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ist), wo man selbst in manchen Sttieken alles hat, aber doeh alle,<br />
wieder fortwahrend des Sehutzes, del' PJlege und del' Erneuerung<br />
bedarf. Da ist keine, gal' keine Veranderung im Bestande des<br />
Vermogons ganz gleiehgiltig, jeder Zuwaehs bringt einen Zuwaehs<br />
an Genuss, jeder Verlust, aueh del' geringste, reisst eine Lticke<br />
in clie erwartete Reihe del' Gentisse und storto Gltiek und Leid<br />
hangt am Besitze, die Gtìteraohioksale bedeuten Menschenschicksale.<br />
Eiue innige und unloslichs Association de s Gefiihles,<br />
das man fiir d i e \Viehtigkeit sei nel' Interessen hat,<br />
mit del' Vorstellung del' Giiter entsteht: Die Giiter, an<br />
sieh gleiehgiitig, empfangen Werth vom We r the, den<br />
i h re V crwenclungen habcn.<br />
Gtìter, welche in einem gesicherten und nattìrlichen Ueberfìuss<br />
vorhanden sind, heissen fr e i e, alle iibrigen heissen w i l't hsehaftliche<br />
Gìiter. Nur wirthsehaftliche Giiter konnen somit<br />
Werth besitzen. Der Giiterwerth ist nach del' Definition<br />
Me n g e r's "die Bedeutung, welehe concrete Gtìter oder Giiterquantitaten<br />
fiìr uns dacHlrch erlangen, dass wir in del' Befriedigung<br />
unserer Bedììrfnisse von del' Verfììgung ìiber dieselben<br />
abha.ngig zu sein uns bewusst sind".<br />
Es ist zu beaehten, dass von freien Giitern kein Theil<br />
Werth erbalt, weder del', del' iiberfliissig ist und daher nieht<br />
verwendet werden kann, nooh selbst del', del' verwendet wird.<br />
Vom \Vasser einer Quelle, die tiberreiehlich fliesst, hat weder<br />
\Verth was denKrug fiillt, noch was iibersellaumt. Der Giiterwerth,<br />
obwohl er seinen Ursprung im Nutzen hat,<br />
spiegelt also doch nieht den Nutzen wieder, da es Falle<br />
gibt, in denen reieher Nutzen genossen wird, ohne \Verth (d. h.<br />
Gil terwerth) zu erzeugen. ,Del' Theoretìker darf daher, wenn<br />
er den Werth erklaren wiU, sieh nicht an del' Erklarl1ng des<br />
\Veehsels del' Nutzgrossen genUgen lassen, er muss weiter gehen<br />
unel die Gesetze erforsehen, nach denen die Nutzgrossen<br />
sich in \Verthgrossen verwandeln. Es ist zu vermuthen<br />
- und wir werden diese Vermuthung in del' Folge bestatigt<br />
finden - dass del' \Verth, so wenig er in allen Fallen aus dem<br />
Nutzen entsteht, so wenig aueh dann wenn er entsteht, immer<br />
den vollen Nutzen in sich aufnimmt. Wenn sehon del' Nutzen<br />
des einzelnen Falles sich von del' allgemeinen Niltzliehkeit eines<br />
, ,<br />
Gutes weit entfernt, so miissts sieh, falls diese Vermuthung<br />
i'l del' That bestatigt wird, del' Werth noch weiter von ihr<br />
e\tfernen und es ist eine zw ci te Aussicht eròffnet, die Gegensalze<br />
aufzuklaren und verstandlieh zu maehen , welche die<br />
Erfahrung zwischcn Werth und Ntitalichkeit aufweist,<br />
§.8. Die Sehatzung ei n e s e i n z eI n en Gutes,<br />
Gtiter werden entweder vereinzelt fUI' sich oder sie werden<br />
in Verbindung mit anderen gesehatzt. Letzteres geschieht del'<br />
Hauptsache naeh in dreifacher Weise. Man sellatzt oin Gut in<br />
Verbindung mit gloichartigen Gììtem , die zusammen mit ihm<br />
in einem Vorrathe besessen werden, oder mit Gtìtern, aus denen<br />
man es neu erzeugen kann, oder mit Giìtem, die man durch Ankauf<br />
zu ihm hinzu erwerben kann, Von diesen drei Fallen ist del'<br />
erste del' Elementarfall, auf den sieh die beiden tìbrigen zurilekfìihren<br />
lassen. Ihn allein werde ich daher in del' elemontaren<br />
'I'heorie des Worthes bespreehen.<br />
Dass Gtiter vereinzelt geschatzt werden , ereignet sieh<br />
ausserst selten, sei es aus irgend einem Zufall , del' sie isolirt,<br />
sei es in Folge ihrer eigenthiimlichen Natur , indem sie eben<br />
nUr vereinzclt gewonnen werden kOnnen. In delll ersten Falle<br />
sind sie fiiI' die Daner eler Isolirung, in dem zweiten sind sio<br />
iiberhaupt unersetzlieh, in beiden mUssen sie bei vernUnftigel'<br />
Sehiit.ung den vollon \Verth des Nutzcns zugcsproehen erhalten,<br />
den man von ihnen erwartet. Daf Mittel, ohne welehes del'<br />
Zweck nicht erreieht werden kann, muss so hoch geschatzt<br />
werden als del' Zweek selbst. 1st das Gut seiner Al't 11aeh<br />
zu mehreren Verwendungen geeig11et, die sieh jedoch weehselseitig<br />
ausschliessen, so dass thatsachlich nur cine einzige VOrgenollmen<br />
werclen kann: so cntseheiclet cliejenige Vel'wenclnug,<br />
weleher die hoehste Wiehtigkeit zukomlllt. Nur ein Barhare<br />
konnte die Venus von Milo nach dem Nutzen ihres iVIateriales<br />
schatzen. Ein Verhungernrler sehatzt clas letzte Nahrungsmittel<br />
nach dem vollen Werthe del' Lebenserhaltn11g, wenll anders ihm<br />
an cler Lebenserhaltnng gelegen ist.<br />
Ab und zu werclen aueh grossere Vorrathe von Giitern<br />
als ein einziges nntheilbares Ganzes, mithin al" e i n Gnt ge-<br />
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schatzt. Der Verkaufer kann z. B. die Bedingung stellen, dass<br />
er einen grosseren Vorrath nur ganz, oder gar nicht abgebe.<br />
Ist del' Ktìufer durch die Umstande gezwungen, auf diese Bedingung<br />
einzugehen, so muss aueh er sich den Werth des Vorraths<br />
im Ganzen anschlagen. El' hat sich die ganze Summe<br />
von Nutzleistungen zusammenzurechnen , die er erwarten darf,<br />
vom obersten Nutzen angefangen, c1en dio Gi.i.ter des Vorraths<br />
ihrer Art nach geben konnen, bis zum Grenznutzen herab, del'<br />
durch die Grosse des Vorrathes und des Bedarfes fixirt ist, und<br />
die Summe aller diesel' Nutzleietungen gibt ihm den Werth. Der<br />
\Verth spiegelt hier den v oI l e n N'u t z en wieder del'<br />
von del' Gììterverwendung erzielt wird. '<br />
Stellen wir uns VOI', ein Volk sei gezwungen, den Getreidevorrath,<br />
den es braueht, vom Auslande und im Ganzen anzukaufen.<br />
Wìlrde del' Regierung hiebei jene Bedingung auferlegt,<br />
so miisste sie zu einer Wertlischatzung des Getreides gelangen,<br />
die fast in's Ungemessene ginge. Es mìisste erwogen werclen,<br />
dass ohne den Ankauf ein grosser 'I'heil del' Bììrger dem Hungsrtode<br />
geweiht ware, und aller Nutzen, del' duroh die Vermeidung<br />
dieses aussersten Unheils, del' durch die Sicherung del' Volkskraft<br />
und Gesundheit gewonnen wird, neben welcltem clie minderen<br />
Nutzwirkungen, die noch erzielt werclen, die Grenzwirkungen<br />
kaum in's Gewicht fallen, miisste in Anschlag gebracht<br />
werden. Es ist augcnscheinlich, dass die Schatzung del'<br />
Ernte, clie thatsachlich vorgenommen wird, hinter einem solchen<br />
gedendebarenAnschlag weit zuriickbleibt. Was ist del' Grund<br />
hievon, da doch die thatsachlichen Wirlmngen del' Ernte keine<br />
geringeren sind, da die Ernte doch in Wahrheit Hungersnoth<br />
und Elenel verscheucht und di€'Rraft del' Biirger erhalt? Warum<br />
geht in ihre Schatzung nieht ihr voller Nutzen ein? Der Grund<br />
ist offcnbar del', dass man nicht gezwungen ist, die Ernte untrennbar<br />
im Ganzen zu gewinnen und zu sehatzen. Sie kommt durch<br />
liIillionen fleissiger Hande, in liIillionen Fuhren und in liIiIlionen<br />
Scheuern ein und in liIillionen von Erwerbungen geht sie an die<br />
Bedti.rftigen i:iber, \'011 denen sio in Millionen von Acten genossen<br />
,vira. Die Frage um clie \\Tirkung im Ganzen wil'c1 nie gestellt,<br />
immer handelt es sich nuI' um clie \Virkuno' Cl einzelner , bO O'eO'en<br />
elas Ganze verschwindend kleiner Theile. Dadurch wil'd cin<br />
Gesetz del' Werthschatzung hervorgerufen , das dem einzclnen<br />
Theile, und damit sehliesslich del' Summe aller Theile eine<br />
Werthgriisse zucrkennt, welehe von del' Werthgrdsse des vereinigten<br />
Ganzen eben so weit entfernt ist, als die Widerstandskraft<br />
aller einzelnen Ruthen von der des ganzen Ruthenbììndels.<br />
Dieses Gesetz haben wir jetzt abzuleiten. Es kann als das<br />
a l l gem e i n e \Verthgesetz bezeichnet werden, denn es gilt<br />
fast in aller Regel, Fast alle Vorrathe , die man besitzt und<br />
verwendet , die man verkauft und kauft , die man verarbeitet<br />
und erzeugt, werden in 'I'heilen verbrauoht und erworben. Selten<br />
nur ist ein Vorrath als ein Ganzes Gegenstand del' Bewirthschaftung<br />
und Scha.tzung, von clero n i e h ts verloren werden kann,<br />
ohne dass a lles preisgegeben ware. Gewiihnlich gilt jec1er Vorrath<br />
als eine Summe von Theilen, die ihre besonderen Schicksale<br />
haben und iìber die man einzeln verfììgen kann.<br />
§.9. Die Sc h a t z u n g von Giitern in Vo rra t h en,<br />
(Das a l l g e m e i n e \Verthgesctz, Gesetz des Grenznu<br />
tzens.)<br />
Gesetzt, ein Armer erhalte taglieh zwei Stiicke Erot,<br />
wahrend er unI' eines braucht, um c1en aussersten HUllo'er o zu<br />
stillen, welchen ìVerth wird 'eines del' beiden Stiicke fiil' ihn<br />
haben? \Venn z. B. ein noch Ael'merer, eler gal' nichts hat, ihn<br />
um eines del' beiden bittet, welehes 'flpfer bringt er damit, dass<br />
er die Bitte erfiillt? Oder was dasselbe ist, welchen Nutzen<br />
behalt er sich VOI', wenn er sie abschlagt? Die Antwort ist<br />
leicht genug. Dadurch dass ér das zweite Stiick hergibt, verliert<br />
er, dadurch dass er es verweigert, siehcrt er sich die Declmng<br />
fiir clenjenigen Grad cles NahrungsbecliirfniBses, del' sich fiihlbar<br />
maeht, Bobald del' ausserste Hunger gestillt ist. Wir kiinuen<br />
denselben den 2. Gl'ad nennen.<br />
Eines ven zwei Giitern, clie unter einander gleich sind,<br />
hat somit den ìVerth des 2. Grades del' Nutzseala del' betreifenc1en<br />
Giiterart. Eines von drei Giitern wird unter derselben<br />
Voraussetzung den ìVerth des 3. Grades, eines von vier den<br />
des 4. Grades und, allgemein gefasst, e i n G u t a u s e i ne m<br />
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Vorratb gIe i eh e r Giiter w i rd tì b e r h a u p t d e n Werth<br />
d e s jeweiligen Greuznutzens h a b en, Je grosser del'<br />
Vorrath bei unverandertem Redarf, um so kleiner, je kleiner<br />
der Vorrath, um so grosser Grenznutzen und \\7erth, wahrend<br />
beide andrerseits um so grdsser sind, je grosser und 11m so kleinor,<br />
je kleiner del' Bedarf ist, "")<br />
Das ist aber noeh nicbt genug. Von zwei Gtitern hat nicht<br />
blos ei n es den Werth des 2. Nutzgrades , sondern j e d e s,<br />
welehes immer man wahlen moge. Keines del' beiden Stiicke in<br />
unserem Beispiel hat, so lange del' Besitzer noch beide zusammen<br />
besitzt, den Werth , del' del' Stillung des àussersten Hungers<br />
zukommt, denn so lange del' Besitzer noch beide zusammen hat,<br />
ist er iiberhanpt diesel' ausserstcn Gefahr nicht ausgesetzt, El'.<br />
kann jedes derselben , welches immer es sei l so lange Cl' 11nI'<br />
nocb das andere beh;l1t, weggeben, ohne die Deckung fiìr don<br />
aussersten Fall zu verlieron. Wenn aber jedes del' beiden Stiicke<br />
den Werth des 2. Nutzgrades hat, so haben beide zusammen<br />
diesen Werth zweimal. Tnd drei Stììcke haben den Werth des<br />
3. Grades dreimal, und vier Stticke haben den des 4. Grades<br />
viermal-unclein Vorrath liberhaupt hat einen 'Verth,<br />
del' gleiehkommt dem Prodnete del' Stliekanzahl<br />
(oder derAnzabl von Theilmengen) mit dem jeweiligen<br />
Grenznlltzen.<br />
Der 'Verth einer Ernte von 1,000.000 Centnern ist<br />
- wenn wiI' annehmell J clie Ernte sei dttrftig ansgefallen und<br />
erheisehe eine so "parsame Verzehrnng des Getreides, dass dasselbe<br />
nicht fUr Consumaete unter del' Intensitat lO verwendet<br />
werden cl\irfte - mit dem Pl'oduete von 1,000.000 x lO zn berechnen;<br />
del' 'Vertb ciner Etnte von 2,000.000 Centnern,<br />
welche Cansumaete bis zur Intensitat 4 herab erlaubt, ist gleich<br />
2,000.000 x 4. Der'Vertb von 1,000.000 Centnern Eisen mit<br />
dem Grenznutzen 1 ist 1,000.000, del' 'Vertb von100.000 Centnern<br />
G oI d mit dem Grenznutzen 50 ist 5,000.000.<br />
'Venn 8ich del' Nutzen, den freie Gi\ter geben, gal'<br />
nicht in Werth umsetzt, so setzt sich del' Nutzen,<br />
*) Die Grosse cles Vorraths htingt zumeist VOlti Ansfalle del' Pl'odnct.ion<br />
