Einsatz von 3D-Stadtmodellen für Partizipationsverfahren - cpe ...
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Technische Universität Kaiserslautern<br />
Fachgebiet CPE I Computergestützte Planungs- und Entwurfsmethoden in Raumplanung und<br />
Architektur<br />
Fachbereich ARUBI I Architektur I Raum- und Umweltplanung I Bauingenieurwesen<br />
Diplomarbeit<br />
<strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong><br />
-am Beispiel der Städte Shibam und Zabid im Jemen<br />
Verfasst <strong>von</strong>:<br />
Elena Grundler Matrikelnummer 358336<br />
Annika Szczepanski Matrikelnummer 357735<br />
Studiengang Raum- und Umweltplanung<br />
April 2012<br />
Betreut durch:<br />
Prof. Dr.-Ing. Bernd Streich<br />
Dipl.-Ing. Stefan Höffken
Versicherung der selbstständigen Anfertigung der Diplomarbeit<br />
Hiermit versichere ich, dass ich die beiliegende Diplomarbeit mit meiner Partnerin<br />
selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt<br />
habe. Ich bin inhaltlich verantwortlich <strong>für</strong> Kapitel 14 der Diplomarbeit.<br />
Kaiserslautern, April 2012<br />
Annika Szczepanski<br />
Versicherung der selbstständigen Anfertigung der Diplomarbeit<br />
Hiermit versichere ich, dass ich die beiliegende Diplomarbeit mit meiner Partnerin<br />
selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt<br />
habe. Ich bin inhaltlich verantwortlich <strong>für</strong> Kapitel 15 der Diplomarbeit.<br />
Kaiserslautern, April 2012<br />
Elena Grundler
Danksagung<br />
An dieser Stelle möchte wir uns bei einigen Personen bedanken, die uns während unseres<br />
Studiums und insbesondere bei der Erstellung der Abschlussarbeit zur Seite standen. Unser<br />
erster Dank gilt Prof. Dr.- Ing. Bernd Streich, der uns am Lehrgebiet CPE diese Arbeit erst<br />
ermöglicht hat. In diesem Zuge möchten wir uns besonders bei Dipl.-Ing Stefan Höffken<br />
bedanken, der uns durch sein Engagement die Arbeit und den damit verbundenen Aufenthalt<br />
im Jemen ermöglicht hat. Ferner bedanken wir uns <strong>für</strong> seine umfangreiche Betreuung, die<br />
schier endlose Geduld und das uns entgegengebrachte Vertrauen. Dem ganzen CPE-Team,<br />
danken wir <strong>für</strong> konstruktive Gespräche, Kaffee und Motivationskekse, insbesondere Dr.-Ing.<br />
Peter Zeile, der uns bei Problemen immer gerne und engagiert weitergeholfen hat.<br />
Für die Ermöglichung des Aufenthaltes im Jemen möchten wir uns ganz herzlich bei Bernd<br />
Multhaup bedanken. Ohne ihn wäre diese spannende Reise nicht möglich gewesen. Weiterhin<br />
gilt unser Dank dem gesamten GIZ-Team in Sanaa, welches uns mit offenen Armen empfangen<br />
und uns einen umfangreichen Einblick in die Projektarbeit gegeben hat.<br />
Bei Kerstin Böhler und Seba Asaaied möchten wir uns besonders <strong>für</strong> die Bereitstellung <strong>von</strong><br />
umfangreichen, fachspezifischen Materialen bedanken, die uns an vielen Stellen<br />
weitergeholfen haben.<br />
Unser herzlichster Dank gilt David Schuster, Linda Dörrzapf, Matthias Dechert, Nina Postweiler<br />
und Teresa Schmidt <strong>für</strong> den ständigen Gedankenaustausch, das Korrekturlesen und da<strong>für</strong>, dass<br />
sie immer an uns geglaubt haben. An dieser Stelle geht unser besonderer Dank an Johannes<br />
Dechant, der uns durch besonderes Interesse an unserer Arbeit immer wieder neue<br />
Denkanstöße geliefert hat und durch seine konstruktive Kritik wesentlich zum Gelingen dieser<br />
Arbeit beigetragen hat. Ihr alle habt einen ganz besonderen Platz in unserem Leben.<br />
Abschließend möchten wir uns bei unseren Familien bedanken <strong>für</strong> die jahrelange<br />
Unterstützung und den Rückhalt auf dem Weg durch unser Studium.
Inhaltsverzeichnis<br />
Zusammenfassung .................................................................................................... 1<br />
I. Einführung ........................................................................................................ 3<br />
1 Problemstellung und Ausgangslage ...................................................................... 5<br />
2 Zielsetzung und forschungsleitende Fragestellungen ........................................... 7<br />
3 Methodik und Aufbau der Arbeit .......................................................................... 9<br />
II. Theoretische Grundlagen ................................................................................ 11<br />
4 Landesüberblick Jemen unter Berücksichtigung der politischen und historischen<br />
Entwicklung ............................................................................................................ 13<br />
4.1 Geographische Einordnung .......................................................................... 13<br />
4.2 Geschichtliche und politische Entwicklung des Landes ............................... 14<br />
4.3 Innenpolitik des Jemen ................................................................................ 15<br />
4.3.1 Staatsaufbau ......................................................................................... 15<br />
4.3.2 Parlament und Parteien ........................................................................ 15<br />
4.4 Menschenrechte .......................................................................................... 16<br />
4.5 Bedeutung der Religion in der Gesellschaft ................................................. 19<br />
4.6 Die Geschlechterrollen in der Gesellschaft .................................................. 19<br />
4.7 Zwischenfazit ................................................................................................ 20<br />
5 Planungskultur im Jemen .................................................................................... 21<br />
5.1 Stadtplanung im Jemen und anderen arabischen Ländern ......................... 21<br />
5.2 Traditionelles Bauen im Jemen .................................................................... 23<br />
5.2.1 Bauen in der Wüstenebene .................................................................. 24<br />
5.2.2 Bauen in den Küstenregionen ............................................................... 25<br />
5.3 Die Islamische Stadt ..................................................................................... 27<br />
5.4 Gegenwart und Zukunft islamisch-orientalischer Städte und die damit<br />
verbundenen Probleme ............................................................................... 29<br />
5.5 Denkmalpflege und Altstadtsanierung ........................................................ 30<br />
5.6 Planungssystem im Jemen ........................................................................... 31
5.7 Staatliche Institutionen <strong>für</strong> den Erhalt historischer Städte im Jemen ......... 32<br />
6 UNESCO Weltkulturerbe im Jemen ..................................................................... 35<br />
6.1 Die UNESCO .................................................................................................. 36<br />
6.2 Kriterien zur Aufnahme in den Welterbekatalog ......................................... 36<br />
6.3 Monitoring der Weltkulturerbestätten ........................................................ 38<br />
6.4 Bedeutung des UNESCO Weltkulturerbes <strong>für</strong> den Jemen ........................... 38<br />
7 Projektarbeit der Gesellschaft <strong>für</strong> Internationale Zusammenarbeit im Jemen .. 41<br />
7.1 Die Gesellschaft <strong>für</strong> Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ......................... 41<br />
7.2 Die GIZ im Jemen .......................................................................................... 42<br />
7.3 Project for the Development of Historic Cities in Yemen (PDHCY) .............. 43<br />
7.4 MEDINA Project for the Economic Development of Historic Cities in Yemen .<br />
...................................................................................................................... 45<br />
8 Der Partizipationsbegriff im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit ........... 51<br />
8.1 Typologie <strong>von</strong> Partizipation .......................................................................... 51<br />
8.2 Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit ..................................... 56<br />
8.3 Partizipationskonzept des BMZ <strong>für</strong> die Entwicklungszusammenarbeit ....... 56<br />
8.4 Verfahren und Ansätze in der Partizipation in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit ..................................................................... 61<br />
8.5 Instrumente der Partizipation ...................................................................... 65<br />
8.5.1 Bürgerversammlung ............................................................................. 65<br />
8.5.2 Bürgerforum.......................................................................................... 66<br />
8.5.3 Runder Tisch ......................................................................................... 66<br />
8.5.4 Planungsbeirat ...................................................................................... 66<br />
8.5.5 Gemeinwesenarbeit .............................................................................. 67<br />
8.5.6 Neighborhood-Government ................................................................. 67<br />
8.5.7 Anwaltsplanung .................................................................................... 68<br />
8.6 Fazit zur Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit ....................... 69<br />
9 Möglichkeiten des <strong>Einsatz</strong>es <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen .................................................. 71<br />
9.1 <strong>Einsatz</strong>felder und Adressaten ...................................................................... 71<br />
9.1.1 Städtebauliche Wettbewerbe ............................................................... 72
9.1.2 Lärmschutz ............................................................................................ 72<br />
9.1.3 Stadtplanung ......................................................................................... 73<br />
9.2 <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen im <strong>Partizipationsverfahren</strong> ................................. 73<br />
9.3 Praxisbeispiele .............................................................................................. 75<br />
9.3.1 Ovalou-Insel, Fidschi – Projekt zur Erhaltung des kulturellen Erbes .... 75<br />
9.3.2 High Springs, Florida, USA – Entwurf einer möglichen<br />
Innenstadtentwicklung ......................................................................... 77<br />
9.3.3 Amherst, USA – Entscheidung zwischen mehreren Varianten eines<br />
möglichen Parkhaus-Designs ................................................................ 78<br />
10 Bildbearbeitung, <strong>3D</strong>-Modellierung, CAD-Programme, Visualisierung ............ 81<br />
10.1 Verwendete Programme zur Erstellung der <strong>3D</strong>- Modelle ........................ 81<br />
10.1.1 Google SketchUp ................................................................................... 81<br />
10.1.2 Autodesk AutoCAD ............................................................................... 85<br />
10.1.3 Adobe Photoshop ................................................................................. 86<br />
10.1.4 Google Earth ......................................................................................... 87<br />
11 Die Untersuchungsgebiete .............................................................................. 89<br />
11.1 Shibam ...................................................................................................... 89<br />
11.1.1 Bestandsaufname ................................................................................. 89<br />
11.1.2 Geschichtliche Entwicklung <strong>von</strong> Shibam im Wadi Hadramaut ............. 91<br />
11.1.3 Analyse des Untersuchungsgebietes .................................................... 93<br />
11.2 Zabid ......................................................................................................... 97<br />
11.2.1 Bestandsaufnahme ............................................................................... 97<br />
11.2.2 Geschichtliche Entwicklung <strong>von</strong> Zabid .................................................. 99<br />
11.2.3 Analyse des Untersuchungsgebietes .................................................. 100<br />
11.2.4 Eingrenzung des Untersuchungsgebietes ........................................... 102<br />
12 Fazit der theoretischen Grundlagen .............................................................. 107<br />
III. Praktische Implementation ........................................................................... 109<br />
13 Anforderungen an die <strong>3D</strong>-Stadtmodelle ....................................................... 111<br />
13.1 Datengrundlagen Shibam ....................................................................... 113
13.2 Umsetzung der allgemeinen Anforderungen im <strong>3D</strong>-Stadtmodell Shibam...<br />
................................................................................................................ 114<br />
13.3 Datengrundlagen Zabid .......................................................................... 115<br />
13.4 Umsetzung der allgemeinen Anforderungen im <strong>3D</strong>-Stadtmodell Zabid 116<br />
14 <strong>3D</strong>-Stadtmodell Shibam ................................................................................. 119<br />
14.1 Darstellung des Gesamtstädtischen Modells ......................................... 119<br />
14.2 Landmarks .............................................................................................. 125<br />
14.3 Dokumentation der Arbeitsschritte ....................................................... 140<br />
14.3.1 Erstellung des LOD1 Modells .............................................................. 140<br />
14.3.2 Erstellung des LOD2 Modells .............................................................. 143<br />
14.3.3 Erstellung des LOD3 Modells .............................................................. 145<br />
14.4 Erstellung eines Digitalen Geländemodells (DGM) ................................ 151<br />
15 <strong>3D</strong>-Stadtmodell Zabid .................................................................................... 161<br />
15.1 Darstellung des gesamtstädtischen Modells .......................................... 161<br />
15.2 Landmarks .............................................................................................. 164<br />
15.3 Dokumentation der Arbeitsschritte ....................................................... 184<br />
15.3.1 Erstellung des LOD1 Modells .............................................................. 184<br />
15.3.2 Erstellung des LOD2 Modells .............................................................. 189<br />
15.3.3 Erstellung des LOD3 Modells .............................................................. 193<br />
16 Workflow und Bewertung <strong>für</strong> Shibam und Zabid .......................................... 199<br />
16.1 Workflow <strong>für</strong> Shibam und Zabid ............................................................. 199<br />
16.2 Bewertung .............................................................................................. 201<br />
IV. Konzeptioneller Ansatz ................................................................................. 205<br />
17 Konzeptioneller Ansatz zum <strong>Einsatz</strong> der <strong>3D</strong>-Modelle im <strong>Partizipationsverfahren</strong><br />
im Jemen ........................................................................................................... 207<br />
17.1 <strong>Einsatz</strong>bereich 1 - Auswahl eines Zielobjektes ....................................... 207<br />
17.2 <strong>Einsatz</strong>bereich 2 - Erfassung und IST-Beschreibung des Zielobjektes .... 208<br />
17.3 <strong>Einsatz</strong>bereich 3 - Simulation und Entscheidung über mögliche<br />
Planungsalternativen .............................................................................. 208<br />
17.4 <strong>Einsatz</strong>bereich 4 - Präsentation der gewählten Planungsalternative .... 209
17.5 <strong>Einsatz</strong>bereich 5 - Überarbeitung und ggf. Neupräsentation des SOLL-<br />
Zustandes bei unvorhergesehenen Abweichungen im Projektablauf ... 210<br />
17.6 <strong>Einsatz</strong>bereich 6 - Präsentation <strong>von</strong> Zwischenergebnissen ................... 210<br />
17.7 <strong>Einsatz</strong>bereich 7 - Präsentation des fertigen Ergebnisses und damit des<br />
neuen IST-Zustandes .............................................................................. 211<br />
17.7.1 Beispielhafte <strong>Einsatz</strong>möglichkeit des <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>von</strong> Shibam .. 211<br />
17.7.2 Beispielhafte <strong>Einsatz</strong>möglichkeit des <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>von</strong> Zabid ..... 214<br />
V. Fazit und Ausblick ......................................................................................... 219<br />
18 Fazit und Ausblick .......................................................................................... 221<br />
18.1 Mehrwert und Grenzen <strong>von</strong> digitalen <strong>3D</strong>-Modellen in der Partizipation in<br />
der Entwicklungszusammenarbeit ......................................................... 221<br />
18.2 Erkenntnisse <strong>für</strong> den Modellierungsprozess .......................................... 223<br />
18.2.1 Vorraussetzungen <strong>für</strong> die Wahl der geeigneten Visualisierungsform 224<br />
18.2.2 Einfluss der vorhandenen technischen Ausstattung .......................... 225<br />
18.3 Visualisierungsmethoden im Überblick .................................................. 226<br />
18.3.1 Visualisierung mit Google Earth.......................................................... 226<br />
18.3.2 Augmented Reality ............................................................................. 226<br />
18.3.3 Katalogisierung <strong>von</strong> Bildmaterial ........................................................ 228<br />
18.4 Eignung des <strong>Einsatz</strong>es <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong> die GIZ ...................... 229<br />
18.5 Weiterführende Aufgabenfelder zum <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> in Shibam und Zabid ........................................ 229<br />
Glossar ................................................................................................................. 233<br />
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... 235<br />
Literaturverzeichnis .............................................................................................. 243<br />
Internetquellen .................................................................................................... 249<br />
Anhang ................................................................................................................ 257
Zusammenfassung<br />
Zusammenfassung<br />
<strong>3D</strong>-Stadtmodelle gewinnen in der raumplanerischen Praxis zunehmend an Bedeutung. Die<br />
Entwicklungen der letzten Jahre haben <strong>3D</strong>-Stadtmodelle als Planungsinstrument in der<br />
westlichen Hemisphäre etabliert. Dem gegenüber steht der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> in<br />
Entwicklungsländern noch am Anfang. Die spezifischen Rahmenbedingungen dieser Länder<br />
begründen den <strong>Einsatz</strong> als Kommunikationswerkzeug.<br />
In der Entwicklungszusammenarbeit steht die Nachhaltigkeit der Projektarbeit an erster Stelle.<br />
So ist die Einbeziehung der Bevölkerung im Rahmen partizipatorischer Planungsprozesse<br />
Grundvoraussetzung zur Stärkung der Selbstständigkeit und der Akzeptanz gegenüber den<br />
initiierten Projekten.<br />
Die vielfältige und einzigartige Baukultur des Jemen finden u.a. in den Städten Shibam und<br />
Zabid Ausdruck, wodurch sie den Status des UNESCO Weltkulturerbes erreicht haben. Zur<br />
Erhaltung dieser einmaligen Stätten wurde <strong>von</strong> jemenitischer und internationaler Seite eine<br />
Reihe <strong>von</strong> Projekten zur Erhaltung des historischen und kulturellen Erbes initiiert.<br />
Für den zukünftigen <strong>Einsatz</strong> in <strong>Partizipationsverfahren</strong> sollen in den Gebieten Shibam und<br />
Zabid die <strong>3D</strong>-Stadtmodelle zum <strong>Einsatz</strong> kommen, welche im Rahmen dieser Arbeit als<br />
gesamtstädtische <strong>3D</strong>-Modelle entwickelt wurden.<br />
Die vorliegende Arbeit stellt die Grundlagen <strong>von</strong> Entwicklungszusammenarbeit, Partizipation<br />
und <strong>3D</strong>-Modellierung vor und verknüpft diese vor dem konkreten Hintergrund des Jemens und<br />
seiner gesellschaftlichen Struktur miteinander.<br />
Unter Anwendung der <strong>3D</strong>-Modellierungssoftware Google SketchUp werden die<br />
gesamtstädtischen <strong>3D</strong>-Modelle generiert. Dabei werden die spezifischen Anforderungen in<br />
Bezug auf das <strong>Einsatz</strong>feld im <strong>Partizipationsverfahren</strong> besonders berücksichtigt. Unter dem<br />
Aspekt der Wiedererkennbarkeit werden dabei markante Gebäude (sog. Landmarks)<br />
besonders herausgestellt.<br />
Ferner soll ein konzeptioneller Ansatz, der aus den gewonnenen Erkenntnissen der Arbeit in<br />
Shibam und Zabid resultiert, die Anwendungsmöglichkeiten <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> in der<br />
Planungspraxis <strong>für</strong> Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit beispielhaft darlegen.<br />
Abschließend wird auf Methoden zur Visualisierung <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen eingegangen.<br />
1
I. Einführung<br />
Ergänzende Anmerkungen:<br />
Gruppenzugehörigkeiten und ähnliche Begriffe stehen der sprachlichen Einfachheit<br />
halber <strong>für</strong> Frauen und Männer gleichermaßen. Die in der Diplomarbeit verwendeten<br />
Abkürzungen sowie Fremdworte werden im Glossar erläutert.<br />
Die Gesellschaft <strong>für</strong> Technische Zusammenarbeit (GTZ) heißt seit dem 01.01.2011<br />
Gesellschaft <strong>für</strong> Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Sie ist ein Zusammenschluss der<br />
ehemaligen GTZ, dem Deutschen Entwicklungsdienst und Internationale Weiterbildung<br />
und Entwicklung (Inwent). Zur Vereinheitlichung wird in der Arbeit stets die neue<br />
Bezeichnung GIZ verwendet.<br />
3
4<br />
Einführung
1 Problemstellung und Ausgangslage<br />
Einführung<br />
<strong>3D</strong>-Stadtmodelle gewinnen in der heutigen Planungspraxis in verschiedenen <strong>Einsatz</strong>feldern in<br />
der Stadtplanung immer mehr an Bedeutung. Sie dienen der besseren Kommunikation und<br />
Veranschaulichung geplanter Maßnahmen und Projekte sowie der Unterstützung interner<br />
Arbeitsabläufe. Der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> im <strong>Partizipationsverfahren</strong> verhilft Bürgern,<br />
Planern und öffentlichen Stellen zu einem besseren Verständnis der Planungsvorhaben, da <strong>3D</strong>-<br />
Modelle durch die visuelle Wahrnehmung leichter verständlich sind als 2D-Pläne oder deren<br />
dazugehörige Textfestsetzungen.<br />
Der Jemen als Entwicklungsland sieht sich konfrontiert mit einem niedrigen Entwicklungsstand<br />
durch soziale und ökonomische Probleme und einer damit verbundenen hohen<br />
Analphabetenrate. Diese Rahmenbedingungen begründen den <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong>,<br />
da die räumlich-visuelle Wahrnehmung einen realen Bezug zu initiierten Projekten schafft.<br />
Diese Art der Wahrnehmung ist häufig verständlicher als die <strong>von</strong> 2D-Plänen mit den<br />
dazugehörigen Schriftstücken wie Legenden und Textfestsetzungen. Gerade in Gebieten mit<br />
einem hohen Analphabetenanteil schafft diese Darstellungsform eine höhere Akzeptanz <strong>von</strong><br />
Projekten.<br />
Die Republik Jemen verfügt über eine Vielzahl <strong>von</strong> Bauwerken <strong>von</strong> kulturell und historisch<br />
hoher Bedeutung. Relevant sind im Kontext der Diplomarbeit die Städte Shibam und Zabid, die<br />
den Status eines UNESCO Weltkulturerbes erlangt haben. Wegen schlechter Restaurierung und<br />
Instandhaltung steht die Altstadt <strong>von</strong> Zabid heute auf der Roten Liste des gefährdeten<br />
Welterbes.<br />
Um die Lebensqualität vor Ort zu verbessern und die Städte als UNESCO Weltkulturerbe zu<br />
erhalten, ist es <strong>von</strong> großer Bedeutung, die Bürger aktiv an der Gestaltung <strong>von</strong><br />
Planungsprozessen zu beteiligen.<br />
Die Gesellschaft <strong>für</strong> Internationale Zusammenarbeit (GIZ) spielt im Rahmen der<br />
Entwicklungszusammenarbeit im Jemen eine große Rolle. Die Republik stellt eines der<br />
Schwerpunktländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit dar. Seit 1969 führt die GIZ<br />
Aufträge <strong>für</strong> das Bundesministerium <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) durch und<br />
nimmt am Aktionsprogramm der Bundesregierung zur Halbierung extremer Armut bis 2015 im<br />
Jemen teil (vgl. GIZ 2012, online).<br />
Der Jemen ist eines der am wenigsten entwickelten Länder der Erde. Es bestehen<br />
entwicklungshemmende Probleme wie ein hohes Bevölkerungswachstum, Wasserknappheit,<br />
5
6<br />
Einführung<br />
ein schlechtes Bildungssystem und damit verbunden eine hohe Analphabetenrate sowie ein<br />
schlechter Zugang zum Gesundheitssystem.<br />
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit versucht die GIZ durch zahlreiche Projekte in<br />
verschiedenen Themenfeldern zur Bewältigung dieser Probleme beizutragen. Das Projekt<br />
„Wirtschaftliche Entwicklung historischer Städte im Jemen“ beschäftigt sich mit der Ent-<br />
wicklung und dem Erhalt der historischen Städte. Neuere Ansätze der Arbeit basieren auf der<br />
engen Einbindung der Bevölkerung in den Planungsprozess.
2 Zielsetzung und forschungsleitende Fragestellungen<br />
Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist die Erstellung <strong>von</strong> zwei <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong> die Städte<br />
Shibam und Zabid im Jemen, die im <strong>Partizipationsverfahren</strong> eingesetzt werden sollen.<br />
Hier<strong>für</strong> werden die Grundlagen des Themenbereichs „Partizipative Planung in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit“ erörtert. Außerdem wird der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong><br />
allgemein sowie anhand spezifischer Beispiele in realen <strong>Partizipationsverfahren</strong> betrachtet.<br />
Darüber hinaus werden die Funktionen und die <strong>Einsatz</strong>bereiche der verwendeten Programme<br />
beschrieben.<br />
Ein zusätzlicher Ausblick soll eine Übersicht über die Möglichkeiten eines <strong>Einsatz</strong>es <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<br />
<strong>Stadtmodellen</strong> im Bereich der partizipativen Planung im Kontext der Entwicklungs-<br />
zusammenarbeit bieten. Daraus resultierend wird ein konzeptioneller Ansatz entwickelt,<br />
inwiefern und an welcher Stelle <strong>3D</strong>-Stadtmodelle im <strong>Partizipationsverfahren</strong> in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt werden können.<br />
Aus diesem Kontext ergeben sich folgende forschungsleitenden Fragen:<br />
- Wie wirken sich die Rahmenbedingungen des Jemen als Entwicklungsland auf partizipative<br />
Planungsmethoden aus?<br />
- Welche Möglichkeiten ergeben sich durch den <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> in der Entwicklungszusammenarbeit?<br />
- Wie kann ein konzeptioneller Ansatz aussehen, in dem <strong>3D</strong>-Modelle im partizipativen<br />
Ansatz verwendet werden?<br />
- Welche Möglichkeiten der Visualisierung <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> gibt es vor dem<br />
Hintergrund des <strong>Einsatz</strong>es in einem Entwicklungsland?<br />
7
8<br />
Einführung
3 Methodik und Aufbau der Arbeit<br />
Einführung<br />
Der Bereich der Datenbeschaffung zur Erstellung der Diplomarbeit beinhaltet ein breites<br />
Methodenspektrum. Hierzu wurde zunächst eine umfangreiche Recherche der<br />
Sekundärquellen vorgenommen um sich erste Eindrücke über das Land und die Arbeitsweise<br />
der GIZ zu verschaffen. Sowohl durch die klassische Literaturrecherche innerhalb der<br />
Publikationen zu den Themenfeldern Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit und<br />
Arbeitsweise der GIZ, sowie zu den verwendeten Programmen als auch mit Hilfe der<br />
Internetrecherche konnten zahlreiche Informationen gewonnen werden. Der zweiwöchige<br />
Arbeitseinsatz im Jemen und die Mitarbeit im GIZ-Büro in Sanaa ermöglichten ein Hinzuziehen<br />
<strong>von</strong> Primärquellen in Form <strong>von</strong> offenen Expertengesprächen mit den Projektverantwortlichen<br />
der GIZ. Diese gewährten einen weitreichenden Einblick in die Projektabläufe und die<br />
Arbeitsweise der GIZ in Shibam und Zabid.<br />
Die Diplomarbeit gliedert sich nach der Einführung in vier Teile.<br />
Aufgrund der Ausgangslage und Problemstellung im ersten Teil der Arbeit erscheint es sinnvoll,<br />
im zweiten Teil „Theoretische Grundlagen“ die Rahmenbedingungen, die den Kontext der<br />
vorliegenden Arbeit prägen, zu beschreiben. In diesem Zusammenhang wird näher auf<br />
relevante Aspekte des Jemen, der konkreten Untersuchungsgebiete, des UNESCO-<br />
Weltkulturerbes sowie der GIZ eingegangen.<br />
Im dritten Teil der Arbeit „Praktische Implementation“ werden die <strong>3D</strong>-Stadtmodelle auf<br />
Grundlage der während eines zweiwöchigen Aufenthaltes im Jemen gesammelten Daten<br />
erstellt. Die Modellierung der eingegrenzten Untersuchungsgebiete erfolgt unter<br />
Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen <strong>für</strong> ihren späteren <strong>Einsatz</strong> mit der Software<br />
Google SketchUp. Um die Datengrundlagen (Pläne und Karten) in Google SketchUp verarbeiten<br />
zu können, wurden die Programme Autodesk AutoCAD und Adobe Photoshop verwendet. Auf<br />
Grundlage der entstehenden Arbeitsschritte zur Modellierung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle durch die<br />
verwendeten Programme wird ein effizienter Workflow ermittelt. Aus den gewonnenen<br />
Erkenntnissen des theoretischen Teils und der praktischen Implementation wird im darauf<br />
folgenden vierten Teil ein konzeptioneller Ansatz zum <strong>Einsatz</strong> der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle im<br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> in der Entwicklungszusammenarbeit entworfen. Als konkretes Beispiel<br />
dienen <strong>Einsatz</strong>möglichkeiten der entwickelten <strong>3D</strong>-Stadtmodelle in Shibam und Zabid.<br />
Im fünften Teil, der abschließenden Fazit und im Ausblick soll ein Überblick über<br />
Visualisierungsmöglichkeiten <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong> <strong>Partizipationsverfahren</strong> gegeben,<br />
sowie weiterführende Forschungsfelder aufgezeigt werden.<br />
9
10<br />
Einführung<br />
Abb. 1: Grafische Darstellung zum Aufbau der Arbeit (eigene Darstellung)
II. Theoretische Grundlagen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
11
12<br />
Theoretische Grundlagen
4 Landesüberblick Jemen unter Berücksichtigung der<br />
politischen und historischen Entwicklung<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Um die Rahmenbedingungen des Jemen als Entwicklungsland zu erörtern und einen späteren<br />
Bezug zu den erstellten <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> zu ermöglichen erscheint es sinnvoll zunächst einen<br />
kurzen Einblick in das Land zu gewähren und die <strong>für</strong> die Arbeit relevanten Themengebiete zu<br />
untersuchen.<br />
Der Jemen verfügt über eine vielfältige Topographie, die sowohl Küstenregionen mit ihrem<br />
Flachland und Gebirgsformationen im Landesinneren als auch ein Hochland im Nord-Osten<br />
enthält. Das Klima ist durch die topographischen Verhältnisse geprägt. So ist ein feucht-heißes<br />
Klima in den Küstenregionen, ein mildes Klima in den Gebirgsregionen sowie starke<br />
tageszeitabhängige-Temperaturschwankungen im Hochland des Jemen vorherrschend. Die<br />
Bauweise ist an die jeweiligen topographischen und klimatischen Verhältnisse angepasst und<br />
demnach genauso vielfältig. Um das vorhandene Kulturerbe <strong>für</strong> die gesamte Menschheit zu<br />
schützen und zu erhalten, wurden drei Städte sowie eine Naturstätte <strong>von</strong> der UNESCO als<br />
Weltkulturerbe eingestuft. Zu diesen zählen Sanaa, Shibam und Zabid als UNESCO-<br />
Weltkulturerbe- und Sokotra als UNESCO-Naturerbestätte.<br />
In den folgenden Kapiteln soll eine kurze Landeskunde folgen. Es wird auf die geographische<br />
Lage eingegangen, ein kurzer geschichtlicher und politischer Überblick ab 1900 gegeben, sowie<br />
die Rolle der Religion und die Rolle der Frau in der Gesellschaft näher betrachtet. Ferner soll<br />
die arabische Planungskultur beleuchtet werden. Mit den vorgestellten Punkten kann somit<br />
ein Überblick über die landesspezifischen Eigenschaften gegeben werden, welche auf die<br />
Erstellung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle Einfluss haben.<br />
4.1 Geographische Einordnung<br />
Die Republik Jemen liegt am südwestlichsten Ende der Arabischen Halbinsel. Das Land wird im<br />
Osten durch das Sultanat Oman sowie im Norden durch das Königreich Saudi-Arabien<br />
begrenzt. Natürliche Grenzen sind im Osten und im Süden des Landes durch die Einfassung<br />
vom Roten Meer und dem Golf <strong>von</strong> Aden gegeben. Nach offiziellen Angaben umfasst das<br />
gesamte Staatsgebiet des Jemen etwa 537.000 km², was etwa dem 1,5-fachen der Fläche der<br />
Bundesrepublik Deutschland entspricht. (vgl. Kabasci 2008, 17). Im Jahr 2008 betrug die<br />
Einwohnerzahl 19,2 Millionen (vgl. Bevölkerungsstatistik 2012, online). Deutschland hat im<br />
Vergleich auf einer geringeren Fläche etwa 81.802.300 Einwohner (Stand 2009). (vgl.<br />
Statistisches Bundesamt 2012, online)<br />
13
14<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Vergleicht man die Bevölkerungsdichte der beiden Länder, so liegt sie in Deutschland im Jahr<br />
2009 bei 229 EW/km², während sie im Jemen bei 48,3 EW/km² liegt. (vgl. Statistisches<br />
Bundesamt online, 2012; worldbank 2012, online)<br />
Die größte Stadt und Hauptstadt des Jemens ist Sanaa. Mit ihren ca. 2,3 Millionen Einwohnern<br />
ist sie geistliches, politisches und kulturelles Zentrum des Landes und liegt in der Gebirgsregion<br />
auf 2.200 m ü. NN.<br />
Abb. 2: Karte des Jemen und ehem. Grenze zwischen dem Nord- und Südjemen (KfW-Entwicklungsbank 2011,<br />
online, eigene Darstellung)<br />
4.2 Geschichtliche und politische Entwicklung des Landes<br />
Durch die Besetzung <strong>von</strong> Aden und der Tihama Region <strong>von</strong> britische Kolonien und der<br />
Belagerung der nördlichen Teile des Landes durch die Osmanen, kam es im Jahr 1905 zu einer<br />
Teilung des Landes (vgl.Abb. 2). (vgl. Geschichte Jemen 2012, online)<br />
Die osmanische Besetzung des Jemen endete nach dem ersten Weltkrieg. Der Imam wurde<br />
durch den Vertrag <strong>von</strong> Lausanne <strong>von</strong> den Siegermächten des ersten Weltkrieges als Oberhaupt<br />
des Nordjemen anerkannt. Die Titeländerung <strong>von</strong> Imam zu „König“ erfolgte im Jahr 1926 durch<br />
den Imam selbst.<br />
ehemalige Grenze<br />
zwischen<br />
Nord- und Südjemen<br />
Ab dem Jahr 1926 begannen die Kämpfe zwischen dem Nordjemen und dem Südjemen, da die<br />
zaiditischen Imame die englische Besetzung des Südjemens nicht anerkannten. Die zaiditischen
Theoretische Grundlagen<br />
Imame mussten sich der englischen Besetzung jedoch beugen und erkannten schließlich die<br />
Grenzsetzung zum Südjemen an.<br />
Während der Teilung des Jemen sonderte sich der Nordjemen immer weiter vom weltlichen<br />
Geschehen ab. Es gab Ein- und Ausreiseverbote <strong>für</strong> Ausländer und Jemeniten sowie einen<br />
Stopp der Handelsbeziehungen zu allen Ländern außer Ägypten und Saudi-Arabien. Die<br />
wirtschaftliche Lage des Landes verschlechterte sich in dieser Zeit zunehmend. Oppositionelle<br />
Kräfte bündelten sich, sodass sich nach einem siebenjährigen Bürgerkrieg im Nordjemen die<br />
Republikaner durchsetzen konnten und der zaiditische Imam abgesetzt wurde. Im Jahr 1970<br />
flackerte erneut ein Grenzkrieg zwischen dem Nord- und Südjemen auf. Im Mai 1990 kam es<br />
zur Vereinigung der beiden Teile des Landes und zur Gründung der Republik Jemen mit der<br />
Hauptstadt Sanaa. (vgl. ebenda)<br />
Bis heute kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen aufgrund der Teilung des Jemens,<br />
da sich nach der Wiedervereinigung des Landes ein Teil der südjemenitischen Bevölkerung ihre<br />
Eigenständigkeit zurück wünscht.<br />
4.3 Innenpolitik des Jemen<br />
Anfang 2011 kam es zu Protestbewegungen der Zivilgesellschaft im Jemen, welche den<br />
Rücktritt des Staatspräsidenten Ali Abdullah Saleh forderten um die Demokratisierung des<br />
Landes voranzutreiben. Die Demonstrationen fanden im ganzen Land statt, wobei gewaltsame<br />
Übergriffe <strong>von</strong> Sicherheitskräften gegenüber den Demonstranten erfolgten, die zahlreiche<br />
Todesopfer forderten.<br />
4.3.1 Staatsaufbau<br />
„Die Republik Jemen ist laut Verfassung <strong>von</strong> 1994 ein arabisch islamischer Staat, an dessen<br />
Spitze der Staatspräsident steht.“ (Auswärtiges Amt 2011, online) Dieser wurde am 23.<br />
September 1999 zum ersten Mal durch Direktwahlen bestimmt.<br />
Ali Abdullah Saleh ist seit 1978 Amtsinhaber des Staatspräsidenten des Nordjemen und konnte<br />
sich auch in den Wahlen der Jahre 1999 und 2006 erneut durchsetzen.<br />
Der Staatspräsident hält auch das Oberkommando des Militärs inne. Laut Verfassung beläuft<br />
sich seine Amtszeit seit den ersten Direktwahlen <strong>von</strong> 1999 auf maximal zwei mal sieben Jahre.<br />
4.3.2 Parlament und Parteien<br />
Das Parlament wird alle sechs Jahre gewählt und umfasst 301 Sitze. Seit der<br />
Wiedervereinigung des Jemens im Jahr 1990 wurden drei Parlamentswahlen in den Jahren<br />
15
16<br />
Theoretische Grundlagen<br />
1993, 1997 und 2003 durchgeführt. Bei den Wahlen im Jahr 2003 wurden sechs Parteien ins<br />
Parlament gewählt (Allgemeiner Volkskongress, Islah, Jemenitische Sozialistische Partei,<br />
Nasseristische Partei, Baath Partei, Al-Haq-Partei sowie mehrere parteiunabhängige<br />
Kandidaten). Die jüngsten Parlamentswahlen, welche am 27. April 2009 stattfinden sollten,<br />
wurden aufgrund politischer Unstimmigkeiten sowie einer geplanten Wahlrechtsreform um<br />
zwei Jahre verschoben. Die Parlamentswahlen wurden auch weiterhin wegen der jüngsten<br />
Geschehnisse verschoben.<br />
Neben dem Parlament besteht ein „Konsultativrat“ („Madschlis al-Schura“), welcher durch<br />
eine Volksabstimmung im Jahr 2001 und der damit beschlossenen Verfassungsänderung ins<br />
Leben gerufen wurde. Der Rat ist eine zweite Kammer, die durch eine geplante<br />
Verfassungsreform zu einem Legislativorgan werden soll. (vgl. Auswärtiges Amt 2011, online)<br />
4.4 Menschenrechte<br />
Grundsätzlich wurden vom Jemen alle internationalen Menschenrechtsinstrumente<br />
unterzeichnet, deren Umsetzung jedoch schwierig ist. Problematische Themenfelder stellen:<br />
- die Benachteiligung <strong>von</strong> Frauen,<br />
- die Vollstreckung der Todesstrafe<br />
- willkürliche Festnahmen und Misshandlungen <strong>von</strong> Passanten durch Sicherheitskräfte,<br />
- sowie Stammesgerichtsbarkeit dar.<br />
Die Menschenrechtslage verschlechtert sich zunehmend seit dem Beginn der Demonstrationen<br />
gegen den Staatspräsidenten Anfang des Jahres 2011. (vgl. ebenda)<br />
Aktuelle Entwicklung (Stand: März 2012)<br />
Nachdem der amtierende Präsident Ali Abdullah Saleh <strong>von</strong> seinem Amt zurückgetreten ist,<br />
erfolgten am 21. Februar 2012 Neuwahlen. Als einziger zur Wahl stehender Kandidat wurde<br />
Abed Rabbo Mansur Hadi zum neuen Präsidenten gewählt. Nach Angaben der<br />
Wahlkommission haben 65% der wahlberechtigten Bevölkerung an der Wahl teilgenommen<br />
und 99% haben <strong>für</strong> Hadi gestimmt. Der Ausgang des Wahlergebnisses begründet sich darin,<br />
dass Hadi ohne Konkurrenten zur Wahl angetreten ist, um weitere Konfliktsituationen im Land<br />
zu vermeiden. Der aktuelle Präsident soll übergangsweise <strong>für</strong> zwei Jahre im Amt bleiben.<br />
Anschließend sollen neue Wahlen mit mehreren Kandidaten stattfinden. (vgl. t-online<br />
nachrichten 2012, online)
Exkurs: Stammesrechte im Jemen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Im Jemen gibt es zahlreiche Stämme, die seit Jahrhunderten auf die politische Entwicklung<br />
des Landes Einfluss nehmen. Die meisten Jemeniten gehören einem Stamm an. Dieser stellt<br />
ein komplexes Beziehungsgeflecht dar, welche die lokale Identität und den lokalen<br />
Zusammenhalt stärkt. Stammesinteressen sind den persönlichen Interessen des Einzelnen<br />
stets übergeordnet.<br />
Durch die Organisation und eine Vielzahl <strong>von</strong> Angehörigen können sich Stämme zu mächtigen<br />
gesellschaftlichen Subsystemen entwickeln. Geschichtlich gesehen oblag bis in die 70er Jahre<br />
die Rechtsprechung sowie Handel und Verteidigung des Jemens den Stämmen. Dabei kam es<br />
häufig zu Konflikten einzelner Stämme untereinander.<br />
Bei Betrachtung der äußeren Ordnung der einzelnen Stämme stellt sich das Gefüge als schwer<br />
durchschaubar heraus, da es unter den verschiedenen Stammesgruppen einzelne Ab-<br />
spaltungen gibt. (vgl. Kabasci 2008, 114ff.)<br />
17
18<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 3: Übersicht über die verschiedenen Stämme und deren Verteilung im Land (nachrichten-politik 2011,<br />
online)<br />
Die Abbildung zeigt eine Landesübersicht mit der Verteilung der verschiedenen Stämme. Sie<br />
sind flächendeckend über das Land verteilt.<br />
Für die politische Entwicklung des Jemen ist das Verhalten der Stämme entscheidend. Diese<br />
akzeptieren eine Zentralmacht nur unter Vorbehalt der Anerkennung <strong>von</strong> Stammesinteressen<br />
und deren gesellschaftlichen Vorstellungen.<br />
Die Stämme bilden somit einen „Staat im Staat“. So kommt es immer wieder zu Entführungen<br />
<strong>von</strong> Touristen und Mitarbeitern <strong>von</strong> Hilfsorganisationen mit dem Motiv, <strong>von</strong> der<br />
Zentralregierung bessere Infrastruktureinrichtungen oder die Freilassung inhaftierter<br />
Stammesbrüder zu erpressen.<br />
Generell wird die breite Basis islamistischer Extremisten in unzufriedenen Stämmen immer<br />
größer. (vgl. süddeutsche-zeitung 2011, online)
4.5 Bedeutung der Religion in der Gesellschaft<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Im Jemen wird ein Großteil des Zusammenlebens über die Scharia geregelt. Diese stellt das<br />
islamische Recht dar, welches ohne Paragraphen formuliert ist. Das Recht ist also nicht fixiert.<br />
Vielmehr geht es in der Scharia um die Ermöglichung des Lebens miteinander und um die<br />
Verpflichtungen des Einzelnen gegenüber Gott. (vgl. Heesemann 2005, 4)<br />
Es werden zwei große Gruppen innerhalb der islamischen Glaubensrichtung unterschieden, die<br />
Sunniten und die Schiiten. Je nach Zugehörigkeit zu einer der Gruppen gestalten sich die<br />
Auslegung des Gesetzes und das Zusammenleben in der Gesellschaft unterschiedlich. Zur<br />
Verteilung der Religionsgruppen vgl. Abb. 3.<br />
Generell ist im weltweiten Islam die Gruppierung der Sunniten die am vorherrschende. Bei den<br />
Sunniten wird der Führer, genannt „Kalif“ (bei den Schiiten „Imam“), aufgrund seiner<br />
weltlichen Fähigkeiten gewählt. Bei den Schiiten hingegen kann nur derjenige zum Imam<br />
berufen werden, der ein rechtmäßiger Nachfolger Mohammeds ist und gleichzeitig auch<br />
Nachfolger Alis ist, dem Vetter <strong>von</strong> Mohammed. Der Unterschied der beiden Religionsgruppen<br />
besteht also in der Ausrichtung der beiden Anführer. Während der Kalif der Sunniten ein<br />
weltlicher Verteidiger des Islams ist, ist der schiitische Imam ein gottähnliches Oberhaupt und<br />
hat deswegen innerhalb der schiitischen Gemeinschaft eine größere Autorität als der<br />
sunnitische Kalif. (vgl. Kabasci 2008, 57 ff.)<br />
Die Sunnitische Lehre leitet sich aus der Sunna ab. Sie ist die Überlieferung des Lebens und<br />
Wirkens sowie der Aussprüche Mohammeds. Die Sunna tritt dabei neben den Koran und<br />
vermittelt die Werte und das Handeln der Gläubigen. (vgl. Der Islam 2008, online)<br />
Im Jahr 1994 wurde die Scharia als Gesetzesgrundlage im ganzen Jemen anerkannt.<br />
4.6 Die Geschlechterrollen in der Gesellschaft<br />
Die Unterscheidung in die beiden vorherrschenden Gruppierungen des Islam ist <strong>von</strong> großer<br />
Bedeutung, da sich ihr alltägliches Leben in verschiedene Richtungen bewegt. Generell ist die<br />
schiitische Lehre weitaus konservativer als die sunnitische. So wird auch die<br />
Geschlechtertrennung im Alltag <strong>von</strong> den schiitischen Glaubensgruppen stärker vollzogen als<br />
<strong>von</strong> den sunnitischen. (vgl. Kabasci 2008, 74ff.) In der Regel verbleiben beide<br />
Geschlechtergruppen die meiste Zeit des Tages unter sich.<br />
Im Islam herrscht das Prinzip der Verhaltensbegrenzung, welches ab der Pubertät vollzogen<br />
wird. In diesem Kontext wird der Kontakt zwischen unverheirateten Männern und Frauen auf<br />
ein Minimum begrenzt.<br />
19
20<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Neben der Verhaltensbegrenzung als speziell islamische Grundhaltung gibt es vom Staat<br />
garantierte Rechte. Frauen werden in der jemenitischen Verfassung als „Schwestern der<br />
Männer“ gesehen. Im Jahr der Wiedervereinigung der beiden Länder sprach sich die Regierung<br />
zunächst <strong>für</strong> eine Gleichstellung <strong>von</strong> Mann und Frau aus. In späteren Reformen wurde dieser<br />
Grundsatz jedoch wieder aufgehoben (vgl. Kabasci 2008, 74ff.).<br />
Insbesondere die Rolle der Frau ist im Hinblick auf die Bauweise der Privathäuser bedeutsam.<br />
Im Islam dürfen Frauen sich nur in privaten Räumlichkeiten ohne Verschleierung bewegen.<br />
Privatsphäre gegenüber Fremden hat im Islam höchste Priorität, während die individuelle<br />
Privatsphäre in den Hintergrund tritt. Aus diesem Grund sind die Wohnhäuser in der<br />
arabischen Welt meist so gegliedert, dass private Räumlichkeiten <strong>von</strong> Fremden, d.h. nicht<br />
familienzugehörigen Personen, nicht einsehbar sind (vgl. Kap. 5.3).<br />
4.7 Zwischenfazit<br />
Der Jemen ist durch Misswirtschaft, die instabile politische Lage, die topographischen und<br />
klimatischen Verhältnisse und eine schwere Wirtschaftskrise in den 1990er Jahren eines der<br />
unterentwickeltsten Länder der Erde. Das Land kämpft mit Problemen wie Wasserknappheit,<br />
einer hohen Analphabeten-Rate, schlechtem Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem,<br />
der Verarmung der ländlichen Gebiete sowie einer hohen Geburtenrate. Im Bereich der<br />
Stadtplanung kommt es häufig zu Problemen vor allem in den Bereichen Erhalt der<br />
Bausubstanz. (vgl. GIZ 2012, online)<br />
Die aktuell politisch instabile Lage erschwert die Arbeit der internationalen Organisationen<br />
enorm. Primäres Ziel muss die Stabilisierung der politischen Lage im Land sein, gefolgt <strong>von</strong> der<br />
Verbesserung der gesellschaftlichen Situation der Frauen und Mädchen. Das Verständnis der<br />
Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau unterliegt noch heute (trotz Unterzeichnung der<br />
internationalen Menschenrechtsinstrumente) den Vorschriften der Scharia. Diese rechtfertigt<br />
den Vollzug der Todesstrafe bei beispielsweise homosexuelle Handlungen oder Ehebruch <strong>von</strong><br />
Seiten der Frau. Es bleibt abzuwarten, ob sich die innenpolitische Lage im Laufe der nächsten<br />
Jahre entspannen wird und die Entwicklungen des vergangenen Jahres zu einer<br />
Demokratisierung beitragen werden.<br />
Die Globalisierung und die damit einhergehenden zunehmenden Kontakte zu<br />
Industrienationen haben im Jemen viele Veränderungen hervorgerufen, welche sowohl im<br />
politischen als auch im kulturellen Gefüge spürbar sind. (vgl. Höhfeld 1985, 1 ff.; 57 ff.) Hierzu<br />
zählen die Abwendung <strong>von</strong> traditionellen Denk-, Verhaltens- und Arbeitsweisen. Hinzu kommt<br />
die Verbesserung der Infrastruktur auch in peripheren Räumen. Dennoch stellen Urbanisierung<br />
und Landflucht sowie die Industrialisierung zunehmende Probleme im Jemen dar.
