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23<br />

CARL GEORG ANTON GRAEB<br />

1816 - Berlin - 1884<br />

Der Vestatempel in Tivoli<br />

Schwarze Krei<strong>de</strong>, braun und grau laviert auf Papier.<br />

Unten rechts mit Bleistift signiert, datiert und betitelt: Carl Graeb / Vestatempel Tivoli / 6. August 1843.<br />

278 x 405 mm<br />

Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />

Carl Graeb gehörte zu <strong>de</strong>n führen<strong>de</strong>n Berliner Architekturmalern. Er studierte bei <strong>de</strong>m Hoftheatermaler<br />

Johann Gerst und an <strong>de</strong>r Berliner Aka<strong>de</strong>mie bei Karl Blechen. Reisen führten ihn in die Schweiz,<br />

nach Frankreich und Italien.<br />

1843 war das Jahr von Graebs Italienreise.Von März bis En<strong>de</strong> Juli hielt sich <strong>de</strong>r Künstler in Rom auf. 1 Die<br />

vorliegen<strong>de</strong> Zeichnung ist auf <strong>de</strong>n 6. August 1843 datiert, also kurz nach Graebs Abreise aus Rom<br />

entstan<strong>de</strong>n. Dargestellt ist eine Ansicht von Tivoli mit <strong>de</strong>n Ruinen <strong>de</strong>s römischen Vestatempels, <strong>de</strong>r sich<br />

auf einer Anhöhe über <strong>de</strong>r Schlucht <strong>de</strong>s Aniene befin<strong>de</strong>t. Mit seinen zahlreichen Wasserfällen gehörte<br />

<strong>de</strong>r Ort zu <strong>de</strong>n beliebtesten Motiven <strong>de</strong>r Künstler <strong>de</strong>s 18. und 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Ganz ungewöhnlich ist<br />

aber <strong>de</strong>r Blickpunkt, <strong>de</strong>n Carl Graeb für seine Darstellung wählte. Offenbar stand er unterhalb <strong>de</strong>r 1835<br />

eingeweihten Ponte Gregoriano an einer Stelle, die wenige Jahre zuvor kaum zugänglich war. Nach <strong>de</strong>m<br />

katastrophalen Hochwasser <strong>de</strong>s Aniene von 1826, das zahlreiche Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stadt fortgerissen hatte,<br />

entschloss man sich die Gefahr für <strong>de</strong>n Ort zu beseitigen, in<strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Fluss durch einen 280 m<br />

langen unterirdischen Tunnel umleitete. Noch heute ergießt sich <strong>de</strong>r größte Teil <strong>de</strong>s Wassers aus einer<br />

Felsenöffnung abseits <strong>de</strong>r Stadt in die Schlucht. Gleichzeitig wur<strong>de</strong> eine neue Brücke über das alte<br />

Flussbett gebaut. Diese Arbeiten fan<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m Pontifikat Papst Gregors XVI zwischen 1832 und 1835<br />

statt. Seit <strong>de</strong>m flossen nur noch kleinere Wassermengen durch <strong>de</strong>n alten Flusslauf und man konnte die<br />

Schlucht gefahrlos betreten.<br />

Unser Blatt zeigt am linken Felsabhang einen Weg, <strong>de</strong>r im oberen Teil noch befestigt ist, unten aber<br />

in einer lückenhaften Reihe quer über eine Rinne gelegter Bretter en<strong>de</strong>t. In <strong>de</strong>r Felswand links ist<br />

eine ummauerte Öffnung zu sehen. Die Reste <strong>de</strong>s halsbrecherischen Bretterweges und die sich im<br />

Vor<strong>de</strong>rgrund öffnen<strong>de</strong> Schlucht, aus <strong>de</strong>ren Grund sich ein grauer Nebel erhebt, steigern die Dramatik<br />

<strong>de</strong>r Ansicht. Der Standpunkt <strong>de</strong>s Betrachters liegt scheinbar bo<strong>de</strong>nlos über <strong>de</strong>m Abgrund.<br />

Ein auf <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Zeichnung basieren<strong>de</strong>s Aquarell <strong>de</strong>s Künstlers mit einer Ansicht <strong>de</strong>s gleichen<br />

Motivs war 1982 im Münchner Kunsthan<strong>de</strong>l. 2<br />

Bei<strong>de</strong> Blätter zeigen noch die Zerstörungen <strong>de</strong>r Flut von 1826, die <strong>de</strong>n Weg in seinem unteren Teil<br />

schwer beschädigt und das am En<strong>de</strong> auf einer Terrasse liegen<strong>de</strong> Bassin ganz fortgerissen hatte. Der Weg<br />

und das Bassin, die zum Beispiel noch auf <strong>de</strong>m um 1760 entstan<strong>de</strong>nen Gemäl<strong>de</strong> und einer Zeichnung<br />

Jean-Honoré Fragonards zu sehen sind 3 , wur<strong>de</strong>n später rekonstruiert.<br />

Trotz <strong>de</strong>r dramatischen und effektvollen Inszenierung ist das vorliegen<strong>de</strong> Blatt wohl direkt vor <strong>de</strong>r<br />

Natur entstan<strong>de</strong>n. Genau wie schon sein Lehrer Carl Blechen in <strong>de</strong>n berühmten Blättern <strong>de</strong>s Amalfi-<br />

Skizzenbuches 4 , nimmt auch Graeb die Phänomene von Licht, Schatten und Atmosphäre in <strong>de</strong>n Blick. So<br />

lässt er an <strong>de</strong>n Rän<strong>de</strong>rn zwischen zwei aneinan<strong>de</strong>r angrenzen<strong>de</strong>n Lavierungen kleine Bereiche weißen<br />

Papiers stehen, wodurch sich ein Effekt einstellt, <strong>de</strong>r das harte Sonnenlicht auf <strong>de</strong>n Felsen und das<br />

Flimmern <strong>de</strong>r Atmosphäre in <strong>de</strong>r Schlucht wun<strong>de</strong>rbar beschreibt. Das vorliegen<strong>de</strong> Blatt gehört damit<br />

zum Besten, was Graeb in dieser Hinsicht geleistet hat.

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