<br />
Wand laufen. Von den neuesten Manga-Magazinen<br />
bis hin zu teuren Dagobert Duck-Statuen<br />
gibt es in diesem Laden alles. Auch Poster von<br />
Spongebob und anderen Figuren kann man hier<br />
finden. Und gegenüber dem Eingang befinden<br />
sich Comic- und Manga-Neuheiten und auch die<br />
Kasse, an der Michael Lang steht und mich begrüßt.<br />
Er ist ein Comicexperte und kann vielen<br />
Leuten Tipps zu Neuerscheinungen geben, da er<br />
diese schon gelesen hat. Gerade liest er „Chew –<br />
Leichenschmaus“.<br />
„Ich lese gerne Prinz Eisenherz und Asterix.“<br />
Dieser Satz würde von Vielen als unreif empfunden.<br />
Die meisten Comicleser haben aber bereits<br />
im Kindergartenalter Bilder angeschaut<br />
und dazu von den Eltern <strong>vor</strong>gelesen bekommen.<br />
Also sieht man hierzulande Comics meist nur<br />
in Kinderhänden und verurteilt ältere Leser.<br />
Außerdem haben viele Comics und Mangas eine<br />
Altersbeschränkung und geraten erst gar nicht<br />
in Kinderhände. „Sowieso ist 14 bis 20 das beste<br />
Alter, um sie zu lesen. Das heißt aber nicht,<br />
dass man Comics nicht mehr mit 40 Jahren<br />
lesen sollte.“ Und deswegen sind Comics und<br />
Mangas durchaus auch für ältere Leser.<br />
Im Laden gibt es hunderte Comics –<br />
viele davon sind Erwachsenencomics<br />
Danae Koumaniotir<br />
Kein Kinderkram<br />
In der Comicboutique von Karstadt in Stuttgart werden Comics auch für Erwachsene verkauft<br />
Wissenswertes über Comics<br />
1. Manga gibt es seit circa 20 Jahren<br />
in Deutschland<br />
2. „Erste“ Comics seit 30.000 Jahren,<br />
als Höhlenmalerei<br />
3. Der erste erfolgreiche Manga<br />
in Deutschland war Dragonball<br />
4. Comic lesen macht genauso wenig<br />
dumm wie ein Buch!!<br />
Man muss aber nicht immer lesen, man kann<br />
auch den Fernseher einschalten und es sich bequem<br />
machen. „Ich schaue American Dad, Die<br />
Simpsons und Family Guy gerne. Zum Teil sind<br />
diese etwas brutal, aber trotzdem lustig.“ Dass<br />
manche Cartoons und Animes in Deutschland<br />
zensiert sind, weiß fast niemand. Ein gutes<br />
Beispiel ist „Sailor Moon“: Hier war der Anime<br />
für junge Mädchen konzipiert, weshalb bestimmte<br />
Teile herausgeschnitten worden waren.<br />
Oder auch der Comicheld Lucky Luke. Dieser<br />
rauchte früher, jetzt kaut er nur auf einem<br />
Grashalm. Man kann eigentlich sagen, dass<br />
hauptsächlich die Comics „Asterix“, „Micky<br />
Maus“ und „Tim und Struppi“ für Kinder empfehlenswert<br />
sind.<br />
Hinter Mangas steckt außerdem mehr, als am<br />
Anfang scheint. Zunächst sieht man nämlich<br />
nur einen Comic aus Japan in spiegelverkehrter<br />
Leserichtung. Unbekannt ist jedoch, dass<br />
es mehrere Untergruppen für verschiedene<br />
Zielpersonen gibt. So kann <strong>jeder</strong> finden, was<br />
ihm gefällt. Ein Beispiel: Shojo (ausgesprochen<br />
„schotscho“), das sind Mangas für Mädchen<br />
Beispiele für Beispiele für Unter-<br />
Manga-Publikum gruppen (Manga)<br />
Für Mädchen Shojo<br />
Für Jungen Shonen<br />
Für Frauen Josei<br />
Für Männer Seinen<br />
Verkäufer Michael Lang ist selbst<br />
großer Comic- und Zeichentrick-Fan<br />
im Alter zwischen 14 und 20 Jahren (siehe Kasten).<br />
„Deswegen lesen auch mehr Frauen als<br />
früher Comics. Vor mehreren Jahren lasen überwiegend<br />
Männer Comics, und Mangas gab es<br />
schließlich auch noch nicht so viele.“<br />
„Außerdem musste man Mangas früher noch<br />
‚richtig’ platzieren. Sodass sich ein gewöhnlicher<br />
deutscher Comicleser nicht an die japanische<br />
Leserichtung gewöhnen musste. Die<br />
Preise mussten deswegen angehoben werden.“<br />
20-30 Mark haben sie dann gekostet, umgerechnet<br />
10 bis 15 Euro. Mittlerweile kosten schwarzweiß<br />
Mangas nur noch 5 bis 7 Euro.<br />
Vorurteil oder nicht – Comic lesen macht Jung<br />
und Alt Spaß. Aus diesem Grund wird der World<br />
of Comics auch von 250 Personen am Tag besucht.<br />
Und da dieser umzieht, hoffen wir, dass<br />
es auch weiterhin so bleibt.<br />
es ist der februar des Jahres 2011. in Stuttgart<br />
herrschen temperaturen von über 10<br />
°C bei Sonnenschein. Viele Menschen fragen<br />
sich, ob sie in diesem Jahr noch einmal<br />
Schnee sehen werden.<br />
Die Universität Hohenheim liegt im Grünen,<br />
nicht weit von Stuttgart entfernt. Es ist still<br />
im Gebäude, in dem das Institut für Physik und<br />
Meteorologie ist. Die meisten Studenten sitzen<br />
in den Hörsälen bei einer Vorlesung. Hier arbeitet<br />
Professor Hans-Stefan Bauer. Der 43-jährige<br />
rechnet wöchentlich neue Daten betreffend<br />
der Klimaerwärmung aus und er ist Experte in<br />
diesem Bereich. In seinem Büro, einem kleinen<br />
Raum mit einem Schrank, mehreren Kisten und<br />
Bildern, einem Fenster mit Blick auf dem Park<br />
und zwei Tischen, der eine für Gespräche, der<br />
andere für die Arbeit, sitzt der etwa 170 cm<br />
große stämmige Mann, mit dem kurzen braunen,<br />
sorgfältig gekämmten Haar <strong>vor</strong> dem Computer<br />
und arbeitet.<br />
„Die Wissenschaft ist sich sicher, dass es eine<br />
nachgewiesene Klimaerwärmung gibt. Schon<br />
<strong>vor</strong> 100 Jahren wurde gesagt, dass die Temperatur<br />
steigen wird“, meint Professor Bauer, „und<br />
bisher ist auch auf der ganzen Welt die Steigerung<br />
der Temperatur zu beobachten.“<br />
Der Hauptgrund des Temperaturanstiegs ist<br />
die Industrialisierung. Durch den enormen<br />
Ausstoß der Treibhausgasse (CO2, Methan) in<br />
den letzten 100 Jahren wurde nämlich neben<br />
der natürlichen auch eine künstliche Atmo-<br />
sphäre gebildet. Diese führte und führt zu<br />
einem Anstieg der Temperatur, welcher in den<br />
letzten 100 Jahren 1°C betrug.<br />
Laut Herrn Dr. Bauer ist das Hauptproblem der<br />
Klimaerwärmung nicht der absolute Anstieg<br />
der Temperatur gemessen in °C, sondern die Geschwindigkeit,<br />
mit der diese Temperatur steigt.<br />
Wenn die Temperatur so schnell steigt, hat die<br />
Natur nicht die notwendige Zeit sich anzupassen.<br />
Das führt zu Artensterben, zur Verschiebung<br />
der Klimazonen und zur Zunahme von<br />
Naturkatastrophen, wie wir alle in den letzten<br />
Jahren beobachten (Unwetter bedingt durch<br />
erhöhte Luftfeuchtigkeit, Überschwemmungen,<br />
Hitzeperioden, Dürreperioden usw.).<br />
Der Permafrostboden in Skandinavien würde<br />
dann außerdem auftauen und dort würden<br />
dann die Häuser und Firmen einstürzen. Da<br />
sich unter dem Permafrostboden viel Methan<br />
befindet, würde dieses dann freigesetzt werden<br />
und die Temperatur würde wieder steigen. Dies<br />
hätte zur Folge, dass wieder Permafrostboden<br />
auftauen würde und Methan freigesetzt würde.<br />
Ein Teufelskreis.<br />
Stephan Michaelides<br />
Die Klimaerwärmung und ihre folgen<br />
Der Euro ist in der Krise, in Deutschland geht der Ehec-Virus um... Beinahe vergisst man die Klimaerwärmung. Doch sie ist das Schlimmste von allem.<br />
Professor Hans-Stefan Bauer von der Universität Hohenheim ist sicher,<br />
dass sich das Weltklima erwärmt und dass die Menschheit schnell handeln muss<br />
Viele Menschen denken, dass Nord- und Südpol<br />
wegschmelzen können und dass so der Meerspiegel<br />
ansteigt. Die Wahrheit ist allerdings,<br />
dass der Südpol sehr stabil ist und es unwahrscheinlich<br />
ist, dass er schmilzt. Der Nordpol<br />
andererseits ist schon auf dem Wasser und<br />
ein Schmelzen würde nicht zu einem Meeres-<br />
spiegelanstieg führen.<br />
Die größte Gefahr geht nämlich von Grönland<br />
aus. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Eisschicht<br />
auf Grönland schmilzt, und das hätte<br />
verheerende Folgen: Der Meerspiegel würde um<br />
7 bis 9 Meter steigen. Beliebte Ferienziele wie<br />
Hawaii oder die Malediven würden unter Wasser<br />
stehen. Die ganze Ostküste Amerikas (Großstädte<br />
wie z. B. New York) würde unter Wasser<br />
stehen, ganz Dänemark, das norddeutsche<br />
Tiefland, alles wäre unter Wasser.Die Menschheit<br />
erlebte bisher nicht so ein Phänomen, so<br />
ist sehr schwierig <strong>vor</strong>herzusagen, wie mit den<br />
Folgen umzugehen ist.<br />
„Klar gibt es Menschen, die sagen: ‚Toll, dann<br />
wird es wärmer’ oder ‚Gut, die Wachstumsperiode<br />
und dementsprechend die Ernte wird besser’,<br />
allerdings würde eine längere Wachstums-<br />
periode bei einer Dürre auch nicht zustande<br />
kommen“, meint Herr Dr. Bauer. Es ist wis-<br />
senschaftlich erwiesen, dass die Nachteile der<br />
Klimaerwärmung überwiegen. In Anbetracht<br />
der Katastrophen, die die Klimaerwärmung<br />
nach sich ziehen würde, möchte man alles tun,<br />
um entgegen dieser Tendenz zu wirken. Dafür<br />
müsste man aber sehr teure und unpopuläre<br />
Maßnahmen ergreifen wie:<br />
– Das Autofahren einschränken<br />
– Der Industrie strengeren Auflagen <strong>vor</strong>schreiben<br />
(umweltfreundlich produzieren)<br />
– Sogar die Rinderzüchtung für die Herstellung<br />