ab. Damit treten dic Elemento del' Prodnctiol1 ZUlU Wel'the in Beziehung. Welcher<br />
Art dicse Beziehung ist, solI indess erst im 5. Abscllllitt, VOl1 den "Kostell H, er.<br />
ortert,verden. Einstweilen nehmen wir an, dic Vorrathe seien o11ne Production da.<br />
,<br />
den wirthschaftliche Gi\ter geben, welche in Vorrathen<br />
gehalten werden, n i eh t vo Il in ìVe l't h u m. Der Grund ist del'<br />
gleiche, hier wie dort, Bei freien Gtitern brancht mal! sich um den<br />
Nutzen gal' nicht zu sorgen, weil derselhe immer gesichert ist,<br />
so lange del' Ueberfluss anhalt, bei wirthschaftlichen Giìtern<br />
braucht man sich immer 11n1' um den Grenznutzen Z11 sorgen,<br />
weil alle hdheren ::\'utzleistungen gesichert sind , so lange del'<br />
Vorratb in del' bestehenden Grosse erhalten wird. 'Vie dar t<br />
hinsichtlich del' Deckung des Bedarfes tìberhaupt, kann man hier<br />
hiusichtlich del'. Deckung del' Hauptsache des Bedarfes - :ie<br />
nach Mass des Vorraths - beruhigt sein und kann die Sorge<br />
darauf besehranken , dass die richtige Grenze del' Verwendung<br />
eingehalten werde,<br />
Das soehen entwickelte Werthgesetz dankt seine Entstehnng<br />
einerseits der eigenthtimliolien Gestaltung del'Bedurfniss<br />
Sealen, andrerseits aber auch den eigenth\\mlichen Verhaltnìssen,<br />
unter welchen wir clic Gtìter besitzen. Kamen Gtìter nicht in<br />
Vorrathen gleieher St\\eke val', sondern immer nur individuell<br />
besonders gestaltet, so kon11te das Gesetz nicht g-eHen. 'Vo<br />
solche Vorrathe vorkommen, muss es aber gelten. 'Vie konnton<br />
aueh Dinge, clie unter einander gleich sind, verschieclenartig<br />
geschatzt werc1en, vOl'ansgesetzt nati.i.rlich, c1ass sie c1emselben<br />
Besitzer zugehOren und anf clenselbon Beclarf bezogen werdeu?<br />
"'\Venn auch Jemanc1, etwa alls einer launenhaften Besorgniss,<br />
hestilnmte Stl\cke vQn clen Ubrigen als eine Reserve f\\r den<br />
anssersten Nothfall absondern UD:G1 als solche hesonders hoch<br />
sehatzen wollte, so wircl clie rnbige Ueberlegnng ihm doeh immer<br />
sagen mUssen, c1ass clie reservirten Giiter nicht antlers seiell<br />
als alle \\brigen und dass ein Zufall, del.' gerade sio trifft, clie<br />
Deckung fiir clen aussersten Fall doeh nicht l'aube, so lange<br />
nur cler librige VOl'l'ath noeh zmeicbt.<br />
Das entwickelte vVerthgesetz vereinigt clie Icleen von<br />
vVerth uncl Nntzen in einer ìVeise, clie clen Thatsaehen vollkommen<br />
gerecht wird. 'Venn clie Erfahrung zeigt, dass Eisen<br />
weniger werth ist als Gold nncl dass cine reiebe Ernte weniger<br />
werth sein kann als cine chirftige, so gibt uuser Gesetz hiefi.il'<br />
die Erklarnng. Ueberhaupt haben wir alle Widerspriiche,<br />
welehe clie Ideen cles Werthcs und cles Nutzeus van einancler<br />
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ei n h ei t zeigt, ist eine Aufklarung wohl nicht weiter von nothen,<br />
J'edes neue Gut bringt eiuen geminderten Nntzzuwaohs und<br />
kann daber a110h 11111' einen geminderten Werthzuwaehs bringen.<br />
Anders, wenn man den Werth des ganzen Vorraths betrachtet<br />
und die ftìr diesen entwickelte Veranderungsreihe von 10 bis<br />
auf 30 und sodanu wieder zurtìck von 00 bis auf 10 und O<br />
verfalgt. Auf Grund derjenigen Werthanschauung beurtheilt,<br />
dio wir Alle aus clen Eindrl\eken cles tagliehen wirthschaftlichen<br />
Lebens mitbringen, erscheint diese Reihe geradezu paraclox.<br />
Man denkt gemeinhin den Werth ab einen einfachen und<br />
sehlechthin wììnschenswerthen Gtitereharakter , mathematisch<br />
ausgedrììckt als eine positive Grosse. Dem entspricht es, wenn<br />
die Roihe zu Anfangs mit del' Vergrosserung cles Besitzes auch<br />
einen erhohten \V erth zeigt , aber es widerspricht durehaus,<br />
dass gegen ihr Ende zu , bei noch weiterer Zunahms des VOI'raths<br />
del' Werth abnimmt , ja dass derselbe endlich in dem<br />
Augenblick vollig verschwindet, in dem del' Ueberfluss erreieht<br />
ist. IVoher diese Regellosiglreit ? Wie ist sie zu erklaren ? Die<br />
erste Hfìlfte del' Reihe scheint zu erhtìrten, dass del' Werth<br />
etwas Wìmschenswerthes, Positives, die zweite, dass er etwas<br />
Negatives, ein Uebel oder eine Last sei, Wo ist die Wahrheit?<br />
Wie ist hier tìberhaupt eine Vereinigung moglieh?<br />
8ehr leieht, sobald man die vorgefasste Meinung aufgibt,<br />
del' \Verth sei eine ,,8infache" positive Grosse. Der \Verth (,,18<br />
Grenzwerth) entsteht durch die Znsammenziehung zweier Elemente,<br />
eine:;::; positiven unc1 eìnes negativen. ET ist eine zusammengesetzte,<br />
gen"uer eino Restgrosse. 80bald m"n dieso bciden Elomente seiner<br />
Bildnng nnterscheidet, erklart sieh die oben entwickelte Reihe<br />
anf das leiehteste und del' Anschein von Regellosigkeit versehwindet,<br />
welcher fiir Denjenigen unhehebbar ist, del' eine einfache<br />
Verandel'l1ngsreihe erwartet und sncht.<br />
Die heiden Elemente del' vVerthbildl1ng sind durch clie<br />
bisherige D"rstellnng hereits kl"r geworden.<br />
Das positive Element ist die J3'ronde am Giiter<br />
11 11 tz en. Jeder ::Nutzzuwachs 1 cler durch eill neuerworbenes Gut<br />
begl'iindet wird, ist willkommen. Das ersterworhene Gut bringt<br />
den hiichsten Zuw1tChs, weil es dem dringendsten Begehren<br />
abhilft, jedes folgende einen kleineren, weil es einem gesattigteren<br />
Verlangen begegnet. 8chreitet die Besitzerwerbung tìber clic<br />
Grenzen des Bedarfs hinaus weitor fort, so erfahrt das positive<br />
Element del' Werthbildung keinen Zuwaehs mehr.· Nene Gtìter<br />
haben dann keine Verwendung, man frsutsich ihror nicht melu-.<br />
Die obigen Ziffern angenommen , hetragt daher der Z u w a eh s<br />
des p o s i t i v e n Werthelementes<br />
fiir das 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.<br />
10 9 8 7 6 5 4 3 2 1<br />
11. Gut<br />
O Einheiten<br />
und die Gos"mmtgrosse dieses Elementes, jeweils fiiI'<br />
den ganzen Vorrath berechnet, betragt bei einem Vorrath<br />
von 1 2 3 4 5 Gììtern<br />
10 19 27 34 40 Einheiton<br />
(10+9) (19+8) (27+7) (34+6)<br />
von 6 7 8 9 lO 11 Gtìtern<br />
45 - 49 52 54 65 55 Einheiten,<br />
(40;+5) (45+4)(49+ 3) (52+2) (54+ 1) (55+0)<br />
Das negative Eloment rììhrt von del' Gleichgiltigkeit<br />
her, clic die JYIensehen von Natur aus gegeniiber den Gììtern<br />
hahen. Nur gezwungen iibertragen wir das Interesse vom<br />
Nntzen auf die Gtìter, del' Process del' Uebertragung hat einen<br />
Widsrstand zu Iìberwinden , , elessen Starke jo naeh den Umstanden<br />
wechselt. J c grosser clie Noth, desto r"seher und fest81'<br />
ld1tlnmern wir nns an die Gitter, desto geringer ist del' vVielerst"nd;<br />
er ist vollig gebrochen, \wcnn die Noth "m hOchsten<br />
gestiegen ist, hier idcntiilciren wir clas 8chicksal del' Giiter mit<br />
unscrem eigenen und sohen mit ihrem Verlust dm eigenen<br />
Untergang als entschieden "n. Der \Viderstand ist dagegen vollkommen)<br />
wenn alles im Ueberfluss vorhanden ist, hier geniessen<br />
wir, ohne den Dingen, clie den Genuss geben, clureh oine Regung<br />
des Interesses zn c1anken. Zwischen ansserstem JYI"ngel nncl<br />
Ueberfluss ist dol' Widerst"ncl ein theilweisel', wir wcnclen den<br />
Giite1'll ein Interesse zn, abgeleitet von dom, das wir "n ihren<br />
Dienstell nehmen, aber wir wenc1en ihnen dieses letztere nicht<br />
ganz, sonelern mit einem Abzng zu, indem "llo 8tiicke eines<br />
Vormths eben nul' mit dem ìVerthe cles Gl'enznutzens bedacht<br />
werden. Der U eb e l' w e l' t h, ((bel' dcn Grenznntzcn hinaus,<br />
29
36<br />
Wahrend hiedureh die Nntzformeln immer langwieriger und<br />
nndeutlicher werden, werden zugleieh clic Werthforrneln immer<br />
umfaseender uncl einheitlicher; namentlich durch das Eingreifen<br />
der Kosten, woriìber spater. In der Gelclwirthschaft wird ftìr<br />
clen grossen Verkehr alles gleiehmassig naeh Gelclwerth gemessen,<br />
aller Nutzen, in seiner unabsehbaren Verschieclenheit, ist auf<br />
clen V{erth der Mtinze umgerecbnet, deren Stiìeke unter einander<br />
gleich gelten uncl deren Mengen als Vielfache derselben Einheit<br />
in die Rechnungsoperationen eingehen,<br />
Dadureh, dass man im Werthe den Nutzen zu reehnen<br />
vermag , wird man erst in clen Stancl gesetat , genaue Wirthsehaftsplane<br />
zu entwcrfen und ihre Einhaltung zu uberwaehen.<br />
So wird der Werth znm Con t l' ol mi t t el der Wirthschaft.<br />
tausendmal mindestens lO l del' Zweite sweitausendmal mìndestens 8 geniessen.<br />
Das Ist del' wahre SiuTI [enea Werthanschlagea von Gebrauchsvorrathen , den<br />
\ViI' gewblmlloh in "die materlellere B'ormel brlugen, del' Erste besitae 1000 X lO<br />
oder 10.000, del' Zweite 2000 X 8 oder 16.000 werthetnheiten.<br />
Sìehe ttber dìe R e c h n 11 n g des Werthes noch IlUrsprung des Werthes'',<br />
pago 180 il'. und Bohm - Ba w e r k n Werfh'', pag.46 if.; ferner tìber den Dienst<br />
des Werthes unten §. 15, 16 und 61.<br />
2. ABSCHNITT.<br />
Verkehrswerth und natilrlicher Werth.<br />
§. 12. Der Preis.<br />
Der Verkehr schaift eine 'I'hatsache, die, aus clero Werthe<br />
hervorgehend, ihn wiecler zuriick auf das maclrtigste beeinilusst:<br />
clen Preis. In der Aufgabe dieses Buches liegt es, weder den<br />
Preis noeh die anf ihm beruhenden Werthformen darzustellen ;<br />
es soll vielmehr - was spater noch genau erklart werclen wircl <br />
del' "natiirliche" Werth dargestellt werden, das ist del' Werth,<br />
wie er ware, wenn eine wirthschaftlich hoeh entwickelte Gcsellschaft<br />
ohne Tausch und Preis bestiìnde. Niehtsdestoweniger<br />
kormen wir doeh nicht einfach am Tausche und seinen Werthformen<br />
vortìbergehen. Gesellsdhaftliche Zustande zu besehreiben,<br />
von dsnen es fiberaus fraglich ist, ab sie je Wirklichkeit erhalten<br />
werden und erhalten kdnnen , pare eine ziemlich mtìssige<br />
Spielerei, wenn die Besehreibung nieht Anwendungen auf elie<br />
Wirklichkeit erlaubte, die uns bekannt ist. Nun, um diese Anwendungen<br />
maehen zu konnen, muss der Preis und der Tauschwerth<br />
insoweit klargemacht werden, dass eine Vergleichung<br />
mdglich wird; mindestens die allgemeinen Umrisse mlissen<br />
gezeichnet werden, die dann als Hintergrund dienen sollen, von<br />
dem sieh das deutlichere Bild des "natiirlichen" \Verthes, clas<br />
wir ausfuhren wollen, abheben wird, so dass ein Urtheil gestattet<br />
ist, ab die Grundzlige libereinstimmen oeler contrastiren.<br />
Diesem Zwecke wird es genligen, wenn wir denjenigen<br />
Fan del' Preisbildung hespreehen, der elas eigenthiiroliehe Princip<br />
clerselben aro cleutlichsten erkennen lasst. Es ist clies zugleich
58<br />
Ausschlag, und ihrer Sehatzlmg wird del' Preis angepasst. Sie<br />
miissen also die Waare genau so hoch bezahlen als sie sie<br />
sehatzen , indess ihre stàrkeren Coneurrenten, die das Gleiehe<br />
zahlen, unter del' personliehen Schataung zahlen, Der Bettler<br />
und del' Milliongr, wenn sie dasselbe Brot essen, geben aueh<br />
denselben Preis daftìr , del' Bettler nach Mass seines Hungers<br />
und del' :lYIillionar eben auch nur nach demselben Mass, d. h.<br />
naeh dem des Hungers des Bettlers, wahrend es gal' nieht in<br />
Frage kommt, was er zu zahlen geneigt ware , wenn es ihn<br />
einmal hungerte 111i(l wenn er sein Aeusserstes bieten wollte,<br />
um Brot zu kaufen. Nur wo die Reichen sieh selber Coneurrenz<br />
machen, um den Erwerb von LuxusgUtern, die sie fUI' sieh allein<br />
geniessen wollen , zahlen sie naeh i h r e r e i g en en Kraft,<br />
werden sie mit i h r em persiinlichen Masse gemessen.<br />
J e mehr aber die Kraft del' Reiehen beim Einkauf del'<br />
Massengtìtc» geschont wird , desto griissere Mittel behalten sie<br />
tìbrig, um ihre Ansrbietungen ftìr die Luxusgìiter auszudehnen<br />
und zu steigern , und um (lesto fehlerhafter wird del' Impuls,<br />
den die Consumtion del' Production gibt.<br />
Da. vYerthgesetz in del' Einzelwirthsehaft ist streng, aber<br />
seine Strenge ist ohne Zweifel nothwendig uncl wohlthatig. Es<br />
verbietet die Befriedigung iiber einen gewissen Grenzpunkt<br />