5 Planungskultur im Jemen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Das Stadtbild arabischer Städte ist durch die religiösen Einflüsse des Islam geprägt. Es hat sich<br />
ein eigener Stadttypus entwickelt, der in dieser Form ebenfalls in Teilen Nordafrikas<br />
vorzufinden ist.<br />
Erste Städte der arabischen Halbinsel bildeten sich an Oasen, wo Nomaden sesshaft geworden<br />
waren. Von dort aus wurden anschließend Handelsbeziehungen geknüpft. Dies hat zur Folge,<br />
dass sich nur wenige Kristallisationspunkte <strong>von</strong> Besiedelung im Jemen herausstellen sollten<br />
und es zu keiner flächendeckenden Besiedlung des Landes kam. (vgl. Zentralasien 2011, online)<br />
„Diese Art der Besiedlung ist Ausdruck des multipolaren Gesellschaftsbildes der orientalischen<br />
und später auch der islamischen Kultur. Die Bildung vieler kleiner autonomer Zellen aus denen<br />
sich mit zunehmendem Wachstum das Geflecht eines größeren Zusammenhangs ergibt, ist in<br />
räumlicher wie in gesellschaftlicher Hinsicht ein wesentliches Merkmal des kulturellen<br />
Selbstverständnisses.“ (Zentralasien 2011, online)<br />
5.1 Stadtplanung im Jemen und anderen arabischen Ländern<br />
Zum Thema Stadtplanung im Jemen sowie zu gesetzlichen Vorschriften konnten während der<br />
Erstellung dieser Diplomarbeit nur wenige Informationen gewonnen werden. Selbst <strong>für</strong><br />
Einheimische, welche zur Beantwortung der Fragen zu einem gesetzlichen Rahmen der<br />
Stadtplanung herangezogen wurden, ist das System und der Gesetzgebungscharakter<br />
undurchsichtig.<br />
Da im Rahmen dieser Arbeit dennoch ein Einblick in das Planungssystem und die Stadtplanung<br />
in arabischen Ländern gegeben werden soll, wird an dieser Stelle beispielhaft <strong>für</strong> den<br />
arabischen Raum das Planungssystem <strong>von</strong> Ägypten vorgestellt, da dieses dem jemenitischen<br />
Planungssystem am nächsten kommt.<br />
Im Jahr 1977 wurde Ägypten in sieben Planungsregionen eingeteilt. Zu diesen gehören Greater<br />
Cairo, Alexandria, Suez Canal, Delta, Northern Upper Egypt, Southern Upper Egypt und Assiut.<br />
Jede Region hat ihre eigene Planungshoheit welche unter Führung eines Planungskomitees<br />
arbeitet. (vgl. Ryser/Franchini 2008; 10 ff.)<br />
21
22<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 4: Landesüberblick Ägypten (Ryser/Franchini 2008; 10 ff)<br />
Institutionen<br />
Hauptinstitution ist das MHUUC (Ministry of Housing Utilities and Urban Communities),<br />
welches gesetzliche Grundlagen und nationale Strategien im Bauwesen entwickelt.<br />
Als Teil des MHUUC gibt es drei weitere Institutionen welche sich mit Urbanisierungsplänen,<br />
Städtebaulichen Konzepten und Regionalplanung beschäftigen. (vgl. ebenda)<br />
Planungsinstrumente<br />
Alle Planungen in Ägypten basieren auf einem nationalen Fünfjahresplan. Der Fünfjahresplan<br />
mit der Laufzeit <strong>von</strong> 2002 bis 2007 fördert die Raumplanung <strong>von</strong> zwei Seiten. Zum einen<br />
beobachtet er die Entwicklungen in der Wüste und unterstützt die Modernisierung<br />
bestehender Städte und zum anderen fördert er die Entwicklung neuer Siedlungen in größerer<br />
Entfernung zum Nil-Delta mit dem Ziel die Bevölkerung dieser Region besser zu verteilen. In<br />
den Wüstenregionen werden Entwicklungspläne aufgestellt mit dem Ziel die unbewohnten<br />
Regionen <strong>für</strong> die nationale Wirtschaft zu integrieren.<br />
Für größere ägyptische Städte werden detaillierte Masterpläne aufgestellt, worin die<br />
Vorschläge des Fünfjahresplans integriert sind. Die Themen der Masterpläne begrenzen sich<br />
auf aktuelle Problemfelder im städtischen Kontext sowie die Bebauung <strong>von</strong> Baulücken und die<br />
Installation <strong>von</strong> Infrastruktureinrichtungen. (vgl. Ryser/Franchini 2008, 10 ff.)
Planerstellung<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die Masterpläne wurden <strong>von</strong> der Regierung erstellt und betrachten Aspekte wie Landnutzung,<br />
Infrastruktur, Versorgungs-, Transport-, und wirtschaftliche Aktivitäten sowie Bauordnung.<br />
Weiterhin geben die Pläne Anweisungen über die Beteiligung der Öffentlichkeit in<br />
Planungsvorhaben.<br />
Das in Ägypten vorherrschen Top-Down System in der Planung konnte in den letzten Jahren<br />
die Urbanisierung des Landes nicht aufhalten. Vor allem die Landflucht der Bevölkerung in die<br />
größeren Städte und die damit verbundenen Probleme wie Wohnraumverknappung und die<br />
Erhöhung <strong>von</strong> Grundstückspreisen sowie der Rückgang städtischer Grünflächen stellen die<br />
administrative Verwaltung des Landes vor eine große Herausforderung.<br />
Durch die Weiterentwicklung der Gesetze und den Erlass neuer Verordnungen im Bereich der<br />
Stadtentwicklung sowie die Dezentralisierung der Verwaltungsstruktur sollen den oben<br />
genannten Entwicklungen entgegengewirkt werden. Ein zukünftig ebenso wichtiges<br />
Themenfeld soll der Erhalt der historischen Bausubstanz darstellen. (vgl. ebenda)<br />
5.2 Traditionelles Bauen im Jemen<br />
Der Jemen ist geprägt durch seine traditionelle Bauweise. Charakteristisch ist der Lehmbau,<br />
welcher einzigartige Stadtbilder wie jene <strong>von</strong> Shibam oder der Altstadt <strong>von</strong> Sanaa<br />
hervorbringt.<br />
Zur Westküste des Landes hin ist der Kalkputz traditionell. Beispielhaft hier<strong>für</strong> sei die in dieser<br />
Arbeit modellierte Stadt Zabid genannt. Neben den beiden anderen angeführten Städten<br />
wurde sie aufgrund ihrer einzigartigen Bauweise und kulturell-historischer Bedeutung zum<br />
UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.<br />
Für einen Überblick über traditionelles Bauen im Jemen werden vier Zonen unterschieden, um<br />
diesen die entsprechenden Bebauungsmerkmale zuzuweisen (vgl. Abb. 5).<br />
23
24<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 5: Regionen und Baustoffe (eigene Darstellung nach Hirschi)<br />
Den jeweiligen Regionen werden neben typischen Baumaterialien auch verschiedene Bautypen<br />
zugeordnet. Es zeigt sich, dass es im Jemen abhängig <strong>von</strong> Region und Baustoffen völlig<br />
unterschiedliche Bautypologien gibt, welche das Land so facettenreich und einzigartig<br />
gestalteten.<br />
Abb. 6: Links: Häuserform in der Wüstenebene (Shibam); rechts: Häuserform Tihama Region (Zabid) (Böhler<br />
2007)<br />
5.2.1 Bauen in der Wüstenebene<br />
Wie in Kap. 11.1 darlegt, liegt Shibam im Hadramaut und lässt sich somit dem Bereich der<br />
Wüstenebene zuordnen. In dieser Region wird vornehmlich Lehm als Baumaterial verwendet.<br />
Die typische Bauform des Hadramaut ist das Turmhaus. Hierbei handelt es sich um
Theoretische Grundlagen<br />
Wohntürme mit drei bis neun Geschossen. (vgl. Leiermann 2005, 91 ff.) Neben Lehm wird auch<br />
behauener Naturstein zum Bauen verwendet. Die Lehmziegel können bei der Verarbeitung<br />
sowohl getrocknet als auch gebrannt sein.<br />
Traditionell waren im Erdgeschoss eines Turmhauses Stallungen untergebracht. Man findet<br />
dort heute häufig eine Empfangshalle, teilweise kleine Läden oder Werkstätten. Das darauf<br />
folgende Zwischengeschoss wird als Lager oder Abstellfläche genutzt. Je höher das Stockwerk,<br />
desto privater ist die Räumlichkeit. So sind in einem traditionellen Turmhaus hinter den<br />
Lagerräumen die Empfangsräume <strong>für</strong> Gäste angeordnet. Darauf folgen Küche sowie private<br />
Gemächer der Familie.<br />
Bei der Aufteilung der Stockwerke in den Turmhäusern gibt es allerdings Unterschiede. So ist<br />
zum Beispiel in Sanaa die höchste Etage (sog. Mafratsch) immer der Prestigeraum der Familie.<br />
Hier wird zum Tee geladen oder Qatrunden abgehalten. (vgl. Leiermann 2005, 93 ff.) Generell<br />
werden Turmhäuser immer nur <strong>von</strong> einer Familie bewohnt.<br />
Shibam wird durch seine traditionelle Bauweise <strong>von</strong> 437 Turmhäusern innerhalb der<br />
Stadtmauern auch als „Chicago der Wüste“ bezeichnet.<br />
5.2.2 Bauen in den Küstenregionen<br />
Die Bauweise der Küstenstädte unterscheidet sich zu den oben beschriebenen Turmhäusern<br />
wesentlich. Zabid liegt an der Westküste des Jemens in der Tihama Region, wo ein feucht-<br />
heißes Klima vorherrscht. Wegen der klimatischen Verhältnisse werden vorwiegend Lehm,<br />
Korallenstein und Kalk als Baumaterial verwendet, da sich diese positiv auf das Raumklima<br />
auswirken. Stroh und Holz kommt ebenfalls zum <strong>Einsatz</strong>.<br />
In der Region findet sich neben Ziegelbauten auch die klassische Tihama Hütte, welche<br />
vorwiegend aus Lehm und Stroh besteht. Die Bauweise in der Küstenregion wurde durch<br />
vielerlei kulturelle Einflüsse geprägt. Durch den florierenden Handel und die engen<br />
Handelsbeziehungen zu Indien und Afrika hinterließen Seefahrer und Händler ihre Spuren,<br />
auch im Bereich der Baukultur. Die Grundstücke werden funktional, nach dem klassischen<br />
Schema der islamischen Stadt bebaut (vgl. Kap. 5.3). So sind Kochen, Wohnen, Sanitärbereich<br />
und Schlafen getrennt <strong>von</strong>einander auf einem Grundstück angeordnet. Ein kleiner Hof bildet<br />
den Mittelpunkt des Grundstücks. Generell gibt es in der Tihama Region keine<br />
hochgeschossigen Bauwerke. Meist liegt die Höhe bei ein bis drei Geschossen. (vgl. Lingenau<br />
1989, 26 ff.)<br />
25
26<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die kleinste Einheit der Bauweise in der Küstenregion bildet die Thiama Hütte (vgl. Abb. 7). Sie<br />
ist angelehnt an die Ostafrikanische Bauweise. Die Hütten selbst sind außen sehr schlicht<br />
gehalten, innen jedoch reich verziert. Die Hütten werden vor allem <strong>von</strong> der ärmeren<br />
Bevölkerung bewohnt.<br />
Abb. 7: Tihama-Hütte (abenteuer-reisen 2012, online)<br />
Eine weitere typische Bauweise bildet das Rote-Meer Haus (vgl. Abb. 8). Hierbei handelt es sich<br />
um meist zweigeschossige Kaufmannshäuser aus verputzten Lehmziegeln. Durch die sichere<br />
Bauweise waren die gelagerten Waren vor Diebstahl und Witterung weitestgehend geschützt.<br />
Die Außenfassade wurde mit Holzverzierungen, als Zeichen des Wohlstandes, gestaltet. Diese<br />
Bauweise gelangte durch indische Seefahrer in die Region (vgl. ebenda).
Abb. 8: Kaufmannshaus in Zabid (Böhler 2007)<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Zabid ist die einzige Stadt im Jemen, welche strikt nach dem Grundriss der islamischen Stadt<br />
entstanden ist. In der Stadt sind vorwiegend eingeschossige Lehmziegelhäuser mit<br />
ummauertem Innenhof zu finden. (vgl. Saliba 2004, 51).<br />
5.3 Die Islamische Stadt<br />
Ein Merkmal der islamischen Architektur ist die radikale Unterscheidung zwischen dem<br />
Außenraum und dem gebauten Innenraum.<br />
„Die archetypische Gebärde des Umschließens und Absonderns eines genau begrenzten Stück<br />
Raumes, das den geschützten Lebensbereich eines Einzelnen, einer Gruppe oder bestimmten<br />
Aktivität (Einfrieden) beinhaltet, ist als "Belebung toten Landes" im islamischen Recht erlaubt<br />
und erwünscht.“ (Zentralasien 2011, online)<br />
Innerhalb der Städte kam es durch Zuweisung einzelner Bereiche <strong>für</strong> einzelne Familien zur<br />
Quartiersbildung. Diese Quartiere wurden unter den einzelnen Familien nochmals aufgeteilt<br />
und konnten durch Tore und Pforten vom städtischen Leben nochmals abgetrennt werden. Die<br />
Bebauung einzelner Grundstücke fand <strong>von</strong> außen nach innen statt. So baute man zunächst<br />
eine Mauer oder einen Zaun um eine Parzelle und gliederte anschließend den Rest in Richtung<br />
Grundstücksmitte. (vgl. Lingenau 1989, 25 ff.)<br />
27
28<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Betrachtet man die islamische Stadt, so erkennt man im Stadtbild eine klare Gliederung. An<br />
den Haupterschließungsachsen findet das öffentliche Leben statt. Betrachtet man sodann die<br />
dahinter gelegenen Gebiete, so gliedern sich diese immer weiter in die privaten Bereiche der<br />
einzelnen Parzellen auf, wobei die Privaträume immer in der Mitte zu finden sind. Die<br />
islamische Stadt ist deshalb in der Regel, abseits der Hauptwege, ein durch das<br />
Sackgassensystem sehr verschachteltes Gebilde.<br />
Abb. 9: Modell einer traditionellen islamisch-orientalischen Stadt (eigene Darstellung, nach: Breuer, Hallermann,<br />
Starke, Seydlitz Geographie II, entnommen aus Lappe 2005)<br />
Das Modell der islamisch-orientalischen Stadt in Abb. 9 zeigt die traditionelle Stadtstruktur<br />
arabischer Städte. Mittelpunkt der Stadt sind Suq und die Freitagsmoschee umgeben <strong>von</strong><br />
einzelnen Quartieren mit ihren eigenen kleineren Suqs. Diese wiederum werden <strong>von</strong> der<br />
Stadtmauer und der Zitadelle eingefriedet. Die Friedhöfe befinden sich außerhalb der Stadt.<br />
Städtische Raumstrukturen können anhand möglicher Modelle näher erläutert werden. Die<br />
islamische Stadt ist eine Mischform mit Elementen einer „konzentrischen Stadt“, deren Ringe<br />
aus Hauptmoschee, Bazar, Wohnquartieren, Stadtmauer und Friedhöfen bestehen. Die<br />
Subzentren der Wohnquartiere bringen zusätzlich den Aspekt der „polyzentrischen Stadt“<br />
hinzu, die neben dem Hauptkern aus Moschee und Bazar über einzelne Nebenkerne mit<br />
eigenem Markt verfügt. (vgl. Streich 2011, 90)
Theoretische Grundlagen<br />
5.4 Gegenwart und Zukunft islamisch-orientalischer Städte und die damit<br />
verbundenen Probleme<br />
Generell kann die gegenwärtige Situation islamisch-orientalischer Städte als schwierig<br />
bezeichnet werden. Dies ergibt sich zum einen durch die räumliche und soziale Beengtheit in<br />
den Altstädten, gekoppelt mit einer schlechten Infrastruktur im Bereich der Strom- und<br />
Wasserversorgung sowie der Abwasserentsorgung. Hinzu kommt, dass die Mittel- und<br />
Oberschicht, welche ehemals die Altstadthäuser bewohnte, nun nach europäischen Standards<br />
leben möchte. Dies hat zur Folge, dass im Umland der Städte neue Stadtbezirke entstehen. In<br />
die leer stehenden Häuser der Medina zieht nun die abwandernde Landbevölkerung. Diese<br />
meist sozial schwächere Schicht mit geringem bis keinem Einkommen nutzt die Altstadthäuser<br />
als Gemeinschaftswohnungen unter schlechten hygienischen Bedingungen. Das Geld <strong>für</strong> die<br />
Instandhaltung der Altstadthäuser fehlt.<br />
Ein weiteres Problem besteht im veränderten Konsumverhalten der Bevölkerung. Durch die<br />
große Nachfrage nach Importware kommt es zu einer Krise des lokalen Handwerks und somit<br />
zum Bedeutungsverlust des Suqs durch die Errichtung moderner Shopping-Malls.<br />
Somit steht die Stadtplanung vor neuen Herausforderungen, denn die ursprünglich historische<br />
und traditionelle Bau- und Lebensweise steht im Widerspruch zum Streben nach europäischer<br />
Baukultur und Lebensart. Dieser Spagat ist <strong>von</strong> den Behörden alleine nicht zu bewältigen. Mit<br />
Hilfe verschiedener Organisationen und der Initiierung <strong>von</strong> Projekten im Bereich der<br />
Bürgerbeteiligung kann erreicht werden, dass die Bevölkerung umfassend Informiert und <strong>von</strong><br />
der Wichtigkeit des Erhalts historischer Bausubstanz überzeugt wird.<br />
Die hier dargestellten Probleme sind sehr verallgemeinerte Darstellungen <strong>für</strong> islamisch-<br />
orientalische Städte. Die Lage muss <strong>für</strong> Shibam und Zabid differenziert betrachtet werden.<br />
Beispielsweise wird seit Beginn des GIZ-Projektes im Jahr 2000 den oben genannten<br />
Problemen in Shibam entgegengewirkt. In Zabid soll dies durch Übertragung der Projektinhalte<br />
<strong>von</strong> Shibam auch geschehen (vgl. Kap. 7).<br />
Somit sollen der Erhalt der traditionellen Bausubstanz und die Ausbildung <strong>von</strong> qualifizierten<br />
Arbeitskräften im Baugewerbe langfristig gesichert werden.<br />
29
30<br />
Theoretische Grundlagen<br />
5.5 Denkmalpflege und Altstadtsanierung<br />
Da neben Shibam und Zabid viele weitere Städte im Jemen vom Verfall bedroht sind erscheint<br />
es sinnvoll, die Bereiche der Denkmalpflege und Altstadtsanierung des Landes näher zu<br />
erörtern. Es gibt verschiedene Erlässe und Dekrete, die zum Teil <strong>für</strong> den ganzen Jemen<br />
maßgeblich sind. Andere Vorgaben wiederum beziehen sich nur auf die Welterbestätten, in<br />
einzelnen Teilen auch nur auf die Welterbestätte Zabid.<br />
Aufgrund des Umfangs der Schriftstücke sind auszugsweise zwei Dekrete in englischer Sprache<br />
im Anhang abgedruckt.<br />
Erlässe im Bereich Denkmalpflege und Altstadtsanierung im Jemen gibt es aus den Jahren<br />
1994, 1996, 2001 und 2006.<br />
Der Erlass <strong>von</strong> 2001 liefert Rahmenbedingungen zur Kontrolle in allen Städten im Jemen. So<br />
bedürfen alle Bautätigkeiten, vom Neubau bis hin zu Reparatur und Abbrucharbeiten einer<br />
Baugenehmigung. Diese wird <strong>von</strong> der lokalen Denkmalbehörde GOPHCY (vgl. Kap.5.7)<br />
ausgestellt. Weitere Kerninhalte sind die Bestimmungen zu Baumaterialien. Es sollen zum Bau<br />
ausschließlich regionale Baustoffe verwendet werden. Weiterhin soll sich die Bebauung stets<br />
in die Umgebung einfügen. Bei Nichteinhaltung dieser Kriterien droht der Baustopp und die<br />
Verhängung <strong>von</strong> Geldbußen oder die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes eines<br />
Gebäudes.<br />
Im Bereich historischer Bauten verbietet das Dekret den Anbau an historische Bausubstanz. Ist<br />
ein Neubau geplant, so müssen die Nutzungsfunktionen mit denen historischer Gebäude<br />
übereinstimmen. Das Dekret verbietet die Zweckentfremdung historischer Gebäude,<br />
beispielsweise durch den Umbau eines Wohnhauses in ein Geschäftshaus, das sich nicht im<br />
Suq-Bereich befindet.<br />
Das Dekret stellt viele Anforderungen an die Eigentümer historischer Gebäude und lässt sehr<br />
wenige Entwicklungsmöglichkeiten.<br />
Der Erlass <strong>von</strong> 2006 richtet seine Anforderungen speziell an die Weltkulturerbestätte <strong>von</strong><br />
Zabid mit dem Ziel, dass diese Welterbestätte <strong>von</strong> der roten Liste des gefährdeten Welterbes<br />
genommen werden kann. (vgl. Kap. 6 und Kap. 6.4)<br />
Der neue Erlass ersetzt dabei jedoch nicht den <strong>von</strong> 2001, er bindet neue<br />
Denkmalpflegerichtlinien ein. So sind beispielsweise Neubauten, Umbauten und<br />
Abrissarbeiten in Zabid immer mit dem „Masterplan Zabid 2004 ( vgl. Kap. 11.2) abzustimmen.
5.6 Planungssystem im Jemen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Grundsätzlich ist es schwierig, Informationen zum jemenitischen Planungssystem und dessen<br />
Rechtsreglement zu erhalten. Durch Dezentralisierungsprozesse sollen politische<br />
Verwaltungsabläufe in den zwanzig Regierungsbezirken (Abyan, Aden, Al-Bayda, Al-Dali, Al-<br />
Hudaydah, Al-Jawf, Al-Mahrah, Al-Mahwit, Amran, Dhamar, Hadramaut, Hajjah, Ibb, Lahij,<br />
Marib, Raimah, Sadah, Sana'a, Shabwah und Taiz) eigenständig geregelt werden. Dieser<br />
Prozess könnte eine mögliche Erklärung <strong>für</strong> die mangelnde Datenbasis darstellen. Im<br />
arabischen Raum wird die Raumordnungspolitik bis hin zur Bauleitplanung <strong>von</strong> oberster<br />
Regierungsstufe geregelt (vgl. Kap. 5.1). Durch die noch nicht vollständig abgeschlossene<br />
Abkehr vom Top-Down Ansatz gibt es zurzeit nur wenige rechtskräftige baurechtliche<br />
Dokumente auf regionaler Ebene.<br />
31
32<br />
Theoretische Grundlagen<br />
5.7 Staatliche Institutionen <strong>für</strong> den Erhalt historischer Städte im Jemen<br />
Seit dem Jahr 1991 wurden vom jemenitischen Kulturministerium drei Organisationen<br />
eingerichtet, welche sich <strong>für</strong> den Erhalt und die Entwicklung historischer Städte im Jemen<br />
einsetzen.<br />
Abb. 10:Institutionen (eigene Darstellung)<br />
Exkurs Kulturministerium<br />
Das Kulturministerium ist verantwortlich <strong>für</strong> die Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur<br />
sowie <strong>für</strong> das Monitoring der Infrastrukturprojekte in historischen Städten im Jemen. Hierzu<br />
zählen unter anderem Projekte in den Bereichen Elektrizität, Wasserversorgung,<br />
Abwasserentsorgung sowie Abfallbeseitigung. Weiterhin koordiniert das Kulturministerium<br />
den touristischen Sektor, zu dem auch der Wiederaufbau und Erhalt historischer und<br />
touristischer Plätze, der Neubau und Erhalt <strong>von</strong> Museen sowie die Optimierung und der Erhalt<br />
des gesamten Tourismussektors durch die Förderung <strong>von</strong> Investitionen zählen. (vgl.<br />
worldbank 2000, 6 ff.)
Theoretische Grundlagen<br />
Im Folgenden werden die drei vom Kulturministerium eingerichteten Institutionen und deren<br />
Arbeitsweise vorgestellt.<br />
General Organisation for the Preservation of Historic Cities of Yemen (GOPHCY)<br />
GOPHCY wurde im Jahr 1984 zum Erhalt der historischen Altstadt <strong>von</strong> Sanaa ins Leben gerufen.<br />
Nach der jemenitischen Wiedervereinigung im Jahr 1990 wurde GOPHCY die gesamte<br />
Verantwortlichkeit <strong>für</strong> den Erhalt des historischen Erbes im Jemen übertragen. Seit 1991 ist die<br />
Organisation Teil des Kulturministeriums.<br />
GOPHCY ist <strong>für</strong> das Monitoring <strong>von</strong> Projekten zum Erhalt historischer Bausubstanz<br />
verantwortlich. Da es keine ausreichende Aufklärung der Bevölkerung <strong>für</strong> diese Projekte gibt,<br />
ist die Durchführung und Akzeptanzschaffung ein langwieriger Prozess. Aufgrund des<br />
fehlenden Bewusstseins <strong>für</strong> die Wichtigkeit <strong>von</strong> historischer Bausubstanz und den Erhalt des<br />
kulturellen Erbes ist die Mitarbeit der Bevölkerung an solchen Projekten bislang in vielen<br />
Gebieten noch gering.<br />
Im Zuge der Dezentralisierung der Verwaltung im Jemen wurden Denkmalbehörden in einigen<br />
kulturhistorisch wichtigen Städten niedergelassen (Shibam, Zabid, Djibbla und Aden). Durch<br />
den näheren Kontakt zur Bevölkerung erhofft man sich eine höhere Aufmerksamkeit und eine<br />
bessere Möglichkeit zur Bewusstseinsbildung der Bevölkerung bei Projekten zum Erhalt <strong>von</strong><br />
historischer Bausubstanz und dem Erhalt der Welterbestätten.<br />
GOPHCY arbeitet in diesem Zusammenhang mit der UNESCO und anderen internationalen<br />
Organisationen zusammen. Durch die Erfahrung der internationalen Organisationen bei der<br />
Umsetzung <strong>von</strong> vergleichbaren Projekten erhofft man sich einen Wissenstransfer zugunsten<br />
einer besseren Bürgerbeteiligung bei Planungsprozessen.<br />
Begonnen hat die Arbeit <strong>von</strong> GOPHCY im Zuge der Sanierung der Altstadt <strong>von</strong> Sanaa. Hier<br />
wurde bereits mit internationalen Organisationen zusammengearbeitet. Es folgten weitere<br />
Projekte in Shibam zur Revitalisierung der Altstadt in Kooperation mit der GIZ. Hier erstellte<br />
GOPHCY die Konservierungspläne mit der damit verbundenen Bestandsaufnahme der<br />
historischen Städte. (vgl. worldbank 2000, 6 ff)<br />
Eine weitere Institution ist die General Organisation for Antiquities, Monuscripts and<br />
Monuments (GOAMM). Diese Behörde ist verantwortlich <strong>für</strong> sämtliche archäologischen Funde<br />
und Ausgrabungsstätten. (vgl. ebenda)<br />
33
34<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die letzte der drei wichtigen Organisationen ist das General Tourism Authority Ministerium.<br />
Dieses fördert den Tourismus im Jemen und steht in enger Verbindung mit den<br />
Weltkulturerbestätten. (vgl. ebenda)<br />
Bei der Zusammenarbeit der drei Institutionen kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten, da<br />
häufig die Aufgabenverteilungen unklar sind. Durch mangelnde Kommunikation kommt es<br />
oftmals zu Überschneidungen in einzelnen Aufgabengebieten.
6 UNESCO Weltkulturerbe im Jemen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Am 16. November 1972 wurde das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes<br />
der Welt“ verfasst. Hierbei handelt es sich um ein international bedeutsames Instrument zum<br />
Schutz des natürlichen und kulturellen Erbes der Welt. Das Abkommen wurde bis heute <strong>von</strong><br />
187 Staaten ratifiziert. (vgl. Welterbe Manual 2008, 10)<br />
Die Grundidee des UNESCO-Weltkulturerbes besteht darin, Teile <strong>von</strong> Natur- und Kulturerbe als<br />
Bestandteil eines gesamten Welterbes <strong>für</strong> die ganze Menschheit zu erhalten. Hintergrund<br />
dieser Idee ist die These, dass kulturelles Erbe nicht allein dem Staat gehört, auf dessen<br />
Territorium es sich befindet, sondern der gesamten Menschheit. Man könnte somit auch <strong>von</strong><br />
einem „Menschheitserbe“ sprechen. Unterzeichnet ein Staat die Welterbekonvention,<br />
verpflichtet er sich zum Schutz und Erhalt der innerhalb seiner Grenzen liegenden Welterben.<br />
„Das ist ein Stück virtueller Souveränitätsverzicht im Geiste der internationalen Kooperation.“<br />
(Welterbe Manual 2008, 10)<br />
Um den universellen Kulturbegriff zu bestärken, sind Kooperationen zwischen den Staaten<br />
wichtig. Diese Kooperationen wiederum unterstützen den Grundgedanken der UNESCO.<br />
„Das Emblem des Welterbes verdeutlicht die<br />
Wechselbeziehung zwischen Kultur und Natur. Das<br />
zentrale Viereck symbolisiert eine vom Menschen<br />
geschaffene Form, während der Kreis die Natur darstellt;<br />
beide Formen greifen eng ineinander. Das Emblem ist rund<br />
wie die Erde, zugleich aber auch ein Symbol des Schutzes.“<br />
(UNESCO-Manual 2008, 82)<br />
Abb. 11: Logo des UNESCO-Welterbes (UNESCO-Manual 2008, 82)<br />
35
36<br />
Theoretische Grundlagen<br />
6.1 Die UNESCO<br />
Die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation) ist eine<br />
Organisation der Vereinten Nationen. Sie ist die Kopforganisation <strong>für</strong> Bildung, Wissenschaft,<br />
Kultur und Kommunikation. Die UNESCO verfolgt mit der Förderung <strong>von</strong> internationaler<br />
Zusammenarbeit auf diesen Gebieten das Ziel, den Frieden und die Sicherheit der Welt zu<br />
unterstützen. Die UNESCO wurde am 16. November 1945 gegründet. (vgl. UNESCO-Manual<br />
2008, 46)<br />
Abb. 12: Logo der UNESCO (UNESCO-Manual 2008, 82)<br />
6.2 Kriterien zur Aufnahme in den Welterbekatalog<br />
Vor der Aufnahme in den Welterbekatalog erfolgt die Überprüfung der <strong>von</strong> verschiedenen<br />
Staaten eingereichten Aufnahmeanträge über mögliche Welterbestätten. Dies geschieht durch<br />
ein <strong>von</strong> der UNESCO eigens aufgestelltes Komitee.<br />
Erster Schritt zur Identifikation aller möglichen Welterbestätte ist die Erstellung einer so<br />
genannten „tentative list“ (Vorschlagsliste) durch die Mitgliedstaaten. (vgl. Welterbe Manual<br />
2008, 142)<br />
Das Komitee zur Überprüfung der Vorschlagslisten setzt sich aus drei Organen zusammen:<br />
- Internationaler Rat der Denkmalpflege (ICOMOS)<br />
- Internationales Studienzentrum <strong>für</strong> die Erhaltung und Restaurierung <strong>von</strong> Naturgut<br />
(ICCROM)<br />
- Weltnaturschutzunion (IUCN)<br />
Neben den Mitgliedern aus den drei oben vorgestellten Organen haben auch einige<br />
Staatenvertreter einen Sitz im Welterbekomitee.
Theoretische Grundlagen<br />
Um in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen zu werden müssen bestimmte Kriterien <strong>für</strong><br />
Welterbestätten erfüllt sein, diese sind durch die Welterbekonvention bestimmt. Exemplarisch<br />
zählen zu diesen:<br />
- „Einzigartigkeit“<br />
- „Authentizität“ (historische Echtheit des kulturellen Erbes)<br />
- „Integrität“ des natürlichen Erbes<br />
- „Erhaltungszustand“ zusammen mit ausgearbeitetem Erhaltungsplan<br />
Abb. 13: Kriterien <strong>für</strong> die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste (UNESCO-Manual , 2008)<br />
Weltweit gibt es 936 Kultur- und Naturerbestätten in insgesamt 153 Staaten.<br />
Neben der Liste der Natur- und Kulturerbestätten existiert noch eine weitere Liste. Die „Liste<br />
des gefährdeten Erbes der Welt“ umfasst jene Stätten des Welterbes, die durch ernste<br />
Gefahren bedroht sind und deren Erhalt nur durch umfangreiche Maßnahmen gesichert<br />
37
38<br />
Theoretische Grundlagen<br />
werden kann. Die Liste des „gefährdeten Erbes der Welt“ umfasst circa 30 Welterbestätten<br />
(Stand 2008).<br />
Ernste Gefahren, die diese Stätten bedrohen sind Kriege, Naturkatastrophen, städtebauliche<br />
Vorhaben, private Großvorhaben oder Verfall. Mit der „Roten Liste“ verfolgt die UNESCO das<br />
Ziel, betroffene Welterbestätten in den öffentlichen Fokus zu rücken, um somit bedrohtes<br />
Welterbe zu schützen. Es ist jedoch mit keinerlei Sanktionen seitens der UNESCO verbunden.<br />
Wird eine Welterbestätte auf die „Rote Liste“ gesetzt, so wird sie erst wieder <strong>von</strong> dieser<br />
entfernt, wenn alle Gefahren abgewendet werden konnten oder sich der Zustand der Stätte<br />
nachhaltig verbessert hat. (vgl. UNESCO-Manual 2008, 22)<br />
Mit der Aufnahme einer Stätte in die Weltkulturerbeliste ist keine finanzielle Zuwendung<br />
seitens der UNESCO an die Mitgliedstaaten vorgesehen. Die einzelnen Regierungen<br />
verpflichten sich selbst zum Schutz und Erhalt ihrer Welterbestätten.<br />
Eine Einrichtung <strong>für</strong> Not- und Krisenfälle bildet der „Welterbefonds“. Dieser umfasst ein<br />
jährliches Finanzvolumen <strong>von</strong> rund 4 Mio. US$ und ist <strong>für</strong> Soforthilfe in Notlagen und <strong>für</strong> die<br />
Ausbildung <strong>von</strong> Fachpersonal gedacht. (vgl. UNESCO-Manual 2008, 24)<br />
6.3 Monitoring der Weltkulturerbestätten<br />
Nach Art. 29 des Konventionsvertrags ist eine regelmäßige Unterrichtung über den Zustand<br />
der Stätten verpflichtend. Ziele dieses Monitorings sind (vgl. UNESCO-Manual 2008, 85 ff.):<br />
- Stärken-Schwächen-Analyse<br />
- Schutz und Management der Stätten<br />
- Entwicklung <strong>von</strong> Strategien zum Schutz und Erhalt der Stätten<br />
- Schließung <strong>von</strong> Partnerschaften zwischen Institutionen und Vertragsstaaten um die<br />
finanzielle Unterstützung zum Erhalt der Welterbestätten zu sichern<br />
6.4 Bedeutung des UNESCO Weltkulturerbes <strong>für</strong> den Jemen<br />
Beide in dieser Arbeit zu bearbeitenden Städte sind in den UNESCO Weltkulturerbekatalog<br />
aufgenommen worden. Die Altstadt <strong>von</strong> Shibam und ihre Stadtmauer wurden als Kulturerbe<br />
im Jahr 1982 und die Medina <strong>von</strong> Zabid wurde als Kulturerbe im Jahr 1993 aufgenommen.<br />
Weitere Welterbestätten im Jemen sind die Altstadt <strong>von</strong> Sanaa (aufgenommen im Jahr 1988)<br />
sowie das Sokotra Archipel (aufgenommen im Jahr 2008 als Naturerbestätte).
Theoretische Grundlagen<br />
Grundlage der Aufnahme der Stadt Shibam zum UNESCO Weltkulturerbe waren die Punkte I,<br />
III, IV und V des Kriterienkatalogs zur Aufnahme in die Welterbeliste. (vgl. Organisation of<br />
World Heritage Cities 2012, online) Vergleiche hierzu auch Abb. 13.<br />
Die Stadt Zabid gehört seit 1993 dem UNESCO Weltkulterbe an. Im Jahr 2003 fand jedoch eine<br />
Expertenkommission heraus, dass ca. 40% der Stadthäuser durch „Neubauten“ ersetzt worden<br />
sind und der historische Suq <strong>von</strong> Zabid vom Zerfall bedroht ist. In Folge dessen, setzte man<br />
Zabid auf die Liste des gefährdeten Kulturerbes.<br />
In diese Liste wurde es unter anderem wegen folgender Kriterien aufgenommen:<br />
- Verschlechterung der strukturellen und ornamentalen Merkmale<br />
- Verschlechterung der architektonischen oder stadtplanerischen Zusammenhänge<br />
- Verschlechterung des ländlichen oder städtischen Raumes oder natürlichen Umgebung<br />
Weitere potentielle Gefahren wurden gesehen in:<br />
- Mangel an politischen Entwicklungsmaßnahmen<br />
- Bedrohliche Wirkung regionalplanerischer Aspekte<br />
In einem Vier-Jahresprogramm sollte diesen Mängeln zunächst entgegen gewirkt werden.<br />
Aufgrund nicht ausreichender Finanzierung konnten die geplanten Projekte des Vier-<br />
Jahresprogramms allerdings nicht umgesetzt werden. (vgl. Imandi 2009; 7ff.)<br />
39
40<br />
Theoretische Grundlagen
7 Projektarbeit der Gesellschaft <strong>für</strong> Internationale<br />
Zusammenarbeit im Jemen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die im Rahmen der Diplomarbeit erstellten <strong>3D</strong>-Stadtmodelle dienen dem <strong>Einsatz</strong> im Projekt<br />
MEDINA „Project for the Economic Development of Historic Cities in Yemen“. Dieses hat eine<br />
Laufzeit <strong>von</strong> 2010 bis 2012 und ist das Nachfolgeprojekt des Projektes „Project for the<br />
Development of Historic Cities in Yemen“ (PDHCY), welches <strong>von</strong> 2000-2010 durchgeführt<br />
wurde.<br />
Um die projektbedingten Entwicklungen der Städte Shibam und Zabid sichtbar zu machen,<br />
wird in diesem Kapitel zunächst die GIZ als Träger vorgestellt. Nachfolgend werden die Inhalte<br />
der Projekte PDHCY und MEDINA erläutert.<br />
7.1 Die Gesellschaft <strong>für</strong> Internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />
Seit dem 1. Januar 2011 bilden die drei ehemals eigenständigen Organisationen Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> technische Zusammenarbeit (GTZ), der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) sowie<br />
Internationale Weiterbildung und Entwicklung (Inwent) gemeinsam die Gesellschaft <strong>für</strong><br />
Internationale Zusammenarbeit (GIZ). (vgl. GIZ 2012a, online)<br />
Die GIZ arbeitet hauptsächlich im Auftrag des Bundesministeriums <strong>für</strong> wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und unterstützt die Bundesregierung somit bei der<br />
Verwirklichung ihrer entwicklungspolitischen Ziele. Weitere Auftraggeber sind Ministerien wie<br />
das Auswärtige Amt, das Bundesumweltministerium, das Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und<br />
Forschung sowie weitere öffentliche und private Institutionen.<br />
41
42<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Exkurs Bundesministerium <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />
Das BMZ mit Sitz in Bonn besteht seit 1961. Amtierender Bundesminister ist Dirk Niebel, der<br />
gemeinsam mit Staatssekretärin Gudrun Kopp und dem Staatssektretär Hans- Jürgen Beerfelz<br />
die leitet.<br />
Das BMZ bezieht seinen Etat aus dem Bundeshaushalt, der <strong>für</strong> das Haushaltsjahr 2012 um 164<br />
Millionen Euro aufgestockt wurde und nun bei 6,4 Milliarden Euro liegt.<br />
Aufgabe des BMZ ist es, Strategien <strong>für</strong> die internationale Entwicklungszusammenarbeit zu<br />
entwickeln, die <strong>von</strong> den Durchführungsorganisationen wie der GIZ oder der KfW umgesetzt<br />
werden. (vgl. BMZ 2012a, online)<br />
Oberstes Ziel ist dabei der Schutz der Menschen. Vor diesem Leitprinzip sollen die<br />
Lebensumstände der Menschen in den Partnerländern nachhaltig verbessert werden.<br />
Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Sektoren Bildung, Gesundheit, ländliche<br />
Entwicklung, gute Regierungsführung und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. (vgl. BMZ<br />
2010b, online)<br />
Unter dem Vorsatz der nachhaltigen Entwicklung verpflichtet sich die GIZ in Deutschland und<br />
den Partnerländern europäische Standards einzuhalten.<br />
Nach dem Verständnis der GIZ wird eine nachhaltige Entwicklung nur durch einen dauerhaften<br />
Lern- und Austauschprozess ermöglicht. Um dies zu gewährleisten erfüllt die Organisation eine<br />
Beraterfunktion auf Regierungsebene, ist aber auch bei Verbänden, der lokalen Bevölkerung<br />
und internationalen Gebern tätig. Dabei zählen die Wahrung der Menschenrechte und eine<br />
gute Regierungsführung zu den Grundprinzipien. (vgl. GIZ 2012b, online)<br />
Die GIZ beschäftigt in 130 Ländern ca. 17.000 Mitarbeiter. Etwa 70 % da<strong>von</strong> sind nationales<br />
und 30 % internationales Personal in den jeweiligen Partnerländern. (vgl. GIZ 2012c, online)<br />
7.2 Die GIZ im Jemen<br />
Die GIZ führt seit 1969 Projekte im Jemen durch und ist seit 1983 mit einem eigenen Büro in<br />
Sanaa vertreten, in welchem seit 2004 auch die KfW Entwicklungsbank mit ihrer jemenitischen<br />
Dependance einen Sitz hat. In Abstimmung mit der deutschen und jemenitischen Regierung<br />
liegen die Schwerpunkte der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Wasser,<br />
Allgemeinbildung, Gesundheit und gute Regierungsführung, sowie bei länderübergreifenden<br />
Programmen und Projekten der MENA- Region(Mittle East & North Afrika).