von Fast Food (wie Hamburger) müsste man<br />
einschränken (die Rinder stoßen Methan aus,<br />
ein Phänomen, dass man in Südamerika besonders<br />
gut beobachten kann, wo Millionen<br />
von Rindern gezüchtet werden)<br />
Kurz gesagt: Man muss den Treibhausgas-<br />
ausstoß reduzieren. Und es würde lange nicht<br />
ausreichen, wenn nur ein Land das täte, die<br />
ganze Welt (und insbesondere die Industrie-<br />
nationen) müsste das zusammentun.<br />
Herr Bauer warnt: „Wenn wir nicht an den<br />
‚Point of no Return’ kommen wollen, müssen<br />
wir schnell handeln. Sonst können wir die<br />
natürliche Durchschnittstemperatur von 13°C<br />
nicht wieder erreichen.“
Seite 16 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 17<br />
Mara Loos<br />
27 Säcke Popcorn<br />
in 6 Stunden<br />
Hinter den Leinwänden des Cinemaxx-Kinos<br />
wird hart gearbeitet, damit die Zuschauer<br />
auf der anderen Seite Filme genießen können<br />
Das Cinemaxx im Bosch Areal ist eines der<br />
bekanntesten Kinos in Stuttgart. Das Cinemaxx<br />
ist eine Kette von Kinos, die über ganz<br />
Deutschland verteilt sind, z.B. in Hamburg.<br />
Die theaterleiterin des Cinemaxx Stuttgarts<br />
heißt Saskia Karle.<br />
Die Eingangshalle des Cinemaxx ist nur mit der<br />
Kasse und einer kleinen Sitzecke gefüllt. Wenn<br />
man von ihr weiter nach links geht, kommt<br />
man zu einer großen Treppe, die zu den Kinosälen<br />
führt. Das Wichtigste in einem Kino sind,<br />
so Saskia Karle, natürlich die Filme, die Atmosphäre,<br />
die Freundlichkeit gegenüber den Kinobesuchern<br />
und die Sauberkeit.<br />
Im Cinemaxx gibt es 6 Kinosäle. In drei von<br />
ihnen kann man 3D Filme anschauen. Die 3D-<br />
Filme haben im Cinemaxx einen besonderen<br />
Namen: „3D-Maxximum-Filme“. 3D-Filme sind<br />
digital (also keine 40 kg schweren Filmrollen).<br />
In den anderen 3 Kinosälen können nur analoge<br />
Filme angeschaut werden.<br />
Hier wird „gepoppt“:<br />
An Spitzentage entstehen in der Popcorn-<br />
maschine fast 30 große Säcke Popcorn<br />
Der Hund ist ein familientier. Also gehört er<br />
in die familie. Zu Hause, im urlaub. Stimmt<br />
das wirklich? eine Statistik über die Zahl<br />
der Hundepensionen in Deutschland gibt<br />
es nicht. im internet findet sich eine frage<br />
nach der Zahl der Hundepensionen in Baden-<br />
Württemberg vom Oktober 2010, auf die es<br />
bis heute keine Antwort gibt.<br />
Wir sind mit Daniela Hubl zu einer Hunderunde<br />
an der Feuerbacher Heide in Stuttgart. Es ist<br />
noch kalt, aber die Sonne scheint am strahlend<br />
blauen Himmel. Daniela Hubl ist Hundetrainerin<br />
und nimmt auch <strong>vor</strong>übergehend<br />
Hunde auf, also eine echte Hundepension mit<br />
Hundetrainer. Heute sind wir mit fünf Hunden<br />
der verschiedensten Rassen und jeden Alters,<br />
Am Freitag, bzw. am Wochenende sind besonders<br />
viele Kinder im Kino, daher werden an diesen<br />
Tagen viele Kinderfilme gezeigt. Vor allem<br />
am Sonntag. Am Dienstag ist Kinotag, das<br />
heißt, dass es weniger kostet, ins Kino zu gehen,<br />
daher ist es auch am Dienstag voller. Und<br />
am Donnerstag kommen die neuen Filme raus,<br />
dann ist das Kino auch voll.<br />
Das Cinemaxx im Boschareal zeigt Arthaus-<br />
Filme, dies sind Filme, über die man eher nachdenken<br />
muss. Außerdem werden auch Blockbuster<br />
gezeigt, wie „Black Swan“, „Tron“ oder<br />
„Kokowääh“. Diese drei Filme zählen außerdem<br />
zu den Filmen, die besonders gut und lange liefen.<br />
Im Cinemaxx im SI-Zentrum stehen hingegen<br />
eher Horror-Filme auf der Wunschliste der<br />
Besucher.<br />
Garantiert haben Sie sich schon einmal gefragt,<br />
wie viele Menschen in diesem Kino arbeiten<br />
und wie viele es jährlich besuchen. Es arbeiten<br />
35 Angestellte in diesem Kino. So im Schnitt<br />
kommen wahrscheinlich 300.000 Leute jedes<br />
Jahr in dieses Kino. Jetzt fragen Sie sich sicher,<br />
ob 300.000 Besucher eine „normale“ Anzahl<br />
an Besuchern sind. Ja, es ist eine „normale“<br />
Anzahl.<br />
Vor einigen Jahren gab es eine ziemliche Panne<br />
im Cinemaxx. Statt eines Kinderfilmes lief mittags<br />
ein Horror-Film. Dieser wurde von den Eltern<br />
<strong>vor</strong>erst nicht als Horror-Film identifiziert,<br />
nach einer gewissen Zeit aber schon. „Im Nachhinein“,<br />
sagt Saskia Karle, „ist es eigentlich<br />
schon ganz lustig. Ich war zu diesem Zeitpunkt<br />
noch nicht im Cinemaxx, ich denke allerdings,<br />
das ist nicht lustig für den Vorführer. Denn es<br />
wurde auch in den Zeitungen geschrieben.“<br />
Außer dieser einen fatalen Panne gibt es auch<br />
noch andere Pannen, die während oder <strong>vor</strong> einer<br />
Kinofilm<strong>vor</strong>führung passieren können, zum<br />
Beispiel dass ein Akt reißt.<br />
Ein Akt ist ein Teil einer 35mm-Filmrolle, die,<br />
da sie 40 Kilo wiegt, nicht komplett geliefert<br />
werden kann. Wenn man sie allerdings in einzelne<br />
Teile (Akte) zerteilt, kann man sie einfacher<br />
verschicken. Am Ende muss man die<br />
einzelnen Teile nur noch zusammen schneiden,<br />
und kann dann den Film <strong>vor</strong>führen.<br />
Rüden und Hündinnen, unterwegs. Die Riesenschnauzer-Dame<br />
Ulissa ist zwölf Jahre alt, sie<br />
mag keine kleinen Kläffer, erträgt sie jedoch<br />
mit stoischer Ruhe. Sie hat <strong>vor</strong> einigen Jahren<br />
schlechte Erfahrungen mit einem bösartigen<br />
Hoverwart gehabt, war misstrauisch, manchmal<br />
aggressiv geworden. Heute ist das kein Problem.<br />
Wer seinen Hund zu Frau Hubl gibt, schiebt ihn<br />
Antonia Rumpf<br />
Hunde in fremden Händen<br />
Unterwegs mit einer Hundetrainerin<br />
An den Kassen im Cinemaxx im Bosch Areal<br />
werden jedes Jahr etwa 300.000 Tickets verkauft<br />
Der Popcornraum ist im Keller. Dort überwältigt<br />
einen der Geruch nach frischem Popcorn.<br />
Wenn man dorthin kommen möchte, muss man<br />
erst einmal mit dem Aufzug nach unten fahren.<br />
In der Mitte eines mittelgroßen Raumes steht<br />
die Popcorn-Maschine. Eine Person braucht<br />
5-7 Stunden, um 26-27 Säcke Popcorn (etwa<br />
die Größe eines „Gelben Sackes“) herzustellen.<br />
Bei den Mitarbeitern des Cinemaxx heißt dieses<br />
Herstellen von Popcorn auch „Poppen“.<br />
Man muss als Vorführer etwa eine halbe Stunde<br />
<strong>vor</strong> der Vorführung anfangen, alles aufzubauen<br />
und <strong>vor</strong>zubereiten. Es kann sein, dass ein<br />
Vorführer einen Film mehrmals, etwa 3-4 mal<br />
pro Tag zeigen muss. Da es aber aus rechtlichen<br />
Gründen verboten ist, den Film während einer<br />
Vorstellung, in der man Vorführer ist, mit zu<br />
schauen, bekommen die Mitarbeiter des Cinemaxx<br />
Kinofreikarten, mit denen sie, wann immer<br />
sie wollen (allerdings außerhalb ihrer Arbeitszeit),<br />
ins Kino gehen und Filme ihrer Wahl<br />
anschauen können.<br />
Eine Produktions-Firma verkauft die Rechte<br />
zum Verleihen eines Films an einen Filmverleih.<br />
Diese verleihen sie wiederum an Kinos, wie z.B.<br />
das Cinemaxx. Die Zentrale des Cinemaxx, die<br />
in Hamburg ist, verteilt diesen Film an die einzelnen<br />
Ableger. In unserem Fall an das Cinemaxx<br />
Stuttgart im Bosch Areal. Und wir Kinobesucher<br />
können uns dann diesen Film für eine<br />
bestimmte Zeitspanne im Kino anschauen.<br />
nicht ab, sondern gönnt ihm Urlaub pur, wie ein<br />
gelungener Schullandheimaufenthalt.<br />
Die Hundetrainerin hat die Hunde aus den verschiedensten<br />
Familien von den unterschiedlichsten<br />
Rassen und Größen unter Kontrolle,<br />
der wütende Beißer von nebenan ist plötzlich<br />
sozialverträglich. Und das, obwohl das Rudel<br />
jeden Tag anders zusammengesetzt ist. Oft sind<br />
es mehr als fünf Hunde, die bei Daniela untergebracht<br />
sind. Sie hat keine Einzelboxen wie<br />
andere Hundepensionen, daher ist es besonders<br />
wichtig, dass sich die Hunde zusammenfügen<br />
und gut miteinander auskommen.<br />
Daniela Hubl hat zwei Berufe, sie ist als Jägerin<br />
verantwortlich für ein großes Gebiet bei Stutt-<br />
gart, die Hundepension hat sie als Hunde-<br />
trainerin aufgemacht. Wenn es mehr als zehn<br />
Hunde werden, hilft ihre Schwester aus, das<br />
gemeinsame Haus ist groß genug dafür. Den<br />
Beruf der Hundetrainerin hat sie aus Passion<br />
ergriffen.<br />
Sie hat schon immer Hunde geliebt und ist fasziniert<br />
von dem Verhältnis zwischen Mensch<br />
und Hund. Während unserer Hunderunde erklärt<br />
sie ihre Erziehungsmethoden. Wichtig<br />
ist, dass <strong>jeder</strong> Hund weiß, wer der Chef ist. Wer<br />
versucht, seinen Hund nur mit Leckerli zu erziehen,<br />
kann schnell das Ziel verfehlen. Genauso<br />
falsch ist die Erziehung mit Gewalt. Für den<br />
Hund ist die Menschenfamilie nichts anderes<br />
als ein Rudel mit einer Hierarchie. Der Familien-<br />
hund muss wissen, dass er in der Hierarchie<br />
ganz unten steht. Das hat nichts mit Unter-<br />
drückung zu tun, sondern ganz einfach mit der<br />
