knock on wood!
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2 ApRIl ‘09 08 intervieWt<br />
OHNE<br />
pROVOKATION<br />
GEHT ES NICHT<br />
intervieW mit HeinricH PacHl<br />
heinriCh paChl ist einer Der sChärFsten pOlitisChen<br />
kaBarettisten kölns. seine klünGel- unD kOrruptiOns-klaMOtte<br />
„köln ist kasse“ ist ein DauerBrenner<br />
in köln. neu auFGeMisCht hat sie nun WieDerauFnah-<br />
Me. sChliessliCh Bieten Der kölner klünGel, sparkassen-aFFären,<br />
BeraterverträGe unD niCht zuletzt<br />
Der einsturz Des staDtarChivs stOFF GenuG, uM Der<br />
lOkalpOlitik iM WahlJahr auF Den zahn zu Fühlen. ein<br />
GespräCh Mit heinriCh paChl üBer kulturpOlitik unD<br />
pOlitisChe kultur in köln.<br />
akt: herr paChl, GiBt es in köln üBerhaupt BeDarF, pOlitisChes theater<br />
zu MaChen – ODer reiCht Die aBsurDe WirkliChkeit, Die Wir Derzeit erle-<br />
Ben, als realsatire aus?<br />
PacHl: realsatire und satire über das reale, das kann sich wechselseitig nur befruchten.<br />
Wobei die reale satire, das muss ihr der neid lassen, derzeit im rennen um die<br />
Pointen ziemlich weit vorne liegt. und da besteht natürlich die gefahr, dass die theatermacher<br />
sich auf die ewig gültigen Klassiker der Politklamotte, wie schiller und shakespeare,<br />
zurückziehen, anstatt die günstige gelegenheit bei den Hornochsen zu packen.<br />
die Klüngelkumpel bietmann und sparkassenschröder – wie tünnes und schäl auf der<br />
schiefen bahn als „frech“ und „gierig“. mein lieblingsheld ist allerdings schramma,<br />
ein mann wie tchibos beste bohne – wie der derzeit die verantwortung als nichtverantwortung<br />
des unverantwortlichen balanciert, das ist eine ganz große WitzJ<strong>on</strong>glage.<br />
akt: sie MaChen BeiDes, kaBarett unD theater. Was ist Besser GeeiGnet,<br />
uM Den FinGer auF Die WunDen Der lOkalpOlitik zu leGen?<br />
PacHl: Kabarett kommentiert eher und hat so ein thema nach fünf minuten abgehakt.<br />
theater muss da mehr leisten, nämlich Handlungen schildern, charaktere schaffen,<br />
tragik und Komik verbinden und den zuschauer zwischen tränen der trauer und des<br />
Kaputtlachens hin und herschütteln, wie es die Wirklichkeit ja auch tut. beispielsweise<br />
der einsturz des stadtarchivs: menschen sterben, werden obdachlos, zeitgleich tobt eine<br />
dümmlichste groteske der nochnieverantwortlichen, die, das ist der superhammer,<br />
das leid ihrer opfer auch noch benutzen, um Kritik an ihnen als unpassend abzumeiern<br />
– real peinlich und degoutant, aber theatralisch doch großartig.<br />
akt: Was läuFt GeraDe nOCh sO sChieF in köln, Dass Der nieDerGanG Der<br />
staDt es sOGar auF Die seite 3 Der süDDeutsChen zeitunG sChaFFt?<br />
PacHl: ich komme nochmal auf Herrn schramma zurück. ein getriebener, der sich<br />
herauswurstelt. durchaus sympathisch, anderseits aber auch ein unverschämter Populist<br />
und harter machtmensch bis zur gerissenheit, in dieser situati<strong>on</strong>. man stelle sich<br />
mal vor, Helmut schmidt hätte damals bei der Hamburger flutkatastrophe ein blatt mit<br />
einem organigramm aus der tasche gezogen, um darzutun, wo seine verantwortung<br />
nicht liegt, anstatt sie einfach anzunehmen und strikt und schnell zu handeln. schramma<br />
