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Download - Taxi Vorfahrt

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2 aufgenommen. Soweit erforderlich werden<br />

dann die Maßnahmen des Winterdienstes<br />

zuerst auf den Flächen der Einsatzstufe 1<br />

durchgeführt, bevor die Flächen der Einsatzstufe<br />

2 versorgt werden.<br />

Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe sind<br />

verpflichtet, auf allen Straßen, also Straßen<br />

sowohl der Einsatzstufe 1 als auch der Einsatzstufe<br />

2 von Schnee zu befreien. Zudem<br />

sind sie stets verpflichtet, Fußgängerüberwege<br />

mit abstumpfenden Mitteln zu bestreuen.<br />

Die Fahrbahnen der Einsatzstufe<br />

1 sollen samt Radfahrstreifen an Kreuzungs-<br />

und Einmündungsbereichen, Fußgängerüberwegen,<br />

Haltespuren des Omnibuslinienverkehrs<br />

sowie besonderen Gefahrenstellen<br />

von Schnee- und Eisglätte befreit<br />

werden. Das kleine Wörtchen „sollen“ im<br />

Gesetzestext impliziert hierbei jedoch, dass<br />

den Berliner Stadtreinigungsbetrieben noch<br />

ein Ermessen dahingehend zukommt, ob<br />

die in diesem Zusammenhang geforderten<br />

Winterdienstmaßnahmen erforderlich sind<br />

und in welchem Umfang sie gegebenenfalls<br />

tatsächlich durchgeführt werden.<br />

Eine Streuung der gesamten Strecken soll<br />

jedenfalls grundsätzlich nicht erfolgen.<br />

Nur wenn die Witterungsbedingungen es<br />

erfordern, darf auch eine Streckenstreuung<br />

vorgenommen werden. Aus ökologischen<br />

Gründen hat sich der Gesetzgeber des<br />

Straßenreinigungsgesetzes grundsätzlich<br />

auch gegen die Verwendung von Streusalz<br />

entschieden. Lediglich bei extremer Glätte<br />

darf Streusalz auch vorbeugend zum Einsatz<br />

kommen. Auf Straßen der Einsatzstufe 2 ist<br />

auch diesbezüglich Zurückhaltung geboten.<br />

Kommt es auf der witterungsbedingt glatten<br />

Fahrbahn zu einem Unfall, stellt sich die<br />

Frage, ob eine Verletzung der Winterdienstpflicht<br />

vorliegt und möglicherweise ein<br />

Schadensersatzanspruch gegen die Berliner<br />

Stadtreinigungsbetriebe besteht. Da die Berliner<br />

Stadtreinigungsbetriebe die winterdienstlichte<br />

Versorgung der öffentlichen Straßen<br />

für das Land Berlin hoheitlich ausführen (§<br />

4 Abs. 1 S. 4 StrReinG), handelt es sich bei<br />

dem Schadensersatzanspruch um einen<br />

Amtshaftungsanspruch gemäß Art. 34 GG in<br />

Verbindung mit § 839 BGB. Ein Anspruch auf<br />

Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung<br />

muss daher in erster Instanz vor dem<br />

Landgericht geltend gemacht werden (§ 71<br />

Abs.2 GVG). Vor Landgerichten besteht wegen<br />

§ 78 Abs. 1 ZPO Anwaltszwang, d.h. die<br />

Parteien müssen sich durch einen Rechtsanwalt<br />

vertreten lassen.<br />

Ob eine solche (Amts-)Pflichtverletzung vorliegt,<br />

richtet sich zunächst danach, welcher<br />

Einsatzstufe die unfallörtliche Straße unterliegt.<br />

Dies ist über das Bezirksamt Berlin,<br />

Amt für regionalisierte Ordnungsaufgaben,<br />

in Erfahrung zu bringen. Als zweites ist zu<br />

prüfen, ob die Witterungsbedingungen Maß-<br />

nahmen des Winterdienstes erforderlich<br />

gemacht haben. Wenn auch dies zu bejahen<br />

ist, muss letztlich noch der kausale Zusammenhang<br />

zwischen Unfall und Pflichtverletzung<br />

hergestellt werden. Hier kommt den<br />

anspruchsstellenden Geschädigten eine<br />

Beweiserleichterung zugute, da es sich um<br />

einen typischen Geschehensablauf handelt<br />

und grundsätzlich anzunehmen ist, dass die<br />

Verletzung der Streupflicht unfallursächlich<br />

war. So spricht beispielsweise bei einem<br />

Auffahrunfall im Kreuzungsbereich, bei dem<br />

es dem Auffahrenden auf nicht gestreuter<br />

Straße trotz eingeleiteter Bremsung nicht gelingt,<br />

sein Fahrzeug zum Halt zu bringen, und<br />

es zur Kollision kommt, der Anscheinsbeweis<br />

dafür, dass der Unfall auf das unterbliebene<br />

bzw. mangelhafte Streuen zurückzuführen<br />

ist. In diesem Fall obliegt es den Berliner<br />

Stadtreinigungsbetrieben, diese Vermutung<br />

zu erschüttern, indem sie Tatsachen darlegt<br />

und beweist, aus denen sich die ernsthafte<br />

Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs<br />

ergibt. Gelingt dies, muss der Anspruchssteller<br />