Rolle des Familienhundes. Das gilt selbst auf<br />
Marilena Schulz<br />
Wo noch<br />
wirklich alles<br />
„handmade“<br />
ist<br />
In der Bäckerei Bosch, wo sämtliche Backwaren<br />
von Hand zubereitet sind, wird den ganzen<br />
Vormittag unermüdlich gebacken.<br />
es ist vier uhr morgens. Alle Leute schlafen,<br />
und auf den sonst so überfüllten Straßen ist<br />
nichts los. nur in der Bäckerei und Konditorei<br />
Bosch in der nähe des Hölderlinplatzes im<br />
Stuttgarter Westen wird fleißig teig geknetet,<br />
denn hier wird schon seit 3 uhr morgens<br />
gebacken. „Die Leute wollen schließlich die<br />
Brötchen schon am Morgen und nicht erst<br />
am Mittag“, meint Bernd Bosch, der 62- jährige<br />
Chef, der die Bäckerei leitet, die schon<br />
seit 90 Jahren in der dritten generation<br />
besteht.<br />
In der Backstube ist es dank dem großen Ofen<br />
ziemlich warm. Auf der gegenüberliegenden<br />
Seite, auf der sich die große Arbeitsfläche befindet,<br />
wird schon hart gearbeitet. Es werden<br />
Teige zubereitet und Brezeln geformt. Die Brezeln<br />
sind hier nämlich etwas ganz Besonderes.<br />
Sie sind die Spezialität des Hauses und werden<br />
dem Bauernhof oder bei der Polizei. Denn nur<br />
so wird der Hund auch die Funktion erfüllen,<br />
die ihm zugewiesen ist, sei es als kinderlieber<br />
Familienhund oder Schutzhund, als Wachhund<br />
oder als Spürhund.<br />
Es fällt auf, dass keine Welpen dabei sind. „Ich<br />
nehme schon auch einmal Welpen auf“, sagt<br />
Daniela Hubl, „aber das ist ein schwieriges Thema.“<br />
Denn Welpen können bei längerer Abwesenheit<br />
den Anschluss an die eigene Familie<br />
verlieren. Außerdem fügen sie sich noch nicht<br />
so einfach in das wechselnde Rudel ein. Andererseits<br />
sind die ersten Monate im Leben eines<br />
Hundes besonders wichtig für die Prägung. Oft<br />
trainiert daher Daniela Hubl die Welpen gemeinsam<br />
mit ihrem Besitzer. Denn zu einem<br />
guten Hundetraining gerade in der ersten Zeit<br />
muss der Besitzer mitlernen. Er muss das Vertrauen<br />
des jungen Hundes erwerben, die Kommunikation<br />
muss stimmen und natürlich die<br />
Hierarchie.<br />
Die Hunderunde macht den fünf Hunden offensichtlich<br />
Spaß. Ein Wunder, dass Daniela Hubl<br />
dieses merkwürdige Rudel beherrscht. „Das Geheimnis<br />
ist nicht das Leckerli, das ich natürlich<br />
immer dabei habe, sondern konsequente Ansprache.<br />
Die Hunde müssen mich für die Zeit,<br />
von allen Kunden gelobt. Deswegen habe die<br />
Bäckerei auch den Zunamen „Brezelbäck“, erklärt<br />
Sohn Justin Bosch, der Bäckermeister.<br />
Nach und nach wird die Bäckerei von einem<br />
intensiven Brötchenduft erfüllt, da jetzt die<br />
ersten Tafelbrötchen fertig sind. Nun werden<br />
auch die Teige für die Brote zubereitet. Hier<br />
wird alles selber gemacht, wie in fast keiner<br />
Bäckerei mehr. Bald ist es halb sechs und<br />
die Konditoren beginnen mit der Arbeit. Sie<br />
machen zuerst Berliner, denn die sind in der<br />
Faschingszeit das beliebteste Gebäck.<br />
Justin Bosch macht die Arbeit Spaß, obwohl er<br />
unter der Woche sehr früh aufstehen muss und<br />
deshalb schon um sechs Uhr abends ins Bett<br />
geht. Aber Montags ist alles viel entspannter,<br />
da hat die Bäckerei nämlich Ruhetag. Er berichtet,<br />
er sei gerne Bäcker und das Arbeiten<br />
mit Teig mache ihm großen Spaß. Die besonderen<br />
Spezialitäten sind außer der Brezel auch<br />
noch die große Auswahl an Dinkelprodukten,<br />
rustikale Gebäcke. Hier wurden auch schon selber<br />
Brotsorten erfunden, wie zum Beispiel die<br />
Wurzelseelen, die aus Vollkornmehl, Möhren,<br />
Käse und Mais bestehen. Die Kunden schätzen<br />
<strong>vor</strong> allem die große Auswahl der an die 30 verschiedenen<br />
Brotsorten.<br />
Jetzt ist es schon kurz <strong>vor</strong> sieben, und die fünf<br />
Verkäuferinnen kommen nach und nach an.<br />
Langsam sind die Regale voll, und schon bald<br />
treffen die ersten Kunden ein. Unter ihnen<br />
auch Volker Steinberger. Er kauft hier zwei bis<br />
drei Mal die Woche ein. „Die Qualität ist her<strong>vor</strong>ragend<br />
und die Bedienungen sind auch sehr<br />
nett”, sagt der 39-Jährige lachend. Er lobt auch<br />
sein Lieblingsgebäck, das seien die Brezeln.<br />
Auch Agate Müller, eine ältere Dame, ist hoch-<br />
die sie bei mir sind, als Alphatier akzeptieren.“<br />
Und das funktioniert nicht bei jedem Hund. Ein<br />
Hund, der sich von Daniela Hubl nicht kontrollieren<br />
lässt, muss sich beim nächsten Mal eine<br />
andere Hundepension suchen. Oder er kommt<br />
in ein konsequentes Einzeltraining, am besten<br />
zusammen mit Herrchen.<br />
Und was passiert eigentlich, wenn ein Hund<br />
krank wird? „Ich lege Wert auf Sauberkeit, auch<br />
wenn man den Hunden im Freien viel Freiheit<br />
lassen muss. Aber es lässt sich nicht vermeiden,<br />
dass auch einmal ein Hund krank wird. Dann<br />
nehme ich Kontakt mit dem Besitzer auf oder<br />
gehe gleich zum Tierarzt.“<br />
Und dann die letzte Frage: Wie wird man eigentlich<br />
Hundetrainer? Daniela Hubl ist kritisch. Sie<br />
nimmt Fortbildung ernst, bildet selbst Hundetrainer<br />
aus. „Hundetrainer wollen viele werden,<br />
manche glauben, man könne damit gutes Geld<br />
verdienen.“<br />
Aber wer diesen Beruf ernst nimmt, muss tierpsychologisch<br />
geschult sein, auf jeden Hund<br />
individuell eingehen können und <strong>vor</strong> allem<br />
sehr viel Geduld mitbringen. „Das ist nicht <strong>jeder</strong>manns<br />
Sache“, sagt sie zum Abschied. Die<br />
Hunde springen in das Auto, <strong>jeder</strong> weiß genau,<br />
wo sein Platz ist.<br />
zufrieden. Für sie seien <strong>vor</strong> allem die Dinkel-<br />
produkte toll, da sie eine Weizenallergie habe<br />
und die sonst schwer zu bekommen seien.<br />
Auch in der Backstube ist viel los. Alle packen<br />
mit an: Chef Bernd Bosch, Bäckereimeister<br />
Justin Bosch und die vier Bäckergesellen, denn<br />
jetzt hat ein neuer Arbeitsschritt begonnen:<br />
Es werden Teige für italienische Brote wie z.B.<br />
Ciabatta zubereitet, auch Flammkuchen und<br />
Schinkenhörnchen werden geformt. Immer öfter<br />
klingelt das Telefon, es werden Einzelbestellungen,<br />
aber auch Großbestellungen angenommen.<br />
Heute hat ein Kindergarten 300 kleine<br />
Brötchen bestellt. „Es ist zum Glück noch nie<br />
solch eine Großbestellung abgesagt worden“,<br />
kommentiert Herr Bosch.<br />
Bald ist der erste Ansturm der Berufstätigen<br />
<strong>vor</strong>bei, und immer mehr Mütter mit Kleinkindern<br />
betreten die kleine Bäckerei, um den<br />
wöchentlichen Broteinkauf zu erledigen. Die<br />
Kinder bekommen von den netten Verkäuferinnen<br />
meistens ein kleines Brötchen gereicht.<br />
Fortsetzung auf Seite 18<br />
Bäckerei-Chef Bernd Bosch bringt die fertig<br />
gebackenen Brote in den Verkaufsraum
Seite 18 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 19<br />
Fortsetzung von Seite 17<br />
Langsam werden die Backwaren immer mehr,<br />
und es werden auch eher besondere Sachen, wie<br />
z.B. Anisbrot zubereitet. Was zu viel ist, wird<br />
in verschiedenen Wagen im Gang der Bäckerei<br />
aufbewahrt, bis wieder Platz in den Regalen ist.<br />
Allmählich ist es ziemlich ruhig im Laden.<br />
Man hört das Rauschen der Teigrührmaschine<br />
und sieht das gleichmäßige Formen der Bäcker<br />
vom Teig, denn in der Backstube wird immer<br />
gearbeitet. Man arbeite „hart aber herzlich”.<br />
Und es wird immer ganz genau gewogen und<br />
gemessen, um das zu überprüfen, kommt immer<br />
wieder überraschend der Wirtschafts-<br />
Kontroll-Dienst (WKD), damit sicher ist, dass<br />
„Das ist der Schneideraum, ein sehr wichtiger<br />
Raum im Kino“, sagt Thomas Rietenbach (46),<br />
mit dem ich mich an einem Februartag in den<br />
Stuttgarter Innenstadtkinos getroffen habe. Er<br />
ist der Betreiber dieser Kinos. Herr Rietenbach<br />
führt mich in den kleinen Raum und stellt mir<br />
einen Mitarbeiter <strong>vor</strong>. Er ist gerade damit beschäftigt,<br />
eine meterlange Filmrolle auf eine<br />
Vorrichtung aufzurollen. „Seine Aufgabe ist<br />
sehr wichtig, da wir die einzelnen Filmrollen<br />
nur in mehrere Stücke zerteilt geliefert bekommen<br />
und er den Film erst mit einem speziellen<br />
Klebstoff zusammenkleben und aufrollen<br />
muss.“<br />
Erst dann könne der Film gezeigt werden. Dabei<br />
müsse man aber sehr aufpassen, dass man exakt<br />
arbeite, sonst seien die Übergänge unsauber,<br />
und das würde man auf der großen Leinwand<br />
merken.<br />
„Zum Glück wurde ja jetzt der Großteil auf digitale<br />
Technik umgestellt“, sagt der Mitarbeiter.<br />
Digitale Technik sei mit einer Festplatte<br />
vergleichbar. Die Filme würden darauf gespielt<br />
und an die Kinos verschickt und dann in dem<br />
Scott Reisser<br />
die Kunden z.B. bei einem „200 g Dinkelbrötchen”<br />
kein „156 g Dinkelbrötchen“ bekommen.<br />
Im Nebenraum der Konditorei arbeitet jetzt<br />