bringt es zuwege, seine macht als verwaltungsspitze durch die verschachtelung der<br />
städtischen unternehmen wegzufiltern bis zu dem Punkt, dass er ja per Handy immer<br />
erreichbar sei und vertrauen wiedergewinnen will. mehr sei nicht drin, aber da würde<br />
er sein bestes tun. also doch völlig überfordert und selbst sch<strong>on</strong> groteskkomisch. um<br />
das adäquat darzustellen, muss man zum schwarzen Humor greifen, s<strong>on</strong>st würde man<br />
ihm nicht gerecht. dann seine Hintermänner beim deal der sparkasse mit dem oppenheimeschf<strong>on</strong>d,<br />
die ihn skrupellos an durchaus betrügerischen machenschaften beteiligen,<br />
die, wie jetzt ans licht kommt, die stadt hunderte milli<strong>on</strong>en euro kosten, die im<br />
Kulturellen und sozialen fehlen. oder bietmann, der mit beraterverträgen andere funkti<strong>on</strong>äre<br />
an seine interessen bindet und damit die demokratische Willensbildung in der<br />
stadt aushebelt, mit der folge, dass er an seiner eigenen gier erstickt, indem er all seiner<br />
Parteifunkti<strong>on</strong>en verlustig geht – für das theater der tragikomische schuft. also eigentlich<br />
doch betrug am laufenden meter, der aber, da kommt der nächste Hammer, v<strong>on</strong><br />
der Kölner staatsanwaltschaft nicht verfolgt wird. im gegenteil lässt man, und das kann<br />
nicht mehr dummheit sein, verjährungen eintreten und stellt verfahren ein. man kann<br />
ins schwärmen kommen, wie skrupellosigkeit und trotteltum sich schwindelig tanzen.<br />
und dann wird alles mit der verniedlichung „Klüngel“ leckerfetzig serviert.<br />
akt: ist Das als pOlitisChes theater niCht zu lOkal BeGrenzt?<br />
PacHl: die gefahr besteht natürlich, vor allem dann, wenn es beim schwank bleibt.<br />
aber man soll die Potenz des exemplarischen, das in Köln geboten wird, nicht unterschätzen.<br />
ich erfahre das, wenn ich in meinem Programm in münchen oder Hamburg<br />
v<strong>on</strong> hier berichte. am spiegelbild der Kölner machenschaften kann man auch kompliziertere<br />
wirtschaftskriminelle aspekte der großen finanzkrise veranschaulichen.<br />
akt: Muss pOlitisChes theater DarauF ausGeriChtet sein, FOlGen zu ha-<br />
Ben? kann unD sOll es Die Welt veränDern?<br />
PacHl: auf jeden fall! das ist ja ein doppelter anspruch. er wird vom Polittheater an<br />
sich selbst gestellt und v<strong>on</strong> außen v<strong>on</strong> ihm gefordert. aber direkte veränderung kann das<br />
theater nie leisten, es kann auch nichts verhindern. aber trotzdem durchblick schaffen,<br />
strukturen vermitteln. also spielregeln deutlich machen, nach denen im korrupten Kölner<br />
Klüngel verfahren wird. es kann Pers<strong>on</strong>en und ihre k<strong>on</strong>kreten untaten benennen.<br />
Wobei das theater im unterschied zum Journalismus auch mit unterstellungen arbeiten<br />
auch heinrich pachl liest akt., Foto: henriette Westphal<br />
kann. zum beispiel eben, wie es die drei mafiösen Klüngelbrüder bei „Köln ist Kasse!“,<br />
die nicht mit lebenden Pers<strong>on</strong>en übereinstimmen, aber ihnen klar ähneln, darstellen:<br />
etwa, dass absichtlich bei der messe nie eine ausschreibung vorgesehen war, dass auch<br />
schramma v<strong>on</strong> dieser täuschung wusste und sich dann aktiv an ihr beteiligt hat. dass<br />