binaus, iiber deu die im Augenbliek vorhandenen Mittel nieht<br />
reiehen, wenn man alles in allem erwagt uncl auch del' Zukunft<br />
gedenkt. Die Verletzung des Verbotes straft sieh von selbst,<br />
indem an Stelle des voreilig befriedigten geringeren Be(liirfnisses<br />
spater ein dringenderes Begehren uugestillt unterclrlickt<br />
werden nmss. Das Preisgesetz folgt dem vYerthgesetz in del'<br />
Fordernng del' Grenzausschlìessung, aber ohne dieselbe zweifellose<br />
ll1aterielle Nothwendigkeit, nnd die natiirliehe und verniinftige<br />
Strenge des Gebotes verwanclelt sich cladureh iu eiuen<br />
Ansehein von persiinlicher und widersinniger Harte. ìVer den<br />
vom GrenzMmer bezahlten Preis nieht ersehwing-en kann, wircl<br />
innerhalb des volkswirthsehaftlichen Verbandes gerade so von<br />
del' Giitererwerbung ansgeschlossen, wie im Einzelhaushalte<br />
die allzu geringe Begiercle von del' Befl'iedigung. Wie es hier<br />
Grenzbediirfnisse gibt, gibt es clort Grenzexistenzen,<br />
unter deren Nivean die Fristung des Lebens hiichstens noch<br />
gnadenweise zugestanden wird, Wahrend aber die Grenze im<br />
einheitliehen Haushalt natiirlieh gezogen ist, ist sie in del' Volkswirthschaft<br />
noeh dureh die Art der Vertheìlung des Reiehthums<br />
mit bestimmt. Unser R e eh t verurtheilt inmitten des Wohlstandes<br />
del' Vormdgenden den Mittellosen zu einer Einscbrankung,<br />
als ob ali diesel' W ohlstand nicht vorhanden ware und die<br />
Natur selber die weitere Befriedigung versagte,<br />
Das sind die Anklagen , die gegen das Gesetz des Verkehrswerthes<br />
zu erheben sind. Sie waren vernichtend , wenn<br />
ihnen nicht erwidert werden kiinnte. Doeh die Prììfung del'<br />
Klage und del' Einwendungen gehort nieht mehr in die<br />
Theorie des Werthes, sondern in die grdssere del' Wirthschaft<br />
und ihres Rechtes, und diesem Buche ist ja nicht einmal die<br />
Aufgabe gestellt , die Theorie des Werthes zu erschépfen. Ieh<br />
wollte die Bildungselemente cles Verkehrwerthes blos insoweit<br />
klar maehen , als es niithig ist, um klar zu machen , was ich<br />
unter dem "natiirlichen Werth" verstanden wissen will. Ich<br />
bin nun an diesen Punkt gekommeu und darf nicht langer<br />
ziigern, dem Leser Aufschlnss \iber diesen Namen zn geben.<br />
Die Saehe selbst ist uns nicht neu; del' vYerth, wie er im<br />
1. Absehnitt dieses Buches, iu del' elementaren 'fheorie, betrachtet<br />
wurcle, ist natiirlieher Werth.<br />
§.17. Der natiirliche Wel'th.<br />
Aneh in einer Gesellsehaft, iio einem Staate mit eOll1munistiseher<br />
Grclnung (ler Wirthschaft wiirden die Gliter nieht aufhiiren<br />
vYerth zn besitzen. Be(liirfnisse wiirclen naeh me VOI'<br />
da sein, nach wie vor wiirden (lie verfligbaren illittel fiir ihre<br />
volle Sattigung nicht ausreichen uncl cler Menschen Herz wiircle<br />
sieh nach wie vor an den Besitz hangen. Mau wlirde alle Gilter,<br />
die nieht freie Gl\ter sind, nieht blos fiir nlitzlieh sondern zugleich<br />
auch fiir werthvoll erkennen und wlirde den VYcrth nach dem<br />
Verhaltnisse abstufeu, in welehem die verfiigbaren Vorrathe<br />
zum Be(larf stehen und das sieh letzlieh im Grenznutzcn ausdriiekt.<br />
Gesellschaftlicher Vorrath und Beclarf, oder Giitermenge<br />
und Nutzen gesellschaftlich mit einancler vergliehen, wlirden clen<br />
vYerth bestimmen. Die elell1entaren Gesetze del' vYerthschatzung<br />
59
62<br />
theilen, nur dass seine Kraft nieht immer ausreieht und dass dureh<br />
das Znsammentreffen mit Andern im 'I'ausche das Ergebniss versehoben<br />
wird. Zahllose mehr oder mindsr riehtige Ansiitze del'<br />
natiirlichen Werthbildung sind vorbanden, Jeder hat sie ftìr<br />
sieh in seinem wirthschaftliehsn Kreise und auch im Zusammentreffen<br />
del' einzelnen Kreise Iosen sich diese individuellen<br />
Bildungen nieht vollig auf, sondern sie veriindern sieh nur in<br />
etwas, Es ist von Interesse, naehzuforschen, wie vie! von den<br />
Erscheinungen des Verkehrswerthes natìirlielien Ursprnnges und<br />
wie gross also die bildende Kraft des uattìrlichen Werthes in<br />
unserer Gesellschaft ist. Ieh glaube, die folgende Untersnchung<br />
wird zeigen , dass sie bei weitem gl'osseI' ist l als gewohnlieh<br />
angenommen zu werden scheint. Die Grundrente ist vielleicht<br />
die am meisten angegriffene Werthbildung del' heutigen Wirthschaftsordnung;<br />
nun ich glaube, die Untersuchung wird zeigen,<br />
dass aueh del' communistische Staat nieht ohne Grundrente sein<br />
kann. El' muss unter gewissen Umstanden von den Grundst\\cken<br />
Ertrag berechnen und von gewissen Grundstiieken griisseren<br />
Ertrag berechnen, und die Umstande, auf die es hiebei ankommt,<br />
sind wesentlich dieselben, welche heute die Grnndrente und<br />
einen hohen Stand derselben bedingen. Der Unterschied liegt nur<br />
darin , dass heute die Grundrente einem privaten Eigenth\\mer<br />
zu Gnte kommt, wahrend sie im communistisehen Staate del'<br />
ganzen vereinigten Gesellschaft zufiele. 1m communistischen<br />
Staate begr\\ndet sie kein persiinliches Eigenthum, sonclern sie<br />
wird nur rechnungsmassig aus dem Gesammteinkommen del'<br />
Gesellschaft ausgeschieclen, aus sachlichen Griinden, um den<br />
Beitrag kennen zu lernen, den die einzelnen Grunclsti\eke zum<br />
gesammten Ertrage liefern, "mcl um hienach beurtheilen zu<br />
kiinnen, welehe Aufwendungen gemacht werclen di\rfen und<br />
sollen, um diese Beitrage zu gewinnen. lVIit auderen ìVorten, es<br />
bleibt del' wirthschaftlich-technische Dienst als Controlorgan<br />
del' Proc1uction, wahrencl c1er persiinliche Dienst als Quelle<br />
privaten Einkommens weggefallen ist. Sollte clie Untersuchung<br />
cliese und ahnliche Thatsachen feststellen, so wircl man gewiss<br />
nieht laugnen kiinnen, dass sie die ìVirthsehaft von heute besser<br />
verstehen lehrt. Sie wUrde zeigen, was von den heutigen vVerthformen<br />
nicht bl08 um cler Befriecligung persiinlichen Eigen-<br />
nutzes willen cla ist , sondern zugleich im technischen Dienste<br />
del' gesellschaftlichen Wirthschaft steht und daher niemals aufgegeben<br />
werden dììrfte, wollte man nicht die Wirthschaft ohne<br />
Calctìl und ohne Controle lassen.<br />
Damit eignet sieh die Untersuchung des nattìrlichen<br />
Werthes sowohl fi\r den, del' die gegenwartige Wirthschaft<br />
verstehen , als aueh fììr den , del' eine neue vorbereiten will,<br />
Vertheidiger del' geltenden Ordnung und Vorkampfer einer<br />
getraumten kììnftigen konnen sich ohne Voreingenommenheit<br />
und ohne ihren Grundsatzen zu vergeben , in diesem Stuclium<br />
vereinigen. Der natilrliehe Werth ist e i n e neutrale<br />
E l' S o.h e i n u n g, deren Untersuchung niehts fili' und nichts wider<br />
den Socialismus beweìsen kann , wie immer sie auch ausfallen<br />
miige. Sincl Lanclrente und Capitalzins natììrlìche Wertherscheinungen,<br />
so werden sie eben aueh im socialistischen Staate<br />
zur Geltung kommen , ohne dass diesel' sich deshalb aufznliisen<br />
und Landeigenthtìmer und Capitalisten den Platz zu raumen<br />
brauchte. Man kann jeder natììrliehen ì,Terthform ihre sachliche<br />
Bestimmung belassen, ohne irgend ein personliches Vorrecht des<br />
Einkommens damit zu verbinden.<br />
Der natììrliche Werth ist so wenig ein Beweìsmittel<br />
g e g e n den Socialismus, dass die Socialisten gal' kein besseres<br />
Beweismittel filr ihre Bache hiitten gebrauehen kiinnen. Der<br />
Verkehrswerth kann nicht scharfer kritisirt werclen, als indem<br />
man seine Abweichungen vom nati\rlichen Masse aufdeckt, so<br />
wenig freilich hiemit fiir die Sa'fe des Socialismus endgiltig<br />
bewiesen ware. Bekanntlich haben aber die Socialisten eine<br />
andere ìVerthlehre. ìVir werden clieselbe fort uncl fort im<br />
vYiclerspruche mit clon nat\\rliehen Forderungen sehen uncl<br />
wahrencl wiI' gal' nichts wider den Socialismus sagen, sonclern<br />
uns durchaus innerhalb des neutralen Gebietes cles natl\rlichen<br />
,Yelthes halten wollen, werclen wir fort und fort wider die<br />
Socialisten zu sprechen haben.<br />
Es wird del' Darstellung cles Folgenden zn Gute kommen,<br />
wenn wir vorher noch c11e socialistische vYerthlehre in einem<br />
allgemeinen Ueberblick entwickeln.<br />
63
16<br />
und einen Prcduetionsplan zu bauen , welche die erfolgreichstc<br />
Verwendung aller einzelnen Elemento sichern.<br />
Als Beispiel, dass Znrechnung in diesem Sinne znlassig<br />
und ausftìhrbar ist, nur ein Fall. Zwei Aecker, ein fruehtbarer<br />
und ein dììrftiger, beide genan mit denselben Mitteln bearbeitet,<br />
geben versehieden hohc Ertrage. Auf wessen Rechnung ist der<br />
Mehrertrag des besseren Landes zu setzen, auf Rechnung del'<br />
Aussaat, dee Diingers, des Pfìuges, del' Arbeit? - dìe alle hier<br />
ebenso sind wie dort - oder nicht vielmehr aufRechnung des<br />
Landes selbst und ' seiner grosseren Fruchtbarkeit? Niemand<br />
wird iiber die Entscheidung zweifelhaft sein, noch daran Anstoss<br />
nehmen, dass aueh del' Mehrertrag ohne Saatkorn, Diinger, Pflug<br />
und Arbeit nicht hatte hervorgebracht werden konnen, Die<br />
Dinge genommen wie sie sind, liegt eben am Besitze des besseren<br />
Landes mehr, und um so viel mehr als jener Mehrertrag<br />
ausmacht.<br />
Es ist von hohem Interesse, class es gelinge, clie Regeln<br />
cler Zurechnung cles productiven Ertrages auoh fiir alle iibrigon<br />
Falle theoretisch zu formuliren, Gelange es nicht, so bliebo<br />
die Sehatzung del' Procluctivgiiter ein Rathsel, und clie heutige<br />
Ordnung del' Dingo, wo die sachliche Zurechuung del' Ertrage<br />
clie Grnncllage fiir clie personliohe Vertheilung des Volkseinkommens<br />
wird, bliebeimmer clem Vorwurf del' Willkiirlichkeit,<br />
wenn nicht dem schlimmeren Vorwmf cles Zwangos uncl del' Un·<br />
gorechtigkeit ausgesetzt. J'ìicht einmal die Abstufungon del'<br />
Entlohnung, die wir zwischen den Arbeitern unter einander<br />
maehen, waren zu rechtfertigen. \Venn es keine Regel gabe,<br />
um den Streit zwischen Besitzern und Arbeitem zu schlichtcn,<br />
so gabe es aueh keine, um d"n Vorrang des Erfinclers vor clem<br />
ausfiihrenden 'l'aglOhner zu bemessen. Es ware \Villkiir, wollte<br />
man ,wenn auch nur annahernc1 unc1 schatzllugsweise Geist,<br />
Hingebung, Kunst, Kraft uncl Geschicklichkeit, kurz alle clie<br />
Tugenden uncl Vorziige auszeichnen, die anch in wirthschaft·<br />
lichen Dingen seit je als Auszeiehmmg gegolten haben und<br />
cleneu die Gesellschaft diesegensreichsten und n(jtzlichsten<br />
Dienste ihrer Mitglieder verdankt.<br />
§.21. Die socialistische Auffassung cles P'r o b l em s.<br />
(Der Anspruch cl e" Arbeiter a u f d en v ol l e n p r o d u cti<br />
v e n Ertrag.)<br />
Die socialistische Lehre beschrankt den Umfang clerDinge,<br />
die als Productivmittel zu gelten hatten , so sehr, dass damìt<br />
auch das Problem del' Zureehnung bedeutend eingeschrankt ware.<br />
Die Socialisten erkennen nieht clie drei Proclnctivfactoren<br />
Land, Capital und Arbeit an, sonclern lassen nur eine .einzige<br />
Productivkraft, die Arbeit, gelten. BIos die mensehliche Arbeit,<br />
sagen sie, sei scbOpferisch, blos sie kénne in Wahrheit hervorbringen.<br />
Freilioh bediirfe sie, um wirksam zu sein, cles Landes<br />
und cles Capitales, aber beide behielten ihr gegeniiber cloch stets<br />
eine nntergeordnete Stellung als blosse Hilfsmittel del' Erzeugung.<br />
Bei cler heutigen Ordnung cler Dinge seien Landeigenthiimer<br />
und Capitalisteh allerdings in den Stand gesetzt - wei! sie das<br />
ausschliessliehe Eigenthnm an den sachlichen Hilfsmitteln cler<br />
Arbeit besassen - die Arbeiter zu zwingen, ihnen einen grossen<br />
'I'heil des Arbeitsproductes abzutreten, indem sie nur gegen dieses<br />
Versprechen ihr Eigenthnm ausfolgten und clie Arbeit zuliessen.<br />
Daclurch seien Land und Capital Quellen personlichen Einkommens<br />
fiir die unthatigen Classen geworden , aber nur mit<br />
Unrecht, und es ware ein schwerer Irrthum, aus dem Verhaltnisse<br />
des Einkommens anf das clerprodnctiveu Kraft zn schliessen.<br />