alles auf Hochtouren. Es werden Torten gebacken,<br />
Flammkuchen hergestellt und der<br />
in der Backstube zubereitete süße Teig wird<br />
zu Bienenstichen und anderen süßen Teilchen<br />
verarbeitet. Die Konditoren werden nie<br />
müde, immer neue Torten und Kuchen zu backen,<br />
wie zum Beispiel die Schokoberliner,<br />
die gerade in der Friteuse zubereitet werden.<br />
Mittlerweile ist es 13 Uhr und die Bäcker gehen<br />
so langsam, denn morgen beginnt um 3 Uhr ein<br />
neuer Tag, an dem sie wieder fit für neue Brote<br />
und Backwaren sein müssen. Sie werden für<br />
filmauswahl für jedes Publikum<br />
In den Stuttgarter „Innenstadtkinos“ läuft Mainstream ebenso wie Arthaus-Filme<br />
Thomas Rietenbach arbeitet bereits seit seiner<br />
Jugend in den Stuttgarter Innenstadtkinos<br />
digitalen Projektor abgespielt. Der Mitarbeiter<br />
sagt aber: „Dabei finde ich die analoge Technik<br />
eigentlich besser, weil es die klassische Technik<br />
ist und die Filme dadurch eine bessere Qualität<br />
haben. Aber sie bedarf halt mehr Aufwand.“<br />
Nach dem Besuch im Schneideraum führt mich<br />
Herr Rietenbach am Kassenschalter <strong>vor</strong>bei, der<br />
sich im ehemaligem Stuttgarter Hauptbahnhof<br />
befindet. Hier hat sich schon ein großer Auflauf<br />
von Schülern gebildet, die sich Karten für die<br />
Nachmittags<strong>vor</strong>stellung kaufen wollen.<br />
Durch dieses Gedränge gehen wir direkt in das<br />
mit Akten und Schränken vollgestellte Arbeitszimmer<br />
von Herrn Rietenbach. Dort setzen wir<br />
uns an seinen Schreibtisch und wir kommen<br />
ins Gespräch. Auf meine Frage, was man unter<br />
den Innenstadtkinos überhaupt verstehe,<br />
antwortet er, dass diese ein Zusammenschluss<br />
von verschiedenen Kinos (Gloria, Metropol, EM,<br />
Cinema) seien und dort insgesamt 50 Mitarbeiter<br />
arbeiten würden. Seine Arbeit bestehe darin<br />
die Kinos zu verwalten. Weiterhin treffe er auch<br />
die Filmauswahl und sei für die Technik und<br />
das Programm zuständig.<br />
„Meine Aufgabe ist es, einfach zu schauen, ob<br />
das Kino gut läuft“, sagt er schmunzelnd. Auf<br />
die nächste Frage hin, wie lange er schon im<br />
Filmgeschäft sei, erwidert er: „Ich habe schon<br />
mit 18 angefangen, hier in diesen Kinos zu arbeiten<br />
und deshalb verbindet mich emotional<br />
auch sehr viel mit ihnen.“<br />
Im Laufe des Interviews erklärt er noch, dass<br />
er immer versucht, das Programm an das Publikum<br />
anzupassen, indem er eine Mischung aus<br />
Arthaus- und Mainstreamfilmen spielt. Arthaus<br />
seien dabei eher die Filme für das kultur- und<br />
kunstinteressierte Publikum. Mainstream aber<br />
seien die Filme, die er eher für die Jugendlichen<br />
oder jüngeren Erwachsenen spielen würde.<br />
„Also Actionfilme und so“, sagt er zwinkernd.<br />
ihre mühsame Arbeit täglich belohnt, denn Justin<br />
Bosch meint: „Ein Laden voller Kundschaft<br />
ist für uns die beste Belohnung.“<br />
Besonders für ihre Brezeln ist die Bäckerei<br />
Bosch im Stuttgarter Westen bekannt<br />
Dann ergänzt er noch, dass in den Kinos das<br />
Programm mit 40 bis 50 Filmen, die gleichzeitig<br />
laufen, ziemlich groß sei, da es in jedem Kino<br />
mehrere Kinosäle gäbe. „In der letzten Woche<br />
haben sogar insgesamt 13.200 Menschen die<br />
Kinos besucht“, bemerkt Herr Rietenbach. Auf<br />
die Frage, ob er bei Premieren schon einmal<br />
prominenten Besuch hatte, muss Thomas Rietenbach<br />
nun lachen. Dabei antwortet er, dass<br />
schon Stars wie Otto, Til Schweiger oder Michael<br />
„Bully“ Herbig und Matthias Schweighöfer in<br />
seinen Kinos zu Besuch waren.<br />
Es sei nämlich üblich, dass Schauspieler bei den<br />
Premieren anwesend seien, um für ihre Filme<br />
zu werben. Die Innenstadtkinos bieten neben<br />
dem normalen Kinoprogramm auch zusätzliche<br />
Vorstellungen an. Dabei handelt es sich um ein<br />
großes Angebot an Sonder- und Extra<strong>vor</strong>stellungen<br />
sowie „Sneak Previews“ (Film<strong>vor</strong>stellungen<br />
<strong>vor</strong> dem regulären Kinostart), erklärt<br />
Herr Rietenbach.<br />
Nach diesem Gespräch möchte mir Herr Rieten-<br />
bach noch einen Vorführraum zeigen. Darum<br />
führt er mich zu einem Vorführraum im<br />
„Metropol“-Kino. Im Vergleich zum Schneideraum<br />
ist dieser ein sehr kleiner Raum, in dem<br />
zwei große und laute Projektoren stehen. Diese<br />
sind, wie mir Herr Rietenbach erklärt, der digitale<br />
und analoge Projektor. „Bei dem digitalen<br />
wird die ‚Festplatte’ eingeschoben und problemlos<br />
abgespielt. Bei dem analogen Projektor ist<br />
das jedoch komplizierter, da man die einzelnen<br />
Rollen hier von Hand einfädeln muss.“<br />
Nachdem er nun den sehr heißen Raum verlassen<br />
und mich verabschiedet hatte, sagt Herr<br />
Rietenbach schmunzelnd: „Hoffentlich sehen<br />
wir dich bald wieder bei uns.“<br />
Die analogen Filmprojektoren werden mehr<br />
und mehr von digitaler Technik abgelöst<br />
Die Interviewpartner: Paul Lavitzki und Melina<br />
Diener der Hochschule der Medien (HdM)<br />
in Stuttgart. „Das ist eigentlich ganz einfach“,<br />
sagt Student Paul Lavitzki, es bräuchte nur ein<br />
wenig Zeit. Nach einer kurzen Führung durch<br />
das riesige Medienzentrum Stuttgart erklären<br />
die beiden, was man alles braucht, um ein Spiel<br />
zu entwickeln und es fertig auf den Markt zu<br />
bringen. Man braucht als erstes die Idee für ein<br />
Spiel. Stur dasitzen und warten, bis dir etwas<br />
einfällt, bringt da nichts. Sie muss aus einem<br />
Gedanken entstehen und braucht Zeit, bis sie<br />
fertig entwickelt ist, um sie dann seinen Kollegen<br />
zu präsentieren. Dann fängt man an,<br />
sich die Grafiken zu überlegen und die Vorstellungen<br />
mit den technischen Mitteln vereinbar<br />
zu machen.<br />
„Es ist nicht immer einfach, die Fantasie zu beschränken“,<br />
meint Melina Diener, Kollegin von<br />
Paul, „da gibt es manchmal Meinungsverschiedenheiten,<br />
die den Arbeitstag sehr anspruchsvoll<br />
machen können.“„Im Durchschnitt dauert<br />
es 6 Monate, ein Spiel von der oben genannten<br />
Idee bis zu einem marktfähigen Produkt zu erstellen“,<br />
erklärt Paul Lavitzki.<br />
Währenddessen ist es oft wichtig, Spieletester<br />
das Spiel testen zu lassen, um Bugs zu entdecken<br />
und sie zu beseitigen. Ein Bug ist ein Fehler<br />
im Spiel, durch den man manchmal das Spiel<br />
zerstören kann. Wenn man sich die Technik<br />
in dem Büro der beiden anguckt, könnte man<br />
meinen, man wäre im Überwachungsstudio der<br />
NASA. Überall leuchten Bildschirme, Computer<br />
blinken und nur zwei der insgesamt 15 Computer<br />
werden benutzt. Allerdings steht dort trotzdem<br />
ein gemütliches Ledersofa.<br />
Aber zurück zur Entwicklung: Nachdem man<br />
die Grafik fertig gestellt hat, muss man seine<br />
Gedanken den Charakteren zuwenden, die „mitspielen“.<br />
Bei dem Spiel, das die beiden gerade<br />
produzieren, geht es um einen Versuchsaffen,<br />
der seine beiden Brüder aus den Klauen einer<br />
Professorin befreien will. „Weil es ein Rätselspiel<br />
ist, dauert es mindestens einen Monat, bis<br />
man die Charaktere gezeichnet und fertig ani-<br />
Sein Schreibtisch steht senkrecht zum<br />
Fenster, von dem aus man hin und wieder eine<br />
Stadtbahn <strong>vor</strong>beifahren sieht. Auf dem Tisch<br />
steht ein Computer, daneben ein Telefon, ansonsten<br />
bedecken Blätter und ein Stiftebecher<br />
von Juventus Turin den Tisch. So sehen wahrscheinlich<br />
tausende Schreibtische aus, die Unordnung<br />
ist nichts Besonderes. Jedoch arbeitet<br />
John Hinderer<br />
miert hat“, so Melina Diener. Danach muss man<br />
das Ganze zusammensetzen, aber damit ist das<br />
Spiel noch lange nicht fertig. Als ich nachfrage,<br />
warum man das Spiel dann jetzt schon in eine<br />
Datei bringt, bekomme ich die Antwort, dass es<br />
einfacher ist, die Töne, Musikdateien, Sound-<br />
effekte oder Dialoge danach einzufügen.<br />
Allerdings ist es nicht einfach, die Dialogstruktur<br />
im Überblick zu behalten, da ganze PDF- Dateien<br />
mit Namen, Pfeilen und Dialogen gefüllt<br />
werden, pro Frage im Spiel! Trotzdem sei es ein<br />
toller Beruf, verteidigt Paul Lavitzki den komplizierten<br />
Teil des Spiels. Das habe auch ihn zuerst<br />
abgeschreckt.<br />
Allerdings horche ich gespannt auf, als sie von<br />
den Soundeffekten sprechen. Diese werden<br />
nämlich nicht einfach eingefügt, sondern im<br />
hauseigenen Tonstudio aufgenommen. Jedoch<br />
meine ich einen gewissen Stress aus der Stimme<br />
netz 2011 und Stuttgart 21<br />
Joachim Keller ist der Schöpfer des neuen Stadtbahnnetzes<br />
und erklärt auch, dass Stuttgart 21<br />
für die Zukunft des Netzausbaus wichtig ist<br />
hier jemand, der das komplette Stadtbahnnetz<br />
in Stuttgart umgestellt hat, es zum „netz 2011“<br />
gemacht hat.<br />
Joachim Keller (34) arbeitet seit Juli 2008 bei<br />
der SSB (Stuttgarter Straßenbahnen AG) in der<br />
