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Anspannung vor jeder nachricht - Literaturmachen

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Z e i t u n g f ü r r e P O r t A g e n<br />

geschichten sind dort,<br />

wo man nicht mit ihnen rechnet<br />

Zum letzten Mal haben wir in diesem Jahr Schülerinnen<br />

und Schüler aus dem Klassenzimmer<br />

geschickt, mit dem Auftrag, nach Themen zu<br />

suchen, zu recherchieren, Interviews zu führen<br />

und Reportagen zu schreiben.<br />

Das Projekt „Unterricht im Dialog“ ist beendet,<br />

dieses „Bulletin“ stellt für uns den Schlusspunkt<br />

dar.<br />

Natürlich kommt so ein Ende nicht überraschend<br />

bei einem Projekt, das von Beginn an<br />

auf fünf Jahre begrenzt war. Doch angesichts<br />

der vielen Erlebnisse, die wir in dieser Zeit<br />

mit fünf Schulklassen am Eberhard-Ludwigs-<br />

Gymnasium hatten, stimmt es dann doch ein<br />

wenig traurig.<br />

Um auszudrücken, weshalb dieses Projekt für<br />

uns so außergewöhnlich war, müssen wir nicht<br />

in der Vergangenheit kramen – es reicht, die<br />

folgenden Seiten durchzublättern, zu sehen<br />

und <strong>vor</strong> allem zu lesen.<br />

Die 29 Schülerinnen und Schüler der 8a haben<br />

sich mit den unterschiedlichsten Themen auseinandergesetzt.<br />

Sie haben hinter die Fassaden<br />

Stuttgarter Geschäfte ebenso geblickt wie in<br />

das Leben von Pfarrern, Hunde- und Pferdetrainern,<br />

Computerspieleentwickler und ehemaliger<br />

Obdachloser. Viele haben sich auf neue<br />

Art mit Dingen auseinandergesetzt, mit denen<br />

sie sich ohnehin beschäftigen. Einige sind ganz<br />

n- o 05<br />

unterricht im Dialog – Literaturhaus Stuttgart und eberhard-Ludwigs-gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011<br />

Halb sechs an einem normalen Arbeitstag: Auf<br />

den Straßen Stuttgarts ist es noch ruhig, aber<br />

im Studio von „Die Neue 107.7“ ist schon Betrieb.<br />

Der „Frühstücksclub“ diskutiert über die<br />

ersten Themen des Tages. Um drei Uhr dreißig<br />

beginnt die Arbeit für den Moderator. Seine<br />

Sendung beginnt um fünf Uhr dreißig. In der<br />

Zeit bis zur Sendung stellt er die Reihenfolge<br />

der Musik, die Werbung und die Gesprächs-<br />

themen zusammen und kürzt die Lieder gegebenenfalls.<br />

Vor der Sendung und die ganze Nacht<br />

lang läuft die Musik ununterbrochen. Im Sendestudio<br />

ist es nie still, denn der Senderechner<br />

darf nie ausgemacht werden, sonst wird nicht<br />

mehr gesendet.<br />

„Wenn es trotzdem dazu kommt, haben wir immer<br />

noch einen Ersatzrechner“, sagt uns Mareike<br />

Makosch, „die Studios sind auch gegen<br />

Erdbeben geschützt.“ Sie ist eine von sechs<br />

Nachrichtensprechern. Die ersten Nachrichten<br />

werden um sieben Uhr gesendet. Ungefähr ein<br />

bis zwei Stunden <strong>vor</strong>her kommt der Nachrichtensprecher<br />

ins Studio. Er muss seinen Text selber<br />

zusammenstellen und aufschreiben.<br />

Von 9:30 Uhr bis 19:30 Uhr läuft die Rubrik<br />

Mareike Makosch hat als Praktikantin ange-<br />

fangen, inzwischen ist sie Nachrichtensprecherin<br />

Justus Höhnle<br />

<strong>Anspannung</strong> <strong>vor</strong><br />

<strong>jeder</strong> <strong>nachricht</strong><br />

Ein Tag im Studio des Stuttgarter<br />

Radiosenders „Die Neue 107.7“<br />

„Best of Rock“. Dort können auch Musikwünsche<br />

abgegeben werden. Alle drei Minuten ruft<br />

ein Zuhörer tagsüber an und wünscht sich ein<br />

Lied. Der Anrufer wird dann über Telefon zum<br />

Moderator in das Studio geleitet. Jeden Sonntag<br />

ab 20 Uhr bis 23 Uhr hört man „Charlies Rockshow“.<br />

Dort werden Hardrock und Balladen gespielt.<br />

„Die Neue 107.7“ hat auch einen eigenen<br />

Fußballreporter. Er ist bei jedem Spiel des VfB<br />

Stuttgart dabei.<br />

Aber die Verkehrs<strong>nachricht</strong>en sind für Autofahrer<br />

sehr interessant. „Wir schalten direkt zu<br />

unserem Verkehrsexperten Alexander Häring in<br />

die Straßenverkehrszentrale“, sagt Moderator<br />

Martin Pfeffer. Die Verkehrs<strong>nachricht</strong>en kommen<br />

direkt live von der Straßenverkehrszentrale<br />

Baden-Württemberg, und wenn die rote Lampe<br />

aufleuchtet, wird gesendet. „Die Neue 107.7“<br />

hat auch einen Stauflieger. Der fliegt morgens<br />

nach Göppingen und überfliegt die Autobahnen<br />

und die Landstraßen. Er ist ständig mit der Polizei<br />

verbunden.<br />

Man denkt als Zuhörer, dass der Sprecher normal<br />

spricht, doch das trügt. Als Moderator geht<br />

man in einen Sprachkurs, um bei Aufregung<br />

bewusst an Orte und zu Menschen gegangen,<br />

mit denen sie ansonsten niemals in Berührung<br />

gekommen wären. Interessant ist beides. Für<br />

uns und hoffentlich auch für Sie.<br />

Wir wollen uns an dieser Stelle bei allen Schülerinnen<br />

und Schülern bedanken, die so engagiert<br />

mitgearbeitet haben. Ebenso bedanken<br />

wollen wir uns bei der Robert Bosch Stiftung<br />

für die Unterstützung dieses Projekts und beim<br />

Stuttgarter Literaturhaus für die Organisation,<br />

namentlich bei Erwin Krottenthaler.<br />

Es hat Spaß gemacht. Und ein letztes Mal<br />

wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen der<br />

Reportagen im „Bulletin“.<br />

Katharina Dargan (Lehrerin)<br />

und Tilman Rau (Dozent)<br />

nicht zu stottern. Man sollte auch richtig atmen<br />

und auf seine Aussprache achten. „Man<br />

ist <strong>vor</strong> <strong>jeder</strong> Nachricht angespannt.“ Sind die<br />

Nachrichten gesendet, wird an den nächsten<br />

Nachrichten weiter gearbeitet.<br />

Die Musikrichtung geht in die 80er und den<br />

Rock. Angefangen hat „Die Neue 107.7“ als<br />

Stadtradio in Stuttgart. Das war <strong>vor</strong> acht Jahren,<br />

und damals wurde nur Musik gespielt. „Die<br />

Neue 107.7“ ist einer der meistgehörten Lokalsender<br />

in Baden-Württemberg und auch in der<br />

Region um Stuttgart zu empfangen. Auf der<br />

Internetseite gibt es auch ein Webradio. „Wir<br />

haben 4654 Lieder auf dem Senderechner, und<br />

es werden täglich 500-700 Lieder gespielt“, sagt<br />

Mareike Makosch. Sie ist über ein Radiopraktikum<br />

zur Nachrichtensprecherin geworden.<br />

„Die Neue 107.7“ hat einen riesigen Technik-<br />

Raum. „Der Techniker hat mir mal gesagt, dass<br />

ich das Kabel dort herausziehen soll. Da ich<br />

mich aber mit Technik nicht so gut auskenne<br />

und dort nur Kabel sind, habe ich dann noch<br />

mal nachgefragt“, erklärt Mareike Makosch. Am<br />

Ende sagt sie noch, dass man als Moderator oder<br />

Nachrichtensprecher Ruhe bewahren muss.<br />

In den Redaktionsräumen werden Nachrichten<br />

geschrieben und Sendungen <strong>vor</strong>bereitet


Seite 2 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 3<br />

Die Hochschule der Medien (HdM) ist ein modernes<br />

Gebäude und befindet sich auf dem Campus<br />

in Stuttgart-Vaihingen. Es ist sehr hell und<br />

übersichtlich. Fast alle Türen sind aus Glas, die<br />

Arbeitsräume und Hörsäle haben lange Fensterfronten<br />

und die meisten Arbeitsplätze sind mit<br />

Computern ausgestattet.<br />

Im Studiengang Medieninformatik können die<br />

Studenten eine Ausbildung zum Spieleentwickler<br />

machen. In diesem Studiengang sind Paul<br />

Lawitzki, Melina Diener und Marius Herbich gerade<br />

dabei, gemeinsam ein neues Computerspiel<br />

zu entwickeln.<br />

Paul Lawitzki hat nach seinem Realschulabschluss<br />

noch Abitur gemacht, um zuerst Informatik<br />

zu studieren und danach auch noch<br />

seinen Master zu erlangen. Im Anschluss hat<br />

er anderthalb Jahre in München als Ingenieur<br />

gearbeitet. Jetzt widmet er sich der Spiele-<br />

entwicklung, obwohl er noch nie zu<strong>vor</strong> Spiele<br />

programmiert hat. Mit 3D-Grafik ist er jedoch<br />

schon vertraut, und kleine Spiele hat er auch<br />

schon selbst erfunden. Sein Ziel ist es, selbstständig<br />

zu werden und eine eigene Firma zu<br />

gründen. „Aber bis dahin“, sagt er, „ist es noch<br />

ein langer Weg.“<br />

Melina Diener ist Studentin an der HdM und hat<br />

bereits Erfahrungen mit Film, Hörspiel und 2D-<br />

Animation. Ihr Studium dauert insgesamt drei<br />

Jahre. Marius Herbich war nicht zu sprechen.<br />

iMPreSSuM<br />

Bulletin ist der aktuelle Werkstattbericht der<br />

Werkstatt für Reportage am Eberhard-Ludwigs-<br />

Gymnasium Stuttgart. Das Gesamtprojekt<br />

„Unterricht im Dialog – Schreibwerkstätten<br />

im Deutschunterricht“ wird vom Literaturhaus<br />

Stuttgart in Kooperation mit dem Landesin-<br />

stitut für Schulentwicklung und den Seminar-<br />

einrichtungen für Lehrerinnen und Lehrer in<br />

Baden-Württemberg durchgeführt.<br />

Auflage: 500 Exemplare.<br />

Alessandro May<br />

Big time Monkey<br />

Studenten der Stuttgarter Hochschule der Medien entwickeln ein Computerspiel<br />

Einer von den Dreien ist im Oktober letzten<br />

Jahres auf die Idee gekommen, ein „Adventurespiel“<br />

zu entwickeln, in dem ein kleiner Affe<br />

aus einem Labor ausbricht und dann später die<br />

Welt rettet. Diese Idee musste jedoch erst getestet<br />

werden, durch ein Demo (eine Kurzfassung<br />

des Spiels). Das Spiel war überzeugend genug,<br />

und so machten sie sich an die Arbeit. Nach wenigen<br />

Monaten, im Januar, konnten sie bereits<br />

auf der MediaNight der HdM, die jährlich am<br />

Ende des Semesters stattfindet, ihr Projekt den<br />

Gästen <strong>vor</strong>stellen.<br />

Der Affe Gordo sitzt mit seinen zwei Brüdern<br />

Ham und Sam im Versuchslabor der verrückten<br />

Frau Doktor Dröge, die die drei für teuflische<br />

Experimente missbraucht. Gordo möchte entkommen,<br />

um es gegen das Böse aufzunehmen.<br />

„Seit ich zurückdenken kann – was aufgrund<br />

der zahlreichen Tierversuche nicht sehr lange<br />

ist – wusste ich, dass ich ein Superheld bin.“<br />

Das Spiel beginnt. Super-Gordo läuft durch die<br />

Stadt, sammelt Objekte, nimmt sie mit, fügt<br />

sie zusammen, redet mit verschiedenen Leuten<br />

und löst Rätsel. Sein Weg führt ihn von Viertel<br />

zu Viertel, gespült durch die Kanalisation der<br />

Stadt. So konnten die Gäste selbst zum Helden<br />

werden und das Schicksal der Welt bestimmen,<br />

denn nach der wilden Großstadtjagd auf der Suche<br />

nach Ham und Sam stellt sich heraus, dass<br />

es um mehr geht als nur um die Rettung der<br />

beiden. Das Schicksal der ganzen Welt liegt in<br />

den „pelzigen Pfoten“ Gordos.<br />

Das Spiel wurde auch am Gamesday der HdM,<br />

eine Art Spielemesse, <strong>vor</strong>gestellt und hat auch<br />

hier die Besucher begeistert. Die Charaktere<br />

wurden von Melina per Hand gezeichnet und<br />

später animiert. Paul erstellte hierfür die Hintergründe<br />

am Computer. Die Dialoge zwischen<br />

Gordo und den verschieden Leuten schrieb<br />

An der Hochschule der Medien in Stuttgart-<br />

Vaihingen kann man die Entwicklung<br />

von Computerspielen studieren<br />

Dozent – Tilman Rau<br />

Verantwortliche Lehrerin – Katharina Dargan<br />

redaktion dieser Ausgabe<br />

Tilman Rau und Katharina Dargan<br />

Layout – Jochen Starz – starz engineering<br />

Copyright – Die Rechte für die einzelnen<br />

Beiträge (Text und Bild) liegen bei den<br />

Autorinnen und Autoren, für die Gesamtausgabe<br />

beim Literaturhaus Stuttgart.<br />

Die Fotos wurden, wenn nicht anders benannt,<br />

von den Autorinnen und Autoren gemacht.<br />

Der Affe Gordo aus dem Spiel „Big Time<br />

Monkey“ hat sich viel <strong>vor</strong>genommen –<br />

das Schicksal der Welt hängt von ihm ab.<br />

Marius, Regisseur dieses Spiels. Aufgenommen<br />

wurden die Dialoge im Tonstudio der HdM. Das<br />

Tonstudio befindet sich im Untergeschoss der<br />

HdM und besteht aus mehreren ausgestatteten<br />

Räumen. Einer war mit zahlreichen verschiedenen<br />

Musikinstrumenten gefüllt. Zwei Räume<br />

sind akustisch miteinander verbunden, um<br />

Anweisungen geben zu können oder einfach<br />

nur die Aufnahmen mitzuverfolgen. Anweisungen<br />

zu den Aufnahmen für das Gordo-Spiel<br />

erhielten die Sprecher von Marius. Da professionelle<br />

Sprecher eine entsprechende Bezahlung<br />

verlangen, wurde auch auf „Dahergelaufene“<br />

zurückgegriffen.<br />

Das definitive Zusammenfügen der einzelnen<br />

Komponenten ist sehr zeitaufwändig. Aus<br />

diesem Grund ist das Spiel noch nicht fertig.<br />

Derweil wurde ein Externer beauftragt, die Musik<br />

zum Spiel zu komponieren. Zwischendurch<br />

muss das Spiel häufig durchgespielt werden, um<br />

Fehler zu finden und zu korrigieren und Details<br />

zu verfeinern. Den Namen gibt es bereits: „Big<br />

time Monkey“. Und auch die Website dazu. Hier<br />

wird bekanntgegeben, wann das Spiel spielbereit<br />

ist.<br />

Website zum Spiel:<br />

www.bigtimemonkey.de<br />

Kontakt – Erwin Krottenthaler<br />

Literaturhaus Stuttgart, Boschareal,<br />

Breitscheidstraße 4, D-70174 Stuttgart<br />

Tel. 0711/220 21 741, Fax 0711/220 21 748<br />

info@literaturhaus-stuttgart.de<br />

www.literaturhaus-stuttgart.de<br />

Besuchen Sie auch die Seite für junge<br />

Literatur des Literaturhauses Stuttgart<br />

www.literaturmachen.de<br />

Bulletin erscheint mit freundlicher<br />

Unterstützung der robert Bosch<br />

Stiftung gmbH Stuttgart.<br />

„Die Schönen Dinge des Lebens“ – das ist das<br />

Motto des exklusiven Kaufhauses Breuninger.<br />

Die firma e. Breuninger ist die erfolgreichste<br />

Kaufhauskette in Deutschland, mit<br />

einem Jahresumsatz von ca. 500 Millionen<br />

euro. 1881 gegründet, wird Breuninger noch<br />

heute als familienunternehmen geführt. es<br />

gibt 9 filialen und das Stammhaus in Stuttgart,<br />

das auf der größten fläche das umfangreichste<br />

Warenangebot mit 3 Millionen<br />

Artikeln hat. Allein in Stuttgart arbeiten<br />

2400 Mitarbeiter, während in der gesamten<br />

unternehmensgruppe über 4000 Menschen<br />

beschäftigt sind.<br />

Jeder, der Breuninger kennt, weiß, wie es in<br />

den Verkaufsräumen aussieht, aber wie kommt<br />

die Ware dorthin und was spielt sich hinter den<br />

Kulissen der für alle zugänglichen Räume ab?<br />

Dort arbeiten über 600 Mitarbeiter in der Verwaltung<br />

von 9-18.00 Uhr. Unter anderem gibt es<br />

den Einkauf, laut den Breuninger-Mitarbeitern<br />

„das Herzstück des Unternehmens“, in dem erst<br />

einmal alle Waren ausgesucht und bestellt werden.<br />

Breuninger bezieht seine Waren von etwa<br />

2000 Lieferanten, so Herr Ehlers, der bei Breuninger<br />

Assistent der Geschäftsleitung ist und<br />

mich durch das Stammhaus führt.<br />

Unter den Spitzenlieferanten sind Marc O’Polo,<br />

Tommy Hilfiger und Hugo Boss. Herr Holger Blecker,<br />

der Einkaufsleiter, erklärt mir: „Über 30<br />

Einkäufer kümmern sich um Saisonartikel und<br />

Kollektionen. Sie sind auf einzelne Warengruppen<br />

spezialisiert, z.B. Sportartikel, Damen- und<br />

Kinderbekleidung. Durch Scannen der Artikel<br />

an der Kasse erhält der Einkauf die Information,<br />

welche Artikel verkauft wurden.<br />

Bei Standardartikeln, das sind 20% der Artikel,<br />

wird automatisch nachbestellt, wenn ein festgelegter<br />

Mindestbestand unterschritten wird.<br />

Saisonartikel werden nur in Ausnahmefällen<br />

nachbestellt.“<br />

Die bestellte Ware kommt hauptsächlich aus<br />

China, Indien, der Türkei und Tunesien und<br />

Vincent Voerster<br />

Marktführer<br />

als Partner<br />

Das Stuttgarter Traditionskaufhaus Breuninger<br />

hinter den Kulissen<br />

Das Breuninger-Stammhaus in Stuttgart<br />

wird von dort mit dem Schiff nach Hamburg<br />

transportiert. Von dort wird sie mit dem LKW<br />

zum Zentralen Warenlager (ZWL) geliefert, wo<br />

sie erst ausgepackt und dann auf Schäden,<br />

Vollständigkeit und Qualität überprüft wird.<br />

Dann wird sie etikettiert, mit einer Warensicherung<br />

versehen und gegebenenfalls noch<br />

durch Bügeln aufbereitet und auf Kleiderbügel<br />

gehängt.<br />

Die verkaufsfertige Ware wird mit drei Anlieferungen<br />

um 6, 7 und 10 Uhr beim Stammhaus<br />

angeliefert. Dort wird sie zwischengelagert,<br />

bis entschieden ist, wann sie auf die Verkaufs-<br />

fläche kommt. Dafür sind die Abteilungsleiter<br />

verantwortlich, die sich täglich um 14.30 treffen,<br />

um zu entscheiden, welche Ware am nächsten<br />

Tag wo in welche Abteilung kommt. „Zwischen<br />

6 und 9.30 Uhr wird die ausgewählte Ware<br />

auf die Verkaufsfläche geräumt und dekoriert“,<br />

erklärt mir einer der Abteilungsleiter. „Während<br />

Die Waren müssen einen weiten Weg zurücklegen und viele Voraussetzungen erfüllen,<br />

um in den Verkaufsräumen zu landen<br />

der Verkaufszeiten zwischen 10 bis 20 Uhr wird<br />

nur in Ausnahmefällen noch Ware auf die Verkaufsfläche<br />

gebracht, weil sonst Kunden bei ihrem<br />

Einkaufserlebnis gestört werden könnten.“<br />

„Nur einzukaufen reicht aber nicht aus, man<br />

muss auch erfolgreich verkaufen können“, so<br />

Herr Ehlers. Die erste Schicht der Verkäufer beginnt<br />

ihre Arbeit bei Breuninger um 9.30 Uhr,<br />

die zweite um 11 Uhr. Im Stammhaus arbeiten<br />

insgesamt 1800 Mitarbeiter im Verkauf. „Unsere<br />

Mitarbeiter sind die Grundlage unseres Erfolgs“,<br />

so die Unternehmensphilosophie. Die Hauptverkaufstage<br />

sind Freitag und Samstag, da an diesen<br />

Tagen die meisten Menschen Freizeit haben.<br />

Sonderaktionen, wie Modenschauen, Maßtage<br />

mit Designern und regelmäßige Schminkaktionen<br />

mit Make-up-Stylisten haben einen großen<br />

Stellenwert bei Breuninger, um die Kunden<br />

an Breuninger zu binden und ein interessantes<br />

Einkaufserlebnis zu bieten.<br />

Es gibt einfach zu verkaufende Artikel, wie<br />

Unterwäsche, Socken und weiße Hemden, aber<br />

auch schwierig zu verkaufende Artikel wie<br />

Abendkleider, Handtaschen und Schuhe, insbesondere<br />

weil es sich hier um Dinge handelt, die<br />

von Damen mit einem hohen Anspruch nachgefragt<br />

werden. Wenn eine Ware nicht verkauft<br />

wird, wird sie zuerst reduziert und dann in<br />

den Outletverkauf „Red Box“ gegeben, wo sie<br />

zu einem Bruchteil des ursprünglichen Preises<br />

angeboten wird.<br />

Der Verkauf wird durch die Breuninger-Karte erheblich<br />

unterstützt. Als erstes Unternehmen in<br />

Deutschland hat Breuninger eine Kundenkarte<br />

entwickelt, die inzwischen über 1 Millionen Mal<br />

herausgegeben wurde. „Diese Karte ist etwas<br />

ganz Besonderes, denn mit der Breuninger-Karte<br />

kann man so einfach bezahlen wie mit einer<br />

Kreditkarte. Der Preis der gekauften Artikel<br />

wird am Ende eines Monats vom Bankkonto des<br />

Kunden abgebucht oder in Rechnung gestellt“,<br />

so Herr Ehlers. „Da das Bezahlen der unangenehmste<br />

Teil des Einkaufens für den Kunden<br />

ist, bietet die Karte zusätzliche Vorteile, wie<br />

Gutscheine zum Geburtstag, einmal im Jahr<br />

einen 10%-Gutschein für Platinkarten-Inhaber,<br />

die Möglichkeit, Artikel zur Auswahl mit<br />

nach Hause nehmen zu können, Einladungen<br />

zu besonderen Events zu Vorteilskonditionen,<br />

wie Ausstellungen, Wasenveranstaltung und<br />

Sportevents sowie Einkaufs<strong>vor</strong>teile bei mit Breuninger<br />

verbundenen Partnern. Diese Vielfalt<br />

an Vorteilen bietet kaum eine andere Kaufhauskette.“<br />

Mit einigen ausgewählten Partnern hat Breuninger<br />

auf Basis eines Shop-in-Shop Systems<br />

einen Vertrag geschlossen, die so eine eigene<br />

Verkaufsfläche im Kaufhaus betreiben können.<br />

Allerdings müssen die Partner in ihrem Segment<br />

Marktführer sein. Das Design der Verkaufs-<br />

flächen wird von den Partnern übernommen,<br />

die auch zum Teil die Verkäufer stellen.<br />

Wesentlich zum Erfolg von Breuninger tragen<br />

die Mitarbeiter im Verkauf bei, die sehr freundlich<br />

und hilfsbereit sind. So fühlen sich die<br />

Kunden gut beraten und kaufen mehr ein.