Wenn die Besitzenden die Ausfolgung del' Hilfsmittel clerArbeit<br />
verweigern, so bereiten sie ein Af'beitshinc1erniss, wie R odb<br />
el't n s s"gt, uncl wenn sio sie gestatten, thun sie eben nichts,<br />
als dass sie dieses selbstgeschaifene Hinderniss, ihr willkiir·<br />
liches Quocl non wieder beseitigen. Immer bIeibt es cloch cler<br />
Arbeiter, .cler hervorbringen mnss, Land und CapitaI sind nur<br />
Bedingnngen, nicht Ursachen del' Erzeuglmg, alleI' Ertrag ist<br />
ausscbliesslich Arbeitsertrag.<br />
R od b el'tn s ist in cler 'l'hat vollkommen im Recht, wenn<br />
er sagt, voro personlichen Einkommen kOnne nicht auf den<br />
sachlichen Ertrag geschlossen werden. Das Problem cler Ertrags·<br />
theilung muss von dem cler Einkommensthei!ung ganz nnd<br />
gal' getrenni werden, um es richtig zu entscheiclen. SolI es<br />
aber .ganz und gal' getrennt sein, so muss man es anch' in cler<br />
77
78<br />
Anwendung trennen. Lassen wir den personlichen Streit vollig<br />
ausser Betracht., sehen wir durchaus davon ab, welehen Personen<br />
die Erzeugnisse zufallen sollen, und besehaftigen wir uns<br />
ohne Ritcksicht auf die Folgerungen blos mit del' Priìfung,<br />
welchen Factoren ihre Hervorbringung zu danken , welehen<br />
Faetoren sie zuzurechnen seien. Stellen wir uns den J'ommunistischen<br />
Staat vor, in welchem die natitrliche Regel del' Zurechnung<br />
gesucht wird. Hier ffillt das ganze Erzeugniss del'<br />
arbeitenden Gemeinschaft zum Genusse zu - recbnet sie auch<br />
das ganze Erzeugniss als Erfolg ihrer Arbeit oder rechnet sie<br />
es ihrem Besitze an Land und Capital mit zu?<br />
Offenbar wird es auf die Absicht ankommen, in welcher man<br />
zuzurechnen hat. Handelt es sieh um die moralische Zurechnung,<br />
so konnte gewiss Niemand als del' Arbeiter genannt werden,<br />
Land und Capital haben kein Verdienst daran, dass sie Friiehte<br />
geben, sie sind todte Werkzeuge in del'Hand des Mensehen, del'<br />
daftìr verantwortlich ist, welehen Gebraueh er von ihnen macht.<br />
Selbstverstandlich zahlen zu den Arbeitern Alle, die in irgend<br />
einer Weise den Erfolg herbeiftìhren helfen, die leitenden Personen<br />
so gut als die ausfiihrenden, .Ia, kein Zweifel ist mcglioh,<br />
dass del' grosste Dank nicht del' mechanischen Anstrengung<br />
gebithrt, wenn es sich um Zurechnung im hOchsten Verstande<br />
des Wortes handelt. Da stehen obenan die Verdienste derer,<br />
die den ausfiihrenden Arbeiter filhren, die ihm nicht blos die<br />
Idee, die Ordnung und die Energie geben, sondern ihm selbst die<br />
Arbeitsstoffe auffinden, die Arbeitsmittel ersinnen und den Arbeitsgenossen<br />
zubringen. Solchen Potenzen gegenitber ist del' ausfiibrende<br />
Arbeiter selbst nur das, was ihm gegeniiber die sachlichen<br />
Productivmittel sind. Mbralisch betrachtet, sind die Dinge<br />
seine Hilfsmittel, er aher ist del' Hilfsarbeiter seiner<br />
Fithrer.<br />
Die moralische Zurechnl1ngmag fiir die personliche Ordntlng<br />
des Einkommens bedeutungsvoll sein, fiir die sachliche Auftheilung<br />
des Ertrages, von del' wir jetzt allein sprecben, ist sie<br />
belanglos. Hier lautet die Frage: Worauf, auf welche Factoren<br />
kommt es praktisch an, wenn del' Ertrag gewonnen<br />
werden so]]? Das Bewusstsein eines Jeden, del' die Wirthsehaft<br />
kennt, wie sie ist, gibt die Antwort mit voller Deutlich-<br />
keit: Es kommt auf Arbeit undauf produetiven Reichthum<br />
ano Mehrung des Besitzes steigert den Ertrag ebenso wie Anspannung<br />
des Fleisses. Niemand ftìhlt den Ertrag abhangig<br />
von den productiven Gììtem del' Natur, die so iiberreich sind,<br />
wie die Lufttheilchen iìber dem Acker und die Baume im Urwald<br />
, aber J eder ftìhlt ihn abhangig von denen, die bei aller<br />
Fiille doeh noch zu karg zugemessen sind, mit denen man hauszuhalten<br />
und die man zu verviclfachcn sucht. Wo wird man<br />
auf solchen Besitz nicht Werth legen? Und wenn man auf ihn<br />
Werth legt, warum thut man es, als um des Ertrages willen<br />
und nach Mass des Ertrages, d e n er sichert? So lange die<br />
Menschen sich durch den Besitz von Grundstticken und Capitalion<br />
reich fiìhlen, so lange beweisen sie dureh diese Thatsache, dass<br />
sie denselben einen Theil del' Frììehte zurechnen, an deren Hervorbringung<br />
sie mitwirken, und so lange rechnen sie del' Arbeit<br />
- eben nur den Rest des Gesammtertrages zu, Der Socialist,<br />
del' seinen Staat mdgliolist reich an Besitz wììnscht, widerlegt<br />
dadurch so vollstandig als mdglich seine eigene Lehre, dass<br />
die Arbeit allein reich maehe.")<br />
Alle Prorluetivmittel, denen Werth zuerkannt wird, sind<br />
damit als praktiseh belangreiehe Ursaehcn del' Erzeugung anerkanut.<br />
Zu diesen Productivmitteln werden Land und Capital so<br />
lange gehOren, a.]s sie nicht in eil1em fiir immer gesieherten Ueberflusse<br />
Zl1r Vel'fiigung stehen. Niemand kann hieran ernsthaft<br />
zweifeln. Man kann nur dariiber zweifelhaft sein, ob es gereeht<br />
und filI' die Gesellsehaft vortheilhafl sei, an Lanrl und Capital<br />
Privateigenthum einzelner Personen zuzulassen, wodurch del'<br />
Ertrag von Land und Capital einzelnen Personen ausschliesslich<br />
itbertragen wirrl. Ueber diese Frage ist auch so leicht die Entscheidung<br />
nicht zu fallen. Wir fiir unseren Theil haben iiber<br />
sie ganz und gal' nicht entschieden, noch aueh nur zu entscheiden<br />
versucht. Wir haben liur die sachliche Beziehung zwischen<br />
Productivmittelu und Productcn klargestellt, ohne del' personlichen<br />
Ordnung del' Anspritche irgendwie vorzugreifen.<br />
*) Wil' werden spater (§. 58) in del' socialistischen Lehre selbst ciu vieI<br />
deutlicheres Zugestandniss daftir finden l dass die Arbeit llicht del' einzige<br />
Factor del' Werthbildung sei. Siehe iibrigens no01 §. 35.<br />
79
98<br />
drastisches Beispiel zu haben, vergleichen wir die Verwendung<br />
des Goldes zur .Plombirung von Zahnen und seine Verwendung<br />
zu Luxuszwecken - die beiden Sattigungsscalen entsprechen<br />
sich ganz und gal' nieht, und es ist geraclezn ausgeschlossen, in<br />
den beiden Verwendungsarten stets genau dasselbe Grenzmass<br />
festzuhalten. Alle okonomischen Anforderungen sind erftìllt,<br />
wenn man darauf sìeht , nirgends Producte geringeren Grenznutzens<br />
mit einem productìvon Aufwand zu erzeugen, der anderwarts,<br />
in einer andern Gattung von Produeten , zu hdhsrem<br />
Grenznutzen fììhren konnte. Es kaun daher ganz wohl sein und<br />
es wird bei allen Prodnctivmitteln reicher Verwendbarkeit stets<br />
der Fall sein, dass die Grenzgrossen in den einzelnen Productgattungen<br />
von einander differiren.<br />
Nehmen wir Z. B. an, aus einem Vorrath von Eisen wììrden<br />
clreierlei Proclucte, die wir mit a, b und c bezeichnen wollen,<br />
hergestellt und in der Gattnng a empfìnge die Einheit Eisen entsprechencl<br />
dem daselbst okonomiseher Weise erzielbaren Grenznutzen<br />
10 den Werth 10, in der Gattung b entspreehend deren<br />
Grenznutzen 9 den Werth 9 und in del' Gattung c entspreehend<br />
deren Grenznutzen 8 den Werth 8: so haben wir einen Fall<br />
VOI' nns, wo del' Nutzen auf del' Stufe cler Erzengnisse noch nicht<br />
vollig auf clas Grenzni veau abgeglichen ist uncl clie Abgleichung<br />
erst am cler Stufe del' Procluctivgiiter uncl unmittelbar an<br />
cliesen erfolgen muss. Dass clie Abgleichung iiberhaupt erfolgen<br />
muss, kann nicht bezweifelt werden. Jì(an kannnicht ein Drittel<br />
cles Eisens hOher als ein ancleres anschlagen, es liesse sich ja, clie<br />
gleiche Qualitat vorausgesetzt, durch gal' keine Erwagnng entscheiden,<br />
welchem concreten' Theile cles Vorraths cler Vorzug<br />
vOI' dem Reste znerkannt werllen sollte. So lange irgend eine<br />
praktisch in's Gewicht fallencle Quantitat cles Eisens dazu bestimmt<br />
ist. Proclucte cles Grenznutzens 8 zu erzengen, kann kcine<br />
Einheit des ganzen Vorraths auf einen hOheren Ertrag geschatzt<br />
werclen. JeclerEinheit ist insolange cler Grenzertrag 8 als Beitrag<br />
zuznrechnen uncl cler Werth cles ganzen Vorraths ist .clurch clie<br />
JìIultiplieation del' Zahl von Einheiten, clie er enthalt, mit clem<br />
Grenzwerthe 8 zu berechnen:*)<br />
*) Dies ist eine del' folgenreichsten Anwendungen des Grenzgesetzes, wir<br />
werden uns im FoIgenden fort und fort auI' sie bertlfen, namentlich 1m 5. Ab·<br />
Dadurch , dass das Grenzgesetz theils mittelbar, theils<br />
unmittelbar auch die Productivgtìter ergreift, vermag del' Werth<br />
seinen eigenthl\mlichen wirthschaftlichen Dienst als Rechenform<br />
und Controlmittel des Nutzens erst mit grosserer Wirksamkeit<br />
zu erftìllen. Die productiven Vorrathe sind im Vergleiche zu<br />
den Vorrathen der Gebrauchsgliter groeser , concentrirter und<br />
gleichartiger, Im Haushalte eines Individnums sind nur wenige<br />
Dinge in Vorrathen vorhanden, aber die procluctiven Elemente<br />
fast aller seiner Besitzthiimer fìnden sich, zum 'I'heile in ungeheuern<br />
Massen, bei den Producenten in Vorrathen angesammelt und<br />
werden damit der vereinfachenden Werthrechnung unterworfen,<br />
welchedie wirthsehaftliche Grosse jedes Vorraths clurch das<br />
Vielfaehe von JìIenge und Grenzwerth ausclriiekt. Durch da.<br />
.Kostengesetz (s. die Anmerkung) werden dann aueh die Producte<br />
in grossen Massen dieser vereinfaehenden Betrachtung unterworfen,<br />
Wir sehen clic Produeenten ihre \V aarenlager, JìIaterialieu,<br />
Inventare und Vorrathe fort und fort in del' einfachen Weise<br />
berechnen , dass sie die Menge und den Preis del' Einheit anschlagen<br />
und den durch clic Multiplication beiclererhaltonen Betrag<br />
als Gesalllmtwerth ansetzen. Diese einzige Beobachtnng geniigt,<br />
um clie weite Geltung cles Greuzgesetzes in unserer heutigen<br />
Wirthschaft zu erweisen. Nicht blos die Preise werden clurch<br />
ein Grenzgesetz bestimmt, sonclern vermittelst del' Preise wird<br />
fort uncl fort clie ganze Procluction, clie ihren Calciil clurchaus<br />
nach ihnen einriehtet, auf einen Grenzanschlag basirt. 1st es<br />
nieht cles Nachdenkens werth zu erfahren, welchen Sinn die Auwendung<br />
eines solehen Grenzanschlages habe? Uncl ist es nieht<br />
beruhigencl, zu wissen, dass clie von clen ]\I(enschen seit jeher<br />
naiv, kraft cler ursprlinglichsten Antriebe ihrer Natur befolgte<br />
Art cles Ansehlags cler Giiter ein Wuncler an Einfachheit und<br />
Zweckmassigkeit ist?<br />
schnitte uber die Rosten. Zum bessel'cn Verstandniss sei VOlli Kostengesetze 11ie1'<br />
schon so viei VOl'ausgenommen, dass del' pl'oductive Gl'enzwel'th seinerseits<br />
in die Productwerthe llivellirend eingeht. In dem obigen<br />
Beispiel wird in der Gattung a der Werth varo Grenznutzen 10 auf das productive<br />
Grenzmas$ 8, in der Gattung b von 9 gleichfalls auf 8 herabgedl'uckt.<br />
7*<br />
99
100<br />
§.27. Die s i n z e l n e n Motive del' Zurechnung. 1. Der<br />
'lorratb.<br />
Diejeuigcn Umstande, die immcr al" Ursachen del' Werthveranderung<br />
del' Produetivgiiter angefììhrt werdeu, haben diese<br />
Wirkung dadureh , dass sie in erster Linie don zuzurechnenden<br />
Beitrag verandern. Wir wollen sie jetzt nacheinander bespreehen.<br />
Wir kommen damit vielleicht an den ermiidendsten Theil unserer<br />
Aufgabe. .<br />
An erster Stelle ist del' verfitgbare Vorrath zu erwahnen.<br />
Je grosser del' verftìgbare Vorrath einer bestimmten Sorte<br />
von Produetivmitteln wird, desto geringere Producte dtìrfen und<br />
miissen erzeugt werden, vorausgesetzt, dass im Uebrigen keine<br />
entgegenwirkende Aenderung del' Umstande eingetreten ist. Ist<br />
mehr Eisen gewonnen worden l so dtìrfen und mìissen Eisenerzeugnisse<br />
geringeren Grenznutzens hergestellt werdeu. Es<br />
ist unabwendbar , dass diese Folge dem Erzeugungsstoffe , dem<br />
Eisen, zugerechnet und in einer geringeren Schatzung seiner<br />
productiven Grenzleistung ausgedriickt werde, Man kann sie<br />
keinem ancleren Erzeugungsfactor, z. B. nicht del' mitwirkenden<br />
Arbeit zurechnen, denn an deren Verhaltnissen ist<br />