den Vollbeweis antreten.<br />

Im Rahmen des Schadens ist zudem ein<br />

mögliches Mitverschulden des Fahrzeugfahrers<br />

zu berücksichtigen. Um ein solches<br />

ausschließen zu können, obliegt es diesem<br />

darzulegen und nötigenfalls zu beweisen,<br />

dass er die ihm in der entsprechenden Situation<br />

obliegende Sorgfaltspflicht beachtet<br />

hat. Dies gelingt nur dann, wenn er glaubhaft<br />

darlegen kann, dass er höchste Aufmerksamkeit<br />

hat walten lassen und sich den Straßenverhältnissen<br />

beispielsweise durch Reduzierung<br />

der Geschwindigkeit angepasst hat.<br />

Gelingt dies dem Fahrer nicht, so kann der<br />

Grad seines Mitverschuldens so hoch sein,<br />

dass ein Schadensersatzanspruch gänzlich<br />

ausgeschlossen ist. Wegen der hohen Anforderungen<br />

an die Sorgfaltspflichten eines<br />

Kraftfahrzeugfahrers kann bereits bei geringen<br />

Sorgfaltspflichtverletzungen ein hälftiges<br />

Mitverschulden anzunehmen sein.<br />

Straßenschäden nach Frostperiode<br />

Nach einer längeren Frostperiode ist vermehrt<br />

mit Schlaglöchern zu rechnen. Diese<br />

zu beseitigen und die Straßen wieder in einen<br />

verkehrssicheren Zustand zu versetzen,<br />

obliegt gemäß § 7 Abs. 2 Berliner Straßengesetz<br />

dem Land Berlin. Kommt es also aufgrund<br />

eines Schlaglochs zu einem Schaden,<br />

wäre das Land Berlin der richtige Anspruchsgegner.<br />

Da es sich wiederum um einen<br />

Schadensersatzanspruch aus einer Amtspflichtverletzung<br />

handelt, wäre letztlich auch<br />

hier aus den oben genannten Gründen eine<br />

Klage vor dem Landgericht zu erheben.<br />

Ob ein Schadensersatzanspruch besteht,<br />

richtet sich nach von den Gerichten ausgeformten<br />

und für den Geschädigten strengen<br />

Voraussetzungen. Nach der ständigen<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Vorfahrt</strong> - Dezember 2012 -<br />

Rechtsprechung haben die Benutzer der<br />

öffentlichen Straßen deren Zustand nämlich<br />

grundsätzlich so hinzunehmen, wie sie sich<br />

ihnen erkennbar darbieten. Ohnehin ist eine<br />

völlige Gefahrlosigkeit mit zumutbaren Mitteln<br />

nicht zu erreichen. Lediglich wenn eine<br />

Gefahrenstelle trotz Anwendung der von<br />

den Verkehrsteilnehmern zu erwartenden<br />

eigenen Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar<br />

ist oder diese sich nicht rechtzeitig auf<br />

die Gefahrenlage einstellen können, kommt<br />

eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht<br />

in Betracht. In einem solchen Fall sind<br />

Vorsorgemaßnahmen geboten, die bis zur<br />

Wiederherstellung des verkehrssicheren Zustands<br />

durch Aufstellen von Warnhinweisen,<br />

Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen<br />

bis hin zu Straßensperrungen eine<br />

Gefährdung der Verkehrsteilnehmer ausschließen.<br />

Unter Umständen kann es wegen<br />

der Erheblichkeit der Straßenschäden kapazitätsbedingt<br />

und unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten nicht möglich bzw. unzumutbar<br />

sein, Straßenschäden zeitnah sowie<br />

dauerhaft auszubessern. Insbesondere in<br />

wenig befahrenen Nebenstraßen mit untergeordneter<br />

Verkehrsbedeutung kann daher<br />

vermehrt mit Straßenschäden zu rechnen<br />

sein. Gerade aufgrund der oftmaligen Thematisierung<br />

in den Medien und der allgemeinen<br />

Bekanntheit des Problems, dass durch Frost<br />

Schäden an der Fahrbahn hervorgerufen<br />

werden, ist davon auszugehen, dass auch<br />

Kraftfahrzeugfahrern das Problem bekannt<br />

ist. Deshalb ist von ihnen eine erhöhte Vorsicht,<br />

Aufmerksamkeit und Sorgfalt zu erwarten,<br />

was im Falle der Nichtbeachtung bei<br />

einer Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs<br />

im Rahmen des Mitverschuldens<br />

ins Gewicht fällt.<br />

Letztlich bleibt allen zu wünschen, sicher<br />

und unfallfrei durch den Winter zu kommen.<br />

Allzeit gute Fahrt wünscht Ihnen<br />

Jürgen Waldheim<br />

Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

Kanzlei Waldheim, Wilbert, Struß<br />

Sächsische Straße 70, 10707 Berlin<br />

Tel.: (030) 859 089 0<br />

Fax.:(030) 859 089 22<br />

Mail: office@wws-law.de<br />

www.wws-law.de<br />

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