Theoretische Grundlagen<br />
Die wichtigsten Herausforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit sind nach wie vor die<br />
Partizipation der Bevölkerung, Stärkung der Zivilgesellschaft, Konfliktbearbeitung und<br />
Gleichstellung der Geschlechter vor dem generellen Ziel der Armutsbekämpfung. (vgl. GIZ<br />
2012d, online)<br />
7.3 Project for the Development of Historic Cities in Yemen (PDHCY)<br />
Das deutsch-jemenitische Projekt setzt sich aus deutschen Entwicklungshelfern der GIZ und<br />
lokalen NGOs (u.a. Hadramaut Welfare Organization, traditionelle Institutionen,<br />
Frauengruppen, engagierte Bürger) zusammen. Den institutionellen Rahmen stellt die<br />
Zusammenarbeit mit der Behörde des Kulturministeriums zum Schutz der historischen<br />
Altstädte, mit der General Organisationen for the Preservation of Historic Cities in Yemen<br />
(GOPHCY) (vgl. Kap. 5.7) sowie mit dem lokalen Büro des Wohnungsbau- und<br />
Stadtplanungsministeriums sowie mit den gewählten Distrikträten dar. (vgl. Fiebig 2003, 44)<br />
Für die Nachwelt gilt es, die historische Altstadt <strong>von</strong> Shibam als UNESCO-Weltkulturerbe zu<br />
erhalten. Nach Auffassung der GIZ ist dies nur durch verstärktes Engagement durch die Bürger<br />
möglich. Dies wiederum kann nur erreicht werden, wenn das kulturelle Erbe der Stadt <strong>von</strong> den<br />
Einwohnern als erhaltenswert erachtet wird. Deshalb soll mit dem Projekt eine attraktivere<br />
Lebens- und Arbeitsqualität <strong>für</strong> die Einwohner geschaffen werden, um somit auch das<br />
Stadtmanagement zu verbessern. (vgl. GIZ 2012e, online) Ziel darf jedoch nicht sein, so die GIZ-<br />
Leiterin Ursula Eigel, eine „leblose Kulisse à la Disneyland im Wüstensand“ zu generieren.<br />
Vielmehr fällt der Stadtplanung nach Streich (2011, 159) bzw. Albers (1988, 163) die wichtige<br />
Aufgabe zu, neben der Erhaltung der historischen Substanz eine dazu im Einklang gebrachte<br />
Nutzung des Baudenkmals zu ermöglichen und der weiteren Entwicklung der Stadt dabei nicht<br />
im Wege zu stehen.<br />
Umsetzung<br />
Eines der Hauptanliegen des Stadtentwicklungsprojekts ist die behutsame Sanierung der<br />
historischen Lehmhochhäuser. Dadurch werden gleichzeitig die Wohnbedingungen vor Ort<br />
verbessert. (vgl. ebenda)<br />
Eine Generalüberholung eines historischen Turmhauses kostet zwischen 500.000 und einer<br />
Million jemenitischer Riyal. Das durchschnittliche Einkommen in Shibam liegt jedoch nur bei<br />
11.000 Riyal (ca. 74 Euro pro Monat). Um trotzdem Sanierungen zu ermöglichen, wurde ein<br />
Renovierungs- und Reparaturprogramm <strong>für</strong> historische Häuser in Alt-Shibam ins Leben<br />
gerufen. Projektmitarbeiter, private Architekten und Baumeister informieren im Rahmen<br />
dieses Programmes Hausbesitzer und Bürger, welche Interesse an einer empfohlenen<br />
43
44<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Renovierung haben. Weiterhin wurde in diesem Zusammenhang ein Zuschussprogramm<br />
gegründet, welches die Renovierungsarbeiten zu 35% subventioniert. Das Projekt finanziert die<br />
baulichen Untersuchungen, sowie Schadensdiagnose und Kostenschätzung. Im Zusammenspiel<br />
mit der technischen Beratung bei der Sanierung sind die Einwohner eigenständig in der Lage,<br />
nötige Renovierungsarbeiten durchzuführen.<br />
Um dem Sanierungsprogramm Rechtsgültigkeit zu geben, wurde ein Landnutzungsplan mit<br />
Verkehrskonzept, Investitionsprogramm und Schutzzonen aufgestellt. Außerdem klärt der Plan<br />
finanzielle und rechtliche Fragen. Darüber hinaus ist festgeschrieben, wie das ökonomische<br />
Potenzial der Distrikte entwickelt und genutzt werden soll.<br />
Zur bestmöglichen Umsetzung dieses Plans ist die enge Zusammenarbeit zwischen der<br />
kommunalen Wirtschaftsförderung und Umwelt- und Infrastrukturplanung mit dem<br />
Denkmalschutz notwendig. (vgl. Fiebig 2003, 44)<br />
Gemäß Ursula Eigel, der Projektleiterin der GIZ, ist die Teilhabe der Bürger an diesem<br />
Entwicklungsprozess die Grundvoraussetzung <strong>für</strong> die Sicherung eines nachhaltigen Erfolges der<br />
Zusammenarbeit. Dabei gilt es nicht nur, die Bürger anzuregen, sondern auch die offiziellen<br />
Stellen einzubinden und zu überzeugen dass es kein Hindernis darstellt, die Bevölkerung<br />
einzubinden, sondern vielmehr eine Chance.<br />
Der erste Schritt hin zur Durchführung des Projektes waren die ersten Lokalwahlen im Jemen<br />
im Jahr 2001. Durch die Dezentralisierung erhielten die Distrikträte die Befugnis,<br />
Entscheidungen auf lokaler Ebene zu treffen. (vgl. Fiebig 2003, 45)<br />
Ergebnisse<br />
Durch aktive Ansprache der Bevölkerung konnten ein Drittel aller Wohnungsbesitzer Shibams<br />
über die Renovierungsmöglichkeiten und -förderungen informiert werden. Rund hundert der<br />
400 Häuser wurden bereits saniert.<br />
Die in der ersten Projektlaufzeit –zur Beratung der Hausbesitzer- ausgebildeten jungen<br />
Baumeister beherrschen inzwischen sowohl das traditionelle Handwerk, kennen sich jedoch<br />
auch mit neueren Techniken sehr gut aus.<br />
Mit Unterstützung des Projektes konnten Bürgerinitiativen drei Vereine gründen. Diese<br />
beschäftigen sich mit der Frauen- und Jugendförderung, dem Kulturtourismus und der<br />
initiierten Oasenbewirtschaftung mit dem generellen Ziel einer Verbesserung der<br />
Einkommenssituation der Bevölkerung.
Theoretische Grundlagen<br />
Eine funktionierende Abfallentsorgung ist mittlerweile eigenständig durch die Lokalregierung<br />
<strong>für</strong> alle Siedlungen im Shibam-Distrikt eingerichtet. (vgl. GIZ 2012f, online)<br />
2009 erhielt das Entwicklungsprojekt den Aga-Khan Preis <strong>für</strong> Architektur mit der Begründung,<br />
dass Shibam dabei nicht als historische Kulisse aufgefasst wird, sondern als lebendiger<br />
Lebensraum mit Bewohnern, deren Bedürfnisse im Mittelpunkt der Entwicklungsarbeit stehen.<br />
(vgl. Leiermann 2009, Vorwort)<br />
Neben der Sanierung der historischen Bausubstanz werden weitere Projekte <strong>von</strong> der GIZ<br />
initiiert, die <strong>für</strong> Stadt und die Menschen vor Ort ein erhebliches Entwicklungspotential haben.<br />
Dabei ist eines der Hauptanliegen die Gleichstellung der Frau. Wie in Kap. 4.6 näher erörtert<br />
wird, ist die Gleichberechtigung der Frau durch die Richtlinien und Wertvorstellungen der<br />
Scharia stark eingeschränkt. Hierzu bietet die GIZ zusammen mit<br />
Nichtregierungsorganisationen Kurse zu bspw. Handwerkskunst, Computernutzung- und<br />
Alphabetisierung an, die nach anfänglicher Zurückhaltung sehr gut besucht werden. (vgl. Fiebig<br />
2003, 47)<br />
Ein weiteres Projekt stellt die Rekultivierung der Oasengärten in Zusammenarbeit <strong>von</strong><br />
Experten und Einheimischen dar. Diese Gärten sind eine wichtige Einnahmequelle <strong>für</strong> die<br />
Bauern, welche jedoch lange Zeit vernachlässigt wurden.<br />
Zur Steigerung der allgemeinen Lebensqualität wurde das Wasser- und Abwassernetz der Stadt<br />
erneuert. Der finanzielle Beitrag <strong>von</strong> deutscher Seite <strong>für</strong> das Projekt beläuft sich auf 2,5<br />
Millionen Euro. (vgl. ebenda)<br />
7.4 MEDINA Project for the Economic Development of Historic Cities in<br />
Yemen<br />
Die Durchführung des PDHCY <strong>von</strong> 2000 bis 2010 hat gezeigt, dass das Potential der Mitwirkung<br />
der Bevölkerung beim Erhalt des historischen Erbes immer noch nicht voll ausgeschöpft wurde.<br />
Die historischen Gebäude werden überwiegend als visueller Teil der Stadt wahrgenommen<br />
statt als wichtiges Element der Stadterneuerung. Durch den <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> partizipatorischen<br />
Methoden in der Stadterneuerung haben sich nach der ersten Phase jedoch die<br />
Wohnsituation, sowie das Einkommen und die Beschäftigungsverhältnisse im Bausektor<br />
verbessert. Das gilt auch <strong>für</strong> das Kleinstgewerbe und die Förderung des traditionellen<br />
Handwerks. (vgl. GIZ 2012g, online)<br />
Das Projekt MEDINA läuft im Rahmen des Entwicklungsschwerpunktes „Wirtschaftsreform und<br />
wirtschaftliche Entwicklung“. (vgl. ebenda)<br />
45
46<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Ziel<br />
Nachdem in der ersten Projektlaufzeit die Grundlagen <strong>für</strong> eine nachhaltige Stadtentwicklung<br />
geschaffen wurden, sollen in der aktuellen Projektphase bis 2012 die nationalen und lokalen<br />
Verwaltungen gemeinsam mit den Einwohnern, Handwerkern und Kleingewerbebetreibern die<br />
wirtschaftliche Entwicklung ihrer Städte sichern.<br />
Sie sollen gemeinsam Fachwissen und Ressourcen <strong>für</strong> den Schutz des städtebaulichen<br />
Kulturerbes entwickeln, um somit einen Beitrag zur lokalen Wirtschaftsförderung im Jemen zu<br />
leisten. (vgl. GIZ 2012h, online)<br />
Ziel des Projektes ist die Erfassung und Zusammenlegung der Arbeitsweisen in Shibam und<br />
Zabid sowie eine Systematisierung und Legalisierung der bereits durchgeführten Prozesse, um<br />
diese zukünftig auch in anderen Städten anwenden zu können. Ferner beabsichtigt wird<br />
außerdem die Entwicklung <strong>von</strong> Ansätzen zur nachhaltigen und partizipatorischen<br />
Stadterneuerung. Hierzu sollen auch nationale Akteure stärker eingebunden werden wie die<br />
Behörde <strong>für</strong> die Erhaltung historischer Städte (GOPHCY) und die staatliche Behörde <strong>für</strong> Boden,<br />
Vermessung und Stadtplanung (GALSUP). Durch die Bündelung dieser Kompetenzen soll die<br />
Effizienz und Wirkung der nationalen Stadtentwicklungspolitik gesteigert werden. (vgl. ebenda)<br />
Auch in dieser Projektlaufzeit ist eines der Hauptanliegen die Sanierung der historischen<br />
Gebäude.<br />
Durch unterstützende Maßnahmen, wie z.B. Wirtschaftsförderung und die Vergabe <strong>von</strong><br />
Kleinkrediten, sollen die Modernisierung und die Gründung oder Erweiterung lokaler<br />
Unternehmen gefördert werden. Bestehende Unternehmen werden durch die Förderung<br />
wettbewerbsfähiger gemacht, um nicht mehr auf externe Hilfe angewiesen zu sein und somit<br />
bessere Einkommensmöglichkeiten <strong>für</strong> die Bevölkerung zu schaffen.<br />
Ergebnisse Shibam<br />
In Shibam sind in der zweiten Projektphase (2010 bis2012) weitere historische Gebäude<br />
instand gesetzt worden. Somit sind 66% der Häuser revitalisiert. Insgesamt wurden über 300<br />
Handwerker in verschiedenen Gewerken ausgebildet. Der Bausektor im Distrikt Shibam<br />
erwirtschaftet mittlerweile 10% des Einkommens. Der Anschluss der Häuser der historischen<br />
Altstadt an die Kanalisation, das Stromnetz und das Telefonnetz haben mit 61%, 58% und 46%<br />
die Ziele der aktuellen Projektphase <strong>von</strong> 30%, 50% und 43% erreicht. Der Anschluss an das<br />
Frischwassernetz liegt zurzeit mit 5% noch unter den Zielvorgaben <strong>von</strong> 23%. (vgl. Medina<br />
Progress Report 2012, 5)
Theoretische Grundlagen<br />
Die Häusererneuerungsprogramme werden mittlerweile selbständig in den lokalen Behörden<br />
<strong>für</strong> Stadterhaltung geleitet und <strong>von</strong> der jeweiligen Gemeinde getragen. (vgl. ebenda) Die<br />
denkmalgerechte Sanierung und Modernisierung des lokalen Lehmbaus ist mittlerweile<br />
Pilotprojekt <strong>für</strong> aride Regionen in der ganzen Welt. Das Beispiel Shibam zeigt, dass traditionelle<br />
Wohnformen immer noch ein attraktives Wohnumfeld darstellen. (vgl. Hallaj, in: Leiermann<br />
2009)<br />
Das Bürgerzentrum wurde fertig gestellt und am 10. Dezember 2011 offiziell eingeweiht. Mit<br />
Hilfe lokaler Fachkräfte wurde das verfallene „Beit Lajam“ renoviert und zu einem<br />
sechsstöckigen Gebäude ausgebaut. Das Zentrum enthält Besucherräume <strong>für</strong> Ausstellungen,<br />
Arbeits- und Lagerräume <strong>für</strong> lokale (Kunst-) Handwerksgruppen sowie Büroräume. ( vgl.<br />
Medina Progress Report 2012, 9f, 22ff)<br />
Im Rahmen der Wirtschaftsförderung mit dem Ziel der nachhaltigen Verbesserung der<br />
Einnahmesituation der Bevölkerung wurden mit sieben Interessengruppen Förderungsverträge<br />
abgeschlossen. Insgesamt 166 Männer und 96 Frauen werden im Rahmen dieser Programme<br />
direkt und indirekt unterstützt. Die Frauenquote <strong>von</strong> 20% wurde damit erreicht. Es liegen keine<br />
Zahlen vor, wie viele Personen durchschnittlich in den 7.000 Haushalten des Bezirkes Shibam<br />
leben, es ist jedoch da<strong>von</strong> auszugehen, dass mit 262 Personen bislang nur ein Bruchteil der<br />
Menschen <strong>von</strong> der Förderung profitieren. Von den sieben Interessengruppen haben bislang<br />
vier die Einkommenssituation aller Mitglieder verbessern können. Zwei Gruppen erreichten<br />
dies zu 80%, eine Gruppe zu 50%. (Medina Progress Report 2012, 8)<br />
Das Programm zur Sanierung des Bewässerungssystems der Shibam umgebenden Oase wurde<br />
erfolgreich abgeschlossen. Alle Bewässerungskanäle und –anlagen wurden mit Hilfe <strong>von</strong><br />
lokalen Arbeitern wiederhergestellt. (vgl. Medina Progress Report 2012, 15)<br />
Der Stadtentwicklungsplan <strong>für</strong> Shibam, in dem die Arbeitsweisen systematisch erfasst wurden,<br />
wurde fertig gestellt. Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage konnte dieser jedoch weder der<br />
Bevölkerung vorgestellt noch den nationalen Behörden zur Akkreditierung und damit<br />
Legalisierung vorgelegt werden. (vgl. Medina Progress Report, 15)<br />
Ergebnisse Zabid<br />
Aktuelle Probleme der Stadt Zabid bestehen vor allem durch den Verfall oder die Beseitigung<br />
historischer Bausubstanz aus dem Stadtbild. Dieser Zustand führte auch dazu, dass Zabid auf<br />
die Liste des gefährdeten Kulturerbes gesetzt werden musste (vgl. Kap. 6.4)Eine klassische<br />
historische Stadtlandschaft ist <strong>für</strong> einen Besucher in Zabid nur schwer zu finden, obwohl sie<br />
faktisch noch vorhanden ist. Viele Freiflächen wurden bebaut und zum Teil historische<br />
47
48<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Bausubstanz durch moderne Betonstoffe ersetzt. Im Rahmen der Projekte wurden in Zabid<br />
bislang lediglich 10% der historischen Bausubstanz renoviert.<br />
Der Teamleiter der Stadtentwicklung und Denkmalpflege in Zabid, Omar Abdulazi Hallaj<br />
bestätigt hierzu in einem Interview die Projektarbeit in Zabid auf zwei Ebenen. Die erste Ebene<br />
besteht aus direkten Subventionen, welche <strong>für</strong> die Restaurierung und Konservierung <strong>von</strong><br />
Häusern in Zabid dient. Zu den direkten Subventionen und den Restaurierungs- und<br />
Konservierungsarbeiten gehören neben der Sicherstellung der Ausstellung einer<br />
Baugenehmigung auch, die Vorstellungen <strong>von</strong> lokalen Behörden mit den Anforderungen in<br />
Einklang zu bringen, welche an UNESCO-Weltkulturerbestätten gestellt sind.<br />
Die zweite Ebene der Projektarbeit in Zabid basiert auf einer Wiederbelebung der lokalen<br />
Wirtschaft. Gefördert wird diese durch die Zusammenarbeit <strong>von</strong> lokalen Zusammenschlüssen<br />
<strong>von</strong> Bürgern in den Themenbereichen Kunsthandwerk, Handwerk und Handel. Insgesamt gibt<br />
es vier Vereinigungen, die eine Förderung beantragt und bewilligt bekamen. (vgl. Medina<br />
Progress Report 2012, 13f)<br />
Durch einen Frauenanteil <strong>von</strong> über 50% der in diesen Gruppen direkt und indirekt geförderten<br />
Personen wurde die angestrebte Quote bereits erreicht. Zur Anzahl der Haushalte in Zabid<br />
liegen keine Informationen vor. Mit 598 Personen wurde jedoch bislang vermutlich nur ein<br />
kleiner Teil gefördert. Die Zielerreichung in den vier geförderten Gruppen liegt aktuell<br />
zwischen 20% und 50%. (vgl. Medina Progress Report 2012, 13f)<br />
Eine der Gruppen wird bei der Belebung des innerstädtischen Suqs unterstützt. Die<br />
Restaurierung der Gebäude des Suqs durch lokale Handwerker, welche oftmals leer stehen<br />
oder vom Verfall bedroht sind, wird mit zinsfreien Mikrokrediten gefördert. (vgl. Medina<br />
Progress Report 2012, 13f) Weiterhin berichtet Hallaj, die Pilotphase des Projektes sei bereits<br />
erfolgreich beendet und es wurden bereits 35 Verträge mit Bewohnern zur Restaurierung ihrer<br />
Häuser unterzeichnet. Weitere zwanzig Haushalte konnten <strong>von</strong> Subventionen profitieren.<br />
Im Projektverlauf wurde durch eine gestiegene Auftragslage an Baumaterialien (vor allem<br />
Ziegel, welche direkt in Zabid produziert werden) der private Sektor gestärkt, was wiederum zu<br />
einer indirekten Wiederbelebung des Suqs geführt hat. In Bezug auf die Produktion <strong>von</strong><br />
Baumaterialien vor Ort, fördern die lokalen NGOs die Ausbildung <strong>von</strong> Fachpersonal im<br />
traditionellen Handwerk. Im Zuge der Wiederbelebung des Suqs gründete sich der Verein<br />
„Marked Association“, welcher <strong>von</strong> Kaufleuten ins Leben gerufen wurde und anderen<br />
Kaufleuten bei der Eröffnung oder Umnutzung <strong>von</strong> Läden im Suq hilft.
Theoretische Grundlagen<br />
Doch der Beginn des Projektes war nicht immer positiv geprägt, so Hallaj. Er beschreibt, dass<br />
vielen Bewohnern <strong>von</strong> Zabid der Nutzen <strong>von</strong> Konservierung und Erhalt <strong>von</strong> Kulturerbe (auch im<br />
Hinblick auf den Status als UNESCO-Weltkulturerbestätte) nicht bewusst ist und die<br />
Einwohnerschaft zunächst gegen das Projekt gestimmt hat. Auch die Behörden waren zunächst<br />
gegen das Projekt aus Angst vor Einbußen bei der Wählerschaft. So gewann das Projekt nur<br />
langsam an Akzeptanz. Durch Informationsveranstaltungen konnte den Bürgern und den<br />
Behörden die Notwendigkeit und das Bewusstsein <strong>für</strong> den Erhalt <strong>von</strong> Weltkulturerbe<br />
verdeutlicht werden. (vgl. Yemenpost 2009, online)<br />
Der Stadtentwicklungsplan <strong>für</strong> Zabid, in dem die Arbeitsweisen systematisch erfasst wurden,<br />
wurde fertig gestellt. Dieser wurde den lokalen Behörden und der Bevölkerung im Rahmen<br />
einer Ausstellung und 14 Diskussionsrunden mit einzelnen Bevölkerungsgruppen vorgestellt.<br />
Eine Vorlage bei den nationalen Behörden war jedoch aufgrund der aktuellen Unruhen bislang<br />
nicht möglich. (vgl. Medina Progress Report 2012, 16)<br />
Übergreifend<br />
In Jiblah ist die partizipative Verfahren des „Runden Tisches” angewendet worden, um die<br />
Umsetzungspläne <strong>für</strong> die Stadterneuerungsmaßnahmen vorzubereiten, in denen auch<br />
zunehmend Frauen ihre Interessen vertreten können. (vgl. GIZ 2012i,online)<br />
Aufgrund der aktuellen Krisensituation hat die staatliche Behörde <strong>für</strong> Boden, Vermessung und<br />
Stadtplanung (GALSUP) ihre Arbeit eingestellt. Eine staatliche Akkreditierung des in Shibam<br />
und Zabid eingesetzten Maßnahmenplans als Voraussetzung <strong>für</strong> die Übertragung auf andere<br />
Gemeinden ist damit auf unbestimmte Zeit verschoben. (vgl. Medina Progress Report 2012,<br />
15)<br />
49
50<br />
Theoretische Grundlagen
8 Der Partizipationsbegriff im Kontext der<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
Theoretische Grundlagen<br />
„Ansteckend kann Demokratie nur wirken, wenn die nicht routiniert betrieben wird oder<br />
anderen mit Gewalt aufgezwungen, sondern mit Enthusiasmus gelebt wird. Einem<br />
Enthusiasmus ohne Überheblichkeit. Wenn es darum geht die Akzeptanz westlicher<br />
Errungenschaften in der Welt ….zu befördern, kommt es darauf an, Überzeugungskraft mit<br />
Bescheidenheit zu verbinden. (…) Enthusiasmus und Respekt vereinen sich in einem<br />
unschätzbaren Gut: der Kultur selbstbewussten Freiheit.“(Lepenies 2006, zitiert in:<br />
Zimmermann 2006, 9)<br />
Partizipation ist ein sehr weitgefasster und vielfältiger Begriff. Aus diesem Grund befasst sich<br />
dieses Kapitel nach einer allgemeinen Definition und einer grundsätzlichen Typologie<br />
ausschließlich mit Partizipation im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit im öffentlichen<br />
und politischen Bereich. Letzteres ist notwendig, da jede Form <strong>von</strong> öffentlicher Partizipation<br />
einen politischen Aspekt besitzt. (vgl. Beckmann 1997, 4) Im Hinblick auf das Thema dieser<br />
Arbeit handelt es sich dabei hauptsächlich um Partizipation auf Projektebene. Auf Partizipation<br />
der Länderebene wird nur oberflächlich eingegangen. Nach Erörterung der Grundlagen wird<br />
dargelegt, welche Beteiligungsmethoden im Jemen bereits angewandt wurden. In Deutschland<br />
gibt es mittlerweile eine Reihe <strong>von</strong> Beteiligungsverfahren und Ansätze. Sofern diese keine<br />
Relevanz <strong>für</strong> mögliche Beteiligungsmethoden im Jemen haben wird auf sie nicht näher<br />
eingegangen.<br />
Definition<br />
Der Begriff Partizipation stammt aus dem Lateinischen und ist eine Zusammensetzung aus den<br />
Worten pars (= Teil) und capere (= nehmen) und bedeutet somit Teilnahme bzw. Teilhabe. (vgl.<br />
Beckmann 1997,4)<br />
Dies bedeutet, dass Bürger an Planungsprozessen und gegebenenfalls auch bei der Umsetzung<br />
des Vorhabens beteiligt werden. Partizipation sollte institutioneller Bestandteil einer jeden im<br />
Rahmen eines demokratischen Gesellschaftsmodells agierenden Stadtplanung sein. (Streich<br />
2011, 165)<br />
8.1 Typologie <strong>von</strong> Partizipation<br />
Die Teilnahme oder Teilhabe der Bürger kann in vielen Abstufungen passieren, die <strong>von</strong> reiner<br />
Information bis hin zur unbeschränkten Übernahme <strong>von</strong> wesentlichen Entscheidungen im<br />
Planungsprozess reichen kann. Es existieren verschiedene Modelle, die <strong>von</strong> einer Einteilung<br />
<strong>von</strong> Staatsformen in die ihnen innewohnenden Partizipationsmöglichkeiten bis hin zu<br />
51
52<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Unterscheidung <strong>von</strong> konkreten lokalen Strukturen reichen. So differenziert das <strong>von</strong> Robert<br />
Laurini entwickelte Modell Staatsformen bzw. gesellschaftspolitische Profile in vier Stufen <strong>von</strong><br />
Autokratie (Autocracy) bis Bürgergewalt (Citizenship). (vgl. Streich 2011, 169)<br />
Ein anderes Modell, die sogenannte „Leiter der Bürgerbeteiligung“ wurde <strong>von</strong> Sherry R.<br />
Arnstein im Jahr 1969 entwickelt. Dieses wird im Folgenden vorgestellt. Im Wesentlichen<br />
handelt es sich dabei um eine Typologie der Partizipation auf acht Stufen. Zu beachten ist<br />
hierbei, dass in der Praxis eine Vielzahl <strong>von</strong> Prozessen zu beobachten ist, die zwar als<br />
Bürgerbeteiligung bezeichnet werden, jedoch nur eine sehr geringe Einflussnahme der Bürger<br />
zulassen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird bei der Erläuterung partizipativer Verfahren<br />
auf die Typologie <strong>von</strong> Arnstein vergleichend zurückgegriffen.<br />
Abb. 14: A Ladder of Citizen Participation (Lithgow and Schmidt 2006a, online)<br />
Arnstein nimmt eine Einteilung <strong>von</strong> Partizipationsprozessen nach Grad der Einflussnahme in<br />
acht Stufen vor. Dabei entspricht die unterste Stufe keinerlei Einflussnahme der Bürger,<br />
während in der obersten Stufe die Gestaltungs- und Entscheidungsgewalt vollständig in der<br />
Hand der Bürger liegt. Die Typologie basiert auf dem damaligen Erneuerungsprogramm<br />
„Model Cities Program“, im Rahmen dessen 150 US-Modellstädte zusätzliche Gelder vom<br />
Ministerium <strong>für</strong> Siedlungsbau und Stadtentwicklung beziehen konnten. Das Programm sah
Theoretische Grundlagen<br />
eine Bürgerbeteiligung vor, die jedoch in den einzelnen Modellstädten unterschiedlich<br />
gestaltet werden konnte.<br />
Die unterste Stufe der Leiter bezeichnet Arnstein als „Manipulation“. In dieser Variante<br />
werden Bürger, oft in der Gestalt eines Bürgerkomitees, als Aushängeschilder eines<br />
Planungsvorhabens benutzt, die jedoch faktisch<br />
keinerlei Mitspracherecht haben. Arnstein beschreibt<br />
Beispiele, in denen den Komitees nur vorgefilterte<br />
Informationen vorgelegt wurden und somit bewusst ein<br />
unzureichendes Bild <strong>von</strong> den Auswirkungen eines<br />
Vorhabens entstand. Der Manipulationscharakter dieser<br />
Stufe besteht darin, dass den Bürgern eine tatsächliche<br />
Einflussnahme suggeriert wird und möglicherweise ein<br />
Protest gegen das Vorhaben, der ohne vermeintliche<br />
Beteiligung entstanden wäre, unterdrückt oder sogar<br />
verhindert wird. Die zweite Stufe „Therapie“ beschreibt<br />
einen Mechanismus, in dem innerhalb <strong>von</strong> Projekten,<br />
die meist der Verbesserung eines bestehenden Zustandes dienen sollen, der Fokus <strong>von</strong> einer<br />
strukturellen Veränderung der Ursachen des Missstandes auf eine Veränderung der Folgen des<br />
Missstandes verschoben wird. Dies passiert in den <strong>von</strong> Arnstein genannten Beispielen dadurch,<br />
dass der Zielgruppe Fortbildungen zur eigenständigen Linderung der Folgen des Missstandes<br />
angeboten werden. Arnstein unterstellt, dass hierdurch vom eigentlichen Missstand abgelenkt<br />
werden soll, weshalb er das Vorgehen ganz unten auf der Partizipationsleiter anordnet.<br />
Die ersten beiden Stufen fasst Arnstein unter dem Oberbegriff „Nichtpartizipation“ zusammen.<br />
Die nächsten drei Stufen werden <strong>von</strong> Arnstein als<br />
„Alibipolitik“ (aus dem Englischen: Tokenism)<br />
kategorisiert. Die dritte Stufe trägt die Bezeichnung<br />
„Information“ und bezeichnet einen in der Regel<br />
ausschließlich in eine Richtung, d.h. in die Richtung<br />
der Bürger, fließenden Informationsstrom. Ein<br />
solcher Informationsfluss kann über Flyer, Poster,<br />
oder auch Informationsveranstaltungen ohne<br />
Abstimmungsmöglichkeiten erfolgen.<br />
In der nächsten Stufe, „Konsultierung“, fasst Arnstein<br />
die Planungsprozesse zusammen, die eine Befragung<br />
der Zielgruppe, z.B. über Fragebögen, beinhalten,<br />
53
54<br />
Theoretische Grundlagen<br />
dabei jedoch die Entscheidung der Verwendung dieser Information in den Händen der z.B.<br />
städtischen Planern belassen. In einigen Fällen könnte bereits der Aufbau der Fragebögen<br />
manipulativen Charakter haben, beispielsweise durch beschränkte Wahlmöglichkeiten. Die<br />
Fälle, in denen es zwar eine in den Planungsprozess eingebundene Bürgervertretung mit<br />
Entscheidungsrechten gibt, jedoch die örtlichen Behörden die Zusammensetzung und<br />
Einflussnahme bestimmen können, werden unter dem Titel „Beschwichtigung“<br />
zusammengefasst. Mögliche Beschränkungen könnten Stimmrechte sein, die so verteilt sind,<br />
dass die Bürgervertreter keine Mehrheit erlangen können. Weitere Beispiele stellen eine<br />
Besetzung mit Personen mit Interessenkonflikten oder eine mangelnde Aufklärung der<br />
Mitglieder der Bürgervertretung über ihre Rechte dar.<br />
Die letzten drei Stufen der Partizipationsleiter beschreiben unter dem Titel „Bürgergewalt“<br />
tatsächliche Möglichkeiten der Einflussnahme.<br />
Mit der sechsten Stufe „Partnerschaft“, bezeichnet<br />
Arnstein die Vorhaben, in denen eine gemeinschaftliche<br />
Erarbeitung und Entscheidung über das Planungsziel<br />
erfolgt. Die Zusammenarbeit wird im Vorfeld auf dem<br />
Verhandlungswege strukturiert und kann <strong>von</strong> keiner der<br />
beiden Parteien während des Prozesses einseitig<br />
verändert werden.<br />
Die siebte Stufe „Delegation“ enthält solche Fälle, in<br />
denen die Entwicklung und Entscheidung über<br />
Zielalternativen eines Planungsprozesses an <strong>von</strong> den<br />
Bürgern bestimmte Dritte abgegeben wird. Dies können<br />
lokal gegründete Genossenschaftsunternehmen sein, die sich aus Vertretern der Zielgruppe<br />
und den Behörden zusammensetzen, aber auch vollständig unabhängige Dritte, die zu einer<br />
Rechenschaft gegenüber der Zielgruppe verpflichtet sind.<br />
Die finale Stufe beschreibt mit „Bürgerkontrolle“ die Abgabe der Entscheidungsgewalt sowie<br />
des Planungsprozesses an die Zielgruppe bzw. ein aus dieser gewähltes Gremium. Das<br />
Gremium entscheidet selbst darüber, welche technischen Experten heranzuziehen sind und<br />
auf welchem Wege mögliche Zielalternativen zu erarbeiten sind. Die finale Entscheidung über<br />
die Umsetzung wird ebenfalls <strong>von</strong> der Zielgruppenvertretung getroffen.<br />
Seines vereinfachenden Charakters der Einteilung in acht Stufen ist sich Arnstein bewusst.<br />
Direkt zu Beginn des Werkes wird eingeräumt, dass „… möglicherweise *auch+ 150 Stufen
Theoretische Grundlagen<br />
existieren, mit weniger scharfen und „klaren“ Unterscheidungsmerkmalen“. (Lithgow und<br />
Schmidt 2006a, online)<br />
Die Stärke des Ansatzes <strong>von</strong> Arnstein liegt in der hohen Dichte und Vergleichbarkeit seiner<br />
Erläuterungsbeispiele. Er hat einen differenzierten Blick <strong>für</strong> soziale und psychologische<br />
Prozesse sowie Ungleichgewichte in Bildung und Rhetorik. Im Fokus der Betrachtung liegen<br />
Machtverhältnisse, sodass Fragen nach Effizienz der Ergebnisse und Handlungsfähigkeit bzw.<br />
Geschwindigkeit der Prozesse untergeordneten Charakter bekommen.<br />
Ein anderes theoretisches wissenschaftliches Konzept einer Typologie, <strong>von</strong> Max Kaase nimmt<br />
Bezug auf die Kriterien Verfassung, Gesetze, öffentliche Moral und Konventionen. Ergänzend<br />
zu Arnsteins Typologie wird diese im Folgenden erklärt.<br />
Kaase unterscheidet dabei vier Formen der Partizipation:<br />
(1) Verfasste versus nicht verfasste Partizipation: Bei der verfassten Partizipation handelt<br />
es sich um eine institutionalisierte formalisierte Art der Partizipation.<br />
(2) Legale versus illegale Partizipation: Unterscheidung nach Partizipation in einem<br />
gesetzlich legitimierten Rahmen und Partizipation die nicht den gesetzlichen<br />
Regelungen entspricht und somit illegal ist.<br />
(3) Legitime versus nicht legitime Partizipation: Die Legitimität ergibt sich aus dem<br />
Kriterium, ob die Ziele und Mittel des Partizipationsprozesses berechtigt sind und <strong>von</strong><br />
der Bevölkerung akzeptiert werden. Weiter gefasst stellt sich im Zuge der Legitimität<br />
die Frage, ob die Ziele der Partizipation auf das Gemeinwohl ausgerichtet oder nur das<br />
Interesse der Planer verfolgen.<br />
(4) Konventionelle versus nicht konventionelle Partizipation: bei der konventionellen<br />
Partizipation handelt es sich um Partizipationsformen, die die Dimension der<br />
Verfasstheit mit der Legitimität verbindet. Bei institutionell nicht verfassten Methoden<br />
die eine unmittelbare Einflussnahme haben, spricht man <strong>von</strong> unkonventionellen.<br />
Je besser diese vier Ebenen abgedeckt sind, desto höher ist die Legitimität der Partizipation.<br />
(vgl. Görlitz und Prätorius 1987, 376)<br />
55
56<br />
Theoretische Grundlagen<br />
8.2 Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit ist heute vor allem ein Merkmal <strong>von</strong><br />
Konzepten, die zu einer erfolgreichen Demokratisierung und Dezentralisierung führen sollen.<br />
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit fördert Partizipation in drei sehr eng verknüpften<br />
Themenbereichen: Die demokratische Partizipation, die Institutionalisierte und die<br />
Partizipation als Prozessbeteiligung, welche im Zusammenhang mit dem <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<br />
Modellen im Beteiligungsverfahren als Hauptdimension wirkt. (vgl. Zimmermann 2006, 8)<br />
Abb. 15: Partizipationsdreieck (vgl.Zimmermann 2006, 8)<br />
8.3 Partizipationskonzept des BMZ <strong>für</strong> die Entwicklungszusammenarbeit<br />
Das Bundesministerium <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat 1999 ein<br />
Konzeptpapier herausgegeben, welches die Ziele, Grundsätze, Möglichkeiten und Grenzen der<br />
internationalen Entwicklungszusammenarbeit definiert. Die wichtigsten Auszüge aus diesem<br />
Konzept und der 2002 veröffentlichen Stellungnahme der wissenschaftlichen Beiräte des BMZ<br />
zum Partizipationskonzept werden im Folgenden dargestellt.
Ziele<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Unter dem Schlüsselbegriff „Empowerment“ sollen in der partizipativen<br />
Entwicklungszusammenarbeit alle Betroffenen an gestaltungpolitischer, wirtschaftlicher und<br />
sozialer Entwicklung beteiligt werden. (vgl. BMZ 1999, 5)<br />
„Partizipative Entwicklung wird als Prozess definiert, der Menschen aktiv und maßgeblich an<br />
allen Entscheidungen beteiligt, die ihr Leben beeinflussen.“ (vgl. BMZ 1999, 2 )<br />
Dieses Ziel setzt voraus, dass Partizipation in allen Bereichen der Politik, öffentlicher<br />
Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft institutionalisiert wird. (vgl. BMZ 1999, 5).<br />
Grundsätze<br />
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gilt die rechtzeitige Beteiligung der Zielgruppen<br />
in vollem Umfang als wichtigster Grundsatz, um eine Einbringung aller Akteure zu<br />
gewährleisten. (vgl. BMZ 2002, 5)<br />
Dabei stellt sich eine Reihe <strong>von</strong> Fragen, die auf dem Weg zu einer zielgerichteten Umsetzung<br />
beantwortet werden müssen:<br />
- Wer soll wie und in welchen Umfang beteiligt werden?<br />
- Wo liegen die Chancen und die Grenzen der Partizipation?<br />
- Welche sind die Methoden und wie können diese umgesetzt werden?<br />
Diese Fragen können nicht pauschal beantwortet werden, sondern müssen <strong>für</strong> jeden Einzelfall<br />
geklärt werden. (vgl. BMZ 2002, 6)<br />
Beteiligte und Hintergründe<br />
Die Beteiligten an einem Partizipationsprozess können in vier Gruppen unterteilt werden (vgl.<br />
BMZ 1999, 6):<br />
- Zielgruppen: bezogen auf die Gesamtheit der Gesellschaft, der die Hilfe mittel- oder<br />
unmittelbar zugutekommt,<br />
- Mittler: vermitteln den Zielgruppen die Leistungen im Rahmen der Entwicklungs-<br />
zusammenarbeit ,<br />
- Benachteiligte: die durch eine Maßnahme Schaden erleiden können sowie<br />
- Geber: bspw. das BMZ oder NGOs.<br />
57
58<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Mittler, Geber und die Zielgruppen selbst lassen sich auch unter dem Begriff Partner<br />
zusammenfassen. (vgl. BMZ 1999, 10)<br />
Um einen gesellschaftlich akzeptierten und nachhaltigen Partizipationsprozess zu gestalten, ist<br />
es notwendig, die soziokulturellen Bedingungen zu beachten und als Rahmenbedingungen <strong>für</strong><br />
die Partizipationsförderung zu verstehen.<br />
Die soziokulturellen Bedingungen unterteilen sich in die Schlüsselbegriffe: soziokulturelle<br />
Heterogenität, Legitimität sowie Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. (vgl. BMZ 1999,<br />
6)<br />
Unter dem Begriff der soziokulturellen Homogenität werden verschiedene ethnische und<br />
religiöse Gruppen verstanden. Damit verbunden sind auch gesellschaftliche und<br />
geschlechterspezifische Aspekte. Diese Unterteilung ist <strong>für</strong> die Zielgruppen-Festlegung im<br />
Partizipationsprozess sehr relevant, um auf die Wünsche und Ziele gesellschaftlicher Gruppen<br />
bestmöglich eingehen zu können.<br />
Der Begriff Legitimität fasst die institutionellen Strukturen eines Landes zusammen. Für den<br />
Partizipationsprozess ist es wichtig, dass die Zielgruppe Vertrauen zu dem Projektträger hat.<br />
Dabei muss auch zwischen Männern und Frauen unterschieden werden, da das Vertrauen zu<br />
einer Instanz bei beiden Geschlechtern nicht immer gleich verteilt ist.<br />
Inhalt des Begriffs der gesellschaftlichen Organisation ist die Fragestellung nach den<br />
gesellschaftlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten der Zielgruppe. Ein nachhaltiger Erfolg der<br />
Projektmaßnahmen in der Entwicklungszusammenarbeit kann nur gesichert werden, wenn im<br />
Vorfeld untersucht wird, welche Ressourcen in einem Land existieren und aktiviert werden<br />
können. (vgl. BMZ 1999, 7)<br />
Formen der Beteiligung<br />
In Kap. 8.1 wurde bereits eine Typologie der Partizipation nach Sherry R. Arnstein dargestellt.<br />
In der EZ lassen sich auf der Projektebene vier Formen direkter Beteiligung unterscheiden: (vgl.<br />
BMZ 1999,7)<br />
- Information und Konsultation<br />
Bei dieser Beteiligungsform werden die Zielgruppen informiert und können ihre Meinung<br />
äußern, die jedoch nicht automatisch Einfluss auf die Entscheidungsprozesse hat. Nach der<br />
Typologie <strong>von</strong> Arnstein lässt sich diese Form der Partizipation in die mittlere Stufe der<br />
„Alibipolitik“ einteilen. (vgl. Kap. 8.1) Dieses Instrument wird auch als Grundlage der<br />
folgenden Beteiligungsformen angewendet.