keine Aendernng eingetreten. Von allen Ertragsgleiehungen<br />
sind blos diejenìgen herabgesetzt worden , in denen Eisen vorkommt,<br />
diejenigen, in denen Arbeit auf einen andern Stoff<br />
angewendet vorkommt, sind gleiehgeblieben, folglich stellt sich<br />
die Rechnung nur fiir das erstere, nicht auch fiir die letztere<br />
niedriger. Eisen erbalt daher einen geringeren Ertragsantheil<br />
zugerechnet, die Arbeit nieht. W ollte man alles me bisber<br />
recbnen, oder wollte man dh Arbcit den geringeren Erfolg<br />
zurechnen: so wlirde man z'\veckwidrig rechnen; man wiirde so<br />
reehnen, als ob alles wie bisher oder als ob die Arbeit mit<br />
grosserer Freiheit verwendet werden diirfte. Beides ware unzulassig.<br />
Von allen Produetivgiitern miissen diejenigen die geringsten<br />
Beitrage zugerechnet erhalten, deren Vorrathe im Vergleich zum<br />
Bedarf die reichliehsten sind. Diese darf man am freiesten, bis<br />
zu den geringsten Leistungen herab, verwenden. So weit die<br />
productive Ausbeutung in Betracht kommt, ist zu wiinschen,<br />
101<br />
dass die am meisten bedurfteu Gtìter auch dìe haufigsten seren<br />
und die gel'ingsten Beitrage zugerechuet erhalten.<br />
§.28. Fortsetzung. 2. Der Beda r f u n d clic comp l em<br />
en t a r e n Gii ter.<br />
Bedarf und Bedtìrfniss fallen bei den Giìtern unmittelbarer<br />
Verzehrung zusammen : die ììIenge VOn Bodenfrtlchten, clic<br />
zur vollen Sattigung des persénliehen Bedtìrfnisses erforderlich<br />
ist, bildet clen Bedarf an Bodenfrtìchten, Anders bei Productivgtìtern<br />
; bei diesen erzeugt clas personliche Bedììrfuiss nicht<br />
immer einen Bedarf. \Vcnn das Land ohne Bearbeitung freiwillig<br />
im Ueberfluss Frtlchte lieferte, so hatte man ganz uncl<br />
gal' keinen Bedarf an landwirtbschaftlichen Gerathen. Uncl<br />
wiedorum , wenn das Lanel allen Ertrag versagte, wenn alle]'<br />
Boden unfruchtbar und Ode ware , so batte man gleiehfalls<br />
,keinen Bedarf an landwirthschaftlicben Gerathen , man konnto<br />
sie ja niehtbenfìtzen. Ein Beclarf an Produetivmitteln entsteht nur<br />
dann l wenn man dieselben einerseits anzuwenden gezwungen<br />
ist, um ihre Friichte nicht entbehren zu miìssen, und wenn man<br />
sie andrerseits anzuwenden vermag t indem man fiber die erforderlichen<br />
eomplementaren Gììter verfiìgt. So lange die complementaren<br />
Giiter fohlcn, )mnn man hochstens vou eineru<br />
latenten Bedarf sprechen, effeetiv wircl cler Bedarf erst,<br />
bis man auch die complementaren Giiter el'worben hat (s. hiezu<br />
Menger, pago 39 ff.). I<br />
Der effeetive Bedarf an Procluctivmitteln wird sich <br />
in wèiterer Consequenz clieses Geclankenganges .- claher nicht<br />
blos dann verandern mlissen, wenn sìch clas personliche BedUrfniss<br />
verandert, sonclern auch dann, wenn' sieh clic lilenge<br />
del' complementaren GUter veranclert. Nach beiclen Richtungen<br />
ist clic Wirlnmg auf clie Zurechnung zu untersuchen und wil'<br />
haben daher in Ansehung des Bedarfes' bei den Procluctivgittern<br />
einen viel.verwiekelteren Causalzusammenhang 'l'or uns, als bei<br />
den GebrauehsgUtern. Es wird sich indess zeigen, class das<br />
Gesetz clennoeh das gleiehe ist. Wie del' Werth del' Gebrauchsgitter,<br />
veranclert sich auch del' zuzurechncnde Beitrag del' Prodtleti<br />
vgiiter stets im Sinne des Beclarfes. Steigt cler Bedarf
102<br />
aus welehem Grundo immer, so steigt aueh del' Beitrag; wie<br />
er aueh mit ihm sinkt. Das soll nun in thunlichster Ktìrze<br />
erwiesen werdeu.<br />
E'r s t a ns , es sei angenommeu: dass del' ef!ective Bedarf<br />
steigt, weil del' Reiehthum an complementare n Gfìtern<br />
z u n i m m i , wahrend da, personliehe Bedtìrfniss gleieh bleibt,<br />
Z. B. del' Reichthum an Iandwirthsehaftlichen Capitalien und<br />
die J\!Ienge del' verftìgbaren landwirthsehaftlichsn Arbeitskrafte<br />
nehmen Zl1 und es steigt daher del' eifective Bedarf an Grundstiieken,<br />
indem latentèr Bedarf entbunden wird, d. h. man konnte,<br />
soweit es auf die eomplementaren Gtìter ankommt, von nun an mehr<br />
Boden bebauen und das Beditrfniss vollkornmener befriedigen.<br />
Welehe Wirkung muss diesel' Emstnnd auf die landwirthschaftliehe<br />
Ertragsrechnung haben? Offenbar sind wieder mehrero<br />
Falle zu unterscheiden. Es kann sein, dass del' Boden gal'<br />
keine weitere Bebauung mehr zu.làsst , so dass die Erzeugung<br />
trotz del' rcicheren Mittel nicht ausgedehnt werdon kann : das<br />
mag bei Weinland ausgesuchter Lage wohl zutreffen, Oder de':<br />
Ertrag kanu im ganzen Verhaltniss del' Zunahme von Capitai<br />
und Arbeit vermehrt werden ; wir wollen annehmen , dies sei<br />
auf dem '\venig ausgebeuteten Boden einer 118U€n Colonie moglich.<br />
Oder endlich, wie in aller Regel auf altbebautem Boclen, del'<br />
Ertrag kann wohl vermehrt wel'clen, aber nieht im vollen Verhaltniss<br />
jener Zunahme cler eomplementaren Gliter, inclem zwar<br />
s;immtliche nencn Capitale unel Arbeitskriifte Verwendung fìnclen,<br />
aber mit einer gegen die bisher gewohnte verminclerten vVirkung.<br />
So verschieclen diese Fallc sincl, clas Enclel'gebniss ist in<br />
allen clas gleiehe, wenn es aueh auf versehierlenen vVegen herbeigefiihrt<br />
wird. In allen Falhm wircl clem Boelen ein starkerer<br />
Ertragsantheil zugereehnet.<br />
Kann clie Erzeugullg nicht weiter ausgedehnt ""el'den t so<br />
bleibt cler vVerth cler Erzengnisse naeh wie val' derselbe, es ist<br />
ja kein Gruncl ZUl' Veranclcrung eingetreten; wohl aber ailclert<br />
sich cler Theilungsschliissel fiir die Zureehnung. Die Glcichnng,<br />
aus welcher in clem obon gewiihlten Bcispiel eler Ertrag des<br />
W cinlancles, des anf demselben verwencleten Capitales uncl elCI'<br />
auf clemselben verwencleten Arbeit zusammengenommen zu bereehnen<br />
ist, bleibt wie sie war. CapitaI und Arbeit aber,<br />
103<br />
deren Vorrath vermehrt wurde , miissen nun anderwarts 1 auf<br />
anderem Land oder in Gewerbe uncl Industrie , in neuen V 01'bindungen<br />
verwendet werden , in denen sie geringeren Ertrag<br />
gehen; ihre Gleichungcn werclen also im Ganzen ungltnstiger<br />
und das hat clie Folge, dass nnn aneh clie Gleiehung, die clic<br />
Weinproduction liefert, fììr sie ungiinstiger aufgeliist wird. Ihr<br />
procluetiver Grenzbeitrag sinkt und vom Werthe cles Weines<br />
erììbrigt , nachdem fil!' Capital uncl Arbeit weniger in Abzng<br />
kommt. ein griisserer Antheil auf Rechnung cles Landes, Dieses<br />
gevvinnt einen grosseren Ertragsantheil gleichsam durch A ufsa<br />
u gu n g der Wirkungen , clie clen complementaren Gtitern<br />
aus allgemeinen Rtìcksichten nicbt mehr angerechnet werden<br />
kiinnen, weil das Grenzgesetz verlangt, class sie tìberall gleich<br />
angeschlagen werden uncl weil die allgomeine Grenze ihrer Verwendbarkeit<br />
heruntergegangen ist.<br />
\VO clie Erzeugung im vollen Masse ausgeclehnt werden<br />
kann , steigt (im aufsteigcnclen Aste cler Werthbcwegung) del'<br />
Gesammtwerth del' Erzeugnisse, wenn auch das einzelne Erzeugniss<br />
an Werth verliert. Die Ertragsgleichungen stellon sìch fiìr<br />
alle betheiligten Factoren gleichmiissig giinstiger, auf Land,<br />
Capital und Arbeit entfallt vom griissercn Ertrage naoh gleieher<br />
Quote ein absolut griisserer Anthei!.<br />
,vo clie Erzeugnng nur zum Theile ausgedehnt werdcll kann,<br />
vermischen siob beicle vVirknngcn. Del' Zn berechncncle Beitrag<br />
des Lancles erfiihrt einen cloppelten Zuwaehs, einmal einen<br />
801c1e11, eler der gesteigertcn AUSlliitzl111g zu danken ist, und<br />
soclann eineu solcbcn, del' von clem'geringeren Anschlage cler verwencleten<br />
Hiifsmittel kommt.<br />
Z wci t e n s, del' eifeetive Beclarf steigt, weil bei gleiehem<br />
complement;iI'en Reichthum das pel'siinliche Beclt\rfniss<br />
zunimmt. Hier liegt clie Sache sehr einfach. Die Verhaltnisszahlen,<br />
wclehe i\ber clie Auftheilnng cles El'trages entseheiclen<br />
sincl unveranclert geblieben, aber cler vVerth clcs Ertrages hat<br />
zugenommen. Die Folge ist, class clie gleiehe Qnote einen absolut<br />
griisseren 'iVerth hat.<br />
Die eben erwiesene Wechselbeziehnng zwischen den zusammenwirkenden<br />
Factoren del' Erzeugullgen ist clurch die Erfahrung<br />
cles taglieheu Lebens J eclermann in Ansebullg cles Ver-
104<br />
kehrswerthes hinlanglich vertraut. J eder Unternebmer weiss,<br />
dass es fiìr ibn .vortheilhaft ist, wenn dio Hilfsmittcl , die er<br />
braucht, sei es wegen ihrer vermehrten Erzeugung, sei es wegen<br />
ihres verrninderten anderweitigen Gebrauches 1 zahlreicher auf<br />
den Markt kommen, weil Cl' nun sein Unternebmen erweitern<br />
oder weil er es nun besser fui' sich ausntìtzen kann , indem er<br />
bei glcichem Ertrag weniger fììr den Ankauf del' Hilfsmittel<br />
auszugeben hat, Jeder Unternehmer weiss andrerseits, dass es<br />
ihm Schaden bringt, wenn die von ibm gebrauchten Hilfsmittel<br />
seltener zu Markte kommen oder was auf classelbe hinanskommt,<br />
zahlreicher nach anclern Erzeugungen hin abgezogen werden,<br />
Im cornmunistischen Staat werden ganz ahnlieh« Erwagungen<br />
zu machen sein, um die Wechselwirkungen del' complementaren<br />
Giiter auf einander richtig anzuschlagen. Ein Weingarten von<br />
den frliher beschriebenen Verhaltnissen miisste auch im communistischen<br />
Staate hoher angcscblagen werden, sobald die<br />
Hilfsmittel seiner Bearbeitung zahlreieher vorhanden waren<br />
oder anderweitig minder zahlreich gebraucht wtìrden ; miisste<br />
er cloch gewiss im umgekehrten Falle niedriger angesehlagen<br />
werden , sobald clie Hilfsmittel seiner Bearbeitung wegen ihres<br />
verminderten Vorkommens oder ihrer erhohten anderweitigen<br />
Verwendung bOher gesehatzt wiirden; mt\sste cloch gewiss sein<br />
Ertragsantheii auf Null herabsinken, sobalcl clie Hilfsmittel<br />
seiner Bearbeitung so hoch geschatzt wiirden, das", ihre Beitrage<br />
geracle clem ganzen Ertrag an \Vein gleichkommen; nnd miisste<br />
seine Bearbeitung cloch gewiss ganz aufgegeben werden, sobald<br />
diese Beitrage aus dem \Veinertrage nicbt mehr gedeckt werden<br />
konnten.<br />
Die natiirlichen Regeln dèr Zureehuung fardern, wenn die<br />
Verfligung iiber einen Factor del' Erzeugung, sei es Land,<br />
CapitaI oeler Arbeit, freier geworden ist, clie andern bOheI'<br />
anzuschlagen, sowie sie foI'clern, alle bOher anznsehlagen, Welln<br />
die persollliehe BceliiI'ftigkeit durcbaus uncl allonthalben gestiegen<br />
ist.<br />
§. 29. FoI'tsetzung. 3. Die 'l'echnik.<br />
Die 'l'cebnik ist die Kunst del' Ausnt\tzullg cler Procluctivmitte!.<br />
Jecler Fortschritt cler 'fechnik verbessert entwede1' die<br />
105<br />
Qualitat oder die Quantitat del' Erzeuguisse. Auch ein sogenanntes<br />
kostensparendes Verfahren wirkt sehliesslich im Sinne<br />
erhohter Ausntìtzung. Indern es an einer Stelle oder gegenwartig<br />
Productivmittel sehont, Iilsst es dieselben fìir andere oder fìir<br />
spatere Verwendungen librig.<br />
Dio Verbesserung del' Qualitat del' Erzeugnisse erhoht<br />
ihren Wertb. Die Vermehrung del' Quantitat vermindort wohl<br />
den Werth des einzelnen Erzeugnisses, aber im aufsteigenden<br />
Asto del' Werthbewegung - von dem wir jetzt del' Ktìrze<br />
wegen allein spreehen wollen - erhoht sie gleiehwohl die<br />
Werthsumme aller Erzenguisse zusammen. 'I'echnische Fortschritte<br />
haben somit die Folge, dass die "bekannten" Grossen<br />
in den Ertragsgleichungen, aus welehen die Beitrage del' Produetivgliter<br />
zu bereehnen siud, hoher angesetzt werden, wàhrend<br />
die Menge del' "Unbekannten" gleieh bleibt. J e nach Umstànden<br />
erhohen sich hienach die Beitrage aller oder blos einzelner<br />
Factoren del' betroffenen Erzeugungen; manchmal liegen jedoch<br />
die Umstande so, dass die Beìtrage gewisser Factoren geringer<br />
gerechnet werden miìssen.<br />
Was geschieht z. B., wenn ein kostensparendes Verfahren<br />
in einer Produetion eingeftìhrt wird , die keiner weiteren Ausdehnung<br />
mehr fahig ist wie die Produetion von \Vein in eine1'<br />