Angebotsplanung und war schon von Anfang an<br />
in die Planung für die große Umstellung involviert.<br />
„Hier bei der SSB war ich gleich in der<br />
Paul Keller<br />
Stur dasitzen und warten<br />
bringt nichts<br />
An der Hochschule der Medien in Stuttgart-Vaihingen feilen Studenten an einem Computerspiel<br />
Im Tonstudio wird aufgenommen<br />
und geschnitten, um die Sounds<br />
für das Computerspiel zu erstellen<br />
von Melina Diener herauszuhören, später weiß<br />
man auch, warum: Das Tonstudio ist eigentlich<br />
immer besetzt und es ist sehr schwer, einen Termin<br />
zu bekommen, wie ich später noch selbst<br />
erleben sollte, denn es ist für das Spiel der beiden<br />
noch ein Termin auf heute angesetzt.<br />
Auch für jedes neue Spiel müssen neue Sprecher<br />
gefunden werden, die die Dialoge sprechen.<br />
Dieser Arbeitsschritt kann oft Wochen oder<br />
Monate in Kauf nehmen, da man nicht einfach<br />
jede Stimme dafür nehmen kann. Deshalb ist es<br />
auch entsprechend schwer, geeignete Stimmen<br />
zu bekommen, insbesondere bei Zeichenfiguren.<br />
Diese werden auch im Tonstudio der HdM aufgenommen,<br />
in tagelanger Arbeit geschnitten und<br />
ebenfalls in das Spiel eingefügt.<br />
Als letzter Arbeitsschritt werden Musikdateien<br />
entweder neu aufgezeichnet oder gekauft und<br />
an die passenden Stellen eingefügt. Das Com-<br />
puterspiel, das sie im Moment produzieren,<br />
heißt „BigTimeMonkey“ und soll im Mai 2011<br />
erscheinen. Das ist ein Abenteuer-Spiel, bei<br />
dem es nicht sehr schwer war, die Grafik zu gestalten<br />
und zu animieren, sagt Paul Lavitzki.<br />
Bei Spielen für Konsolen wie PS3 oder XBox 360<br />
ist es wesentlich schwerer, Grafiken zu gestalten<br />
oder die Charaktere zu animieren.<br />
Er selber will später auch atemberaubende<br />
Spiele erstellen. Ein Spiel zu entwickeln ist alles<br />
andere als einfach, trotzdem ist es ein spannendes<br />
Thema, weil fast <strong>jeder</strong> Jugendliche in<br />
Deutschland einen Computer besitzt und sich<br />
kaum einer fragt, wie man ein Spiel eigentlich<br />
entwickelt.<br />
Angebotsplanung. Ich habe da<strong>vor</strong> fünf Jahre in<br />
einem anderen Ingenieurbüro gearbeitet und<br />
dort mit der allgemeinen Verkehrsplanung zu<br />
tun gehabt.“ Allgemeine Verkehrsplanung, das<br />
bezieht sich nicht nur auf Stadtbahn oder Bus,<br />
sondern auf alle Verkehrsmittel, auch Straßen-<br />
oder Parkverkehr.<br />
Der 12. Dezember 2010 war der erste Tag des<br />
neuen Stuttgarter Stadtbahnnetzes: U5 und U7<br />
wurden von der Haltestelle Eckartshaldenweg<br />
an vertauscht, U2 und U4 ab Berliner Platz.<br />
Außerdem wurde ein neuer Streckenabschnitt<br />
zum Fasanenhof gebaut, den jetzt die Linie U6<br />
bedient. Dadurch entstand eine Lücke im Netz,<br />
da nun eine Linie fehlte, die von der Innenstadt<br />
nach Vaihingen führt. Neu eingeführt wurde<br />
daher eine U-Bahn-Linie 12, die vom Killesberg<br />
nach Möhringen fährt.<br />
Fortsetzung auf Seite 20
Seite 20 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 21<br />
Fortsetzung von Seite 19<br />
Das Spannendste an seinem Job war eindeutig<br />
diese Planung. Einen bestimmten Tagesablauf<br />
gibt es nicht: „Ich bin hier in der Angebotsplanung<br />
dafür zuständig, unser Liniennetz permanent<br />
zu prüfen, zu verbessern und an geänderte<br />
Nachfragen anzupassen.“ Größere Änderungen<br />
werden meistens beim Fahrplanwechsel, also<br />
Mitte Dezember, durchgeführt, müssen jedoch<br />
schon im Juni beschlossene Sache sein. Das<br />
Netz 2011 stand bereits im März 2010 fest, danach<br />
erst wurden die genauen Fahrzeiten für<br />
jede Linie präzisiert.<br />
Auch das war eine Aufgabe Kellers: er musste<br />
jede einzelne Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit neu<br />
bestimmen, bei allen U-Bahn-Linien und teilweise<br />
auch bei den Buslinien.<br />
Die Planung macht er noch oft einfach mit<br />
Hand, auf seinem Schreibtisch befindet sich<br />
z.B. ein Netzplan der Filderbusse (Region Filderstadt-Bernhausen),<br />
für die er, zusammen<br />
mit Bus und Stadtbahn in Stuttgart, ebenfalls<br />
zuständig ist. Bei der Planung der U-Bahn-<br />
Zeiten muss man ein wichtiges Prinzip beachten:<br />
Die Reihenfolge der Ankünfte der Bahnen<br />
muss gleich bleiben, damit man von bestimmten<br />
zu anderen Linien (besser) umsteigen kann.<br />
Dies ist ein festes Schema und darf nicht verändert<br />
werden. Das Ergebnis stellt die sogenannte<br />
„Netzspinne“ dar, die die Linienführung der<br />
Linien zeigt und an einer Haltestelle eine bestimmte<br />
Ankunfts-/Abfahrtszeit, ausgegangen<br />
von einem 10-Minuten-Takt.<br />
Florian Ellwanger<br />
ein Laden<br />
Schokolade<br />
Seit über 50 Jahren gibt es im Stuttgarter<br />
Westen schon das Schoko-Paradies, wo es von<br />
Schokolade und Süßigkeiten nur so wimmelt.<br />
Seit 1960 besteht bereits das Schoko-Paradies.<br />
Frau Schweigert und Frau Schneider arbeiten<br />
hier schon seit einigen Jahren. Der Laden wurde<br />
zu<strong>vor</strong> von den Eltern von Frau Schweigert<br />
gegründet.<br />
Um 9 Uhr morgens öffnet das Schoko-Paradies.<br />
Ein anfangs noch eher ruhiger Tag. Die Schicht<br />
beginnt aber schon um sechs Uhr. Bis bald die<br />
ersten Kunden hereinstürmen und sich noch<br />
schnell einen Kaffee kaufen. Um 13:30 Uhr<br />
kommt wieder ein großer Ansturm auf das<br />
Schoko-Paradies, die Schule ist aus. Dutzende<br />
von Kindern wollen jetzt ihr übriges Geld an<br />
der Süßigkeitentheke ausgeben – für Drachenzungen,<br />
Lutscher, Apfel- und Pfirsichringe und<br />
Saure Zungen. Die Kinder lieben diese Süßigkeiten<br />
und nehmen es in Kauf, manchmal 10<br />
Minuten in der Warteschlange zu stehen.<br />
An jener Netzspinne orientiert war es seine<br />
Aufgabe, neue Zeiten zu bestimmen. Allerdings<br />
arbeitet er nicht nur handschriftlich, sondern<br />
auch mit einem speziellen Computerprogramm,<br />
mit dem sich unter anderem auch beliebige Liniennetze<br />
erstellen lassen.<br />
2010 gab es für ihn zusätzlich noch eine Beschwernis:<br />
oft musste er bei verschiedenen<br />
Bezirksbeiräten oder Gemeinderäten das neue<br />
Netz präsentieren und kam danach erst gegen<br />
22 Uhr nach Hause.<br />
Zur bisherigen Akzeptanz des Netzes meint<br />
er: „Man muss sagen, alles in allem haben wir<br />
eine überschaubare Anzahl von Beschwerden<br />
gekriegt. Mit was wir noch ein Problem haben<br />
ist, dass sich nur die Leute melden, die sich beschweren<br />
wollen, die, denen man etwas Gutes<br />
getan hat, die melden sich nicht bei uns.“<br />
Er sagt, dass die Situation jetzt viel besser sei,<br />
bei der Umstellung habe man auch Kunden-<br />
umfragen berücksichtigt. Der wichtigste Aspekt<br />
ist immer noch die U6, sie ist auch der<br />
Grund für die Veränderung.<br />
„Das mit der U2/U4 war ein Mitnahmeeffekt.“<br />
Ohne die neue Strecke zum Fasanenhof wäre<br />
der Linienaustausch einfach zu aufwändig<br />
gewesen, allein wegen der Änderung der Liniennetzpläne.<br />
Herr Keller ist allerdings nicht am Ende seines<br />
Jobs: es sind neue U-Bahn-Erweiterungen geplant,<br />
<strong>vor</strong> allem auf der Linie U12. Das Interessanteste<br />
daran: Stuttgart 21 spielt eine ganz<br />
entscheidende Rolle.<br />
Um 14 Uhr ist auch dieser Ansturm der Schüler<br />
überstanden. Das Schoko-Paradies braucht<br />
selbstverständlich immer wieder neue Produkte,<br />
die auf sogenannten Schokoladenmessen <strong>vor</strong>gestellt<br />
und dann an Interessenten geliefert werden.<br />
Die Mandelsplitter aus eigener Herstellung<br />
sind die beliebtesten unter den Pralinen. In den<br />
Saisonzeiten Ostern und Weihnachten werden<br />
auch immer neue ausgefallene Kreationen <strong>vor</strong>gestellt.Im<br />
Schoko-Paradies gibt es auch völlig<br />
unterschiedliche Preisklassen. Zum Beispiel kostet<br />
eine billige Schokoladentafel einen Euro, im<br />
Vergleich zu einer edlen zum Beispiel von Lindt<br />
bis zu 4 Euro. Bis <strong>vor</strong> Kurzem stand das Schoko-Paradies<br />
am Hölderlinplatz an der Schwab-<br />
Vieles erledigt Joachim Keller handschriftlich,<br />
doch komplizierte Streckenplanungen macht er<br />
mit Hilfe von spezieller Software am Computer.<br />
Es war schon lang in Planung, eine Tunnelstrecke<br />
vom Hauptbahnhof zum Hallschlag zu bauen.<br />
Im April letzten Jahres wurde damit begonnen.<br />
Nur mal angenommen, Stuttgart 21 würde<br />
abgeblasen und K 21 gebaut, dann würde der<br />
Bund die Tunnelstrecke wegen des zu geringen<br />
Nutzens nicht finanzieren (für die SSB ist sie<br />
zu teuer) und man hätte einerseits eine Grube<br />
neben dem Bahnhof und andererseits ein nicht<br />
weiter zu entwickelndes Netz.<br />
Nach seiner persönlichen Meinung gefragt, zögert<br />
Keller keine Sekunde, überzeugt vertritt er<br />
die offizielle SSB-Position: „Ich bin prinzipiell<br />
für Stuttgart 21.“<br />
straße 195. Doch dem Schoko-Paradies wurde<br />