- Mitwirkung<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Dabei wird erweitert zu Information und Konsultation die Meinung der Zielgruppen in den<br />
Entscheidungsprozess mit einbezogen. Dies führt dazu, dass die Akzeptanz gegenüber<br />
Maßnahmen größer ist.<br />
- Mitentscheidung<br />
Die Bewertung der Maßnahmen durch die Zielgruppen hat bei dieser Form der Beteiligung<br />
erhebliches Gewicht <strong>für</strong> die Gesamtbewertung des Vorhabens. Es werden keine<br />
Maßnahmen gegen den Willen der Betroffenen durchgeführt.<br />
- Eigenverantwortung und Selbstbestimmung<br />
Dabei gestalten Zielgruppen oder Institutionen die Maßnahmen mit Unterstützung der<br />
Geberorganisation selbst, oder sie unterbreiten den Geberorganisationen Vorschläge zur<br />
Durchführung <strong>von</strong> Entwicklungsmaßnahmen.<br />
Während die Beteiligungsform der Information und Konsultation in der Typologie nach<br />
Arnstein in die mittlere Stufe der „Alibipolitik“ einzuordnen ist, sind die Beteiligungsformen<br />
Mitwirkung, Mitentscheidung und Eigenverantwortung und Selbstbestimmung in die höchste<br />
Stufe der Beteiligung, der „Bürgergewalt“ zuzuordnen (vgl. Kap. 8.1).<br />
In Partizipationsprozessen sollten nach Möglichkeit immer Beteiligungsformen gewählt<br />
werden, die die Zielgruppe umfangreich einbinden. Dennoch muss immer ein zum Vorhaben<br />
passendes Instrument gewählt werden. So kann im Einzelfall, z.B. in Bezug auf technische<br />
Fragen, eine reine Information und Konsultation genügen. (vgl. BMZ 1999, 7)<br />
Für die Bewertung der politischen Beteiligung kann das Kriterium <strong>von</strong> Buse und Nelles<br />
herangezogen werden, wonach untersucht werden soll, „ob durch eine zahlenmäßig verstärkte<br />
Beteiligung der Bürger am politischen Willensbildungsprozess nicht nur die Form des<br />
Prozessablaufs, sondern darüber hinaus auch das Ergebnis dieses Prozesses im Sinne einer<br />
verbesserten Wertberücksichtigung und Bedürfnisbefriedigung der Betroffenen verändert wird“<br />
(Buse & Nelles 1975, 45 zitiert in: Beckmann 1997, 12)<br />
Möglichkeiten und Umsetzung<br />
Ziel partizipativer Verfahren ist es, einen möglichst langfristigen Erfolg zu ermöglichen. Da<strong>für</strong><br />
ist es notwendig, das Partnerland beim Aufbau <strong>von</strong> zivilgesellschaftlichen Organisationen wie<br />
Frauenverbänden, Gewerkschaften oder Verbraucherverbänden zu unterstützen. (vgl. BMZ<br />
1999, 9)<br />
59
60<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Darüber hinaus muss geprüft werden, ob es bereits Institutionen gibt, die durch ihre Struktur<br />
in der Lage sind, diese umzusetzen oder ob neue geschaffen werden müssen. Wenn bereits<br />
geeignete Strukturen bestehen, geht dies mit dem Vorteil einher, dass verschiedene Aufgaben<br />
der Partizipation im Rahmen der Dezentralisierung auf die kommunale Ebene übertragen<br />
werden können. Die lokalen Akteure kennen bereits die Situation vor Ort und wissen, wer<br />
angesprochen werden muss bzw. wo die Hilfe am nötigsten ist. Dies kann im selben Zuge aber<br />
auch einen Nachteil darstellen, da die Machtstrukturen in Entwicklungsländern oft sehr<br />
undurchsichtig sind und so einzelne Gruppen bei der Entscheidung über Verteilung <strong>von</strong> Gütern<br />
auf der lokalen Ebene benachteiligt werden könnten. (vgl. Abraham und Platteau 2001 in: BMZ<br />
2002, 9)<br />
Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit ist es, die lokalen, politischen, wirtschaftlichen und<br />
sozialen Machtverhältnisse zu untersuchen. Wenn sich bei dieser Untersuchung Mängel<br />
zeigen, sollte die Güterverteilung <strong>von</strong> zentraler Ebene ausgehen, um sicherzustellen, dass<br />
ärmere Bevölkerungsschichten gleichermaßen einbezogen werden. In diesem Fall sollte das<br />
Training der lokalen Entscheidungsträger auf Prinzipien demokratischer Prozesse und dem<br />
Funktionieren partizipativer Projektgestaltung und Durchführung ausgerichtet werden.<br />
Somit kann die Arbeit auf lokaler Ebene anschließend vermehrt auf die Stärkung <strong>von</strong> Ge-<br />
meinden und Dörfern ausgerichtet werden. (vgl. BMZ 2002, 9)<br />
Neben diesem langfristigen Prozess besteht durch die partizipative Gestaltung <strong>von</strong><br />
Programmen und Projekten die Möglichkeit, eine Beteiligung kurzfristig zu etablieren. Sie muss<br />
dabei als gemeinsamer Lernprozess verstanden werden. (vgl. BMZ 2002, 9)<br />
Für die Umsetzung der Ziele des Partizipationskonzepts müssen alle Zielgruppen unter<br />
besonderer Beachtung benachteiligter Zielgruppen ab dem ersten Planungsschritt beteiligt<br />
werden. Aus diesem Grund müssen diese Zielgruppen frühzeitig ausgewählt und definiert<br />
werden, um anschließend ihre Ziele und Erwartungen ermitteln zu können. (vgl. BMZ 2002, 10)<br />
Somit ist die Zielgruppenanalyse ein wichtiger Bestandteil <strong>von</strong> Projektprüfungen.<br />
Darüber hinaus sollte die Beteiligung formal festgelegt werden und die Durchführung mit<br />
einem Überprüfungs- und Monitoring-System gewährleistet werden (vgl. BMZ 2002, 10), in<br />
dem Geber und Partner rechenschaftspflichtig sind. Gleichzeitig ist es jedoch notwendig, dass<br />
die Prozesse flexibel und nachfrageorientiert gestaltet werden. Diese beiden konträren<br />
Kriterien müssen miteinander in Einklang gebracht werden. (BMZ 1999, 9)
Theoretische Grundlagen<br />
Abschließend lässt sich festhalten, dass <strong>für</strong> eine nachhaltige Entwicklung eine Institut-<br />
ionalisierung der Partizipation notwendig ist. Insbesondere die faire Beteiligung benachteiligter<br />
Gruppen muss rechtlich geregelt sein. (vgl. BMZ 2002, 10)<br />
Grenzen<br />
In Entwicklungsländern steht der Umsetzung <strong>von</strong> Partizipation eine Reihe <strong>von</strong> Problemen<br />
gegenüber. So ist die partizipative Gestaltung <strong>von</strong> Entwicklungsmaßnahmen nur möglich, wenn<br />
die beteiligten Partner auf allen Ebenen zum Dialog bereit und zusätzlich gewillt sind, Macht<br />
abzugeben. Das bedeutet, dass ein Mindestmaß an demokratischem Grundverständnis<br />
vorhanden sein muss, um Partizipationsprozesse dauerhaft zu installieren.<br />
Eines der Hauptprobleme auf dem Weg zur Umsetzung ist die Finanzierung. Durch parti-<br />
zipative Entwicklungszusammenarbeit kann in dörflichen Regionen der Zugang zu Krediten<br />
gewährleistet sowie die Versorgung mit Produktionsmitteln und Gütern gesichert werden. Die<br />
Beteiligungsprozesse sind mit höheren Kosten verbunden. Diese entstehen zum einen durch<br />
den Zeitaufwand bei den Initiatoren, aber auch bei den beteiligten Bürgern durch<br />
Opportunitätskosten. Das bedeutet, dass die Teilnehmer die Zeit, die sie aufbringen, um sich<br />
am Planungsprozess zu beteiligen, nicht nutzen können um ihren Lebensunterhalt zu<br />
erwirtschaften.<br />
Die Intensität der Partizipation muss <strong>für</strong> jeden Einzelfall abgewogen werden. In längeren<br />
Planungszeiträumen wird jedoch oft auf kostengünstige Methoden zurückgegriffen. Eine<br />
kostengünstige Beteiligung kann dadurch gewährleistet werden, dass die Bürger kurz und<br />
intensiv beteiligt werden, anstelle einer intensiven Beteiligung über den ganzen<br />
Planungszeitraum. (vgl. BMZ 1999, 9)<br />
Die Art der Beteiligung muss vor dem Hintergrund der jeweiligen Kultur entschieden werden.<br />
So erschwert bspw. die Rolle der Frau in vielen Entwicklungsländern den <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> parti-<br />
zipativen Verfahren. In diesem Fall muss auf getrennte Veranstaltungen zurückgegriffen<br />
werden.<br />
8.4 Verfahren und Ansätze in der Partizipation in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
Beim <strong>Einsatz</strong> partizipativer Instrumente ist in erster Linie auf eine situationsangepasste und<br />
flexible Gestaltung des <strong>Einsatz</strong>es zu achten. Nur so kann eine bestmögliche Beteiligung der<br />
Zielgruppen zu gewährleistet werden. (vgl. BMZ 1999, Anlage 1).<br />
61
62<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Beim <strong>Einsatz</strong> partizipativer Instrumente sollte im Vorfeld überprüft werden, ob Partner und<br />
Mittler <strong>von</strong> Hilfsorganisationen die benötigten Kenntnisse im sozialen, politischen und<br />
kulturellen Umfeld haben um einen wirkungsvollen Partizipationsprozess unter Anwendung<br />
partizipativer Instrumente durchzuführen. (vgl. BMZ 1999, Anlage 1)<br />
Um die vom BMZ geforderte situationsangepasste und flexible Gestaltung des <strong>Einsatz</strong>es<br />
sicherzustellen, bedarf es neben dem jeweiligen Einzelinstrument der Partizipation wie z.B.<br />
eine Bürgerversammlung eines ganzheitlichen Ansatzes, der Hilfestellungen und Konzepte zur<br />
Verfügung stellt, wie die Instrumente eingesetzt werden können.<br />
Im Folgenden soll der PRA-Ansatz näher beschrieben werden. Dieser ist das am häufigsten<br />
angewandte partizipatorische Verfahren in der Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Participatory Rural Appraisal (PRA)<br />
Entwickelt und begründet wurde der PRA-Ansatz hauptsächlich <strong>von</strong> Robert Chambers. Er<br />
beschreibt ihn als „*…+ a family of approaches and methods to enable rural people to share,<br />
enhance, and analyze their knowledge of life and conditions, to plan and to act“. (Chambers<br />
1994, 953; zitiert in Beckmann 1997, 80) Der Ansatz ist also kein zusammenhängendes<br />
Konzept, sondern vielmehr eine Reihe <strong>von</strong> analytischen und formalen Methoden, die<br />
überwiegend in der Projektplanung Anwendung finden, sich aber auch <strong>für</strong> Monitoring und<br />
Evaluierungszwecke eignen. Mittelpunkt der verschiedenen Methoden bildet jedoch immer die<br />
Beteiligung der Zielgruppen. Dies gilt sowohl <strong>für</strong> die Problemdefinition, der Suche nach<br />
Lösungsstrategien, Entscheidung über Eigenaktivitäten sowie auch sämtliche<br />
Projektmaßnahmen. (vgl. BMZ 1999, 17)<br />
Die Umsetzung des PRA-Ansatzes findet in Form eines Workshops statt. Dabei soll ein<br />
möglichst großer Teil der Bevölkerung angesprochen werden, wozu insbesondere auch<br />
benachteiligte Gruppen wie z.B. Frauen und Jugendliche zählen. Unter Umständen werden <strong>für</strong><br />
diese Gruppen gesonderte Workshops organisiert, um eine freie Meinungsäußerung zu<br />
ermöglichen bzw. zu verbessern. Zur Definition sozialer Zielgruppen wurden spezielle<br />
Techniken entwickelt wie z. B. die „group self selection“ (vgl. ebenda)<br />
Die Analyse setzt sich aus den folgenden Schritten zusammen:<br />
- Erstellen eines vorläufigen Bezugsrahmens<br />
- Sekundärdatenanalyse des <strong>Einsatz</strong>ortes zur Erhebung der Sozialstruktur<br />
- Vorbesuch und Interview zur Bestimmung <strong>von</strong> zentralen Problemfeldern und Zielgruppen<br />
mit Hilfe <strong>von</strong> Schlüsselfaktoren
- Erstellung eines Untersuchungsplanes <strong>für</strong> den Workshop.<br />
- Die Umsetzung ergibt sich dann aus den weiteren Schritten:<br />
- In der Feldphase weiterhin Beobachtung, Einzel- und Gruppen-Interviews<br />
Theoretische Grundlagen<br />
- Evaluierung der lokalen Verhältnisse anhand des Wissens der Gemeindemitglieder.<br />
- Sammlung <strong>von</strong> Daten durch systematische Ortsbegehung („Transekte“, „Systematische<br />
Ortbegehung“)<br />
- Diskussion und Darstellung der Ergebnisse in Gruppenarbeit, analytische Spiele, Ranking<br />
und Sorting–Techniken (Einordnung; häufig Hierarchisierung bestimmter Begriffe, Er-<br />
mittlung sozialer Schichtungen)<br />
Die wichtigsten Formen der Darstellung <strong>von</strong> Arbeitsergebnissen sind: Karten und Modelle,<br />
Kalender, Diagramme, Matrizen, Theaterstücke, Lieder, Geschichten etc. (vgl. Beckmann 1997,<br />
82)<br />
Der PRA-Ansatz verwendet neben den beschriebenen Workshops zur Beteiligung folgende<br />
Prinzipien (vgl. Schönhuth, Kievelitz 1994, 4):<br />
- Die Grundlage zur Untersuchung <strong>von</strong> lokalen Problemen und Bedürfnissen ist das<br />
„Triangulationsprinzip“ (Dreiecksprinzip). Das PRA-Team soll hier heterogen, also aus<br />
Vertretern unterschiedlicher Fachdisziplinen zusammengesetzt sein. Mit dem Prinzip<br />
sollen drei Perspektiven abgedeckt werden: „Ereignisse und Prozesse“, „Leute“ und<br />
„Orte“. Erhebungsmethoden und Dokumentationsmethoden sollen auf verschiedene<br />
Arbeitsformen zurück zu führen sein wie z.B. Diskussion, Beobachtung, Diagramme. (vgl.<br />
Beckmann 1997, 3).<br />
- Nach dem Prinzip des „Lernens in Gemeinschaft“ sollen die Teammitglieder <strong>von</strong> der<br />
lokalen Bevölkerung möglichst viel über die Situation vor Ort lernen um Ziele und<br />
Lösungen möglichst maßgeschneidert an die Probleme vor Ort anzupassen. Es soll ein<br />
gemeinsamer Lernprozess entstehen.<br />
- Ziel der „Optimalen Ignoranz“ ist die Beschränkung auf das Wesentliche. Analyse und<br />
Datenerhebung werden nur in dem Maße durchgeführt wie benötigt.<br />
Das Konzept der „Angepassten Instrumente“ bezieht sich bei auf die verschiedenen Techniken<br />
und Instrumente, die bei Datenerhebung und Analyse im Rahmen des PRA-Ansatzes ange-<br />
wendet werden. Diese müssen individuell auf den Grad der Beteiligung und der Situation vor<br />
Ort angepasst werden. So sollte z.B. bei der Erstellung <strong>von</strong> Karten, Diagrammen, etc. mit<br />
ortsüblichen Begriffen und Maßeinheiten gearbeitet werden. Die Ergebnisse der einzelnen<br />
Arbeitsschritte sollen <strong>für</strong> die Bevölkerung nachvollziehbar sein. So beinhaltet das Konzept des<br />
63
64<br />
Theoretische Grundlagen<br />
“Visual Sharing“ die verständliche Darstellung der Ergebnisse durch Karten oder Modelle. Es ist<br />
die Möglichkeit vorgesehen, sich zu den Ergebnissen zu äußern. Darüber hinaus sollen die<br />
Zielgruppen eigene Karten erstellen um ihre Sicht oder die wünschenswerten Ergebnisse<br />
darzustellen.<br />
Das Konzept der „Vor Ort - Analyse“ und der „Vor Ort - Präsentation“ sollte den ganzen Ablauf<br />
des PRA- Ansatzes begleiten. Dabei stellen die Teammitglieder am Abend die Ergebnisse der<br />
Diskussionen und Gruppenarbeit des Workshops zusammen, sodass diese am nächsten Tag<br />
noch einmal mit den Bürgern besprochen und überprüft werden können. Bei allen Schritten ist<br />
die visuelle Form der Darstellung der schriftlichen immer vorzuziehen. Am Ende sollen alle<br />
Ergebnisse noch einmal vorgestellt und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen an die<br />
Gemeinde weitergegeben werden.<br />
Um die Nachhaltigkeit des PRA- Ansatz zu fördern, empfehlen sich Folgetreffen. In diesen wird<br />
evaluiert, ob die vereinbarten Ziele erreicht wurden und wo noch Handlungsbedarf besteht.<br />
Damit soll auch der Bevölkerung die Absicht einer längerfristigen Zusammenarbeit signalisiert<br />
werden.<br />
Im Rahmen der Anwendung des PRA- Ansatzes müssen die geeigneten Methoden an den<br />
jeweils vorliegenden Fall angepasst werden.<br />
<strong>3D</strong>-Modelle haben im Rahmen des PRA-Ansatzes folgende Vorteile:<br />
- Die intuitive visuelle Erfassung der Informationen eines <strong>3D</strong>-Modells ermöglicht einen <strong>von</strong><br />
formaler Bildung unabhängigen Austausch <strong>von</strong> Informationen über alle sozialen Schichten<br />
hinweg. Dies ist vor dem Hintergrund der Prinzipien des „Lernens in Gemeinschaft“ und<br />
dem Ziel der Repräsentation und Berücksichtigung aller Bevölkerungsschichten ein klarer<br />
Vorteil.<br />
- Vor dem Hintergrund der Präferenz des PRA-Ansatzes <strong>für</strong> ein „Visual Sharing“, d.h. einer<br />
bildlichen Darstellung <strong>von</strong> IST-Zuständen und Zielzuständen, kommt einem <strong>3D</strong>-Modell<br />
eine hohe Relevanz zu.<br />
- Ein digitales <strong>3D</strong>-Modell ist, richtig angewandt, ein sehr einfach zu veränderndes Modell.<br />
Da der PRA-Ansatz eine hohe Frequenz der Treffen mit Interessengruppen und damit eine<br />
häufige Anpassung der Darstellungen vorsieht, ist ein einfach zu überarbeitendes Modell<br />
<strong>von</strong> Vorteil.
8.5 Instrumente der Partizipation<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Von der Partizipation als Methode und dem PRA-Ansatz als Ansatz ausgehend, gibt es eine<br />
Reihe <strong>von</strong> Instrumenten, die im Rahmen eines Partizipationsprozesses zum <strong>Einsatz</strong> kommen<br />
können. Der PRA-Ansatz nennt hier den Begriff des Workshops und gibt Hinweise, aus welchen<br />
Teilnehmern sich der Workshop zusammensetzen sollte. Es ist jedoch in der Praxis zu<br />
beobachten, dass unterschiedliche Entscheidungen über die Wahl der Teilnehmer eines<br />
Treffens oder eines Workshops getroffen werden. Im Folgenden werden verschiedene In-<br />
strumente vorgestellt, die im Rahmen eines partizipativen Verfahrens zum <strong>Einsatz</strong> kommen<br />
können. Die Entscheidung welches Instrument in der jeweiligen Phase des Prozesses zum<br />
<strong>Einsatz</strong> kommen kann, ist immer im Rahmen der Konzepte des Ansatzes zu treffen. Die<br />
folgenden Instrumente können sowohl in Industrieländern als auch in Entwicklungsländern<br />
eingesetzt werden, bieten jedoch unterschiedliche Vor- und Nachteile hinsichtlich der<br />
Transparenz und der Möglichkeit die Belange jedes Bürgers zu berücksichtigen, die gegen-<br />
einander abzuwägen sind.<br />
8.5.1 Bürgerversammlung<br />
Dieses Instrument dient der Darlegung wichtiger Angelegenheiten, die eine Gemeinde be-<br />
treffen. Den gesetzlichen Rahmen einer Bürgerversammlung legt in Deutschland die Ge-<br />
meindeordnung der Bundesländer fest. Im Jemen kann eine freiere Form gewählt werden. Eine<br />
Bürgerversammlung dient nicht nur der Behandlung eines speziellen Themas oder<br />
Planungsfalls, sondern regelt gesamtgemeindliche Angelegenheiten. Die Bürger werden über<br />
anstehende Projekte oder über Probleme innerhalb der Gemeinde informiert und haben im<br />
Anschluss die Gelegenheit zu Diskussion und gegenseitigem Austausch. Neben möglichen<br />
konstruktiven Lösungsansätzen, die während einer Bürgerversammlung diskutiert und<br />
herausgestellt werden, können einzelne Bürger auch zum Mitwirken an Projekten motiviert<br />
werden.<br />
In einer Bürgerversammlung ist es insbesondere wichtig, alle Bevölkerungsgruppen anzu-<br />
sprechen und allen Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit zu geben, sich am Planungsprozess<br />
durch Wortmeldungen zu beteiligen. Weiterhin sollten solche Versammlungen in festen<br />
zeitlichen Abständen durchgeführt werden, um die Bürger zur weiteren Mitarbeit zu<br />
motivieren und über Zwischenergebnisse zu informieren. (vgl. Selle 1996, 356 f.)<br />
In der Bürgerversammlung können <strong>3D</strong>-Modelle einer schnellen und intuitiven Wissens-<br />
vermittlung dienen. Aufgrund der einfachen Erfassbarkeit <strong>für</strong> Bürger aller Bildungsschichten<br />
stellen <strong>3D</strong>-Modelle einen effizienten und nachhaltigen Wissenstransfer dar.<br />
65
66<br />
Theoretische Grundlagen<br />
8.5.2 Bürgerforum<br />
Dieser Partizipationsansatz dient der Verbesserung <strong>von</strong> Planungsprozessen auf kommunaler<br />
Ebene. Hierzu werden Ideen und Anregungen der verschiedenen am Planungsprozess<br />
beteiligten Gruppen zusammengeführt. Entstehen im Planungsprozess Probleme oder werden<br />
Defizite entdeckt, soll in einem Bürgerforum nach Lösungsansätzen gesucht werden. Generell<br />
kann dieses Instrument zur Informationsgewinnung genutzt werden, da die unverbindliche<br />
Partizipation einen Austausch zwischen Fachleuten, öffentlichen Trägern und betroffener<br />
Bürgerschaft zulässt. Der gegenseitige Austausch schließt allerdings jegliche Entscheidungs-<br />
gewalt <strong>von</strong> allen Seiten aus. (vgl. Beckmann 1997, 35 f.)<br />
8.5.3 Runder Tisch<br />
Der Runde Tisch ist meist Teil eines Stadt- oder Regionalforums, an dem alle <strong>von</strong> einer Planung<br />
betroffenen Akteure (Bürger, Fachleute, Träger öffentlicher Belange) teilnehmen können. Es<br />
geht um eine zielorientierte Lösungsfindung beim Auftreten <strong>von</strong> Problem oder Konflikten<br />
während eines Planungsvorhabens. Der gleichberechtigte Dialog und die Diskussion zu<br />
Sachproblemen aller Beteiligten ist Grundvoraussetzung <strong>für</strong> eine konsensorientierte Problem-<br />
lösung. (vgl. Selle 1996, 365 f.)<br />
8.5.4 Planungsbeirat<br />
Der Planungsbeirat ist ein Verfahren, welches in der Stadtplanung angewendet wird. Anders<br />
als in den vorherigen beschriebenen Verfahren handelt es sich um Bürgerbeiräte, welche<br />
keinerlei Entscheidungsfunktionen oder -befugnisse haben und lediglich beratende Aufgaben<br />
erfüllen. Der Beirat repräsentiert die Interessen der <strong>von</strong> Planungen betroffenen Bürgerschaft<br />
und informiert die Entscheidungsträger über deren Einstellungen und Bedürfnisse. Der Pla-<br />
nungsbeirat setzt sich aus Bürgern verschiedener Interessensgruppen zusammen, welche in<br />
ihrer Gruppe als Mittler wirken. Sie werden auch als „Expertenbürger“ bezeichnet. So ist die<br />
Teilnahme am Beirat nur einer bestimmten Gruppe an Bürgern zugänglich. In der<br />
Entwicklungszusammenarbeit im Jemen könnten dies Frauenvertreter, Vertreter des lokalen<br />
Handwerks, Stammesvertreter und weitere Vertreter lokaler Gruppen sein. Der Planungsbeirat<br />
unterscheidet sich vom Runden Tisch in der Beschränkung auf ausgewählte Vertreter der<br />
einzelnen Gesellschaftsgruppen.<br />
Der Planungsbeirat kann als institutionalisierte Form der direkten Bürgerbeteiligung gesehen<br />
werden. (vgl. Beckmann 1997, 34 f.)
8.5.5 Gemeinwesenarbeit<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die Gemeinwesenarbeit wurde in der Partizipationsarbeit in den USA entwickelt. Die ersten<br />
Ansätze wurden als „Community Organization“ oder „Community Control“ bezeichnet und<br />
später auch als „Community Development“ im entwicklungspolitischen Kontext umgesetzt. Bei<br />
der Gemeinwesenarbeit handelt es sich um eine direkte Form der Partizipation mit der<br />
Intention, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten und damit die Lebensqualität in Wohnquartieren zu<br />
verbessern. (vgl. Beckmann 1997, 32). Aktionsformen sind dabei Haustürgespräche,<br />
aktivierende Befragungen, Versammlungen und Öffentlichkeitsaktionen. Zweck des Ansatzes<br />
ist die Befähigung und Motivation der Bevölkerung, ihre Interessen zu äußern. Eine<br />
Interessensermittlung soll somit nicht seitens der Projektleitenden vorgenommen werden. Die<br />
Interessensvertretung erfolgt dabei durch Mittler. Dabei soll ebenfalls ermittelt werden, in<br />
welchen Bereichen die Bürger bereits selbst aktiv sind. Neugier und Interesse der Bürger sind<br />
in dieser Methode die Grundbausteine <strong>für</strong> die partizipative Umsetzung zielführender Projekte.<br />
(vgl. Wegweiser Bürgergesellschaft 2012b, online)<br />
8.5.6 Neighborhood-Government<br />
Diese Partizipationsform hat zum Ziel, eine direkte Bürgerbeteiligung zu fördern. Wie bei der<br />
Gemeinwesenarbeit ist der Bürger selbst Hauptakteur des Instruments. Voraussetzung bildet<br />
die Mithilfe des Bürgers bei kommunalen Gemeinschaftsaufgaben beginnend mit der<br />
Organisation bis hin zur Ausführung. Neighborhood-Government kann somit auch als eine Art<br />
kommunale Selbstverwaltung bezeichnet werden. Damit zielt die Methode allerdings nicht auf<br />
eine Einmischung in politische Entscheidungsprozesse ab, da das Einzugsgebiet auf einen<br />
kleinen Raum begrenzt wird und nur „einfache“ Aufgaben in „Bürgerregie“ übernommen<br />
werden.<br />
Akzeptiert die Bevölkerung diese Methode der Partizipation und bringt sich aktiv in die<br />
Übernahme der anstehenden Gemeindeaufgaben ein, so können die zwischenmenschlichen<br />
Verbindungen innerhalb des Einzugsgebietes nachhaltig gestärkt werden. Allerdings kann nicht<br />
grundsätzlich da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass die Bevölkerung bereit ist, an partizipativen<br />
Beteiligungsprozessen teilzunehmen. Insbesondere im Rahmen der Entwicklungs-<br />
zusammenarbeit sind die hohen Opportunitätskosten der Bevölkerung eines Entwicklungs-<br />
landes ein Faktor, der die Bereitschaft zur Mitarbeit limitiert. Jedoch steigt die Beteiligungs-<br />
motivation mit steigendem räumlichem Bezug. (vgl. Beckmann 1997, 33 f)<br />
Je kleiner der zu planende bzw. zu gestaltende Raum ist, umso eher ist auch eine Einsetz-<br />
barkeit <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen gegeben. Für Bewohner eines „Neighborhoods“ hat ein <strong>3D</strong>-Modell<br />
einen hohen Wiedererkennungswert. Sie können zudem am besten Fehler des Modells<br />
67
68<br />
Theoretische Grundlagen<br />
identifizieren und mögliche Auswirkungen <strong>von</strong> Planvorschlägen beurteilen und Verbesserungs-<br />
vorschläge geben.<br />
8.5.7 Anwaltsplanung<br />
Die Anwaltsplanung (advocacy planning) wurde vor 40 Jahren in den USA <strong>von</strong> Paul Davidoff<br />
konzipiert und findet seit 30 Jahren auch in der deutschen Planungspraxis überwiegend bei<br />
Sanierungsgebieten Anwendung. (vgl. Wegweiser Bürgergesellschaft 2012a, online)<br />
Ziel der Anwaltsplanung ist es, im Planungsprozess besonders die Interessen <strong>von</strong> sozial<br />
benachteiligten und unterprivilegierten Zielgruppen zu vertreten, die allgemein weniger oder<br />
gar keine Berücksichtigung finden. Die Mittler arbeiten im Partizipationsprozess als<br />
„Bürgeranwälte“ und sollen da<strong>für</strong> Sorge tragen, dass die Interessen ihrer „Mandanten“ bei der<br />
Entscheidungsfindung besser berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollen die<br />
Entscheidungsprozesse <strong>für</strong> die Adressaten insgesamt transparenter gestaltet werden. Um die<br />
Position <strong>von</strong> unterprivilegierten Zielgruppen zu verbessern, muss zunächst ein besserer Zugang<br />
zu Informationen gewährleistet werden. Um die tatsächlichen Interessen vertreten zu können<br />
setzt diese Methode Interessenshomogenität innerhalb der Klientengruppe voraus.<br />
Andernfalls muss mit Moderations- und- Mediationstechniken an einem gemeinsamen<br />
Konsens gearbeitet werden. (vgl. Selle 1996, 350)<br />
Das Vertrauen zwischen „Anwalt“ und „Klientengruppe“ ist dabei Grundvoraussetzung, da die<br />
Klientengruppe kaum Möglichkeiten haben zu überprüfen, ob ihre Interessen vertreten<br />
werden.<br />
Eine Schwachstelle dieser Methode bildet die starke Position des Planungsanwalts gegenüber<br />
der Klientengruppe, was eine Gleichstellung aller Prozessbeteiligten ausschließt. Darüber<br />
hinaus kann der Einfluss der Planungsanwälte gegenüber den politischen Entscheidungsträgern<br />
zu gering sein, da die Interessen der Klientengruppen nicht ausreichend in die<br />
Entscheidungsfindung einbezogen werden. Letztendlich ist ein gewisser Grad an<br />
Institutionalisierung und juristische Absicherung notwendig, um eine erfolgreiche<br />
Anwaltsplanung mit partizipatorischem Ansatz durchzuführen. (vgl. Beckmann 1997, 32)<br />
Die Anwaltsplanung eignet sich nur bedingt <strong>für</strong> einen <strong>Einsatz</strong> in der Entwicklungs-<br />
zusammenarbeit, da das Vertrauen zwischen „Anwalt“ und „Klientengruppe“ schwierig<br />
herzustellen ist und ein falsches Verständnis <strong>von</strong> Demokratie erwecken kann. Es deckt sich<br />
nicht mit den Anforderungen des PRA-Ansatzes und wurde hier der Vollständigkeit halber<br />
aufgeführt, um einen Überblick über die Bandbreite der möglichen Instrumente zu geben.
8.6 Fazit zur Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Stärker als in Industrieländern ist in Entwicklungsländern die Einbeziehung aller betroffenen<br />
Gesellschaftsgruppen und –schichten wichtig. Im Jemen sind zudem die Stammesstruktur und<br />
die Beziehungen der einzelnen Stämme bzw. Familien untereinander zu beachten.<br />
Darüber hinaus müssen sozial benachteiligte und marginalisierte Gruppen einbezogen werden.<br />
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, diese frühzeitig zu identifizieren bzw. zu definieren.<br />
Im Fall des Jemen gehören vor allem die Frauen zum benachteiligten Teil der Gesellschaft.<br />
Der Ablauf des Partizipationsprozesses und seine einzelnen Stufen müssen klar und<br />
transparent geregelt werden. Neben der Einhaltung aller rechtsstaatlichen Anforderungen im<br />
Zielland kommt der Einhaltung der sozialen Erwartungen aller Bevölkerungsgruppen eine<br />
wichtige Rolle zu. Die sozialen Erwartungen lassen sich im Jemen einfacher identifizieren, die<br />
rechtsstaatlichen Anforderungen hingegen sind komplex und teilweise nicht nachvollziehbar.<br />
Soweit diese die Anforderungen einer schichtenübergreifenden Partizipation erfüllen, sollte in<br />
den einzelnen Schritten auf existierende institutionelle Strukturen zurückgegriffen werden. Ein<br />
Aufbauen auf existierenden Vertretungen und Institutionen erhöht die Akzeptanz, die<br />
Stabilität und damit nicht zuletzt die Nachhaltigkeit der Partizipation. Eine Etablierung neuer<br />
Institutionen ist im Vergleich zeit- und kostenaufwändiger. Mit der Dezentralisierung <strong>von</strong><br />
GOPHCY (vgl. Kap. 5.7) existieren lokale Institutionen im Jemen, die in diesem Zusammenhang<br />
genutzt werden können. Weiterhin könnten vorhandene Zusammenschlüsse und lokale<br />
Interessengruppen genutzt werden.<br />
Die gewählten Institutionen sollten im Sinne einer Dezentralisierung <strong>von</strong> Entscheidungen so<br />
lokal wie möglich sein, d.h. eine nahen Bezug zum Planungsgebiet haben. Eine gleich-<br />
berechtigte Beteiligung der Ressourcenallokationen und eine transparente Gestaltung der<br />
Rechenschaftslegungsprozesse muss jedoch sichergestellt werden. (vgl. BMZ 1999, 10).<br />
69
70<br />
Theoretische Grundlagen
9 Möglichkeiten des <strong>Einsatz</strong>es <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
<strong>3D</strong>-Stadtmodelle werden heute schon in verschiedenen Bereichen eingesetzt wie z.B. in<br />
Tourismus und Stadtmarketing, Städte- und Gemeindeentwicklung oder der Objektplanung.<br />
(vgl. Spatial Business Integration 2009, online) Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass sich dieser Trend<br />
in den nächsten Jahren weiter fortsetzen wird und <strong>3D</strong>-Stadtmodelle in der Stadtplanung<br />
unverzichtbar werden. (vgl. Schildwächter 2005, 2)<br />
Aus diesem Grund werden im Folgenden die <strong>Einsatz</strong>felder <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen beschrieben und<br />
einzelne Beispiele näher beleuchtet. Dabei soll die Frage geklärt werden, warum die<br />
Notwendigkeit des <strong>Einsatz</strong>es <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen besteht. Als Überleitung zum <strong>Einsatz</strong> der <strong>3D</strong>-<br />
Modelle <strong>für</strong> <strong>Partizipationsverfahren</strong> im Jemen werden drei Praxisbeispiele zum <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<br />
Modellen beschrieben.<br />
Definition<br />
Unter einem digitalen <strong>3D</strong>–Stadtmodell wird ein möglichst realitätsnahes Computermodell<br />
verstanden, in dem räumliche Informationen zu allen Objekten einer Stadt enthalten sind. (vgl.<br />
Lorber 1996, 20)<br />
9.1 <strong>Einsatz</strong>felder und Adressaten<br />
Im Folgenden werden anhand einer Tabelle die <strong>Einsatz</strong>felder und Adressaten <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<br />
Modellen veranschaulicht. Anschließend wird exemplarisch auf einzelne <strong>Einsatz</strong>felder näher<br />
eingegangen.<br />
Zielgruppen<br />
Anwendungsbereich<br />
Stadtplanung<br />
Städtebau<br />
Straßenplanung,<br />
Verkehrsplanung<br />
Straßenentwässerung<br />
Versorgung/<br />
Entsorgung<br />
Stadtwerke<br />
Abfallwirtschaft<br />
Umwelt<br />
Lärmschutz<br />
Umwelt<br />
Schadstoffausbreitung<br />
Umwelt<br />
Grundwasserschutz<br />
<strong>3D</strong>- Daten<br />
Geländemodell<br />
Stadtmodell<br />
Geländemodell<br />
Stadtmodell<br />
Geländemodell,<br />
Kein Stadtmodell<br />
DHM- Stadtmodell<br />
Geländemodell,<br />
evtl. Stadtmodell<br />
Geländemodell <strong>für</strong><br />
Deponiebetrieb<br />
Level-of<br />
Detail<br />
LOD<br />
2-4<br />
LOD<br />
3<br />
LOD<br />
0<br />
LOD<br />
3-4<br />
LOD<br />
0-1<br />
LOD<br />
0<br />
Stadtmodelle und Geländemodelle LOD<br />
2<br />
Geländemodell<br />
Stadtmodell<br />
Geländemodell<br />
(Oberfläche und Untergrund),<br />
Umwelt Bodenschutz Nur Geländemodell<br />
LOD<br />
1<br />
LOD<br />
2-3<br />
-<br />
LOD<br />
Online –<br />
Access<br />
unwichtig wichtig<br />
unwichtig wichtig<br />
unwichtig wichtig<br />
weniger wichtig wichtig<br />
weniger wichtig wichtig<br />
unwichtig wichtig<br />
unwichtig wichtig<br />
Aktualisierung<br />
(Quartalsmäßig)<br />
unwichtig weniger wichtig<br />
unwichtig Wichtig<br />
unwichtig Unwichtig<br />
71
72<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Umwelt<br />
Landschaftsplanung<br />
Umwelt<br />
Hochwasserschutz<br />
Kommunale<br />
Wirtschaftsförderung<br />
Kommunale<br />
Tourismusförderung<br />
Sicherheitsdienste/<br />
Katastrophenschutz<br />
Katastrophenschutz/<br />
Geländemodell<br />
DHM Gebäude<br />
Deiche Vegetation<br />
Bruchkanten<br />
Gebäude/<br />
Stadtmodelle<br />
Geländemodell,<br />
Stadtmodell<br />
Gebäudemodelle<br />
Stadtmodelle<br />
Geländemodell,<br />
Feuerwehr Gebäudemodelle<br />
Denkmalschutz<br />
Geländemodell,<br />
Stadtmodell<br />
Navigation<br />
(Fahrzeugsteuerung)<br />
Navigation (Mobile<br />
Endgeräte, MMS)<br />
Professionelle<br />
Flugsimulation<br />
Telekommunikation<br />
(Funknetzplanung)<br />
Immobilien allg.<br />
Banken, Versicherungen<br />
Immobilienprojekte<br />
DHM, respektive Neigung<br />
Stadtmodell<br />
DHM<br />
Textur (Luftbild)<br />
Flughafenmodelle<br />
DHM<br />
Stadtmodelle<br />
Geländemodell als Ansichten oder<br />
virtuelle Anflüge<br />
Detailmodell,<br />
Architekturmodell<br />
Virtuelle Anflüge<br />
0<br />
LOD<br />
2<br />
LOD<br />
3-4<br />
LOD<br />
3-4<br />
LOD<br />
2-3<br />
LOD<br />
3-4<br />
LOD<br />
3-4<br />
LOD<br />
2-3<br />
LOD<br />
2<br />
LOD<br />
0 /2-3<br />
LOD<br />
1-3<br />
LOD<br />
2-4<br />
LOD<br />
4<br />
unwichtig weniger wichtig<br />
sehr wichtig wichtig<br />
weniger wichtig wichtig<br />
wichtig wichtig<br />
wichtig als Kunde wichtig<br />
Wichtig sehr wichtig<br />
Unwichtig unwichtig<br />
Wichtig<br />
-<br />
Wichtig<br />
weniger<br />
wichtig<br />
wichtig<br />
sehr wichtig<br />
wichtig<br />
wichtig<br />
wichtig<br />
wichtig<br />
Abb. 16: <strong>Einsatz</strong>felder und Zielgruppen <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> (nach Albert, Bachmann, Hellmeier 2004)<br />
9.1.1 Städtebauliche Wettbewerbe<br />
Bei städtebaulichen Wettbewerben entsteht durch den <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> die<br />
Möglichkeit, die einzelnen Beiträge besser vergleichen zu können und somit eine objektivere<br />
Bewertung zu ermöglichen. Durch den <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen können verschiedene<br />
Planungsvarianten anschaulich aufgezeigt werden, was die Entscheidungsfindung in Bezug auf<br />
die „beste Variante“ erleichtert.<br />
Durch den <strong>Einsatz</strong> eines digitalen Geländemodells bei <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> können bauliche<br />
Veränderungen an Flüssen und anderen Wasserwegen aufgezeigt und verschiedene Szenarien<br />
durchgespielt werden. Beispielsweise kann simuliert werden, wie sich Starkregenperioden auf<br />
den Wasserstand auswirken. (vgl. Schildwächter 2005, 2)<br />
9.1.2 Lärmschutz<br />
Im Lärmschutz werden <strong>3D</strong>-Modelle zur Modellrechnung eingesetzt. Durch die Integration <strong>von</strong><br />
Lärmquellen können Auswirkungen und Radius der Schallausbreitung mit Isolinien oder<br />
Farbverläufen aufgezeigt werden. Hier genügt die Darstellung der LOD1 Ebene (vgl. Kap. 13).<br />
Sind allerdings genauere Messwerte erforderlich, so müssen größere Objekte in Bezug auf ihre<br />
Reflexionseigenschaften detaillierter dargestellt werden. (Schildwächter 2005, 2ff.)