man also betrug einfach so benennt und auch fröhlich zeigt, wie er verbrämt wird.<br />
akt: kann Das niCht GeFährliCh WerDen, Wenn sie ansChliessenD Mit<br />
verleuMDunGsprOzessen üBerzOGen WerDen?<br />
PacHl: internetzeitungen und bücher über Kölner machenschaften werden mit Prozessen<br />
überzogen, Werner rügemer zum beispiel, verfasser v<strong>on</strong> „col<strong>on</strong>ia corrupta“ und<br />
einem buch über die oppenheimbank, das mittlerweile in gut fünf unterschiedlich geschwärzten<br />
auflagen erschienen ist. oder der Journalist albrecht Kieser, der vom Kölner<br />
großverleger im zusammenhang mit den grundstücksgeschäften seiner eltern im<br />
faschismus angeklagt wurde. das ging bis zum hiesigen oberlandesgericht und ist jetzt<br />
beim bundesverfassungsgericht anhängig. gleiche aussagen im theaterstück „Köln ist<br />
Kasse“ erfreuen sich der freiheit der Kunst – leider, muss man manchmal sagen.<br />
akt: ist pOlitisChes theater alsO eher BeDeutunGslOs?<br />
PacHl: das theater hat die methodische freiheit des stammtischs, sich in spekulati<strong>on</strong>en<br />
zu ergehen. oder gerüchte aufzutischen, wie es im echten leben auch geschieht. diese<br />
mittel muss es auch nutzen, denn wenn es nur das gesicherte darbieten würde, wäre<br />
es nicht besser als die derzeitigen Pressek<strong>on</strong>ferenzen der Kvb. dort wird so lange auf den<br />
kommenden gutachter verwiesen, bis beim bürger verdruss hochkommt und er bald gar<br />
nicht mehr wissen will, wer die schuldigen daran sind, dass eines der größten Kulturgüter<br />
Kölns einfach in ein 28 meter tiefes loch stürzen k<strong>on</strong>nte. ohne Provokati<strong>on</strong> geht es<br />
nicht. Wobei die Provokati<strong>on</strong>en des Polittheaters sanft sind im vergleich zum grad der<br />
Provokati<strong>on</strong> der schadenshöhe, die uns gerade zugemutet wird. immerhin kann politisches<br />
theater spaß und interesse erzeugen. und die zuschauer darin bestärken, sich wieder<br />
mit der Politik und ihren machenschaften zu beschäftigen. damit würde es der apathischen<br />
Politikverdrossenheit entgegenwirken. das ist doch auch wichtig, oder?<br />
akt: Wenn Die lOkalpOlitik in köln naCh Wie vOr hOFFnunGslOs ist, Wie<br />
ist es in Der kulturpOlitik? GiBt es niCht anzeiChen Für verBesserunG,<br />
etWa DurCh Das sChauspiel, pläne Für ein tanzhaus, Die neuGrünDunG<br />
vOn akt etC.?<br />
PacHl: das sehe ich auch so, allerdings mit einem blick zurück in großem zorn. dass<br />
man schauspiel und oper jahrzehntelang baulich verkommen ließ, ist ein ungeheurer<br />
skandal, der jetzt mit den neubauten entsprechend geld kostet. auch da war gesammelte<br />
verantwortungslosigkeit am Werk, wie jetzt ja auch bei den skandalen beim ubahnbau.<br />
dasselbe trifft auf die traditi<strong>on</strong> des Kölner tanztheaters zu. da hat man eine tolle<br />
traditi<strong>on</strong> mit dem tanzforum v<strong>on</strong> Jochen ulrich und dem wunderbaren tanzhaus in<br />
Kölndeutz den bach runtergehen lassen, um jetzt mit viel höherem Kraftaufwand neu<br />
zu gründen. trotzdem gut, dass man es macht – auf den trümmern einer irrwitzigen<br />
versammelten dämlichkeit v<strong>on</strong> Politik und verwaltung damals.<br />