besehrankten, 8chon auf das Aeusserste ausgeniitzton Lage? Der<br />
Ertrag an Wein bleibt gleich, sein \Ve1'th auch, aber dem Weinland<br />
wird ein grosserer Antheil als bisher zugerechnet werclen<br />
mi:issen, woil es sich mit weniger lil'zeugungsfactoren als bisher<br />
zu theilen hat. Die ersparten Erzeugungselemente Mnnen und<br />
werden anclerweitig verwendet werden, sie vermehren den anderweitig<br />
verfiigbaren Vorrath ihrer Sorten, wahrend del' anderweitige<br />
Beclarf gleich bleibt. Dio lotzte Folge ist daber elie<br />
Herabsetzung ibres productiven Beitrages. Das Gleiche gilt flir<br />
alle Productivmittel, die durch teehnisehe Fartsehritte aus ibren<br />
bisherigen Verwenclungen verdrangt werden. Die bekannte Wirkung<br />
arbeitsparender Masohinen ist, dass sie den Al'beits l a b n<br />
sinken maelien; das riihrt clavon her, dass sie in erster Linie<br />
den Arbeitsbeitrag sinken machen. Auch iui communistischen<br />
Staate trate diesel' Theil del' Wirkung ein. Je mehr die Arbeit<br />
im communistiseben Staate durch Masehinen ersetzt werden
4..ABSCRNITT.<br />
Der natiirliche Werth von Land, CapitaI und Arbeit.<br />
§. 38. Einleitung.<br />
Wir greifen weit zuriick. Nachdem wir uns Klarheit<br />
dariiber verschafft haben, nach welchen Regeln del' gemeinsam<br />
gewonnene Ertrag den eìnzelnen productiven Factoren zuzurechnen<br />
sei, nehmen wir die Frage nach dem Werthe del'<br />
letzteren wieder auf. Das allgemeine Gesetz ist uns bereits<br />
bekannt: Der Werth des Productes bestimmt den Werth des<br />
Productivgutes. Was uns nun obliegt, ist, diesen Satz auf die<br />
besonderen Verhaltnisse von Land, Capitai und Arbeit anzuwenden.<br />
Weitans den grossten Schwierigkeiten begegnen wir hiebei<br />
am Capitale. Es scheint , dass unsere Erklarung des Capitalwerthes<br />
in vdlligenWiderspruch mit den Thatsachen del'Erfahrung<br />
kommt. Gesetzt, ein Capitai, welches ein Jahr lang in Verwendung<br />
steht und sich hiebei ganz aufzehrt, liefere am Schlusse<br />
des Jahres einen Ertrag im Werthe von 105, so wird erfahrungsmassig<br />
del' Capitalwerth nicht voli mit 105 angesetzt, sondern<br />
mit einem etwas geringeren Betrage, je nach Mass des herrschenden<br />
Zinsfusses; bei einem 5'10 Zinsfuss z. B. mit 100. Der<br />
Rest des Ertrages wird als Reinertrag, als Zins betrachtet.<br />
Wie vereint sich das mit unserer Erklaruug? Mit welchem<br />
Grnnde wird diesel' Abzug gemacht? Muss nicht viclmehr del'<br />
volle Werth des Rohertrages ohne allen Abzug in den Capitalwerth<br />
eingehen? Abel' wenn dem so ware, wie losen wir danJ1<br />
den Widerspruch mit del' Elfahruug, die den Zins zeigt? Wie<br />
133<br />
ist del' Zins zu erklaren? Oder sehldsse die natiirliche Schatzung<br />
den Zins aus , ware derselbe etwa nur eine Erscheinung des<br />
Preisverkehres, die im communistischeuStaate nicht wiederkehrte ?<br />
Unter den kritischen Untersuchungen Bohm-Bawerk's<br />
ist eine del' geschlossensten und glanzendeten diejenigc, welche<br />
er den Versuchen widmet, den Zins aus del' Annahme del' Productivitét<br />
.des Capitales abzuleiten. B oh m -B a w el'k kommt in<br />
del' That zu dem Ergebniss, diese Versuche seien aussichtslos.<br />
Lassen wir ihn selbst sprechen: "Es ist nicht blos ein ungltìoklicher<br />
Zufall, dass Keiner das ldsende Wort fand , das die<br />
geheimnissvolle Entstehung des Capitalzinses aus del' Productivitat<br />
des Capitales aufzudecken die Kraft hat. Das Iosende Wort<br />
konnte nicht gefunden werdcn, weil del' Ausgangspunkt des<br />
Weges zur Wahrheit verfehlt ist. Es war von vorneherein ein<br />
hoffnuugslosesBemiihen,aus einer producti ven Kraft des Capitales<br />
den Zins ganz und voll erklaron zu wollen. J a, wenn es eine<br />
Kraft gabe , die ebenso, wie auf dem Acker Weizen waehst,<br />
direct cinen "Mehrwerth" wachsen lassen konnte l Abel' eine<br />
solche Kraft gibt es nicht. Was dic productive Kraft leisten<br />
·kann, ist nur Schaffung von viel Product, damit auch Schaffung<br />
von v iel Werth, aber nie die Schaffung von me h l' Werth.<br />
Der Capitalzins ist ein Ueberschuss, ein Rest, don del' Minuend<br />
"Capitalproduct" tìber den Subtrahend "Werth des verzehrten<br />
Capitalstiickes selbst" iibrig Iasst. Die productive Kraft des<br />
Capitales kann ihre Wirlmng darin fìnden, dass sie den Minuend<br />
gross macht, Abel' soweit es au:t\ sie allein ankommt, kann sie<br />
es nicht, ohne zugleich den Subtrahend ganz ebenso gross zu<br />
machen. Denn sie ist unlaugbar del' Grund und del' Massstab<br />
auch fiìr den Werth des Capitalstiickes selbst, in dem sie liegt.<br />
Kauu man mit einem Capitalstttek nichts produciren, so ist es<br />
auch selbst w0Jlig werth; kann man mit ihm viel produciren,<br />
so ist es auch selbst viel werth, und zwar immer desto mehr,<br />
je mehr man mit seiner Hilfe hervorbringen kann, je grosser<br />
del' Werth seines Productes ist, Mag daher die productive<br />
Kraft des Capitales noch so gross sein, so mag sie zwar den<br />
Minuend enorm hoch hebon, aber so weit es auf sie ankommt,<br />
wird· del' Subtrahend ganz ebenso hoch gehoben, und ein Rest <br />
ein Ueberschuss - bleibt nicht." (CapitaJzinstheorien, pago 223 ff.)
140<br />
Fail festgesteilt wird, als Z u w a eh s p e l'e en t bezeichnen, als<br />
Z i n sfu s s ist es erst dann zu bezeichnen , wenn es fiir eine<br />
grosse Anzahl zusammengehoriger Falle gilt. Der Zinsfuss ist<br />
das allgemeine Zuwachspereent a l l er Capitalien<br />
e i n e s Marktes.<br />
Dass in einem und demselben Productionsgebiete ein allgemeines<br />
Zuwaehspercent entstoht oder doeh immer angestrebt<br />
wird, ist die Folge del' weehselseitigen Verbindungen· unter den<br />
Produetionen. In Folge del' verhaltnissmassig grossen Freiheit,<br />
die man in del'Wahl del'Widmung del' meisten Capitalien, Arbeiten<br />
und Grundsttìcke hat, ist es fast immer moglich, jede einzelne Production<br />
auf Kosten anderer auszudehnen oder zu Gunsten anderer<br />
einzuschranken. Von diesel' Mogliehkeit wird man Gebraueh<br />
machen, sobald sich und je nachdem sieh in den einzelnen Produetionen<br />
ein besonders giinstiges oder ein besonders ungiinstiges<br />
Zuwachspercent zeigt. Ueberall das giinstigste Zuwachspercent<br />
aufsuchend und nach dem Ausgleieh aller Differenzen strebend,<br />
wird man , so weit die Productionen unter einander communieiren,<br />
ein allgemeines Zuwaehspereent sehaffen oder dooh immer<br />
zu schaffen verlangen,<br />
Diejenigeu Einrichtungen, die heutzutage am meisten zur<br />
Ausgleichung des Zinsfusses beitragen, sind die Geldmarkte,<br />
auf denen die Hauptmassen der Gelcleapitalien verliehen werclen.<br />
Auf clen Gelclmarkten wircl zunachst zwar nur del' Darlehenszins<br />
bestimmt, aber clerStancl cles Darlehenszinses wirkt schliesslich<br />
auf clen procluetiven Ertrag, inclem er clie Ausclehnnng cler<br />
Procluetionen insoweit beeinftusst, als cliese mit creclitirten<br />
Capitalien betrieben werclen; Incless nicht bl08 clie Leiheapita]ien,<br />
sonclern aueh clie im personl1cheu Vermogeu cler Untel'llehmer<br />
stehenclen siucl in fortwahreucler Bcwegung uaeh clen hoehsteu<br />
Zuwachspereenten hin. 1m communistisehen Staate wiircle alles<br />
CapitaI clem einzigen Unternehmer, clem Staate, zugehOren;<br />
Procluetionscapitalieu wiircleu nicht mehr verlieheu uud die Beeinftussung<br />
des Zuwachspercentes cler Produetionen clureh den<br />
Darlehenszins hatte ein Encle. Abel' dafi1r ware clie Versehiebung<br />
del' Capitalien von einer Procllletion zur andern um so freier,<br />
weil sie nieht mehrdureh clie Schranken behinclert ware, welehe<br />
clic Verhaltnisse cles Privateigenthums heute ziehen.<br />
Es ist bekannt, dass del' Zinsfuss trotz der Tendenzen,<br />
ihn anszugleiehen, doch niemals wirklich gleieh ist. Hanptsilchlicli<br />
rììhrt dies daher, dass die Einheit del' Production keine vollige<br />
ist. Nirgends gibt es einen einheiblichen Geldmarkt und nceh<br />
viel weniger besteht eine einheitliche Leitung der produetiven<br />
Gesohafte. Der Individualismus clerheutigen Wirthschaftsorclnung<br />
trennt die Produetion in einzelne Unternehmungen, Allerdings<br />
ordnen sieh dieselben nnter del' Gewalt des Triebes naeh Erworb<br />
und cler Coneurrenz in ein zusammenhjìngendes Gefiige, welehes<br />
einigermassen die Anordnung verwirklieht, clie ein idea]er Procluctionsplan<br />
vorzeiehnen miìsste. Abel' doeh an me vielen<br />
Punkten bleiben weite Liicken, wie viele Stauungen entstehen<br />
clnrch tìbermassige Anhaufung del' Productivmittel an anclern<br />
Orten, wie vieles wird iiberhastet, wie vieles geht nieht raseh<br />
genug! Das Missverhaltniss ist um so starker, je entfel'lltere<br />
Gruppen mit einander vergliehen werden. So mogen die einzelnen<br />
Glieder cler landwirthschaftliehen Procluction gegen einancler<br />
verhdltnissmassig mehr in Harmonie gebracht sein, als Z. B. die<br />
Landwirthschaft im Ganzen gegeniiber der Industrie. Die Uebergange<br />
von cler Landwirthsehaft zur Industrie und umgekehrt<br />
werden zu selten gemaeht, als dass das riehtige Gleiehgewieht<br />
zwisehen ihuen hergestel1t werclen konnte,<br />
Die Folge hievon ist, wie gesagt, die Verschiedenheit del'<br />
Zuwachspercente in den einze1nen procluctiven Gruppon. Es<br />
braueht nieht hervorgehoben zu werden, dass jecle Zinsfussdiffereuz,<br />
clie cliesen Grund hat, von 'I)!aehtheil ist. Jecle clerartige<br />
Differenz bedentet eine Verletzung cler obersten Regel del' Giiterverwèndung;<br />
die gitnstigsten Verwendungen zuerst vorznnehmen<br />
nnd ungiinstigere nur in dem Masse zuzulassen, als es an<br />
glinstigeren fehlt. nfan begniigt sieh in einer Gruppe mit geringeren<br />
Znwachspereenten, wahrend in anclern noeh Mhere<br />
erreicht werden konntcn. Die nachtheiligen Folgen besehranken<br />
sich keineswegs alli clen Gobraueh der Capitalien, sonclern sie<br />
gehen noch weiter, indem aueh die Erzeugung del' Capitalien<br />
irregeleitet wird. Capitalien gcriugeren Zinses werden zahlreièhcr<br />
orzeugt als sie erzeugt werden diirften, Capitalicn hohen<br />
Zinses werclen seltener erzengt, als sie erzeugt werclen sollten ..<br />
141
158<br />
Dienste des Werthes gehiiren z. B. die unaufgebbaren Regeln<br />
jeder Wirthséhaft an: jede Production auf den grésstmogliehen<br />
Ertrag zu richten , ftìr kein Produet mehr aufzuwenden, als<br />
dessen Werth vergelten kann , bei del' Consnmtion das dem<br />
dringenden Bediìrfnissa gewidmete und daher werthvollere Gut<br />
nieht fiir eine entbehrliche Befrieeligung zu verwenden, ììberall<br />
die Grenzen von Bedarf und Vorrath wahrzunehmen, sowie sie<br />
im Grenzwerth erfasst sind u. s. f.<br />
Was wollen die Socialisten? Sie wollen eine geordnete<br />
Wirthsehaft , um nichts schlechter, wo moglieh besser geordnet<br />
als die heutige, jedoeh mit del' Besonderheit , dass die Arbeit<br />
allein Quelle personlichen Einkommens sein soll. Der Werth<br />
des Landes nnd Capitales - beziehungsweise del' Land- und<br />
Capitalrente - soli keinem Einzelnen mehr als sein Einsatz<br />
zngerechnet werden, keinemEinzelnen mehr als Titel personlichen<br />
Einkommens dienen konnen. Liegt in diesel' Fordernng - iiber<br />
deren Berechtigung wir , hier nioht streiten wollen - irgend<br />
ein Zwang, mit dem persdnliehen Dienste des Werthes zngleieh<br />
dessen okonomischen Dienst fallen zu lassen ? Weil das LanCI<br />
und das Capital keinem Einzelnen mehr sondern dem Staate<br />
gehoren soll, mnss del' Staat deshalb das Land und das Capitai<br />
fitr werthlos eraehten und in del' Produetion ohne Rileksicht<br />
auf die Vorsehriften des vVerthes verwenden? vVei! die Arbeit<br />
allein personliehes Einkommen begriinden soll - und vielleicht<br />
nach l\fass del' Zeit begritnden soli, durch welehe J edermann<br />
gearbeitet hat - muss deshalb in del' Produetion allein auf<br />
die Arbeit geachtet und muss auf sie vielleicht blos nach Jl!Iass<br />
ihrer Zeitdauer geachtet \verden? Weil eine anelere Ordnung<br />