9.1.3 Stadtplanung<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Zeitgemäß sollten Planungsprozesse unter einer konstanten Beteiligung und Kommunikation<br />
stattfinden, was eine dreidimensionale Darstellungsform mit einschließt. Die Zusammenhänge<br />
in der Stadtplanung werden immer komplexer, wodurch sich die Anforderung ergibt, diese<br />
möglichst transparent und übersichtlich darzustellen. (vgl. Luser, Lorber 1997, 5)<br />
Unter dem Aspekt der Finanzierung sollte der Detaillierungsgrad des Modells immer dem<br />
Nutzen angepasst werden. So genügt auf der Ebene des Flächennutzungsplans meist die<br />
Darstellung der LOD1 Ebene, während bei konkreten Bauvorhaben die LOD3 und 4 Ebene<br />
Vorrausetzung ist. Ein optimierter Workflow der zu einer zielgerichteten und schnellen<br />
Erstellung des <strong>3D</strong>-Modells führen soll, kann dabei kostenreduzierend wirken. Durch den<br />
<strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>- Modellen in der Stadtplanung entsteht der positive Nebeneffekt, dass die<br />
Arbeitsgrundlage auch gleichzeitig das Präsentationsmedium in <strong>Partizipationsverfahren</strong> ist,<br />
was zur Aufwandsminimierung beiträgt. (vgl. Luser, Lorber 1997, 1 ff)<br />
Der Mehrwert <strong>für</strong> die Bürgerbeteiligung entsteht in erster Linie durch die Anschaulichkeit des<br />
<strong>3D</strong>-Modells. Städtebauliche Zusammenhänge können besser dargestellt werden und durch die<br />
Attraktivität des <strong>3D</strong>-Modells kann die Identifikation der Bürger mit dem Plangebiet sowie ihr<br />
Interesse im Beteiligungsprozess gesteigert werden. (vgl. Schildwächter 2005, 2)<br />
9.2 <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen im <strong>Partizipationsverfahren</strong><br />
Grundsätzlich kann ein <strong>3D</strong>-Modell als Visualisierungsmedium in allen Typen <strong>von</strong> Partizipation<br />
zur Anwendung kommen. Wenn es in Partizipationsprozessen eingesetzt wird, bildet es<br />
zumeist die Informationsgrundlage und ist somit ein Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung.<br />
Weitere in Abschnitt 9.1 vorgestellte <strong>Einsatz</strong>möglichkeiten wie Erkenntnisgewinn durch<br />
Modellberechnungen und Durchspielen <strong>von</strong> Szenarien spielen in <strong>Partizipationsverfahren</strong> eine<br />
untergeordnete Rolle, zumindest im Hinblick auf den eigentlichen Partizipationscharakter. Im<br />
folgenden Abschnitt werden nun Überlegungen angestellt, in welchen Dimensionen <strong>3D</strong>-<br />
Modelle im <strong>Partizipationsverfahren</strong> eingesetzt werden können<br />
Der folgende Abschnitt stellt drei Projekte vor, in denen <strong>3D</strong>-Modelle in unterschiedlichen Arten<br />
<strong>von</strong> Partizipationstypen (gemäß der Einteilung <strong>von</strong> Arnstein, vgl. Kap. 8.1) zur Anwendung<br />
kommen.<br />
Welche Art <strong>von</strong> Partizipationstyp vorliegt, wird mehr durch die Verteilung <strong>von</strong> u.a.<br />
Entscheidungsgewalt und Entscheidungsprozessen bestimmt, als durch die Hilfsmittel <strong>für</strong> die<br />
Entscheidungen. Dennoch kann bereits die Art des <strong>Einsatz</strong>es des <strong>3D</strong>-Modells bestimmte<br />
Mitgestaltungsmöglichkeiten zulassen oder beschränken. In manchen Fällen kann die Art des<br />
73
74<br />
Theoretische Grundlagen<br />
<strong>Einsatz</strong>es eines <strong>3D</strong>-Modells symptomatisch <strong>für</strong> den ganzen Partizipationsprozess sein, in den es<br />
eingebettet ist.<br />
Um den Grad der Mitgestaltungsmöglichkeit zu kategorisieren, können die folgenden zwei<br />
Dimensionen zum <strong>Einsatz</strong> kommen:<br />
- Art der Visualisierung: Ein <strong>3D</strong>-Modell kann wahlweise einen IST-Zustand oder einen<br />
möglichen SOLL-Zustand eines zu planenden Raumes abbilden.<br />
- Grad der Mitgestaltung: Vereinfachend kann angenommen werden, dass die Zielgruppe<br />
der Partizipation entweder mitgestalten kann oder nur ein passiver Empfänger der<br />
Informationen des Modells ist.<br />
Durch Kombination der möglichen Ausprägungen der Dimensionen ergeben sich die folgenden<br />
vier Fälle:<br />
Fall 1: Das <strong>3D</strong>-Modell beschreibt einen IST-Zustand und wird genutzt, um die Zielgruppe über<br />
die Ausgangslage zu informieren. Eine Korrektheit, d.h. die objektiv richtige Abbildung des IST-<br />
Zustandes, sei hier vorausgesetzt.<br />
Fall 2: Ein <strong>3D</strong>-Modell beschreibt einen SOLL-Zustand und wird genutzt, um die Zielgruppe über<br />
ein geplantes Vorhaben zu informieren. Oft werden auch mehrere alternative SOLL-Zustände<br />
zum Vergleich oder als Entscheidungsgrundlage genutzt.<br />
Fall 3: Soll das <strong>3D</strong>-Modell einen IST-Zustand abbilden, wird aber <strong>von</strong> der Zielgruppe aktiv<br />
mitgestaltet, so fließt das Wissen der Zielgruppe über ihre Umgebung direkt in den Ent-<br />
scheidungsprozess ein.<br />
Fall 4: Gestaltet die Zielgruppe ein Abbild des SOLL-Zustandes mit Hilfe eines <strong>3D</strong>-Modells, so<br />
entsteht eine visuelle Manifestation der Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe, die im<br />
weiteren Prozess verwendet werden kann.<br />
Modell fertig / Reiner<br />
Informationscharakter<br />
Modell in Bearbeitung /<br />
Mitgestaltung<br />
IST-Zustand SOLL-Zustand<br />
Fall 1 Fall 2<br />
Fall 3 Fall 4<br />
Abb. 17: Kategorisierung der Mitgestaltungsmöglichkeiten (eigene Darstellung)
Theoretische Grundlagen<br />
Beispielhaft sollen die beiden folgenden Szenarien zur Veranschaulichung dargestellt werden:<br />
In der untersten Stufe der Partizipationsleiter könnte im Rahmen <strong>von</strong> „Manipulation“ ein <strong>3D</strong>-<br />
Modell im ersten oder zweiten Fall auftreten. Beispielsweise könnte eine dreidimensionale<br />
Darstellung des SOLL-Zustandes im Rahmen einer einseitigen Zielgruppeninformation ohne<br />
Möglichkeit <strong>von</strong> Feedback genutzt werden, um <strong>von</strong> der eigentlichen Problematik eines<br />
Vorhabens abzulenken. Ein <strong>3D</strong>-Modell kann gesellschaftliche bzw. soziale Implikationen eines<br />
Vorhabens nicht darstellen. Durch den Fokus auf die räumlichen Aspekte könnten andere<br />
Kriterien in den Hintergrund treten.<br />
Auf der obersten Stufe könnte im Rahmen <strong>von</strong> Bürgerkontrolle der vierte Fall auftreten. Die<br />
Bürger gestalten und beschließen den SOLL-Zustand eines Planungsvorhabens mit Hilfe eines<br />
<strong>3D</strong>-Modells. Die Rolle der Mittler wäre in dieser Variante auf eine Stellung der technischen<br />
Infrastruktur und der Vermittlung des zur Bedienung nötigen Wissens beschränkt.<br />
Ein Durchspielen aller möglichen Varianten der vier Fälle in den acht möglichen<br />
Partizipationstypen nach Arnstein würde über den Umfang dieser Diplomarbeit hinausgehen.<br />
Es ist jedoch klar, dass die Fälle 1 und 2 eher den niedrigeren Stufen der Partizipationsleiter<br />
zuzuordnen sind, während die Fälle 3 und 4 auf den höheren Stufen angesiedelt werden (vgl.<br />
Kap. 8.1).<br />
9.3 Praxisbeispiele<br />
Im Folgenden werden reale Einsätze <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen in Planungsvorhaben vorgestellt um<br />
einen Eindruck zu vermitteln, wie <strong>3D</strong>-Modelle bereits in der heutigen Planungspraxis<br />
eingesetzt werden.<br />
9.3.1 Ovalou-Insel, Fidschi – Projekt zur Erhaltung des kulturellen Erbes<br />
Ovalou ist eine der 333 Inseln des Staates Fidschi und gehört mit einer Ausdehnung <strong>von</strong> 109<br />
km² zu den kleineren der bewohnten Inseln des Landes. (vgl. fijime 2011, online) Im Rahmen<br />
eines Projektes, das u.a. vom World Wide Fund For Nature (WWF) sowie vom EU-finanzierten<br />
Technical Centre for Agricultural and Rural Cooperation (CTA) gefördert wurde, wurde im April<br />
2005 ein dreidimensionales Reliefmodell erarbeitet. Dabei handelt es sich nicht um ein<br />
digitales <strong>3D</strong>-Modell, sondern ein physisches Modell. (vgl. Iapad 2011a, online)<br />
Das Modell wurde im Rahmen eines mehrstufigen Prozesses mit Hilfe des Fachwissens <strong>von</strong><br />
Vertretern aller 27 Dörfer der Insel erstellt und bildete die Grundlage u.a. <strong>für</strong> die Einrichtung<br />
<strong>von</strong> Fischverbotszonen und die Identifizierung und Erhaltung <strong>von</strong> religiösen bzw.<br />
zeremoniellen Stätten. (vgl. Rambaldi 2006) Letzteres hat im Rahmen des Projektes eine<br />
75
76<br />
Theoretische Grundlagen<br />
besondere Bedeutung, da Ovalou einen Antrag auf Aufnahme in das Weltkulturerbe der<br />
UNESCO gestellt hat.<br />
Abb. 18: Erstellung des physischen Modells (iapad 2011, online)<br />
Gemäß der zuvor erstellten Einteilung der <strong>Einsatz</strong>arten <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen liegt hier der Fall 3<br />
vor, d.h. der IST-Zustand der Insel wurde <strong>von</strong> den Bewohnern selbst gestaltet. Bezüglich der<br />
Einordnung auf der Partizipationsleiter ist <strong>von</strong> einer Bürgerkontrolle auszugehen, da die in der<br />
Folge getroffenen Wahl der zu errichtenden Schutzzonen im Meer und die Entscheidung über<br />
die Erhaltung bestimmter religiöser Stätten direkt aus der Entscheidung und Verhandlung der<br />
Dorfvertreter untereinander resultierte. Sie wurde nicht <strong>von</strong> der Provinzregierung oder dem<br />
WWF vorgegeben. Das Projekt wurde 2007 mit dem World Summit Award in der Kategorie E-<br />
Culture ausgezeichnet. (vgl. UNESCO World Heritage Center 2011a, online)<br />
Besonderer Wert wurde im Rahmen der Projektdurchführung auf die selbständige Steuerung<br />
des Projektprozesses durch die Zielgruppe gelegt. Die Organisatoren haben lediglich die<br />
Grundstruktur des Prozesses vorgeschlagen sowie die technische Infrastruktur und das<br />
technische Wissen vermittelt. (vgl. UNESCO World Heritage Center 2011b, online)
9.3.2 High Springs, Florida, USA – Entwurf einer möglichen<br />
Innenstadtentwicklung<br />
Theoretische Grundlagen<br />
High Springs, ein Stadt mit rund 3.600 Einwohner im Norden Floridas, unterliegt aufgrund der<br />
Lage im Einzugsgebiet <strong>von</strong> Gainesville, einem starken Wachstum und damit einhergehend<br />
Veränderungen in der Verkehrssituation zugunsten motorisierten Verkehrsmitteln. Die<br />
Stadtverwaltung hat es sich zum Ziel gesetzt, den historischen Ortskern aufzuwerten und<br />
durch eine Radfahrer- und fußgängerfreundliche Innenstadtentwicklung diese Verschiebung<br />
umzukehren oder zumindest aufzuhalten.<br />
Um einen Zielzustand zu entwickeln, wurde im Rahmen eines Projektes ein <strong>3D</strong>-Modell in<br />
Bürgerbeteiligung erarbeitet. In einem als „Visioning“ bezeichneten Planungsprozess<br />
erarbeiteten Studenten der Universität <strong>von</strong> Florida gemeinsam mit Bürgern <strong>von</strong> High Springs<br />
ein dreidimensionales Modell eines Entwicklungsziels <strong>für</strong> den ca. 61.000 m² großen Ortskern.<br />
Abb. 19: Darstellung Zielzustandes des Ortskern High Springs (Kim 2005, 39)<br />
Die Leitung des Projektes oblag Do-Hyung Kim <strong>von</strong> der Universität in Florida. Mit Hilfe der<br />
statistischen Auswertung <strong>von</strong> Fragebögen zum Projekt wurde die Überlegenheit <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<br />
Modellen insbesondere im Bereich der Auswahl möglicher Entwürfe zu Bauvorhaben und in<br />
der Darstellung des Zusammenspiels <strong>von</strong> Gebäuden mit ihrer Umgebung gegenüber 2D-<br />
Modellen nachgewiesen.<br />
In der Einordnung des Projektes in die <strong>Einsatz</strong>felder <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen liegt hier der vierte Fall<br />
vor, d.h. es handelt sich um die Erstellung eines SOLL-Zustandes unter aktiver Mitarbeit der<br />
Zielgruppe. Eine Einordnung in die Partizipationsleiter ist jedoch nur bedingt möglich, da die<br />
Projektbeschreibung keine Beschreibung der weiteren Planungsschritte enthält. Die Be-<br />
77
78<br />
Theoretische Grundlagen<br />
zeichnung „Visioning“ legt jedoch die Vermutung nahe, dass es sich lediglich um eine Vision<br />
eines möglichen Entwicklungsziel handelt und der Stadtverwaltung die weitere Entscheidung<br />
obliegt, welche Vorschläge umgesetzt werden. In diesem Fall liegt eine Einordnung als<br />
„Rücksprache“ (engl. Consultation) nahe. (Kim 2005, 40 )<br />
9.3.3 Amherst, USA – Entscheidung zwischen mehreren Varianten eines<br />
möglichen Parkhaus-Designs<br />
Das Ergebnis der Untersuchung des oben genannten Projektes, dass <strong>3D</strong>-Modelle Vorteile in der<br />
Darstellung des Zusammenspiels <strong>von</strong> Objekten mit ihrer Umgebung haben, wird in einem<br />
anderen Beispiel bestätigt. Im Jahre 2002 war in der Stadt Amherst im Westen des US-<br />
Bundesstaats Massachusetts eine Entscheidung über mögliche Varianten eines zu bauenden<br />
Parkhauses in der Innenstadt zu treffen. Die Varianten wurden mit Hilfe <strong>von</strong> konventionellen<br />
Plänen vorgestellt. Aus Sorge um das Stadtbild lehnten die Bürger ein mehrstöckiges Parkhaus<br />
ab und infolgedessen wurde eine Tiefgarage gebaut. Der Tiefbau stellte sich jedoch als sehr<br />
kostenintensiv heraus und wurde <strong>von</strong> den Bürgern, möglicherweise auch wegen<br />
Sicherheitsbedenken, wenig genutzt (Google SketchUp 2011 c, online).<br />
Abb. 20: Kombiniertes <strong>3D</strong>-Modell und Satellitenfoto der realisierten Variante (GoogleEarth)<br />
fünf Jahre später stellte Amy Lash mit ihrer Diplomarbeit im Rahmen einer Untersuchung über<br />
die Effizienz <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen in Entscheidungsfindungsprozessen dem Planungsausschuss <strong>von</strong><br />
Amherst mehrere <strong>3D</strong>-Modelle der Innenstadt vor, die ebenfalls Parkhausvarianten enthielten.
Theoretische Grundlagen<br />
Im Gegensatz zur früheren Entscheidung ergab sich jedoch nun eine hohe Präferenz <strong>für</strong> ein<br />
Modell mit Parkhaus. Es handelte sich hierbei um die gleiche Variante, die im Zuge der<br />
Verhandlungen im Jahre 2002 abgelehnt wurde, als kein <strong>3D</strong>-Modell vorlag. (vgl. ebenda)<br />
79
80<br />
Theoretische Grundlagen
Theoretische Grundlagen<br />
10 Bildbearbeitung, <strong>3D</strong>-Modellierung, CAD-Programme,<br />
Visualisierung<br />
„Unter Visualisierung versteht man die bildliche Darstellung komplexer Datenbestände. Durch<br />
die Veranschaulichung <strong>von</strong> Messungen oder Simulationen werden abstrakte Daten <strong>für</strong> den<br />
Menschen erfahrbar und können interpretiert werden“ (Schlageter 2000, 25)<br />
10.1 Verwendete Programme zur Erstellung der <strong>3D</strong>- Modelle<br />
Die Erstellung eines <strong>3D</strong>-Stadtmodells erfolgt nicht alleine durch die Verwendung einer<br />
Modellierungssoftware. Teilweise werden weitere Programme benötigt um Datengrundlagen<br />
zum Generieren <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen verfügbar zu machen.<br />
In diesem Kapitel wird zunächst die <strong>3D</strong>-Modellierungssoftware Google SketchUp beschrieben,<br />
welche zur Erstellung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle <strong>für</strong> Shibam und Zabid eingesetzt wurde. Die<br />
Entscheidung <strong>für</strong> Google SketchUp aus einer Reihe anderer <strong>3D</strong>-Programme (wie bspw. 3ds<br />
Max oder Land-X-Plorer) wurde aus Gründen der Erlernbarkeit und des Kostenaufwands<br />
getroffen. Weiterhin besteht auch die Option, die Modelle später zu modifizieren und somit<br />
weiterzuentwickeln oder zu ändern, was den Wünschen der GIZ als Auftraggeber entspricht.<br />
10.1.1 Google SketchUp<br />
Google SketchUp ist eine Software zur Erstellung <strong>von</strong> dreidimensionalen Modellen. Mit dem<br />
Programm lassen sich <strong>3D</strong>-Skizzen sehr einfach anfertigen und ändern.<br />
Ursprünglich wurde das Programm <strong>für</strong> den Architekturbereich entwickelt, dann jedoch <strong>von</strong><br />
Google aufgrund der einfachen Handhabung aufgekauft mit dem Zweck, ein intuitives Tool zur<br />
Erstellung <strong>von</strong> Modellen <strong>für</strong> Google Earth zur Verfügung stellen zu können.<br />
Die Basisversion ist kostenlos erhältlich, die erweiterte Pro-Version ist kostenpflichtig und<br />
enthält Zusatzfunktionen. (vgl. Chip 2012a, online) SketchUp ist durch diverse Plugins<br />
erweiterbar und enthält eine Ruby-Programmierungsoberfläche. (vgl. Google SketchUp 2012a,<br />
online)<br />
Google SketchUp ist im Vergleich zu anderen <strong>3D</strong>-Modellierungsprogrammen auch <strong>für</strong> Laien<br />
einfach zu erlernen.<br />
Die Werkzeuge können ohne Schwierigkeiten bedient werden und sind weitestgehend<br />
selbsterklärend. Gleichzeitig ist es aufgrund des Umfangs der verfügbaren Funktionen und der<br />
Möglichkeit der Einbindung <strong>von</strong> Erweiterungen, sogenannten Plug-Ins, ein umfassendes<br />
Werkzeug <strong>für</strong> Planer. So besteht die Möglichkeit bei der Erstellung eines <strong>3D</strong>-Modells auf<br />
81
82<br />
Theoretische Grundlagen<br />
verschiedenen Ebenen (engl. Layer) zu arbeiten. Für bspw. Begrünung, Häuser, Dachformen<br />
oder Straßen können eigene Layer erstellt werden, die später unabhängig <strong>von</strong>einander an- und<br />
ausgeschaltet werden können. So lassen sich verschiedene Detaillierungsebenen (LOD- Level of<br />
Detail vgl. Kap.13) in einer einzelnen Datei übereinanderlegen.<br />
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit <strong>von</strong> der Online-Datenbank „Google SketchUp<br />
Warehouse“ Modelle anderer Nutzer herunterzuladen, sowie der Allgemeinheit eigene<br />
Modelle zur Verfügung zu stellen. (vgl. Google SketchUp 2011b, online)<br />
Durch die Nutzung bereits existierende Modelle bzw. deren Komponenten kann ein zu<br />
bearbeitendes Modell optisch aufgewertet und der Realität näher angepasst werden.<br />
Beispielsweise enthält die Datenbank eine Vielzahl <strong>von</strong> Baum-Modellen und<br />
Straßenbegrünungen.<br />
Abb. 21: Beispielhafte Modelle (SketchUp Warehouse 2012a, online)<br />
Eine weitere Funktion <strong>von</strong> Google SketchUp ist die Simulation <strong>von</strong> Schattenwürfen zu jeder<br />
beliebigen Tageszeit. Damit ist eine Darstellung verschiedener Szenarien möglich, da<br />
Schattenwürfe auch <strong>für</strong> unterschiedliche Planungsvorhaben relevant sind, wie z.B. im Falle<br />
einer Platzgestaltung mit Sitzmöglichkeiten.<br />
Das Programm ist verfügbar unter:<br />
http://SketchUp.google.com/intl/de/download/gsu.html
Methoden zur Volumenkörpermodellierung<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Im Folgenden werden die beiden unterschiedlichen Visualisierungsmöglichkeiten bei der<br />
Erstellung <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen (Volumenkörpermodellierung) vorgestellt.<br />
- Boundary-Representation (B-Rep)<br />
Solche Modelle werden vornehmlich im Geo-Informations-System (GIS)-Bereich ver-<br />
wendet, da mit dieser Methode Beobachtungen und Visualisierungen der Umwelt<br />
vorgenommen werden können.<br />
- Constructive Solid Geometry (CSG)<br />
kommen im computergestützten Design, (kurz CAD <strong>für</strong> engl. Computer Aided Design) zum<br />
<strong>Einsatz</strong>, um genaue Konstruktionen an bestimmen Objekten vorzunehmen.<br />
Im Folgenden werden beide Methoden kurz näher beleuchtet:<br />
Boundary Representation<br />
Die <strong>3D</strong>-Modelle werden als akkumulative Volumenkörper erstellt. Das heißt, die Modelle<br />
setzen sich aus einzelnen Flächen zusammen und werden über ihre Oberflächengrenzen<br />
definiert. Es gibt folglich Punkte, Kanten und Flächen. Dies vereinfacht die Texturierung und<br />
liefert Modelle mit geringem Datenvolumen.<br />
Abb. 21: Boundary Representation Modell (eigene Darstellung)<br />
83
84<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Constructive Solid Geometry<br />
Die CSD Modelle basieren im Gegensatz zu den oben beschriebenen B-Rep-Modellen aus<br />
fertigen Grundkörpern, wie Würfel, Kugeln oder Zylindern und haben daher ein größeres<br />
Datenvolumen.<br />
Abb. 22: Constructive Solid Geometry Modell (Eigene Darstellung)<br />
Generell können CSG-Modelle in B-Rep-Modelle umgewandelt werden, was mit einem<br />
Informationsverlust verbunden ist und daher auch das Datenvolumen mindert. Die<br />
umgekehrte Umwandlung <strong>von</strong> einem B-Rep Modell in ein CSG Modell ist nicht möglich, da dem<br />
B-Rep Modell notwendige Informationen zur Bildung eines generativen Volumenkörpers fehlt.<br />
(vgl. Höffken 2009, 30f.)<br />
Neben den beiden beschriebenen Methoden beschreibt Bernd Streich vier weitere Modelle<br />
zur Volumenkörpermodellierung:<br />
- Parametrisierte Objektfamilien als generative Verfahren.<br />
Diese zeichnen sich durch die Zuordnung eines jeweiligen Objektes zu einer bestimmten<br />
Geometriefamilie aus, welche über bestimmte Parameterwerte manipulierbar sind. (vgl.<br />
Streich 2011, 382)<br />
- Sweep-Modelle,<br />
ebenfalls generativ, sind Objekte welche in ihrem Ursprung zweidimensional erzeugt<br />
werden und sich durch Bewegung entlang einer Raumkurve in die dritte Dimension<br />
extrudieren. (vgl. Streich 2011, 382)<br />
- Cell Decomposition als akkumulative Modelle.
Theoretische Grundlagen<br />
Bei diesem Verfahren werden Objekte aus verschiedenen dreidimensionalen<br />
Grundkörpern zusammengesetzt. Dabei können die einzelnen Bausteine eine<br />
unterschiedliche Beschaffenheit aufweisen. (vgl. Streich 2011, 383)<br />
- Spatial Occupancy Enumeration,<br />
ebenfalls akkumulativ. Das Grundgerüst bezieht sich grob auf die Cell Decomposition,<br />
allerdings werden ausschließlich identische Zellkörper zu einem Objekt zusammengeführt.<br />
„*…+diese Art <strong>von</strong> Volumenmodellierung spielt in der Computertomographie und in einem<br />
<strong>für</strong> uns interessanten Anwendungsbezug, dem dreidimensional-räumlichen Einscannen <strong>von</strong><br />
Handgefertigten Architektur oder Städtebaumodellen mit anschließendem<br />
computergestützten Modellbau, eine wichtige Rolle.“ (Streich 2011, 383)<br />
10.1.2 Autodesk AutoCAD<br />
AutoCAD ist eine weitverbreitete CAD-Software zum Erstellen und Bearbeiten <strong>von</strong> CAD-<br />
Konstruktionen. (vgl. Baudach, Lämmer 1997, 9) Mit CAD (Computer Aided Design) wird eine<br />
digitale Konstruktion, also computergestützte Grafikerstellung, bezeichnet. (vgl. Wirtschafts-<br />
lexikon Gabler 2012, online) Daher legen CAD-Programme im Vergleich zu z.B. Google<br />
SketchUp einen viel stärkeren Fokus auf Genauigkeit und Feinjustierung.<br />
AutoCAD ist die weltweit am meisten genutzte CAD-Software. (vgl. Autodesk 2012, online).<br />
Mittlerweile umfasst das Programm neben seiner ursprünglichen Funktion der Erstellung <strong>von</strong><br />
2D-Zeichnungen auch ausgereifte <strong>3D</strong>-Funktionen zum Modellieren <strong>von</strong> Objekten. Es wird vor<br />
allem im Maschinenbaubereich, in der Architektur, <strong>von</strong> Designfachleuten und<br />
Gebäudetechnikern genutzt.<br />
Das Programm ist vektororientiert, baut also auf einfachen geometrischen Figuren wie Linien,<br />
Kreisen, Bogen und Text auf.<br />
Die AutoCAD Dateiformate DWG und DXF sind mit anderen Softwareprogrammen kompatibel.<br />
(vgl. Softonic 2012, online)<br />
Die Software ist kommerziell, jedoch ist eine kostenlose Studentenversion mit einer<br />
einjährigen Lizenz ebenfalls erhältlich.<br />
Da insbesondere mit Kommandozeilen-Befehlen gearbeitet werden muss, ist die Handhabung<br />
weitaus komplexer als die <strong>von</strong> Google SketchUp.<br />
Die Benutzung <strong>von</strong> AutoCAD ist im Rahmen der Diplomarbeit zwingend nötig, da der Großteil<br />
der vorhandenen Ausgangspläne, die <strong>für</strong> die Erstellung des <strong>3D</strong>-Modells relevant sind, im<br />
85
86<br />
Theoretische Grundlagen<br />
AutoCAD-Dateiformat vorliegen. Zwar bietet Google SketchUp bis zur Version 7 eine Import-<br />
Funktion <strong>für</strong> AutoCAD-Dateien an, jedoch ist es sinnvoll, bereits in AutoCAD eine Aufbereitung<br />
bzw. Extraktion bestimmter Daten und Layer vorzunehmen, bevor in Google SketchUp mit den<br />
vorhandenen Plänen weitergearbeitet wird, da das Übernehmen sämtlicher Layer der<br />
AutoCAD Dateien zu einem erheblichen Datenvolumen in Google SketchUp führt.<br />
10.1.3 Adobe Photoshop<br />
Adobe Photoshop ist ein kommerzielles Bildbearbeitungsprogramm des Softwarekonzerns<br />
Adobe und Teil der Adobe Creative Suite, einer Sammlung <strong>von</strong> Graphik- und<br />
Designprogrammen. Photoshop wurde vordergründig zum Bearbeiten <strong>von</strong> pixelbasierten<br />
Grafiken konzipiert. (vgl. Bauer 2008, 27) Zwar ist es auch möglich mit den Werkzeugen des<br />
Programms Vektorgrafiken zu erstellen und zu bearbeiten, der Großteil der<br />
Programmfunktionen dient jedoch der Manipulation <strong>von</strong> Pixelgrafiken. Als Pixelgrafiken oder<br />
gelegentlich auch als Rasterdaten werden Grafiken bezeichnet, die durch die Beschreibung all<br />
ihrer Bildpunkte gespeichert werden. Vektorgrafiken hingegen werden mittels der Angabe all<br />
ihrer Bildelemente wie z.B. Linien und Kreise als mathematische Formel wiedergegeben.<br />
Der Vorteil einer Vektorgrafik ist, dass sie sich beliebig skalieren lässt und eine geringe<br />
Datengröße haben kann, insbesondere bei einfachen geometrischen Figuren. Digitale Fotos<br />
sind jedoch Rasterdaten und haben je nach Auflösung der verwendeten Kamera einen<br />
erheblich größeren Datenumfang. Photoshop ist technisch in der Lage, diesen Umfang zu<br />
verarbeiten und gibt entsprechende Bearbeitungswerkzeuge an die Hand. (Kommer; Mersin<br />
2010, 18)<br />
Anders als bei Google SketchUp wurde Photoshop hauptsächlich <strong>für</strong> den professionellen Markt<br />
konzipiert, was sich auch in dem Preis <strong>von</strong> rund 1.000 Euro niederschlägt (vgl. Chip 2012b,<br />
online). Für Studenten besteht die Möglichkeit, eine wesentlich preisgünstigere<br />
Studentenversion zu erwerben.<br />
Der <strong>Einsatz</strong> des Programms im Rahmen der Diplomarbeit beläuft sich auf die Bearbeitung <strong>von</strong><br />
Bildern der Häuserfassaden in Shibam und Zabid.<br />
Mit Photoshop können Fotos entzerrt werden, störende Elemente im Bild retuschiert werden<br />
oder mehrere Bilder zu einem Bild zusammengefügt werden.<br />
Besonders im Falle <strong>von</strong> Shibam stellt das mögliche Entzerren <strong>von</strong> Bildern eine wesentliche<br />
Funktion dar. Aufgrund der Höhe der Lehmhäuser und der extremen Baudichte innerhalb der<br />
Stadt ist ein frontales Gesamtbild der Fassade oft nicht möglich. Die so korrigierten Bilder<br />
können dann als Fototextur exemplarisch in das <strong>3D</strong>- Modell eingebunden werden.
Theoretische Grundlagen<br />
Ausschlaggebend <strong>für</strong> die Verwendung <strong>von</strong> Photoshop war zum einen der große Umfang an<br />
pixelbasierten Bildbearbeitungs-Funktionen bei gleichzeitig einfacher Bedienung des<br />
Programms. Zum anderen ist Photoshop der Marktführer im Bereich der professionellen<br />
Bearbeitung <strong>von</strong> Pixeldaten und bietet daher in der Studentenversion ein gutes Preis- /<br />
Leistungsverhältnis.<br />
10.1.4 Google Earth<br />
Das Programm Google Earth ist in seiner Basisversion kostenlos erhältlich. In der Software wird<br />
der Globus durch Satelliten-, Luft- und Bodenaufnahmen in hoher Auflösung zusammengefügt,<br />
wodurch eine <strong>3D</strong>-Karte <strong>von</strong> fast allen Bereichen der Erde dargestellt werden kann.<br />
Neben der kostenfreien Version gibt es mit Google Earth Plus und Google Earth Pro auch<br />
erweiterte und kostenpflichtige Versionen der Software.<br />
Die „Pro“ -Version enthält zusätzliche Funktionen wie z.B. eine höhere Auflösung beim Druck,<br />
der Möglichkeit zum Messen <strong>von</strong> Flächen, Radius und Umfang auf dem Boden sowie das<br />
Erstellen <strong>von</strong> Offline-Filmen. (vgl. Google Earth 2011a, online)<br />
Die Bilddaten <strong>von</strong> Google Earth lassen sich mittlerweile auch unter Google Maps ansehen. (vgl.<br />
Google Earth 2011b, online) Beide Programme können auch als Routenplaner eingesetzt<br />
werden.<br />
Aufgrund der vielen Erhebungsdaten und Overlay-Funktionen <strong>von</strong> Google Earth können<br />
Informationen über beliebige Orte gesammelt oder Bilder historischer Bauwerke angesehen<br />
werden. Darüber hinaus können Informationen z.B. über die lokale Dienstleistungs-<br />
infrastruktur eingeholt werden. (vgl. ebenda)<br />
Die Software verwendet neben den Rasterdaten <strong>von</strong> Objekten auch zahlreiche<br />
Vektordatensätze über bspw. Ländergrenzen, Ortschaften oder Verkehrsnetzen, die manuell<br />
eingeblendet werden können.<br />
Daneben können eigene Ortsmarkierungen (Placemarks) gesetzt oder Pfade angelegt werden.<br />
(vgl. Google Earth Hilfe 2011, online)<br />
Die Software arbeitet mit dem KML (Keyhole Markup Language)-Format. Nutzer können somit<br />
mit anderen Programmen auch eigene Geodaten und Bilder als Overlay in diesem Format<br />
speichern und in Google Earth einbinden. (vgl. Google Earth 2010c, online)<br />
Auf diesem Prinzip aufbauend können auch Google SketchUp Modelle implementiert werden<br />
und somit <strong>für</strong> andere Nutzer zur Verfügung gestellt werden.<br />
87
88<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Im Rahmen der Diplomarbeit wird das Modell in Google Earth implementiert, um es im<br />
Kontext der natürlichen Umgebung zu zeigen. Durch eine dauerhafte Implementierung<br />
entsteht die Möglichkeit, das Modell der Bevölkerung, unter der Voraussetzung eines<br />
Internetzugangs, zugänglich und sichtbar zu machen.<br />
Zudem kann eine Kamerafahrt durch das Modell angelegt und aufgezeichnet werden. (vgl.<br />
Google Earth 2010d, online d)<br />
Der Internetauftritt <strong>von</strong> http://www.google.com/intl/de/earth/learn bietet eine Reihe <strong>von</strong><br />
Anleitungen zur Arbeit mit Google Earth.<br />
Das Programm steht unter http://www.google.com/intl/de/earth/download/ge kostenfrei zur<br />
Verfügung.
11 Die Untersuchungsgebiete<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Im folgenden Kapitel werden die beiden Projektgebiete Shibam und Zabid vorgestellt und<br />
analysiert. Hierdurch soll ein Überblick über den Ist- Zustand der Städte gegeben werden.<br />
Darüber hinaus erfolgt eine Eingrenzung der, <strong>für</strong> die Erstellung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle,<br />
relevanten Untersuchungsgebiete<br />
11.1 Shibam<br />
11.1.1 Bestandsaufname<br />
Die Region Hadramaut liegt im Südosten des Jemen und wird im Süden durch den Golf <strong>von</strong><br />
Aden begrenzt, im Osten durch den Oman und im Norden durch die Wüste Rub-al-Chali.<br />
Shibam liegt im Hinterland der Region, die grundsätzlich wüstenartig geprägt ist aber <strong>von</strong><br />
fruchtbaren Tälern durchzogen ist.<br />
Der Siedlungsort Shibam liegt am Fuße einer sich markant in das Wadi vorschiebenden<br />
Felsformation, die Khubba genannt wird. (vgl. Leiermann 2009, 47)<br />
Abb. 23: Lage <strong>von</strong> Shibam im Hadramaut (KfW-Entwicklungsbank 2011, online; eigene Darstellung)<br />
Das alte Zentrum der Stadt besteht aus 437 bis zu 30 Meter hohen noch bewohnbaren<br />
Lehmhochhäusern und ist aufgrund dessen mit keiner anderen Stadt der Welt vergleichbar. In<br />
dem Distrikt Shibam leben derzeit 50.000 Menschen, da<strong>von</strong> 3.000 in der Altstadt.<br />
89
90<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Da sich das Untersuchungsgebiet nur auf die Altstadt <strong>von</strong> Shibam bezieht, wird im Folgenden<br />
lediglich auf diese eingegangen.<br />
Die Grundform der Altstadt erstreckt sich auf 350 mal 250 Metern (vgl. Leiermann 2009, 1)<br />
und bildet eine rechteckige Form, deren Kanten an den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet<br />
sind. Shibam wird <strong>von</strong> einer Stadtmauer umschlossen. Durch die Dichte der Bauweise und der<br />
einheitlichen Architektur, wirkt das Stadtbild sehr geschlossen und homogen.<br />
Von außen betrachtet ist die Topographie der Stadt relativ eben, innerhalb der Stadt ist das<br />
Relief sehr unruhig. Da ein Gefälle zur Entwässerung immer erwünscht war, ist das ganze<br />
Stadtgefüge teilweise leicht geneigt. (vgl. Leiermann 2009, 47)<br />
Aufgrund der unbefestigten Oberfläche ist die Topographie immer im Wandel, und wird <strong>von</strong><br />
Erosionen, Regenfällen sowie den ständigen Staubverwehungen beeinflusst.<br />
Städtebaulichen Analysen zufolge bestehen die rechteckige Grundform der Stadtmauer und<br />
die Siedlungsstruktur bereits seit mehr als 2000 Jahren. Die Lehmhäuser lassen sich zum Teil<br />
bis 1700 Jahre zurück datieren. (vgl. Leiermann 2009, 2)<br />
Die Geschossflächenzahl (GFZ) 1 der Stadt liegt bei 3,5 (Leiermann 2009, 2), Im Vergleich zu<br />
Frankfurt-Nordweststadt (GFZ 0,85) oder Berlin-Gropiusstadt (GFZ 1,28) (vgl. Reinborn 1996,<br />
240) lässt sich feststellen, dass Shibam eine Stadt mit extrem hoher Dichte ist. Es gibt keine<br />
Gärten oder Höfe, lediglich kleine Lichtschächte und Terrassen an den Häusern. (vgl.<br />
Leiermann 2009, 2)<br />
Das 200 Meter breite (meist trockene) Flussbett bildet den Eingang der Stadt. Zu Zeiten der<br />
saisonalen Hochwasserfluten bildet die Stadt eine Insel im gefluteten Flussbett. (vgl.<br />
Leiermann 2009, 6)<br />
In der Bauweise <strong>von</strong> Shibam sind Einflüsse südarabischer Städte erkennbar. Diese lassen sich<br />
jedoch schwer belegen, da wenig datiert ist und es keine nennenswerten Baumeister gibt.<br />
Insgesamt lässt sich kein stringentes Raster innerhalb der Stadt erkennen. Im östlichen Teil ist<br />
das Gassennetz prinzipiell orthogonal organisiert. Zwischen den Hauptplätzen am Tor und vor<br />
der Freitagsmoschee sind die Hauptgassen in Längs- und Querrichtung ausgerichtet, es gibt<br />
zudem eine periphere Gasse entlang der Außenbebauung. Eine Differenzierung in primäre-<br />
und sekundäre Straßen ist jedoch zu erkennen.<br />
1 Errechnung der GFZ aus dem Verhältnis der gesamten Gesamtfläche aller Vollgeschosse der baulichen Anlagen auf<br />
einem Grundstück zu der Fläche des Baugrundstückes (§20 BauNVO)
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 24: Straßensystem Shibam (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam, Thematic Map 10<br />
„Tourism & Administrative Related Activities”, GIZ) )<br />
Ansonsten ist das Bild unklar und es lässt sich kein ursprüngliches Planungsschema erkennen.<br />
(vgl. Leiermann 2009, 9ff)<br />
11.1.2 Geschichtliche Entwicklung <strong>von</strong> Shibam im Wadi Hadramaut<br />
Zu Beginn des ersten Jahrtausends vor Christus bildete sich in den südlichen Bergländern der<br />
arabischen Halbinsel eine eigene Hochkultur heraus, die regional sehr unterschiedliche<br />
Kulturen hervorbrachte. Der Wadi Hadramaut hat diese kulturelle Eigenständigkeit bis heute<br />
erhalten.<br />
Zwischen dem siebten und zweiten Jhd. v. Chr. erlangte der Hadramaut als „Weihrauchland“<br />
große politische und wirtschaftliche Bedeutung. Das in Dhofar (heute Oman), Somlia und<br />
Sokrota gesammelte Harz des Weihrauchbaums wurde über Land nach Shabwa, der damaligen<br />
Hauptstadt des Hadramaut transportiert, wo sich der Handel konzentrierte. Im ersten Jhd.<br />
nach Chr. eroberten die Römer den Hafen <strong>von</strong> Quana am Roten Meer infolgedessen die<br />
Weihrauchstraße als eine der ältesten Handelsrouten der Welt ihre Bedeutung verlor. Der<br />
Transport des Weihrauchs fand <strong>von</strong> nun an auf dem Wasserweg statt. (vgl. Leiermann 2009,<br />
23)<br />
91
92<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 25: Route der Weihrauchstraße (Neue Züricher Zeitung 2008, online)<br />
Im Gegensatz zu der Region Hadramaut lässt sich die Entstehung der Stadt Shibam nicht genau<br />
datieren. Wegen Funden <strong>von</strong> Inschriften aus sabäischer Zeit ist gesichert, dass seit dem vierten<br />
Jhd. v. Chr. eine bedeutende Siedlung mit dem Namen Shibam in der Nähe des heutigen<br />
Shibam existierte. Neuste Funde lassen auf ein noch früheres Bestehen der Stadt schließen.<br />
(vgl. Leiermann 2009, 25)<br />
Die organische topographisch angepasste Grundform der Stadt in Rechtecksform lässt auf eine<br />
vormittelalterliche Herkunft schließen (vor 500 n. Chr.) und ist in antiken südarabischen<br />
Städten häufig zu finden. So folgen die Bebauung, Straßen und Plätze einem lockeren<br />
Orthogonalitätsprinzip, dessen zellenartige Ausprägung an ein Wabensystem erinnert. Der<br />
Aufbau unterscheidet sich markant <strong>von</strong> mittelalterlichen Altstädten in der Region wie z.B.<br />
Tarim oder Seyun, die sich durch eine unregelmäßige, meist runde Stadtmauer<br />
charakterisieren und deren innerer Aufbau organischen Prinzipien entspricht. (vgl. Leiermann<br />
2009, 26)<br />
Die Hadramaut-Region gehörte dem bis 1990 sozialistisch geprägtem Südjemen an. Bis zur<br />
Wiedervereinigung wurden Neuplanungen durchgeführt, wodurch sich viele Veränderungen<br />
im Stadtbild ergaben. Der markanteste Einschnitt entstand durch den Bau der Landstraße<br />
entlang der Südseite der Stadtmauer. Der Schlossplatz wurde zu einem öffentlichen Forum des<br />
sozialistischen Gemeinwesens umgebaut. Außerhalb der Stadtmauer wurde ein neuer Suq<br />
angelegt und ein Hotel gebaut. Neben den beiden Sultanspalästen, in denen die
Theoretische Grundlagen<br />
Stadtverwaltung Einzug nahm, wurde eine neue Grundschule eingerichtet. 1980 wurden Teile<br />
des historischen Suqs verlegt und der Fleischverkauf in typische Markthallen verlegt.<br />
11.1.3 Analyse des Untersuchungsgebietes<br />
Im Rahmen des Urban Conservation Plan of Shibam wurde eine Reihe <strong>von</strong> Plänen erstellt (vgl.<br />
Kap. 11.1) die auf den Ist- Zustand des Untersuchungsgebiets hin analysiert werden können.<br />
Für die vorliegende Arbeit wurden einzelne Aspekte der Conservation Maps extrahiert und in<br />
der LOD1-Ebene auf das SketchUp-Modell übertragen. Diese Modelle können sowohl im<br />
Beteiligungsprozess als auch als Diskussionsgrundlage des IST-Zustands eingesetzt werden um<br />
darauf aufbauend einen SOLL-Zustand zu entwickeln. Dabei kann sowohl das gesamtstädtische<br />
Modell benutzt als auch einzelne Abschnitte daraus extrahiert werden. Ändert sich die<br />
Klassifizierung eines Hauses, (bspw. durch Sanierungsmaßnahmen an einem Haus, die zu<br />
einem besseren Erhaltungszustand und damit einer anderen Kategorie führen) kann dies durch<br />
die Modifizierbarkeit des Modells schnell und einfach aktualisiert werden.<br />
Abb. 26: Anzahl an Personen pro Haus (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam,<br />
Conservation Map A-F, GIZ)<br />
93
94<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 26 zeigt die Bewohnerzahl in Shibams Altstadt pro Haus. 24 % der 437 Häuser lassen sich<br />
der Kategorie „3-5 Personen pro Haus“ zuordnen, weitere 28% der Kategorie „6-10 Personen<br />
pro Haus“. 52% der Häuser werden also <strong>von</strong> drei bis zehn Personen bewohnt. Die restlichen<br />
Haushalte sind <strong>von</strong> mehr Personen bewohnt; 5% haben mehr als 16 Bewohner. Auffällig ist,<br />
dass zum Zeitpunkt der Bestandsaufnahme im Jahre 2009 58 Häuser (entspricht 13%)<br />
Leerstände waren.<br />
Abb. 27: Erhaltungszustand <strong>von</strong> Gebäuden (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam,<br />
Synthesis Map F „State of Conservation of Individual Buildings and Monuments“, GIZ)<br />
Abb. 27 zeigt, dass über die Hälfte der Gebäude in einem mittleren Erhaltungszustand sind.<br />
Der Häuseranteil in sehr gutem und gutem Zustand beläuft sich auf knapp 30%. Relevant sind<br />
jedoch insbesondere die restaurierten Gebäude im Rahmen des PDHCY sowie des teilweisen<br />
oder kompletten Wiederaufbaus <strong>von</strong> Ruinen in den letzten 15 bis 20 Jahren. So lässt sich<br />
feststellen, dass bis zum Arbeitsstand 2009 Sanierungsmaßnahmen an fast der Hälfte aller<br />
Gebäude durchgeführt wurden und 32 der 437 Gebäude wieder aufgebaut wurden
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 28: Öffentliche Plätze, Suq und andere Geschäfte (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of<br />
Shibam, Thematic Map 9 „ Existing Services and Commercial Aktivities“, GIZ)<br />
Die Abb. 28 lässt erkennen, dass es in der Altstadt eine Vielzahl <strong>von</strong> Einkaufsmöglichkeiten <strong>für</strong><br />
den täglichen, mittelfristigen und sogar langfristigen Bedarf wie z.B. Teppiche oder Schmuck<br />
gibt. Ebenfalls vorhanden sind medizinische Einrichtungen sowie eine Apotheke. Unweit vor<br />
der Stadtmauer findet sich darüber hinaus auch ein größeres Shoppingcenter. Die Vielfalt der<br />
Versorgungsmöglichkeiten ist ein wichtiger Indikator <strong>für</strong> die Lebensqualität in der Stadt.<br />
Darüber hinaus zeigt die Abbildung den historischen Suq und den heute noch genutzten Teil,<br />
der sich über einen Großteil des historischen Suqs erstreckt<br />
95
96<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 29: Architektonischer Wert <strong>von</strong> Gebäuden (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam,<br />
Synthesis Map E „Architectual Valus of protected Buildings”, GIZ)<br />
Die Abb. 29 zeigt den architektonischen Wert der Gebäude in der Altstadt. Es zeigt sich, dass<br />
mehr als die Hälfte der Gebäude einen guten architektonischen Wert haben und rund ein<br />
Viertel einen hohen architektonischen Wert. Dies lässt sich vor allem durch die Einzigartigkeit<br />
der Bauweise begründen. Bei den Gebäuden mit durchschnittlichem Wert handelt es sich<br />
überwiegend um Ruinen.
11.2 Zabid<br />
11.2.1 Bestandsaufnahme<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die Stadt Zabid liegt in der Region Tihama (Tihama Flachland) zwischen der Westküste und<br />
dem Bergland. Sie liegt an der Hauptverkehrsachse <strong>von</strong> Hodeidah nach Taiz.<br />
Abb. 30: Lage <strong>von</strong> Zabid (KfW-Entwicklungsbank 2011, online; eigene Darstellung)<br />
Zabid gehört zum Regierungsbezirk Hodeidah und ist dort eine der größten Ansiedlungen. Die<br />
Einwohnerzahl liegt laut dem Masterplan <strong>von</strong> Zabid (2004) bei 230.091 Personen. Diese Daten<br />
beziehen sich sowohl auf die Stadt selbst, als auch auf das Umland. Innerhalb der Stadtmauern<br />
selbst leben circa 28.000 Einwohner. Die Haushaltsgröße liegt im Schnitt bei 8,3 Personen (vgl.<br />
Masterplan Zabid 2004). Zabid ist eine sehr „junge“ Stadt; 47% der Einwohner sind unter 15<br />
Jahre alt. Die Arbeitslosenquote liegt bei etwa 30% (Masterplan of Zabid 2004, Conservation<br />
Map, 2004).<br />
97
98<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Exkurs Masterplan Zabid<br />
Der Masterplan <strong>von</strong> Zabid wurde im Jahr 2004 vom Ministry of Public Works and Highways<br />
(MOPWH) aufgestellt und dient als Nachfolgeplan des Masterplan Zabid <strong>von</strong> 1983.<br />
Der Masterplan besteht aus drei Teilen:<br />
- Plan 1: Conservation Plan<br />
Teilt die Stadt in sogenannte „protection zones“ ein und gibt Handlungsempfehlungen <strong>für</strong><br />
jede Zone unter Berücksichtigung der Stadtgestalt, Umgebung, Umwelt und privatem<br />
Raum.<br />
- Plan 2: Entwicklungsplan<br />
Zeigt die funktionelle Entwicklung der protection zones, der Altstadt sowie der<br />
Pufferzone um die Stadt.<br />
- Plan 3: Neue Entwicklungsbereiche<br />
Neben neuen Entwicklungsbereichen zeigt dieser Plan das vorhandene Straßennetz sowie<br />
die Grenzen der Wohnbebauung zum öffentlichen Raum.<br />
Die Planer vor Ort haben Ziele zur Erhaltung <strong>von</strong> Zabid ausgearbeitet, welche in zwei<br />
unterschiedliche Richtungen wirken. Zum einen soll die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig<br />
gestärkt und zum anderen das vorhandene kulturelle Erbe gerade im Hinblick auf die UNESCO<br />
Weltkulturerbe-Problematik erhalten und gesichert werden.<br />
Die Bevölkerungsstruktur <strong>von</strong> Zabid ist aufgrund der zahlreichen Ethnien und Einflüsse anderer<br />
Kulturen heterogen. Einige Familien stammen aus dem afrikanischen und arabischen Raum,<br />
außerdem gibt es Einflüsse aus der Türkei (durch die türkische Eroberung) und Indien (durch<br />
die ehemaligen Handelsbeziehungen). Durch diese Vielfalt der kulturellen Einflüsse bestehen<br />
verschiedene Auffassungen über die Lehre und Lebensweise des Islam. Aus diesem Grund<br />
existiert eine Vielzahl <strong>von</strong> Moscheen und Koranschulen in Zabid. Bis ins 20. Jahrhundert gab es<br />
zwei Freitagsmoscheen <strong>für</strong> die beiden im Islam vorherrschenden Hauptgruppen der Schiiten<br />
und Sunniten. (vgl. Böhler nach <strong>von</strong> Rabenau 2007, 68 f.). Zur Unterscheidung der beiden<br />
Gruppierungen des Islams vgl. Kapitel 4.5.
