Programmheft - via nova - zeitgenössische Musik in Thüringen eV
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<strong>in</strong>s Dunkel gezogen – und frech emotionaler Spielfreude hat die Sprache ihren<br />
Auftritt: Wortmusikalischer Dialog schafft e<strong>in</strong> Theater ohne Kulissen. Se<strong>in</strong><br />
Fluchtpunkt s<strong>in</strong>d Fragen. Die letzte davon zerfällt <strong>in</strong> phosphoreszierende Silbengruppen<br />
– zurückschaudernd vor der schwarzen Decke, die uns vor Augen<br />
ist, so daß wir »tappen am Mittag wie e<strong>in</strong> Bl<strong>in</strong>der tappt im Dunkeln«: es ist die<br />
Frage nach unserem Woher und Woh<strong>in</strong>, die von Zweifeln gefolterte Sehnsucht<br />
nach verlorener Heimat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Glauben ohne Spuk.<br />
Damit ist es ernst, und deshalb s<strong>in</strong>d der Okkultismus – als schicke Beulenpest<br />
aufgeklärter Jahrhunderte – und der ihn begleitende Wahn, sich <strong>in</strong> maskierten<br />
Geheimbünden vor dem geme<strong>in</strong>en Volk zu verstecken, ke<strong>in</strong>e Lösungen, sondern<br />
Teile des dramatischen Konflikts.<br />
Pèter Köszeghy<br />
MITTwOcH, 0. MäRz 00 MITTwOcH, 0. MäRz 00<br />
Geboren 1971 <strong>in</strong> Balassagyarmat (Ungarn). 1993-1999<br />
Kompositionsstudium an der »HfM Hanns Eisler,<br />
Berl<strong>in</strong>« bei Prof. P. H. Dittrich, Elektronische <strong>Musik</strong><br />
bei A. Bartetzki. 1999 Diplom im Fach Komposition,<br />
seitdem lebt Köszeghy als freischaffender Komponist<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. 2000/2001 abgebrochenes Kompositionsstudium<br />
an der »Hochschule für <strong>Musik</strong> und<br />
Theater« <strong>in</strong> Frankfurt/M. bei Prof. H. Zender.<br />
Köszeghy erhielt zahlreiche Kompositionspreise, u.a.<br />
3 mal den Hanns-Eisler-Preis (1995, 1997, 1999); e<strong>in</strong>en 1. Preis beim Kompositionswettbewerb<br />
des Hessischen Staatstheaters (1999); e<strong>in</strong>en 1. Preis beim<br />
Internationalen Kompositionswettbewerb »Biennale Neue <strong>Musik</strong> Hannover<br />
2001«; 2001 e<strong>in</strong>en 2. Preis des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (»10 Jahre<br />
ORB«); 2003 e<strong>in</strong>en 1. Preis des Kompositionswettbewerbs der »Viola-Stiftung<br />
Walter Witte, Frankfurt/a.M.; 2004 e<strong>in</strong>en 1. Preis <strong>in</strong> der Kategorie »schwer«<br />
beim Kompositionswettbewerb für das »Trio Aeolian«.<br />
Er wurde zu zahlreichen Festivals e<strong>in</strong>geladen, u.a. 1999 zum 4. Nachwuchsforum<br />
der Gesellschaft für Neue <strong>Musik</strong> nach Frankfurt/M.; 2000 zum 1. Internationalen<br />
Komponistenforum des C.D.M.C. /Centre de documentation de la<br />
musique contenpora<strong>in</strong>e de Paris/; 2004 zum Festival »<strong>Musik</strong> unserer Zeit« der<br />
Hochschule für <strong>Musik</strong>, Münster, mit Portraitkonzert und Gesprächen.<br />
Er arbeitete mit namhaften Solisten wie Car<strong>in</strong> Lev<strong>in</strong>e, Seth f. Josel, Peter Veale<br />
und mit Ensembles wie oh-ton Ensemble (Oldenburg), Ensemble Junge <strong>Musik</strong>,<br />
Berl<strong>in</strong>, Ensemble Modern, Trio les trois en bloc zusammen.<br />
Se<strong>in</strong> Gesamtwerk ist seit 2004 bei dem »Edition Juliane Kle<strong>in</strong>« verlegt.<br />
»Die Macht des Gesanges« für Sprecher und Streichquartett.<br />
Texte zu vertonen ist e<strong>in</strong>e der schwersten Aufgaben e<strong>in</strong>es Komponisten. Natürlich<br />
möchte man meistens e<strong>in</strong>en Text nehmen, der künstlerisch wertvoll<br />
ist, jedoch ist bei solchen Texten die Gefahr sehr hoch: warum noch vertonen,<br />
wenn es bereits <strong>in</strong> sich selbst e<strong>in</strong> schönes, gutes, wertvolles Gedicht ist? Meistens<br />
wird durch solche Versuche mehr zerstört als besser, wertvoller gemacht.<br />
Diese Überlegung betrifft aber me<strong>in</strong>er Ansicht nach vor allem die Vertonung<br />
e<strong>in</strong>es Textes durch Gesang. Dieses Medium ist für mich zu hart, zu dom<strong>in</strong>ierend,<br />
um die Schönheiten der Sprache gut umsetzen zu können.<br />
E<strong>in</strong> Sprecher bzw. e<strong>in</strong>e Sprecher<strong>in</strong> versetzt diese Problematik gleich auf e<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>fachere Ebene. Da e<strong>in</strong> gesprochener Text mehr Schauspielerisches erlaubt<br />
bzw. die Interpretation durch re<strong>in</strong>es Sprechen offener bleibt, bleibt der<br />
Orig<strong>in</strong>altext wertvoll, wie wenn e<strong>in</strong> Schauspieler e<strong>in</strong> Gedicht vorträgt – dort<br />
natürlich ohne musikalische Unterstützung. Er wird besser verständlich durch<br />
die Interpretation im Gesprochenen.<br />
Bei diesem Stück war deswegen Schillers Gedicht der wichtigste Bestandteil<br />
für die <strong>Musik</strong>. Die Dramaturgie des Gedichtes, die Gefühle, die es auslöst, die<br />
Farben, die <strong>in</strong> dieser wunderschönen Sprache enthalten s<strong>in</strong>d und natürlich<br />
der S<strong>in</strong>n des Ganzen standen als e<strong>in</strong>e musikalische Vision schon beim Lesen<br />
des Gedichtes <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Kopf fest. Schiller war e<strong>in</strong> <strong>Musik</strong>er, der durch se<strong>in</strong>e<br />
Sprache die <strong>Musik</strong> <strong>in</strong> Gedichten kodiert versteckt hatte.<br />
Das heißt natürlich auf ke<strong>in</strong>en Fall, dass die <strong>Musik</strong> des Streichquartetts auf der<br />
Ebene der Programmmusik bleibt: sie kommentiert das Gedicht, reagiert auf<br />
die Worte, unterstützt die Farbigkeit und bleibt die musikalische Grundmauer<br />
des Stückes.<br />
Durch die Auswahl der Besetzung werden die Grenzen zwischen verbaler<br />
und musikalischer Kunst überschritten. Das Re<strong>in</strong>e wird verwischt, um durch<br />
»Beschmutzen« der jeweiligen künstlerischen Ebenen den wahren Wert des<br />
Schillertextes <strong>in</strong> den Vordergrund zu stellen.<br />
Pèter Köszeghy, Berl<strong>in</strong>, den 19.01.2005