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Streif lichter zur Bildungspolitik

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--.<br />

Haben sie sich bewährt? Ich fasse meine -<br />

persönliche - Beurteilung stichwortartig zusammen:<br />

- Die Bildungsanstrengungen im deutschen<br />

Fachhochschulbereich sind eindrücklich.<br />

Neue Lehranstalten wurden eröffnet: die bestehenden<br />

Schulen konnten ihre Ausbildungsprogramme<br />

und Laboratorien dank<br />

grosszügiger Kredite wesentlich erweitern.<br />

- Schwierigkeiten bietet das vorgeschriebene<br />

Praktikum. zweimal ein Semester während<br />

der offiziellen vierjährigen Studiendauer. zum<br />

Beispiel in Baden-Württemberg. Aus naheliegenden<br />

Gründen zeigt die deutsche Industrie<br />

wenig Interesse für diese Praktikanten.<br />

hätte sie doch lieber die früheren «Lehrlinge».<br />

- Die Entlastung der akademischen Hochschulen<br />

ist geringer als erwartet. Die Gymnasiasten<br />

gehen lieber 1-2 Jahre länger <strong>zur</strong><br />

Schule. um die allgemeine Hochschulreife<br />

(= Abitur). statt nur die fachgebundene<br />

Hochschulreife. zu erwerben. Anschliessend<br />

treten sie aber in eine «richtige. Hochschule<br />

ein (Universität oder technische Universität).<br />

- Der Industrie fehlen die früheren praxisund<br />

anwendungsbezogenen Ingenieure.<br />

- Die akademischen Hochschulen sind<br />

überfüllt. Zur teilweisen Ableitung der Abiturientenlawine<br />

werden neuerdings Studienakademien<br />

eröffnet. die ein Ingenieurdiplom<br />

nach kurzer berufsbegleitender Schulung<br />

verleihen. Ob dieser neue Ingenieurtyp die<br />

Absolventen der alten Ingenieurschulen ersetzen<br />

kann, ist fraglich.<br />

- Die Integration der verschiedenen Lehranstalten<br />

zu Gesamthochschulen bietet mehr<br />

Schwierigkeiten als erwartet. So gehören zum<br />

Beispiel die Fachhochschule Furtwangen<br />

(= HTL) und die Kunsthochschule Trossingen<br />

zum Gesamthochschulbereich Tübingen: die<br />

Bindungen sind aber nicht sehr eng. Vergleichsweise<br />

sind die Kontakte zwischen der<br />

HTL Winterthur und der ETH Zürich enger.<br />

ohne dass die beiden Lehranstalten Teil der<br />

glciclicii tiesriin thochschule w;iren.<br />

~ üie<br />

kinreihung in Gruppe A oder B des<br />

FEANI-Registers ist weiterhin umstritten.<br />

Seit dem Kongress von 1970 hat auch<br />

Frankreich seine technische Ausbildung mo-<br />

dernisiert. Mit 18 Jahren wird man Techni-<br />

cien. mit 20 Jahren Technicien supérieur. Der<br />

höhere Techniker wird. nach dem Bestehen<br />

des Baccalauréats, am Institut universitaire<br />

de technologie ausgebildet, also an einer<br />

Universität (Kurzstudium). Die Ingenieure<br />

figurieren andererseits nach wie vor alle in der<br />

Gruppe A des FEANI-Registers.<br />

In der Schweiz sind die HTL-Studenten beim<br />

Eintritt etwa 2 I. beim Diplom etwa 24 Jahre<br />

alt. In einem Alter. wo der Franzose bereits<br />

sein Diplom als Technicien superieur besitzt,<br />

kann der Schweizer sein HTL-Studium<br />

überhaupt erst beginnen.<br />

Man wirft den schweizerischen HTL-Direk-<br />

toren gelegentlich vor. sie seien allzu be-<br />

scheiden gewesen: sie hätten deshalb den<br />

Anschluss verpasst. als sie den deutschen und<br />

französischen Bestrebungen nicht gefolgt<br />

seien. Wir stehen aber nach wie vor zu der am<br />

Dozentenkongress von 1970 geäusserten<br />

Auffassung: Unsere Industrie braucht so-<br />

wohl theorie- als auch anwendungsbezogene<br />

Ingenieure. Wir wollen unsere HTL nicht in<br />

Fachhochschulen umwandeln (wie in<br />

Deutschland); wir wollen nicht in den uni-<br />

versitären Bereich eingereiht werden (wie die<br />

IUT in Frankreich), wir möchten auch nicht<br />

Teil einer Gesamthochschule sein. Aber wir<br />

stellen eine bescheidene Forderung: Das. was<br />

sich in den letzten Jahren ganz natürlich ein-<br />

gebürgert hat und heute CleJuclo besteht. soll<br />

irn neuen Berufsbildungsgesetz auch de jirre<br />

verankert werden.<br />

Die HTL soll Ingenieurschule heissen. und<br />

ihre Absolventen sollen sich als Ingenieure<br />

bezeichnen dürfen.<br />

Literaturhinweis<br />

I. FEANI. Europaisches Register der hoheren<br />

technischen Berufe. 2.. prov. Ausgabe, April<br />

1965, I, Boulevard Malesherbes. Paris 8 e.<br />

Die Maturandenlawine<br />

und der Numerus clausus<br />

In früheren Beiträgen («STZ» 35/36 und<br />

39/40) haben wir dargelegt, dass einzelne in-<br />

ternationale Statistiken die Schweiz als «bil-<br />

dungspolitisch unterentwickelt» dargestellt<br />

hatten. In der Folge erschallte ein Notruf<br />

durch unser Land: Wir brauchen mehr<br />

Gymnasiasten, wir brauchen mehr Akade-<br />

miker. Die kantonalen Erziehungsdirektoren<br />

begannen um die möglichst rasche Erhöhung<br />

der Gymnasiastenzahlen zu wetteifern. So<br />

nennt das Leitbild des Kantons Baselland aus<br />

dem Jahre 1968 folgende Ziele: Im Jahr 1980<br />

15"n. im Jahr 2000 25% Absolventen einer<br />

Mittelschule. bezogen auf den Altersjahr-<br />

gang. Andere Kantone legten ähnlich über-<br />

setzte Ziele fest.<br />

Seither hat sich das Bild gewandelt. Es wurde<br />

allmählich klar. dass diese Statistiken irre-<br />

führend waren. Die Schweiz hatte den Begriff<br />

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