Seite 4 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 5<br />

Pfarrer – ein langweiliger Beruf? Von wegen.<br />

roland Spur erzählt von dem spannenden<br />

und interessanten Alltag eines evangelischen<br />

Pfarrers und davon, dass dieser Beruf gar<br />

nicht seine erste Wahl gewesen ist.<br />

Am 17.3.2011 um 18.00 Uhr öffnet Roland Spur,<br />

Pfarrer der evangelischen Waldkirchengemeinde<br />

in Stuttgart, die Tür zum Pfarramt, gleichzeitig<br />

seinem Wohnhaus, das unmittelbar neben der<br />

Kirche liegt. Herr Spur, ein grauhaariger Mann<br />

mittleren Alters, wird über seinen Beruf erzählen.<br />

Was sind die Aufgaben eines Pfarrers? Wie<br />

kam er zu diesem Beruf? Und glaubt er wirklich<br />

an Gott, an Jesus und die Bibel? Man merkt ihm<br />

an, dass er es kaum erwarten kann zu berichten.<br />

Der seriös wirkende Mann scheint sehr interessiert.<br />

In seinem Besprechungszimmer setzt<br />

er sich. Im Zimmer befinden sich einige Schränke<br />

und ein runder Tisch in der Mitte. Nun wartet<br />

Herr Spur gespannt auf die erste Frage. „Eigentlich<br />

wollte ich Arzt werden“, meint er. „Ich<br />

wollte Medizin studieren, bekam aber keinen<br />

Studienplatz.“<br />

Herr Spur hat heute nicht seine Berufskleidung<br />

an, sondern ist ganz normal gekleidet. Doch<br />

während seiner Arbeit trägt er meistens seinen<br />

schwarzen Talar. Dass er Pfarrer werden würde,<br />

wusste er früher noch nicht. Seine Eltern<br />

und Großeltern waren keine Pfarrer, also war er<br />

auch nicht der Tradition wegen auf diese Idee<br />

gekommen.<br />

„Ich wurde ganz normal erzogen, wie in anderen<br />

Familien auch“, erzählt er weiter, „und ging<br />

in die Kirche, meine Mutter brachte mir das<br />

Beten bei. Meine große Schwester ist übrigens<br />

Zahntechnikerin, mein jüngerer Bruder Arzt.“<br />

Herr Spur lächelt. Eigentlich wollte ja er Arzt<br />

werden...<br />

Doch nun ist er Pfarrer! Wieso? „Weil ich Medizin<br />

leider nicht studieren konnte, entschied<br />

ich mich dann für Philosophie und Theologie<br />

als Parkstudium. Theologie deshalb, weil mich<br />

der Religionsunterricht früher fasziniert hat.<br />

Ich wollte nun mehr darüber lernen. Das Studium<br />

war sehr interessant, also wollte ich auch in<br />

diesem Bereich arbeiten.“ Herr Spur wirkt sehr<br />

gebildet. Das muss er sein, denn um Pfarrer zu<br />

werden, muss man die Sprachen Lateinisch, Griechisch<br />

und Hebräisch lernen. Da er auf einem<br />

humanistischen Gymnasium gewesen war, wo<br />

er zwei dieser Sprachen als Unterrichtsfach hatte,<br />

musste er später nur noch Hebräisch lernen.<br />

„Wie sah Ihre Ausbildung aus?“, lautet die<br />

nächste Frage. Herr Spur erzählt, dass er erst<br />

ein paar Jahre studierte und dann das Examen<br />

schrieb, was bei der Pfarrerausbildung die „1.<br />

Theologische Dienstprüfung“ heißt. Dann kam<br />

die Vikariatsausbildung, das heißt in anderen<br />

Berufen Referendariat.<br />

Diese Ausbildung dauerte 5 Semester, also 2 1/2<br />

Jahre. Er lernte, wie man einen Religionsunterricht<br />

und einen Gottesdienst richtig gestaltet<br />

und außerdem den Beruf des Seelsorgers. Danach<br />

machte er noch einen Zusatzlehrgang als<br />

Flüchtlingsberater und Sozialbetreuer. „Dort<br />

Carolin Ziegler<br />

Abenteuer<br />

religion<br />

Aus dem Leben eines Pfarrers<br />

lernte ich mehr über den Islam als im Studium<br />

der Religionswissenschaften“, meint er. Außerdem<br />

studierte er Judaistik, Latein, Archäologie<br />

und Musikwissenschaften sowie biblische Archäologie,<br />

um das Alte Testament besser kennenzulernen.<br />

„Ich wollte das damalige Leben<br />

besser verstehen, wie die Verteilung von Arm<br />

und Reich war, die Entwicklung der Häuserbauweise,<br />

den Aufbau eines Palastes oder einer<br />

Stadt.“ Über den Alltag der Menschen verstand<br />

er die Texte des Testaments neu.<br />

Roland Spur, Pfarrer der evangelischen<br />

Waldkirchengemeinde in Stuttgart,<br />

bleibt auch dann gelassen, wenn er einen<br />

langen Arbeitstag hinter sich hat<br />

Herr Spur scheint wahrlich vielseitig interessiert<br />

zu sein und daher hat das Studium „so<br />

schön lange gedauert“. Offenbar macht es ihm<br />

Spaß Neues zu lernen und mit dem bereits Erlernten<br />

zu vernetzen. Spannend und auch<br />

überraschend fand er seine Zeit als Pfarrer im<br />

Schwarzwald, in Pfalzgrafenweiler, einer ganz<br />

frommen Gemeinde. Er war gespannt, wie man<br />

auf seine liberale, historisch-kritische Sichtweise<br />

reagieren würde. Und, wider Erwarten,<br />

war diese Gemeinde demgegenüber sehr aufgeschlossen<br />

und interessiert.<br />

Jetzt ist sein Umfeld ein ganz anderes. Die<br />

Waldkirche ist zwar auch an einem Wald gelegen,<br />

wie der Name schon sagt. Aber sie befindet<br />

sich in Stuttgart, einer etwas größeren Stadt.<br />

Die Kirche ist ein schönes, klassisches Gebäude,<br />

welches zum Eintreten einlädt. Wenn man<br />

das Innere betritt, kommt man <strong>vor</strong> dem eigentlichen<br />

Innenraum in einen kleinen Eingangsbereich.<br />

Erst dann öffnet sich der freundliche,<br />

lichtdurchflutete Innenbereich mit den hellen<br />

Holzstühlen mit roten Kissen. Nach links geht<br />

der Raum in einen weiteren Raum über, den<br />

Schillersaal, der durch Trennwände geschlossen<br />

werden kann. Das hat den Vorteil, dass man die<br />

Kirche optisch verkleinern kann, wenn weniger<br />

Menschen den Gottesdienst besuchen. Man<br />

fühlt sich dann nicht so verloren. Der seitliche<br />

Teil der Kirche wird auch für Veranstaltungen<br />

wie den Konfirmandenunterricht oder gar Kleiderbasare<br />

genutzt.<br />

An seinem Beruf mag Herr Spur die Begegnung<br />

mit anderen Menschen, ebenso wie die Tatsache,<br />

dass dies öfter Menschen mit Problemen<br />

sind als sogenannte „Siegertypen“. Wie kann<br />

man Menschen, die Probleme haben, helfen,<br />

und wodurch? Jede Geschichte ist anders, das<br />

findet Herr Spur hochinteressant. Diese Begegnungen<br />

empfindet er als eine ungeheure Bereicherung,<br />

und das macht den Beruf des Pfarrers<br />

für ihn zum „tollsten der Welt“. Die bunte Mischung<br />

an Menschen macht den Pfarrberuf für<br />

ihn aus. Auch reizt ihn die Herausforderung,<br />

Menschen zu interessieren. „Am liebsten würde<br />

ich wissenschaftlich untersuchen, was Menschen<br />

dazu bewegt, jemandem zuzuhören. Dies<br />

entscheidet sich ja in wenigen Sekunden. Es<br />

gibt Schauspieler, die ein Telefonbuch <strong>vor</strong>lesen<br />

könnten und man würde an ihren Lippen hängen.<br />

Und dann wieder andere, bei denen man<br />

sofort gelangweilt ist“, sagt Pfarrer Spur. Besonders<br />

deutlich wurde dies für ihn in seiner<br />

Zeit als Rundfunkpfarrer.<br />

Der Zufall führte ihn dazu, da eine Stelle als<br />

Landesrundfunkpfarrer ausgeschrieben war.<br />

Dies reizte ihn, und so übte er diesen Beruf sieben<br />

Jahre lang aus. Die Frage, was beim Zuhörer<br />

hängenbleibt vom Erzählten, beschäftigte ihn<br />

sehr. Was würden seine Zuhörer wiedergeben<br />

können, wenn man sie fragte. Auch die Glaubwürdigkeit<br />

des Erzählten bei Nachrichtensprechern,<br />

Politikern und Prominenten ist für ihn<br />

ein großes Thema. Wie weit kann man Menschen<br />

glauben, was sie sagen? Ein komplexes<br />

und spannendes Thema für Pfarrer Spur.<br />

Auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />

angesprochen erzählt er, dass er <strong>vor</strong> allem gerne<br />

mit den älteren Schülern arbeitet, da diese<br />

im Allgemeinen ein größeres Interesse an den<br />

Themen mitbrächten. Herr Spur verbringt aber<br />

wahrscheinlich trotzdem viel Zeit mit den Kleineren,<br />

da sein Garten sozusagen gleichzeitig<br />

der des Waldkindergartens ist, der direkt nebenan<br />

liegt.<br />

Mit dem Thema Krankheit und Tod ist Pfarrer<br />

Spur häufig konfrontiert, bei Beerdigungen sowieso,<br />

aber auch durch Gespräche mit vielen betroffenen<br />

Menschen oder Familien. Allerdings<br />

auch ganz andere Bereiche als die Seelsorge<br />

zählen zu den Aufgaben eines Pfarrers. So gehört<br />

neben der Lehre und der Predigt auch Ver-<br />

waltung und Bürokratie dazu. Aber gerade das<br />

mache den Beruf so abwechslungsreich, berichtet<br />

Herr Spur. Gott begegne ihm in unterschiedlichsten<br />

Formen, Gestalten oder Situationen,<br />

wie zum Beispiel in der Bibel, in der Kunst oder<br />

einfach im Kino. Er spüre eine Kraft, die von<br />

Gott ausgeht. Auch die Musik verbinde ihn mit<br />

Gott, schöne, auch traurige oder gar „hässliche“<br />

Musik spiele eine Rolle in seinem Glauben.<br />

„Die Geschichten in der Bibel haben immer einen<br />

wahren Kern. Gott begegnet mir in der Bibel“,<br />

sagt er überzeugt. Jeden Tag betet Herr<br />

Spur, gerne beim Essen, aber auch bei anderer<br />

Gelegenheit. Die zehn Gebote, gibt er lächelnd<br />

zu, übertrete man andauernd, wenn man ehrlich<br />

sei. Eine mehr als aufrichtige Antwort!<br />

Antonia Kammüller<br />

„Pink Pudel“<br />

und andere<br />

Kalorienbomben<br />

Das erste Cupcake-Café Stuttgarts<br />

„Orange geht gar nicht! Egal welche Form:<br />

Orangefarbener Teig, normaler Teig mit einer<br />

orangefarbenen Creme obendrauf, oder alles zusammen<br />

– es funktioniert einfach nicht!“ Vanessa<br />

Forcelli kennt sich nun seit anderthalb<br />

Jahren mit der Orangen-Abneigung der Stuttgarter<br />

aus, jedenfalls wenn es um Cupcakes<br />

geht.<br />

Was sind denn Cupcakes? Nun ja, Cupcakes sind<br />

kleine, amerikanische Kuchen, die ursprünglich<br />

sehr süß sind und sehr viele Kalorien haben. Es<br />

gibt sie in tausenden Geschmacksrichtungen.<br />

In der kleinen Cupcake-Boutique in Stuttgart<br />

ist alles zu finden. Da gibt es Klassiker wie<br />

„New York Cheesecake“, über Kalorienbomben<br />

unter dem entsprechenden Namen „Red Velvet“<br />

(dieser Zweikilo-Kuchen sieht in der Tat aus<br />

wie roter Samt), bis hin zu völlig verrückten<br />

Kreationen, wie Cupcakes mit kleinen grünen<br />

Monstern, die den Kuchenfreund feindselig angrinsen,<br />

als ob sie ihm sagen wollen: „Wir sind<br />

zwar völlig ungesund, aber wir kriegen dich<br />

trotzdem!“<br />

Die Inhaberin Vanessa Forcelli, geborene Cannstätterin<br />

und gelernte Rechtsanwaltsfachan-<br />

gestelle, entdeckte ihre Liebe zu Cupcakes eher<br />

zufällig. Und zwar bei einem Kindergeburts-<br />

tag für ihre Tochter Maya. Für ein Dutzend<br />

Kinder backte sie unzählige kleine Cupcakes.<br />

Ein Riesenerfolg: Sämtliche Eltern waren entzückt<br />

über das Gebackene. Immer wieder wurde<br />

ihr geraten, sie solle das Backen der Cupcakes<br />

unbedingt professionell angehen. „Das war sozusagen<br />

der Ursprung meiner Cupcakes“, sagt<br />

Vanessa Forcelli eineinhalb Jahre später.<br />

Auf die Frage hin, wie er die Zukunft der Kirche<br />

sieht, meint er, dass er keine Zweifel hege, dass<br />

die Kirche bestehen bleibe. Allerdings sei sie natürlich<br />

vielfältigsten Änderungen unterworfen.<br />

Hat man das Gefühl, dass Pfarrer Spur von seinem<br />

Beruf sehr gestresst ist? Nein, im Gegenteil.<br />

Obwohl er den ganzen Tag zu tun hat, ist er<br />

freundlich und entspannt. Jemand, der Stress<br />

und Negativität ausstrahlt, wäre als Pfarrer<br />

aber auch irgendwie fehl am Platz, oder?<br />

Nach dem langen, angenehmen Gespräch hat<br />

man das Gefühl, einen Ausflug in viele Bereiche<br />

des Lebens gemacht zu haben. Das ist ja wohl<br />

auch Religion. Sich Gedanken um die Mitmenschen<br />

und das Miteinander zu machen, über das<br />

Leben und den Tod.<br />

Forcelli ist Anfang dreißig, hat lange hellbraune<br />

Haare, trägt hohe Schuhe und strahlt pure<br />

Energie aus. Fast schon amerikanische Energie.<br />

Von einem Cake Designer in San Francisco hat<br />

sie dann den ein oder anderen Tipp erhalten.<br />

„Das Wichtigste ist, den Kunden immer etwas<br />

Neues zu bieten, immer auf neue Ideen zu kommen<br />

und <strong>vor</strong> allem nach Trends zu arbeiten“,<br />

erklärt Forcelli.<br />

„Sweet & Chic“ – süß und schick –<br />

steht auf dem Firmenschild.<br />

Ein Blick in Stuttgarts erstes Cupcake-Café.<br />

© Tilman Rau<br />

Deshalb sieht es im Laden keineswegs so aus<br />

wie in normalen Bäckereien. Von der einheitlichen<br />

Langeweile amerikanischer Coffee-Shop-<br />

Ketten ist sie genauso weit entfernt wie von der<br />

Spitzendecken-Gemütlichkeit klassischen deutschen<br />

Konditoreien. Denn ihr Geschäft strahlt<br />

in sanften Pink- und Brombeertönen. Und auch<br />

das Publikum ist anders: Vom Hippie bis zum<br />

strengen Geschäftsmann ist hier alles an den<br />

sieben kleinen Tischen zu finden. Die sehr netten<br />

Verkäufer haben für jeden Einzelnen ein<br />

Lächeln auf dem Gesicht. Das ist so gewollt:<br />

„Ich trainiere meine Verkäufer auf Wiedererkennung.<br />

Sie sollen sich merken, welcher Kuchen<br />

welchem Kunden besonders gut schmeckt.<br />

Jeder Kunde soll wissen, dass er hier <strong>jeder</strong>zeit<br />

willkommen ist.“<br />

Doch genauso wichtig wie der Service ist natürlich<br />

auch das Produkt selbst. In der kleinen<br />

Küche der Boutique geht es klinisch sauber zu<br />

wie im Krankenhaus. Konzentriert und mit voller<br />

Aufmerksamkeit werden von den Konditoren<br />

Schoko Chips geraspelt, sowie hingebungsvoll<br />

Religion hat mit Werten zu tun und mit Tradition,<br />

mit Wissen um Geschichte und verschiedene<br />

Kulturen, also komplexen Zusammenhängen.<br />

Man könnte noch vieles erfragen und über vieles<br />

nachdenken. Doch Herr Spur hat einen langen<br />

Tag hinter sich und hat mittlerweile über zwei<br />

Stunden erzählt. Er hat bewiesen, dass der Pfarrerberuf<br />

nicht nur aus Gottesdiensten besteht,<br />

sondern sehr vielseitig und spannend ist. Die<br />

Gemeinde und <strong>jeder</strong> einzelne darin ist wichtig.<br />

Das macht den Beruf des Pfarrers so abwechslungsreich,<br />

das macht ihn so anstrengend und<br />

das macht ihn so schön. Und so verabschiedet<br />

Roland Spur sich in seinen Feierabend. Man behält<br />

den Eindruck zurück, dass er den richtigen<br />

Beruf für sich gefunden hat.<br />

pinkfarbene Buttercreme geschlagen. Die Besucherin<br />

in ihrer Backstube fragen sie mit gespielter<br />

Besorgnis: „Bist du ein Spitzel?“<br />

Diese Annahme ist gar nicht so abwegig, denn<br />

der Cupcakeladen hat mächtig Erfolg. Über Geschäftszahlen<br />

will Vanessa Forcelli zwar nicht<br />

reden, aber immerhin betreibt sie inzwischen<br />

sogar schon zwei Cupcake Boutiquen: in Weinstadt-Beutelsbach<br />

die Herstellung und in Stuttgart<br />

den Verkauf. „Am besten verkauft sich<br />

‚Pink Pudel’“, sagt Vanessa Forcelli. Dahinter<br />

verbirgt sich ein fluffiges rosa Etwas, das in der<br />

Tat aussieht wie ein gefärbter Schoßhund.<br />

„Im Übrigen merke ich aber, dass die Deutschen<br />

nicht so experimentierfreudig sind wie<br />

die Amerikaner. Wer sich einmal auf eine Sorte<br />

festgelegt hat, bleibt meistens dabei.“ Noch ein<br />

weiterer Unterschied zwischen deutschen und<br />

amerikanischen Kunden sei, dass die Amerikaner<br />

es sehr viel süßer mögen als die Stuttgarter.<br />

„Daher habe ich den Zuckergehalt in meinen<br />

Cupcakes reduziert, bis der durchschnittliche<br />

Kunde zufrieden war. Immerhin stelle ich fest,<br />

dass die Stuttgarter meine Cupcakes mögen.<br />

Und inzwischen experimentieren sie Gott sei<br />

Dank auch ein wenig.“ Und mit einem Lächeln<br />

fügt sie hinzu: „Und das mit den Orangen bring<br />

ich ihnen auch noch bei.“<br />

Übrigens: Falls Sie, lieber Leser, das jetzt alles<br />

zu pink, zu niedlich und zu amerikanisch<br />

finden, dann gehen sie einfach hin. Vielleicht<br />

sind Sie von der wunderbaren Welt der Cupcakes<br />

dann auch bezaubert…<br />

Darf’s ein Törtchen mehr sein?<br />

Der Fantasie sind bei der Gestaltung<br />

von Cupcakes keine Grenzen gesetzt.<br />

© Tilman Rau


Seite 6 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 7<br />

„Nein, das läuft ganz anders“, sagt Markus<br />

Trendl von der Börse Stuttgart, der für Aufklärung<br />

und Zusammenarbeit mit Schulen zuständig<br />

ist. „Man muss schon eine Ausbildung haben<br />

und verstehen, wie eine Börse funktioniert, damit<br />

man dort arbeiten kann. Die Vorstellung von<br />

fuchtelnden Maklern, die hektisch kreuz und<br />

quer durch den Handelssaal rufen, hin und her<br />

rennen, um in der richtigen Zeit am richtigen<br />

Ort zu sein, von einem Telefongespräch ins andere<br />

hetzen, kaufen und verkaufen, das gab es<br />

früher und natürlich im Film.“<br />

Und er erklärt weiter: „Börsen gibt es schon, seit<br />

Menschen sich auf verschiedenen Handelsplätzen<br />

treffen und Waren kaufen, verkaufen oder<br />

tauschen. Sie sprechen miteinander und handeln.<br />

Dadurch werden sie zu Käufern oder Verkäufern.<br />

Der Preis richtet sich, egal um was es<br />

sich handelt und mit was bezahlt wird, nach dem<br />

Verhältnis von Angebot und Nachfrage“, erklärt<br />

Markus Trendl. „Es wurden Waren verkauft, die<br />

real am Ort <strong>vor</strong>handen waren, vergleichbar mit<br />

heute wären dies Marktplätze.“<br />

Die Börsen funktionieren heute anders: Die Waren,<br />

die an den Börsen gehandelt werden, heißen<br />

Wertpapiere. Wertpapiere sind, obwohl sie nicht<br />

real am Ort <strong>vor</strong>handen sind, Sachwerte. Sachwerte<br />

sind Dinge, die man meistens anfassen<br />

kann, wie z.B. Obst und Gemüse oder Autos und<br />

Gegenstände. Kauft man Wertpapiere, so erwirbt<br />

man Anteile an einem bestimmten Unternehmen<br />

und ist an dessen Gewinnen und Verlusten beteiligt.<br />

„Die Börse“, sagt Markus Trendl, „ist ein<br />

ganz normales Unternehmen wie alle anderen<br />

Unternehmen auch. Man kauft und verkauft.“<br />

Dazu muss man bestimmte Vorkehrungen bei<br />

der Bank treffen. Man eröffnet zwei Konten, das<br />

Depotkonto und das Verrechnungskonto. Kauft<br />

man eine Aktie, wird diese dem Depotkonto gutgeschrieben<br />

und der Kaufbetrag auf dem Verrechnungskonto<br />

abgezogen.<br />

Umgekehrt ist dies beim Verkauf. Auch die<br />

Börse versucht Profit zu machen. Für jede verkaufte<br />

Aktie wird eine Gebühr abgezweigt, die<br />

der Börse zu Gute kommt.<br />

Anton Keller<br />

Zocken an der Börse –<br />

film, Spiel oder Wirklichkeit?<br />

in dem amerikanischen Spielfilm „Wall Street“ geht es um einen Mann, der unbedingt an der<br />

Börse arbeiten will, dies auch erreicht und durch illegale Machenschaften und Spekulationen<br />

zu viel Macht und geld gelangt. ein von Spannung geladener film, der dem Zuschauer einen<br />

vagen einblick in die Welt der vermeintlichen Börse zeigt. Kann man überhaupt durch die<br />

Börse an so viel geld gelangen? Was ist Börse überhaupt und welche Ausbildung ist notwendig,<br />

um dort zu arbeiten: ist es der investmentbanker oder der Broker oder darf man sich auch ohne<br />