akt: Was Fehlt DeM theater in köln, insBesOnDere DeM Freien theater?<br />
PacHl: ein kommunal subventi<strong>on</strong>iertes theater kann und muss sich aufwand, experimente<br />
und flops leisten. das schafft ein kleines theater mit seinem minibudget nur sehr<br />
bedingt. deswegen sehen sich die theater der freien szene zu einem spielplan gezwungen,<br />
der erst mal auf einnahme geht. lehrer müssen anbeißen, damit schulklassen die<br />
Klassiker aufführungen besuchen. das engt ästhetisch ein, so dass das freie theater in Köln<br />
kaum politische und ästhetische experimente riskiert, s<strong>on</strong>dern meist in eine art mainstreamrichtung<br />
geht. neben den wirtschaftlichen zwängen fehlt aber auch die diskussi<strong>on</strong>.<br />
akt: Was Meinen sie DaMit?<br />
PacHl: öffentlicher austausch der macher miteinander und mit dem Publikum in debatten,<br />
die nicht nur theaterbezogen sind, s<strong>on</strong>dern verbindung mit dem aufnehmen, was sich außerhalb<br />
des theaters bewegt. also fetzige auseinandersetzungen über gesellschaftliche funkti<strong>on</strong>en<br />
und Wirkungen, über den einsatz technischer innovati<strong>on</strong>en, video, roboter usw. oder<br />
bestimmte tendenzen in der bildenden Kunst. das war eine ganze zeit lang in Köln nicht da,<br />
auch nicht in der theaterk<strong>on</strong>ferenz. vielleicht ist so eine diskussi<strong>on</strong> in der neuen theaterzeitung<br />
wieder möglich, indem sie schwerpunkte setzt und auch auf die sahne haut. allerdings<br />
nur, wenn sie nicht durch die Kleinintendanten, die sie herausgeben, vereinnahmt wird.<br />
terMine iM april: theater iM BauturM, 2., 3., 4., 20., 21.<br />
DOrOthea MarCus<br />
2 ApRIl ‘09 09 intervieWt<br />
tobias philippen und Marc schäfers, Foto: ©MeYer OriGinals<br />
BERlIN KANN JEDER<br />
intervieW mit tobias PHiliPPen<br />
und marc scHäfers<br />
aM staDtranD vOn köln, in eineM inDustrieGeBiet unter<br />
eineM kölsCh-sChilD hinDurCh. vOrBei an laDeraMpen, lkWs,<br />
eurO-paletten – unD Die hinterste hOFtreppe hOCh. Da öFFnet<br />
siCh auF einMal ein sChönes lOFt Mit MusikstuDiOs unD<br />
DeutsChlanDs JünGsteM theaterverlaG sChaeFersphilippen.<br />
ein GespräCh Mit Den GrünDern.<br />
akt: WaruM haBen sie einen neuen<br />
theaterverlaG GeGrünDet?<br />
tobias PHiliPPen: nachdem wir lange Jahre als dramaturgen<br />
und lektoren in einem anderen verlag gearbeitet<br />
haben, war für uns der zeitpunkt gekommen, etwas<br />
aufzubauen, das hundertprozentig unserer vorstellung<br />
v<strong>on</strong> einem modernen theaterverlag entspricht.<br />
akt: unD Wie sieht Das aus?<br />
PHiliPPen: unser Programm ist zeitgenössisch, das ist<br />
uns sehr wichtig. es sind viele junge, aufstrebende oder<br />
bereits sehr erfolgreiche autoren und Kollektive, die wir<br />
vertreten. ein bereich sind leute, die vom „klassischen“<br />
autorentheater kommen, wie etwa Juliane Kann, Paul<br />
brodowsky oder sauter/studlar. und dann gibt es autoren,<br />
die gerne auch projektartig arbeiten, wie etwa marcel<br />
luxinger, oder björn bicker, der über Jahre sehr erfolgreich<br />
stadtprojekte wie z. b. „bunnyhill“ an den münchner<br />
Kammerspielen durchgeführt hat. schließlich vertreten<br />