im alten Gebäude gekündigt, und deshalb musste<br />
es Ende April umziehen. Seit Anfang Mai<br />
2011 steht es jetzt aber in der Johannesstraße<br />
96. Die sonst eher glückliche Frau Schweigert<br />
ist sichtlich traurig über den Umzug, hat aber<br />
den Trost, dass das Schoko-Paradies weiterhin<br />
in der Nähe des Hölderlinplatzes bleibt.<br />
Am Nachmittag kommen Erwachsene, die kleine<br />
Osterkörbe für ihre Kinder füllen oder anderes<br />
für die Familie einkaufen. Die Belieferung<br />
kommt zum größten Teil aus der Region Stutt-<br />
gart. Für Frau Schweigert ist das Tollste an ihrem<br />
Job, dass sie so viele Kinder und Erwachsene<br />
glücklich machen kann.<br />
Im Laden gibt es eine große Auswahl an Schokoladentafeln, von preiswert bis etwas teurer.<br />
Kurz <strong>vor</strong> 18 Uhr kommen noch einmal die letzten<br />
Kunden, die kurz <strong>vor</strong> Ladenschluss noch<br />
schnell ein paar Dinge kaufen wollen, wie ein<br />
paar Pfund gemahlener Kaffeebohnen oder ein<br />
paar Pralinen. Um 18 Uhr schließt dann das<br />
Schoko-Paradies, doch der Tag von Frau Schweigert<br />
ist noch lange nicht zu Ende. Oft wird noch<br />
bis zwanzig Uhr gearbeitet, die Kasse gezählt,<br />
alle Schränke neu befüllt, neu dekoriert, alle<br />
Ostereier wieder in die richtigen Schachteln<br />
sortiert. Dann muss Frau Schweigert noch nach<br />
Möhringen zur eigenen Produktion und die Pralinen<br />
für morgen abholen, bis sie dann endlich<br />
nach Hause kann.<br />
Heute waren über 140 Kunden im Schoko-<br />
Paradies, das sind 40 mehr als im Durchschnitt,<br />
sagt sie. Es gibt hier im Schoko-Paradies aber<br />
nicht nur Schokolade und Pralinen, sondern<br />
Computersucht wird in unserem Leben ein<br />
immer heikleres thema. immer mehr Leute<br />
werden abhängig von Videospielen, Onlinerollenspielen<br />
und vom internet. Doch wie<br />
entstand das alles und was ist das eigentlich,<br />
Computersucht? Wir haben mit Dr. Jamil el<br />
Kasmi, Assistenzarzt an der universitäts-<br />
klinik in tübingen gesprochen.<br />
„Die Computersucht ist ein sehr junges und<br />
wenig erforschtes Phänomen, man weiß nicht<br />
genau, wie es angefangen hat, kann aber ungefähr<br />
sagen, womit es in Verbindung stand.<br />
Die Computersucht hat sich aus dem sich immer<br />
weiter entwickelnden Internet, mit immer mehr<br />
Möglichkeiten, zusammengestellt. 90% der Fälle<br />
zeigen Suchtverhalten nach Online-Rollenspielen<br />
auf und nur 10% für andere Spiele, soziale<br />
Netze oder Pornografie. Das lässt sich auch<br />
leicht erklären, denn die Online-Rollenspiele<br />
sind dazu konzipiert, immer weiterspielen zu<br />
wollen. Man will versuchen, die ,Highscores zu<br />
knacken‘ und immer besser zu werden. Viele<br />
ziehen sich auch einfach aus der realen Welt<br />
zurück, weil sie z.B. Probleme haben und in der<br />
Onlinewelt neue Leute treffen können. Dies ist<br />
eigentlich die Sucht nach Spielen.“<br />
Aber was führt eigentlich zur Sucht?<br />
„Meistens sind es mehrere Faktoren. Man<br />
spricht von drei Faktoren: Persönlichkeits-,<br />
Umwelt-, und biologischen Faktoren. Zu den<br />
Persönlichkeitsfaktoren zählt z.B., ob man ein<br />
offener Mensch ist oder sich lieber zurück zieht<br />
und gerne alleine ist oder gleich offen für etwas<br />
Neues ist oder lieber erst abwartet. Zu den<br />
Elia Lamott<br />
auch ausgefallene Dinge wie Bananen und Äpfel<br />
aus Marzipan, einen Geldkoffer mit Süßigkeiten<br />
gefüllt oder riesige Gummibärchen mit Schokoladenhosen.<br />
Frau Schweigerts größter Wunsch<br />
ist, dass der Betrieb einmal von ihrer Tochter<br />
übernommen wird. Das Schoko-Paradies ist wie<br />
ein kleiner Tante Emma-Laden, hier wird noch<br />
alles liebevoll verpackt, die Verkäuferinnen<br />
sind freundlich und haben sichtlich Spaß an ihrer<br />
Arbeit. Man hat außerdem kaum Zeitdruck<br />
in einem solchem Laden.<br />
Kurz gesagt, das Schoko-Paradies ist ein richtig<br />
schöner Laden, so wie man ihn sich <strong>vor</strong>stellt.<br />
Ein Einkauf beim Schoko-Paradies lohnt sich<br />
immer, egal ob für Groß oder Klein, man darf<br />
einen solchen Laden nicht neben all den großen<br />
Firmen untergehen lassen. Denn wer mag schon<br />
keinen Laden voller Schokolade?<br />
nicht <strong>jeder</strong> Computerspieler<br />
ist gleich suchtgefährdet<br />
Ein Interview mit einem Experten für Computersucht<br />
Umweltfaktoren zählt, welchen Freundeskreis<br />
man hat, ob man anerkannt wird oder ob man<br />
belastet wird. Die biologischen Faktoren kennt<br />
man bei der Computersucht nicht, da sie z.B.<br />
bei den Drogen mit dem körperlichen Befinden<br />
zu tun haben und diese bei der Computersucht<br />
schwer zu erforschen sind.“<br />
Aber wie bemerkt man eigentlich, dass man süchtig<br />
ist und ab wann ist man eigentlich süchtig?<br />
„Nun, meistens bemerken die Leute das nicht<br />
selbst, sondern ihre Mitmenschen, wie die Familie<br />
oder Freunde. Da diese Sucht noch kaum<br />
erforscht ist, gibt es eigentlich keine festgelegten<br />
Anzeichen, aber es gibt Vermutungen<br />
und auch eine Art Richtlinie, ab wann man<br />
süchtig ist. Diese nennt sich ICD-10. Mögliche<br />
Anzeichen wären z.B. über vier Stunden am Tag<br />
und am Stück Videospiele spielen oder am Computer<br />
sitzen, die Arbeit jedoch wird ausgenommen.<br />
Andere Dinge zu vernachlässigen, die man<br />
früher mochte, ist auch ein Anzeichen dafür<br />
oder, wenn Schwierigkeiten auftreten, finanziell,<br />
familiäre, in der Schule oder in der Arbeit.<br />
Weitere Anzeichen sind Entzugssymptome,<br />
wenn man es nicht mehr ‚ohne’ aushalten kann,<br />
wenn man übermüdet, gereizt oder gestört ist.“<br />
Aber ab wann ist man dann eigentlich süchtig?<br />
„Die Norm ICD-10 gibt <strong>vor</strong>, wenn man in einem<br />
Jahr drei Vorgaben erreicht hat, gilt man als<br />
süchtig. Bei weniger als drei im Jahr spricht<br />
man von Missbrauch und bei mehr auch von<br />
Missbrauch oder riskantem Konsum. Die Vorgaben<br />
sind Verlangen, immer mehr spielen zu wollen,<br />
Verlust der Kontrolle, Entzugssymptome,<br />
wenn man gereizter, aggressiver, depressiv wird<br />
Vor allem die kleinen Süßigkeiten,<br />
die einzeln verkauft werden, stehen bei den<br />
ganz jungen Kunden hoch im Kurs.<br />
oder sogar weder Freude noch Trauer verspürt<br />
oder Vernachlässigung anderer Aktivitäten.<br />
Wenn drei dieser Vorgaben erreicht sind, gilt<br />
man als abhängig.“<br />
Wie kann man testen lassen, ob man abhängig<br />
ist?<br />
„Man kann z.B. in so genannte Suchtberatungsstellen<br />
gehen und es dort testen lassen.“<br />
Was tun, wenn man abhängig ist?<br />
„Man sollte auf jeden Fall versuchen, Hilfe zu<br />
finden und zur Suchtberatung gehen und auch<br />
alleine versuchen, wieder alte Aktivitäten aufzunehmen,<br />
die man vielleicht vernachlässigt<br />
hat. Man sollte auch nicht direkt versuchen<br />
mit dem Spielen aufzuhören, sondern auch wie<br />
beim Rauchen, immer weniger zu spielen oder<br />
ins Internet zu gehen.“<br />
Welche Konsequenzen können entstehen, wenn<br />
man sich nicht beraten lässt?<br />
„Es könnten gesundheitliche Schäden entstehen.<br />
Eine Studie hat bewiesen, dass Computerabhängige<br />
Vitamin-D-Mangel haben, da sie<br />
zu wenig ans Sonnenlicht gehen. Außerdem<br />
können schulische Probleme oder berufliche<br />
Schäden auftreten, finanzielle Probleme, soziale<br />
Probleme oder sogar juristische Probleme,<br />
z.B. werden Rechnungen nicht mehr gezahlt,<br />
weil sie nicht mehr beachtet werden.“<br />
Welche Altersgruppen sind besonders gefährdet<br />
und bei welchen tritt es am häufigsten auf?<br />
„Es sind besonders die jungen Leute gefährdet,<br />
da sie noch für ihre ganze Zukunft sorgen müssen<br />
und in der Schule gut sein sollten, die Computersucht<br />
kann das sehr gefährden. Es tritt<br />
auch genau bei diesen Leuten am häufigsten<br />
auf, <strong>vor</strong> allem bei den jungen Erwachsenen, weil<br />
diese auch eine gewisse Vorlaufszeit haben, da<br />
so eine Sucht nicht innerhalb eines Jahres entsteht.“<br />
Aber was ist eigentlich das gesunde Maß an solchen<br />
Spielen oder am Internet?<br />
„Ein gesundes Maß darf nicht über vier Stunden<br />
am Stück, Spielen oder ins Internet gehen,<br />
hinausreichen. Sobald Kommunikation fast nur<br />
noch über das Internet oder per SMS stattfindet,<br />
ist das gesunde Maß überschritten.“
Seite 22 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 23<br />
Dinosaurier in verschiedenen Größen, Mammuts,<br />
Steinzeitmenschen, Bernsteine, Insekten,<br />
die sich zum Teil in Situationen gemäß<br />
ihrem Leben in einem Urwald oder unter Wasser<br />
befinden, eine große Erdkugel, die den Klimawandel<br />
erklären soll: Hier im Museum am Löwentor<br />
gibt es einiges zu sehen. Eine riesige<br />
Ausstellung über die Entwicklung des Dinosauriers<br />
zum Vogel und den Klimawandel füllt das<br />