Börsenlizenz auf diesem Parkett bewegen? Was zeigt uns die realität?<br />

Deutschlands zweitgrößter Handelsplatz:<br />

die Stuttgarter Börse<br />

© Tilman Rau<br />

Der zweitgrößte Handelsplatz in Deutschland ist<br />

die Börse Stuttgart. In der Börsenstrasse 4 ist<br />

die Börse von außen gesehen ein ganz normales<br />

Büro- und Geschäftsgebäude. Im Inneren aber<br />

sieht man, wenn man hinein kommt, erstmal<br />

einen großen Empfangsraum. Wenn man dann<br />

mit dem Aufzug ein paar Stockwerke hochfährt,<br />

gelangt man in den Handelssaal, der mit Galerien<br />

aus 3 Geschossen umsäumt ist und in den<br />

von oben über große Verglasungen Sonnenlicht<br />

einfällt.<br />

Auf der Galerie der Stuttgarter Börse sieht man<br />

eine große Leinwand, auf der die Kursschwankungen<br />

angezeigt werden, die an dem Tag geschehen<br />

sind. Im Handelssaal befinden sich lange<br />

Reihen von Tischen mit unzähligen Rechnern.<br />

Jeder Händler, mit Telefon in der Hand, sitzt <strong>vor</strong><br />

etwa sechs Bildschirmen und beobachtet die<br />

Kursänderungen.<br />

Die Börse ist von 9:00-17:30 Uhr geöffnet. Das<br />

sind auch die Öffnungszeiten der XETRA, dem<br />

Computerhandelssystem, über das die deutschen<br />

Börsen heute größtenteils laufen. Die Makler<br />

schauen gespannt auf ihre Bildschirme und achten<br />

darauf, wie die Kurse sich verändern. Computer<br />

gesteuerte Börsen können viel mehr Geschäfte<br />

viel schneller abwickeln. Und das nicht<br />

nur in Stuttgart oder Frankfurt, heute geht<br />

der aller größte Teil des Börsenhandels auf der<br />

ganzen Welt über Computer.<br />

Die Realität zeigt, dass ein Film oftmals eine<br />

falsche Vorstellung nährt. Der Börsianer arbeitet<br />

wie alle Angestellten, ähnlich dem Bankmitarbeiter<br />

oder Angestellte andere Branchen. „Es<br />

ist schon ein ganz normaler Beruf“, sagt Markus<br />

Trendl, „ es ist vielleicht ein bisschen hektischer,<br />

man steht den ganzen Tag unter <strong>Anspannung</strong><br />

und man ‚dealt’ mit viel Geld, das einem aber<br />

nicht gehört, und dieses einfach so verzocken,<br />

darf man natürlich nicht.“<br />

In der Vergangenheit hat die Börse durch diverse<br />

Börsencrashs Geschichte geschrieben. Der<br />

schlimmste und bekannteste war der „schwarze<br />

Freitag“, eigentlich ein Donnerstag im Jahre<br />

1929, der den Beginn der Weltwirtschaftskrise<br />

einläutete. Wie es zu der jüngsten Finanzkrise<br />

kam, in die Banken auf der ganzen Welt verwickelt<br />

waren, kann keiner so genau sagen.<br />

„Ursachen waren sicherlich zum Teil die viel zu<br />

hohen Managerhonorare und Grundstückspekulationen,<br />

die die einen ganz reich gemacht hat<br />

und die meisten in den Bankrott getrieben haben“,<br />

so Markus Trendl.<br />

Börse ist also doch nicht ganz wie im Film. Börse<br />

ist ein komplexes und schwieriges Thema, das<br />

einen aber in Bann ziehen kann. Es birgt Risiken<br />

und Gefahren, mit denen man lernen muss umzugehen,<br />

wenn man sich entscheidet, in welcher<br />

Weise auch immer, dort tätig zu sein. Am Anfang<br />

steht der Film, der sich doch wesentlich vom tatsächlichen<br />

Geschehen unterscheidet.<br />

Es ist früher Morgen auf dem Leonhardtsplatz<br />

der Stuttgarter Innenstadt. In der Leonhardtskirche<br />

herrscht bereits seit acht Uhr in der<br />

Frühe eine rege Betriebsamkeit. Ein Team von<br />

Helfern ist bereits auf den Beinen und trifft<br />

Vorbereitungen für den anstehenden Tag. Denn<br />

es ist noch allerhand zu tun, be<strong>vor</strong> die Türen<br />

der Kirche schließlich geöffnet werden.<br />

Unzählige Vesperbeutel müssen gepackt, Getränkekisten<br />

untergebracht werden, etliche<br />

Tische und Stühle werden in dem großen Kirchensaal<br />

aufgestellt, der unter anderem als<br />

Speisehalle dient. Auch in der Küche herrscht<br />

hektisches Treiben und ein intensiver Suppengeruch<br />

kündigt bereits von der Zubereitung<br />

des Mittagessens. Man beginnt schon sehr früh<br />

mit allen notwendigen Vorkehrungen, und das<br />

ist auch kein Wunder, denn erfahrungsgemäß<br />

rechnet man hier mit bis zu 1000 Besuchern pro<br />

Tag. „Und da kann man trotz Vorbereitung auch<br />

mal ins Schwitzen kommen“, wie der Küchenchef<br />

Dieter Grabowski meint.<br />

Die Vesperkirche ist eine Einrichtung des Diakoniepfarramtes<br />

Stuttgart und existiert bereits<br />

seit 16 Jahren. Jedes Jahr öffnet die Vesperkirche<br />

für 7 Wochen zwischen Januar und März<br />

ihre Türen für diejenigen, die am Rande des<br />

Existenzminimums leben. Doch bietet die Vesperkirche<br />

nicht einfach nur eine warme Suppe<br />

am Tag und ein paar warme Decken. Tagtäglich<br />

kümmert sich ein engagiertes Team von ehrenamtlichen<br />

Mitarbeitern um die Belange der<br />

Bedürftigen (darunter Köche; ein Ärzteteam;<br />

Friseure; Sozialarbeiter und sogar Tierärzte, die<br />

sich um die Tiere der Verarmten sorgen). Auch<br />

für ein kulturelles Angebot ist gesorgt. So finden<br />

in regelmäßigen Abständen Konzerte und<br />

Theateraufführungen statt, um den Menschen<br />

in ihrer verzweifelten Situation einige Lichtblicke<br />

zu bereiten und Trost zu spenden.<br />

Da zunehmend auch jüngere Familien mit Kindern<br />

von der Armut bzw. vom sozialen Abstieg<br />

betroffen sind, ist auch eine Spielecke für die<br />

Kinder eingerichtet worden. „Die Tatsache, dass<br />

Vesperkirchen immer noch so dringend benötigt<br />

werden, ist ein Skandal und ein Armutszeugnis“,<br />

so Diakoniepfarrerin Karin Ott zu<br />

dem auch in diesem Jahr wieder stattfindenden<br />

Projekt. Und tatsächlich – in den letzten beiden<br />

Jahren ist die Zahl der von Armut Betroffenen<br />

in Stuttgart wieder angestiegen, und obwohl<br />

Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen<br />

Bundesländern relativ gut abschneidet, so ist<br />

Armut noch immer allgegenwärtig und überall<br />

anzutreffen.<br />

Beispielsweise wächst jedes 8. Kind Baden-<br />

Württembergs in ärmlichen Verhältnissen auf,<br />

<strong>jeder</strong> 10. Bewohner des Bundeslandes lebt unterhalb<br />

der Armutsschwelle, und eine Besserung<br />

ist nicht in Sicht.<br />

Doch gibt es in Stuttgart viele soziale Hilfsnetzwerke<br />

wie beispielsweise der Wohlfahrtsverband<br />

„Caritas“, die Straßenzeitung „Trott!War“<br />

und viele weitere, die sich dennoch darum bemühen,<br />

dieser Not Einhalt zu gebieten. Besonders<br />

vonseiten der Kirche wird, <strong>vor</strong> allem durch<br />

Aktionen, aktiv gegen Armut und soziale Ausgrenzung<br />

<strong>vor</strong>gegangen. Allein in Baden-Württemberg<br />

gibt es bereits 23 Vesperkirchen, unter<br />

anderem in Ludwigsburg, Ulm und Kirchheim/<br />

Teck.<br />

Mittlerweile ist es zwölf Uhr am Mittag, <strong>vor</strong> der<br />

Kirche haben sich bereits Dutzende Obdachlose<br />

und Bedürftige unterschiedlichster Altersgruppen<br />

eingefunden. Etliche Mitarbeiter halten<br />

sich <strong>vor</strong> der Einrichtung auf, bereit Fragen zu<br />

beantworten und wenn nötig zu helfen. Im Kircheninneren<br />

fällt sofort der große Massenan-<br />

drang <strong>vor</strong> der Essensausgabe auf. Hier wird ab<br />

11:30 Uhr warmes Essen und Tee ausgegeben.<br />

Auch für den Hunger danach ist gesorgt, so<br />

werden immer Nachmittags kostenlose Vesperbeutel<br />

verteilt. Heute gibt es neben Suppe<br />

auch Spätzle mit Weißwurst, dazu Kaffee oder<br />

Tee – je nach Geschmack. Doch für einen solchen<br />

Aufwand bedarf es auch tatkräftiger Unterstützung.<br />

Tag für Tag arbeiten an die 500<br />

Ehrenamtliche, Sozialarbeiter und Diakone an<br />

der Durchführung des Projektes. So auch Herr<br />

Kries, ein Experte, der schon seit einigen Jahren<br />

aktiv bei der Vesperkirche mitwirkt. „Wir in<br />

der Vesperkirche legen großen Wert auf das soziale<br />

Miteinander von Helfern und Geholfenen.<br />

Aufeinander eingehen und gegenseitiges Verständnis<br />

ist besonders wichtig“, so Herr Kries<br />

zu besonderen Grundsätzen der Vesperkirchen<br />

Aktion.<br />

Wer will, kann hier auch Zeitung lesen oder Musik<br />

hören. An vielen Tischen sieht man kleine<br />

Grüppchen, die Skat spielen oder einfach nur<br />

miteinander reden. Passend dazu auch das Aktionsmotto<br />

„Nicht einfach nur essen sondern<br />

leben!“. Die Leute sollen sich wohlfühlen, hier<br />

kann <strong>jeder</strong> so sein wie er ist. Für viele eine<br />

ganz neue Erfahrung, denn im Alltag stoßen<br />

arme Menschen oft auf Unverständnis. Sie werden<br />

sozial ausgegrenzt oder zumeist gar nicht<br />

beachtet, was es umso wichtiger macht, das<br />

David Rambow<br />

„Mehr als nur<br />

ein teller warmer Suppe“<br />

„Aufeinander eingehen<br />

und gegenseitiges Verständnis<br />

ist besonders wichtig“<br />

Die Vesperkirche Stuttgart<br />

Problem zur Sprache zu bringen und darauf<br />

aufmerksam zu machen. Dies sei ein wichtiger<br />

Aspekt der Vesperkirche und trägt auch<br />

zur Problemlösung bei, so der Fachmann. Denn<br />

aufgrund der Unmengen an Nachrichten, mit<br />

denen wir heutzutage täglich konfrontiert werden,<br />

ist es schwer den Überblick zu behalten,<br />

und so geriet auch das eigentlich sehr wichtige<br />

Thema „Armut“ allmählich ins Hintertreffen.<br />

Ein weiterer Problemfaktor sei auch, dass sich<br />

viele von Armut Betroffene wegen Minderwertigkeitsgefühlen<br />

selbst isolieren. Herr Kries<br />

weiß von Fällen, in denen sich betroffene Familien<br />

<strong>vor</strong> lauter Scham über Wochen hinweg<br />

in ihren Zimmern verbarrikadiert haben sollen.<br />

Der Hauptauslöser ist zumeist die erfahrene Ablehnung<br />

durch die Gesellschaft. „Dabei vergessen<br />

viele Leute, dass Armut jeden treffen kann<br />

und das auch ohne Eigenverschulden“, meint<br />

Herr Kries. Armut lässt sich leider nicht vermeiden,<br />

es wird sie immer geben, aber in welchem<br />

Maße, bleibt größtenteils der Politik und<br />

der Gesellschaft überlassen.<br />

Auf die Frage hin, wie man das Problem Armut<br />

zumindest teilweise lösen könnte, antwortet<br />

der Experte: „Die beste Möglichkeit der Armut<br />

etwas entgegenzusetzen, wäre <strong>vor</strong>zubeugen. Es<br />

nicht erst zum Extremfall kommen lassen. Gerade<br />

beim Beispiel der Vesperkirche kann man sehen,<br />

dass Hilfe erst nach dem Extremfall meist<br />

zu spät kommt. Hierher kommen Menschen, die<br />

körperlich wie seelisch bereits so angeschlagen<br />

sind, dass ihre Aussichten, ein gesellschaftlich<br />

anerkanntes bzw. normales Leben wieder aufzunehmen,<br />

praktisch chancenlos sind.“<br />

Es ist später Nachmittag, gegen 16:00 Uhr neigt<br />

sich der Tag in der Vesperkirche Stuttgart dem<br />

Ende zu. Einige Wenige sind bereits gegangen,<br />

doch die restlichen Anwesenden finden<br />

sich nach und nach in der Kirchenhalle ein.<br />

Denn hier wird der Tag wie immer mit einem<br />

Konzert und einer Andacht abgeschlossen. Vereinzelt<br />

kann man noch herumtobende Kinder<br />

ausmachen, während deren Eltern aufmerksam<br />

zuhören. Fünfzehn Minuten später dann strömen<br />

die Menschen scharenweise aus der Kirche.<br />

Die Konzertband und ein Großteil der Helfer packen<br />

auch schon ihre Sachen. Eine Gruppe von<br />

Mitarbeitern bleibt zurück, um aufzuräumen<br />

und für Ordnung zu sorgen. Die Leonhardtskirche<br />

schließt ihre Tore und ein ereignisreicher<br />

Tag geht zu Ende. Doch auf jeden Tag folgt ein<br />

neuer, und die Vesperkirche wird auch morgen<br />

wieder in Aktion treten. Ein weiterer Tag im<br />

Dienste der Bedürftigen.


Seite 8 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 9<br />

Kalt und ungemütlich ist es auf dem grauen<br />

Marienplatz. Zur linken Seite ist eine Baustelle,<br />

auf der demnächst ein neues Café<br />

entstehen soll. Zur rechten sind die eingangsschächte<br />

zur u-Bahnstation. Langsam<br />

versammeln sich die gäste um einen Mitarbeiter<br />

der Straßenzeitung trottwar.<br />

Der Stadtführer, er stellt sich als Heinz Lüttgens<br />

<strong>vor</strong>, ist ein freundlich aussehender, 51<br />

Jahre alter Mann, der sehr lebhaft und fesselnd<br />

erzählt. Auch er lebte einmal auf der Straße,<br />

kämpfte sich, nachdem er seine Beteiligung<br />

einer Firma an seine Frau verloren hatte, von<br />

Stadt zu Stadt, bis er eine Anstellung bei Trottwar<br />

fand, und kann so, wie alle Mitarbeiter, aus<br />

eigener Erfahrung sprechen.<br />

Er fängt an, über den Marienplatz zu erzählen.<br />

Früher war dieser eine Grünanlage mit Rasen,<br />

Büschen, Bäumen, Parkbänken und einem<br />

Kiosk, jetzt ist er nur noch ein riesiger, mit<br />

grauen Steinplatten belegter Platz. Er wurde<br />

umgebaut, wegen der vielen Obdachlosen. Laut<br />

Lüttgens war es der Streife wohl zu anstrengend,<br />

aus dem Auto zu steigen und hinter die<br />

Büsche zu schauen. Auch die U-Bahn-Station<br />

wurde mit Gittern versehen, damit sich dort<br />

nachts niemand mehr aufhalten kann.<br />

Über die Hauptstätter Straße gelangt man zur<br />

nächsten Station. Erstaunt erfährt man, was<br />

sich hinter der unscheinbaren Fassade befindet,<br />

an der tagtäglich hunderte Passanten <strong>vor</strong>beigehen.<br />

Das Winternotquartier ist genau das, was<br />

der Name schon sagt. Hier dürfen sich Obdachlose<br />

eine Nacht lang aufhalten, um dem Erfrieren<br />

zu entkommen. Eine Nacht, dann müssen<br />

Grau in Grau: Kaum <strong>vor</strong>stellbar, dass es auf<br />

dem Marienplatz einmal Rasen und Büsche gab<br />

Elinor Kath<br />

Zwischen Schule<br />

und Beruf<br />

Ein Besuch bei einem Zivildienstleistenden<br />

Lange war Kriegsdienstverweigerung die lästige<br />

Haltung einer Randgruppe. In der Bundesrepublik<br />

Deutschland steht schon im<br />

Nico Beck<br />

Die Kehrseite<br />

der Medaille<br />

Die Straßenzeitung „Trottwar“ bietet<br />

eine alternative Stadtführung durch weniger<br />

schöne „Sehenswürdigkeiten“ Stuttgarts an.<br />

sie wieder gehen. Es gibt weder Frühstück noch<br />

finanzielle Hilfe. Die Einrichtung ist zweckmäßig<br />

und spartanisch. Die Tapete ist feuerfest,<br />

die Möbel sind aus Metall. Bett, Tisch, Stuhl;<br />

das muss reichen. Zusätzliche Einrichtungsgegenstände<br />

gingen nur kaputt.<br />

Nun gelangt die Führung bei der Redaktion von<br />

Trottwar an. Sie liegt in einem kleinen Reihenhaus<br />

in einer Nebengasse und nimmt zwei<br />

Stockwerke ein. Im unteren befindet sich ein<br />

gemütlicher Aufenthaltsraum neben einer kleinen<br />

Küche. Der Raum wird fast gänzlich von<br />

einem großen, runden Tisch eingenommen. Auf<br />

ihm liegen Prospekte und Broschüren der Straßenzeitung.<br />

Drum herum hängen Pinnwände.<br />

In diesen Raum erzählt Heinz Lüttgens alles<br />

über die Zeitung Trottwar und beantwortet Fragen.<br />

Die 1994 gegründete Straßenzeitung soll Obdachlosen<br />

helfen, eine feste und sichere Arbeit<br />

zu bekommen. Je nach Anzahl der verkauften<br />

Zeitungen steigt man langsam auf, bekommt einen<br />

höheren Lohn und andere Vergünstigungen.<br />

In der ersten Stufe, als freier Verkäufer, werden<br />

die Zeitungen zum halben Preis von Trottwar<br />

gekauft. Der Verkäufer bekommt so die Hälfte<br />

des Gewinnes. In der höchsten Stufe, als fester<br />

Verkäufer, muss man die Zeitungen nicht mehr<br />

Trottwar abkaufen. Man erhält einen festen<br />

Monatslohn, wenn man eine bestimmte Anzahl<br />

verkauft. Außerdem wird eine Wohnung von<br />

der Zeitung finanziert. Auch für ein würdiges<br />

Begräbnis sorgt Trottwar. Laut Gesetz stehen<br />

den Armen nur Massengräber zu. All dies kostet<br />

natürlich und lässt sich niemals nur durch den<br />

Verkauf bezahlen. Trottwar ist auf die Spendebereitschaft<br />

reicherer Bürger angewiesen.<br />

Grundgesetz, kein Mann dürfe zum Dienst an<br />

der Waffe gezwungen werden. Heute steht im<br />

Artikel 12a des Grundgesetzes: „(1) Männer<br />

können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr<br />

an zum Dienst in den Streitkräften (…) verpflichtet<br />

werden. (2) Wer aus Gewissensgründen den<br />

Dienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem<br />

Ersatzdienst verpflichtet werden. (…)“<br />

Zivildienststellen gibt es viele, alle mit verschiedenen<br />

Aufgabenbereichen. Als Altenpfleger,<br />

Hausmeister, Kindergärtner oder im<br />

Krankenhaus. Die Liste ist lang. Auch manche<br />

Privatpersonen mit Behinderung beschäftigen<br />

Zivis, anders könnten sie ihren Alltag nicht<br />

„Als wir die Idee der Stadtführung hatten, haben<br />

wir erst einmal nach solchen Orten gesucht<br />

und waren überrascht, wie viele es davon gibt<br />

und wie dicht sie beieinander liegen.“ (Helmut<br />

Schmidt, Geschäftsführer von Trottwar)<br />

Tatsächlich ist die schiere Anzahl der sozialen<br />

Einrichtungen, die in einem in wenigen Stunden<br />

begehbaren Gebiet liegen, überwältigend.<br />

Man fängt an, sich zu fragen, warum so etwas<br />

in Deutschland, einem der reichsten Länder der<br />

Welt, nötig ist.<br />

Außer den bereits erwähnten Stationen lernt<br />

man auch noch acht weitere Orte kennen. So<br />

zum Beispiel auch die Franziskaner Stube, hier<br />

gibt es kostenlos Frühstück, oder die Pauls-<br />

kirche in der Nähe des Charlottenplatzes. In<br />

ihrem beheizten Saal können sich Obdachlose<br />

tagsüber aufhalten und ein billiges Mittagessen<br />

erhalten.<br />

Die Stadtführung endet auf dem Marienplatz.<br />

Das Gesehene und Gehörte versetzt einen in<br />

wahrhaft düstere Stimmung, die durch den<br />

Ort noch gesteigert wird. Grau, langweilig und<br />

monoton reiht sich Stein an Stein. Grau, genau<br />

wie die dunkle Wolkendecke, die von der untergehenden<br />

Sonne nur ein düsteres Dämmerlicht<br />

übrig lässt. Hier scheint es kein Leben zu geben,<br />

keine Hoffnung.<br />

Doch die geschäftigen Leute gehen darüber<br />

hinweg, als wollten sie die Trostlosigkeit und<br />

Kargheit unter ihren Füßen nicht sehen. Denn<br />

einfach wegzuschauen, so zu tun, als würde<br />

man es nicht bemerken, ist der bequemste Weg,<br />

sich <strong>vor</strong> sich selber zu rechtfertigen. Bedrohlich<br />

ballen sich die Wolken zusammen. Die ersten<br />

Regentropfen fallen auf den Marienplatz.<br />

Heinz Lüttgens zeigt seinen Zuhörern<br />

eine andere, dunklere Seite von Stuttgart<br />

bewältigen. Außerdem muss nur ein Teil des<br />

Soldes bezahlt werden, den größten Teil zahlt<br />

der Staat. Ohne Zivis könnten viele Einrichtungen<br />

nicht bestehen, <strong>vor</strong> allem Diakonie oder<br />

Caritas.<br />

Patrick Hoffmann ist Zivildienstleistender im<br />

Evangelischen Jugendwerk Kirchheim/Teck,<br />

kurz „ejKi“. Für ihn war die Frage, ob Zivildienst<br />

oder Bund, immer klar. Er hatte nichts<br />

gegen den Dienst an der Waffe, aber gegen<br />

den Umgang in der Bundeswehr: „Du kommst<br />

zu spät, mach mal 20 Liegestützen. Und dann<br />

mach gleich noch mal 10, ich mag dein Gesicht<br />

nicht. Das muss nicht sein.“<br />

Im ejKi ist das alles ganz anders. „Ich bin hier<br />

aufgewachsen, alles ist vertraut. Und ich dachte,<br />

ich kenne das Jugendwerk. Aber wie gesagt,<br />

ich dachte.“ Der Zwanzigjährige kann seine<br />

Tätigkeit am besten mit „Hausmann“ erklären,<br />

mit vielfältigen Aufgaben: Einkaufen, Post verteilen,<br />

Mails beantworten, aufräumen und sortieren,<br />

Kurierdienste, bei größeren Aktionen<br />

mitarbeiten. „Ich bin ein Mädchen für alles“,<br />

werde ich aufgeklärt.<br />

Das ejKi organisiert Zeltlager, Konficamps und<br />

Freizeiten allgemein, Jugendgottesdienste und<br />

sonstige Veranstaltungen oder Aktionen. Die<br />

Zelte, Feldbetten, die Technik, kurz: alle Materialien<br />

sind fein säuberlich in den Lagern hier<br />

einsortiert. Diese auf Fehlstellen zu überprüfen,<br />

zu pflegen oder den Verleih zu überwachen<br />

oder zu koordinieren, ist eine seiner umfangreichen<br />

Aufgaben.<br />

In der Verwaltung gibt es auch viel zu tun. Hier<br />

wird geplant, besprochen. Oft kommt aber auch<br />

einfach jemand <strong>vor</strong>bei und bleibt auf einen Kaffee.<br />

„Und den Kaffee mache ich dann zum Beispiel“,<br />

schmunzelt Patrick.<br />

Patrick Hoffmann ist mit seiner<br />

Zivi-Stelle zufrieden und sieht sich als<br />

„Hausmeister“ und „Mädchen für alles“<br />

Die frage, ob man mit dem essen spielt, hat<br />

Molekularkoch Bastian Pfeifer für sich selbst<br />

längst beantwortet. Der ehemalige Sternekoch<br />

gibt Kochkurse, in denen er mit Hilfe<br />

von Stickstoff und anderen chemischen<br />

Substanzen die form von Lebensmitteln von<br />

grund auf verändert.<br />

Als Bastian Pfeifer <strong>vor</strong> vier Jahren an einem<br />

Kochseminar in Frankfurt teilnahm, fand er<br />

sein Hobby und seinen Job: die Molekularküche.<br />

Molekularküche oder auch Molekular-<br />

gastronomie ist das Umstrukturieren von Lebensmitteln.<br />

So gibt es zum Beispiel ein Gericht<br />

namens Melonenkaviar, das mit Hilfe des<br />

chemischen Stoffes Kalzid hergestellt wird. Diese<br />

Speise sieht aus wie Kaviar, schmeckt aber<br />

fruchtig wie eine Melone.<br />

Der Melonenkaviar ist sehr beliebt bei den Gästen,<br />

genau wie die Fruchtpüree-Sorbets, welche<br />

gerne <strong>vor</strong> den Gästen zubereitet werden. Sie<br />

werden in flüssigen Stickstoff gehalten. Sehr<br />

zur Belustigung der Zuschauer entsteht dabei<br />

Dampf. Durch den Stickstoff gefrieren die Sorbets<br />

sofort. Manchmal können dabei sogar Teile<br />

der Zunge etwas gefrieren.<br />

Die Erfindung der Molekularküche geht auf<br />

Ferran Adrià zurück, einen Spanier, welchem<br />

beim Anblick eines Fruchtschaumes eine ungewöhnliche<br />

Idee kam. Er übertrug die Technik<br />

des Schaummachens einfach auf andere<br />

Lebensmittel und erfand neue Kreationen, wie<br />

zu Olivenöl geformte Bonbons oder Salzstreuer,<br />

die einen besonders aromatischen Kunstnebel<br />

verströmen. Erstaunlich ist, dass man zum Kochen<br />

von molekularen Speisen keine Küche mit<br />

Zivildienst ist eine sowohl sinnvolle als auch<br />

lohnenswerte Idee. Warum soll sie dann ausgesetzt<br />

werden? Eigentlich wird der Wehrdienst<br />

ausgesetzt. Der Zivildienst ist aber nur als Ersatzdienst<br />

<strong>vor</strong>gesehen. Daher: Kein Wehrdienst,<br />

kein Zivildienst.<br />

Viele, oft ehrenamtliche Einrichtungen sehen<br />

sich <strong>vor</strong> einem Problem: Woher in Zukunft Arbeitskräfte<br />

bekommen? Die Zivildienstleistenden<br />

werden ja zum größten Teil vom Staat be-<br />

Philipp Rasspe<br />

Mit essen spielt<br />

man nicht?<br />

Bei Molekularkoch Bastian Pfeifer<br />

gleicht die Küche einem Labor<br />

besonderen Geräten braucht. So finden Pfeifers<br />

Kochkurse in einer ganz normalen Großküche<br />

statt. Töpfe und Pfannen reihen sich aneinander,<br />

zahlreiche Schneebesen, Kochlöffel und<br />

Schöpfkellen hängen an der Wand. Es riecht<br />

nach frischen Kräutern und gebratenem Fisch.<br />

„Die Gerichte, die ich zubereite, sind ja nicht<br />

vollständig molekular“, so Bastian Pfeifer. „Lediglich<br />

das, was dem Gericht den letzten Schliff<br />

gibt, stammt aus der molekularen Trickkiste.“<br />

Denn die Molekularküche unterscheidet sich<br />

lediglich in wenigen Zutaten vom normalen<br />

Kochen. So stehen in einem kleinen Regal<br />

chemische Substanzen wie Stickstoff, Kalzid,<br />

Algin, Patazeta oder Agar.<br />

Viele Menschen glauben, dass der Einsatz dieser<br />

biochemischen Mittel gefährlich ist. Diese<br />

Zweifel sind jedoch unbegründet. Molekularküche<br />

ist weder giftig noch gefährlicher als die<br />

herkömmliche Küche. „Mein Lieblingsgericht?“,<br />

lacht Bastian Pfeifer. „Das werde ich oft gefragt.“<br />

Dann erzählt er von einem brausearti-<br />

gen Pulver von Stecknadelkopfgröße, das auf<br />

der Zunge knistert.<br />

zahlt, und daher geschickt. Als Ersatz soll es<br />

nun den Bundesfreiwilligendienst (BFD) geben<br />

oder FSJ. FSJ-Stellen werden allerdings nicht<br />

vom Staat bezahlt, BFD-Stellen zum Teil. Durch<br />

die Doppeljahrgänge im Abi wird der Andrang<br />

für FSJ die nächsten Jahre jedoch wohl kaum<br />

allzu groß sein. „Aber es lohnt sich“, meint<br />

mein Gesprächspartner. „Es lohnt sich wirklich.<br />

Man lernt viele interessante Menschen und<br />

Tätigkeiten kennen.“<br />

Für den eigenen Gebraucht zu Hause eignet<br />

sich die Molekularküche jedoch nicht, da das<br />

Herstellen lange Zeit braucht und sehr aufwendig<br />

ist. „Mir gefallen auch die traditionellen<br />

Gerichte, die ich für mich zu Hause koche. Da<br />

koche ich wie <strong>jeder</strong> andere auch.“ Das hat seinen<br />

Grund, denn der Aufwand beim Molekularkochen<br />

ist in etwa doppelt so groß. Wenn man<br />

für ein normales Restaurant vier Köche benö-<br />

tigt, so braucht man für ein molekulargastronomisches<br />

Restaurant gleicher Größe mindestens<br />

acht Köche.<br />

Ein gutes Beispiel für diese aufwendige Art zu<br />

kochen ist die Idee, ein Schnitzel in flüssiger<br />

Form anzubieten. Bastian Pfeifer erklärt, dass<br />

man das Schnitzel langsam in Kalbsbrühe aufkochen<br />

muss. Die Brühe soll den Geschmack des<br />

Schnitzels annehmen. Und damit nicht genug:<br />

Der Molekularkoch geht noch einen Schritt<br />

weiter. Er möchte das Schnitzel wieder in seine<br />

ursprüngliche Form bringen. Dazu muss er die<br />

Brühe mit Hilfe von Agar zu einem Gelee binden,<br />

und dieses dann wieder in Schnitzelform<br />

bringen. So hätte man ein Gericht, das wie ein<br />

Schnitzel aussieht, wie ein Schnitzel schmeckt,<br />

aber gar kein Schnitzel mehr ist. „Viele Leute<br />

halten diese Idee für verrückt, aber mir macht<br />

es Spaß, aus herkömmlichen Produkten neue<br />

Dinge zu schaffen, die voller Überraschungen<br />

stecken“, lässt Bastian Pfeiffer wissen.<br />

Bastian Pfeifer findet: „Molekularküche ist<br />

mehr Kunst als Kochen.“ Damit liegt er ganz<br />

nahe bei Adriàs Einstellung. Auch der Begründer<br />

des molekularen Kochens sah sein Restaurant<br />

sowohl als Bühne als auch als Form der Kommunikation<br />

– und eben nicht als Geschäft.