wir eine vielzahl freier gruppen, und das ist durchaus<br />
ein novum in der theaterverlagswelt. überhaupt versuchen<br />
wir, das K<strong>on</strong>zept „theaterstück“ sehr weit zu begreifen<br />
und auf alles auszudehnen, was grundlage eines guten<br />
theaterabends sein könnte. dies sind natürlich gute<br />
szenischdialogische bühnentexte, aber auch etwa die formal<br />
freieren arbeiten v<strong>on</strong> Peterlicht, – „räume räumen“<br />
zum beispiel, das derzeit an den münchner Kammerspielen<br />
sowie in einer freien Produkti<strong>on</strong> in Köln zu sehen ist,<br />
(siehe seite 16) – und spannt den bogen bis zu gruppen<br />
wie riminiProtokoll, auftrag: lorey oder Hofmann &<br />
lindholm, die jeweils eine ganz eigene Produkti<strong>on</strong>sästhetik<br />
und arbeitsweise haben. im grunde haben wir eine<br />
ganz schlichte systematik: Wir machen, was uns gefällt.<br />
unsere freude liegt darin, mit leuten zu arbeiten, die<br />
ganz unterschiedlich schillernde interessen haben – und<br />
mit denen wir dann ein sehr persönliches arbeitsverhältnis<br />
aufbauen.<br />
akt: Wie Genau arBeitet ein theaterverlaG?<br />
marc scHäfers: ein theaterverlag ist zunächst dafür<br />
verantwortlich, ein aus seiner sicht anregendes Programm<br />
aufzubauen. das heißt, er begibt sich immer wieder<br />
auf die suche nach interessanten autoren und steht<br />
ihnen dabei zur seite, möglichst gute texte zu schreiben.<br />
der andere wichtige Part der arbeit liegt dann darin, dass<br />
diese texte auch auf die bühne kommen – also eine art<br />
marketing.<br />
uns interessiert daran vor allem die mittlerfunkti<strong>on</strong> des<br />
verlages, der traditi<strong>on</strong>ell eben die autoren mit theatern<br />
zusammenbringt, nach unserem verständnis aber viel<br />
umfassender ideen dazu liefern sollte, welche kreative<br />
verbindung spannend sein könnte. so werden dann zum<br />
beispiel theatertexte zu Prosawerken, filme zu theaterabenden<br />
oder Performances zu Hörspielen.<br />
akt: WaruM ist ihr verlaG in köln unD niCht in<br />
Berlin, WO DOCh Die Meisten theaterautOren<br />
sitzen? GiBt es in Der kölner szene üBerhaupt<br />
GenuG theaterautOren?<br />
scHäfers: stimmt, viele unserer autoren sind in berlin.<br />
es ist aber nicht notwendig, direkt vor ort zu sein, da unsere<br />
arbeit sehr unabhängig v<strong>on</strong> ort und zeit stattfindet.<br />
vielleicht ist es in berlin auch ein trugschluss zu glauben,<br />
dass man dort alles mitbekommt. alle sind in berlin.<br />
berlin kann jeder. Wir fahren nach Hamburg, münchen,<br />
Wien, zürich etc. und bekommen so natürlich einen wirklich<br />
umfassenden überblick. und darüber hinaus finden<br />
wir es in Köln gut. es ist der richtige ort für k<strong>on</strong>zentrierte<br />
arbeit.<br />
PHiliPPen: es ist ohnehin so, dass uns auch andere szenen<br />
interessieren. Hier in Köln gibt es eine spannende<br />
musikszene, mit der wir auch verbunden sind, wie etwa<br />
mit Peterlicht. oder so etwas wie die co/pop. uns macht<br />
es gerade spaß, keine ausgetretenen Wege zu gehen. Wir<br />
stellen gerne Querverbindungen her: Was kann für die<br />
bühne interessant sein? Wir wollen da zuerst mal nichts<br />