in die personliche Vertheilùng del' Gitter kommen sol!, muss<br />
deshalb vollige Unordnnng in die Giltergebahrung kommen?<br />
Die Socialisten sind sclbstverstandlieh weit clavon el1tfernt,<br />
das zu wollen. Sie wol!en cine geordnete Wirthschaft, aber sie<br />
vermeinen damit auszulangen, dass die Gittcr nach ih1'en Niltzliehkeiten<br />
gcbraucht wcrden, So sollte also wirldich nur die<br />
Niltzlichkeit del' Gttter beaehtet werclen, aber nicht die Jl!Iengc<br />
mit ihren Veranderungeu, nicht del' Bedarf' und sein Anf- und<br />
Abschwanken, nicht dic gegenseitige ZusammengchOrigkeit del'<br />
Prodnctivmittel mit ali den WechseWl1len gitustigen und<br />
159<br />
ungiìnstigen Zusammentreffens? Wcnn man Ntttzlichkeit , Vorrath,<br />
Bedarf, Complementaritat combinirt , was heisst clies aber<br />
anders als die Gtìter s t a t t n a c h ihrer allgemeinen Nfì t zliehkeit<br />
nach dem i h nen im g e geb en en Falle z u z ur<br />
e ch n en d e n Nutzen -naeh ihrem We r t h e s c h a t z e n ?<br />
Die natiìrlichen Regeln del' Werthschatzung sind unaufgebbar,<br />
weil sie unaufgebbaren Zwecken del' Wirthschaft dienen.<br />
Folglich: \VÒ sie befolgt werden, dienen sie solchen Zwecken<br />
und sind sie insoweit gut. Insoweit del' Verkehrswerth dem natìirlichen<br />
Werth entspricht, ist er gut, wo er die òkoncmisehe<br />
Gebahrung mit den Gtìtem regelt; in jeder Anwendung, auf<br />
das Land, auf das CapitaI und selbst auf die Arbeit. Mag auch<br />
del' Arbeiter unter dem Gcsetze cles Werthes schwer leiden,<br />
mag auch die gauze Gesellschaft mit ihm leiden, mag anch fììr<br />
die E n t l oh n u n g des Arbeiters in seinem und im gesellsehaft<br />
Iiehen Interesse ein anderes Gesetz zu fordern sein : so kann<br />
doeh die Arbeit in Rttcksieht auf ihre Verwendung naeh<br />
keinem andern Gesetze geschatzt werden. Der communistisehe<br />
Staat miisste bei del' Arbeitsverwendung das gleiehe Gesetz in<br />
Kraft erhalten, oder die Wirthschaft wììrde zum Chaos.<br />
Nicht blos die Frage del' Bezahlung muss von del' del'<br />
Verwendung getrennt werden, sondern ausserdem noch die del'<br />
Entwicklung. vI'o gemeine Arbeitskraf't unverhaltnissmassig<br />
reichlich vorhanden ist, elarf unel muss sie zuErfolgen sehl'<br />
geringen vVel'thes verwendet werdeI\. Nichtsdestoweniger wirel<br />
man es als ein Uebel empfinden, \ A1'beitskraft so geringer<br />
El'giebigkeit zur Verfitgung zu haben, und alle Anstrengungen<br />
werdcn zu loben sein, die darauf ansgeheu, del' Arbeit starkere<br />
Leistungen uncl damit hohercn vVerth zn siehern; umsomchr,<br />
weun die geringe Ergiebigkeit auch gel'inge Bezah1ung und<br />
damit einen kitmmerlichen Stand del' Beditrfnissbefriedigung in<br />
wciten Kreisen zur Folge hat.<br />
§.48. Del' vVerth clerProcluctivgllter mitRitcksicht<br />
auf die Concurrenz gcgenwal'tiger und kilnftiger<br />
Intercssen.<br />
Einen Vorrath von Lebensmittcln oder andern Gebrauchsgiltern<br />
auf einen Hingeren Zcitraum auszutheilen und mit Rtieksieht<br />
auf die Concurrenz frllherer uncl spaterer Beditrfnisse zu
160<br />
schatzen, ist grundsatalioh eine sebr einfache Aufgabe. Die<br />
hiichsten Befriedigungen sind auezuwahlen , die im Ganzen<br />
erreicht werdon kiinnen, und sie bilden die Basis del' Schatsung<br />
des Giiterwerthes in del' Weise, dass die Grenzbefriedignng den<br />
Werth del' Giitereinheit entscheidet. Auf welchen Zeitpunkt die<br />
Grenzbefriedigung fallen wird, Iasst .sieh im Allgemeinen nieht<br />
sagen. Es kann sein , dasa man zu Anfangs im Genusse am<br />
weitesten gehen darf, so z. B. bei Vorrathen, die zu gross und<br />
dem Verderben zu sehr ausgesetzt sind als dass sie auf die<br />
Lange .gut aufbewahrt werden kiinnten. Es kann aber auch<br />
sein, dass man zum Schlusse am reichlichsten geniessen darf,<br />
so z. B. wenn die Vorsicht gebietet , um miiglieher Stiirungen<br />
wegen Anfangs zuriickzuhalten.<br />
Sehr haufig ist dio Aufgabe mit del' Besonderheit gestellt,<br />
dass neben del' Verwendung zur unmittelbaren Bediirfnissbefriedigung<br />
die productive Verwendung in Prage kommt.<br />
Rohle lasst sich ebenso gut in del' Wohnung verbeizen als in<br />
del' Fabrik, und so Iassen gal' manche Saebgiiter nach Wahl<br />
die Verwendung als Gebrauchsgtìter oder als Capitalien zu.<br />
Beim Lande ist das Gleiche' zu beobachten; man kann z. B.<br />
dasselbe Grnndstiiek Ertrag bringen lassen oder als Park<br />
beniitzen. Auch Arbeitsleistungen endlieh kiinnen entweder zu<br />
persiinliehen Diensten, z. B. zu Gesindediensten im Rause, in<br />
Anspruch genommen oder productiv ausgeniitzt werden. Da jecle<br />
Production spaterer Verzehrung dient, so ist die vVahl zwischen<br />
unmittelbarem Gebrauch und productiver Verwendung immer<br />
eine Wahl zwischen gegenwartiger oder uaherer und kiiuftiger<br />
oder entferuterer Verzehrung. Die Regel, naeh del' die Wahl zu<br />
treft'en ist, ist die soeben angegebene; fiir die vVertbschatznng<br />
entscheidet jene Verwendung, welehe bei ciner auf das G>tnze<br />
gehenden Betraehtung sieh als Grenzverwendung zeigt. Wieder<br />
lasst es sieh nicht im Allgemeinen s>tgen, auf welehen Zeitpunkt<br />
die Grenzverwendung fallen wird. Es ]mnn sein, dass sie in die<br />
Gegenwart, d. h. auf clie Periode nnmittelbaren Gebrauches,<br />
es kann aber >tuch sein, dass sie in die Zukunft, cl. h. auf die<br />
Periode prodnetiver Verwendnng fallt. Der Grenzwerth del'<br />
Rohle z. B. kiinnte ebensowohl durch ibren Dienst in del'<br />
W ohnung als dureh ihren procluctiven Dienst bestimmt werden.<br />
161<br />
Diese Betraehtung lasst sieh innerhalb del' Production<br />
weiter fortsetzen. Die Proclnction kann , je naehdem man sie<br />
eìnrichtet , ihre Friìehte friiher oder spater geniessen lassen,<br />
Man kann VOI' allem die Produetion entweder auf die unmibtelbare<br />
Erzeugung von Genussgegenstanden beschrànken, wodureh<br />
man raseher zu dem nachstgewtlnschten Ziele kommt, oder man<br />
kann sie immer weiter und weiter auf die Herstellung VOn<br />
Produetivgiitern selbst und· die Sieherung del' Bedingungen<br />
einer grossen und dauernden Rentabilitat richten, woclureh man<br />
den Gennss zu Anfangs verlangsamt, um ihn spater desto mehr<br />
ausclehnen zu konnen. Nicht blos die Wahl del' Objeete del'<br />
Erzeugung kommt in Betracht, sondern auch noch andere Umstande.<br />
Fast jede Production - etwa diejenigen ausgenommen,<br />
die strenge an die J ahreszeit gebunden sind - Iasst sieh<br />
entweder raseher oder bedachtiger zu Ende fiìhren , fast jede<br />
- mit noeh geringeren Ausnabmen - lasst sieh entweder<br />
extensiver oder intensiver,. mit sohwaeheren Mitteln und<br />
verganglicheren Wirkungen oder mit starkeren Mitteln und<br />
dauerhafteren Wìrkungen durchftlhren. In allen diesen Fdllen<br />
hat man sieh zu entseheiden, ob man lieber dem gegenwartigen,<br />
dem nahen Genusse naohgehen oder dem kiinftigen, dem entfernten<br />
dienen wolle. Endlieh ist noeh ein besoncleres Verhaltniss<br />
zu crwahnen, das gleiehfalls zur Coneurrenz gegenwartiger und<br />
kunftiger Iuteressen beitragt. Die Durehfiihrnng fast jeder Production<br />
erfordert pel'siinliehe Anstrengung und damit Ueberwindung<br />
des vVidel'standes, den clas Verlangeij naeh Ruhe und Beh>tgen<br />
leistet. Aueh insoferne krenzen sieh die Riieksiehten gegenwartigen<br />
uncl kiinftigen vVohlbefinclens.<br />
Die Regel, nach weleher die Wahl zn treffen ist, bleibt<br />
in allen Fallcn die gleiche, wenn sie sieh anch, je eomplicirter<br />
clic Falle gedacbt werden, um so sehwerer anwenden lasst.<br />
Immer ist derjenige PIan del' Giiterverwendung zu wahlen, del'<br />
den griissten VOl'theil im Ganzen versprieht. Diesem Plane ist<br />
die Werthschatzung - so weit thunlich als Grenzschatzung <br />
anzupassen.<br />
1m Allgemeinen sind wohl die A l' b e i t und das C a p i t al<br />
starker in die angefiihrten Beziehungen verfloehten als das Land.<br />
Der Entsehluss zur Arbeitsthatigkeit finclet immer oder cloeh<br />
Wieser, Del' ì,Vel'th. 11
5. ABSCHNI'l'T.<br />
Der naturliche Kostenwerth der Erzeugnisse.<br />
§.49. Das Rostengesetz.<br />
Produetivgliter mehrfacher oder vielfaeher Verwendbarkeit<br />
crhalten ihren Werth, wie wir wissen, vom Werthe des geringsten<br />
ihrer Produete, dessen Hervorbringung wirthschaftlich noch<br />
gestattet ist - des Grenzproductss - bezw. von ihrem Beitrag<br />
zu diesem Producte. Diesel' Werth kommt allen gleichen Stììcken<br />
oder Theilmengen eines produetiven Vorraths gleichermassen<br />
zu, auch denen, die eiue hohere Ausnlitzung geben. Von einem<br />
Vorrath Eisen hat jeder Theil mit jedem gleichen 'I'heile den<br />
gleiehen Werth auf Grund des Grenzbeitrags; ebenso von einem<br />
Vorrath Rohle, von einer verfiigbaren JYIenge von glcich qualifìcirten<br />
Arbeitsleistungen und von jedem andern Productivgut.<br />
Gesetst, von einem productiven Vorrath del' Gattung a gebe<br />
das geringst ausgenlitzte Sttiek das Product 1, so hat jedes<br />
Sttìck den Werth 1; jedes Stlick del' Gattung h hat den<br />
ìVerth 2, wenn del' producti"'l Grenzbeitrag diesel' Gattung 2<br />
betr1igt, und jedes Stiiek del' Gattung c hat deu Werth 3, wenn<br />
hier del' productive Gronzbeitrag 3 betragt.<br />
Nun, die Productivgiitcr behalten diesen ìVerth, wie Cl'<br />
ibnen vor Beginn del' Production in Erwartung des bestmoglichen<br />
El'folges zuerkannt wird, in aller Regel - die Ausnahmen<br />
sollen spilter erortert werden - auch nach Vollendung del'<br />
Production, d. b. sie behaupten ihn auch noch in den Producten,<br />
in die sie sich verwandclt haben. Die obigen Ziffern wieder<br />
ungenommen, wird in aller Regel das Erzeugniss del' Elemente<br />
165<br />
10a + 10h + 100 den Werth lO + 20 + 30 oder GO und das<br />
derElemente 10a + 20h + 10c den Werth lO + 40 + 30 oder<br />
SO haben.<br />
Man kann dieses Gesetz verschieden ausdriìcken, je nachdem<br />
man es von den Productivg\itern oder von den Producten<br />
aussagt,<br />
In del' erstereu Fassung lautet es: Gleiehe Produetivgtiter<br />
behaupten in aller Rege! in jedem Producte 1. den<br />
gleiehen Werth, némlich 2. jenen Werth , wie er ihnen<br />
dureh den productiven Grenzbeitrag zukommt. Das ist die<br />
richtige Formulirung. Im Sinne del' gewobnlichen Auffassung<br />
des Rostengesetzes ware dagegen del' zweite Passus wegzulassen,<br />
womit man einen Ansdruck fììr die Werthrelationen, aber nicht<br />
ftir clie absoluten Werthgrossen besitzt.<br />
In del' letzteren Fassung lautet das Gesetz: Der Werth eines<br />
Productes ist in aller Regcl ein Vielfaches aus del' Multiplieation<br />
del' verwendeten productiven Quantitat mit dem produotiven<br />
Einheitswerthe, beziehungsweise - wenn man beriicksiehtigt, .<br />
dass jedes Prcduct immer aus mehreren produetivsn Factoreu<br />
hergestellt ist - eine Summe von solehen Vielfachen (lO et<br />
+ 10b + lO c oder lO a + 20 h + 100 n. S. f.). Aus diesel' Pormel,<br />
die die absoluten Werthgrdssen bezeiehnet , folgt eine andere<br />
fiìr die Werthrelationen : Die . Werthe von Produeten, die einen<br />
productìven Factor gemeinsam ha.ben, verhalten sich in Betreff<br />
seiner zu einander, wie die znr Herstellung erforderten Quantitaten<br />
dessclben. Das ist die l'iehtige Formulirung, Irn Sinne del"<br />
gewohnlichen Anffassung lautet das Gesetz ktìrzer, dass di"<br />
Productwerthe sich Z11 einander verhalten, wie die ZUl' Herstellnng<br />
erforderten Kostenquantittìten. Man hat wierler nur<br />
einen relativen Ausdruck, keinen absoluten. Bei genauerer Bctrachtung<br />
zeigt sieh, dass man nieht einmal den relativen anzuwenclen<br />
vermag, so lange er allein bleibt. Die Grosse lO a +<br />
+ 20 h + lO c ist blos in Ansehung des Factors h, abel" nicht<br />
Ubel'haupt doppelt so gross, wie die Grosse 10a + 10h + 10c;:<br />
das allgemeine \' erhiiltniss lasst sieh erst feststellen, wenn mal><br />
die absoluten \Verthe von G, h uncl c ken11t. 1st" = lO, h = 20,<br />
c = 30, so ist das Verhllltniss = SO: GO; ist h = 100, so ist<br />
es = 240: 140.