Seite 10 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 11<br />

Häufig sieht man im Schlossgarten und in<br />

der Stuttgarter region berittene Polizisten.<br />

in der heutigen Zeit, mit den vielen technischen<br />

Möglichkeiten, den flotten Motorrädern<br />

und den schnellen einsatzfahrzeugen,<br />

taucht die frage auf, ob es nur ein festhalten<br />

an alten ritterzeiten ist oder ob die Pferde<br />

immer noch sinnvoll eingesetzt werden können.<br />

Die Suche nach der Antwort führt nach<br />

Ostfildern. Dort befinden sich die Stuttgarter<br />

Polizei-Stallungen mit einem Dienstgebäude<br />

und einer reitbahn.<br />

Es ist Mittag, die Sonne strahlt. Schon auf<br />

dem Vorderhof kommt einem der Geruch von<br />

Heu und Pferden entgegen. Polizeihauptkommissar<br />

Herr Köder, selbst Polizeireiter bei der<br />

Stuttgarter Polizei, führt Zenit, das älteste Polizeipferd<br />

Baden-Württembergs, gerade in den<br />

Stall. Zenit, ein schwarzer Wallach, ist 1985 im<br />

Landgestüt Marbach geboren und geht immer<br />

noch als Begleiter der jungen Pferde auf Einsätze.<br />

Dies ist insofern außergewöhnlich, weil ein<br />

Polizeipferd normalerweise Anfang 20 in den<br />

Ruhestand geht. Es gibt außer den 26 Wallachen<br />

unterschiedlichen Alters ein kleines Shetland-<br />

pony namens Mini. Herr Köder berichtet mit<br />

einem Lächeln auf dem Mund, dass sie Mini<br />

einmal von einem Nachbarn geschenkt bekommen<br />

haben, nachdem sein Sohn es nicht haben<br />

wollte.<br />

Als wir zu einer Halle kommen, wo gerade Pferde<br />

gegen ihre Angst kämpfen und diese mit Übung<br />

durch Böller, Fahnen und laute Geräusche niederdrücken,<br />

sagt er: „Pferde sind von Natur aus<br />

Rio Horvat<br />

Das Schoko-<br />

paradies<br />

Die süße Insel des Stuttgarter Westens<br />

Der bei Jung und Alt bekannte Laden steht am<br />

Hölderlinplatz, an einem Ort, wo sich viele exquisite<br />

Läden befinden, dem Knotenpunkt des<br />

Stuttgarter Westens. Inmitten des Zentrums,<br />

wo Schulkinder in die Schule laufen, Geschäftsleute<br />

sich kurz noch beim Bäcker ein belegtes<br />

Brötchen kaufen und die Hausfrauen zur<br />

U-Bahn laufen, um die Einkäufe zu erledigen.<br />

Jedem, der seit fünfzig Jahren an diesem<br />

Zentrum <strong>vor</strong>beiläuft, fällt der stets bunt geschmückte<br />

Laden auf. Das Schokoparadies, das<br />

von Frau Schweigert, der Frau Schneider beim<br />

Verkaufen behilflich ist, geführt wird, ist ein<br />

Familienbetrieb und hat so ziemlich alles, was<br />

in so einem verhältnismäßig kleinen Laden<br />

an Schokolade hineinpasst. „Ich wollte schon<br />

immer bei meiner Arbeit unter die Leute kommen<br />

und nicht den ganzen Tag in einem Büro<br />

Antonia Pervanidis<br />

Pferde,<br />

einmal anders!<br />

Fluchttiere. Hier trainieren wir sie, ihre Angst<br />

<strong>vor</strong> schnellen Bewegungen zu bändigen.“ Er<br />

lacht und fügt hinzu: „Außerdem lernen hier<br />

Mensch und Tier zusammen zu halten.“<br />

In der Reiterstaffel hat <strong>jeder</strong> Reiter ein Stammpferd,<br />

damit es aber dazu kommen kann, muss<br />

eine Ausbildung von 4 Jahren bestanden werden.<br />

Bis ein Pferd dazu bereit ist, als Polizeipferd,<br />

wie wir es häufig bei Demos sehen, anzutreten,<br />

ist zunächst eine 2-jährige Ausbildung<br />

zum Reiterpferd <strong>vor</strong>ausgesetzt. Diese ist erst ab<br />

dem dritten Lebensjahr möglich. Weitere fünf<br />

Jahre sind aber nötig, damit ein Pferd zu dem<br />

wird, was wir sehen.<br />

„Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist<br />

sehr wichtig für die gemeinsame Zukunft“,<br />

meinte ein junger Polizist, der Fachwissen<br />

zeigt.<br />

Nachdem die Pferde vom Training wieder in ihre<br />

Ställe gebracht werden, wird es Zeit für einen<br />

Gesundheitscheck. Eine junge Tierärztin kommt<br />

mit einem großen schwarzem Arztkoffer. In der<br />

linken Hand hält sie eine Liste mit den Pferden,<br />

die geimpft werden sollen. Außerdem wird bei<br />

ihnen nach Krankheiten gesucht. Zum Glück<br />

wird bei keinem der Pferde etwas Krankhaftes<br />

sitzen. Dann eröffneten meine Eltern einen<br />

Süßwarenladen, so war es klar, dass ich jenen<br />

übernehmen würde.“ Ihre Arbeit macht ihr nun<br />

großen Spaß, sie kann den Kunden meist guten<br />

Rat geben und die Herzen verschiedenster<br />

Altersklassen erfreuen. Jeder, der eine kleine<br />

Stärkung für zwischendurch braucht, noch ein<br />

liebevolles Ostergeschenk kaufen muss oder<br />

einfach ein Genießer von Süßem ist, kauft im<br />

Schokoparadies ein.<br />

festgestellt, nur die Impfung muss durchgezogen<br />

werden. Die Tierärztin macht mit der einen<br />

Hand eine Hautfalte am Hals der Pferde und<br />

sticht dann mit der Impfnadel ein.<br />

Für die Stallpflege, d.h. Aufgaben wie Ausmisten<br />

und allgemeine Sauberkeit des Stalles, ist<br />

ein Stallmeister zuständig. Um die Pflege des<br />

Pferdes, d.h. Striegeln, Wässern, Füttern, kümmern<br />

sich die Reiter selbst. Nicht jeden Tag<br />

kommt ein Pferd mit auf einen Einsatz. Für die<br />

Pferde, die in den Ställen bleiben, gibt es einen<br />

Laufkreis. Damit sie genug Bewegung haben,<br />

müssen sie eine halbe Stunde in einer Richtung<br />

im Kreis laufen, nach einer halben Stunde ändert<br />

sich die Laufrichtung.<br />

Bei großen Demos, wie Stuttgart 21, aber<br />

auch bei Fußballspielen werden die Pferde gebraucht,<br />

um aggressive Fans zurückzuhalten.<br />

Auf die Frage, wieso Pferde so häufig eingesetzt<br />

werden, antwortet Herr Köder schmunzelnd:<br />

„Pferde sind widerstandsfähig, und Menschen<br />

haben <strong>vor</strong> den Tieren Respekt. Durch ihre elegante<br />

und flinke Art kommen wir schneller an<br />

ein Ende der Streitigkeiten.“ Es ist ein Beweis<br />

dafür, dass auch in unserem hoch technisierten<br />

Zeitalter die Lebewesen nicht zu kurz kommen.<br />

Es ist eine wunderschöne Erfahrung, in Plieningen<br />

mitzuerleben, wie der Alltag eines Pferdes<br />

aussieht, das nicht für den Reitsport bestimmt<br />

ist, sondern beruflich eingesetzt wird. Bei Führungen<br />

hat man – nach Anmeldung – die Chance,<br />

durch den Stall geführt zu werden, beim<br />

Pferdetraining zuzuschauen und mit etwas<br />

Glück mitzukriegen, was alles noch zu einem<br />

gesunden Pferd dazugehört.<br />

Süßwaren, davon gibt es in dem Betrieb, der<br />

von Frau Schweigerts Eltern gegründet wurde,<br />

reichlich. Vor fünfzig Jahren zog der Laden<br />

um und sie musste sich einen Namen für den<br />

Laden überlegen, da sie den alten Namen am<br />

Standesamt nicht beibehalten konnten, und<br />

so ist das Schokoparadies entstanden. Und obwohl<br />

der Laden Schokoparadies heißt, wird dort<br />

nicht nur Schokolade verkauft, sondern auch<br />

Gummibärchen, Kaffee, sogar Liköre sind dort<br />

Je nach Saison werden Ostereier oder Weihnachtsmänner besonders häufig verkauft<br />

<strong>vor</strong>handen. Das Apfelsymbol, das auf dem Eingangsschild<br />

des Süßwarenladens zu sehen ist,<br />

soll das Zeichen für das Paradies Adams und<br />

Evas darstellen.<br />

Doch dieses Paradies muss aussuchen, welche<br />

Dinge es im Regal stehen haben möchte. Dazu<br />

besucht Frau Schweigert jedes Jahr im Januar<br />

eine Schokoladenmesse, um zu schauen, welche<br />

neuen Süßwaren auf den Markt gekommen sind<br />

und zu welchen Preisen sie verkauft werden. Ab<br />

und zu kommen auch Vertreter der Süßwarenhersteller<br />

ins Schokoparadies und preisen ihre<br />

neuen Produkte an. Aber nicht alle Waren im<br />

Schokoparadies werden von anderen Firmen<br />

abgekauft.<br />

Das Schokoparadies hat seine eigene Herstellung<br />

in Stuttgart-Münster, wo ebenfalls nur<br />

die Familie arbeitet. Dort werden Mandelsplitter,<br />

Pralinen und andere Dinge hergestellt, wie<br />

große Ostereier oder Weihnachtsmänner, je<br />

nachdem, welche Saison gerade ist. „Vor den<br />

Festtagen ist hier besonders viel los. Dann läuft<br />

Theresa König<br />

Hochzeitsstress?<br />

nein, danke!<br />

Zu Besuch bei einer Hochzeitsplanerin<br />

Viele Paare haben zwar eine ungefähre Vorstellung<br />

vom schönsten Tag ihres Lebens, wissen<br />

aber nicht genau, wie sie das Fest ausrichten<br />

sollen. Deshalb geht der Trend zum Hochzeits-<br />

planer. Was in Amerika schon länger üblich ist,<br />

greift langsam auch bei uns um sich. Immer<br />

mehr Paare entscheiden sich für einen Hochzeitsplaner<br />

und gegen unnötigen Stress bei der<br />

Suche nach den Blumen, dem richtigen Restaurant<br />

oder einer Band.<br />

Einen Hochzeitsplaner zu engagieren bedeutet,<br />

jemanden um Rat fragen zu können, der<br />

mit der Planung von Hochzeiten Erfahrung hat.<br />

Er weiß, worum man sich kümmern muss und<br />

kennt die richtigen Leute. Kaum ein Paar weiß,<br />

an welchen Fotografen man sich zu wenden<br />

hat. Einem Hochzeitsplaner braucht man nur<br />

zu sagen, wie man sich die Fotos <strong>vor</strong>stellt, und<br />

er macht den Rest. Doch auch erfahrene Hoch-<br />

zeitsplaner wie Alexandra Poleschal lernen immer<br />

dazu. Was bei der letzten Hochzeit nicht<br />

glatt lief, wird verbessert, jetzt weiß sie ja, was<br />

zu tun ist.<br />

Alexandra Poleschal erzählt, dass sie mit der<br />

Zeit an immer mehr Details dachte und immer<br />

mehr Leute aus der Hochzeitsbranche kennen<br />

lernte, die sie ihren Paaren empfehlen kann.<br />

Hochzeitsplaner ist ein Beruf, für den man keine<br />

spezielle Ausbildung benötigt. Man kann<br />

sofort einsteigen. Alexandra Poleschal ist studierte<br />

Grafikdesignerin und arbeitete lange<br />

das Geschäft, da wir außergewöhnlichere Dinge<br />

haben als jene, die es überall in den Super-<br />

märkten zu kaufen gibt.“<br />

Das Schokoparadies ist fast schon ein fester<br />

Teil des Hölderlinplatzes, man läuft fast schon<br />

instinktiv dorthin, doch nach fünfzig Jahren<br />

teilte ihnen der Vermieter des Raumes mit, dass<br />

sie nicht mehr hier verkaufen könnten und ausziehen<br />

müssten. Da man aber sehr an diesem<br />

gut gelegenen Platz hängt, zieht man Anfang<br />

Mai in die Johannesstraße 86, direkt gegenüber<br />

der U-Bahn Endhaltestelle Hölderlinplatz.<br />

„Die Räumlichkeiten sind ein gutes Stück kleiner,<br />

aber es blieb uns ja keine andere Wahl, ansonsten<br />

hätten wir vom Hölderlinplatz wegziehen<br />

müssen, und das wäre natürlich schade für<br />

alle gewesen.<br />

Das Schokoparadies zieht also an einen gegenüberliegenden<br />

Platz, der nicht ganz so in der<br />

Mitte des Geschehens ist wie der andere, an den<br />

die meisten Menschen trotzdem aber nur einen<br />

kleinen Abstecher machen müssen, da es ja nur<br />

in der Werbebranche. „Ich habe einen Blick<br />

für schöne Dinge, kenne mich mit Blumen aus<br />

und kann gut organisieren“, sagt sie von sich.<br />

Fähigkeiten, die man auch als Hochzeitsplaner<br />

braucht. Deshalb entschloss sie sich nach<br />

einer Babypause, umzusatteln und Hochzeiten<br />

zu planen. Wie sie selbst sagt, täuschte sie sich<br />

in der Annahme, in ihrem Beruf viel schmücken<br />

zu können und viel mit Blumen zu tun zu<br />

haben.Der größte Teil ihrer Arbeit besteht aus<br />

Organisation. Sie plant keine einzelnen Dinge,<br />

sie bietet einen Full-Service, darunter: Einladungen,<br />

Dankeskarten, das Fest selber, den<br />

Hochzeitstisch, die Flitterwochen.<br />

Zu den vielen Entscheidungen,<br />

die ein Hochzeitspaar treffen muss,<br />

gehört die Auswahl der Kleidung<br />

Doch ihre Arbeit besteht nicht nur darin, das<br />

Fest zu organisieren. Während der Feier ist sie<br />

meistens auch anwesend, in dieser Zeit ist sie<br />

so etwas wie das Mädchen für alles. „Wenn jemand<br />

den Wein nicht will, etwas in der Kirche<br />

hat liegen lassen oder Windeln vergessen wurden,<br />

kümmere ich mich darum. Solche Kleinigkeiten<br />

können ein Paar ganz schön stressen,<br />

während sie eigentlich den schönsten Tag ihres<br />

Lebens genießen sollten. Dafür bin ich da“, so<br />

Poleschal. Doch auch schon kurz <strong>vor</strong> dem Fest<br />

gibt es eine Menge zu tun. Der Hochzeitsplaner<br />

andere Räumlichkeiten sind und nicht ein ganz<br />

anderer Laden. „Ich hoffe, dass das Schoko-<br />

paradies weiterhin so gut besucht sein wird<br />

wie die letzten fünfzig Jahre, auch wenn wir<br />

jetzt etwas abgelegener sind von den anderen<br />

Läden“, so Frau Schweigert: „Aber ich denke,<br />

die Kundschaft bleibt uns treu.“<br />

Das Schokoparadies wird immer ein besonderes<br />

Geschäft bleiben, ein Laden, der jedes Mal von<br />

neuem einem wahren Paradies gleicht.<br />

Zum Angebot gehören nicht nur Schokolade<br />

und Pralinen, sondern auch Gummibärchen<br />

oder die berühmten „Wibele”.<br />

kümmert sich darum, dass das Personal vollzählig<br />

ist, die Blumen richtig dekoriert werden,<br />

die Tischkarten richtig stehen, damit eben alles<br />

so ist, wie das Paar es sich <strong>vor</strong>gestellt hat.<br />

Zu ihrem Service gehört auch das Gästemanagement,<br />

das bedeutet, dass sie die Zu- und Absagen<br />

entgegen nimmt. Deshalb steht auf den<br />

Einladungskarten nicht die Nummer des Paares,<br />

sondern die des Hochzeitsplaners. „Dabei muss<br />

man sehr gewissenhaft arbeiten“, sagt sie.<br />

Hochzeitsplaner werden eher bei größeren<br />

Hochzeiten gebucht, da man ein kleines Fest<br />

auch selber recht gut <strong>vor</strong>bereiten kann und das<br />

alles auch nicht so preisgünstig ist, so dass es<br />

sich nur bei größeren Festen lohnt. Alexandra<br />

Poleschal ist eine der wenigen in ihrem Beruf,<br />

die nach Stunden abrechnen. Die meisten allerdings<br />

berechnen einen bestimmten Prozentsatz<br />

des Budgets. Das Paar beantwortet Frau Poleschal<br />

zu Anfang eine Menge Fragen bezüglich<br />

sich selbst, dem Geschmack und seinen Vorstellungen<br />

der Hochzeit gegenüber.<br />

Das Erstgespräch findet meist beim Paar statt,<br />

damit Frau Poleschal sich ein Bild vom Stil der<br />

beiden machen kann. Wenn dies geschehen ist,<br />

schreibt sie eine Art Kosten<strong>vor</strong>anschlag, nach<br />

welchem das Paar sich immer noch gegen einen<br />

Hochzeitsplaner entscheiden kann.<br />

Wenn das Paar sich für sie entscheidet, fängt<br />

ihre Arbeit an. Es gibt Paare, die sich an der<br />

Planung beteiligen wollen und sich alles gemeinsam<br />

mit dem Hochzeitsplaner ansehen.<br />

Andere überlassen fast alles dem Profi. „Jede<br />

Hochzeit ist anders“, erzählt sie. „Es gibt keine<br />

Hochzeit von der Stange, jede ist maßgeschneidert,<br />

alles wird individuell geplant.“ Immer<br />

wieder schlägt sie den Paaren neue Dinge <strong>vor</strong>,<br />

die sie selbst neu entdeckt hat oder die ihr beispielsweise<br />

ein Konditor gezeigt hat. Am Ende<br />

hofft sie darauf, dass ihre Arbeit Früchte trägt,<br />

dass nichts schief geht und das Paar seinen Tag<br />

genießen kann.


Seite 12 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 13<br />

Die Volksbanken haben sich zu einem großen<br />

Verbund zusammengeschlossen und haben viele<br />

Filialen in Stuttgart, in ganz Deutschland und<br />

ebenso auch in vielen anderen Ländern. Hier in<br />

Baden-Württemberg ist die Volksbank Stuttgart<br />

mit einigen Filialen vertreten. Die Bank öffnet<br />

um 9.00 Uhr, die Angestellten müssen 30 Minuten<br />

<strong>vor</strong> der Öffnungszeit anfangen zu arbeiten.<br />

In dieser Zeit bereiten sie ihren Arbeitsplatz<br />

<strong>vor</strong>. Ein Mitarbeiter darf nicht länger als<br />

10 Stunden arbeiten, eine Pause ist gesetzlich<br />

<strong>vor</strong>geschrieben und hängt von der täglichen<br />

Arbeitszeit ab. In der Kantine im Untergeschoss<br />

können die Mitarbeiter eine warme Mahlzeit zu<br />

sich nehmen.<br />

In der Bank werden hauptsächlich Telefonate<br />

geführt und am Computer gearbeitet. Das Unternehmen<br />

teilt sich in 2 Bereiche auf, den Betrieb<br />

und den Vertrieb. Unter Betrieb versteht<br />

man die internen Abteilungen, wie Direktbanking,<br />

hier geht es hauptsächlich um Onlinebanking.<br />

Im Zahlungsverkehr werden z.B. Überweisungen<br />

und Schecks bearbeitet, aber auch<br />

EC-Karten bestellt oder auch gesperrt. Die Abteilungen<br />

Marketing und Marktunterstützung<br />

(da werden Verträge kontrolliert) sind ebenfalls<br />

von großer Bedeutung. Die Personalabteilung<br />

stellt die Mitarbeiter und Auszubildenden ein.<br />

Zum Vertrieb gehören alle Mitarbeiter, die direkten<br />

Kundenkontakt haben. Dies sind die<br />

Mitarbeiter am Schalter, an der Kasse und in der<br />

Beratung. Die Berater haben sich auf verschiedene<br />

Themen spezialisiert. Es gibt Berater für<br />

Baufinanzierungen, wenn man ein Haus kaufen<br />

will. Oder Berater für Selbstständige. Zum<br />

Vertrieb gehören auch die Bausparkasse und die<br />

Versicherung. Man nennt sie Verbundpartner.<br />

Sie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle und<br />

unterstützen die Bankangestellten bei detaillierten<br />

Fragen.<br />

Es gibt eine Volksbank in der Börsenstraße, das<br />

war früher auch die Hauptstelle. Man kann sie<br />

an ihrem großen Gebäude erkennen. Wenn man<br />

<strong>vor</strong> dem Eingang steht, ist man von seiner riesigen<br />

Größe überwältigt. Das Gebäude besteht<br />

aus insgesamt acht Stockwerken, und in jedem<br />

Stockwerk befindet sich eine oder mehrere Abteilung.<br />

Beim Eintreten spürt man die Wärme<br />

des Raumes. Direkt nach der Eingangstür befindet<br />

sich ein sogenannter Vorraum, welcher wie<br />

ein U geformt ist, und man kann weiter hinten<br />

auf der linken Seite auch einen Geldautomaten<br />

erblicken. In der Bank ist es so still, dass man<br />

Israel Ereme<br />

„es braucht ein paar Wochen,<br />

um die Bankgeschäfte<br />

zu verstehen“<br />

Die Stuttgarter Volksbank arbeitet nicht nur mit Geld, sondern macht auch Soziales<br />