11.2.2 Geschichtliche Entwicklung <strong>von</strong> Zabid<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Über das Gründungsdatum der Stadt Zabid gibt es verschiedene Datierungen und Meinungen.<br />
In der Fachliteratur werden im Wesentlichen zwei Positionen vertreten. Die erste Version geht<br />
<strong>von</strong> einer Gründung durch den Bau der ersten Moschee im Jahre 631 n. Chr. aus. Der zweite<br />
Ansatz geht <strong>von</strong> der Annahme aus, dass Zabid 819 n. Chr. <strong>von</strong> dem abasidischen Statthalter<br />
„Abdullah <strong>von</strong> Ziyad“ gegründet wurde. Er soll im Zuge seiner Durchquerung der Tihama<br />
Region eine befestigte Stadt im Wadi Zabid errichtet haben.<br />
Der Stadtaufbau <strong>von</strong> Zabid ist der einzige in ganz Jemen, welcher auf dem Modell der<br />
islamischen Stadt (vgl. Kap. 5.3) beruht. Die Stadt war durch die Universität (Gründung im Jahr<br />
819) über die Ländergrenzen hinaus bekannt und wurde zum politischen und kulturellen<br />
Zentrum der islamischen Welt. Zabid pflegte durch die Lage am Roten Meer intensive<br />
Handelsbeziehungen zu Indien und Afrika. Deren kulturelle Einflüsse prägen das Stadtbild und<br />
die Architektur Zabids bis heute. Des Weiteren ließen sich Textilgewerbe und Indigo-<br />
Färbereien an der Küste der Tihama-Region nieder. Diese Färbereien gab es bis in die 70er<br />
Jahre in Zabid.<br />
Nach der Teilung des Jemens gehörte die Tihama-Region zum Nordjemen. Seit der<br />
Wiedervereinigung des Landes im Jahr 1990 und der Demokratisierung sowie<br />
Dezentralisierung verlor Zabid weiter an politischer und ökonomischer Eigenständigkeit.<br />
Durch neue Produktionsweisen und Transporttechniken spielt Zabid <strong>für</strong> die Versorgung des<br />
Umlandes keine größere Rolle mehr. Die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Stadt wird<br />
durch verschiedene führende Familien selbst limitiert, da politische Entscheidungen nicht zum<br />
Wohle der Gesamtbevölkerung getroffen werden, sondern oftmals egoistisch motiviert sind.<br />
(nach Böhler 2007, 70)<br />
99
100<br />
Theoretische Grundlagen<br />
11.2.3 Analyse des Untersuchungsgebietes<br />
Stadtstruktur<br />
Wie oben erwähnt, richtet sich der Aufbau der Stadt als einzige im Jemen nach dem Aufbau<br />
der typisch islamischen Stadt.<br />
Zabid erfüllt alle Kriterien einer islamischen Stadt:<br />
- Suq im Zentrum<br />
- Sackgassenartiger Grundriss<br />
- Freitagsmoschee<br />
- Hauptverkehrswege vom Suq zu den Stadttoren<br />
- Innenhofhäuser<br />
- Stadtmauer mit Verteidigungsanlage (Zitadelle)<br />
- Friedhöfe sind außerhalb der Stadt angeordnet<br />
Die Stadt hat einen ovalen Grundriss mit ca. 1,35 km² Grundfläche. (vgl. UNESCO 2007, aus<br />
Böhler 2007, 73) Die Bebauung der Stadt liegt auch heute noch weitestgehend innerhalb der<br />
Stadtmauern, wobei nur einige Neubauten außerhalb der Stadt errichtet wurden.<br />
Es finden sich sowohl eingeschossige Hütten als auch einige zwei- bis drei-geschossige<br />
Handelshäuser. Zabid ist eine flach gebaute Stadt, es gibt keine Turmhäuser wie bspw. in<br />
Shibam (vgl. Kap.11.1). Die verwendeten Hauptbaustoffe sind wie in Kap. 5.2 beschrieben<br />
Backstein und Korallenstein. (vgl. Kabasci 2008, 128 f.)<br />
Die Stadt kann entlang der Stadttore in vier Wohnquartiere aufgeteilt werden. Die östlich<br />
gelegenen Viertel werden größtenteils <strong>von</strong> der einkommensschwächeren Schicht bewohnt. Die<br />
ärmste Bevölkerung lebt in klassischen Tihama-Hütten in der Peripherie der Stadt. Die beiden<br />
westlich gelegenen Stadtviertel sind geprägt durch eine dichte Bebauung mit großen,<br />
verzierten Fassaden sowie großen Innenhöfen.
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 31: Einteilung Zabids in Stadtviertel entlang der Stadttore (eigene Darstellung nach UNESCO 2007)<br />
Nachfolgend werden die einzelnen Stadtviertel charakterisiert.<br />
Al-A´LA (Nord-Ost; siehe Abb. 31 Nr.1)<br />
- Viertel mit größter Bautätigkeit und damit verbunden den häufigsten Verstößen gegen<br />
historische Bausubstanz<br />
Al-Mujanbadh (Süd-Ost; siehe Abb. 31 Nr. 2)<br />
- Zitadelle liegt in diesem Viertel<br />
- Zentrum weltlicher Macht<br />
- Alle Institutionen sind vertreten<br />
Al-Jamni (Nord-West, siehe Abb. 31 Nr. 3)<br />
- große Moschee<br />
- Ansiedlung reicher Familien (sichtbar anhand der reich verzierten Häuser)<br />
Al-Jiz (Süd-West; siehe Abb. 31 Nr. 4)<br />
- vorwiegend große Häuser, die teilweise den gesamten Block einnehmen<br />
101
102<br />
Theoretische Grundlagen<br />
- Blöcke überwiegend gleich konstruiert<br />
- viele Familien indischer Abstammung<br />
- sehr viele traditionelle Häuser<br />
vgl. UNESCO 2007<br />
Alle Viertel sind in verschiedene Baublöcke unterteilt, welche dem städtischen Raum ihre<br />
Struktur verleihen. Ein Baublock umfasst zehn bis 15 benachbarte Wohneinheiten, deren<br />
Bewohner meist miteinander verwandt sind.<br />
11.2.4 Eingrenzung des Untersuchungsgebietes<br />
In Kooperation mit der GIZ wurde im Februar 2011 das Untersuchungsgebiet <strong>für</strong> die Erstellung<br />
des <strong>3D</strong>-Stadtmodells eingegrenzt.<br />
Das Modell soll im <strong>Partizipationsverfahren</strong> eingesetzt werden und muss daher leicht<br />
verständlich und modifizierbar bleiben. Da eine gesamtstädtische Darstellung aufgrund der<br />
Anzahl der Gebäude zu umfangreich wäre, einigte man sich auf verschiedene „Points of<br />
Interest“ sowie ein Kubaturenmodell, welches die Stadt in private und öffentliche Bereiche<br />
einteilt und so einen Überblick über die Stadtstruktur zulässt. Zunächst wurde das<br />
Kubaturenmodell erstellt, in das sukzessiv einzelne detaillierte ausformulierte Gebäude<br />
eingepflegt werden, welche <strong>für</strong> die Bevölkerung einen gewissen Wiedererkennungswert<br />
besitzen. Weiterhin können in das Kubaturenmodell Planungsvarianten und –vorschläge<br />
eingearbeitet werden, welche schließlich im <strong>Partizipationsverfahren</strong> bewertet werden.<br />
Da es kein konkretes Projekt bei der Erstellung des Stadtmodells zu beachten gibt, werden<br />
zunächst die Zitadelle, der Suq und verschiedene Moscheen (Iskanderya, Ghusainiya und<br />
Freitagsmoschee) sowie zwei Stadttore (Bab al Quturb, Bab al Sihâm) in das Kubaturenmodell<br />
eingepflegt. Daneben ist es möglich, Sichtbeziehungen zwischen einzelnen Gebäuden<br />
herzustellen und private <strong>von</strong> öffentlichen Räumen abzugrenzen. Ein im Detail ausformuliertes<br />
Wohnbeispiel zeigt exemplarisch wie private Bereiche in Zabid aussehen können.
Analyse des Suqbereiches<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Da der Suq im <strong>3D</strong>-Stadtmodell <strong>von</strong> Zabid am differenziertesten ausgestaltet ist wird dieser<br />
einer Analyse unterzogen.<br />
Der innerstädtische Suq kämpft gegen Leerstände und Verfall. Dies wird hervorgerufen durch<br />
den Wandel des Konsumverhaltens der Bevölkerung, was sich im Bau <strong>von</strong> Einkaufszentren<br />
außerhalb der Stadtmauern <strong>von</strong> Zabid wiederspiegelt. Hier ist das Warenangebot um ein<br />
Vielfaches größer als auf dem innerstädtischen Markt. Ein weiteres Problem, welchem der Suq<br />
und darüber hinaus die gesamte Medina gegenübersteht, ist das fehlende Bewusstsein der<br />
Bevölkerung über den Erhalt <strong>von</strong> historischer Bausubstanz sowie den fehlenden finanziellen<br />
Mitteln zur Restaurierung der Gebäude.<br />
Abb. 32: Funktionale Aufteilung Suq (GIZ, eigene Darstellung)<br />
Abbildung Abb. 32 zeigt die funktionale Aufteilung des Suq-Bereichs. Problematische Bereiche<br />
sind die Ruinen im Zentrum und am nördlichsten Rand des Suq. Weiterhin fällt auf, dass eine<br />
Reihe <strong>von</strong> Gebäuden nicht nur dem Handel, sondern auch der Wohnnutzung dient. Auch der<br />
Suq verfügt, wie typisch <strong>für</strong> islamische Städte, über seine eigenen städtischen Funktionen. So<br />
gibt es neben der Ansiedlung <strong>von</strong> Verwaltungsgebäuden auch eine Moschee sowie weitere<br />
religiös zugeordnete Gebäude wie Hamams und Koranschulen.<br />
103
104<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Abb. 33: Gebäudezustand Suq (GIZ, eigene Darstellung)<br />
Die obige Abbildung beschreibt den Gebäudezustand des Suq. Im Wiederspruch zu Abbildung<br />
32 sind weniger Ruinen vorhanden. Generell wird den meisten Gebäuden ein guter Gebäude-<br />
zustand zugesprochen.
Abb. 34: Gebäudeauslastung Suq (GIZ, eigene Darstellung)<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Trotz der in Abbildung 34 positiv dargestellten Umstände des Suq wird anhand dieser<br />
Abbildung deutlich, dass sich die Leerstandsproblematik verbessert hat, dennoch viele Ge-<br />
bäude nicht besetzt sind.<br />
Durch die Initiierung eines Projektes zu Revitalisierung des Suqs <strong>von</strong> Zabid, kann die<br />
Entwicklung des Suq als durchaus positiv angesehen werden. Zwar gibt es verschiedene<br />
Problembereiche mit denen der Marktbereich zu kämpfen hat, welche aber durch weiter-<br />
führende Projekte in der Zukunft behoben werden können.<br />
105
106<br />
Theoretische Grundlagen
12 Fazit der theoretischen Grundlagen<br />
Theoretische Grundlagen<br />
In der Praxis werden <strong>3D</strong>-Modelle <strong>für</strong> die Stadtentwicklung bereits genutzt, sowohl als<br />
physisches als auch als digitales Modell. Die beschriebenen Eignungen im Rahmen der<br />
Partizipation sind hier sowohl ausschlaggebend wie auch die einfache Lesbarkeit <strong>für</strong> z.B.<br />
Analphabeten. Als Entwicklungsland mit entsprechenden Entwicklungsdefiziten kann der<br />
Jemen <strong>von</strong> Projekten mit Partizipationsinstrumenten, die auf <strong>3D</strong>-Modellen aufbauen,<br />
profitieren. Die internationale Sichtbarkeit <strong>von</strong> Shibam und Zabid als UNESCO-Weltkultur-<br />
erbestätten ist hierbei zusätzlich zu berücksichtigen. Insbesondere in der Interaktion zwischen<br />
der deutschen GIZ mit hohen technischen Kapazitäten und der lokalen Bevölkerung im Jemen<br />
kann der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen die erwünschten Effekte <strong>von</strong> Partizipation in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit begünstigen.<br />
107
108
III. Praktische Implementation<br />
Theoretische Grundlagen<br />
109
110<br />
Praktische Implementation
13 Anforderungen an die <strong>3D</strong>-Stadtmodelle<br />
Praktische Implementation<br />
Um die gewünschte Beschaffenheit der fertigen Modelle zu definieren, muss man sich<br />
zunächst die Anforderungen (vgl. Abb. 35) aus den verschiedenen Bereichen bewusst machen.<br />
Anschließend werden aus diesen Anforderungen der Detaillierungsgrad und die Relevanz der<br />
Inhalte der spezifischen Modelle <strong>für</strong> die Städte Shibam und Zabid abgeleitet.<br />
Abb. 35 Anforderungen an die <strong>3D</strong>-Stadtmodelle (eigene Darstellung)<br />
Die verschieden definierten Anforderungen erforderten differenzierte Darstellungsstufen im<br />
fertigen Modell.<br />
Obwohl das Open Geospatial Consortium im Rahmen der Geography Markup Language eine<br />
konkrete Empfehlung <strong>für</strong> die Systematisierung der Detaillierungsstufen gibt, so muss jedoch<br />
die <strong>für</strong> den jeweiligen Anwendungsfall sinnvollste Einstufung verwendet werden. Der<br />
normierende Charakter existierender LOD-Systematiken kann nach Streich (2011, 353) nicht<br />
<strong>für</strong> jede denkbare Anwendung <strong>von</strong> städtebaulichen Methoden geeignet sein.<br />
Es sollte nur der <strong>für</strong> das gewünschte <strong>Einsatz</strong>gebiet minimal benötigte Detaillierungsgrad<br />
verwendet werden. Gleichzeitig sollte das Modell die Möglichkeit einer späteren Verfeinerung<br />
zulassen.<br />
111
112<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 36: Detaillierungsstufen <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen (Initiative Geodaten Infrastruktur NRW, 3, eigene Darstellung)<br />
Abb. 36 zeigt eine Einteilung in die, in den <strong>Stadtmodellen</strong> Shibam und Zabid verwendeten<br />
Detaillierungsgrade. Hierbei ist zu erwähnen, dass durch verschiedene Projektstände der<br />
beiden Städte nicht <strong>von</strong> einer identischen Einteilung in die verschiedenen LOD-Stufen
Praktische Implementation<br />
ausgegangen werden kann. Vielmehr entscheiden vor allem die vorhandenen<br />
Datengrundlagen über die Möglichkeiten der Darstellung in den einzelnen LOD-Stufen.<br />
Shibam ist räumlich kleiner als Zabid. Daher kann das <strong>3D</strong>-Stadtmodell <strong>von</strong> Shibam detaillierter<br />
ausformuliert werden als das <strong>von</strong> Zabid. In Zabid sind meist die LOD1 oder 2 –Stufen<br />
verwendet worden, um die Stadtstruktur darzustellen. Darüber hinaus wird <strong>für</strong> ausgewählte<br />
Gebäude die LOD3 Stufe modelliert.<br />
13.1 Datengrundlagen Shibam<br />
Im Rahmen des zweiwöchigen Aufenthaltes im Jemen wurde u.a. <strong>von</strong> der GIZ eine Reihe <strong>von</strong><br />
Datengrundlagen zur Verfügung gestellt, die im Rahmen der <strong>3D</strong>-Modellierung relevant sind.<br />
Als besonders nützlich erwies sich ein Grundlagenplan mit allen existierenden Häusern,<br />
Moscheen und der Stadtmauer. Dieser Plan existiert in mehreren Varianten, die im Rahmen<br />
des Masterplans <strong>von</strong> Shibam entwickelt wurden und stellt folgendes dar:<br />
- sämtliche Häuser mit durchgängiger Nummerierung in vier Abschnitten (A bis D) und<br />
Kennzeichnung der Gebäudehöhen<br />
- Höhendaten zur Geländebeschaffenheit<br />
- Häuser mit innerer Aufteilung und Lichtschächten<br />
- Straßennetz in der Unterteilung Primär- und Sekundärstraßen<br />
- Suq-Bereich und weitere Häuser, in denen Geschäfte und Dienstleistungen untergebracht<br />
sind<br />
- Ruinen<br />
- Religiöse Gebäude (Moscheen)<br />
- Gebäude der öffentlichen Verwaltung<br />
- im Rahmen des Häuserprogramms renovierte Gebäude, sowie eine Einteilung nach dem<br />
qualitativen Zustand der Häuser<br />
- Einteilung nach der architektonischen Qualität der Gebäude<br />
- historische und öffentliche Plätze<br />
- Häuserfronten mehrerer Straßenzüge<br />
Darüber hinaus wurde eine Auswahl <strong>von</strong> Fotomaterial zur Verfügung gestellt. Besonders<br />
hilfreich waren im Zusammenhang mit der <strong>3D</strong>-Modellierung Fotos, die den spezifischen<br />
Häusern durch Nummerierung zugeordnet sind. Dabei sind oft nur einzelne Elemente der<br />
113
114<br />
Praktische Implementation<br />
Häuser und besondere Details im Innenraum zu sehen. Dennoch ist es dadurch möglich, einen<br />
Eindruck des Gebäudes zu gewinnen. Zwar waren Teile der Bilder nicht <strong>von</strong> verwertbarer<br />
Qualität und die Mehrheit der Moscheen nicht abgebildet. Dennoch war das vorhandene<br />
Fotomaterial ausreichend, um sich einen guten Gesamtüberblick über die Stadt zu verschaffen.<br />
13.2 Umsetzung der allgemeinen Anforderungen im <strong>3D</strong>-Stadtmodell Shibam<br />
LOD0<br />
Wie in Kap. 11.1 bereits erläutert, ist die Topographie in Shibam sehr uneben. Aus diesem<br />
Grund wurde <strong>für</strong> die Altstadt bis zu den Grenzen der Stadtmauer ein digitales Geländemodell<br />
aus den vorhandenen Kartengrundlagen generiert (vgl. Kap. 13.1 ).<br />
LOD1<br />
Die Altstadt <strong>von</strong> Shibam erstreckt sich auf einer Fläche <strong>von</strong> 250 mal 350 Metern und beinhaltet<br />
437 Häuser. Aufgrund der geringen Größe ergibt sich eine detaillierte Darstellung aller<br />
Gebäude zunächst als Kubaturenmodell.<br />
Charakteristisch <strong>für</strong> Shibam sind die bis zu 30 Meter hohen Lehmhäuser, die teilweise seit 500<br />
Jahren bestehen. Um die realen Dimensionen der Stadt zu vermitteln wurden alle Gebäude in<br />
ihrer realen Höhe dargestellt (vgl. Abb. 81).<br />
LOD2<br />
Ausgehend <strong>von</strong> einen reinen Kubaturenmodell wurden im nächsten Schritt einfache Details<br />
weiter ausgearbeitet. Dazu gehören das Stadttor und die Stadtmauer.<br />
Die Häuser in Shibam sind auf den höher liegenden Stockwerken und Dächern mit Terrassen<br />
ausgestattet. Da es keinerlei Höfe oder Gärten gibt, stellen sie einen wichtigen Lebensraum<br />
innerhalb der Stadt dar und werden aus diesem Grund im Modell dargestellt. Bei der<br />
Lehmtextur und bei dem weißen Kalkanstrich („ Noura“)wurde mit generischen Texturen<br />
gearbeitet (vgl. Abb. 85).<br />
LOD3<br />
In dieser Ebene wurden die Häuser exemplarisch mit Fenstern und Türen versehen, die der<br />
Identifikation der Bürger mit dem Modell dienen sollen. Die Darstellung der Fassaden mit<br />
Fototexturen erwies sich als schwierig, da nur wenig verwertbares Fotomaterial (vgl. Kap.13.1)<br />
vorhanden ist. Um dennoch die Möglichkeit aufzuzeigen, wie Fototexturen an Häuserfassaden<br />
im <strong>3D</strong>-Modellen eingesetzt werden können, werden die Häuser an der Südseite der Mauer mit<br />
dem vorhandenen Fotomaterial texturiert (vgl. Abb. 88).
Praktische Implementation<br />
Darüber hinaus werden die sieben Moscheen innerhalb der Stadt und der Sultanspalast<br />
modelliert. Abschließend wurde das Stadtmodell beispielhaft in das erstellte digitale<br />
Geländemodell integriert (Abb. 94).<br />
Grenzen<br />
Die Darstellung des <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>von</strong> Shibam musste den formulierten Anforderungen<br />
entsprechen, darüber hinaus aber auch im Zeitrahmen der Diplomarbeit zu bewältigen sein.<br />
Aus diesem Grund wurde die meist konisch zulaufende Grundform der Häuser nicht<br />
dargestellt, sondern mit klaren geometrischen Grundformen gearbeitet.<br />
Die Darstellung der Fenster erfolgte exemplarisch. Da die Fenster handgearbeitet und damit<br />
Unikate sind, wurde lediglich eine Auswahl <strong>von</strong> Fenstern aus einer vorhandenen CAD-Datei<br />
zusammengestellt und im Modell eingesetzt.<br />
Weiterhin wurden die Moscheen mit dem Ziel der Wiedererkennbarkeit modelliert, da die<br />
Darstellung der zahlreichen Details und Verzierungen innerhalb des Modells den begrenzten<br />
Zeitrahmen überschritten hätten.<br />
13.3 Datengrundlagen Zabid<br />
Die vorhandenen Datengrundlagen wurden im Rahmen des Masterplans <strong>von</strong> Zabid erstellt.<br />
Weiterhin wurde Bildmaterial zu den erstellten Landmarks-, sowie Analysepläne mit<br />
objektbezogenen Informationen zum Erhaltungszustand des Suqs durch die GIZ zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Bei den vorhandenen CAD-Plänen handelt es sich um gesamtstädtische Darstellungen zu den<br />
Themen:<br />
- Landnutzung<br />
- Öffentliche Plätze<br />
- Leerstehende Gebäudeblöcke (ohne objektbezogene Daten)<br />
- Gebäudezustand/ Verfall<br />
- Maßnahmenplan<br />
- Kategorisierung <strong>von</strong> vier Strukturbereichen <strong>für</strong> städtebauliche Planungen<br />
- Verkehrsplan<br />
115
116<br />
Praktische Implementation<br />
Die vorhandenen CAD Pläne mussten zunächst mit Hilfe <strong>von</strong> AutoCAD umgewandelt werden,<br />
um den Grundlagenplan in Google SketchUp verarbeiten zu können. Danach waren alle<br />
gewünschten Linien in Google SketchUp sichtbar und konnten bearbeitet werden.<br />
13.4 Umsetzung der allgemeinen Anforderungen im <strong>3D</strong>-Stadtmodell Zabid<br />
Bei der Erstellung eines <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>für</strong> die Stadt Zabid war gefordert, zunächst ein<br />
Kubaturenmodell der Gesamtstadt zu erstellen, in dem lediglich bebaute <strong>von</strong> unbebauten<br />
Bereichen differenziert dargestellt sind. Im nächsten Schritt wurde <strong>für</strong> einige Teilbereiche (Suq,<br />
Zitadelle, einige Moscheen, ein Beispiel zur Wohnbebauung sowie zwei Stadttore) eine<br />
detaillierte Ausformulierung in der Stufe der LOD3-Ebene vorgenommen. Je nach<br />
Datengrundlage ist aber eine Ausformulierung in der LOD2-Ebene gewählt worden (vgl. Kap.<br />
13). Im Gesamtmodell der LOD1-Ebene ist die Stadtmauer dargestellt. Diese ist in der Realität<br />
nicht komplett existent, wurde jedoch an vielen Stellen bereits wiederaufgebaut oder<br />
restauriert. Um die Stadt einzugrenzen und den Wiedererkennungswert der Stadtform zu<br />
schaffen, wurde die Stadtmauer ihrem Grundriss entsprechend komplett in der LOD1-Ebene<br />
dargestellt.<br />
Die Ausformulierung der Gebäude in der LOD2 und 3-Ebene ist <strong>für</strong> die partizipative Planung<br />
und Projektarbeit der GIZ in Zabid zunächst ausreichend, da eine fotorealistische<br />
Innenraumgestaltung im Kontext dieser Arbeit nicht gefordert war.<br />
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, das Gesamtmodell bspw. durch seine Implementierung<br />
in Google Earth in seiner realen Umgebung darzustellen. Durch die dargestellten Gebäude<br />
sowie ihrer Höhen können städtische Dimensionen und das innerstädtische Gesamtgefüge<br />
erkannt werden. Insbesondere im Hinblick auf die Stadtstrukturen klassisch islamischer Städte<br />
werden Einsichten ermöglicht. Weiterhin ist es möglich, Sichtbeziehungen zwischen einzelnen<br />
Gebäuden oder Gebäudeensembles herzustellen.
Abb. 37: Übersicht zu den detaillierten Darstellungen in Zabid (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
In Zabid variieren die Höhendaten innerhalb der Stadtmauern zwischen +/- 1-3 Metern. Da es<br />
keine großen Geländesprünge oder Anhöhen gibt, welche <strong>für</strong> Sichtbeziehungen und das<br />
Stadtbild relevant sind, besteht kein <strong>3D</strong>-Geländemodell.<br />
Ziel <strong>für</strong> die Weiterentwicklung des Modells vor Ort war in Absprache mit den Experten der GIZ<br />
schrittweise, je nach Projektentwicklung und -stand, die Vervollständigung des gesamt-<br />
städtischen Modells im LOD3 sowie die Einbindung des Modells in aktuelle Planungsprozesse.<br />
Grenzen<br />
Die Darstellung des Stadtmodells <strong>von</strong> Zabid musste den zu Beginn des Kapitels beschriebenen<br />
Anforderungen entsprechen.<br />
Zur Betrachtung der Stadt Zabid wäre ein kleinteiliges, detailreich ausformuliertes <strong>3D</strong>-Modell<br />
den Anforderungen der GIZ-Projektarbeit nicht gerecht geworden. Auf solch eine Darstellung<br />
musste wegen der Gesamtgröße der Stadt <strong>von</strong> etwa 135 ha und einem nahezu Fünffachen der<br />
Häuserzahl Shibams verzichtet werden.<br />
Des Weiteren enthalten die vorhandenen CAD-Pläne Informationen zur Gesamtstadt.<br />
Objektbezogene Daten sind nicht in ausreichender Form vorhanden, wie zum Beispiel<br />
Informationen zu Gebäudehöhen und Geschossigkeit der einzelnen Gebäude, welche <strong>für</strong> die<br />
detaillierte Erstellung eines <strong>3D</strong>-Stadtmodells notwendig sind.<br />
117
118<br />
Praktische Implementation
14 <strong>3D</strong>-Stadtmodell Shibam<br />
Praktische Implementation<br />
Im Folgenden soll zunächst ein Überblick über das gesamtstädtische <strong>3D</strong>-Modell Shibam<br />
gegeben werden. Um die Stadt Shibam in ihrer natürlichen Umgebung darzustellen wurde<br />
Google-Earth als Visualisierungsmedium herangezogen. Im Anschluss daran werden die<br />
einzelnen Arbeitsschritte erläutert sowie die Erstellung des digitalen Geländemodells be-<br />
schrieben.<br />
14.1 Darstellung des Gesamtstädtischen Modells<br />
Abb. 38: Panorama <strong>von</strong> Shibam (GIZ)<br />
Abb. 39: Südfront <strong>von</strong> Shibam in Google Earth (eigene Darstellung)<br />
119
120<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 40: Südost- Seite <strong>von</strong> Shibam entlang der Mauer in Google Earth (eigene Darstellung)<br />
Abb. 41: Blick auf Shibam <strong>von</strong> oben in Google Earth (eigene Darstellung)
Abb. 42: Blick auf die Nordseite <strong>von</strong> Shibam in Richtung Süden (eigene Darstellung)<br />
Abb. 43: Blick <strong>von</strong> Osten nach Westen über Shibam (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
121
122<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 44: Blick <strong>von</strong> Südosten auf Shibam (eigene Darstellung)<br />
Abb. 45: Ost Seite <strong>von</strong> Shibam entlang der Stadtmauer (eigene Darstellung)
Abb. 46: Blick <strong>von</strong> der Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee) Richung Süden (eigene Darstellung)<br />
Abb. 47: Blick über die Al-Jamas Moschee Richtung Osten (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
123
124<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 48: Blick vom Stadttor auf die Stadt Shibam (eigene Darstellung)<br />
Abb. 49: Bebauungsdichte in den Gassen <strong>von</strong> Shibam (eigene Darstellung)
Abb. 50: Schlossplatz in Shibam (eigene Darstellung)<br />
14.2 Landmarks<br />
Praktische Implementation<br />
Für die Identifikation der Bürger mit dem <strong>3D</strong>-Stadtmodell ist der Wiedererkennungswert <strong>von</strong><br />
hoher Bedeutung. Um diesen zu erreichen, wurden markante Gebäude innerhalb der Stadt<br />
Shibam, so genannte „Points of Interest“ oder „Landmarks“ näher ausgestaltet. In Shibam sind<br />
das die insgesamt sieben Moscheen (Maruf-al-Jamal, Al-Jamas, Al-Khoqah, Bathajb, Bajarisch,<br />
Moschee des Ibn Ahmad, Al Hara), der Sultanspalast und das Stadttor.<br />
Die Moscheen in Shibam trennen in etwa die Wohnviertel und Nachbarschaften, ohne scharfe<br />
Abgrenzung. (Leiermann 2009, 209)<br />
125
126<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 51: Landmarks in Shibam (eigene Darstellung)<br />
Abb. 52: Maruf al-Jamal Moschee ,gerendert (eigene Darstellung)
Abb. 53: Maruf al-Jamal Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)<br />
Abb. 54: Maruf al-Jamal Moschee und Sultanspalast im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)<br />
Praktische Implementation<br />
127
128<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 55: Maruf al-Jamal Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Die erste Moschee hinter dem Stadttor ist die Maruf al-Jamal Moschee. (vgl. Abb. 57) Sie<br />
wurde im Jahre 1396 n. Chr. Auf dem Schlossplatz durch die Stiftung des Mystikers Maruf Ba<br />
Jamal errichtet.<br />
1990 wurde die Moschee durch eine Sanierungsmaßnahme optisch verändert. Die sich zum<br />
Schlossplatz hin treppende Grundform blieb dabei jedoch erhalten. (vgl. ebenda )<br />
Abb. 56: Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee), gerendert (eigene Darstellung)
Abb. 57: Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee) im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 58: Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee) im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
129
130<br />
Praktische Implementation<br />
Die Freitagsmoschee (Al-Jamas) wurde dem Anschein nach in der Regierungszeit des<br />
abbasidischen Kalifen Harun ar-Rashid (789-809 n. Chr.) errichtet. Die Grundform der Moschee<br />
ist seit dieser Zeit unverändert.<br />
In den 1990er Jahren wurde durch eine holländische Komission eine Baubestandsaufnahme<br />
der Moschee gemacht, um darauf aufbauend eine behutsame Modernisierung durchzuführen.<br />
Aus unbekannten Gründen wurde <strong>von</strong> dieser Sanierungsmaßnahme jedoch abgesehen. Dies<br />
führte in der Folge dazu, dass bei der durchgeführten Renovierung die historische Gestalt der<br />
Moschee nahezu überbaut wurde. Die Ursache da<strong>für</strong> liegt hauptsächlich an der mangelnden<br />
Erfahrung in Bezug auf den Umgang mit fachgerechter Sanierung historischer Bausubstanz.<br />
(Leiermann 2009, 210)<br />
Abb. 59: Al-Koqah Moschee, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Im städtebaulichen Aufbau befindet sich hinter der Maruf al-Jamal Moschee, die Al-Koqah<br />
Moschee. (vgl. Abb. 60) Sie wurde im zweiten Jahrhundert in der islamischen Frühzeit<br />
errichtet. Durch zahlreiche Umbaumaßnahmen besteht sie heute weitestgehend als Neubau.<br />
(vgl. Leiermann 2009, 209)
Abb. 60: Al-Khoqah Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)<br />
Abb. 61: Al-Khoqah Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
131
132<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 62: Bathajb Moschee, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 63: Bathajb Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)
Abb. 64: Bathajb Moschee im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 65: Bajarisch Moschee, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
133
134<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 66: Bajarisch Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)<br />
Abb. 67: Bajarisch Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)
Abb. 68: Moschee des Ibn Ahmad, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 69: Moschee des Ibn Ahmad im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)<br />
Praktische Implementation<br />
135
136<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 70: Moschee des Ibn Ahmad im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 71: Al-Hara Moschee, gerendert (eigene Darstellung)
Abb. 72: Al-Hara Moschee (GIZ)<br />
Abb. 73: Minarett der Al-Hara Moschee vor- und nach der Renovierung durch das PDHCY (GIZ)<br />
Praktische Implementation<br />
137
138<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 74: Al-Hara Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Die Al-Hara Moschee (vgl. Abb. 80) wurde vor 200 Jahren ursprünglich als Koranschule<br />
gegründet und galt im Wadi Hadramaut als bedeutende Bildungseinrichtung.<br />
Das Minarett wurde durch das PDHCY restauriert Abb. 73.<br />
Von den Moscheen Ibn Ahmed; Baithajb, Al- Hara und Maruf al-Jamal sind heute lediglich die<br />
Minarette in ihrer historischen Form erhalten. Die Gebäude wurden durch diverse Renovie-<br />
rungsarbeiten im Laufe der Jahre verändert. ( Leiermann 2009, 209)
Abb. 75: Stadttor <strong>von</strong> Shibam im gesamtstädtischen Kontext (GIZ)<br />
Abb. 76: Eingangsbereich Stadttor im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
139
140<br />
Praktische Implementation<br />
14.3 Dokumentation der Arbeitsschritte<br />
Im folgenden Abschnitt werden die Arbeitsschritte zur Erstellung des digitalen Stadtmodells<br />
„Shibam“ im Einzelnen erläutert. Dabei wurde hauptsächlich mit der <strong>3D</strong>-Modellierungs-<br />
software Google SketchUp gearbeitet, darüber hinaus kamen auch die Programme Autodesk<br />
AutoCAD und Adobe Photoshop zum <strong>Einsatz</strong>.<br />
14.3.1 Erstellung des LOD1 Modells<br />
Wie in Kap. 13.1 erläutert, lagen verschiedene Grundlagenkarten im AutoCAD-eigenen DWG-<br />
Format vor, welche die Grundrisse der Häuser beinhalteten. Aus einer dieser Karten wurde der<br />
Grundriss extrahiert und in Google SketchUp importiert. Die Möglichkeit DWG-Dateien<br />
einzuladen, besteht bei der kostenfreien Version nur bis Google SketchUp 7. Aus diesem Grund<br />
wurde mit zwei Versionen gearbeitet. Die Erstellung des <strong>3D</strong>-Stadtmodells wurde anschließend<br />
mit Google SketchUp 8 durchgeführt.<br />
Abb. 77: Grundriss der Altstadt Shibams (eigene Darstellung, GIZ)<br />
Zusammen mit dem Grundriss wurde eine Reihe <strong>von</strong> Ebenen aus der DWG-Datei importiert,<br />
die zusätzliche Informationen über die Altstadt enthalten.
Praktische Implementation<br />
Die vorhandenen Häusergrundrisse wurden nun im nächsten Schritt mit dem Werkzeug „Stift“<br />
umrandet und mit dem Werkzeug „Drücken/Ziehen“ auf die gewünschte Höhe extrudiert.<br />
Die vorhandenen Häusergrundrisse wurden nun im nächsten Schritt mit dem Werkzeug „Stift“<br />
umrandet und mit dem Werkzeug „Drücken / Ziehen“ auf die gewünschte Höhe extrudiert.<br />
Abb. 78: Beispiel Extrudieren eines Hauses (eigene Darstellung)<br />
Als Referenzquelle <strong>für</strong> die Gebäudehöhen diente eine separate AutoCAD-Datei, in der die<br />
Anzahl der Stockwerke aller Häuser verzeichnet war.<br />
141
142<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 79: Karte mit Informationen über Anzahl Stockwerke (GIZ)<br />
In Absprache mit Tom Leiermann, Experte der GIZ <strong>für</strong> die Stadt Shibam, wurde sich auf<br />
Mittelwerte <strong>für</strong> die Höhe des jeweilige Stockwerkes aller Häuser verständigt, da die Höhe der<br />
Stockwerke verschiedener Häuser variiert.<br />
Erdgeschoss 2,9 m<br />
Erster Stock 2,65 m<br />
Zweiter Stock 3,1 m<br />
Dritter Stock 2,9 m<br />
Vierter Stock 2,8 m<br />
Fünfter Stock 2,65 m<br />
Sechster Stock 2,5 m<br />
Siebter Stock 2 m<br />
Achter Stock 2 m<br />
Neunter Stock 1,8 m<br />
Abb. 80: Maßangaben <strong>für</strong> modellhafte Stockwerke (GIZ)<br />
Mit Abschluss dieses Arbeitsschrittes erhält man ein erstes Kubaturenmodell <strong>von</strong> Shibam der<br />
Stufe LOD1.
Abb. 81: <strong>3D</strong>-Modell der Stufe LOD1 (eigene Darstellung)<br />
14.3.2 Erstellung des LOD2 Modells<br />
Praktische Implementation<br />
Im nächsten Schritt wurden die Häuser mit einer generischen Lehm-Textur im oberen Bereich<br />
bzw. einer Textur eines weißen Kalkanstriches im Bereich des Erdgeschosses und des Daches<br />
versehen, die aus einer der Häuser-Fotografien ausgeschnitten wurde.<br />
Abb. 82: links Lehm-Textur, rechts Kalk-Textur (eigene Darstellung)<br />
Darüber hinaus wurden die Oberseiten der Häuser-Kuben mit parzellenartigen Flachdächern<br />
versehen. Je ein Dach ist in zwei bis acht einzelne vertiefte Abschnitte aufgeteilt, die durch<br />
hüfthohe Mauern <strong>von</strong>einander getrennt sind.<br />
143
144<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 83: Beispielhafte Dachstruktur in Shibam (GIZ)<br />
Dies wurde dadurch realisiert, dass zunächst mit dem SketchUp-Werkzeug „Versatz“ eine zur<br />
Dachkante um rd. 30 cm nach innen versetzte Linie erstellt wurde. Diese Umrandung wurde<br />
mit Hilfe des Linien-Werkzeugs ggf. um eine der Anzahl der gewünschten Parzellen<br />
entsprechenden Unterteilung erweitert. Die so entstandenen Bereiche wurden nun mit dem<br />
Werkzeug „Drücken/Ziehen“ nach unten gedrückt, sodass pro Parzelle eine rd. 0,3 bis 1,5<br />
Meter hohe Vertiefung entstand.<br />
Die Zuweisung der Dachformen zur LOD2 Ebene ist nicht eindeutig, da die Häuser in Shibam<br />
generell Flachdächer besitzen und eine exakte Ausdifferenzierung dieser der LOD3-Ebene<br />
zuzuordnen wäre. Da die Dachstrukturen aber nicht bis ins kleinste Detail ausgestaltet wurden,<br />
fiel die Wahl im vorliegenden Fall auf die LOD2-Ebene.
Abb. 84: Dachstruktur gezeigt im LOD3 Modell in Google SketchUp (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Die LOD1-Darstellung der Häuser erweitert um Texturen und Dachformen bildet die LOD2-<br />
Ebene des Modells.<br />
Abb. 85: <strong>3D</strong>-Modell der Stufe LOD2 (eigene Darstellung)<br />
14.3.3 Erstellung des LOD3 Modells<br />
Im nächsten Arbeitsschritt wurden die Häuser des Modells mit einer Textur belegt. Aufgrund<br />
der enormen Höhe der Häuser und der Enge der Straßen existieren keine frontalen Aufnahmen<br />
aller Häuser. Daher wurde nur eine ausgewählte Anzahl <strong>von</strong> Häusern an der Südseite der<br />
Altstadt mit einer aus einer Fotographie der Front ausgeschnittenen Fototextur belegt. Das<br />
145
146<br />
Praktische Implementation<br />
jeweilige Foto des Hauses wurde mit Hilfe des Programms Adobe Photoshop entzerrt und in<br />
Google SketchUp importiert und auf die Fassade gelegt.<br />
Abb. 86: Häuserfassaden (GIZ)<br />
Abb. 87: Entzerrte Version der Fassade (eigene Darstellung)
Abb. 88: Häuserfassade mit Fototextur im <strong>3D</strong>-Modell, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Anschließend wurden die Moscheen der Altstadt detaillierter ausgestaltet. Dabei wurden<br />
markante Details nach Abgleich mit vorhandenem Bildmaterial nachgebaut, mit dem Ziel einen<br />
Wiedererkennungswert der Moschee zu schaffen. Zu beachten war, dass <strong>von</strong> keiner der sieben<br />
Moscheen Fotos der rückwärtigen Seiten vorhanden sind. Daher mussten diese Seiten frei<br />
nach dem Kontext der Fronten gestaltet werden.<br />
Abb. 89: Vorlage und Modell einer Moschee (GIZ, eigene Darstellung)<br />
147
148<br />
Praktische Implementation<br />
Nach diesem Arbeitsschritt wurden die Fassaden der Wohnhäuser mit Fenstern versehen. Dies<br />
erfolgt beispielhaft anhand sich wiederholender Fensterformen. Eine vorhandene AutoCAD-<br />
Datei enthält zweidimensionale Linien-Modelle der Fenster und Häuserformen einzelner<br />
Straßenzüge.<br />
Abb. 90: Zweidimensionales Fassadenmodell (GIZ)<br />
Da dieses Fassadenmodell nur <strong>für</strong> wenige Straßenzüge existierte und zudem nur mit hohem<br />
Aufwand an das existierende <strong>3D</strong>-Modell der Stufe LOD2 angepasst werden konnte, wurden<br />
typische, sich wiederholende Fenstertypen identifiziert. Nach Import des Fassadenmodells in<br />
Google SketchUp wurden diese Fenstertypen isoliert und als separate Datei abgespeichert.<br />
Insgesamt wurden 27 typische Fensterformen in Vorlagen umgewandelt.<br />
Um diese Fensterformen im nächsten Schritt auf das LOD2 Modell zu übertragen wurde die<br />
Komponentenfunktionalität <strong>von</strong> Google SketchUp verwendet. Diese erlaubte sodann, separate<br />
SketchUp-Dateien, in diesem Fall Fenster, als sich wiederholende Elemente in ein Modell<br />
einzubinden. Neben der Ersparnis <strong>von</strong> Speicherplatz bestand somit die weitere Möglichkeit,<br />
alle gleichartigen Komponenten im Nachhinein simultan zu verändern.
Abb. 91: Arbeiten mit Komponenten (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Von dieser Möglichkeit wurde zusätzlich Gebrauch gemacht, um die Arbeitsgeschwindigkeit zu<br />
erhöhen. Mit zunehmender Detaillierung des Modells erhöht sich der notwendige Arbeits-<br />
speicher bzw. die Geschwindigkeit, in der sich das Modell bearbeiten lässt.<br />
Daher wurde im ersten Schritt das einfache Linienmodell der Fenster auf das existierende<br />
Modell auf das LOD2 Modell der Altstadt gelegt.<br />
Abb. 92: Linienmodell eines Fensters (eigene Darstellung)<br />
149
150<br />
Praktische Implementation<br />
Nachdem alle Häuser im Modell mit Fenstern versehen wurden, wird das jeweilige<br />
Linienmodell des Fensters mit Hilfe der Ersetzen-Funktion der Komponentenfunktionalität<br />
durch ein detailliertes dreidimensionales Modell des Fensters ersetzt.<br />
Abb. 93: Detail-Modell eines Fensters (eigene Darstellung)<br />
An den zur Stadtgrenze ausgerichteten Seiten und an größeren Plätzen werden die Fenster in<br />
Abgleich mit vorhandenem Bildmaterial positioniert.<br />
Im Stadtinneren des <strong>3D</strong>-Modells wurden aufgrund <strong>von</strong> teilweise fehlendem Bildmaterial und<br />
aufgrund des hohen Zeitaufwandes die Fenster nur beispielhaft eingebunden.
Abb. 94: <strong>3D</strong>-Modell der Stufe LOD3 (eigene Darstellung)<br />
14.4 Erstellung eines Digitalen Geländemodells (DGM)<br />
Praktische Implementation<br />
Die Stadt Shibam hat ein sehr unregelmäßiges Relief und liegt zudem auf einem inselartig<br />
erhöhten Felsplateau. Um die realen Dimensionen der Stadt darzustellen wird ein digitales<br />
Geländemodell konstruiert.<br />
Wie in Kap. 13.1 erläutert, lagen Höhendaten in Form einer AutoCAD-kompatiblen DWG-Datei<br />
vor. Diese enthielt auf verschiedenen Ebenen Daten über Vermessungspunkte. Daneben<br />
enthielt die Datei außerdem Daten über Abwassersysteme und Fundamente der Häuser, die<br />
aber im vorliegenden Fall <strong>für</strong> die Modellierung des Geländes keine Relevanz hatten.<br />
151
152<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 95: Höhendaten als zweidimensionales Modell (GIZ, eigene Darstellung)<br />
Die relevanten Ebenen enthalten 20.045 Datenpunkte, die X- und Y-Koordinaten der<br />
zugehörigen Vermessungspunkte beinhalten. Die <strong>für</strong> die Höhenbestimmung essenzielle<br />
Information über die Z-Koordinate ist jedoch in einem Textfeld enthalten, das sich direkt<br />
neben dem entsprechenden Datenpunkt befindet. Mittels einer AutoLISP-Routine, der<br />
Programmiersprache <strong>von</strong> AutoCAD, wurde eine Funktion geschrieben, die diese Vermessungs-<br />
punkte ausliest.<br />
Bei der Funktion handelt es sich um zwei Schleifen, die ineinander geschachtelt sind. Die<br />
äußere Schleife läuft über alle Punkte und die innere Schleife über alle Textfelder. Für jeden<br />
Punkt in der äußeren Schleife werden alle Textfelder durchsucht, bis das Textfeld gefunden<br />
wurde, was an derselben Position liegt. Die Höheninformation wird ausgelesen und dem Punkt<br />
zugewiesen. Danach fährt die äußere Schleife mit dem nächsten Punkt fort, bis alle Punkte<br />
bearbeitet sind.