168<br />
e r e z e e e r e<br />
proc1uctionsverwanc1ten Erzeugnisse eine vermittelnde Stellung,<br />
So oft der Werth irgend einer Gattung von Erzeugnissen<br />
sinkt oder steigt unc1 dadureh entweder die Ausc1ehnung der<br />
andern Erzeugungen oder deren Einsehrànkung forc1ert, theilt<br />
sich c1iese Wirkung zunaehst c1em Proc1uctivwerthe mit, von<br />
dem aus sie sodann erst weitergeleitet wirc1. Die Erzeugungen<br />
und c1er Werth der Erzeugnisse passen sich iu jedem einzelnen<br />
Falle c1em Productivwerth an,<br />
zeugungsgrenze bezeichnet.<br />
der die allen gemeinsame Er<br />
Damit ist die Anschauung gewonnen, c1ie die Proc1nctivgl\ter<br />
als Kosten auffasst, Das erste Element derselben ist, dass<br />
c1ie produetive Verwenc1ung als Aufwand, als Opfer, als Verlust<br />
empfunden wirc1; das zweite ist, dass hiebei die Rtìcksieht<br />
auf die Ausgleichung mehrerer zusammenhangender Erzeugungen<br />
eingreift, "Eine Proiluction verursacht Kosten" heisst so viel,<br />
dass sie wirthscbaftliche Procluctivmittel, welche anderwcitig<br />
gewiss mit Nutzen hatten verwendet werden konnen, entwec1er<br />
aufbraucht oder doeh ftir die Dauer der Produotion in Beschlag<br />
nimmt. Ko s t e n sindProductivg\\ter, w e n n diesel ben<br />
bei ei n i n l n n W i d m u ng u m ih l'e'l' and w i tigen<br />
Verwenclbarkeit w i l I e n a I s Aufwanil eingesetzt<br />
w er d e n. «.) Das iYlass der Kostenschatzung ist imll)er c1er productive<br />
Grenznutzen, wie er sich dureh die BerUeksichtigung<br />
a 11e r zulassigen Verwendungen ergibt.<br />
Somit konnen als Rostennur solcbe Proc1uctivgl\ter gelten,<br />
die wir weiter oben (§. HO) "Rostengliter" im Gegellsatze zu<br />
den "Monopolgl\tern" genallnt baben. Solche Productivelemente,<br />
die nnr eino einzige Art vOn Verwendung zulassen, treten nicht<br />
in die Mannigfaltigkeit der Beziehungen ein, clie f\\r die Entstehung<br />
c1er Rostenanschauung nothwendig ist. Eine iYlineralquelle,<br />
c1eren einziger Gebrauch c1arin besteht, dass ihr Inhalt<br />
aufgefangen und in Flaschen versel1l1et wircl, muss begreiflicherweise<br />
in ein ancleres Verhaltniss zum vVerthe cles Proc1uctes<br />
gebracht werden, als c1ie Arbeit des TaglOhners. ,leI' c1ie Flaschen<br />
*) Diese Definition bedarf unI' noch einer Rich,tigstel1ung, insofeme mari<br />
Capitalzins nnd Gl'ullclrente (s. lmten §§. 59 u. 60) zu den Kosten l'cchnet. Zins<br />
und Rente, bezw. dic Guter, die sito} bUden, sind nicht Productivgiitel', sie sind<br />
bios Elemente des productiven CalciUs wie die Pl'oductivgitter.<br />
f<br />
169<br />
ftìllt , wahrend er ebensowohl zu hunclert anc1ern Leistungen<br />
befahigt ware. Die "Monopolgi\ter" nehmen den Werth der<br />
ihnen zugerechneten Produete einfaeh in sieh auf', ohne ihn<br />
wiec1er auf diese zurtìckzuleiten, wie dies clie "Rostengi\ter" thun,<br />
die die Stammgtìter ausgec1ehuter Productionsverwandtschaften<br />
sind, innerhalb c1eren sie die Verbinc1ung herstellen und werthausgleiehend<br />
wirken. Je mannigfacher die Verwendungen eines<br />
productiven Elementes sind , und je rascher dieselben durehgefi\hrt<br />
sinc1 und daher immer wieder vom Neuen beschlossen<br />
werclen mìissen, desto mehr erhalt die proc1uctive Verwenclung<br />
den Charakter einer Aufopferung, c1eren Grosse, um des Gleichgewichtes<br />
der Erzeugungen 'willen , wohl abzuwagen ist. Die<br />
gemeine Arbeit und clie verbreitetsten Sorten des fllissigen<br />
Capitales sinc1 dahsr die Gtìter , an denen der Kostenbegriff<br />
am gelaufigsteu wird,<br />
§.51. Ableitung cles Rostengesetzes.<br />
Der Werth der Kostengiìter bestimmt den Werth der Erzeugnisse<br />
auf zweierlei W eiso. Im Allgemeinen bestimmt er ihn<br />
m i tte l bar dadureh , dass er clic Erzeugungsmengen regulirt,<br />
und in einzelnen Fallen bestimmt er ihn selbst u n mi t t el b a r,<br />
inclem er olme Zwischengliec1 seine Gro",e clictirt.<br />
Erstens, mittelbare Wirkung c1er Kosten. Um clic Erwartung<br />
(les grosstmoglichen Procluetiollserfolges zu erfi\llen,<br />
clie im Werthe (ler Rostengl\ter ",um Ausdruck geb1'acht ist,<br />
muss clas Verhaltniss c1er Erzellgungsmengen alleI' prncluctionsverwanilten<br />
Proc1ucte wohl abgewogen werden. \\'l\rcle irgendwo<br />
Zll vieI erzeugt, so milsste man anclerswo einen Ausfall ertragen,<br />
cler empnncllicher ware als c1er Gewinn c1ut'ch c1ie Ueberproc1uetion.<br />
vV\\rc1e irgcnclwo zu wenig erzeugt, so hatte man wieder<br />
c1enselben empfincllichen Allsfall, clen man anclerswo c1ureh Ueberproc1uction<br />
nicht gutmachen kOnnte. ab man zu wenig oc1e1' zu<br />
viel erzeugt hat, erkennt man genau am vVerthe. vVo c1er El'zeugnisswerth,<br />
wie er aus c1er Vergleichung von Vorrath uncl<br />
Bec1arf hervorgeht, den Rostenwcrth nicht erreicht, dort ist zu<br />
viel erzeugt; Rostengl\ter, die Proc1ucte hOheren vVerthes hervorbringen<br />
sollten, habm nur salche geringeren vVerthes hervorge-<br />
,
202<br />
Arbeitskosten gebildet, die man an die schlechtesten Borlenclassen<br />
wendet. Die Rente, die die besseren Qualitaton geben, entsteht,<br />
wie wir wissen, dureh den lHehrertrag an Frtichten, den sie<br />
bei gleichen Capitals- und Arbcitskosten und g lei chem Werth<br />
de l' Frii cbte gewahren, und ist daher aus dem Ertrage abgeleitet,<br />
ohne dass sie im ìVerth del' Friìchte znm Ausdruck kdme.<br />
Anders , wenn clie Grundrente nicht hlosse Differentialsondern<br />
wenn sie llallgemeine" Grundrente ist. Eine allgemeine<br />
Grundrente muss gerade so wie der Zins in die Kosten eingehcn.<br />
Sie muss mit in Anschlag gehracht werdcn, damit del' entscheidende<br />
Kostensatz berechnet werden konne. Wo alle Grundstiicke<br />
und alle Bodenkrafte , aueh die del' schlechtesten Classe<br />
zur Deckung des Bedarfes erforderlich sind und Rente goben,<br />
dort ist del' Umstand, dass Bodenclassen selbst del' schlechtesten<br />
Qualitat durch die Widmung zu einer bestimmten Production<br />
fììr dio Dauer derselben gebunden sind , wirthschaftlich nicht<br />
gleichgiltig. Dieselhen sind fiìr so lange andern Productionsn<br />
" ,<br />
in denen man ihre Dienste inzwischen entbehren muss J vorenthalten.<br />
Im Falle des Misslingens ist man um ihre Rente, die<br />
man sanst hatte crhalten kiinnen, gekommen. Ihre Rente gehiirt<br />
daher mit in den Kostenanschlag del' Erzeugnisse.<br />
Fiir R i c a l'd o ist es von principieller Bedeutung, auf dem<br />
Vordersatze zu bestehen, dass die Grundrente immer Differentiall'ente<br />
sei, weil er fiir sein iikonomisches System den Folgesatz<br />
nicht entbehren kann, dass die Grundl'ente in die Productwerthe<br />
nicht eingehe. El' vermeint, die Productwerthe auf ein allgemeines<br />
Gesetz bringen zn kiinnen, saferne sie blos Vielfache von<br />
Capitals- und Arbeitseinheiten sincl. SCh011 die Dazwisehenknnft<br />
des Capitalzinses stiirt das Gesetz, doch vermeint er beweisen<br />
zu kiinnen, dass die hieraus entstehende Stiirnng keine allzu<br />
hetrachtliche sei. Wenn aher vollencls das Element del' Grundl'ente<br />
noch mitspielte, so ware das ganze miihsame GeLaude<br />
seiner Theorie gestUrzt, die ZnriickfUhrnng del' Productwerthe<br />
auf die Arbeit, die Vereinigung del' empirischen \Yerthgriissen mit<br />
den philosophisch geforderten ware ohne Widerrede gescheitert.<br />
Fiir die TheOl'ie des vVerthes, die wir vertreten, ist es<br />
dagegen ganz nnd gal' gleichgi1tig, ob die Umstande so liegen,<br />
dass die Grundrente b10s8e Differentialrente b1eibt und daher<br />
,. !<br />
203<br />
in dic Proclnctwerthe nicht eingeht, oder so, dass sie allgemein<br />
wird und daher in dieselben eingehen muss, Der eine wie del'<br />
Rnde;0ie Fall fligt sich gleichermassen in das System.<br />
Uebrigens erleidet del' Satz , dass eine Differentialrente<br />
nicht in die Productwerthe eingehen konne , doeh einige Ausnahmen,<br />
Es gibt nehen jenen Verwendungen des Landes , die<br />
mari seine hauptsachliehen, und neben jenen Formen del' Grundrents,<br />
die man deren Urformen nennen kann, noch einige nebensachliche<br />
und abgeleitete. Die hauptsachliche Verwendung cles<br />
frnchtbaren Landes ist die zur Landwirthschaft; del' Bau einer<br />
Fabrik clagegen auf einem landwirthsohaftlieh verwondbaren<br />
Grundstiìcke ist ein Beispiel nebensaehlicher Verwendung, einer<br />
solchen Verwcndung, um es anders auszudrticken , fuI' welche<br />
Lané1 im Allgemeinen weniger in Anspruch genommen wird, und<br />
welche fìir sich niemals den Vorrath an verftigbaren Grundsttìeken<br />
crschiipfen wiirde, wie es del' landwirthschaftliche Bedarf wohl<br />
thun kann, Wird cin frnchtbarcs Grunclstiick znr Anlage einer<br />
Eabrik bestimmt , so verzichtet man damit auf clie landwirthschaftliche<br />
Rente, die nach den Umstanden zu erwartsn war.<br />
Das Opfer diesel' Rente bedeutet einen Kostenanfwalld, del'<br />
bei eler Berechnung del' Kosten cler Fabrikserzeugnisse nicht<br />
vernaehlassigt werden diirfte. So vicI als die Rente betragt,<br />
fiUSS vom Werthe del' Erzengnisse auf clen Bangrnnd abgerechnet<br />
werden, und erst welln del' Rest die CapitaJs- und Arbeitskosten<br />
deckt, hat man seine Rechnnng gefnnden.<br />
Aehnlich verhalt es sich mit ideI' Grundrente von WohnhaU8ern.<br />
Die Grundronte in ciner grossen StacH ist niemals<br />
hlosse Differentialrente. An del' Peripherie del' Staelt erhalt sie<br />
ihr Mass von eler landwirthschaftlichen Rente, zn welcher<br />
dann, gcgen das Centrum des Verkehres zn, Differenzen jo nach<br />
JJruck Hm Gottlieb Oist