Museumsgebäude am Rande des Rosensteinparks.<br />
Jeden Tag kommen viele Leute in die<br />
Museen am Löwentor und Schloss Rosenstein,<br />
die zusammen das Naturkundemuseum Stuttgart<br />
bilden, um Ausstellungen zu besuchen.<br />
Aber wie viel Arbeit steckt hinter einer solchen<br />
gigantischen Ausstellung, wie und wie lange<br />
wird sie <strong>vor</strong>bereitet?<br />
Viele Museen bieten sowohl eine Dauerausstellung<br />
als auch eine Sonderausstellung an.<br />
Die Dauerausstellung im Museum am Löwentor<br />
führt durch mehrere Zeitepochen, von der Trias<br />
bis zum Quartär. In einem separaten Raum<br />
wird die Entwicklung des Dinosauriers über<br />
den Urvogel zum Vogel gezeigt. Im Schloss Rosenstein<br />
soll dem Besucher in der Dauerausstellung<br />
das biologische System der Tiergruppen<br />
vermittelt werden. Eyecatcher, Dinge, die<br />
dem Besucher sofort ins Auge fallen innerhalb<br />
der Ausstellung, sind ein großer Wal und ein<br />
Eisbär. Manche andere der dort ausgestellten<br />
Tiere haben früher in der Wilhelma gelebt und<br />
wurden nach ihrem Tod an das Rosensteinmuseum<br />
weitergegeben. Viel Arbeit steckt in der<br />
Vorbereitung von Sonderausstellungen, zur Zeit<br />
Tobias Lober<br />
Viel Vorbereitung<br />
für eine Ausstellung<br />
Ein Besuch im Museum für Naturkunde Stuttgart<br />
eine zum Thema Klimawandel, „Gradwanderung“<br />
genannt. Im Löwentormuseum wird die<br />
Geschichte des Klimawandels ausgestellt und<br />
im Schloss Rosenstein kann man sehen, wie das<br />
Ganze heutzutage aussieht. „Mit der Vorbereitung<br />
einer Sonderausstellung, die dann etwa<br />
ein halbes Jahr läuft, beginnen wir bereits zwei<br />
Jahre im Voraus“, weiß Julia Gritzka. Sie ist die<br />
stellvertretende Leiterin der Stabsstelle Ausstellung,<br />
Szenografie und Grafikdesign. Als erstes<br />
setzen sich die Wissenschaftler zusammen<br />
und überlegen sich, welche Ausstellungsstücke<br />
in der großen Sammlung des Museums <strong>vor</strong>handen<br />
sind und worüber sie eine Ausstellung<br />
machen können. Es besteht auch die Möglichkeit,<br />
Stücke von anderen Museen auszuleihen.<br />
„Diese machen das entweder im Tausch gegen<br />
ein anderes Leihausstellungsstück, erheben<br />
eine Leihgebühr oder verleihen auch umsonst“,<br />
erklärt Julia Gritzka. In der Ausstellung sind<br />
nämlich nur ganz besondere Stücke zu sehen.<br />
Als nächstes wird im Schloss Rosenstein, eine<br />
Sonderausstellung zum Thema „Sex im Tierreich“<br />
stattfinden. In einem anfänglichen<br />
Schritt überlegt sich Gritzka zusammen mit<br />
den Wissenschaftlern ein Ausstellungskonzept.<br />
Das heißt, sie macht sich darüber Gedanken,<br />
welche Inhalte der Besucher beim Betreten des<br />
Museums sieht und wie er danach durch die<br />
Ausstellung geführt wird. Immer wieder finden<br />
zwischen den Wissenschaftlern, die auch die<br />
Ausstellungstexte schreiben und Präparatoren,<br />
die die Modelle und Präparate entwerfen, Gespräche<br />
statt, um herauszufinden, in welchem<br />
In der Ausstellung werden die Stücke so arrangiert,<br />
dass sie für Besucher interessant und verständlich sind<br />
Julia Gritzka, hier im Fundus des Museums,<br />
ist für die Konzeption von Sonderausstellungen<br />
mit verantwortlich<br />
Stadium sich die Ausstellungs<strong>vor</strong>bereitungen<br />
gerade befinden. „Wenn diese Besprechungen<br />
<strong>vor</strong>bei sind, erstelle ich am Computer Ausstellungsgrafiken,<br />
die zum Beispiel einen Grundriss<br />
der Sonderausstellung skizzieren“, so Julia<br />
Gritzka. Außerdem erstellt sie das Design<br />
aller Ausstellungstexte, die jeweils aus Titel-,<br />
Themen- und Objekttext bestehen. Ein paar<br />
Wochen <strong>vor</strong> Ausstellungsbeginn kann die Sonderausstellung<br />
schließlich aufgebaut werden.<br />
„Beim Aufbau sind dann viele Mitarbeiter des<br />
Museums beteiligt“, sagt Gritzka, die an ihrem<br />
Beruf viel Spaß hat, „zum Beispiel Elektriker,<br />
die Lampen installieren oder Maler, die Wände<br />
bemalen. Während der Ausstellung muss nur<br />
noch kontrolliert werden, ob alles funktioniert<br />
und Fehler oder Problemstellen müssen gegebenenfalls<br />
behoben werden.“ Insgesamt hat das<br />
Museum für Naturkunde Stuttgart etwa 80 fest<br />
angestellte Mitarbeiter. Woran aber erkennt<br />
man letztendlich, ob eine Ausstellung erfolgreich<br />
ist oder gewesen ist?<br />
„Wir wollen, dass etwa 200 000 Besucher in<br />
einem Jahr in beide Museen zusammen kommen.“<br />
So definiert Julia Gritzka ein Ziel des Museums.<br />
Sehr erfolgreich war die Darwin-Ausstellung<br />
im Schloss Rosenstein. „Die in letzter Zeit<br />
erfolgreichste Sonderausstellung war jedoch<br />
die Saurier-Ausstellung 2007, als innerhalb von<br />
sechs Monaten mehr als 300 000 Besucher ins<br />
Löwentormuseum stürmten“, erinnert sie sich<br />
an eine erfolgreiche Ausstellung. Damit wurde<br />
die gewünschte Besucherzahl bereits weit übertroffen.<br />
Sonst kommen unter der Woche täglich<br />
etwa 100 Besucher, <strong>vor</strong> allem Schulklassen. Am<br />
Wochenende sind es, „wenn es gut läuft“, über<br />
1000 Besucher. Darunter befinden sich dann<br />
hauptsächlich Familien, die das vielfältige<br />
Angebot an Museumspädagogik wahrnehmen<br />
möchten. „Aber <strong>vor</strong> allem kommt es uns darauf<br />
an, dass sich die Museumsbesucher für die Ausstellung<br />
und deren Ausstellungsstücke interessieren“,<br />
sagt Julia Gritzka.<br />
radio gibt es schon lange. es gibt es schon<br />
seit den 1920er Jahren. es diente damals<br />
schon als informationsquelle für die Bürger.<br />
Später kam dazu, dass es auch zu unterhaltungszwecken<br />
genutzt wurde. Wir haben uns<br />
mal überlegt, wie so etwas funktioniert und<br />
sind zur Sendezentrale der „neuen 107.7“ im<br />
Hindenburgbau gegangen, wo wir die reporterin<br />
Mareike Makosch interviewt haben.<br />
Wir suchen als erstes den Eingang des Gebäudes,<br />
der eigentlich leicht zu finden ist. Als wir<br />
hinein und die Treppe hoch gehen, treffen wir<br />
auf einen Moderator, der uns gleich zeigt, wo<br />
wir hin müssen. Als wir dann in die Zentrale<br />
gehen, staunen wir über die vielen Tische und<br />
Computer. Wir müssen gleich am Anfang unsere<br />
Handys abgeben, denn in den Senderaum, wo<br />
wir das Interview führen werden, dürfen keine<br />
elektronischen Geräte hinein, die Funk oder<br />
ähnliches ausstrahlen.<br />
Die 24-jährige Moderatorin führt uns an den<br />
Tischen und Computern <strong>vor</strong>bei, an denen ebenfalls<br />
Moderatoren und einzelne Spezialisten<br />
zum Beispiel für das Wetter oder den Verkehr<br />
sitzen, zu einem von drei Senderäumen. Als wir<br />
hinein gehen, öffnen wir zuerst eine schwere,<br />
schallisolierte Tür. In dem Raum stehen vier<br />
Bildschirme, zwei Rechner, vier Mikrofone, ein<br />
großer Pult, auf dem alles steht, zwei Stühle,<br />
ein Regal voller CDs und eine riesige Anlage,<br />
die als Notfallersatz für die PCs da steht.<br />
Außerdem kann man durch große Panzerglasscheiben<br />
nach draußen und in die anderen Räume<br />
sehen. Mareike erklärt uns, dass der Raum<br />
im Prinzip schweben würde, um den Klang zu<br />
verbessern.<br />
Der Raum ist an mehreren Stahlseilen aufgehängt<br />
und befindet sich ca. 20cm von der äußeren<br />
Wand entfernt. In diesem Raum sind auch<br />
drei Lichter übereinander, die mit den Senderechnern<br />
verbunden sind. Ein rotes Licht bedeutet<br />
ON AIR, ein grünes Licht leuchtet auf,<br />
wenn jemand anruft, und ein gelbes bedeutet,<br />
dass das im Computer eingespielte Programm<br />
abgespielt wird. Die Moderatorin sagt uns, dass<br />
ungefähr alle drei Minuten jemand anruft.<br />
Nachdem wir sie über die Geschichte der neuen<br />
107.7 fragen, sagt sie uns, dass das Radio<br />
<strong>vor</strong> acht Jahren ein kleines Stadtradio war.<br />
Mittlerweile ist es ein Non Stop-Sender, das<br />
heißt ein Sender, der außer den Nachrichten<br />
Daniel Kuhn Botelho<br />
ein hängender raum<br />
für die beste Akustik<br />
Ein Besuch in den Redaktionsräumen des Stuttgarter Radiosenders „Die Neue 107.7“<br />
Mareike Makosch in einem der insgesamt<br />
drei Sendestudios von „Die Neue 107.7“<br />
nichts Weiteres redet, sondern ansonsten nur<br />
Musik abspielt. Das Sendegebiet geht bis nach<br />
Göppingen. Am meisten wird in diesem Sender<br />
80er- und Rockmusik gespielt. „Die Senderechner<br />
sind 24 Stunden an“, erklärt uns die<br />
24-Jährige. „Wenn sie ausfallen, wäre es eine<br />
Katastrophe für den Sender.“ Dieser kann dann<br />
nicht mehr auf die eingespeicherte Bibliothek<br />
zugreifen, sondern muss auf die Anlagen ausweichen.<br />
„Dann machen wir es ganz altmodisch<br />
und spielen jede CD einzeln ab“, sagt Mareike<br />
uns. Aber dass es dazu nicht kommt, gibt es einen<br />
riesigen Technikraum, mit einer Menge von<br />
Servern. Dafür ist dann ein Techniker verantwortlich.<br />
Die Mitarbeiter haben alle ein eigenes<br />
