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Buch - Integrale Psychotherapie

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36 W. M. Weinreich: <strong>Integrale</strong> <strong>Psychotherapie</strong><br />

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Wissenschaftlern schon aus Gründen statistischer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen<br />

wird. 32 Stattdessen müsse im Kósmos ein Selbsttranszendenzvermögen<br />

vorhanden sein, das eine gerichtete emergente Evolution (Quantenevolution)<br />

zu immer mehr Komplexität möglich macht. 33 Diese ende letztendlich<br />

im »Bewußtsein an sich«, das er in Anlehnung an die klassische<br />

idealistische Philosophie »GEIST« (spirit) nennt. Dabei warnt er ausdrücklich<br />

davor, diesen Begriff mit Vorstellungen eines mythischen Gottes mit<br />

menschlichen bzw. übermenschlichen Eigenschaften zu besetzen, wie es in<br />

(fast) allen Religionen getan wird. Diese personifizierten Gottesvorstellungen<br />

entspringen seines Erachtens prärationalen Entwicklungsebenen des Bewußtseins<br />

und werden spätestens von der Moderne ad absurdum geführt. 34<br />

Vielmehr scheine dieses »Bewußtsein an sich« eine Singularität jenseits aller<br />

rationalen Faßbarkeit zu sein, ähnlich wie jene, aus der der Urknall hervorging.<br />

Während sich die Singularität des Urknalls als Analogie noch am ehesten<br />

mit einem unendlich kleinen Punkt mit unendlich großer Masse vorstellen<br />

läßt, würde dem »Bewußtsein an sich« noch am ehesten die Metapher<br />

eines unendlich großen, eigenschaftslosen Raumes gerecht. Demzufolge<br />

weist Wilber ausdrücklich darauf hin, daß »Bewußtsein an sich« nicht mit<br />

Bewußtseinsformen (z.B. verschiedene Muster des Wahrnehmens, Denkens,<br />

Fühlens etc.) oder -inhalten (Bilder, Wünsche etc.) verwechselt werden darf:<br />

„Weil Bewußtsein Tiefe ist, kann man ihm keine Eigenschaften zuschreiben.<br />

Es ist Tiefe und nicht eine bestimmte, mit Eigenschaften<br />

32<br />

vgl. Wilber, 1997b, S. 48; Schon die zufällige Evolution von Leben hat nach E.<br />

Laszlo eine (Un-) Wahrscheinlichkeit von 1:101230. Auch der Vater der Urknall-<br />

Theorie, F. Hoyle, geht davon aus, daß physikalische und chemische Gesetze<br />

nicht zufällig und die Entstehung von Leben gesetzmäßig sei. Ähnlicher Meinung<br />

sind auch verschiedene andere Wissenschaftler, z.B. die Verfechter des Anthropischen<br />

Prinzips. (vgl. Lebt die Menschheit in der Matrix? auf: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,328008,00.html,<br />

16.11.2004; Anthropisches<br />

Prinzip. auf: http://de.wikipedia.org/wiki/Anthropisches_Prinzip, 19.8.2004)<br />

33 vgl. Wilber, 1997b, S. 43 ff<br />

34<br />

vgl. Wilber, 1996a, S. 426 ff; Wilber, 1997b, S.49; Die Auswirkungen auf die<br />

Psychologie werden im Kapitel »Die Prä/Trans-Verwechslung« beschrieben.<br />

gekürzte Onlineversion 37<br />

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ausgestattete Ebene der Tiefe wie Empfindung, Impuls, Wahrnehmung<br />

oder Intention: Das sind Formen des Bewußtseins, nicht Bewußtsein<br />

an sich.“ 35<br />

An anderer Stelle beschreibt er dieses »Bewußtsein an sich« auch als grundund<br />

formlose Leere, die jedoch schöpferische Ursache des gesamten Kósmos<br />

und gleichzeitig allen existierenden Phänomenen immanent ist. 36 Da<br />

GEIST nach Wilber jenseits des rational Erfaßbaren liegt, ist jeder Versuch,<br />

ihn sprachlich zu erfassen, eine „beschreibende Nichtbeschreibung“, eine<br />

„ poet i s c he Me t a pher … und k ei n wi r k l i ches Mode l l “ : „G E I S T is t r a d i k a l …<br />

l ee r von j eg l i c he n E i g ens cha f t e n, ei ns c hl i e ßl i ch di es er Cha r a k t er i s i e r ung …“ 37<br />

Seiner Meinung nach ist aufgrund der besonderen Natur des GEISTES das<br />

Leib-Seele-Problem weder durch die Naturwissenschaften noch durch die<br />

Geisteswissenschaften wirklich zu lösen, „… weil ja gerade diese beiden<br />

Modi integriert werden müssen, und eben dies können sie aus sich heraus<br />

nicht leisten …“, die Lösung müsse also auf einer umfassenderen Ebene<br />

gefunden werden. Daher sei sie keine empirische Entdeckung und auch<br />

keine rationale Herleitung, sondern nur der kontemplativen Wahrnehmung<br />

zugänglich, da diese die Ebenen von Natur- und Geisteswissenschaft transzendiere.<br />

Die dadurch gewonnene Erkenntnis der Nondualität sei sehr<br />

wohl verifizierbar, aber ausschließlich durch jene, die die gleiche kontemplative<br />

Injunktion angewendet haben. 38<br />

35<br />

Wilber, 1996a, S. 621; Kursivsetzung aus dem Original übernommen. Im gleichen<br />

Sinne können Energie und Elementarteilchen als Formen der »Materie an<br />

sich« betrachtet werden.<br />

36<br />

vgl. Wilber 1997b, S. 289 f; Wilber, 2001a, S. 29; Wilber, 1996a, S. 660, als<br />

verbindende Assoziation die 2. Strophe des Rilke-Gedichtes. An einer Stelle bezeichnet<br />

Wilber sich ausdrücklich als Panentheist. (vgl. Wilber, Involution (und<br />

Evolution), auf: www.ak-kenwilber.de, 3. 8. 2003)<br />

37<br />

Wilber, Auszug G: Auf dem Weg zu einer umfassenden Theorie der subtilen<br />

Energien. auf: www.worldofkenwilber.com, 30. 8. 2003<br />

38<br />

vgl. Wilber, 2000, S. 143 ff, auch Wilber, 2001a, S. 195-209. Somit sind auch<br />

Körper und Bewußtsein im unten besprochenen Quadrantenmodell nur mentale

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