manchmal sogar die Lichter flackern hören<br />

kann. Diese Stille ist sehr beruhigend.<br />

Nach dem Vorraum folgt ein anderer Raum, der<br />

durch eine Glastür abgetrennt ist. Auf der rechten<br />

Seite sieht man ein Treppenhaus, welches<br />

ebenfalls von einer Glaswand abgetrennt wird,<br />

und auf der linken Seite kann man viele Aufzüge<br />

sehen. Schaut man geradeaus, ist es möglich,<br />

einen Teil des Bankinneren weiter hinten zu sehen.<br />

Links innen erkennt man einen Fernseher,<br />

einen Ständer mit Flyern und einen kleinen<br />

Raum. Dieser wird vom gesamten Raum abgegrenzt.<br />

Der Raum kann durch ein sehr großes<br />

Fenster eingesehen werden, und im Moment befinden<br />

sich einige Menschen darin.<br />

Im Bankinneren sind weiter hinten hölzerne<br />

Bänke, die wie kleine Treppen aussehen. Auf<br />

der Wand ist ein Muster zu sehen. Betritt man<br />

das Bankinnere, kann man erkennen, dass<br />

das Ganze einem kleinen Amphitheater ähnelt.<br />

Auf der rechten Seite befinden sich die<br />

verschiedenen Arbeitsplätze der Mitarbeiter.<br />

Sie arbeiten hinter einer Kasse. Alles ist sehr<br />

strukturiert angeordnet. Die Gänge sind durch<br />

schließfachähnliche Raumteiler abgegrenzt.<br />

An der Kasse werde ich fröhlich von der Frau<br />

empfangen, mit der ich diesen Termin vereinbart<br />

hatte. Sie führt mich zu ihrem Arbeitstisch,<br />

wo wir uns längere Zeit unterhalten.<br />

Die Frau berichtet nicht nur, sondern zeigt<br />

mir auch ein paar Räume, wie zum Beispiel<br />

das Beratungszimmer, in dem über Versicherungen<br />

gesprochen wird. Ich<br />

erfahre, wie nett die Mitarbeiter<br />

zueinander sind, wenn sie<br />

sich unterhalten.<br />

Auf meine Frage, wie man<br />

Bankangestellter wird und wie<br />

es in der Bank funktioniert,<br />

erklärt eine Praktikantin: „Um<br />

in einer Bank arbeiten zu können,<br />

muss man zwei bis drei<br />

Jahre eine Ausbildung absolvieren.<br />

In dieser Zeit besucht man<br />

abwechselnd die Berufsschule<br />

und die Bank, dies nennt man<br />

Blockunterricht. Während der<br />

Schulzeit hat man Fächer wie<br />

BWL (Betriebswirtschaftlehre),<br />

Mathe, Businessenglisch und<br />

spezielle Bank-Fächer. Hier<br />

lernt man die Theorie. Danach<br />

kommt die Zeit in der Firma.<br />

Da kann man die gelernte Theorie in die Praxis<br />

umsetzen. Man besucht jede Abteilung für ein<br />

paar Wochen, um das Gesamtgeschäft der Bank<br />

verstehen zu können.<br />

„Anfangs wusste ich nicht so viel von Banken<br />

und wollte auch nicht in einer arbeiten. Aber<br />

es hat sich die Gelegenheit ergeben, einen Einblick<br />

zu bekommen. Dadurch wurde mein Interesse<br />

geweckt, so dass ich mir nun sehr gut<br />

<strong>vor</strong>stellen kann, in einer Bank zu arbeiten“.<br />

Im Alltag benötigen Menschen Geld und oft<br />

kommt es <strong>vor</strong>, dass jemand aus irgendwelchen<br />

Gründen Geld braucht und sich es von der Bank<br />

ausborgt. Aber was ist, wenn einer nicht zurückzahlt?<br />

Vor dem Verleihen des Geldes werden<br />

den Kunden bestimmte Fragen gestellt. Falls<br />

einer das Geld nicht in der vereinbarten Zeit<br />

zurückzahlt, meldet es der Computer, und das<br />

verliehene Geld wird vom Einkommen des Kunden<br />

eingezogen, sagt eine Mitarbeiterin. Falls<br />

es aber an seinem Verdienst liegt, dass er nicht<br />

zurückzahlen kann, wird natürlich kein Geld<br />

von dem Konto abgezogen, sondern nach einer<br />

anderen Lösung gesucht.<br />

Heutzutage können nicht nur Erwachsene, sondern<br />

auch Studenten und Kinder ein Konto erstellen.<br />

Für Studenten und Auszubildende gibt<br />

es starke Extras, wie zum Beispiel VR-FUTURE.<br />

Dieses Angebot sorgt dafür, dass man die Finanzen<br />

im Griff behält. Man bekommt ein gebührenfreies<br />

Girokonto, gute Verzinsung und eine Karte.<br />

Nicht nur Studenten, sondern auch Kinder können<br />

ein Konto besitzen, mit VR-PRIMAX. Mit<br />

VR-PRIMAX können Kinder spielerisch lernen,<br />

wie man mit Geld und mit Verzinsungen sicher<br />

umgeht. Das Konto wird bei der Geburt als Sparkonto<br />

angelegt und begleitet ein Kind bis zu<br />

dem ersten eigenen Bankgeschäft als Taschengeldkonto.<br />

In der Bank bekommt man sehr interessante<br />

Informationen, und es hat mich überrascht,<br />

dass sie auch viel Soziales machen. Die Bank<br />

kann einen sein Leben lang „begleiten“. Vom<br />

Taschengeldkonto zum Studentenkonto und<br />

später zum Gehaltskonto.<br />

Hinter dieser Fassade geht es meistens um viel Geld:<br />

das Volksbank-Gebäude in der Stuttgarter Börsenstraße<br />

© Tilman Rau<br />

Am Morgen des 5. februar um 8:30 ist es<br />

nicht nur dunkel, sondern auch kalt im Lautertal.<br />

im Haupt- und Landesgestüt wird<br />

schon seit einer Stunde gearbeitet. Die Arbeitszeit<br />

beginnt hier um halb acht. im innenhof<br />

des gestüts steht der sogenannte Stutenbrunnen.<br />

es ist eine große Messingstatue<br />

einer Stute mit ihrem säugenden fohlen. Die<br />

Statue symbolisiert die erste Araberstute des<br />

gestüts: Murana.<br />

Dort treffe ich Herrn Single, den Ausbildungsleiter.<br />

Nach einer freundlichen Begrüßung gehen<br />

wir gemeinsam in den Stall zu Lisa. Als<br />

wir ihn betreten, schlägt uns ein Geruch nach<br />

Pferd und Heu entgegen. Lisa ist eine von 20<br />

Auszubildenden beim Landesgestüt. Herr Single<br />

erklärt Lisa kurz, dass ich sie am heutigen Vormittag<br />

bei der Arbeit begleiten werde. Lisa lächelt<br />

mir freundlich zu und sagt, dass das kein<br />

Problem sei. Sie ist etwa 20 Jahre alt und wirkt<br />

sehr sympathisch. Herr Single verabschiedet<br />

sich und Lisa mistet die Boxen.<br />

Das Gestüt ist sehr berühmt für seine Araberzucht.<br />

Allerdings sah man keine. Ich frage<br />

Lisa, was für Pferde hier stehen. Sie erklärt<br />

mir, dass in diesem Stall junge Pferde stehen<br />

und es hauptsächlich Warmblüter sind. Warmblüter<br />

ist eine Pferdeart, die die meisten Pferderassen<br />

haben. Warmblüter sind robuste aber<br />

nicht schwere Pferde, die im Sport oder im Reit-<br />

unterricht eingesetzt werden. Während Lisa<br />

weiter mistet, frage ich sie auch, wie viele junge<br />

Pferde das Gestüt besitzt. „Wir haben von<br />

etwa 500 Pferden 20 Jungtiere, wobei das keine<br />

Fohlen mehr sind, sondern junge Pferde zwischen<br />

3 und 4 Jahren, die man momentan ans<br />

Reiten gewöhnt.“<br />

Nachdem sie die letzte Box gemistet hat, holt<br />

sie einen großen Wagen mit vielen verschiedenen<br />

Futterarten. Bei Pferden sollte man sehr<br />

auf das richtige Futter achten. Das Futter riecht<br />

sehr intensiv nach Getreide und ein wenig nach<br />

Gewürzen; insbesondere das Müsli. Es ist ein<br />

Gemisch aus mehreren Körnern. Ich möchte<br />

wissen, ob es bei jedem Pferd unterschiedlich<br />

ist. „Ja, das ist es. Den jungen Pferden geben<br />

wir keinen Hafer. Den älteren Pferden schon,<br />

denn die älteren Pferde werden mehr bewegt als<br />

die Jungen. Sie brauchen also mehr Kraft, und<br />

die gibt ihnen der Hafer. Außerdem sind junge<br />

Pferde immer explosiver als Ältere, und das<br />

reicht an Kraft und Ausdauer.“<br />

Als nun alle Pferde ihr Futter haben, gehen wir<br />

einen kurzen Weg hoch zur Führanlage. Eine<br />

Paula Welbers<br />

Wenn Leidenschaft<br />

zum Beruf wird<br />

Ein Arbeits<strong>vor</strong>mittag am Haupt- und Landesgestüt Marbach mit der Auszubildenden Lisa<br />

Führanlage ist eine runde Halle, in der Boxen<br />

eingeteilt sind, die sich im Kreis bewegen. Dort<br />

bekommt das Pferd Bewegung. Lisa erzählt mir<br />

<strong>vor</strong>her noch, dass die Pferde am Wochenende<br />

grundsätzlich ihre Ruhe haben. Sie kommen<br />

nur etwa eine Stunde in die Führanlage und<br />

stehen ansonsten in der Box. Allerdings gehen<br />

die jungen Tiere zum Freispringen. Beim Freispringen<br />

werden die Pferde einzeln möglichen<br />

Kaufinteressenten <strong>vor</strong>geführt. Sie bewegen sich<br />

frei in der Halle und zeigen so ihre Gangarten.<br />

Zuletzt müssen sie über kleine Hindernisse<br />

springen.<br />

Die Auszubildende Lisa ist im zweiten<br />

Lehrjahr und muss sich gerade<br />

um die Pflege der Pferde kümmern<br />

Nachdem wir die Pferde in die Führanlage geführt<br />

bzw. herausgeführt haben, hat Lisa eine<br />

kleine Pause. Es ist nun 10:30 Uhr. Nun habe<br />

ich die Gelegenheit, sie einiges über ihre Ausbildung<br />

zu fragen. Sie erzählt mir, dass sie im<br />

2. von 3 Lehrjahren ist. Man durchläuft in dieser<br />

Zeit einige Stationen. Die Zeit bei den Stutenfohlen<br />

und bei den Schwarzwälder Hengsten<br />

hat sie schon hinter sich.<br />

Die Statue am Eingang des Gestüts<br />

erinnert an Murana,<br />

die erste Araberstute der Zucht<br />

Bei den Stutenfohlen in St. Johann musste<br />

sie die Tiere füttern und mit ihnen die erste<br />

Ausbildung machen. Das heißt, sie musste ihnen<br />

z.B. beibringen, dass sie brav am Strick<br />

laufen. „St. Johann, ich dachte sie stehen in<br />

Marbach?“, wundere ich mich. „Ja, zum Gestüt<br />

gehören auch die Gestütshöfe Offenhausen, Güterstein<br />

und St. Johann“, erklärt Lisa.<br />

Sie erzählt mir auch, dass sie bei den Schwarzwälder<br />

Hengsten Schlittenfahrten gemacht hat.<br />

Zurzeit ist sie „Commander“. Das bedeutet, sie<br />

muss die Pferde misten, putzen, füttern und<br />

reiten. Außerdem muss man die Pferde im Winter<br />

scheren und Ballen beigen. Ballen beigen<br />

bedeutet, Heu- und Strohballen zu stapeln. Sie<br />

muss sich auch noch um die Führanlage kümmern.<br />

Nun kommt Herr Single in den kleinen<br />

Pausenraum und bittet uns, die Pferde zum<br />

Freispringen fertig zu machen.<br />

Das erste Pferd ist Gala. Gala ist ein Fuchs.<br />

Füchse haben eine rötliche Fellfarbe. Wir gehen<br />

wieder den kleinen Weg entlang – diesmal<br />

zur Reithalle, die noch etwas höher gelegen ist.<br />

In der Halle sind an der Seite ein paar kleine<br />

Sprünge aufgebaut. In der Mitte steht ein Ehepaar,<br />

welches sich die Pferde anschauen möchte,<br />

um bei einer Auktion eventuell dafür zu<br />

bieten.<br />

Während Gala sich in der Halle bewegt, gibt Herr<br />

Single den Interessenten ein paar Information<br />

über das Tier. Die ganze Vorstellung dauert ca.<br />

5 min., bis dann Gala von Lisa und einem anderen<br />

Mitarbeiter wieder eingefangen und „Lazy<br />

Town“ für das Freispringen geholt wird. Lazy<br />

Town ist ein Englischer Vollblüter und hat eine<br />

braune Fellfarbe. Mit ihm wiederholt sich dann<br />

alles in der Reithalle, bis wir Lazy Town dann<br />

ebenfalls zurück in seine Box bringen.<br />

Nach einem ereignisvollen Vormittag wie diesem<br />

müssen sich die Pferde und Pfleger nun erholen,<br />

denn das alles beginnt morgen früh um<br />

7:30 wieder von <strong>vor</strong>ne. Und auch ich bin müde<br />

und erschöpft von den tollen Eindrücken, die<br />

ich von hier mitnehmen durfte.


Seite 14 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 15<br />

Comics sind ja schon was tolles, solange man<br />

noch nicht zu alt dafür ist. Aber irgendwann<br />

kommt das Alter, in dem man als kindisch<br />

bezeichnet wird, nur weil man zum Beispiel<br />

Asterix mag. Obwohl Comics und Mangas –<br />

die japanische Version – auch ernste themen<br />

behandeln, sind sie und ihre Leser typischen<br />

Vorurteilen ausgesetzt. ist da was dran? Welche<br />

Comics lesen die Leute überhaupt? um<br />

das heraus zu finden, war ich beim „World<br />

of Comics“ vom Kaufhaus Karstadt in Stutt-<br />

gart und habe mit dem Comichändler Michael<br />

Lang (43) geredet.<br />

Das Herz jedes Comicliebhabers schlägt höher,<br />

nachdem die Tore des World of Comics betreten<br />

worden sind. Hunderte von Comics sind in den<br />

Regalen zu finden, welche über die ganze hintere<br />

Wand laufen. Von den neuesten Manga-Magazinen<br />

bis hin zu teuren Dagobert Duck-Statuen<br />

gibt es in diesem Laden alles. Auch Poster von<br />

Spongebob und anderen Figuren kann man hier<br />

finden. Und gegenüber dem Eingang befinden<br />

sich Comic- und Manga-Neuheiten und auch die<br />

Kasse, an der Michael Lang steht und mich begrüßt.<br />

Er ist ein Comicexperte und kann vielen<br />

Leuten Tipps zu Neuerscheinungen geben, da er<br />

diese schon gelesen hat. Gerade liest er „Chew –<br />

Leichenschmaus“.<br />

„Ich lese gerne Prinz Eisenherz und Asterix.“<br />

Dieser Satz würde von Vielen als unreif empfunden.<br />

Die meisten Comicleser haben aber bereits<br />

im Kindergartenalter Bilder angeschaut<br />

und dazu von den Eltern <strong>vor</strong>gelesen bekommen.<br />

Also sieht man hierzulande Comics meist nur<br />

in Kinderhänden und verurteilt ältere Leser.<br />

Außerdem haben viele Comics und Mangas eine<br />

Altersbeschränkung und geraten erst gar nicht<br />

in Kinderhände. „Sowieso ist 14 bis 20 das beste<br />

Alter, um sie zu lesen. Das heißt aber nicht,<br />

dass man Comics nicht mehr mit 40 Jahren<br />

lesen sollte.“ Und deswegen sind Comics und<br />

Mangas durchaus auch für ältere Leser.<br />

Im Laden gibt es hunderte Comics –<br />

viele davon sind Erwachsenencomics<br />

Danae Koumaniotir<br />

Kein Kinderkram<br />

In der Comicboutique von Karstadt in Stuttgart werden Comics auch für Erwachsene verkauft<br />

Wissenswertes über Comics<br />

1. Manga gibt es seit circa 20 Jahren<br />

in Deutschland<br />

2. „Erste“ Comics seit 30.000 Jahren,<br />

als Höhlenmalerei<br />

3. Der erste erfolgreiche Manga<br />

in Deutschland war Dragonball<br />

4. Comic lesen macht genauso wenig<br />

dumm wie ein Buch!!<br />

Man muss aber nicht immer lesen, man kann<br />

auch den Fernseher einschalten und es sich bequem<br />

machen. „Ich schaue American Dad, Die<br />

Simpsons und Family Guy gerne. Zum Teil sind<br />

diese etwas brutal, aber trotzdem lustig.“ Dass<br />

manche Cartoons und Animes in Deutschland<br />

zensiert sind, weiß fast niemand. Ein gutes<br />

Beispiel ist „Sailor Moon“: Hier war der Anime<br />

für junge Mädchen konzipiert, weshalb bestimmte<br />

Teile herausgeschnitten worden waren.<br />

Oder auch der Comicheld Lucky Luke. Dieser<br />

rauchte früher, jetzt kaut er nur auf einem<br />

Grashalm. Man kann eigentlich sagen, dass<br />

hauptsächlich die Comics „Asterix“, „Micky<br />

Maus“ und „Tim und Struppi“ für Kinder empfehlenswert<br />

sind.<br />

Hinter Mangas steckt außerdem mehr, als am<br />

Anfang scheint. Zunächst sieht man nämlich<br />

nur einen Comic aus Japan in spiegelverkehrter<br />

Leserichtung. Unbekannt ist jedoch, dass<br />

es mehrere Untergruppen für verschiedene<br />

Zielpersonen gibt. So kann <strong>jeder</strong> finden, was<br />

ihm gefällt. Ein Beispiel: Shojo (ausgesprochen<br />

„schotscho“), das sind Mangas für Mädchen<br />

Beispiele für Beispiele für Unter-<br />

Manga-Publikum gruppen (Manga)<br />

Für Mädchen Shojo<br />

Für Jungen Shonen<br />

Für Frauen Josei<br />

Für Männer Seinen<br />

Verkäufer Michael Lang ist selbst<br />

großer Comic- und Zeichentrick-Fan<br />

im Alter zwischen 14 und 20 Jahren (siehe Kasten).<br />

„Deswegen lesen auch mehr Frauen als<br />

früher Comics. Vor mehreren Jahren lasen überwiegend<br />

Männer Comics, und Mangas gab es<br />

schließlich auch noch nicht so viele.“<br />

„Außerdem musste man Mangas früher noch<br />

‚richtig’ platzieren. Sodass sich ein gewöhnlicher<br />

deutscher Comicleser nicht an die japanische<br />

Leserichtung gewöhnen musste. Die<br />

Preise mussten deswegen angehoben werden.“<br />

20-30 Mark haben sie dann gekostet, umgerechnet<br />

10 bis 15 Euro. Mittlerweile kosten schwarzweiß<br />

Mangas nur noch 5 bis 7 Euro.<br />

Vorurteil oder nicht – Comic lesen macht Jung<br />

und Alt Spaß. Aus diesem Grund wird der World<br />

of Comics auch von 250 Personen am Tag besucht.<br />

Und da dieser umzieht, hoffen wir, dass<br />

es auch weiterhin so bleibt.<br />

es ist der februar des Jahres 2011. in Stuttgart<br />

herrschen temperaturen von über 10<br />

°C bei Sonnenschein. Viele Menschen fragen<br />

sich, ob sie in diesem Jahr noch einmal<br />

Schnee sehen werden.<br />

Die Universität Hohenheim liegt im Grünen,<br />

nicht weit von Stuttgart entfernt. Es ist still<br />

im Gebäude, in dem das Institut für Physik und<br />

Meteorologie ist. Die meisten Studenten sitzen<br />

in den Hörsälen bei einer Vorlesung. Hier arbeitet<br />

Professor Hans-Stefan Bauer. Der 43-jährige<br />

rechnet wöchentlich neue Daten betreffend<br />

der Klimaerwärmung aus und er ist Experte in<br />

diesem Bereich. In seinem Büro, einem kleinen<br />

Raum mit einem Schrank, mehreren Kisten und<br />

Bildern, einem Fenster mit Blick auf dem Park<br />

und zwei Tischen, der eine für Gespräche, der<br />

andere für die Arbeit, sitzt der etwa 170 cm<br />

große stämmige Mann, mit dem kurzen braunen,<br />

sorgfältig gekämmten Haar <strong>vor</strong> dem Computer<br />

und arbeitet.<br />

„Die Wissenschaft ist sich sicher, dass es eine<br />

nachgewiesene Klimaerwärmung gibt. Schon<br />

<strong>vor</strong> 100 Jahren wurde gesagt, dass die Temperatur<br />

steigen wird“, meint Professor Bauer, „und<br />

bisher ist auch auf der ganzen Welt die Steigerung<br />

der Temperatur zu beobachten.“<br />

Der Hauptgrund des Temperaturanstiegs ist<br />

die Industrialisierung. Durch den enormen<br />

Ausstoß der Treibhausgasse (CO2, Methan) in<br />

den letzten 100 Jahren wurde nämlich neben<br />

der natürlichen auch eine künstliche Atmo-<br />

sphäre gebildet. Diese führte und führt zu<br />

einem Anstieg der Temperatur, welcher in den<br />

letzten 100 Jahren 1°C betrug.<br />

Laut Herrn Dr. Bauer ist das Hauptproblem der<br />

Klimaerwärmung nicht der absolute Anstieg<br />

der Temperatur gemessen in °C, sondern die Geschwindigkeit,<br />

mit der diese Temperatur steigt.<br />

Wenn die Temperatur so schnell steigt, hat die<br />

Natur nicht die notwendige Zeit sich anzupassen.<br />

Das führt zu Artensterben, zur Verschiebung<br />

der Klimazonen und zur Zunahme von<br />

Naturkatastrophen, wie wir alle in den letzten<br />

Jahren beobachten (Unwetter bedingt durch<br />

erhöhte Luftfeuchtigkeit, Überschwemmungen,<br />

Hitzeperioden, Dürreperioden usw.).<br />

Der Permafrostboden in Skandinavien würde<br />

dann außerdem auftauen und dort würden<br />

dann die Häuser und Firmen einstürzen. Da<br />

sich unter dem Permafrostboden viel Methan<br />

befindet, würde dieses dann freigesetzt werden<br />

und die Temperatur würde wieder steigen. Dies<br />

hätte zur Folge, dass wieder Permafrostboden<br />

auftauen würde und Methan freigesetzt würde.<br />

Ein Teufelskreis.<br />

Stephan Michaelides<br />

Die Klimaerwärmung und ihre folgen<br />

Der Euro ist in der Krise, in Deutschland geht der Ehec-Virus um... Beinahe vergisst man die Klimaerwärmung. Doch sie ist das Schlimmste von allem.<br />

Professor Hans-Stefan Bauer von der Universität Hohenheim ist sicher,<br />

dass sich das Weltklima erwärmt und dass die Menschheit schnell handeln muss<br />