Telefon und <strong>jeder</strong> kann jeden anrufen, selbst<br />
aus dem Senderaum. Das machen auch alle,<br />
denn wenn sie die anderen rufen würden, dann<br />
wäre es ziemlich laut im Studio. Es sind 4654<br />
Lieder im PC-System eingespeichert, aber davon<br />
werden nur 500 bis 700 gespielt. Insgesamt<br />
enthält die Musikbibliothek über 10.000 Lieder.<br />
Viel gewünschte Interpreten sind zum Beispiel<br />
Queen, Phil Collins und AC/DC. Die 107.7 existiert<br />
schon seit insgesamt 8 Jahren.<br />
Mareike erzählt uns auf die Frage, warum sie<br />
eine Moderatorin geworden ist und keinen anderen<br />
Beruf gewählt hat, dass sie einmal ein<br />
Praktikum beim Radio gemacht hat und dann<br />
ins Radio gekommen ist. „Ich hab schon immer<br />
viel geredet, deshalb bin ich Nachrichtensprecher<br />
geworden.“<br />
Die Arbeitszeiten sind dort in Schichten aufgeteilt,<br />
die Frühschicht beginnt bereits um 5.30<br />
Uhr. Die ersten Nachrichten kommen aber erst<br />
um 7.00 Uhr. Auf meine Frage, was der Stauflieger<br />
denn sei, antwortete sie: „Jetzt gibt es den<br />
Stauflieger leider nicht mehr. Aber damals war<br />
es ein Moderator, der mit einem Piloten in einer<br />
Cessna, einer kleinen Propellermaschine, über<br />
Staus flog und die Ergebnisse dann ins Studio<br />
funkte. Dieser stand auch in der Verbindung<br />
mit der Polizei, deshalb wusste er immer, wo es<br />
Staus gab.“<br />
Die 24-jährige Moderatorin erzählt uns, dass sie<br />
selber am meisten Rock und Heavy Metal hört.<br />
Sie sagt uns, dass das Studio völlig unterschiedliche<br />
Musikrichtungen hat. Zwischendurch sehen<br />
wir einen Moderator, der gerade die Nachrichten<br />
moderiert. Wir sehen alle uns erzählten<br />
Vorgänge, wie zum Beispiel die Lichter, die an<br />
und aus gehen. Wir erfahren außerdem noch,<br />
dass es ca. 70.000-112.000 Zuhörer tagsüber<br />
sind. Nachts sind es natürlich weniger.<br />
Als Moderator bekommt man auch noch eine<br />
Sprecherziehung, bei der man lernt, wie man<br />
beim Vorlesen gut atmet. Es sind ungefähr<br />
20 bis 30 Mitarbeiter in dem Studio. Im Marketingbereich,<br />
der einen Stock höher ist, sind es<br />
ca. 20.<br />
Wir erfahren auch, dass die Moderatoren alles<br />
immer perfekt zuschneiden, dass der Zeitplan<br />
für die Musik, die Werbung und die Nachrichten<br />
passt. Es sind mehrere Spuren, durch die<br />
alles abgespielt wird. Diese wechseln hin und<br />
her. Als wir hinausgehen, sprechen wir noch<br />
mit den anderen Moderatoren. Wir schauen uns<br />
noch einmal alles an, und dann verabschieden<br />
wir uns von Mareike Makosch und gehen.
Seite 24 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011<br />
An einem Donnerstagmittag verläuft es in der<br />
Tierklinik am Hasenberg ruhig. Das ist unter<br />
der Woche tagsüber immer so. Abends wird es<br />
regelmäßig voller. Da es dunkel ist und Erwachsene<br />
von der Arbeit zurückkommen und Tiere<br />
im Auto haben oder sie auf der Straße nicht<br />
sehen, bauen sie Unfälle, und die Tiere müssen<br />
in die Klinik.<br />
Die Klinik wird von dem Ehepaar Sinzinger und<br />
Dr. Himmelsbach betrieben. In der Klinik werden<br />
fast täglich neue Tiere, mit verschiedensten<br />
Problemen eingeliefert. Das Untersuchungspensum<br />
an Hunden und Katzen hat sich in den<br />
letzten paar Jahren nicht groß verändert.<br />
In der Klinik gibt es verschiedenste Behandlungsabteilungen:<br />
im Keller befindet sich die<br />
Krankengymnastik. Dort werden Hunde bzw.<br />
Katzen, obwohl sie schwer zu behandeln sind,<br />
nach einem Beinbruch wieder ganz fit gemacht.<br />
In einem Unterwasserlaufbad oder auf der Massagematte<br />
werden die Tiere behandelt. Frau<br />
Strodel, die Tierphysiotherapeutin, leitet die<br />
Krankengymnastik schon seit vielen Jahren.<br />
„Ich liebe meinen Beruf, weil ich es schön finde,<br />
den Tierbesitzern ein gesundes und munteres<br />
Tier mitzugeben“, sagt sie stolz. Die meisten<br />
Besitzer bleiben während der Behandlung bei<br />
ihren Tieren und helfen dadurch Frau Strodel.<br />
Der Raum für die Behandlung der Zähne<br />
ist ebenfalls im Untergeschoss, doch leider ist<br />
dieser Raum noch nicht ganz fertig eingerichtet,<br />
da die Zeit meistens fehlt. In diesem Raum<br />
werden die Zähne der Tiere untersucht oder repariert.<br />
Neben dem Zahnbehandlungsraum gibt es noch<br />
ein Zimmer, in dem sich der Computertomograph<br />
befindet. Er unterteilt den Körper in 0,5<br />
Millimeter große Schichten, die dann einzeln<br />
und gezielt untersucht werden können. Dieser<br />
Raum darf wegen der Stahlen während des<br />
Scannens nicht betreten werden. Die Tiere werden<br />
auf einer Liege in den Tomograph gescho-<br />
Antonia Mailänder<br />
„Den tierbesitzern ein gesundes<br />
und munteres tier mitgeben“<br />
Ein Besuch in einer Stuttgarter Tierklinik<br />
Im Wasserbad trainieren Tiere<br />
nach einer Operation das Laufen.<br />
ben und müssen für ein paar Minuten still liegen,<br />
damit man das Problem genau und scharf<br />
erkennen kann.<br />
Im Erdgeschoss befindet sich der Empfang, wo<br />
mindestens eine Assistentin sitzt und die Patienten<br />
empfängt. In der Eingangshalle befinden<br />
sich auch Gesprächsräume und der Raum,<br />
in dem frisch operierte Tiere gehalten und beobachtet<br />
werden. Dieser Raum ist in zwei Abteile<br />
eingeteilt; in dem einen werden die Hunde<br />
betreut, in dem anderen die Katzen. In diesen<br />
Räumen riecht es nicht sonderlich gut, weil<br />
kranke Tiere, die nicht laufen können, in die<br />
Box machen. Diese wird zwar ausgewaschen,<br />
aber der Geruch bleibt.<br />
Im ersten Stock findet man die Operationsräume,<br />
die <strong>vor</strong> oder nach einer Operation nicht<br />
betreten werden dürfen, da sie steril bleiben<br />
müssen, damit kein Dreck in die offenen Wunden<br />
geht. Es gibt insgesamt drei OP-Räume, die<br />
mit einem Röntgengerät, einem Tisch und dem<br />
Operationsbesteck eingerichtet sind. Die Röntgenräume<br />
sind ebenfalls im Operationsstockwerk.<br />
Auch hier gibt es Behandlungs- bzw.<br />
Gesprächsräume, in denen Herr Sinzinger Tiere<br />
zwei bis drei Wochen <strong>vor</strong> oder nach einer Operation<br />
untersucht. Vor der Operation macht er sich<br />
Notizen, was er operieren muss, und spricht einen<br />
Termin mit dem Besitzer ab. Er erklärt dem<br />
Besitzer, wie das Tier operiert wird und warum.<br />
Meistens wird das Tier direkt in der Klinik behalten,<br />
um es zu überwachen. Manchmal wird<br />
das Tier wieder mit nachhause genommen und<br />
am Tag <strong>vor</strong> der Operation gebracht.<br />
Nach der Operation untersucht er die Nähte<br />
von den Operationen, um zu schauen, ob alles<br />
gut verheilt ist. Bei einer Untersuchung ist immer<br />
eine Assistentin dabei, die dem Arzt beim<br />
Festhalten des Tieres hilft. Da die meisten<br />
Tiere Katzen sind und beißen, trägt die Assistentin<br />
Handschuhe. Nach einer Untersuchung<br />
bespricht der Arzt mit den Besitzern noch, ob<br />
noch eine Untersuchung erforderlich ist. Er verschreibt<br />
den Besitzern ein Medikament für das<br />
Tier und verabschiedet sich. „Man muss immer<br />
freundlich sein, sonst bekommt der Besitzer<br />
den Eindruck, dass man eigentlich gar keine<br />
Lust hat, das Tier zu untersuchen“, sagt Herr<br />
Sinzinger. Nachdem der Patient gegangen ist,<br />
wird der Untersuchungstisch sterilisiert, damit<br />
das nächste Tier untersucht werden kann.<br />
Leider müssen die Ärzte fast täglich kranke<br />
und alte Tiere einschläfern, denen nicht mehr<br />
zu helfen ist, um ihnen weiteres Leiden zu ersparen.<br />
Das fällt den Ärzten auch heute noch<br />
schwer, da sie Mitgefühl mit den Tierbesitzern<br />
haben. Eingeschläfert wird, wie das Wort es bereits<br />
sagt, mittels einer Spritze, die die Tiere<br />
einschlafen lässt und einen Herzstillstand verursacht.<br />
„Es tut den Ärzten natürlich weh ein<br />
Tier sterben zu sehen, doch man gewöhnt sich<br />
dran“, sagt Frau Sinzinger.<br />
Immer wieder gibt es Besitzer, die sich wegen<br />
sonstiger familiären und gesundheitlichen Problemen<br />
eine Krankheit ihres Tieres einreden.<br />
Die Tiere werden auf alle Fälle untersucht, aber<br />
meistens fehlt ihnen nichts. Dann bemühen<br />
sich die Ärzte den Tierbesitzern zu erklären,<br />
dass sie selbst Hilfe benötigen und schicken sie<br />
mit gutem Gewissen wieder nachhause.<br />
Die Ärzte finden ihren Beruf schön, obwohl er<br />
sehr harte Arbeit mit sich bringt. Sie freuen<br />
sich, wenn sie den Tieren das Leben erleichtern<br />
und Leiden oder Schmerzen lindern können.<br />
Besonders schön ist es, wenn sie den Tierbesitzern<br />
ein gesundes und munteres Tier nachhause<br />
geben können. Doch nach einem anstrengenden<br />
Tag freuen sich die Arzte und auch die Assistenten,<br />
nachhause zu gehen.<br />
Die Operationsräume müssen, genau wie in einem Krankenhaus für Menschen, immer steril sein.