ausschließen, ob das nun ein rapper ist oder jemand, der<br />
Kurzfilme macht.<br />
akt: Fehlen GeraDe sOlChe QuerverBinDunGen<br />
in Der kölner szene niCht?<br />
PHiliPPen: Karin beier hat sich bemüht, die anbindung<br />
an verschiedene szenen zu schaffen. es ist aber natürlich<br />
auch so, dass die theater nur einen limitierten blickwinkel<br />
haben können, denn sie haben viel damit zu tun, ihren<br />
spielplan so zu gestalten, damit sie weiter bestehen<br />
können. da sehen wir es sch<strong>on</strong> als unsere aufgabe an,<br />
nach den neuigkeiten zu suchen und die theater mit ideen<br />
zu versorgen.<br />
akt: Was haBen sie Für kOntakte zu kölner<br />
theatern?<br />
scHäfers: Wir sind mit dem schauspiel Köln ebenso<br />
in sehr gutem K<strong>on</strong>takt wie mit einigen offtheatern wie<br />
dem theaterK<strong>on</strong>nex, das jetzt die zweitaufführung v<strong>on</strong><br />
Peterlicht gemacht hat. Wir hatten auch sehr enge K<strong>on</strong>takte<br />
zu drama Köln und waren beim festival Politik im<br />
freien theater vertreten. immer wieder gibt es anknüpfungspunkte<br />
mit den verschiedenen freien theatern der<br />
stadt, wenn auch viele eine etwas k<strong>on</strong>venti<strong>on</strong>ellere Programmausrichtung<br />
haben, als wir sie vertreten. die studiobühne<br />
mit Peterlichts „Wir werden siegen“ ist da eine<br />
ausnahme. eine sehr, sehr schöne Produkti<strong>on</strong>.<br />
akt: ein GrunDprOBleM vOn verlaGen ist DOCh<br />
siCher, Dass urauFFührunGen sehr GehYpt Wer-<br />
Den, Die FeuilletOnMasChinerie hinreist – aBer<br />
auCh sehr Gute stüCke DanaCh in Der versenkunG<br />
versChWinDen, Weil theater nur Mit urauFFührunGen<br />
auFMerksaMkeit erhalten?<br />
scHäfers: ein riesiges Problem. Jeder will uraufführungen<br />
machen, das entwertet sich schließlich selbst.<br />
die autoren sind dazu gezwungen, laufend neue stücke<br />
zu produzieren, und nach m<strong>on</strong>aten arbeit bleibt es dann<br />
meist bei der einen, ersten Produkti<strong>on</strong>.<br />
PHiliPPen: Komischerweise haben die großen öffentlich<br />
geförderten instituti<strong>on</strong>en die neigung, sich selber<br />
einen selekti<strong>on</strong>sdruck zu verordnen, wie er eigentlich<br />
nur in der Privatwirtschaft herrscht. es ist natürlich<br />
ein dilemma, weil die theater um aufmerksamkeit buhlen<br />
müssen. auf der anderen seite muss man sich doch<br />
überlegen: das theater wird ja gemacht für die leute,<br />
die es besuchen – und nicht für das Hochfeuillet<strong>on</strong>. dem<br />
zuschauer ist es nun wirklich völlig egal, ob das eine uraufführung<br />
ist oder eine deutschsprachige erstaufführung<br />
oder eine Wiesbadener erstaufführung oder was<br />
es da für bizarre begriffe gibt. Wir versuchen in letzter<br />
zeit eher, eine art solidargemeinschaft zu schmieden,<br />
indem wir den theatern sagen: leute, ihr schaufelt euer<br />
eigenes grab, wenn das so weitergeht. das Problem ist<br />
teilweise ohne not entstanden. natürlich müssen kleine<br />
theater mal Highlights mit uraufführungen setzen. aber<br />
große bühnen könnten doch auch drittaufführungen<br />
machen und das feuillet<strong>on</strong>interesse wäre trotzdem da!<br />
DOrOthea MarCus