Zur PDF-Ansicht - Umweltinstitut München e.V.
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Münchner Stadtgespräche Nr. 65 5/2013<br />
23<br />
Umsätze der Konzerne steigen angesichts teurer Saatgutmonopole und<br />
steigendem Spritzmitteleinsatz. Agrochemie-Konzerne wie Monsanto<br />
sind keine traditionellen Züchter. Erst die Einführung der Gentechnik mit<br />
der Möglichkeit, weitreichende Patente anzumelden und neue Strategien<br />
zur Gewinnmaximierung umzusetzen, war für diese Konzerne der<br />
Anreiz, in den Markt einzusteigen. Inzwischen dominieren diese Konzerne<br />
den internationalen Saatgutmarkt sogar im Bereich der konventionellen<br />
Züchtung. Die Preise für das Saatgut steigen, die Anzahl der<br />
Landwirte, die die eigene Ernte zur Wiederaussaat verwenden, ist stark<br />
zurückgegangen. Mögliche Patentverstöße der Landwirte werden unter<br />
anderem mit der Hilfe von Detektiven verfolgt.<br />
Entwicklung in der EU<br />
Bisher gibt es in der EU nur wenige Regionen (insbesondere Spanien), in<br />
denen gentechnisch veränderter Mais angebaut wird. Allerdings stehen<br />
2013 eine Reihe von weiteren Zulassungsentscheidungen an, darunter<br />
auch ein Antrag für den Anbau herbizidresistenter Soja und Mais. Angesichts<br />
der Folgen des Anbaus dieser Pflanzen in den USA werden diese<br />
anstehenden Entscheidungen richtungsweisend für die weitere Entwicklung<br />
der Landwirtschaft in der EU sein.<br />
Durch den Import von Millionen Tonnen an Futtermitteln gelangt<br />
auch eine große Palette an Produkten aus der US-Landwirtschaft in die<br />
Nahrungsmittelproduktion der EU. Mit diesen Produkten geraten kontinuierlich<br />
Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und/oder Insektengiften<br />
ins Tierfutter, die bisher in Lebens- und Futtermitteln nicht oder<br />
nur in geringeren Mengen vorhanden waren. Welche Auswirkungen das<br />
langfristig auf die Gesundheit der Nutztiere und auf die von ihnen gewonnenen<br />
Produkte hat, wurde bisher nicht ausreichend untersucht.<br />
Immerhin gibt es in der EU aber eine Kennzeichnungspflicht. Gentechnisch<br />
veränderte Pflanzen in Lebensmitteln sind für den Verbraucher<br />
kenntlich zu machen, bisher verzichten die großen Lebensmittelhersteller<br />
auf ihren Einsatz. Auch hier könnte sich in Zukunft manches<br />
ändern: Kommt die EU-Freihandelszone mit den USA, besteht die Gefahr,<br />
dass Wahlfreiheit und Transparenz dem freien Warenverkehr geopfert<br />
werden.<br />
Frankenfish around the corner?<br />
Gentechnisch veränderte Tiere zur Produktion von Nahrungsmitteln sind<br />
weltweit noch nirgendwo zugelassen. <strong>Zur</strong> Zulassung in den USA angemeldet<br />
ist gentechnisch veränderter „Turbo-Lachs“ der Firma Aqua-<br />
Bounty, der mit einem zusätzlichen Gen für Wachstumshormone ausgestattet<br />
wurde und wesentlich schneller wächst als seine konventionell<br />
gezüchteten Artgenossen. Bereits 2010 hatte sich die US-Lebensmittelbehörde<br />
FDA (US Food and Drug Administration) positiv über die Si-<br />
cherheit der Fische geäußert. Über die Zulassung wird in den USA heftig<br />
diskutiert.<br />
In Kanada gezüchtete „Enviropig-Schweine“ produzieren in ihrem<br />
Speichel ein Enzym (Phytase), das Phosphorverbindungen abbaut. So<br />
soll die Futterverwertung verbessert und die Ausscheidung von Phosphor<br />
verringert werden. Ob und wann diese Schweine den Markt erreichen<br />
werden, lässt sich aber noch nicht absehen. Entwickelt wurden sie<br />
– ebenso wie der gentechnisch veränderte Lachs – schon vor über zehn<br />
Jahren. Angeblich wurde das Projekt Anfang 2012 aus Kostengründen<br />
eingestellt. Weitere im Bereich der Nahrungsmittelproduktion geplante<br />
Anwendungen sind beispielsweise virusresistente Nutztiere oder Kühe,<br />
deren Milch humanisiert wurde.<br />
Auch bei Insekten sind die Gentechnikfirmen aktiv: Die englische<br />
Firma Oxitec hat gentechnisch veränderte Insekten bereits in Brasilien,<br />
Malaysien und den Cayman Islands ausgesetzt. Oxitec preist ihre Mücken-Lösung<br />
als umweltfreundlich und effektiv an und will u.a. auch<br />
Weltweit wird an neuen Geschöpfen aus<br />
dem Gentechnik-Zoo gearbeitet<br />
Mücken zur Malariabekämpfung und zur Bekämpfung landwirtschaftlicher<br />
Schädlinge einsetzen. Gentechnisch veränderte Insekten, die in<br />
Gemüse- und Obstkisten gelangen, könnten dann auch zur Beilage von<br />
Lebensmitteln werden.<br />
Schöne neue synthetische Biologie<br />
Trotz allen Zweifeln an der Sicherheit der Produkte und der Ablehnung<br />
durch die Verbraucher wird also weltweit an neuen Geschöpfen aus<br />
dem Gentechnik-Zoo gearbeitet. Unterstützt werden die Träume der<br />
Gentechniker durch neue technische Verfahren zur Gensynthese und<br />
der Synthetischen Biologie, die es ermöglichen, am Computer neue<br />
DNA-Verbindungen herzustellen und in Lebewesen einzubauen, die es<br />
bisher in der Natur nicht gegeben hat. Beispiel ist der Mais SmartStax:<br />
Eines seiner Insektengifte wurde durch die Fusion der DNA mehrerer<br />
natürlicher Insektengifte synthetisiert. Diese künstlich synthetisierte<br />
DNA und das neue Gift gelangen mit den Pflanzen in die Nahrungskette<br />
und in die Umwelt, ohne dass die Langzeitfolgen untersucht wurden. Ein<br />
anderes Beispiel aus der pharmazeutischen Forschung sind Schimpansen,<br />
in deren Erbgut per Gensynthese DNA eingebaut wurde, die nach<br />
Vorlage von Insektenerbgut „designed“ wurde. Für das Europäische Patentamt<br />
ist das einfach nur eine patentwürdige Erfindung. Die Zivilgesellschaft<br />
sollte in diesem Beispiel aber einen deutlichen Warnhinweis<br />
sehen, dass die ethischen Grenzen überschritten werden.<br />
text Dr. Christoph Then<br />
Testbiotech e.V.<br />
Foto Fotolia