Viele Menschen denken, dass Nord- und Südpol<br />

wegschmelzen können und dass so der Meerspiegel<br />

ansteigt. Die Wahrheit ist allerdings,<br />

dass der Südpol sehr stabil ist und es unwahrscheinlich<br />

ist, dass er schmilzt. Der Nordpol<br />

andererseits ist schon auf dem Wasser und<br />

ein Schmelzen würde nicht zu einem Meeres-<br />

spiegelanstieg führen.<br />

Die größte Gefahr geht nämlich von Grönland<br />

aus. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Eisschicht<br />

auf Grönland schmilzt, und das hätte<br />

verheerende Folgen: Der Meerspiegel würde um<br />

7 bis 9 Meter steigen. Beliebte Ferienziele wie<br />

Hawaii oder die Malediven würden unter Wasser<br />

stehen. Die ganze Ostküste Amerikas (Großstädte<br />

wie z. B. New York) würde unter Wasser<br />

stehen, ganz Dänemark, das norddeutsche<br />

Tiefland, alles wäre unter Wasser.Die Menschheit<br />

erlebte bisher nicht so ein Phänomen, so<br />

ist sehr schwierig <strong>vor</strong>herzusagen, wie mit den<br />

Folgen umzugehen ist.<br />

„Klar gibt es Menschen, die sagen: ‚Toll, dann<br />

wird es wärmer’ oder ‚Gut, die Wachstumsperiode<br />

und dementsprechend die Ernte wird besser’,<br />

allerdings würde eine längere Wachstums-<br />

periode bei einer Dürre auch nicht zustande<br />

kommen“, meint Herr Dr. Bauer. Es ist wis-<br />

senschaftlich erwiesen, dass die Nachteile der<br />

Klimaerwärmung überwiegen. In Anbetracht<br />

der Katastrophen, die die Klimaerwärmung<br />

nach sich ziehen würde, möchte man alles tun,<br />

um entgegen dieser Tendenz zu wirken. Dafür<br />

müsste man aber sehr teure und unpopuläre<br />

Maßnahmen ergreifen wie:<br />

– Das Autofahren einschränken<br />

– Der Industrie strengeren Auflagen <strong>vor</strong>schreiben<br />

(umweltfreundlich produzieren)<br />

– Sogar die Rinderzüchtung für die Herstellung<br />

von Fast Food (wie Hamburger) müsste man<br />

einschränken (die Rinder stoßen Methan aus,<br />

ein Phänomen, dass man in Südamerika besonders<br />

gut beobachten kann, wo Millionen<br />

von Rindern gezüchtet werden)<br />

Kurz gesagt: Man muss den Treibhausgas-<br />

ausstoß reduzieren. Und es würde lange nicht<br />

ausreichen, wenn nur ein Land das täte, die<br />

ganze Welt (und insbesondere die Industrie-<br />

nationen) müsste das zusammentun.<br />

Herr Bauer warnt: „Wenn wir nicht an den<br />

‚Point of no Return’ kommen wollen, müssen<br />

wir schnell handeln. Sonst können wir die<br />

natürliche Durchschnittstemperatur von 13°C<br />

nicht wieder erreichen.“


Seite 16 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 17<br />

Mara Loos<br />

27 Säcke Popcorn<br />

in 6 Stunden<br />

Hinter den Leinwänden des Cinemaxx-Kinos<br />

wird hart gearbeitet, damit die Zuschauer<br />

auf der anderen Seite Filme genießen können<br />

Das Cinemaxx im Bosch Areal ist eines der<br />

bekanntesten Kinos in Stuttgart. Das Cinemaxx<br />

ist eine Kette von Kinos, die über ganz<br />

Deutschland verteilt sind, z.B. in Hamburg.<br />

Die theaterleiterin des Cinemaxx Stuttgarts<br />

heißt Saskia Karle.<br />

Die Eingangshalle des Cinemaxx ist nur mit der<br />

Kasse und einer kleinen Sitzecke gefüllt. Wenn<br />

man von ihr weiter nach links geht, kommt<br />

man zu einer großen Treppe, die zu den Kinosälen<br />

führt. Das Wichtigste in einem Kino sind,<br />

so Saskia Karle, natürlich die Filme, die Atmosphäre,<br />

die Freundlichkeit gegenüber den Kinobesuchern<br />

und die Sauberkeit.<br />

Im Cinemaxx gibt es 6 Kinosäle. In drei von<br />

ihnen kann man 3D Filme anschauen. Die 3D-<br />

Filme haben im Cinemaxx einen besonderen<br />

Namen: „3D-Maxximum-Filme“. 3D-Filme sind<br />

digital (also keine 40 kg schweren Filmrollen).<br />

In den anderen 3 Kinosälen können nur analoge<br />

Filme angeschaut werden.<br />

Hier wird „gepoppt“:<br />

An Spitzentage entstehen in der Popcorn-<br />

maschine fast 30 große Säcke Popcorn<br />

Der Hund ist ein familientier. Also gehört er<br />

in die familie. Zu Hause, im urlaub. Stimmt<br />

das wirklich? eine Statistik über die Zahl<br />

der Hundepensionen in Deutschland gibt<br />

es nicht. im internet findet sich eine frage<br />

nach der Zahl der Hundepensionen in Baden-<br />

Württemberg vom Oktober 2010, auf die es<br />

bis heute keine Antwort gibt.<br />

Wir sind mit Daniela Hubl zu einer Hunderunde<br />

an der Feuerbacher Heide in Stuttgart. Es ist<br />

noch kalt, aber die Sonne scheint am strahlend<br />

blauen Himmel. Daniela Hubl ist Hundetrainerin<br />

und nimmt auch <strong>vor</strong>übergehend<br />

Hunde auf, also eine echte Hundepension mit<br />

Hundetrainer. Heute sind wir mit fünf Hunden<br />

der verschiedensten Rassen und jeden Alters,<br />

Am Freitag, bzw. am Wochenende sind besonders<br />

viele Kinder im Kino, daher werden an diesen<br />

Tagen viele Kinderfilme gezeigt. Vor allem<br />

am Sonntag. Am Dienstag ist Kinotag, das<br />

heißt, dass es weniger kostet, ins Kino zu gehen,<br />

daher ist es auch am Dienstag voller. Und<br />

am Donnerstag kommen die neuen Filme raus,<br />

dann ist das Kino auch voll.<br />

Das Cinemaxx im Boschareal zeigt Arthaus-<br />

Filme, dies sind Filme, über die man eher nachdenken<br />

muss. Außerdem werden auch Blockbuster<br />

gezeigt, wie „Black Swan“, „Tron“ oder<br />

„Kokowääh“. Diese drei Filme zählen außerdem<br />

zu den Filmen, die besonders gut und lange liefen.<br />

Im Cinemaxx im SI-Zentrum stehen hingegen<br />

eher Horror-Filme auf der Wunschliste der<br />

Besucher.<br />

Garantiert haben Sie sich schon einmal gefragt,<br />

wie viele Menschen in diesem Kino arbeiten<br />

und wie viele es jährlich besuchen. Es arbeiten<br />

35 Angestellte in diesem Kino. So im Schnitt<br />

kommen wahrscheinlich 300.000 Leute jedes<br />

Jahr in dieses Kino. Jetzt fragen Sie sich sicher,<br />

ob 300.000 Besucher eine „normale“ Anzahl<br />

an Besuchern sind. Ja, es ist eine „normale“<br />

Anzahl.<br />

Vor einigen Jahren gab es eine ziemliche Panne<br />

im Cinemaxx. Statt eines Kinderfilmes lief mittags<br />

ein Horror-Film. Dieser wurde von den Eltern<br />

<strong>vor</strong>erst nicht als Horror-Film identifiziert,<br />

nach einer gewissen Zeit aber schon. „Im Nachhinein“,<br />

sagt Saskia Karle, „ist es eigentlich<br />

schon ganz lustig. Ich war zu diesem Zeitpunkt<br />

noch nicht im Cinemaxx, ich denke allerdings,<br />

das ist nicht lustig für den Vorführer. Denn es<br />

wurde auch in den Zeitungen geschrieben.“<br />

Außer dieser einen fatalen Panne gibt es auch<br />

noch andere Pannen, die während oder <strong>vor</strong> einer<br />

Kinofilm<strong>vor</strong>führung passieren können, zum<br />

Beispiel dass ein Akt reißt.<br />

Ein Akt ist ein Teil einer 35mm-Filmrolle, die,<br />

da sie 40 Kilo wiegt, nicht komplett geliefert<br />

werden kann. Wenn man sie allerdings in einzelne<br />

Teile (Akte) zerteilt, kann man sie einfacher<br />

verschicken. Am Ende muss man die<br />

einzelnen Teile nur noch zusammen schneiden,<br />

und kann dann den Film <strong>vor</strong>führen.<br />

Rüden und Hündinnen, unterwegs. Die Riesenschnauzer-Dame<br />

Ulissa ist zwölf Jahre alt, sie<br />

mag keine kleinen Kläffer, erträgt sie jedoch<br />

mit stoischer Ruhe. Sie hat <strong>vor</strong> einigen Jahren<br />

schlechte Erfahrungen mit einem bösartigen<br />

Hoverwart gehabt, war misstrauisch, manchmal<br />

aggressiv geworden. Heute ist das kein Problem.<br />

Wer seinen Hund zu Frau Hubl gibt, schiebt ihn<br />

Antonia Rumpf<br />

Hunde in fremden Händen<br />

Unterwegs mit einer Hundetrainerin<br />

An den Kassen im Cinemaxx im Bosch Areal<br />

werden jedes Jahr etwa 300.000 Tickets verkauft<br />

Der Popcornraum ist im Keller. Dort überwältigt<br />

einen der Geruch nach frischem Popcorn.<br />

Wenn man dorthin kommen möchte, muss man<br />

erst einmal mit dem Aufzug nach unten fahren.<br />

In der Mitte eines mittelgroßen Raumes steht<br />

die Popcorn-Maschine. Eine Person braucht<br />

5-7 Stunden, um 26-27 Säcke Popcorn (etwa<br />

die Größe eines „Gelben Sackes“) herzustellen.<br />

Bei den Mitarbeitern des Cinemaxx heißt dieses<br />

Herstellen von Popcorn auch „Poppen“.<br />

Man muss als Vorführer etwa eine halbe Stunde<br />

<strong>vor</strong> der Vorführung anfangen, alles aufzubauen<br />

und <strong>vor</strong>zubereiten. Es kann sein, dass ein<br />

Vorführer einen Film mehrmals, etwa 3-4 mal<br />

pro Tag zeigen muss. Da es aber aus rechtlichen<br />

Gründen verboten ist, den Film während einer<br />

Vorstellung, in der man Vorführer ist, mit zu<br />

schauen, bekommen die Mitarbeiter des Cinemaxx<br />

Kinofreikarten, mit denen sie, wann immer<br />

sie wollen (allerdings außerhalb ihrer Arbeitszeit),<br />

ins Kino gehen und Filme ihrer Wahl<br />

anschauen können.<br />

Eine Produktions-Firma verkauft die Rechte<br />

zum Verleihen eines Films an einen Filmverleih.<br />

Diese verleihen sie wiederum an Kinos, wie z.B.<br />

das Cinemaxx. Die Zentrale des Cinemaxx, die<br />

in Hamburg ist, verteilt diesen Film an die einzelnen<br />

Ableger. In unserem Fall an das Cinemaxx<br />

Stuttgart im Bosch Areal. Und wir Kinobesucher<br />

können uns dann diesen Film für eine<br />

bestimmte Zeitspanne im Kino anschauen.<br />

nicht ab, sondern gönnt ihm Urlaub pur, wie ein<br />

gelungener Schullandheimaufenthalt.<br />

Die Hundetrainerin hat die Hunde aus den verschiedensten<br />

Familien von den unterschiedlichsten<br />

Rassen und Größen unter Kontrolle,<br />

der wütende Beißer von nebenan ist plötzlich<br />

sozialverträglich. Und das, obwohl das Rudel<br />

jeden Tag anders zusammengesetzt ist. Oft sind<br />

es mehr als fünf Hunde, die bei Daniela untergebracht<br />

sind. Sie hat keine Einzelboxen wie<br />

andere Hundepensionen, daher ist es besonders<br />

wichtig, dass sich die Hunde zusammenfügen<br />

und gut miteinander auskommen.<br />

Daniela Hubl hat zwei Berufe, sie ist als Jägerin<br />

verantwortlich für ein großes Gebiet bei Stutt-<br />

gart, die Hundepension hat sie als Hunde-<br />

trainerin aufgemacht. Wenn es mehr als zehn<br />

Hunde werden, hilft ihre Schwester aus, das<br />

gemeinsame Haus ist groß genug dafür. Den<br />

Beruf der Hundetrainerin hat sie aus Passion<br />

ergriffen.<br />

Sie hat schon immer Hunde geliebt und ist fasziniert<br />

von dem Verhältnis zwischen Mensch<br />

und Hund. Während unserer Hunderunde erklärt<br />

sie ihre Erziehungsmethoden. Wichtig<br />

ist, dass <strong>jeder</strong> Hund weiß, wer der Chef ist. Wer<br />

versucht, seinen Hund nur mit Leckerli zu erziehen,<br />

kann schnell das Ziel verfehlen. Genauso<br />

falsch ist die Erziehung mit Gewalt. Für den<br />

Hund ist die Menschenfamilie nichts anderes<br />

als ein Rudel mit einer Hierarchie. Der Familien-<br />

hund muss wissen, dass er in der Hierarchie<br />

ganz unten steht. Das hat nichts mit Unter-<br />

drückung zu tun, sondern ganz einfach mit der<br />

Rolle des Familienhundes. Das gilt selbst auf<br />

Marilena Schulz<br />

Wo noch<br />

wirklich alles<br />

„handmade“<br />

ist<br />

In der Bäckerei Bosch, wo sämtliche Backwaren<br />

von Hand zubereitet sind, wird den ganzen<br />

Vormittag unermüdlich gebacken.<br />

es ist vier uhr morgens. Alle Leute schlafen,<br />

und auf den sonst so überfüllten Straßen ist<br />

nichts los. nur in der Bäckerei und Konditorei<br />

Bosch in der nähe des Hölderlinplatzes im<br />

Stuttgarter Westen wird fleißig teig geknetet,<br />

denn hier wird schon seit 3 uhr morgens<br />

gebacken. „Die Leute wollen schließlich die<br />

Brötchen schon am Morgen und nicht erst<br />

am Mittag“, meint Bernd Bosch, der 62- jährige<br />

Chef, der die Bäckerei leitet, die schon<br />

seit 90 Jahren in der dritten generation<br />

besteht.<br />

In der Backstube ist es dank dem großen Ofen<br />

ziemlich warm. Auf der gegenüberliegenden<br />

Seite, auf der sich die große Arbeitsfläche befindet,<br />

wird schon hart gearbeitet. Es werden<br />

Teige zubereitet und Brezeln geformt. Die Brezeln<br />

sind hier nämlich etwas ganz Besonderes.<br />

Sie sind die Spezialität des Hauses und werden<br />

dem Bauernhof oder bei der Polizei. Denn nur<br />

so wird der Hund auch die Funktion erfüllen,<br />

die ihm zugewiesen ist, sei es als kinderlieber<br />

Familienhund oder Schutzhund, als Wachhund<br />

oder als Spürhund.<br />

Es fällt auf, dass keine Welpen dabei sind. „Ich<br />

nehme schon auch einmal Welpen auf“, sagt<br />

Daniela Hubl, „aber das ist ein schwieriges Thema.“<br />

Denn Welpen können bei längerer Abwesenheit<br />

den Anschluss an die eigene Familie<br />

verlieren. Außerdem fügen sie sich noch nicht<br />

so einfach in das wechselnde Rudel ein. Andererseits<br />

sind die ersten Monate im Leben eines<br />

Hundes besonders wichtig für die Prägung. Oft<br />

trainiert daher Daniela Hubl die Welpen gemeinsam<br />

mit ihrem Besitzer. Denn zu einem<br />

guten Hundetraining gerade in der ersten Zeit<br />

muss der Besitzer mitlernen. Er muss das Vertrauen<br />

des jungen Hundes erwerben, die Kommunikation<br />

muss stimmen und natürlich die<br />

Hierarchie.<br />

Die Hunderunde macht den fünf Hunden offensichtlich<br />

Spaß. Ein Wunder, dass Daniela Hubl<br />

dieses merkwürdige Rudel beherrscht. „Das Geheimnis<br />

ist nicht das Leckerli, das ich natürlich<br />

immer dabei habe, sondern konsequente Ansprache.<br />

Die Hunde müssen mich für die Zeit,<br />

von allen Kunden gelobt. Deswegen habe die<br />

Bäckerei auch den Zunamen „Brezelbäck“, erklärt<br />

Sohn Justin Bosch, der Bäckermeister.<br />

Nach und nach wird die Bäckerei von einem<br />

intensiven Brötchenduft erfüllt, da jetzt die<br />

ersten Tafelbrötchen fertig sind. Nun werden<br />

auch die Teige für die Brote zubereitet. Hier<br />

wird alles selber gemacht, wie in fast keiner<br />

Bäckerei mehr. Bald ist es halb sechs und<br />

die Konditoren beginnen mit der Arbeit. Sie<br />

machen zuerst Berliner, denn die sind in der<br />

Faschingszeit das beliebteste Gebäck.<br />

Justin Bosch macht die Arbeit Spaß, obwohl er<br />

unter der Woche sehr früh aufstehen muss und<br />

deshalb schon um sechs Uhr abends ins Bett<br />

geht. Aber Montags ist alles viel entspannter,<br />

da hat die Bäckerei nämlich Ruhetag. Er berichtet,<br />

er sei gerne Bäcker und das Arbeiten<br />

mit Teig mache ihm großen Spaß. Die besonderen<br />

Spezialitäten sind außer der Brezel auch<br />

noch die große Auswahl an Dinkelprodukten,<br />

rustikale Gebäcke. Hier wurden auch schon selber<br />

Brotsorten erfunden, wie zum Beispiel die<br />

Wurzelseelen, die aus Vollkornmehl, Möhren,<br />

Käse und Mais bestehen. Die Kunden schätzen<br />

<strong>vor</strong> allem die große Auswahl der an die 30 verschiedenen<br />

Brotsorten.<br />

Jetzt ist es schon kurz <strong>vor</strong> sieben, und die fünf<br />

Verkäuferinnen kommen nach und nach an.<br />

Langsam sind die Regale voll, und schon bald<br />

treffen die ersten Kunden ein. Unter ihnen<br />

auch Volker Steinberger. Er kauft hier zwei bis<br />

drei Mal die Woche ein. „Die Qualität ist her<strong>vor</strong>ragend<br />

und die Bedienungen sind auch sehr<br />

nett”, sagt der 39-Jährige lachend. Er lobt auch<br />

sein Lieblingsgebäck, das seien die Brezeln.<br />

Auch Agate Müller, eine ältere Dame, ist hoch-<br />

die sie bei mir sind, als Alphatier akzeptieren.“<br />

Und das funktioniert nicht bei jedem Hund. Ein<br />

Hund, der sich von Daniela Hubl nicht kontrollieren<br />

lässt, muss sich beim nächsten Mal eine<br />

andere Hundepension suchen. Oder er kommt<br />

in ein konsequentes Einzeltraining, am besten<br />

zusammen mit Herrchen.<br />

Und was passiert eigentlich, wenn ein Hund<br />

krank wird? „Ich lege Wert auf Sauberkeit, auch<br />

wenn man den Hunden im Freien viel Freiheit<br />

lassen muss. Aber es lässt sich nicht vermeiden,<br />

dass auch einmal ein Hund krank wird. Dann<br />

nehme ich Kontakt mit dem Besitzer auf oder<br />

gehe gleich zum Tierarzt.“<br />

Und dann die letzte Frage: Wie wird man eigentlich<br />

Hundetrainer? Daniela Hubl ist kritisch. Sie<br />

nimmt Fortbildung ernst, bildet selbst Hundetrainer<br />

aus. „Hundetrainer wollen viele werden,<br />

manche glauben, man könne damit gutes Geld<br />

verdienen.“<br />

Aber wer diesen Beruf ernst nimmt, muss tierpsychologisch<br />

geschult sein, auf jeden Hund<br />

individuell eingehen können und <strong>vor</strong> allem<br />

sehr viel Geduld mitbringen. „Das ist nicht <strong>jeder</strong>manns<br />

Sache“, sagt sie zum Abschied. Die<br />

Hunde springen in das Auto, <strong>jeder</strong> weiß genau,<br />

wo sein Platz ist.<br />

zufrieden. Für sie seien <strong>vor</strong> allem die Dinkel-<br />

produkte toll, da sie eine Weizenallergie habe<br />

und die sonst schwer zu bekommen seien.<br />

Auch in der Backstube ist viel los. Alle packen<br />

mit an: Chef Bernd Bosch, Bäckereimeister<br />

Justin Bosch und die vier Bäckergesellen, denn<br />

jetzt hat ein neuer Arbeitsschritt begonnen:<br />

Es werden Teige für italienische Brote wie z.B.<br />

Ciabatta zubereitet, auch Flammkuchen und<br />

Schinkenhörnchen werden geformt. Immer öfter<br />

klingelt das Telefon, es werden Einzelbestellungen,<br />

aber auch Großbestellungen angenommen.<br />

Heute hat ein Kindergarten 300 kleine<br />

Brötchen bestellt. „Es ist zum Glück noch nie<br />

solch eine Großbestellung abgesagt worden“,<br />

kommentiert Herr Bosch.<br />

Bald ist der erste Ansturm der Berufstätigen<br />

<strong>vor</strong>bei, und immer mehr Mütter mit Kleinkindern<br />

betreten die kleine Bäckerei, um den<br />

wöchentlichen Broteinkauf zu erledigen. Die<br />

Kinder bekommen von den netten Verkäuferinnen<br />

meistens ein kleines Brötchen gereicht.<br />

Fortsetzung auf Seite 18<br />

Bäckerei-Chef Bernd Bosch bringt die fertig<br />

gebackenen Brote in den Verkaufsraum


Seite 18 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 19<br />

Fortsetzung von Seite 17<br />

Langsam werden die Backwaren immer mehr,<br />

und es werden auch eher besondere Sachen, wie<br />

z.B. Anisbrot zubereitet. Was zu viel ist, wird<br />

in verschiedenen Wagen im Gang der Bäckerei<br />

aufbewahrt, bis wieder Platz in den Regalen ist.<br />

Allmählich ist es ziemlich ruhig im Laden.<br />

Man hört das Rauschen der Teigrührmaschine<br />

und sieht das gleichmäßige Formen der Bäcker<br />

vom Teig, denn in der Backstube wird immer<br />

gearbeitet. Man arbeite „hart aber herzlich”.<br />

Und es wird immer ganz genau gewogen und<br />

gemessen, um das zu überprüfen, kommt immer<br />

wieder überraschend der Wirtschafts-<br />

Kontroll-Dienst (WKD), damit sicher ist, dass<br />

„Das ist der Schneideraum, ein sehr wichtiger<br />

Raum im Kino“, sagt Thomas Rietenbach (46),<br />

mit dem ich mich an einem Februartag in den<br />

Stuttgarter Innenstadtkinos getroffen habe. Er<br />

ist der Betreiber dieser Kinos. Herr Rietenbach<br />

führt mich in den kleinen Raum und stellt mir<br />

einen Mitarbeiter <strong>vor</strong>. Er ist gerade damit beschäftigt,<br />

eine meterlange Filmrolle auf eine<br />

Vorrichtung aufzurollen. „Seine Aufgabe ist<br />

sehr wichtig, da wir die einzelnen Filmrollen<br />

nur in mehrere Stücke zerteilt geliefert bekommen<br />

und er den Film erst mit einem speziellen<br />

Klebstoff zusammenkleben und aufrollen<br />

muss.“<br />

Erst dann könne der Film gezeigt werden. Dabei<br />

müsse man aber sehr aufpassen, dass man exakt<br />

arbeite, sonst seien die Übergänge unsauber,<br />

und das würde man auf der großen Leinwand<br />

merken.<br />

„Zum Glück wurde ja jetzt der Großteil auf digitale<br />

Technik umgestellt“, sagt der Mitarbeiter.<br />

Digitale Technik sei mit einer Festplatte<br />

vergleichbar. Die Filme würden darauf gespielt<br />

und an die Kinos verschickt und dann in dem<br />

Scott Reisser<br />

die Kunden z.B. bei einem „200 g Dinkelbrötchen”<br />

kein „156 g Dinkelbrötchen“ bekommen.<br />

Im Nebenraum der Konditorei arbeitet jetzt<br />

alles auf Hochtouren. Es werden Torten gebacken,<br />

Flammkuchen hergestellt und der<br />

in der Backstube zubereitete süße Teig wird<br />

zu Bienenstichen und anderen süßen Teilchen<br />

verarbeitet. Die Konditoren werden nie<br />

müde, immer neue Torten und Kuchen zu backen,<br />

wie zum Beispiel die Schokoberliner,<br />

die gerade in der Friteuse zubereitet werden.<br />

Mittlerweile ist es 13 Uhr und die Bäcker gehen<br />

so langsam, denn morgen beginnt um 3 Uhr ein<br />

neuer Tag, an dem sie wieder fit für neue Brote<br />

und Backwaren sein müssen. Sie werden für<br />

filmauswahl für jedes Publikum<br />

In den Stuttgarter „Innenstadtkinos“ läuft Mainstream ebenso wie Arthaus-Filme<br />