Arbeitsschritte<br />
Arbeitsschritt Befehl<br />
Zur Definition der Funktion, die "umwandeln" heißen soll, müssen zunächst alle<br />
Argumente und lokalen Variablen festgelegt werden. Da die Funktion im Rahmen<br />
einer geöffneten AutoCAD-Datei ausgeführt wird, bedarf es keiner Argumente.<br />
Somit werden nur die Variablen definiert<br />
Zum Auslesen der relevanten Punkte in der CAD-Datei wird im ersten Schritt die<br />
Variable "punktFilter" bestückt, die die Attribute der relevanten Punkte enthält.<br />
Dies sind die Eigenschaft "POINT" zu sein sowie auf der Ebene "__Punkte 1" zu<br />
liegen.<br />
Der Filter wird mit Hilfe der Funktion "ssget" auf die Zeichnungsdatenbank<br />
angewendet, um alle Punkte mit den oben definierten Eigenschaften in die<br />
Variable "punktliste" zu laden. "ssget" liefert jedoch einen Auswahlsatz zurück,<br />
der einen eigenen Datentyp darstellt und nicht mit den normalen Listenbefehlen<br />
angesprochen werden kann.<br />
AA1 soll als Schleifenbegrenzung dienen und wird daher mit der Anzahl der<br />
Punkte gleichgesetzt.<br />
Das Pendent zum Punktfilter ist der Filter <strong>für</strong> die Objekte, die Textfelder sind und<br />
auf der gleichen Ebene liegen.<br />
Praktische Implementation<br />
(defun umwandeln (/ punktFilter punktliste i<br />
punktname textFilter textliste j textname<br />
groupcodetext neuehoehe AA1 AA2 AA3<br />
AA4 AA5)<br />
(setq punktFilter(list (cons 0 "POINT")(cons 8<br />
"__Punkte 1")) ) ;<br />
(setq punktliste(ssget "X" punktFilter) )<br />
(setq AA1(sslength punktliste))<br />
(setq textFilter(list (cons 0 "TEXT")(cons 8<br />
"__Punkte 1")) ) ;<br />
Nun werden die entsprechenden Textfelder in eine eigene Variable eingelesen. (setq textliste(ssget "X" textFilter) )<br />
AA3 ist die Variable, die die Anzahl der Textfelder enthält. (setq AA3(sslength textliste))<br />
Die Laufvariable i wird auf 0 gesetzt. (setq i 0)<br />
Die äußere Schleife wird über alle Punkte laufen. (while (< i AA1);<br />
Auswahlsätze enthalten nicht das eigentliche Objekt, sondern nur eine Art Namen<br />
des Objektes. Daher wird im ersten Schritt der Name des i-ten Elements der (setq punktname(ssname punktliste i) )<br />
Punktliste ausgelesen.<br />
Der Variable "groupcodepunkt" wird nun das tatsächliche Objekt zum zuvor<br />
ausgewählten Namen zugewiesen.<br />
(setq groupcodepunkt(entget punktname) )<br />
Interessant ist nun die räumliche Position des Punktes, also die (X,Y,Z)-Koordinate.<br />
Diese ist im Gruppencode 10 enthalten, dessen Element in die Variable AA2 (setq AA2(assoc 10 groupcodepunkt))<br />
eingelesen wird. Diese Variable wird die Grundlage zum Vergleich mit den<br />
Textfeldern bilden<br />
Für die Textfeld-Schleife soll die Laufvariable j genutzt werden, die hier auf 0 (setq j 0)<br />
gesetzt wird.<br />
Hier beginnt die innere Schleife über alle Textfelder. (while (< j AA3)<br />
Es wird zunächst der Name des j-ten Textfelds ausgelesen. (setq textname(ssname textliste j) )<br />
Damit wird das j-te Textfeld in die Variable "groupcodetext" gelesen. (setq groupcodetext(entget textname) )<br />
Interessant ist ersten Schritt die Position des Textfeldes. (setq AA4(assoc 10 groupcodetext))<br />
Sind die Position des i-ten Punktes und des j-ten Textfeldes identisch, so ist das<br />
gesuchte Paar gefunden und die Schleife kann ihren eigentliche Aufgabe (if (equal AA2 AA4)<br />
vornehmen:<br />
Dieser Befehl ist nötig, da in if-Klauseln normalerweise nur ein einzelner Befehl<br />
ausgeführt werden darf.<br />
(progn<br />
Aus dem Textobjekt wird nun der eigentliche Textinhalt ausgelesen. Dieser hat<br />
den Gruppencode 1. Da die Gruppencode-Nummer, also die Zahl 1 nicht<br />
interessant ist, wird sie mit "cdr" abgeschnitten und nur der eigentliche Text in die<br />
Variable "neuehöhe" eingelesen.<br />
Naheliegenderweise enthalten Textfelder Inhalte in einem Datentyp <strong>für</strong> Texte,<br />
somit muss die Höhe noch in einen Datentyp <strong>für</strong> Zahlen umgewandelt werden,<br />
bevor sie weiterverwendet werden kann.<br />
Die Variable AA5 wird nun aus den bereits vorliegenden Höheninformationen des<br />
Punktes sowie der Information über die Höhe aus dem Textfeld<br />
zusammengeschnitten. AA5 besteht also aus den vier Elementen Gruppencode-<br />
Nummer (sprich 10), der X-Koordinate, der Y-Koordinate und der neuen Z-<br />
Koordinate.<br />
Die alte Höheninformation wird schließlich durch die in AA5 zusammengestellte<br />
neue Höhenfunktion überschrieben. Der zweidimensionale Punkte wird damit in<br />
die Ebene "emporgehoben".<br />
Der Befehl "entmod" stellt sicher, dass diese Veränderung nicht nur auf lokaler<br />
AutoLISP-Ebene passiert, sondern die Veränderung auch in der AutoCAD-<br />
Zeichendatenbank übernommen wird.<br />
Um weitere unnötige Schleifendurchläufe zu vermeiden und Rechenleistung zu<br />
(setq neuehoehe(cdr(assoc 1<br />
groupcodetext)))<br />
(setq neuehoehe(atof neuehoehe))<br />
(setq AA5 (list (nth 0 AA2) (nth 1 AA2) (nth 2<br />
AA2) neuehoehe))<br />
(setq groupcodepunkt(subst AA5 (assoc 10<br />
groupcodepunkt) groupcodepunkt) )<br />
(entmod groupcodepunkt)<br />
153
154<br />
Praktische Implementation<br />
sparen, wird j im Anschluss auf den maximalen Wert gesetzt, so dass die innere<br />
Schleife vorerst beendet wird und die äußere Schleife den nächsten Punkt<br />
untersucht.<br />
Waren die Position des i-ten Punktes und des j-ten Textfeldes nicht identisch, wird<br />
j um Eins erhöht und die Schleife prüft das nächste Textfeld.<br />
Ist die innere Schleife vollständig durchlaufen, setzt die äußere Schleife ihre<br />
Prüfung jeweils mit dem i+1-ten Punkt fort.<br />
(setq j AA3)<br />
)<br />
(setq j(+ j 1))<br />
)<br />
(setq i(+ i 1))<br />
Abb. 96: Erstellung des DGM (eigene Darstellung nach autolisp tutorials 2002, online)<br />
Als Ergebnis erhält man somit alle notwendigen Informationen.<br />
Abb. 97: Höhendaten als <strong>3D</strong>-Punktewolke in AutoCAD (eigene Darstellung)<br />
So wurde aus den 2D-Datenpunkten eine <strong>3D</strong>-Punktewolke. Diese wurde danach in Google<br />
SketchUp importiert.<br />
Im Kontext der Erstellung eines digitalen Geländemodells war jedoch nicht die Punktewolke<br />
interessant, sondern vielmehr die Erstellung eines kontinuierlichen Geländes. Dieser Prozess<br />
der Entwicklung eines Geländemodells aus einzelnen Datenpunkten nennt sich<br />
Datenregionalisierung. Streich (2011, 246) nennt vier mögliche Methoden der Daten-<br />
regionalisierung. Im vorliegenden Fall wurde sich <strong>für</strong> die Methode der Triangulation<br />
entschieden, da diese dem originären Datenmodell <strong>von</strong> Google Sketchup am nächsten kam.<br />
Google SketchUp speichert programmintern Flächen durch die Beschreibung deren Endpunkte,<br />
sodass es naheliegt, die Datenpunkte als Eckpunkte <strong>von</strong> Dreiecken aufzufassen. Vor diesem<br />
Hintergrund existieren bereits Implementierungen dieser Methode als frei verfügbare Plugins<br />
<strong>für</strong> SketchUp. Im vorliegenden Fall wurde das Plugin „Point Triangulation“ des Autors Didier
Praktische Implementation<br />
Bur verwendet. Dies legte der Methode der Triangulation folgend ein Netz aus Dreiecken über<br />
die Punktewolke. Es entstand somit ein sogenanntes unregelmäßiges Dreiecksnetz (engl.:<br />
Triangular Irregular Network, kurz TIN). Dieses Netz wirkte auf den ersten Blick sehr kantig und<br />
konnte daher mit der Google SketchUp Funktion „Kanten abmildern“ geglättet werden.<br />
Abb. 98: fertiges TIN in SketchUp (eigene Darstellung)<br />
Anschließend wurde das Häusermodell importiert. Zunächst musste die Orientierung des<br />
Häusermodells an die des Geländes angepasst werden. Um mit Hilfe des Google SketchUp<br />
Plugins „Sandbox“ das Häusermodell in das Gelände einzupassen, wurde das Häusermodell im<br />
<strong>3D</strong>-Raum über dem Gelände zum „Schweben“ gebracht.<br />
155
156<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 99: Grundriss über geglätteten Geländemodell schwebend (eigene Darstellung)<br />
Im ersten Schritt wurde der Grundriss des Häusermodells mit Hilfe der „Sandbox“-Funktion<br />
„Formen abbilden“ in das Geländemodell gestempelt. Hierbei wurde <strong>für</strong> jeden Häuserblock ein<br />
einzelnes Plateau in das existierende Gelände geschnitten. Anschließend konnte der Häuser-<br />
block durch die Funktion „Verschieben“ auf die Ebene des Plateaus verschoben werden und<br />
befand sich somit auf dem Gelände.<br />
Abb. 100: Haus wird auf dem schwebenden Grundriss platziert (eigene Darstellung)
Praktische Implementation<br />
Abb. 101: Bodenplatte wird vorbereitet, um sie auf dem Geländemodell zu platzieren (eigene Darstellung)<br />
Abb. 102: Bodenplatte wird in das Gelände geschnitten (eigene Darstellung)<br />
157
158<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 103: Haus wird auf der Bodenplatte platziert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 104: Häuser exemplarisch auf dem Gelände platziert (eigene Darstellung)
Praktische Implementation<br />
159
Praktische Implementation<br />
160
15 <strong>3D</strong>-Stadtmodell Zabid<br />
Praktische Implementation<br />
Im folgenden Kapitel wird das <strong>3D</strong>- Stadtmodell der Stadt Zabid dargestellt. Neben der<br />
Präsentation des gesamtstädtischen Modells, werden die Landmarks im Einzelnen gezeigt. Im<br />
Anschluss daran werden die Arbeitsschritte erläutert. Als Visualisierungsmedium wurde, wie<br />
auch in Shibam, Google-Earth gewählt.<br />
15.1 Darstellung des gesamtstädtischen Modells<br />
Abb. 105: Gesamtstädtisches Modell <strong>von</strong> Zabid mit Landmarks, gerendert (eigene Darstellung)<br />
161
162<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 106: Gesamtstädtisches Modell <strong>von</strong> Zabid mit Landmarks in Google Earth (eigene Darstellung)<br />
Abb. 107: Gesamtstädtisches Modell <strong>von</strong> Zabid in LOD1, gerendert (eigene Darstellung)
Praktische Implementation<br />
Abb. 108: Teilausschnitt gesamtstädtisches Modell Zabid mit Blick auf den Nordteil der Stadt, gerendert (eigene<br />
Darstellung)<br />
Abb. 109: Teilausschnitt gesamtstädtisches Modell Zabid mit Blick auf den Westteil der Stadt, gerendert (eigene<br />
Darstellung)<br />
163
164<br />
Praktische Implementation<br />
15.2 Landmarks<br />
Damit sich die Bürger <strong>von</strong> Zabid mit dem <strong>3D</strong>-Modell identifizieren können, ist es wichtig,<br />
Wiedererkennungswerte zu schaffen. Wie in den Anforderungen <strong>für</strong> das Stadtmodell <strong>von</strong> Zabid<br />
bereits beschrieben wurde, wurden aus diesem Grund verschiedene „Landmarks“ („Points of<br />
Interest“) herausgearbeitet. Dies sind die Moscheen Al Jamal al Kabir, Iskanderya und<br />
Ghusainiya, der innerstädtische Suq, die Zitadelle, die Stadttore „Bab al Quturb“, „Bab al<br />
Siham“ sowie ein <strong>für</strong> die Stadt typisches Wohnbeispiel.<br />
Abb. 110: Die Landmarks und ihre Lage im Stadtbild (GIZ, eigene Dartsellung)
Freitagsmoschee – Al Jamal al Kabir-Moschee<br />
Abb. 111: Freitagsmoschee im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 111 zeigt die Al Jamal al Kabir- Moschee (Freitagsmoschee) in ihrem gesamtstädtischen<br />
Kontext. Sie wurde im 8 Jahrhundert v. Chr. gegründet und war zunächst die ursprüngliche<br />
Universität <strong>von</strong> Zabid. Die Moschee liegt am östlichsten Ende des Suq.<br />
165
166<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 112: Freitagsmoschee im gesamtstädtischen Kontext 2, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 113: Freitagsmoschee mit Minarett und Blick auf den Innenhof, gerendert (eigene Darstellung)
Abb. 114: Freitagsmoschee mit Blick vom Innenhof auf Minarett, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 115: Freitagsmoschee , gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
167
168<br />
Praktische Implementation<br />
Südliches Stadttor – Bab al Quturb<br />
Das Bab al Quturb bildet das südliche Eingangstor <strong>von</strong> Zabid und wurde bereits einer auf-<br />
wändigen Restaurierungsmaßnahme unterzogen.<br />
Abb. 116: Bab-al-Quturb Rückseite (GIZ)
Abb. 117: Bab-al-Quturb Front (GIZ)<br />
Abb. 118: Bab al Quturb Frontansicht, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
169
170<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 119: Fensterfront Bab al Quturb, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 120: Frontansicht Bab al Quturb 2, gerendert (eigene Darstellung)
Abb. 121: Rückansicht Bab al Quturb, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 122: Bab-al-Quturb im gesamtstädtischen Kontext, Ansicht Front auf Stadtmauer (nicht realitätsgetreu),<br />
gerendert (eigene Darstellung)<br />
171
172<br />
Praktische Implementation<br />
Suq<br />
Abb. 123: Blick in den Suq 1, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Der Medina <strong>von</strong> Zabid bildet das Herzstück der Stadt. Sie liegt zwischen dem östlichen und<br />
westlichen Stadttor <strong>von</strong> Zabid und grenzt westlich an die große Freitagsmoschee. Die<br />
Geschäfte im Suq sind auf kleinster Fläche untergebracht und werden meist durch Metalltore<br />
verschlossen. In Abb. 123 sieht man die Hauptstraße des Suq. Bis heute kämpft der Suq gegen<br />
Leerstände. Von eigentlichen 320 nutzbaren Geschäften ist weniger als die Hälfte besetzt. (vgl.<br />
Imandi 2004)
Abb. 124: Sicht auf den Suq im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 125: Blick in den Suq 2, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
173
174<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 126: Blick in den Suq 3, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 127: Blick in den Suq 3, gerendert (eigene Darstellung)
Nördliches Stadttor – Bab al Siham<br />
Praktische Implementation<br />
Das Bab al Siham bildet den nördlichen Eingangsbereich <strong>von</strong> Zabid und wurde wie auch das<br />
Bab al Quturb einer aufwändigen Restaurierung unterzogen.<br />
Abb. 128: Bab-al-Siham Fronansicht (Böhler, 2007)<br />
Abb. 129: Bab al Siham Rückansicht, gerendert (eigene Darstellung)<br />
175
176<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 130: Bab al Siham Rückansicht 2, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 131: Frontansicht Bab al Siham, gerendert (eigene Darstellung)
Praktische Implementation<br />
Abb. 132: Rückansicht Bab al Siham mit eingefügtem Hintergrund, gerendert (eigene Darstellung)<br />
177
178<br />
Praktische Implementation<br />
Wohnen in Zabid<br />
Die folgenden Abbildungen stehen beispielhaft <strong>für</strong> eine bebaute Parzelle in Zabid. Dargestellt<br />
wird die Gliederung der Parzelle <strong>von</strong> außen nach innen mit dem zentralen Innenhof.<br />
Abb. 133: Gebäude der Wohnparzelle (Böhler, 2007)<br />
Abb. 134: Wohnbeispiel, gerendert (eigene Darstellung)
Abb. 135: Wohnbeispiel 2 (auf sandigem Untergrund), gerendert (eigene Darstellung)<br />
Abb. 136: Wohnbeispiel 3 (auf sandigem Untergrund), gerendert (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
179
180<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 137: Wohnbeispiel 4 (auf sandigem Untergrund), gerendert (eigene Darstellung)<br />
Iskanderya – Die Moschee an der Zitadelle<br />
Abb. 138: Moschee: Iskanderya (GIZ)
Abb. 139: Moschee Iskanderya, gerendert (eigene Darstellung)<br />
Moschee al Ghusainiya<br />
Abb. 140: Blick in den Innenhof der Moschee al Ghusainiya (GIZ)<br />
Praktische Implementation<br />
181
182<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 141: Moschee Ghusainiya im gesamtstädtischen Kontext mit Blick auf die Zitadelle, gerendert (eigene<br />
Darstellung)<br />
Abb. 142: Moschee Ghusainiya, gerendert (eigene Darstellung)
Zitadelle<br />
Abb. 143: Blick <strong>von</strong> der Zitadelle auf die Moschee Iskanderya, real (GIZ)<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 144: Zitadelle mit Blick auf Iskanderya im gesamtstädtischen Kontext mit Blick Richtung Norden, gerendert<br />
(eigene Darstellung)<br />
183
184<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 145: Zitadelle mit Blick auf Iskanderya, gerendert (eigene Darstellung)<br />
15.3 Dokumentation der Arbeitsschritte<br />
Der folgende Abschnitt beschreibt die Arbeitsschritte zur Erstellung des <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>für</strong><br />
die Stadt Zabid mit Hilfe des Programms Google SketchUp. Außerdem wurden die Programme<br />
Autodesk AutoCAD sowie Adobe Photoshop zur Bearbeitung der vorhandenen<br />
Datengrundlagen verwendet.<br />
15.3.1 Erstellung des LOD1 Modells<br />
Um die in Kap. 13.3 erläuterten Grundlagendaten in Google SketchUp verwenden zu können,<br />
musste das in AutoCAD dargestellte Kartenmaterial, welches im DWG-Format vorlag,<br />
bearbeitet werden. Die Daten der Conservation Maps der GIZ liefern den Grundriss aller<br />
Gebäude Zabids innerhalb der Stadtmauern. Das Augenmerk zur Erstellung des LOD1 Modells<br />
lag auf den groben Umrissen der Gebäudeblöcke, um private <strong>von</strong> öffentlichen Bereichen
Praktische Implementation<br />
differenzieren zu können. Weiterhin sind in der Grundlagenkarte alle Moscheen, Koranschulen<br />
und Hamams verzeichnet. Ein wichtiges Detail zur Erstellung des Grundmodells war ebenfalls,<br />
dass nur Gebäude berücksichtigt wurden, welche „legal“, d. h. mit Baugenehmigung vor 1960<br />
errichtet wurden. Diese Information befand sich auf einer separaten Ebene der Ausgangskarte.<br />
Abb. 146: Grundriss der Stadt Zabid mit allen dargestellten Layern (eigene Darstellung)<br />
Mit Google SketchUp der Version 7 ist es möglich, DWG-Dateien in SketchUp zu importieren.<br />
Das weitere Modell wurde anschließend in der aktuellsten Version <strong>von</strong> Google SketchUp, der<br />
Version 8 erstellt. Nachdem der Grundlagenplan im DWG-Format in Google SketchUp geladen<br />
wurde, mussten die einzelnen Layer bearbeitet werden. Die verwendbaren Daten blieben im<br />
Modell vorhanden, alle anderen Layer wurden aufgrund des ansonsten zu groß werdenden<br />
Datenumfangs gelöscht.<br />
Durch das Importieren einer DWG-Datei in Google SketchUp 7 konnten <strong>für</strong> das Modell<br />
relevante Linien einzeln angewählt und verändert werden, was zu einer hohen Zeitersparnis<br />
beim Schließen der Gebäudeflächen beitrug.<br />
185
186<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 147: Grundriss der Stadt Zabid mit allen sichtbaren Layern (eigene Darstellung)<br />
Abb. 148: Benötigte Layer (eigene Darstellung)<br />
Im nächsten Schritt wurden Grundrisse der Häuserblocks mit dem Werkzeug „Stift“ umrandet<br />
und anschließend mit dem Werkzeug „Drücken / Ziehen“ in die dreidimensionale Ebene<br />
extrudiert.
Praktische Implementation<br />
Da die Gebäudehöhen in den einzelnen Blocks trotz der eingeschossigen Bauweise etwas<br />
variieren, wurde als Ausgangswert eine Gebäudehöhe <strong>von</strong> vier Metern eingestellt.<br />
Abb. 149: Umrandeter Block (eigene Darstellung)<br />
Die hellblau dargestellten Flächen liegen mit der Innenseite nach oben im Modell. Um spätere<br />
Komplikationen bei der Darstellung und Texturierung zu vermeiden, mussten alle hellblauen<br />
Flächen mit der Funktion „Flächen umkehren“ zunächst auf die Außen-Seite gedreht werden.<br />
187
188<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 150: Flächen umkehren (eigene Darstellung)<br />
Abb. 151: <strong>3D</strong>-Körper nach dem Extrudieren (eigene Darstellung)<br />
Hat man sämtliche Gebäudeblöcke extrudiert erhält man ein erstes Kubaturenmodell <strong>von</strong><br />
Zabid in der Stufe LOD1. (vgl. Kap.13)<br />
In der LOD1 Stufe <strong>von</strong> Zabid sind weiterhin Standorte <strong>von</strong> Moscheen, Koranschulen sowie<br />
Hamams farblich markiert. Um Elemente ein- und ausblenden zu können, muss während aller
Praktische Implementation<br />
Arbeitsschritte darauf geachtet werden, Flächen und Linien im gewünschten Layer zu<br />
platzieren. Erfolgt dies nicht, kommt es später zu Komplikationen, wenn einzelne<br />
Gebäudebereiche, wie zum Beispiel alle religiösen Gebäude, ein- oder ausgeblendet werden<br />
sollen.<br />
Abb. 152: LOD1 der Stadt Zabid (eigene Darstellung)<br />
15.3.2 Erstellung des LOD2 Modells<br />
Da Zabid mehr als 2.000 Gebäude besitzt, ist ein LOD2 Modell <strong>für</strong> die Gesamtstadt nicht<br />
angedacht. Vielmehr sollen an dieser Stelle die Landmarks näher ausformuliert werden. Zum<br />
Teil ließ die Datenbasis nur eine Darstellung im LOD2 zu.<br />
Grundsätzlich wird bei der Erstellung eines <strong>3D</strong>-Körpers im LOD2 eine Texturierung<br />
vorgenommen. Beispielhaft <strong>für</strong> Zabid soll ein typisches Thiama Wohnhaus im LOD2 werden.<br />
Als Datenbasis dient ein Häusergrundriss <strong>von</strong> Kerstin Böhler, die eine Masterarbeit zum Thema<br />
„Revitalisierung <strong>von</strong> Zabid“ erstellt hat. Frau Böhler stellte ebenfalls die Fotos zur<br />
Fassadentextur zur Verfügung.<br />
189
190<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 153: Gebäudegrundriss eines einfachen Wohnhauses in Zabid (Böhler 2007)<br />
Abb. 154: Gebäude im LOD1 (eigene Darstellung)
Abb. 155: Frontansicht eines Wohnhauses in Zabid (Böhler 2007)<br />
Praktische Implementation<br />
Ein Foto der Fassade des Gebäudes wurde mit dem Programm Adobe Photoshop entzerrt, um<br />
es schließlich an das Modell angepasst auf die Flächen aufzubringen. Zum Teil war es<br />
notwendig, einzelne Bereiche mit dem Retuschierpinsel in Adobe Photoshop zu bearbeiten,<br />
um störende Elemente wie beispielsweise Palmblätter, Schatten oder Ecken der im<br />
Vordergrund stehenden Liege zu entfernen. Nach der Entzerrung und Bearbeitung konnte die<br />
Textur in Google SketchUp verwendet werden, indem sie als Textur in das Modell geladen und<br />
alle gewünschten Flächen mit ihr einfärbt wurden. Dabei ist zu beachten, dass Texturen nicht<br />
automatisch auf die Flächen angepasst werden. Man muss sie mittels der Funktion „Textur<br />
bearbeiten“ manuell einstellen und anschließend im Modell selbst platzieren.<br />
191
192<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 156: Mit Adobe Photoshop entzerrte und retuschierte Fassade (eigene Darstellung)<br />
Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Palme auf dem Foto durch eine entsprechende Palme<br />
des Google SketchUp Warehouse zu ersetzen. Die Arbeit mit Google SketchUp lässt sich<br />
wesentlich vereinfachen, indem man beim Modellieren auf Teile des Google Warehouse<br />
zurückgreift. Unter der Web-Adresse:<br />
http://SketchUp.google.com/3dwarehouse ist es möglich, in einer Datenbank nach schon<br />
vorhandenen Gebäuden oder Gebäudeteilen zu suchen. Hilfreich ist die Datenbank ebenfalls<br />
bei der Suche nach Mobiliar und Pflanzen.
Abb. 157: Texturiertes Gebäude mit Palme aus dem Warehouse (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Die beschriebenen Schritte zeigen den Verlauf einer Kubatur im LOD1 bis zum fertig<br />
texturierten LOD2 Modell.<br />
15.3.3 Erstellung des LOD3 Modells<br />
In diesem Abschnitt wird die detaillierte Modellierung verschiedener Moscheen und des<br />
Stadttores Bab al Quturb in Zabid beschrieben. Als Grundlage zur Erstellung des LOD3 Modells<br />
dienen die Bildgrundlagen, welche <strong>von</strong> der GIZ zur Verfügung gestellt wurden. Die<br />
vorhandenen Bilder zeigen die Moschee und der Stadttore in verschiedenen Ansichten.<br />
Fehlten Ansichten <strong>von</strong> den Seiten oder <strong>von</strong> der Rückseite wurden sie ähnlich des verfügbaren<br />
Materials gestaltet.<br />
193
194<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 158: Iskanderya (GIZ)<br />
Abb. 159: Iskanderya in SketchUp (eigene Darstellung)
Abb. 160: Frontansicht Bab al Quturb (GIZ)<br />
Abb. 161: Frontansicht Bab al Quturb in Google SketchUp (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Um den Suq detailliert zu modellieren dienten Fassadenpläne als Grundlage, welche als JPG-<br />
Bilddatei vorhanden waren. Diese Fassaden wurden in Google SketchUp nachgezeichnet und<br />
als Komponenten zunächst auf die Fassaden gelegt. Um ein realitätsnahes Bild zu erstellen<br />
mussten die Komponenten mit dem Modell verschnitten werden um sie anschließend mit dem<br />
„Drücken/ Ziehen“ Werkzeug anzupassen. Da es kein ausreichendes Bildmaterial zu den<br />
Fassaden des Suqs gibt, wurden die Gebäude nach freiem Empfinden eingefärbt. Das<br />
entstandene Modell entspricht somit nicht exakt der Realität, kann aber dazu verwendet<br />
werden, um Sichtbeziehungen und Größendimensionen im Straßenraum zu verdeutlichen.<br />
195
196<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 162: Frontansichten des Suq (GIZ)<br />
Abb. 163: Erstellte Komponenten der Frontansichten des Suq (eigene Darstellung)
Abb. 164: modellierter und eingefärbter Bereich (eigene Darstellung)<br />
Praktische Implementation<br />
Sind alle gewünschten Gebäude im LOD3 modelliert worden, wird ein Gesamtmodell erstellt.<br />
Hierzu werden alle einzeln angefertigten Gebäude sowie der Suq in das Gesamtmodell auf der<br />
LOD1-Ebene importiert und auf den vorgesehenen Flächen platziert.<br />
Um zu große Datenmengen zu vermeiden, wurden alle Gebäude zunächst in separaten Dateien<br />
erstellt. Diese wurden schließlich zum Grundmodell hinzugefügt unter Beachtung der<br />
separaten Layer. Hierzu mussten die Gebäude zunächst gruppiert werden, um die einzelnen<br />
Objekte im Ganzen bewegen zu können. Somit konnten die Objekte mit dem „Verschieben“-<br />
Werkzeug an ihre gewünschte Position gebracht werden.<br />
Bei der Texturierung der einzelnen Gebäude wurden zum Teil nur einfache Farbkomponenten<br />
verwendet, welche dem Gebäude in der Realität ähnlich sind, da nicht <strong>von</strong> allen Gebäuden<br />
Rundum-Ansichten verfügbar waren. Weiterhin wurde auf die ornamentreiche Verzierung der<br />
Fassaden weitestgehend verzichtet, da dies <strong>für</strong> den Rahmen dieser Diplomarbeit zu aufwendig<br />
wäre. Außerdem sind Fassadendetails <strong>für</strong> die Verwendung des Modells in Projekten zur<br />
Beteiligung der Bevölkerung nicht relevant.<br />
197
198<br />
Praktische Implementation
16 Workflow und Bewertung <strong>für</strong> Shibam und Zabid<br />
Praktische Implementation<br />
Beim <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen im <strong>Partizipationsverfahren</strong> ist es allein mit der Erstellung des<br />
Ausgangsmodells nicht getan. Häufig müssen Modelle aktualisiert werden z.B. als Ergebnis <strong>von</strong><br />
Workshops, Verbesserungsvorschlägen oder entwickelten Planungsalternativen. Dies<br />
bedeutet, dass es vorteilhaft ist, einen klar definierten Workflow festzulegen, um jederzeit mit<br />
einem minimalen Zeitaufwand zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Deshalb wird im<br />
Folgenden auf Grundlage der Erarbeitung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle Shibam und Zabid ein all-<br />
gemeiner Workflow erläutert, um dieses Ziel möglichst effizient umzusetzen.<br />
16.1 Workflow <strong>für</strong> Shibam und Zabid<br />
Bevor man mit dem eigentlichen Modellieren beginnt, ist es notwendig, dass die Anforderung<br />
an das Modell definiert werden, die sich aus dem späteren Anwendungsfeld ergeben. Es ist der<br />
gewünschte Detaillierungsgrad (LOD-Stufen) festzulegen. Es sollte nur der <strong>für</strong> das gewünschte<br />
<strong>Einsatz</strong>gebiet minimal benötigte Detaillierungsgrad verwendet werden. Gleichzeitig sollte das<br />
Modell die Möglichkeit einer späteren Verfeinerung zulassen.<br />
Bei der Bearbeitung der Ausgangsdaten (sowohl Bilddaten als auch Plangrundlagen) sollte<br />
darauf geachtet werden, dass diese <strong>für</strong> die endgültige Nutzung verwendet werden können, da<br />
spätere Nachbesserung meist sehr zeitaufwendig sind.<br />
Bei der Erstellung der <strong>3D</strong>-Modelle mit Google SketchUp sollten die Funktionen des Programms<br />
möglichst effizient genutzt werden. Neben der allgemeinen Werkzeugpalette verfügt Google<br />
SketchUp über eine Reihe <strong>von</strong> Funktionalitäten, die die Arbeit erheblich vereinfachen können<br />
und zeitsparend sind. Im Rahmen der Erstellung der <strong>3D</strong>- Modelle <strong>für</strong> Shibam und Zabid waren<br />
diese insbesondere:<br />
Verwendung <strong>von</strong> Tastaturkürzeln<br />
Durch Zuweisen <strong>von</strong> Tastaturkürzeln können häufige Wechsel zwischen Werkzeugen verkürzt<br />
und unnötige Mausklicks vermieden werden.<br />
199
200<br />
Praktische Implementation<br />
Abb. 165: Voreinstellungen zur Verwendung <strong>von</strong> Tastenkürzeln (eigene Darstellung)<br />
Verwendung des Referenzsystems<br />
Google SketchUp bietet ein umfangreiches Referenzsystem, das ermöglicht, beim Erstellen <strong>von</strong><br />
Linien und Flächen auf bereits existierende Objekte zu verweisen und gewünschte Eigen-<br />
schaften wie Höhe, Länge oder Winkel zu übernehmen.<br />
Bildung <strong>von</strong> Komponenten <strong>für</strong> häufig verwendete Objekte<br />
Wie bereits im Abschnitt 16.1 erläutert, können häufig verwendete Objekte wie z.B.<br />
Fensterformen oder Fassaden als Komponenten eingebunden werden. Dies spart Speicherplatz<br />
und lässt eine nachträgliche Bearbeitung gleichartiger Objekte zu.<br />
Erweiterungen (Plug-Ins)<br />
Zu Google SketchUp gibt es eine Vielzahl, häufig kostenloser, Erweiterungen, mit denen dem<br />
Programm bestimmte Funktionalitäten hinzugefügt werden können. So können mit<br />
„MakeFaces“ alle geschlossenen Liniensysteme automatisch mit Flächen gefüllt werden oder<br />
mit „JointPushPull“ können mehrere Flächen gleichzeitig extrudiert werden.<br />
Zu den verwendeten Plug-Ins zur Erstellung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle gehören<br />
- „Make Faces“ erkennt geschlossene Liniensysteme und füllt diese als Flächen
- „JointPushPull“ erleichtert das Extrudieren mehrerer Flächen gleichzeitig<br />
- „Podium“ kann zur Erstelleng <strong>von</strong> gerenderten Ansichten genutzt werden<br />
Abb. 166: Internetseite zum Herunterladen <strong>von</strong> Plug-Ins (crai.archi 2012, online)<br />
Nutzen des Ebenensystems zur thematischen Abgrenzung<br />
Praktische Implementation<br />
Soweit wie möglich, sollten thematisch gruppierte Objekte in eigenen Ebenen abgelegt<br />
werden. So könnte es mit Hinblick auf spätere Darstellungsziele sinnvoll sein, bereits<br />
restaurierte Gebäude in einer getrennten Ebene zu speichern als noch zu renovierende<br />
Häuser.<br />
16.2 Bewertung<br />
Im Anschluss erfolgt die Bewertung <strong>für</strong> das Erstellen der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle <strong>von</strong> Shibam und<br />
Zabid mit der Modellierungssoftware Google-SketchUp. Wie bereits beschrieben ist der<br />
Modellierungsprozess <strong>für</strong> beide Stadtmodelle analog. Daher kann eine gemeinsame<br />
Bewertung <strong>für</strong> die Handhabung der Software abgegeben werden.<br />
Wie bereits in Kap. 10.1.1 beschrieben wurde, handelt es sich bei Google SketchUp um ein<br />
leicht zu erlernendes Programm, was sich bei der praktischen Umsetzung bestätigte. Trotz der<br />
Vorteile, die das Programm bietet, gibt es auch verschiedene Schwachstellen. So muss z.B. bei<br />
der Arbeit mit verschiedenen Ebenen akribisch darauf geachtet werden, dass man auf dem<br />
richtigen Layer arbeitet, da ein nachträgliches verschieben der Flächen zwischen einzelnen<br />
Layern zwar grundsätzlich möglich ist, aber sehr zeitintensiv, da man die Flächen und Linien<br />
zum Verschieben alle einzeln angewählt werden müssen. Eine weitere Schwierigkeit beim<br />
201
202<br />
Praktische Implementation<br />
Arbeiten mit verschiedenen Layern ist, dass sich Flächen in einzelnen Elementen<br />
überschneiden. So zum Beispiel wenn zwei direkt aneinander grenzende Gebäude auf<br />
verschiedenen Layern liegen, sich aber eine Wand teilen. Möchte man nun einen der beiden<br />
Layer ausschalten, so fehlt einem der beiden Gebäude eine Wand. Darüber hinaus kann<br />
Google-SketchUp die Wand mit beiden Layern nicht genau zuordnen und legt beide Gebäude<br />
nochmals auf einem separaten Layer ab. So erhält man schlussendlich eine Fläche welche<br />
gleichzeitig auf zwei aktiven Layern abgelegt ist.<br />
Darüber hinaus ist die Präzision des Programms ein weiterer Schwachpunkt. Dies zeigt sich vor<br />
allem beim Platzieren einzelner Objekte, da es sich teilweise als sehr schwierig erwies, diese<br />
millimeter-genau an der gewünschten Stelle zu platzieren. Sichtbar wird dies auch beim<br />
Zeichnen <strong>von</strong> Linien, die eine geschlossene Fläche bilden sollen, da es immer wieder passieren<br />
kann, dass sich einzelne Flächen nicht schließen lassen. Ursache ist meist, dass die<br />
geometrische Struktur an einer Stelle eine winzig kleine Lücke aufweist, die in der normalen<br />
Vergrößerung nicht sichtbar ist.<br />
Die Tatsache, dass Google SketchUp bzw. der verwendete Rechner Probleme mit großen<br />
Datenmengen haben kann, stellt ein weiteres Problem dar. Je nach Rechnerleistung lassen sich<br />
komplexe Modelle, deren Dateigröße einen zweistelligen Megabyte-Bereich erreicht hat, nur<br />
noch schwer bearbeiten, da das Programm aufgrund des benötigten Arbeitsspeichers<br />
wesentlich langsamer wird. Insbesondere <strong>für</strong> den <strong>Einsatz</strong>ort im Jemen spielt dies eine wichtige<br />
Rolle, da die technische Ausstattung vor Ort nicht zwangsläufig auf dem neusten Stand ist.<br />
In Bezug auf das Thema Dateigröße, hatte man bei der Erstellung des <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>von</strong><br />
Zabid nur geringe Schwierigkeiten, da der meist der kleinstmögliche Detailierungsgrad zur<br />
Erstellung des Modells verwendet wurde (LOD1 oder LOD2). Die Leistungsfähigkeit des<br />
Programms ließ erst bei dem Zusammensetzen des gesamtstädtischen Modells mitsamt Points<br />
of Interest nach beziehungsweise bei der Implementierung in Google Earth.<br />
Bei der Erstellung <strong>von</strong> Flächen kann es passieren, dass Flächen „verkehrt herum“ orientiert<br />
sind, ohne dass dies gewünscht ist. Google SketchUp unterscheidet zwischen Innen- und<br />
Außenflächen <strong>von</strong> Gebäuden und versieht diese mit unterschiedlichen Texturen. In diesem Fall<br />
müssen die entsprechenden Flächen im Nachhinein manuell gedreht werden, was einen<br />
größeren Zeitaufwand mit sich bringt.<br />
Trotz dieser Mängel überwiegen die positiven Eigenschaften <strong>von</strong> Google SketchUp eindeutig<br />
und das Programm erfüllt die <strong>für</strong> den geplanten <strong>Einsatz</strong> gewünschten Anforderungen wie<br />
einfache Bedienbarkeit, nachträgliche Modifizierbarkeit und dass es sich um kostenlose und<br />
frei zugängliche Software handelt. Zwar darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der
Praktische Implementation<br />
Modellierungsprozess trotz eines optimierten Workflows je nach Detaillierungsgrad einen<br />
erheblichen Zeitaufwand bedeutet, dennoch handelt es sich bei der Modellierung mit Google<br />
SketchUp um eine einfache und effiziente Art der digitalen <strong>3D</strong>-Stadtmodellierung.<br />
203
204<br />
Praktische Implementation
IV. Konzeptioneller Ansatz<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
205
206<br />
Konzeptioneller Ansatz
17 Konzeptioneller Ansatz zum <strong>Einsatz</strong> der <strong>3D</strong>-Modelle im<br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> im Jemen<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
Im Folgenden soll ein Ansatz entwickelt werden, wie die erstellten <strong>3D</strong>-Modelle im Rahmen der<br />
Aktivitäten des MEDINA-Projektes bzw. weiterer Projekte zum <strong>Einsatz</strong> kommen können.<br />
Gemäß Kap. 9.2 können die <strong>Einsatz</strong>varianten <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen beispielhaft in vier Fälle<br />
aufgeteilt werden, die sich anhand der Dimensionen IST- ggü. SOLL-Zustand und Partizipation<br />
definieren. Der Fall 3 (IST-Zustandsbeschreibung unter Mitarbeit der Zielgruppe) und der Fall 4<br />
(SOLL-Zustands Entwicklung unter Mitarbeit der Zielgruppe) sind hier im Sinne der<br />
Partizipation bevorzugte <strong>Einsatz</strong>varianten.<br />
Im Ablauf <strong>von</strong> Einzelprojekten, die einen Transformationsaspekt <strong>von</strong> lokaler Bausubstanz<br />
enthalten, gibt es folgende Projektphasen, in denen die <strong>3D</strong>-Modelle zum <strong>Einsatz</strong> kommen<br />
können:<br />
(1) Auswahl eines Zielobjektes<br />
(2) Erfassung und IST-Beschreibung des Zielobjektes<br />
(3) Simulation und Entscheidung über mögliche Planungsalternativen<br />
(4) Präsentation der gewählten Planungsalternative<br />
(5) Überarbeitung und ggf. Neupräsentation des SOLL-Zustandes bei unvorhergesehenen<br />
Abweichungen im Projektablauf<br />
(6) Präsentation <strong>von</strong> Zwischenergebnissen<br />
(7) Präsentation des fertigen Ergebnisses und damit des neuen IST-Zustandes<br />
17.1 <strong>Einsatz</strong>bereich 1 - Auswahl eines Zielobjektes<br />
In Projekten, in denen das Zielobjekt noch nicht feststeht, kann das bereits existierende <strong>3D</strong>-<br />
Modell eine Hilfestellung in Form eines Gesamtüberblickes liefern. Es stellt alle existierenden<br />
Gebäude eines begrenzten Bereiches in ihrer physischen Ausprägung dar und enthält<br />
Informationen über Erhaltungszustand, Anzahl der Stockwerke und weitere Parameter, die <strong>für</strong><br />
eine Auswahl des Zielobjektes entscheidend sein können. Für den Fall, dass das Modell die<br />
aktuelle Situation des Auswahlgebietes nicht exakt wiedergibt z.B. aufgrund zwischenzeitlicher<br />
Veränderungen, so ist zu prüfen, ob der Aufwand einer Neumodellierung des Zielgebietes<br />
sinnvoll ist. Hier sei insbesondere auf den folgenden <strong>Einsatz</strong>bereich zwei verwiesen.<br />
Die Entscheidung über das Zielobjekt im Rahmen <strong>von</strong> Partizipation kann über<br />
unterschiedlichste Instrumente erfolgen. Denkbar sind Bürgerversammlung oder Bürgerforum<br />
207
208<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
als Mittel zur Einbindung eines möglichst großen Ausschnitts der betroffenen Bevölkerung.<br />
Hier könnte die Faustregel gelten, dass je größer die Anzahl der späteren Nutzer des Objektes<br />
ist, desto umfassender sollte das gewählte Instrument der Partizipation sein.<br />
17.2 <strong>Einsatz</strong>bereich 2 - Erfassung und IST-Beschreibung des Zielobjektes<br />
Ist das Zielobjekt wie z.B. ein zu sanierendes Gebäude identifiziert, was idealerweise unter<br />
Einbeziehung der späteren Nutzer des Zielobjektes geschehen sollte, so sollte zunächst mit der<br />
Beschreibung des IST-Zustandes des Objektes begonnen werden. Mit dem im Rahmen dieser<br />
Arbeit entstandenen <strong>3D</strong>-Modell liegt ein flexibles Grundmodell vor, auf dem aufgesetzt<br />
werden kann. Es muss jedoch ein Abgleich mit den tatsächlichen Gegebenheiten, möglichst<br />
unter Einbeziehung der Bevölkerung, erfolgen. So kann durch eine zwischenzeitliche<br />
Verschlechterung des Zustandes der Bausubstanz der IST-Zustand <strong>von</strong> der Darstellung im<br />
existierenden Modell abweichen. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass das existierende<br />
Modell in einzelnen Details fehlerhaft ist oder der Detaillierungsgrad (Level of Detail) <strong>für</strong> das<br />
Projektvorhaben unzureichend ist.<br />
Beim Abgleich des existierenden Modells mit dem Zustand des Zielobjektes ist der runde Tisch<br />
als Partizipationsinstrument zu empfehlen. Es sollten sich ehemalige Bewohner des Objektes,<br />
zukünftige Nutzer, lokale Fachkräfte wie z.B. Handwerker, lokale Politiker und die Mittler<br />
zusammensetzen um gemeinsam den IST-Zustand zu beschreiben. Neben strukturellen<br />
Informationen über z.B. Statik und verwendetes Baumaterial im Zielobjekt sollte das Ergebnis<br />
dieser Phase ein überarbeitetes <strong>3D</strong>-Modell des IST-Zustands sein. In der genannten<br />
Kategorisierung handelt es sich somit um den Fall 3 des <strong>Einsatz</strong>es eines <strong>3D</strong>-Modells.<br />
17.3 <strong>Einsatz</strong>bereich 3 - Simulation und Entscheidung über mögliche<br />
Planungsalternativen<br />
Die nächste <strong>Einsatz</strong>möglichkeit des <strong>3D</strong>-Modells entlang des Projektzyklus ist die Simulation <strong>von</strong><br />
möglichen Planungsalternativen des Zielobjektes. Beinhalten mögliche Planungsalternativen<br />
eine visuelle Komponente, so kann das <strong>3D</strong>-Modell einen Eindruck <strong>von</strong> den Auswirkungen der<br />
jeweiligen Entscheidung bieten. Als Beispiel könnte die Entscheidung über die Anzahl der zu<br />
bauenden Stockwerke eines Gebäudes sein. Für jede gewünschte Alternative könnte das<br />
existierende IST-Modell des Gebäudes in einen SOLL-Zustand mit entsprechender Anzahl <strong>von</strong><br />
Stockwerken überführt werden. Anhand der Simulation lässt sich nun u.a. beurteilen, wie sich<br />
das Gebäude in den existierenden Straßenzug eingliedert oder welche möglichen Schatten im<br />
Tagesverlauf geworfen werden.