Thomas Rietenbach arbeitet bereits seit seiner<br />

Jugend in den Stuttgarter Innenstadtkinos<br />

digitalen Projektor abgespielt. Der Mitarbeiter<br />

sagt aber: „Dabei finde ich die analoge Technik<br />

eigentlich besser, weil es die klassische Technik<br />

ist und die Filme dadurch eine bessere Qualität<br />

haben. Aber sie bedarf halt mehr Aufwand.“<br />

Nach dem Besuch im Schneideraum führt mich<br />

Herr Rietenbach am Kassenschalter <strong>vor</strong>bei, der<br />

sich im ehemaligem Stuttgarter Hauptbahnhof<br />

befindet. Hier hat sich schon ein großer Auflauf<br />

von Schülern gebildet, die sich Karten für die<br />

Nachmittags<strong>vor</strong>stellung kaufen wollen.<br />

Durch dieses Gedränge gehen wir direkt in das<br />

mit Akten und Schränken vollgestellte Arbeitszimmer<br />

von Herrn Rietenbach. Dort setzen wir<br />

uns an seinen Schreibtisch und wir kommen<br />

ins Gespräch. Auf meine Frage, was man unter<br />

den Innenstadtkinos überhaupt verstehe,<br />

antwortet er, dass diese ein Zusammenschluss<br />

von verschiedenen Kinos (Gloria, Metropol, EM,<br />

Cinema) seien und dort insgesamt 50 Mitarbeiter<br />

arbeiten würden. Seine Arbeit bestehe darin<br />

die Kinos zu verwalten. Weiterhin treffe er auch<br />

die Filmauswahl und sei für die Technik und<br />

das Programm zuständig.<br />

„Meine Aufgabe ist es, einfach zu schauen, ob<br />

das Kino gut läuft“, sagt er schmunzelnd. Auf<br />

die nächste Frage hin, wie lange er schon im<br />

Filmgeschäft sei, erwidert er: „Ich habe schon<br />

mit 18 angefangen, hier in diesen Kinos zu arbeiten<br />

und deshalb verbindet mich emotional<br />

auch sehr viel mit ihnen.“<br />

Im Laufe des Interviews erklärt er noch, dass<br />

er immer versucht, das Programm an das Publikum<br />

anzupassen, indem er eine Mischung aus<br />

Arthaus- und Mainstreamfilmen spielt. Arthaus<br />

seien dabei eher die Filme für das kultur- und<br />

kunstinteressierte Publikum. Mainstream aber<br />

seien die Filme, die er eher für die Jugendlichen<br />

oder jüngeren Erwachsenen spielen würde.<br />

„Also Actionfilme und so“, sagt er zwinkernd.<br />

ihre mühsame Arbeit täglich belohnt, denn Justin<br />

Bosch meint: „Ein Laden voller Kundschaft<br />

ist für uns die beste Belohnung.“<br />

Besonders für ihre Brezeln ist die Bäckerei<br />

Bosch im Stuttgarter Westen bekannt<br />

Dann ergänzt er noch, dass in den Kinos das<br />

Programm mit 40 bis 50 Filmen, die gleichzeitig<br />

laufen, ziemlich groß sei, da es in jedem Kino<br />

mehrere Kinosäle gäbe. „In der letzten Woche<br />

haben sogar insgesamt 13.200 Menschen die<br />

Kinos besucht“, bemerkt Herr Rietenbach. Auf<br />

die Frage, ob er bei Premieren schon einmal<br />

prominenten Besuch hatte, muss Thomas Rietenbach<br />

nun lachen. Dabei antwortet er, dass<br />

schon Stars wie Otto, Til Schweiger oder Michael<br />

„Bully“ Herbig und Matthias Schweighöfer in<br />

seinen Kinos zu Besuch waren.<br />

Es sei nämlich üblich, dass Schauspieler bei den<br />

Premieren anwesend seien, um für ihre Filme<br />

zu werben. Die Innenstadtkinos bieten neben<br />

dem normalen Kinoprogramm auch zusätzliche<br />

Vorstellungen an. Dabei handelt es sich um ein<br />

großes Angebot an Sonder- und Extra<strong>vor</strong>stellungen<br />

sowie „Sneak Previews“ (Film<strong>vor</strong>stellungen<br />

<strong>vor</strong> dem regulären Kinostart), erklärt<br />

Herr Rietenbach.<br />

Nach diesem Gespräch möchte mir Herr Rieten-<br />

bach noch einen Vorführraum zeigen. Darum<br />

führt er mich zu einem Vorführraum im<br />

„Metropol“-Kino. Im Vergleich zum Schneideraum<br />

ist dieser ein sehr kleiner Raum, in dem<br />

zwei große und laute Projektoren stehen. Diese<br />

sind, wie mir Herr Rietenbach erklärt, der digitale<br />

und analoge Projektor. „Bei dem digitalen<br />

wird die ‚Festplatte’ eingeschoben und problemlos<br />

abgespielt. Bei dem analogen Projektor ist<br />

das jedoch komplizierter, da man die einzelnen<br />

Rollen hier von Hand einfädeln muss.“<br />

Nachdem er nun den sehr heißen Raum verlassen<br />

und mich verabschiedet hatte, sagt Herr<br />

Rietenbach schmunzelnd: „Hoffentlich sehen<br />

wir dich bald wieder bei uns.“<br />

Die analogen Filmprojektoren werden mehr<br />

und mehr von digitaler Technik abgelöst<br />

Die Interviewpartner: Paul Lavitzki und Melina<br />

Diener der Hochschule der Medien (HdM)<br />

in Stuttgart. „Das ist eigentlich ganz einfach“,<br />

sagt Student Paul Lavitzki, es bräuchte nur ein<br />

wenig Zeit. Nach einer kurzen Führung durch<br />

das riesige Medienzentrum Stuttgart erklären<br />

die beiden, was man alles braucht, um ein Spiel<br />

zu entwickeln und es fertig auf den Markt zu<br />

bringen. Man braucht als erstes die Idee für ein<br />

Spiel. Stur dasitzen und warten, bis dir etwas<br />

einfällt, bringt da nichts. Sie muss aus einem<br />

Gedanken entstehen und braucht Zeit, bis sie<br />

fertig entwickelt ist, um sie dann seinen Kollegen<br />

zu präsentieren. Dann fängt man an,<br />

sich die Grafiken zu überlegen und die Vorstellungen<br />

mit den technischen Mitteln vereinbar<br />

zu machen.<br />

„Es ist nicht immer einfach, die Fantasie zu beschränken“,<br />

meint Melina Diener, Kollegin von<br />

Paul, „da gibt es manchmal Meinungsverschiedenheiten,<br />

die den Arbeitstag sehr anspruchsvoll<br />

machen können.“„Im Durchschnitt dauert<br />

es 6 Monate, ein Spiel von der oben genannten<br />

Idee bis zu einem marktfähigen Produkt zu erstellen“,<br />

erklärt Paul Lavitzki.<br />

Währenddessen ist es oft wichtig, Spieletester<br />

das Spiel testen zu lassen, um Bugs zu entdecken<br />

und sie zu beseitigen. Ein Bug ist ein Fehler<br />

im Spiel, durch den man manchmal das Spiel<br />

zerstören kann. Wenn man sich die Technik<br />

in dem Büro der beiden anguckt, könnte man<br />

meinen, man wäre im Überwachungsstudio der<br />

NASA. Überall leuchten Bildschirme, Computer<br />

blinken und nur zwei der insgesamt 15 Computer<br />

werden benutzt. Allerdings steht dort trotzdem<br />

ein gemütliches Ledersofa.<br />

Aber zurück zur Entwicklung: Nachdem man<br />

die Grafik fertig gestellt hat, muss man seine<br />

Gedanken den Charakteren zuwenden, die „mitspielen“.<br />

Bei dem Spiel, das die beiden gerade<br />

produzieren, geht es um einen Versuchsaffen,<br />

der seine beiden Brüder aus den Klauen einer<br />

Professorin befreien will. „Weil es ein Rätselspiel<br />

ist, dauert es mindestens einen Monat, bis<br />

man die Charaktere gezeichnet und fertig ani-<br />

Sein Schreibtisch steht senkrecht zum<br />

Fenster, von dem aus man hin und wieder eine<br />

Stadtbahn <strong>vor</strong>beifahren sieht. Auf dem Tisch<br />

steht ein Computer, daneben ein Telefon, ansonsten<br />

bedecken Blätter und ein Stiftebecher<br />

von Juventus Turin den Tisch. So sehen wahrscheinlich<br />

tausende Schreibtische aus, die Unordnung<br />

ist nichts Besonderes. Jedoch arbeitet<br />

John Hinderer<br />

miert hat“, so Melina Diener. Danach muss man<br />

das Ganze zusammensetzen, aber damit ist das<br />

Spiel noch lange nicht fertig. Als ich nachfrage,<br />

warum man das Spiel dann jetzt schon in eine<br />

Datei bringt, bekomme ich die Antwort, dass es<br />

einfacher ist, die Töne, Musikdateien, Sound-<br />

effekte oder Dialoge danach einzufügen.<br />

Allerdings ist es nicht einfach, die Dialogstruktur<br />

im Überblick zu behalten, da ganze PDF- Dateien<br />

mit Namen, Pfeilen und Dialogen gefüllt<br />

werden, pro Frage im Spiel! Trotzdem sei es ein<br />

toller Beruf, verteidigt Paul Lavitzki den komplizierten<br />

Teil des Spiels. Das habe auch ihn zuerst<br />

abgeschreckt.<br />

Allerdings horche ich gespannt auf, als sie von<br />

den Soundeffekten sprechen. Diese werden<br />

nämlich nicht einfach eingefügt, sondern im<br />

hauseigenen Tonstudio aufgenommen. Jedoch<br />

meine ich einen gewissen Stress aus der Stimme<br />

netz 2011 und Stuttgart 21<br />

Joachim Keller ist der Schöpfer des neuen Stadtbahnnetzes<br />

und erklärt auch, dass Stuttgart 21<br />

für die Zukunft des Netzausbaus wichtig ist<br />

hier jemand, der das komplette Stadtbahnnetz<br />

in Stuttgart umgestellt hat, es zum „netz 2011“<br />

gemacht hat.<br />

Joachim Keller (34) arbeitet seit Juli 2008 bei<br />

der SSB (Stuttgarter Straßenbahnen AG) in der<br />

Angebotsplanung und war schon von Anfang an<br />

in die Planung für die große Umstellung involviert.<br />

„Hier bei der SSB war ich gleich in der<br />

Paul Keller<br />

Stur dasitzen und warten<br />

bringt nichts<br />

An der Hochschule der Medien in Stuttgart-Vaihingen feilen Studenten an einem Computerspiel<br />

Im Tonstudio wird aufgenommen<br />

und geschnitten, um die Sounds<br />

für das Computerspiel zu erstellen<br />

von Melina Diener herauszuhören, später weiß<br />

man auch, warum: Das Tonstudio ist eigentlich<br />

immer besetzt und es ist sehr schwer, einen Termin<br />

zu bekommen, wie ich später noch selbst<br />

erleben sollte, denn es ist für das Spiel der beiden<br />

noch ein Termin auf heute angesetzt.<br />

Auch für jedes neue Spiel müssen neue Sprecher<br />

gefunden werden, die die Dialoge sprechen.<br />

Dieser Arbeitsschritt kann oft Wochen oder<br />

Monate in Kauf nehmen, da man nicht einfach<br />

jede Stimme dafür nehmen kann. Deshalb ist es<br />

auch entsprechend schwer, geeignete Stimmen<br />

zu bekommen, insbesondere bei Zeichenfiguren.<br />

Diese werden auch im Tonstudio der HdM aufgenommen,<br />

in tagelanger Arbeit geschnitten und<br />

ebenfalls in das Spiel eingefügt.<br />

Als letzter Arbeitsschritt werden Musikdateien<br />

entweder neu aufgezeichnet oder gekauft und<br />

an die passenden Stellen eingefügt. Das Com-<br />

puterspiel, das sie im Moment produzieren,<br />

heißt „BigTimeMonkey“ und soll im Mai 2011<br />

erscheinen. Das ist ein Abenteuer-Spiel, bei<br />

dem es nicht sehr schwer war, die Grafik zu gestalten<br />

und zu animieren, sagt Paul Lavitzki.<br />

Bei Spielen für Konsolen wie PS3 oder XBox 360<br />

ist es wesentlich schwerer, Grafiken zu gestalten<br />

oder die Charaktere zu animieren.<br />

Er selber will später auch atemberaubende<br />

Spiele erstellen. Ein Spiel zu entwickeln ist alles<br />

andere als einfach, trotzdem ist es ein spannendes<br />

Thema, weil fast <strong>jeder</strong> Jugendliche in<br />

Deutschland einen Computer besitzt und sich<br />

kaum einer fragt, wie man ein Spiel eigentlich<br />

entwickelt.<br />

Angebotsplanung. Ich habe da<strong>vor</strong> fünf Jahre in<br />

einem anderen Ingenieurbüro gearbeitet und<br />

dort mit der allgemeinen Verkehrsplanung zu<br />

tun gehabt.“ Allgemeine Verkehrsplanung, das<br />

bezieht sich nicht nur auf Stadtbahn oder Bus,<br />

sondern auf alle Verkehrsmittel, auch Straßen-<br />

oder Parkverkehr.<br />

Der 12. Dezember 2010 war der erste Tag des<br />

neuen Stuttgarter Stadtbahnnetzes: U5 und U7<br />

wurden von der Haltestelle Eckartshaldenweg<br />

an vertauscht, U2 und U4 ab Berliner Platz.<br />

Außerdem wurde ein neuer Streckenabschnitt<br />

zum Fasanenhof gebaut, den jetzt die Linie U6<br />

bedient. Dadurch entstand eine Lücke im Netz,<br />

da nun eine Linie fehlte, die von der Innenstadt<br />

nach Vaihingen führt. Neu eingeführt wurde<br />

daher eine U-Bahn-Linie 12, die vom Killesberg<br />

nach Möhringen fährt.<br />

Fortsetzung auf Seite 20


Seite 20 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 21<br />

Fortsetzung von Seite 19<br />

Das Spannendste an seinem Job war eindeutig<br />

diese Planung. Einen bestimmten Tagesablauf<br />

gibt es nicht: „Ich bin hier in der Angebotsplanung<br />

dafür zuständig, unser Liniennetz permanent<br />

zu prüfen, zu verbessern und an geänderte<br />

Nachfragen anzupassen.“ Größere Änderungen<br />

werden meistens beim Fahrplanwechsel, also<br />

Mitte Dezember, durchgeführt, müssen jedoch<br />

schon im Juni beschlossene Sache sein. Das<br />

Netz 2011 stand bereits im März 2010 fest, danach<br />

erst wurden die genauen Fahrzeiten für<br />

jede Linie präzisiert.<br />

Auch das war eine Aufgabe Kellers: er musste<br />

jede einzelne Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit neu<br />

bestimmen, bei allen U-Bahn-Linien und teilweise<br />

auch bei den Buslinien.<br />

Die Planung macht er noch oft einfach mit<br />

Hand, auf seinem Schreibtisch befindet sich<br />

z.B. ein Netzplan der Filderbusse (Region Filderstadt-Bernhausen),<br />

für die er, zusammen<br />

mit Bus und Stadtbahn in Stuttgart, ebenfalls<br />

zuständig ist. Bei der Planung der U-Bahn-<br />

Zeiten muss man ein wichtiges Prinzip beachten:<br />

Die Reihenfolge der Ankünfte der Bahnen<br />

muss gleich bleiben, damit man von bestimmten<br />

zu anderen Linien (besser) umsteigen kann.<br />

Dies ist ein festes Schema und darf nicht verändert<br />

werden. Das Ergebnis stellt die sogenannte<br />

„Netzspinne“ dar, die die Linienführung der<br />

Linien zeigt und an einer Haltestelle eine bestimmte<br />

Ankunfts-/Abfahrtszeit, ausgegangen<br />

von einem 10-Minuten-Takt.<br />

Florian Ellwanger<br />

ein Laden<br />

Schokolade<br />

Seit über 50 Jahren gibt es im Stuttgarter<br />

Westen schon das Schoko-Paradies, wo es von<br />

Schokolade und Süßigkeiten nur so wimmelt.<br />

Seit 1960 besteht bereits das Schoko-Paradies.<br />

Frau Schweigert und Frau Schneider arbeiten<br />

hier schon seit einigen Jahren. Der Laden wurde<br />

zu<strong>vor</strong> von den Eltern von Frau Schweigert<br />

gegründet.<br />

Um 9 Uhr morgens öffnet das Schoko-Paradies.<br />

Ein anfangs noch eher ruhiger Tag. Die Schicht<br />

beginnt aber schon um sechs Uhr. Bis bald die<br />

ersten Kunden hereinstürmen und sich noch<br />

schnell einen Kaffee kaufen. Um 13:30 Uhr<br />

kommt wieder ein großer Ansturm auf das<br />

Schoko-Paradies, die Schule ist aus. Dutzende<br />

von Kindern wollen jetzt ihr übriges Geld an<br />

der Süßigkeitentheke ausgeben – für Drachenzungen,<br />

Lutscher, Apfel- und Pfirsichringe und<br />

Saure Zungen. Die Kinder lieben diese Süßigkeiten<br />

und nehmen es in Kauf, manchmal 10<br />

Minuten in der Warteschlange zu stehen.<br />

An jener Netzspinne orientiert war es seine<br />

Aufgabe, neue Zeiten zu bestimmen. Allerdings<br />

arbeitet er nicht nur handschriftlich, sondern<br />

auch mit einem speziellen Computerprogramm,<br />

mit dem sich unter anderem auch beliebige Liniennetze<br />

erstellen lassen.<br />

2010 gab es für ihn zusätzlich noch eine Beschwernis:<br />

oft musste er bei verschiedenen<br />

Bezirksbeiräten oder Gemeinderäten das neue<br />

Netz präsentieren und kam danach erst gegen<br />

22 Uhr nach Hause.<br />

Zur bisherigen Akzeptanz des Netzes meint<br />

er: „Man muss sagen, alles in allem haben wir<br />

eine überschaubare Anzahl von Beschwerden<br />

gekriegt. Mit was wir noch ein Problem haben<br />

ist, dass sich nur die Leute melden, die sich beschweren<br />

wollen, die, denen man etwas Gutes<br />

getan hat, die melden sich nicht bei uns.“<br />

Er sagt, dass die Situation jetzt viel besser sei,<br />

bei der Umstellung habe man auch Kunden-<br />

umfragen berücksichtigt. Der wichtigste Aspekt<br />

ist immer noch die U6, sie ist auch der<br />

Grund für die Veränderung.<br />

„Das mit der U2/U4 war ein Mitnahmeeffekt.“<br />

Ohne die neue Strecke zum Fasanenhof wäre<br />

der Linienaustausch einfach zu aufwändig<br />

gewesen, allein wegen der Änderung der Liniennetzpläne.<br />

Herr Keller ist allerdings nicht am Ende seines<br />

Jobs: es sind neue U-Bahn-Erweiterungen geplant,<br />

<strong>vor</strong> allem auf der Linie U12. Das Interessanteste<br />

daran: Stuttgart 21 spielt eine ganz<br />

entscheidende Rolle.<br />

Um 14 Uhr ist auch dieser Ansturm der Schüler<br />

überstanden. Das Schoko-Paradies braucht<br />

selbstverständlich immer wieder neue Produkte,<br />

die auf sogenannten Schokoladenmessen <strong>vor</strong>gestellt<br />

und dann an Interessenten geliefert werden.<br />

Die Mandelsplitter aus eigener Herstellung<br />

sind die beliebtesten unter den Pralinen. In den<br />

Saisonzeiten Ostern und Weihnachten werden<br />

auch immer neue ausgefallene Kreationen <strong>vor</strong>gestellt.Im<br />

Schoko-Paradies gibt es auch völlig<br />

unterschiedliche Preisklassen. Zum Beispiel kostet<br />

eine billige Schokoladentafel einen Euro, im<br />

Vergleich zu einer edlen zum Beispiel von Lindt<br />

bis zu 4 Euro. Bis <strong>vor</strong> Kurzem stand das Schoko-Paradies<br />

am Hölderlinplatz an der Schwab-<br />

Vieles erledigt Joachim Keller handschriftlich,<br />

doch komplizierte Streckenplanungen macht er<br />

mit Hilfe von spezieller Software am Computer.<br />

Es war schon lang in Planung, eine Tunnelstrecke<br />

vom Hauptbahnhof zum Hallschlag zu bauen.<br />

Im April letzten Jahres wurde damit begonnen.<br />

Nur mal angenommen, Stuttgart 21 würde<br />

abgeblasen und K 21 gebaut, dann würde der<br />

Bund die Tunnelstrecke wegen des zu geringen<br />

Nutzens nicht finanzieren (für die SSB ist sie<br />

zu teuer) und man hätte einerseits eine Grube<br />

neben dem Bahnhof und andererseits ein nicht<br />

weiter zu entwickelndes Netz.<br />

Nach seiner persönlichen Meinung gefragt, zögert<br />

Keller keine Sekunde, überzeugt vertritt er<br />

die offizielle SSB-Position: „Ich bin prinzipiell<br />

für Stuttgart 21.“<br />

straße 195. Doch dem Schoko-Paradies wurde<br />

im alten Gebäude gekündigt, und deshalb musste<br />

es Ende April umziehen. Seit Anfang Mai<br />

2011 steht es jetzt aber in der Johannesstraße<br />

96. Die sonst eher glückliche Frau Schweigert<br />

ist sichtlich traurig über den Umzug, hat aber<br />

den Trost, dass das Schoko-Paradies weiterhin<br />

in der Nähe des Hölderlinplatzes bleibt.<br />

Am Nachmittag kommen Erwachsene, die kleine<br />

Osterkörbe für ihre Kinder füllen oder anderes<br />

für die Familie einkaufen. Die Belieferung<br />

kommt zum größten Teil aus der Region Stutt-<br />

gart. Für Frau Schweigert ist das Tollste an ihrem<br />

Job, dass sie so viele Kinder und Erwachsene<br />

glücklich machen kann.<br />

Im Laden gibt es eine große Auswahl an Schokoladentafeln, von preiswert bis etwas teurer.<br />

Kurz <strong>vor</strong> 18 Uhr kommen noch einmal die letzten<br />

Kunden, die kurz <strong>vor</strong> Ladenschluss noch<br />

schnell ein paar Dinge kaufen wollen, wie ein<br />

paar Pfund gemahlener Kaffeebohnen oder ein<br />

paar Pralinen. Um 18 Uhr schließt dann das<br />

Schoko-Paradies, doch der Tag von Frau Schweigert<br />

ist noch lange nicht zu Ende. Oft wird noch<br />

bis zwanzig Uhr gearbeitet, die Kasse gezählt,<br />

alle Schränke neu befüllt, neu dekoriert, alle<br />

Ostereier wieder in die richtigen Schachteln<br />

sortiert. Dann muss Frau Schweigert noch nach<br />

Möhringen zur eigenen Produktion und die Pralinen<br />

für morgen abholen, bis sie dann endlich<br />

nach Hause kann.<br />

Heute waren über 140 Kunden im Schoko-<br />

Paradies, das sind 40 mehr als im Durchschnitt,<br />

sagt sie. Es gibt hier im Schoko-Paradies aber<br />

nicht nur Schokolade und Pralinen, sondern<br />

Computersucht wird in unserem Leben ein<br />

immer heikleres thema. immer mehr Leute<br />

werden abhängig von Videospielen, Onlinerollenspielen<br />

und vom internet. Doch wie<br />

entstand das alles und was ist das eigentlich,<br />

Computersucht? Wir haben mit Dr. Jamil el<br />

Kasmi, Assistenzarzt an der universitäts-<br />

klinik in tübingen gesprochen.<br />

„Die Computersucht ist ein sehr junges und<br />

wenig erforschtes Phänomen, man weiß nicht<br />

genau, wie es angefangen hat, kann aber ungefähr<br />

sagen, womit es in Verbindung stand.<br />

Die Computersucht hat sich aus dem sich immer<br />

weiter entwickelnden Internet, mit immer mehr<br />

Möglichkeiten, zusammengestellt. 90% der Fälle<br />

zeigen Suchtverhalten nach Online-Rollenspielen<br />

auf und nur 10% für andere Spiele, soziale<br />

Netze oder Pornografie. Das lässt sich auch<br />

leicht erklären, denn die Online-Rollenspiele<br />

sind dazu konzipiert, immer weiterspielen zu<br />

wollen. Man will versuchen, die ,Highscores zu<br />

knacken‘ und immer besser zu werden. Viele<br />

ziehen sich auch einfach aus der realen Welt<br />

zurück, weil sie z.B. Probleme haben und in der<br />

Onlinewelt neue Leute treffen können. Dies ist<br />

eigentlich die Sucht nach Spielen.“<br />

Aber was führt eigentlich zur Sucht?<br />

„Meistens sind es mehrere Faktoren. Man<br />

spricht von drei Faktoren: Persönlichkeits-,<br />

Umwelt-, und biologischen Faktoren. Zu den<br />

Persönlichkeitsfaktoren zählt z.B., ob man ein<br />

offener Mensch ist oder sich lieber zurück zieht<br />

und gerne alleine ist oder gleich offen für etwas<br />

Neues ist oder lieber erst abwartet. Zu den<br />

Elia Lamott<br />

auch ausgefallene Dinge wie Bananen und Äpfel<br />

aus Marzipan, einen Geldkoffer mit Süßigkeiten<br />

gefüllt oder riesige Gummibärchen mit Schokoladenhosen.<br />

Frau Schweigerts größter Wunsch<br />

ist, dass der Betrieb einmal von ihrer Tochter<br />

übernommen wird. Das Schoko-Paradies ist wie<br />

ein kleiner Tante Emma-Laden, hier wird noch<br />

alles liebevoll verpackt, die Verkäuferinnen<br />

sind freundlich und haben sichtlich Spaß an ihrer<br />

Arbeit. Man hat außerdem kaum Zeitdruck<br />

in einem solchem Laden.<br />

Kurz gesagt, das Schoko-Paradies ist ein richtig<br />

schöner Laden, so wie man ihn sich <strong>vor</strong>stellt.<br />

Ein Einkauf beim Schoko-Paradies lohnt sich<br />

immer, egal ob für Groß oder Klein, man darf<br />

einen solchen Laden nicht neben all den großen<br />

Firmen untergehen lassen. Denn wer mag schon<br />

keinen Laden voller Schokolade?<br />

nicht <strong>jeder</strong> Computerspieler<br />

ist gleich suchtgefährdet<br />

Ein Interview mit einem Experten für Computersucht<br />

Umweltfaktoren zählt, welchen Freundeskreis<br />

man hat, ob man anerkannt wird oder ob man<br />

belastet wird. Die biologischen Faktoren kennt<br />

man bei der Computersucht nicht, da sie z.B.<br />

bei den Drogen mit dem körperlichen Befinden<br />

zu tun haben und diese bei der Computersucht<br />

schwer zu erforschen sind.“<br />

Aber wie bemerkt man eigentlich, dass man süchtig<br />

ist und ab wann ist man eigentlich süchtig?<br />

„Nun, meistens bemerken die Leute das nicht<br />

selbst, sondern ihre Mitmenschen, wie die Familie<br />

oder Freunde. Da diese Sucht noch kaum<br />

erforscht ist, gibt es eigentlich keine festgelegten<br />

Anzeichen, aber es gibt Vermutungen<br />

und auch eine Art Richtlinie, ab wann man<br />

süchtig ist. Diese nennt sich ICD-10. Mögliche<br />

Anzeichen wären z.B. über vier Stunden am Tag<br />

und am Stück Videospiele spielen oder am Computer<br />

sitzen, die Arbeit jedoch wird ausgenommen.<br />

Andere Dinge zu vernachlässigen, die man<br />

früher mochte, ist auch ein Anzeichen dafür<br />

oder, wenn Schwierigkeiten auftreten, finanziell,<br />

familiäre, in der Schule oder in der Arbeit.<br />

Weitere Anzeichen sind Entzugssymptome,<br />

wenn man es nicht mehr ‚ohne’ aushalten kann,<br />

wenn man übermüdet, gereizt oder gestört ist.“<br />

Aber ab wann ist man dann eigentlich süchtig?<br />

„Die Norm ICD-10 gibt <strong>vor</strong>, wenn man in einem<br />

Jahr drei Vorgaben erreicht hat, gilt man als<br />

süchtig. Bei weniger als drei im Jahr spricht<br />

man von Missbrauch und bei mehr auch von<br />

Missbrauch oder riskantem Konsum. Die Vorgaben<br />

sind Verlangen, immer mehr spielen zu wollen,<br />

Verlust der Kontrolle, Entzugssymptome,<br />

wenn man gereizter, aggressiver, depressiv wird<br />

Vor allem die kleinen Süßigkeiten,<br />

die einzeln verkauft werden, stehen bei den<br />

ganz jungen Kunden hoch im Kurs.<br />

oder sogar weder Freude noch Trauer verspürt<br />

oder Vernachlässigung anderer Aktivitäten.<br />

Wenn drei dieser Vorgaben erreicht sind, gilt<br />

man als abhängig.“<br />

Wie kann man testen lassen, ob man abhängig<br />

ist?<br />

„Man kann z.B. in so genannte Suchtberatungsstellen<br />

gehen und es dort testen lassen.“<br />

Was tun, wenn man abhängig ist?<br />

„Man sollte auf jeden Fall versuchen, Hilfe zu<br />

finden und zur Suchtberatung gehen und auch<br />

alleine versuchen, wieder alte Aktivitäten aufzunehmen,<br />

die man vielleicht vernachlässigt<br />

hat. Man sollte auch nicht direkt versuchen<br />

mit dem Spielen aufzuhören, sondern auch wie<br />

beim Rauchen, immer weniger zu spielen oder<br />

ins Internet zu gehen.“<br />

Welche Konsequenzen können entstehen, wenn<br />

man sich nicht beraten lässt?<br />

„Es könnten gesundheitliche Schäden entstehen.<br />

Eine Studie hat bewiesen, dass Computerabhängige<br />

Vitamin-D-Mangel haben, da sie<br />

zu wenig ans Sonnenlicht gehen. Außerdem<br />

können schulische Probleme oder berufliche<br />

Schäden auftreten, finanzielle Probleme, soziale<br />

Probleme oder sogar juristische Probleme,<br />

z.B. werden Rechnungen nicht mehr gezahlt,<br />

weil sie nicht mehr beachtet werden.“<br />

Welche Altersgruppen sind besonders gefährdet<br />

und bei welchen tritt es am häufigsten auf?<br />

„Es sind besonders die jungen Leute gefährdet,<br />

da sie noch für ihre ganze Zukunft sorgen müssen<br />

und in der Schule gut sein sollten, die Computersucht<br />

kann das sehr gefährden. Es tritt<br />

auch genau bei diesen Leuten am häufigsten<br />

auf, <strong>vor</strong> allem bei den jungen Erwachsenen, weil<br />

diese auch eine gewisse Vorlaufszeit haben, da<br />

so eine Sucht nicht innerhalb eines Jahres entsteht.“<br />

Aber was ist eigentlich das gesunde Maß an solchen<br />

Spielen oder am Internet?<br />

„Ein gesundes Maß darf nicht über vier Stunden<br />

am Stück, Spielen oder ins Internet gehen,<br />

hinausreichen. Sobald Kommunikation fast nur<br />

noch über das Internet oder per SMS stattfindet,<br />

ist das gesunde Maß überschritten.“


Seite 22 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 23<br />

Dinosaurier in verschiedenen Größen, Mammuts,<br />

Steinzeitmenschen, Bernsteine, Insekten,<br />

die sich zum Teil in Situationen gemäß<br />

ihrem Leben in einem Urwald oder unter Wasser<br />

befinden, eine große Erdkugel, die den Klimawandel<br />

erklären soll: Hier im Museum am Löwentor<br />

gibt es einiges zu sehen. Eine riesige<br />

Ausstellung über die Entwicklung des Dinosauriers<br />

zum Vogel und den Klimawandel füllt das<br />

Museumsgebäude am Rande des Rosensteinparks.<br />

Jeden Tag kommen viele Leute in die<br />

Museen am Löwentor und Schloss Rosenstein,<br />

die zusammen das Naturkundemuseum Stuttgart<br />

bilden, um Ausstellungen zu besuchen.<br />

Aber wie viel Arbeit steckt hinter einer solchen<br />

gigantischen Ausstellung, wie und wie lange<br />

wird sie <strong>vor</strong>bereitet?<br />

Viele Museen bieten sowohl eine Dauerausstellung<br />

als auch eine Sonderausstellung an.<br />

Die Dauerausstellung im Museum am Löwentor<br />

führt durch mehrere Zeitepochen, von der Trias<br />

bis zum Quartär. In einem separaten Raum<br />

wird die Entwicklung des Dinosauriers über<br />

den Urvogel zum Vogel gezeigt. Im Schloss Rosenstein<br />

soll dem Besucher in der Dauerausstellung<br />

das biologische System der Tiergruppen<br />

vermittelt werden. Eyecatcher, Dinge, die<br />

dem Besucher sofort ins Auge fallen innerhalb<br />

der Ausstellung, sind ein großer Wal und ein<br />

Eisbär. Manche andere der dort ausgestellten<br />

Tiere haben früher in der Wilhelma gelebt und<br />

wurden nach ihrem Tod an das Rosensteinmuseum<br />

weitergegeben. Viel Arbeit steckt in der<br />

Vorbereitung von Sonderausstellungen, zur Zeit<br />

Tobias Lober<br />

Viel Vorbereitung<br />

für eine Ausstellung<br />

Ein Besuch im Museum für Naturkunde Stuttgart<br />

eine zum Thema Klimawandel, „Gradwanderung“<br />

genannt. Im Löwentormuseum wird die<br />

Geschichte des Klimawandels ausgestellt und<br />

im Schloss Rosenstein kann man sehen, wie das<br />

Ganze heutzutage aussieht. „Mit der Vorbereitung<br />

einer Sonderausstellung, die dann etwa<br />

ein halbes Jahr läuft, beginnen wir bereits zwei<br />

Jahre im Voraus“, weiß Julia Gritzka. Sie ist die<br />

stellvertretende Leiterin der Stabsstelle Ausstellung,<br />

Szenografie und Grafikdesign. Als erstes<br />

setzen sich die Wissenschaftler zusammen<br />

und überlegen sich, welche Ausstellungsstücke<br />

in der großen Sammlung des Museums <strong>vor</strong>handen<br />

sind und worüber sie eine Ausstellung<br />

machen können. Es besteht auch die Möglichkeit,<br />

Stücke von anderen Museen auszuleihen.<br />

„Diese machen das entweder im Tausch gegen<br />

ein anderes Leihausstellungsstück, erheben<br />

eine Leihgebühr oder verleihen auch umsonst“,<br />

erklärt Julia Gritzka. In der Ausstellung sind<br />

nämlich nur ganz besondere Stücke zu sehen.<br />

Als nächstes wird im Schloss Rosenstein, eine<br />

Sonderausstellung zum Thema „Sex im Tierreich“<br />

stattfinden. In einem anfänglichen<br />

Schritt überlegt sich Gritzka zusammen mit<br />

den Wissenschaftlern ein Ausstellungskonzept.<br />

Das heißt, sie macht sich darüber Gedanken,<br />

welche Inhalte der Besucher beim Betreten des<br />

Museums sieht und wie er danach durch die<br />

Ausstellung geführt wird. Immer wieder finden<br />

zwischen den Wissenschaftlern, die auch die<br />

Ausstellungstexte schreiben und Präparatoren,<br />

die die Modelle und Präparate entwerfen, Gespräche<br />

statt, um herauszufinden, in welchem<br />

In der Ausstellung werden die Stücke so arrangiert,<br />

dass sie für Besucher interessant und verständlich sind<br />

Julia Gritzka, hier im Fundus des Museums,<br />

ist für die Konzeption von Sonderausstellungen<br />

mit verantwortlich<br />

Stadium sich die Ausstellungs<strong>vor</strong>bereitungen<br />

gerade befinden. „Wenn diese Besprechungen<br />

<strong>vor</strong>bei sind, erstelle ich am Computer Ausstellungsgrafiken,<br />

die zum Beispiel einen Grundriss<br />

der Sonderausstellung skizzieren“, so Julia<br />

Gritzka. Außerdem erstellt sie das Design<br />

aller Ausstellungstexte, die jeweils aus Titel-,<br />

Themen- und Objekttext bestehen. Ein paar<br />

Wochen <strong>vor</strong> Ausstellungsbeginn kann die Sonderausstellung<br />

schließlich aufgebaut werden.<br />

„Beim Aufbau sind dann viele Mitarbeiter des<br />

Museums beteiligt“, sagt Gritzka, die an ihrem<br />

Beruf viel Spaß hat, „zum Beispiel Elektriker,<br />

die Lampen installieren oder Maler, die Wände<br />

bemalen. Während der Ausstellung muss nur<br />

noch kontrolliert werden, ob alles funktioniert<br />

und Fehler oder Problemstellen müssen gegebenenfalls<br />

behoben werden.“ Insgesamt hat das<br />

Museum für Naturkunde Stuttgart etwa 80 fest<br />

angestellte Mitarbeiter. Woran aber erkennt<br />

man letztendlich, ob eine Ausstellung erfolgreich<br />

ist oder gewesen ist?<br />

„Wir wollen, dass etwa 200 000 Besucher in<br />

einem Jahr in beide Museen zusammen kommen.“<br />

So definiert Julia Gritzka ein Ziel des Museums.<br />

Sehr erfolgreich war die Darwin-Ausstellung<br />

im Schloss Rosenstein. „Die in letzter Zeit<br />

erfolgreichste Sonderausstellung war jedoch<br />

die Saurier-Ausstellung 2007, als innerhalb von<br />

sechs Monaten mehr als 300 000 Besucher ins<br />

Löwentormuseum stürmten“, erinnert sie sich<br />

an eine erfolgreiche Ausstellung. Damit wurde<br />

die gewünschte Besucherzahl bereits weit übertroffen.<br />

Sonst kommen unter der Woche täglich<br />

etwa 100 Besucher, <strong>vor</strong> allem Schulklassen. Am<br />

Wochenende sind es, „wenn es gut läuft“, über<br />

1000 Besucher. Darunter befinden sich dann<br />

hauptsächlich Familien, die das vielfältige<br />

Angebot an Museumspädagogik wahrnehmen<br />

möchten. „Aber <strong>vor</strong> allem kommt es uns darauf<br />

an, dass sich die Museumsbesucher für die Ausstellung<br />

und deren Ausstellungsstücke interessieren“,<br />

sagt Julia Gritzka.<br />

radio gibt es schon lange. es gibt es schon<br />

seit den 1920er Jahren. es diente damals<br />

schon als informationsquelle für die Bürger.<br />

Später kam dazu, dass es auch zu unterhaltungszwecken<br />

genutzt wurde. Wir haben uns<br />

mal überlegt, wie so etwas funktioniert und<br />

sind zur Sendezentrale der „neuen 107.7“ im<br />

Hindenburgbau gegangen, wo wir die reporterin<br />

Mareike Makosch interviewt haben.<br />

Wir suchen als erstes den Eingang des Gebäudes,<br />

der eigentlich leicht zu finden ist. Als wir<br />

hinein und die Treppe hoch gehen, treffen wir<br />

auf einen Moderator, der uns gleich zeigt, wo<br />

wir hin müssen. Als wir dann in die Zentrale<br />

gehen, staunen wir über die vielen Tische und<br />

Computer. Wir müssen gleich am Anfang unsere<br />

Handys abgeben, denn in den Senderaum, wo<br />

wir das Interview führen werden, dürfen keine<br />

elektronischen Geräte hinein, die Funk oder<br />

ähnliches ausstrahlen.<br />

Die 24-jährige Moderatorin führt uns an den<br />

Tischen und Computern <strong>vor</strong>bei, an denen ebenfalls<br />

Moderatoren und einzelne Spezialisten<br />

zum Beispiel für das Wetter oder den Verkehr<br />

sitzen, zu einem von drei Senderäumen. Als wir<br />

hinein gehen, öffnen wir zuerst eine schwere,<br />

schallisolierte Tür. In dem Raum stehen vier<br />

Bildschirme, zwei Rechner, vier Mikrofone, ein<br />

großer Pult, auf dem alles steht, zwei Stühle,<br />

ein Regal voller CDs und eine riesige Anlage,<br />

die als Notfallersatz für die PCs da steht.<br />

Außerdem kann man durch große Panzerglasscheiben<br />

nach draußen und in die anderen Räume<br />

sehen. Mareike erklärt uns, dass der Raum<br />

im Prinzip schweben würde, um den Klang zu<br />

verbessern.<br />

Der Raum ist an mehreren Stahlseilen aufgehängt<br />

und befindet sich ca. 20cm von der äußeren<br />

Wand entfernt. In diesem Raum sind auch<br />

drei Lichter übereinander, die mit den Senderechnern<br />

verbunden sind. Ein rotes Licht bedeutet<br />

ON AIR, ein grünes Licht leuchtet auf,<br />

wenn jemand anruft, und ein gelbes bedeutet,<br />

dass das im Computer eingespielte Programm<br />

abgespielt wird. Die Moderatorin sagt uns, dass<br />

ungefähr alle drei Minuten jemand anruft.<br />

Nachdem wir sie über die Geschichte der neuen<br />

107.7 fragen, sagt sie uns, dass das Radio<br />

<strong>vor</strong> acht Jahren ein kleines Stadtradio war.<br />

Mittlerweile ist es ein Non Stop-Sender, das<br />

heißt ein Sender, der außer den Nachrichten<br />

Daniel Kuhn Botelho<br />

ein hängender raum<br />

für die beste Akustik<br />

Ein Besuch in den Redaktionsräumen des Stuttgarter Radiosenders „Die Neue 107.7“<br />

Mareike Makosch in einem der insgesamt<br />

drei Sendestudios von „Die Neue 107.7“<br />

nichts Weiteres redet, sondern ansonsten nur<br />

Musik abspielt. Das Sendegebiet geht bis nach<br />

Göppingen. Am meisten wird in diesem Sender<br />

80er- und Rockmusik gespielt. „Die Senderechner<br />

sind 24 Stunden an“, erklärt uns die<br />

24-Jährige. „Wenn sie ausfallen, wäre es eine<br />

Katastrophe für den Sender.“ Dieser kann dann<br />

nicht mehr auf die eingespeicherte Bibliothek<br />

zugreifen, sondern muss auf die Anlagen ausweichen.<br />

„Dann machen wir es ganz altmodisch<br />

und spielen jede CD einzeln ab“, sagt Mareike<br />

uns. Aber dass es dazu nicht kommt, gibt es einen<br />

riesigen Technikraum, mit einer Menge von<br />

Servern. Dafür ist dann ein Techniker verantwortlich.<br />

Die Mitarbeiter haben alle ein eigenes<br />

Telefon und <strong>jeder</strong> kann jeden anrufen, selbst<br />

aus dem Senderaum. Das machen auch alle,<br />

denn wenn sie die anderen rufen würden, dann<br />

wäre es ziemlich laut im Studio. Es sind 4654<br />

Lieder im PC-System eingespeichert, aber davon<br />

werden nur 500 bis 700 gespielt. Insgesamt<br />

enthält die Musikbibliothek über 10.000 Lieder.<br />

Viel gewünschte Interpreten sind zum Beispiel<br />

Queen, Phil Collins und AC/DC. Die 107.7 existiert<br />

schon seit insgesamt 8 Jahren.<br />

Mareike erzählt uns auf die Frage, warum sie<br />

eine Moderatorin geworden ist und keinen anderen<br />

Beruf gewählt hat, dass sie einmal ein<br />

Praktikum beim Radio gemacht hat und dann<br />

ins Radio gekommen ist. „Ich hab schon immer<br />

viel geredet, deshalb bin ich Nachrichtensprecher<br />

geworden.“<br />

Die Arbeitszeiten sind dort in Schichten aufgeteilt,<br />

die Frühschicht beginnt bereits um 5.30<br />

Uhr. Die ersten Nachrichten kommen aber erst<br />

um 7.00 Uhr. Auf meine Frage, was der Stauflieger<br />

denn sei, antwortete sie: „Jetzt gibt es den<br />

Stauflieger leider nicht mehr. Aber damals war<br />

es ein Moderator, der mit einem Piloten in einer<br />

Cessna, einer kleinen Propellermaschine, über<br />

Staus flog und die Ergebnisse dann ins Studio<br />

funkte. Dieser stand auch in der Verbindung<br />

mit der Polizei, deshalb wusste er immer, wo es<br />

Staus gab.“<br />

Die 24-jährige Moderatorin erzählt uns, dass sie<br />

selber am meisten Rock und Heavy Metal hört.<br />

Sie sagt uns, dass das Studio völlig unterschiedliche<br />

Musikrichtungen hat. Zwischendurch sehen<br />

wir einen Moderator, der gerade die Nachrichten<br />

moderiert. Wir sehen alle uns erzählten<br />

Vorgänge, wie zum Beispiel die Lichter, die an<br />

und aus gehen. Wir erfahren außerdem noch,<br />

dass es ca. 70.000-112.000 Zuhörer tagsüber<br />

sind. Nachts sind es natürlich weniger.<br />

Als Moderator bekommt man auch noch eine<br />

Sprecherziehung, bei der man lernt, wie man<br />

beim Vorlesen gut atmet. Es sind ungefähr<br />

20 bis 30 Mitarbeiter in dem Studio. Im Marketingbereich,<br />

der einen Stock höher ist, sind es<br />

ca. 20.<br />

Wir erfahren auch, dass die Moderatoren alles<br />

immer perfekt zuschneiden, dass der Zeitplan<br />

für die Musik, die Werbung und die Nachrichten<br />

passt. Es sind mehrere Spuren, durch die<br />

alles abgespielt wird. Diese wechseln hin und<br />

her. Als wir hinausgehen, sprechen wir noch<br />

mit den anderen Moderatoren. Wir schauen uns<br />

noch einmal alles an, und dann verabschieden<br />

wir uns von Mareike Makosch und gehen.


Seite 24 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011<br />

An einem Donnerstagmittag verläuft es in der<br />

Tierklinik am Hasenberg ruhig. Das ist unter<br />

der Woche tagsüber immer so. Abends wird es<br />

regelmäßig voller. Da es dunkel ist und Erwachsene<br />

von der Arbeit zurückkommen und Tiere<br />

im Auto haben oder sie auf der Straße nicht<br />

sehen, bauen sie Unfälle, und die Tiere müssen<br />

in die Klinik.<br />

Die Klinik wird von dem Ehepaar Sinzinger und<br />

Dr. Himmelsbach betrieben. In der Klinik werden<br />

fast täglich neue Tiere, mit verschiedensten<br />

Problemen eingeliefert. Das Untersuchungspensum<br />

an Hunden und Katzen hat sich in den<br />

letzten paar Jahren nicht groß verändert.<br />

In der Klinik gibt es verschiedenste Behandlungsabteilungen:<br />

im Keller befindet sich die<br />

Krankengymnastik. Dort werden Hunde bzw.<br />

Katzen, obwohl sie schwer zu behandeln sind,<br />

nach einem Beinbruch wieder ganz fit gemacht.<br />

In einem Unterwasserlaufbad oder auf der Massagematte<br />

werden die Tiere behandelt. Frau<br />

Strodel, die Tierphysiotherapeutin, leitet die<br />

Krankengymnastik schon seit vielen Jahren.<br />

„Ich liebe meinen Beruf, weil ich es schön finde,<br />

den Tierbesitzern ein gesundes und munteres<br />

Tier mitzugeben“, sagt sie stolz. Die meisten<br />

Besitzer bleiben während der Behandlung bei<br />

ihren Tieren und helfen dadurch Frau Strodel.<br />

Der Raum für die Behandlung der Zähne<br />

ist ebenfalls im Untergeschoss, doch leider ist<br />

dieser Raum noch nicht ganz fertig eingerichtet,<br />

da die Zeit meistens fehlt. In diesem Raum<br />

werden die Zähne der Tiere untersucht oder repariert.<br />

Neben dem Zahnbehandlungsraum gibt es noch<br />

ein Zimmer, in dem sich der Computertomograph<br />

befindet. Er unterteilt den Körper in 0,5<br />

Millimeter große Schichten, die dann einzeln<br />

und gezielt untersucht werden können. Dieser<br />

Raum darf wegen der Stahlen während des<br />

Scannens nicht betreten werden. Die Tiere werden<br />

auf einer Liege in den Tomograph gescho-<br />

Antonia Mailänder<br />

„Den tierbesitzern ein gesundes<br />

und munteres tier mitgeben“<br />

Ein Besuch in einer Stuttgarter Tierklinik<br />

Im Wasserbad trainieren Tiere<br />

nach einer Operation das Laufen.<br />

ben und müssen für ein paar Minuten still liegen,<br />

damit man das Problem genau und scharf<br />

erkennen kann.<br />

Im Erdgeschoss befindet sich der Empfang, wo<br />

mindestens eine Assistentin sitzt und die Patienten<br />

empfängt. In der Eingangshalle befinden<br />

sich auch Gesprächsräume und der Raum,<br />

in dem frisch operierte Tiere gehalten und beobachtet<br />

werden. Dieser Raum ist in zwei Abteile<br />

eingeteilt; in dem einen werden die Hunde<br />

betreut, in dem anderen die Katzen. In diesen<br />

Räumen riecht es nicht sonderlich gut, weil<br />

kranke Tiere, die nicht laufen können, in die<br />

Box machen. Diese wird zwar ausgewaschen,<br />

aber der Geruch bleibt.<br />

Im ersten Stock findet man die Operationsräume,<br />

die <strong>vor</strong> oder nach einer Operation nicht<br />

betreten werden dürfen, da sie steril bleiben<br />

müssen, damit kein Dreck in die offenen Wunden<br />

geht. Es gibt insgesamt drei OP-Räume, die<br />

mit einem Röntgengerät, einem Tisch und dem<br />

Operationsbesteck eingerichtet sind. Die Röntgenräume<br />

sind ebenfalls im Operationsstockwerk.<br />

Auch hier gibt es Behandlungs- bzw.<br />

Gesprächsräume, in denen Herr Sinzinger Tiere<br />

zwei bis drei Wochen <strong>vor</strong> oder nach einer Operation<br />

untersucht. Vor der Operation macht er sich<br />

Notizen, was er operieren muss, und spricht einen<br />

Termin mit dem Besitzer ab. Er erklärt dem<br />

Besitzer, wie das Tier operiert wird und warum.<br />

Meistens wird das Tier direkt in der Klinik behalten,<br />

um es zu überwachen. Manchmal wird<br />

das Tier wieder mit nachhause genommen und<br />

am Tag <strong>vor</strong> der Operation gebracht.<br />

Nach der Operation untersucht er die Nähte<br />

von den Operationen, um zu schauen, ob alles<br />

gut verheilt ist. Bei einer Untersuchung ist immer<br />

eine Assistentin dabei, die dem Arzt beim<br />

Festhalten des Tieres hilft. Da die meisten<br />

Tiere Katzen sind und beißen, trägt die Assistentin<br />

Handschuhe. Nach einer Untersuchung<br />

bespricht der Arzt mit den Besitzern noch, ob<br />

noch eine Untersuchung erforderlich ist. Er verschreibt<br />

den Besitzern ein Medikament für das<br />

Tier und verabschiedet sich. „Man muss immer<br />

freundlich sein, sonst bekommt der Besitzer<br />

den Eindruck, dass man eigentlich gar keine<br />

Lust hat, das Tier zu untersuchen“, sagt Herr<br />

Sinzinger. Nachdem der Patient gegangen ist,<br />

wird der Untersuchungstisch sterilisiert, damit<br />

das nächste Tier untersucht werden kann.<br />

Leider müssen die Ärzte fast täglich kranke<br />

und alte Tiere einschläfern, denen nicht mehr<br />

zu helfen ist, um ihnen weiteres Leiden zu ersparen.<br />

Das fällt den Ärzten auch heute noch<br />

schwer, da sie Mitgefühl mit den Tierbesitzern<br />

haben. Eingeschläfert wird, wie das Wort es bereits<br />

sagt, mittels einer Spritze, die die Tiere<br />

einschlafen lässt und einen Herzstillstand verursacht.<br />

„Es tut den Ärzten natürlich weh ein<br />

Tier sterben zu sehen, doch man gewöhnt sich<br />

dran“, sagt Frau Sinzinger.<br />

Immer wieder gibt es Besitzer, die sich wegen<br />

sonstiger familiären und gesundheitlichen Problemen<br />

eine Krankheit ihres Tieres einreden.<br />

Die Tiere werden auf alle Fälle untersucht, aber<br />

meistens fehlt ihnen nichts. Dann bemühen<br />

sich die Ärzte den Tierbesitzern zu erklären,<br />

dass sie selbst Hilfe benötigen und schicken sie<br />

mit gutem Gewissen wieder nachhause.<br />

Die Ärzte finden ihren Beruf schön, obwohl er<br />

sehr harte Arbeit mit sich bringt. Sie freuen<br />

sich, wenn sie den Tieren das Leben erleichtern<br />

und Leiden oder Schmerzen lindern können.<br />

Besonders schön ist es, wenn sie den Tierbesitzern<br />

ein gesundes und munteres Tier nachhause<br />

geben können. Doch nach einem anstrengenden<br />

Tag freuen sich die Arzte und auch die Assistenten,<br />

nachhause zu gehen.<br />

Die Operationsräume müssen, genau wie in einem Krankenhaus für Menschen, immer steril sein.

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