Konzeptioneller Ansatz<br />
Ein anderes Beispiel wäre die Wahl eines Materials <strong>für</strong> den Putz eines Gebäudes. Neben der<br />
Verwendung <strong>von</strong> lokalen Rohstoffen und Berücksichtigung der Gesamtkosten könnten auch<br />
optische Überlegungen eine Rolle spielen. Die visuellen Auswirkungen verschiedener<br />
Materialien lassen sich mit dem <strong>3D</strong>-Modell gut simulieren.<br />
Das in diesem <strong>Einsatz</strong>bereich zu empfehlende Partizipationsinstrument ist der Planungsbeirat.<br />
Vertreter der einzelnen Interessengruppen sollte es möglich sein, Vorschläge <strong>für</strong> mögliche<br />
Planungsalternativen zu machen.<br />
Der Planungsbeirat sollte als Vertretung der Interessengruppen auch maßgebliche<br />
Entscheidungen über die Wahl der gewünschten Ziel-Alternative treffen können. Ist dies<br />
sichergestellt, so handelt es sich hierbei um den Fall 4 des <strong>Einsatz</strong>es eines <strong>3D</strong>-Modells.<br />
17.4 <strong>Einsatz</strong>bereich 4 - Präsentation der gewählten Planungsalternative<br />
Wurden alle relevanten Entscheidungen über den Zielzustand des Objektes getroffen, so ist<br />
dies in einem abschließenden SOLL-Modell festzuhalten. Es empfiehlt sich der Bevölkerung die<br />
Ergebnisse der Planungsphase in Form eines Projektplans vorzustellen. In diesem<br />
Zusammenhang kann das <strong>3D</strong>-Modell als Darstellung des Ziel-Zustandes genutzt werden.<br />
Didaktisch empfiehlt es sich, den IST-Zustand und den Soll-Zustand gegenüber zu stellen, damit<br />
der Zielgruppe das Ausmaß des Planungsprozesses bewusst wird. In größeren oder<br />
längerfristigen Projekten kann auch die Visualisierung <strong>von</strong> Zwischenschritten der Trans-<br />
formation sinnvoll sein. Darüber hinaus kann in Projekten, die eine Umnutzung des Ziel-<br />
objektes beinhalten, mit Hilfe <strong>von</strong> thematischen <strong>3D</strong>-Karten die Einbindung des Objektes in die<br />
existierende Struktur der Umgebung aufgezeigt werden.<br />
Das geeignete Instrument der Partizipation zur Präsentation des Projektplans ist die<br />
Bürgerversammlung. An ihr können alle Bürger der unterschiedlichen Interessengruppe<br />
teilnehmen und damit auch Information über die Entscheidungen des sie vertretenden<br />
Planungsbeirats erlangen.<br />
Der Aufgabe des Versammlungsleiters kommt eine hohe Bedeutung zu. Er muss stringent<br />
durch die Versammlung führen und den Projektplan <strong>für</strong> jeden verständlich erklären.<br />
Gleichzeitig muss es jedoch die Möglichkeit <strong>für</strong> Fragen und Vorschläge der Bürger geben.<br />
Äußert sich klare Kritik an dem vorgestellten Planungsziel, so muss diese berücksichtigt<br />
werden. Je nach Ausmaß des Feedbacks der Bevölkerung und der Möglichkeit des<br />
Planungsteams, diese zu berücksichtigen kann es sich hier um Fall 2 oder Fall 4 des <strong>Einsatz</strong>es<br />
eines <strong>3D</strong>-Modells handeln.<br />
209
210<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
17.5 <strong>Einsatz</strong>bereich 5 - Überarbeitung und ggf. Neupräsentation des SOLL-<br />
Zustandes bei unvorhergesehenen Abweichungen im Projektablauf<br />
Kommt es im Laufe des Projekts zu unvorhergesehenen Abweichungen wie<br />
Budgetüberschreitungen, Nichtverfügbarkeit <strong>von</strong> Baumaterial oder anderen Ereignissen, die<br />
eine teilweise Neuplanung erfordern, so kann der <strong>Einsatz</strong> des <strong>3D</strong>-Modells analog zum<br />
<strong>Einsatz</strong>bereich 2 Entscheidungshilfen liefern. Das zu wählende Instrument der Partizipation<br />
sollte auch hier der Planungsbeirat sein, möglichst in der gleichen Zusammensetzung wie in<br />
der ursprünglichen Planungsphase, um eine Konsistenz der Entscheidungen sicherzustellen.<br />
Auch hier liegt dann Fall 4 des <strong>Einsatz</strong>es eines <strong>3D</strong>-Modells vor.<br />
Gegebenenfalls sollte bei elementaren Änderungen eine erneute Bürgerversammlung<br />
einberufen werden, um eine Transparenz des Prozesses sicherzustellen. Eine Abweichung des<br />
Zielzustandes vom zunächst präsentierten Modell kann zu Verunsicherung der Bevölkerung<br />
und zu Vertrauensverlust führen. Dabei ist unerheblich, ob das Ereignis, das eine Neuplanung<br />
erforderlich machte, vom Planungsteam zu vertreten ist oder nicht. Die Wahl der<br />
Präsentationsform sollte sich an der zuvor gewählten Darstellung orientieren. Zumeist liegt<br />
hier der Fall 2 des <strong>Einsatz</strong>es eines <strong>3D</strong>-Modells vor.<br />
17.6 <strong>Einsatz</strong>bereich 6 - Präsentation <strong>von</strong> Zwischenergebnissen<br />
Es kann sinnvoll sein, Zwischenergebnisse zu präsentieren, insbesondere wenn sich die<br />
Planungsarbeiten über einen längeren Zeitraum erstrecken.<br />
Die zu wählende Form ist hier individuell zu entscheiden. In kürzeren Projekten kann dies<br />
durch einen Aushang erfolgen, bei längerfristigen Projekten oder solchen, die ein hohes<br />
Interesse der Bevölkerung genießen, kann auch eine erneute Bürgerversammlung einberufen<br />
werden. Neben Fotos vom Baufortschritt sollte das <strong>3D</strong>-Modell des aktuellen IST-Zustandes<br />
gezeigt werden. Auch hier kann es didaktisch sinnvoll sein, den Ausgangszustand sowie den<br />
Zielzustand ebenfalls zu zeigen, um eine visuell nachvollziehbare Beschreibung des<br />
Planungsfortschrittes<br />
In den meisten Fällen wird es sich hier, nicht zuletzt aus Zeitgründen, um den Fall 1 des<br />
<strong>Einsatz</strong>es eines <strong>3D</strong>-Modells handeln. Es ist denkbar, dass die an der Transformation beteiligten<br />
lokalen Akteure im Rahmen eines Planungsbeirates oder eines runden Tisches an der<br />
Beschreibung des aktuellen Zwischenzustandes mitwirken. In diesem Fall würde der Fall 3<br />
vorliegen. Dies sollte aber nur erfolgen, wenn die positiven Auswirkungen den zeitlichen und<br />
kostenwirksamen Mehraufwand übersteigen.
Konzeptioneller Ansatz<br />
17.7 <strong>Einsatz</strong>bereich 7 - Präsentation des fertigen Ergebnisses und damit des<br />
neuen IST-Zustandes<br />
Die Präsentation der abgeschlossenen Planung sollte eine Begehung des Zielobjektes<br />
beinhalten. Es empfiehlt sich jedoch zur Stärkung des Selbstbewusstseins und des<br />
Verständnisses <strong>für</strong> demokratische Prozesse der Bevölkerung auch eine rückblickende<br />
Präsentation des Planungsprozesses anzubieten. Dies gilt umso mehr beim <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> lokalen<br />
Fachkräften, Rohmaterial und Know-How. Das zentrale Element sind zumeist Fotos vom<br />
Baufortschritt. Das <strong>3D</strong>-Modell kann hier zusätzliche Darstellungsmöglichkeiten bieten,<br />
insbesondere bei Blickwinkeln, die nicht oder nicht ohne weiteres photographisch festzuhalten<br />
sind wie Luftaufnahmen oder als Kameraflug durch das Gebäude.<br />
Hier handelt es sich ähnlich wie bei der Präsentation <strong>von</strong> Zwischenergebnissen zumeist um den<br />
Fall 1 des <strong>Einsatz</strong>es eines <strong>3D</strong>-Modells. Das zu wählende Instrument der Partizipation sollte das<br />
gleiche Instrument wie bei der Präsentation des SOLL-Zustandes sein.<br />
Wichtig ist die Erstellung des finalen <strong>3D</strong>-Modelles auch deshalb, weil es mit dem Abschluss<br />
eines Projektzyklus die Datengrundlage <strong>für</strong> neue Projekte liefert. Im Rahmen der finalen<br />
Evaluation des Projektes ist zudem festzustellen, ob Verbesserungsmöglichkeiten beim <strong>Einsatz</strong><br />
des <strong>3D</strong>-Modells bestehen. Im Sinne eines effizienten Workflows gemäß, sollten Erkenntnisse<br />
eines Projektes auf zukünftige Projekte übertragen werden. Als Beispiele <strong>für</strong> einen<br />
Anwendungsfehler ist hier ein zu niedriger oder zu hoher Detaillierungsgrad zu nennen.<br />
Ersteres kann zu Fehleinschätzungen bei der Wahl <strong>von</strong> Planungsalternativen im <strong>Einsatz</strong>bereich<br />
3 führen. Ein zu hoher Detaillierungsgrad, soweit er bei der Erfassung im <strong>Einsatz</strong>bereich 2 zu<br />
modellieren ist, kann das Projekt aufgrund des damit verbundenen Zeitaufwandes verzögern.<br />
17.7.1 Beispielhafte <strong>Einsatz</strong>möglichkeit des <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>von</strong> Shibam<br />
Projekttitel<br />
Einrichtung eines Ladenlokals zum Vertrieb regionaler Produkte unter Einbeziehung eines<br />
Gebäudes im historischen Suq in Shibam.<br />
Hintergrund<br />
Im Zuge der Projektarbeit der GIZ in Shibam wurden die Oasengärten vor der Stadt<br />
revitalisiert, der Suq wurde verlegt und es wurden Handarbeitskurse <strong>für</strong> Frauen ins Leben<br />
gerufen.<br />
211
212<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
Ziel des Beispiel-Projektes ist die Eröffnung eines Ladenlokals im historischen Suq, in dem die<br />
gewonnenen Produkte aus den Handarbeitskursen sowie die Erträge der Oasengärten<br />
vertrieben werden sollen.<br />
Beteiligungsverfahren<br />
u.a. Bürgerversammlung (vgl. 8.5).<br />
Inhalt und Ablauf<br />
Erster Schritt des Projektes ist die Durchführung einer Bürgerversammlung, bei der alle<br />
Beteiligten (regionale Bauern, Frauengruppen und alle engagierten Bürger) über das Projekt in<br />
Kenntnis gesetzt werden sollen und die Möglichkeit haben, Anregungen und Kritik zu äußern.<br />
Im Rahmen der Versammlung oder mit Hilfe eines Planungsbeirats kann die Entscheidung über<br />
ein geeignetes Objekt gefällt werden. Soweit eine Renovierung des gewählten Lokals nötig ist,<br />
kann mit Hilfe eines Planungsbeirates oder eines runden Tisches die Entscheidung über die<br />
Ausgestaltung und den Ablauf der Renovierungsarbeit getroffen werden. Sowohl bei der<br />
Auswahl des Objektes (vgl. Kap.17.1) als auch bei der Bewertung <strong>von</strong> Auswirkungen der<br />
Renovierungsarbeiten (vgl. Kap. 17.3) kann das <strong>3D</strong>-Modell gemäß dem konzeptionellen Ansatz<br />
genutzt werden.<br />
Bei der Präsentation kommt das erstellte <strong>3D</strong>-Stadtmodell ebenfalls zum <strong>Einsatz</strong>, in dem das<br />
Gebäude im Ist-Zustand sowie im Ziel-Zustand präsentiert wird (vgl. Kap. 16.4). Weiterhin kann<br />
durch die auf das Modell übertragenen thematischen Karten der Zustand des Gebäudes und<br />
die umgebenden Nutzungen aufgezeigt werden.<br />
Vorgabe ist, dass der erwirtschaftete Ertrag der Frauengruppe sowie den zuliefernden Bauern<br />
zugutekommt.<br />
Es erfolgt ein Aushang zum Termin und Thema der Bürgerversammlung im Aushangkasten des<br />
GIZ-Büros in Shibam. Weiterhin werden Einladungen an den regionalen Bauernverband sowie<br />
die Teilnehmerinnen der Handarbeitskurse gesendet.<br />
In einer ersten Bürgerversammlung soll das Projekt unter Zuhilfenahme des <strong>3D</strong>-Modells<br />
vorgestellt werden. Es werden Arbeitsgruppen gebildet, in denen zunächst das <strong>3D</strong>-Modell<br />
angesehen wird und weiterhin eine Auswahl an Vorschlägen <strong>von</strong> geeigneten Gebäuden an die<br />
Hand gegeben wird. Im Anschluss werden die Ergebnisse jeder Arbeitsgruppe gesammelt und<br />
<strong>von</strong> den Projektleitern der GIZ analysiert und bewertet. Eine Woche später wird eine neue<br />
Versammlung angesetzt, in der das ausgewählte Gebäude mit ersten Planungsvorschlägen
Konzeptioneller Ansatz<br />
vorgestellt wird. Die Auswahl des Gebäudes ergibt aus dem Gruppenkonsens. Dabei handelt es<br />
sich um das Gebäude A 123, welches sich in Besitz der AWGAF befindet.<br />
Abb. 167: Auswahlbereich des Suq (eigene Darstellung)<br />
Es wurden im Rahmen der Projektarbeit bereits Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, was zu<br />
einem guten architektonischen Gesamtwert beiträgt. Das Haus wird <strong>von</strong> 6-10 Personen<br />
bewohnt. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich zwei Juweliere, ein Geschäft <strong>für</strong><br />
Computerspiele sowie ein Textilgeschäft. Diese Informationen erschließen sich aus den<br />
vorliegenden thematischen Karten.<br />
Für die Umsetzung des Projektes werden regionale Handwerker beauftragt. Wie schon im<br />
gesamten Projektverlauf der GIZ werden regionale Baustoffe verwendet. In weiteren Ver-<br />
sammlungen wird der konkrete Ablaufplan der Umbaumaßnahmen präsentiert. Parallel hierzu<br />
sollen die Bürger noch einmal beteiligt werden um die Organisation des Ladenlokals selbst in<br />
die Hand zu nehmen und umzusetzen.<br />
In einer abschließenden Versammlung soll das neue Ladenlokal innerhalb des <strong>3D</strong>- Stadtmodells<br />
präsentiert werden. In diesem Zusammenhang muss die Nutzungsänderung in den the-<br />
matischen Karten kenntlich gemacht werden. (vgl. Kap.17.7)<br />
213
214<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
Ziele des Projektträgers<br />
- Bürgerbeteiligung<br />
- regionale Wirtschaftsförderung<br />
- Gleichstellung der Frau<br />
- Identifikation der Bürger mit ihrem Wohnort<br />
Ziele <strong>für</strong> die Teilnehmer<br />
- Eigenverantwortliches Arbeiten<br />
- Aktive Teilnahme an Planungsprozessen<br />
- Schaffung <strong>von</strong> Arbeitsplätzen und Einkommenssteigerung<br />
- Identifikation mit dem eigenen Wohnort<br />
Zeit und Kosten<br />
Zeit- und Opportunitätskosten der Teilnehmer und Projektträger sowie anfallende Kosten des<br />
Umbaus sollen durch Subventionen der Projektträger gedeckt werden. Diese sollen durch<br />
<strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> regionalen Baustoffen sowie die Beschäftigung <strong>von</strong> regionalen Handwerkern auf<br />
ein Minimum begrenzt werden.<br />
Zeitlich soll das Ladenlokal innerhalb <strong>von</strong> drei Monaten instand gesetzt und eröffnet werden.<br />
Zur Überprüfung der erfolgreichen Umsetzung des Projektes müssen die verantwortlichen<br />
Mitarbeiter des Ladenlokals alle sechs Monate Bericht über den Verlauf und der Annahme des<br />
Ladenlokals in der Bevölkerung an die GIZ liefern.<br />
17.7.2 Beispielhafte <strong>Einsatz</strong>möglichkeit des <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>von</strong> Zabid<br />
Projekttitel<br />
Gemeinschaftshaus <strong>für</strong> Frauen<br />
Hintergrund<br />
Im Rahmen der Übertragung der Projektarbeit <strong>von</strong> Shibam auf Zabid sollen neben der<br />
Revitalisierung des Suqs auch die Eigeninitiative und wirtschaftliche Unabhängigkeit der<br />
Frauen vor Ort gestärkt werden. Hierzu soll im vorliegenden Projektvorschlag ein leer-<br />
stehendes Gebäude im innerstädtischen Suq in ein Gemeinschaftshaus <strong>für</strong> Frauen
Konzeptioneller Ansatz<br />
umgewandelt werden. Im Gemeinschaftshaus können unter Abstimmung mit den Frauen<br />
Handarbeitskurse, Sprach- und Schreibkurse sowie eine Rechtsberatung angeboten werden.<br />
Beteiligungsverfahren<br />
Gemeinwesenarbeit (vgl. Kap.8.5)<br />
Inhalt und Ablauf<br />
Unter dem <strong>Einsatz</strong> des partizipatorischen Instruments der Gemeinwesenarbeit soll eine Hilfe<br />
zur Selbsthilfe gegeben werden. In diesem Projekt bedeutet dies, dass zunächst der<br />
Projektträger Räumlichkeiten, Finanzierung, sowie Beratungsleistungen stellt und eine erste<br />
Versammlung organisiert. Im Folgenden wird die Frauengruppe aktiv, welche mit den<br />
Mitbürgerinnen Wünsche und Bedürfnisse bezüglich der späteren Nutzung des Gebäudes<br />
abstimmt. Die Frauen sollen eigenständig entscheiden, welche Kurse angeboten werden und<br />
wie Weiterbildungsmöglichkeiten vor Ort aussehen könnten.<br />
Der in der ersten Projektlaufzeit gegründete Verein <strong>von</strong> Kaufleuten „Market Association“ kann<br />
den Frauen helfen, ein geeignetes Gebäude im Suq zu finden und sie weiterhin in Fragen der<br />
Gebäudeumnutzung beraten.<br />
Ist ein geeignetes Gebäude gefunden, wird in Absprache mit den Projektpartnern ein<br />
vorläufiger Projektplan entwickelt. Der Projektplan hält alle Planungsaktivitäten fest und dient<br />
dazu, zeitliche Vorgaben zu machen. Weiterhin werden in ihm Zwischentreffen festgelegt, um<br />
in gewissen Zeitabständen über das Planungsvorhaben zu unterrichten. In einer an-<br />
schließenden Versammlung wird der konkrete Projektverlauf anhand des <strong>3D</strong>-Modells <strong>von</strong><br />
Zabid der breiten Bürgerschaft vorgestellt. Der Projektverlauf soll als Simulation des<br />
gewünschten Soll-Zustandes präsentiert werden.<br />
215
216<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
Abb. 168: Übersicht der genutzten und ungenutzten Gebäude des Suq mit Abgrenzung des Bereichs, in dem sich<br />
das Gemeinschaftshaus später befinden soll (GIZ, eigene Darstellung)<br />
Der erste Schritt besteht in der Einladung der Frauengruppe zu einer Versammlung im GIZ-<br />
Büro mit der Bitte, alle interessierten Bürgerinnen über die Teilnahme zu informieren. Parallel<br />
erfolgt ein Aushang im Schaukasten vor dem GIZ-Büro. Die Projektverantwortlichen der GIZ<br />
informieren in der Versammlung die Bürgerinnen über das Projektvorhaben und stellen den<br />
Kontakt zur „Market-Association“ her. Weiterhin werden aus der Frauengruppe zwei<br />
Projektleiterinnen ausgewählt, welche fortan verantwortlich <strong>für</strong> den Projektverlauf und<br />
Ansprechpartner <strong>für</strong> die Bürgerinnen sind. Diese sollen als Planungsbeirat dienen und<br />
gemeinsam mit dem Projektträger, mit Hilfe des <strong>3D</strong>-Modells, das Objekt auswählen (vgl.<br />
Kap.17.1).<br />
Abschließend wird in einer Sitzung mit den Projektverantwortlichen der GIZ und den<br />
Projektleiterinnen ein Termin vereinbart, bei dem das ausgewählte Gebäude sowie die<br />
angebotenen Kurse vorgestellt werden, um einen verbindlichen Projektplan zu entwickeln. Der<br />
Projektplan sieht vor, <strong>für</strong> den Umbau des Gebäudes regionale Handwerker zu beschäftigen<br />
sowie regionale Baustoffe zu verwenden. Nach der Umsetzung des Projektplans wird <strong>von</strong> den<br />
Projektverantwortlichen der GIZ das vorhandene <strong>3D</strong>-Stadtmodell modifiziert, d.h. das<br />
umzunutzende Gebäude wird im Zielzustand dargestellt.<br />
Das <strong>3D</strong>-Modell wird in der abschließenden Versammlung der gesamten Bürgerschaft<br />
präsentiert (vgl. Kap. 17.4)<br />
Ziele der Projektträger<br />
- Stärkung der Rolle der Frau in der Gesellschaft<br />
- Verbesserung des Bildungsstand der Frauen<br />
- Förderung <strong>von</strong> Eigeninitiative
- Förderung der regionalen Wirtschaft<br />
- Schaffung <strong>von</strong> Arbeitsplätzen<br />
Ziele <strong>für</strong> die Teilnehmer<br />
- Aktive Beteiligung der Frauen am Planungsprozess<br />
- Eigenverantwortliches Arbeiten<br />
- Möglichkeiten der Weiterbildung<br />
- Einkommenssteigerung<br />
Zeit und Kosten<br />
Konzeptioneller Ansatz<br />
Opportunitätskosten der Teilnehmer und Projektträger, anfallende Kosten, die durch die<br />
Umnutzung und Umbau des Gebäudes entstehen, sollen durch die Entwicklungsorganisation<br />
subventioniert werden. Durch Beschäftigung lokaler Handwerker und <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> regionalen<br />
Baumaterialien sollen die Kosten niedrig gehalten werden.<br />
Die angesetzte Projektlaufzeit beträgt 12 Monate.<br />
Ausblick<br />
Bei erfolgreichem Projektverlauf besteht in der Zukunft die Möglichkeit, die Rolle der Frau in<br />
der Gesellschaft weiter zu stärken. Dies könnte durch Projekte erfolgen, in denen Männer und<br />
Frauen als gleichberechtigte Partner teilnehmen. Denkbar wäre beispielsweise die Initiierung<br />
eines EDV-Kurses, an dem Frauen und Männer gleichermaßen teilnehmen. Die Kurse könnten<br />
im Gemeinschaftshaus stattfinden. Darüber hinaus ist das Frauenzentrum Treffpunkt und<br />
Zufluchtsort <strong>für</strong> Mädchen und Frauen. Hier können sie sich treffen und frei <strong>von</strong> sozialer<br />
Kontrolle durch die Männer austauschen. Zudem besteht über die Weiterbildungskurse die<br />
Möglichkeit das Einkommen der Frauen und damit ihrer Familien zu erhöhen.<br />
217
218
V. Fazit und Ausblick<br />
Fazit und Ausblick<br />
219
220<br />
Fazit und Ausblick
18 Fazit und Ausblick<br />
Fazit und Ausblick<br />
Partizipation ist <strong>für</strong> die Projektarbeit in der Entwicklungszusammenarbeit ein wichtiges<br />
Element, das neben der Nachhaltigkeit des jeweiligen Projektergebnisses auch <strong>für</strong> eine<br />
Erhöhung des Selbstbewusstseins und der Eigenständigkeit der Bevölkerung sorgen soll. Durch<br />
beispielhaftes Integrieren demokratischer Prozesse in das jeweilige Projekt soll das<br />
Eigenengagement der Zielgruppen gefördert und in den vorliegenden Fällen <strong>von</strong> Shibam und<br />
Zabid zu erhöhtem Bewusstsein <strong>für</strong> die Notwendigkeit des Erhalts des kulturellen Erbes führen.<br />
Nur so kann im vorliegenden Beispiel erreicht werden, dass der Status der Stätten als UNESCO-<br />
Weltkulturerbe erhalten bleibt bzw. im Fall <strong>von</strong> Zabid, die Altstadt wieder <strong>von</strong> der Roten Liste<br />
des gefährdeten Weltkulturerbes entfernt werden kann (vgl. Kap.6.4).<br />
Für Partizipation in der Projektarbeit der Entwicklungszusammenarbeit ist es wichtig,<br />
Informationen über die Planungsalternativen schnell und intuitiv vermitteln zu können.<br />
Hintergrund ist zum einen der niedrige Bildungsstand in Entwicklungsländern wie dem Jemen<br />
(vgl. Kap. 4) und zum anderen die Tatsache, dass aufgrund der vorherrschenden Armut die<br />
Opportunitätskosten sehr hoch sind (vgl. Kap. 8.4). Ein digitales <strong>3D</strong>-Modell ist <strong>für</strong> den<br />
Informationsaustausch im Planungsverfahren ein geeignetes Mittel, wenn intuitives<br />
Verständnis und vom Bildungsstand unabhängige Erfassung <strong>von</strong> möglichen Planungs-<br />
alternativen eine hohe Priorität genießen.<br />
18.1 Mehrwert und Grenzen <strong>von</strong> digitalen <strong>3D</strong>-Modellen in der Partizipation in<br />
der Entwicklungszusammenarbeit<br />
An ein Visualisierungsmodell werden seitens aller Akteure im Planungs- bzw.<br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> (vgl. Kap. 8.2) unterschiedlichste Anforderungen gestellt. Diese reichen<br />
<strong>von</strong> technisch-organisatorischen Themen, wie einer einfachen Modifizierbarkeit des Modells<br />
bis hin zu inhaltlichen, bspw. einer detaillierten Darstellung z.B. des Sanierungszustands<br />
einzelner Gebäude (vgl. Kap.13 ).<br />
Gegenüber 2D-Plänen weisen <strong>3D</strong>-Modelle Vorteile im Bereich der Darstellung des<br />
Zusammenspiels des Planungsobjektes bzw. möglicher Planungsalternativen mit der<br />
Umgebung auf. Mit dem Praxisbeispiel aus Kapitel 9.3.2 lassen sich die Vorteile der <strong>3D</strong>-<br />
Modelle belegen. Trotz seiner vielfältigen <strong>Einsatz</strong>möglichkeiten, kann ein <strong>3D</strong>-Modell den<br />
klassischen 2D-Plan nicht ablösen. Das <strong>3D</strong>-Modell kann nicht in allen Bereichen die In-<br />
formationen eines 2D-Plans vermitteln. Beispielsweise wären eine dreidimensionale<br />
Darstellung eines großräumigen Masterplans und dessen Informationsgehalt <strong>für</strong> die Planung in<br />
den hier vorgestellten Zielregionen nicht relevant.<br />
221
222<br />
Fazit und Ausblick<br />
Es kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass ein <strong>3D</strong>-Modell intuitiver erfasst werden kann als ein<br />
2D-Plan. Im Kontext der Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit im Jemen konnte<br />
mit dem alleinigen <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> 2D-Plänen kein nachhaltiger Planungserfolg erzielt werden.<br />
Gründe hier<strong>für</strong> sind der niedrige Bildungsstand sowie mangelnde Erfahrung mit dem <strong>Einsatz</strong><br />
<strong>von</strong> 2D-Plänen in der Planungspraxis im <strong>Partizipationsverfahren</strong>. Ein intuitives Erfassen und die<br />
damit verbundene Identifikation in Kombination mit der Möglichkeit sich selbst in den<br />
Planungsprozess einzubringen, haben bereits beim <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> physischen <strong>3D</strong>-Modellen zu<br />
hohen Akzeptanz-Raten geführt.<br />
Neben den positiven Wirkungen die ein <strong>3D</strong>-Modell in der Bürgerbeteiligung erzielen kann,<br />
kann es auch die internen Arbeitsabläufe der GIZ beeinflussen und vereinfachen. Durch das<br />
Arbeiten in verschiedenen Layern (vgl. Kap.16) können zahlreiche Informationen in einem<br />
Modell gespeichert werden und nach Bedarf sichtbar gemacht werden. So ist es nicht mehr<br />
nötig eine Vielzahl an Plänen und Daten <strong>für</strong> einen Projektzyklus anzulegen. Darüber hinaus<br />
erleichtert die intuitive Erfassung eines <strong>3D</strong>-Modells auch die interne Projektarbeit der GIZ.<br />
Die im Rahmen dieser Arbeit erstellten <strong>3D</strong>-Modelle (vgl. Kap. 15 und 16) konnten bislang nicht<br />
in der Praxis eingesetzt werden, da diese erst nach dem Aufenthalt vor Ort entstanden.<br />
Zum einen zeigt jedoch die konzeptionelle Entwicklung <strong>von</strong> <strong>Einsatz</strong>möglichkeiten in Kapitel 17<br />
dass sich ein digitales <strong>3D</strong>-Modell entlang des kompletten Projektzyklus eines<br />
Planungsvorhabens einsetzen lässt und somit ein Werkzeug in der Partizipation in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit darstellt. Zum Anderen zeigen die in Kapitel 17.7.1 und 17.7.2<br />
erarbeiteten beispielhaften Projektvorschläge, dass sich die Modelle sehr gut in mögliche<br />
weitere Einzelprojekte des Projektes MEDINA der GIZ einbinden lassen und die weitere<br />
Partizipation positiv beeinflussen können.<br />
Mit Google SketchUp (vgl. Kap. 10.1.1) existiert eine kostenfreie und einfach zu bedienende<br />
Software zur Modellierung <strong>von</strong> digitalen <strong>3D</strong>-Modellen. Dank der in Kapitel 16 vorgestellten<br />
Funktionalitäten des Programms wie z.B. Komponenten, lässt sich ein <strong>3D</strong>-Modell in einem<br />
effizienten und schnellen Workflow erstellen.<br />
Bei der Modellierung <strong>von</strong> Shibam zeigte sich, dass es nur mit sehr umfangreichem Bildmaterial<br />
möglich ist, das komplette Modell mit Fototexturen der Fassaden zu versehen (vgl. Kap. 16.2) .<br />
Einen vergleichbaren optischen Wiedererkennungswert lässt sich bereits mit einer<br />
Materialtextur und Fenstern bzw. Türen als Komponenten in Google SketchUp erreichen. Vor<br />
dem Hintergrund, dass im Rahmen <strong>von</strong> Entwicklungszusammenarbeit eine Präferenz <strong>für</strong><br />
kostenfreie Programme besteht, kann wenn eine Fototexturierung nicht ausdrücklich<br />
erwünscht ist, sicherlich auf z.B. Adobe Photoshop verzichtet werden.
18.2 Erkenntnisse <strong>für</strong> den Modellierungsprozess<br />
Fazit und Ausblick<br />
Für den Prozess der Modellierung gilt, dass die Entscheidung über den Detaillierungsgrad und<br />
den zu verwendenden Workflow große Auswirkungen auf die weitere Modellierung und den<br />
<strong>Einsatz</strong> des Modells hat. Ein hoher Detaillierungsgrad kann die Identifikation der Bevölkerung<br />
mit dem Modell und den Wiedererkennungswert zu Beginn des Projektzyklus begünstigen.<br />
Gleichzeitig ist die Modifizierbarkeit in einem komplexen Modell schwieriger sicherzustellen als<br />
in einem einfacheren Modell. Dies würde sich jedoch erst an einer späteren Stelle im<br />
Planungsprozess auswirken. Hier sind beide Faktoren gegeneinander abzuwägen und der<br />
gewünschte Detaillierungsgrad festzulegen.<br />
Im Rahmen der Arbeit zeigte sich, dass die Berücksichtigung einzelner physischer<br />
Eigenschaften des zu modellierenden Gebietes bestimmten technischen Beschränkungen<br />
gegenübersteht. So war es einfacher und zeitsparender, die in der Realität konischen Häuser<br />
<strong>von</strong> Shibam im Modell als rechtwinklig darzustellen (vgl. Kap.14.3.1). Auch diese Kompromisse<br />
sollten früh in der Modellierungsphase getroffen werden. Es zeigte sich als sinnvoll, zu Beginn<br />
die Modellierung über alle LOD-Stufen an einem Beispielobjekt wie einem Haus komplett<br />
durchzuspielen, um so einen Eindruck <strong>von</strong> möglichen Fragen zu bekommen, die sich im<br />
weiteren Modellierungsprozess stellen können.<br />
Es zeigte sich im Laufe der Modellierung, dass das Thema der Dateigröße nicht unterschätzt<br />
werden darf. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein hoher Standard der bereitgestellten<br />
Technik im Entwicklungsland nicht immer vorausgesetzt werden kann, sollte hierauf Rücksicht<br />
genommen werden. Auch Google Earth als Visualisierungsmedium (vgl. Kap.10.1.4) beschränkt<br />
die Größe der zu importierenden Objekte.<br />
Ein weiteres Fazit der Erstellung der vorliegenden Modelle ist dass es, beschränkte<br />
Zeitressourcen vorausgesetzt, sinnvoll ist, bei der Modellierung nur das Projektgebiet zu<br />
modellieren. So wurde auf Vorgabe der GIZ das gesamte Stadtgebiet <strong>von</strong> Zabid in der Stufe<br />
LOD1 modelliert. Zur Wiedererkennung und Identifikation der Bürger wurden die Landmarks<br />
<strong>von</strong> Zabid genauer modelliert, d.h. in den Stufen LOD2 und 3. Der Suq wurde ebenfalls in einer<br />
höheren Detaillierung modelliert. Somit lässt sich abschließend sagen, dass das Gesamtmodell<br />
das Projektgebiet nicht zu weit überschreiten sollte. Es scheint sinnvoller, innerhalb des<br />
Projektgebietes Points of Interest zu identifizieren und zu modellieren, als das Gesamtmodell<br />
unnötig auszuweiten, damit es markante Landmarks enthält.<br />
Insgesamt ist festzuhalten, dass digitale <strong>3D</strong>-Modelle einen deutlichen Mehrwert <strong>für</strong> die<br />
Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit darstellen. Sie können die Akzeptanz und<br />
den Informationsaustausch mit der Bevölkerung während eines kompletten Planungsprozess-<br />
223
224<br />
Fazit und Ausblick<br />
zyklus positiv beeinflussen. Neben dem positiven Einfluss in der Partizipation liefern sie<br />
wertvolle visuelle Entscheidungshilfen bei Planungsalternativen und können lokale Beson-<br />
derheiten und das Zusammenspiel <strong>von</strong> Objekten in ihrer Umgebung gut darstellen. Der<br />
Modellierungsprozess und der Workflow der Modellierung müssen jedoch klar definiert und an<br />
die Anforderungen des jeweiligen Modells angepasst sein.<br />
Der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen in der Entwicklungszusammenarbeit stellt ein <strong>für</strong> die Zukunft<br />
tragfähiges Kommunikationswerkzeug dar. Bei einem dem Projektgebiet und Projektziel<br />
angepasstem <strong>Einsatz</strong>, können sie <strong>für</strong> die Planungspraxis in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
einen Mehrwert in Bezug auf Nachhaltigkeit der Planung sowie Bewusstseinsbildung der<br />
Bevölkerung besitzen.<br />
Für den Jemen konkret bedeutet der modellhafte <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> einen weiteren Schritt in Richtung Demokratisierung, da die Be-<br />
teiligung im <strong>Partizipationsverfahren</strong> allen Bevölkerungsgruppen offen steht. Vor dem Hinter-<br />
grund der jüngsten politischen Entwicklungen im Land ist eine Basis <strong>für</strong> demokratische<br />
Entscheidungen geschaffen worden, welche sich positiv auf künftige Planungen auswirken<br />
kann.<br />
Des Weiteren ermöglicht der <strong>Einsatz</strong> digitaler Medien einen Schritt in Richtung Modernisierung<br />
<strong>von</strong> Planung. So können digitale <strong>3D</strong>-Stadtmodelle international verglichen und veranschaulicht<br />
werden und sprechen ein breites Publikum an. Die Möglichkeit der Informationspräsentation<br />
kann über die vielfältige und einzigartige Baukultur im Jemen informieren und ein stärkeres<br />
Bewusstsein <strong>für</strong> Themenfelder wie Erhalt <strong>von</strong> historischer Bausubstanz oder Konservierung<br />
<strong>von</strong> Weltkulturerbe erzielen.<br />
Auch <strong>für</strong> die UNESCO stellt der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> digitalen Medien vielfältige Möglichkeiten dar um<br />
zu informieren, katalogisieren und die Bewusstseinsbildung gegenüber unser aller<br />
„Menschheitserbe“ zu stärken.<br />
18.2.1 Vorraussetzungen <strong>für</strong> die Wahl der geeigneten Visualisierungsform<br />
Die Frage nach der gewählten Visualisierungsform des digitalen <strong>3D</strong>-Modells ist anhand der<br />
folgenden Aspekte zu betrachten:<br />
- Größe der Zielgruppe der Visualisierung<br />
- Technische Gegebenheiten am Ort der Visualisierung<br />
- Einfluss der Größe der Zielgruppe
Fazit und Ausblick<br />
Vor einer größeren Zielgruppe empfiehlt es sich, eine vorab fest gewählte Präsentationsform<br />
zu bestimmen wie beispielsweise ein Video, in dem ein „Flug“ durch das <strong>3D</strong>-Modell gezeigt<br />
wird. Alternativ könnte mit Hilfe der Szenen-Funktionalität in Google SketchUp, die<br />
Animationen zwischen einzelnen gespeicherten Blickwinkeln (sog. Szenen) generiert, eine<br />
vorher definierte Abfolge <strong>von</strong> Gebäuden gezeigt werden. Gegebenenfalls kann auch eine<br />
Abfolge <strong>von</strong> Bildschirmfotos des Modells gezeigt werden, die visuelle Flexibilität eines <strong>3D</strong>-<br />
Modells geht jedoch hierbei verloren. Ein Moderator sollte durch die einzelnen Szenen des<br />
Modells führen bzw. das Video an geeigneter Stelle im Veranstaltungsablauf starten. Benötigt<br />
werden hierzu ein Beamer, eine Leinwand sowie ein Rechner mit der entsprechenden<br />
Software.<br />
Einer kleineren Zielgruppe kann das Modell direkt an einem Rechner mit Bildschirm präsentiert<br />
werden. Es besteht in diesem Fall die Möglichkeit, dass sich einzelne Personen mit Hilfe der<br />
Computer-Maus selbstständig durch das Modell orientieren. Eine entsprechend intuitiv zu<br />
benutzende Software bzw. ein unterstützender Betreuer sollte vorhanden sein. Im Rahmen<br />
einer Ausstellung könnte auch ein Terminal-Rechner mit Touchscreen genutzt werden.<br />
Entsprechende Schutz-Einstellungen gegen Manipulation des Modells vorausgesetzt, kann der<br />
Betreuer hier entfallen.<br />
18.2.2 Einfluss der vorhandenen technischen Ausstattung<br />
Die vor Ort vorhandene Technik beeinflusst die Möglichkeiten der Visualisierung stark.<br />
Insbesondere in Entwicklungsländern kann nicht <strong>von</strong> westlichen Visualisierungs-Standards<br />
ausgegangen werden.<br />
Vorausgesetzt ein Beamer und eine Leinwand sind vorhanden, spielen die technische<br />
Ausstattung des vorhandenen Rechners bei Präsentationen vor großen Gruppen eine zentrale<br />
Rolle. Eine Foto-Software zur Präsentation einer Bilderschleife gehört zur Grundausstattung<br />
<strong>von</strong> fast jedem Rechner. Ein Großteil der Rechner verfügt auch über die Fähigkeit Videos<br />
abzuspielen, so dass die oben genannte vorgefertigte Animation des Modells möglich wäre.<br />
Lässt die Ausstattung des Rechners die Installation <strong>von</strong> Google Earth zu, so kann das<br />
exportierte Modell in diesem Programm gezeigt werden und der Moderator kann individuelle<br />
Aspekte des Modells vorführen. Eine Veränderung oder Anpassung des Modells ist hier jedoch<br />
nicht möglich. Um das <strong>3D</strong>-Modell zu exportieren, muss zunächst der Geostadtort festgelegt<br />
werden. Dadurch wird das Modell auf exakter Position im Google Earth platziert. Durch die<br />
Festlegung des Geostandortes kann das Modell, bei nachträglicher Modifizierung schnell<br />
wieder in Google Earth geladen werden. Ein neues Verorten ist nicht notwendig. Da die<br />
Einarbeitung <strong>von</strong> Veränderungen vor Ort sehr zeitintensiv ist, bietet es sich zumeist an, die<br />
225
226<br />
Fazit und Ausblick<br />
Rückmeldungen der Gruppe zu sammeln und das überarbeitete Modell in einer separaten<br />
Veranstaltung zu präsentieren.<br />
18.3 Visualisierungsmethoden im Überblick<br />
Wie in der Arbeit bereits beschrieben wird, ist die erste einfache Visualisierungsmöglichkeit<br />
der Modelle deren Implementation in Google Earth.<br />
18.3.1 Visualisierung mit Google Earth<br />
Google Earth liefert umfangreiche Visualisierungsmöglichkeiten <strong>für</strong> <strong>3D</strong>-Stadtmodelle. Neben<br />
dem klassischen Verorten der Modelle und dem Setzen <strong>von</strong> Placemarks ist es darüber hinaus<br />
möglich, spezifische Informationen zu einzelnen Gebäuden oder Abschnitten einzufügen.<br />
Außerdem kann ein Kameraflug als KMZ-Datei gespeichert und weitergegeben werden. (vgl.<br />
Google Earth a 2012, online)<br />
Wie auch Google SketchUp ist Google Earth eine kostenlose Software. Dies ist <strong>für</strong> den <strong>Einsatz</strong><br />
in einem Entwicklungsland vorteilhaft, da diese über eingeschränkte Ressourcen verfügen und<br />
somit auf einfache und kostengünstige Alternativen angewiesen sind. Einziges Hindernis zur<br />
Nutzung <strong>von</strong> Google Earth stellt die Verfügbarkeit einer schnellen Internet-Verbindung dar. Im<br />
Jemen ist das Internetnetz zurzeit noch sehr lückenhaft. Lediglich 10% der Bevölkerung besitzt<br />
einen Internetzugang. (vgl. worldbank 2011, online)<br />
Durch eine dauerhafte Implementierung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle in Google-Earth haben die<br />
Bewohner der Städte Shibam und Zabid die Möglichkeit, im Falle einer ausreichenden<br />
Internetverbindung, diese digital zu erforschen.<br />
Ferner kann das Modell in Google Earth bei Informationsveranstaltungen dazu dienen, durch<br />
die visuelle Erlebbarkeit, das Interesse an bevorstehenden Planungen zu wecken. Dies hat <strong>für</strong><br />
den Partizipationsprozess, durch das gestiegene Interesse positive Auswirkungen,<br />
Neben der Visualisierung mit der Software Google Earth gibt es eine Reihe weiterer<br />
Visualisierungsmöglichkeiten <strong>für</strong> <strong>3D</strong>-Stadtmodelle. Im Folgenden wird ein Ausblick in Bezug auf<br />
erstellte digitale <strong>3D</strong>-Stadtmodelle <strong>für</strong> <strong>Partizipationsverfahren</strong> in der Entwicklungs-<br />
zusammenarbeit gegeben.<br />
18.3.2 Augmented Reality<br />
Unter Augmented Reality (kurz: AR) bezeichnet man die Überlagerung <strong>von</strong> meist in Echtzeit<br />
wiedergegebenem Bildmaterial mit zusätzlichen Informationen und Einblendungen. Dem<br />
Abbild der Wirklichkeit (engl. Reality) werden somit weitere Informationen hinzugefügt (engl:
Fazit und Ausblick<br />
to augment). Voraussetzung zur Darstellung <strong>von</strong> AR-Inhalten ist neben einer digitalen<br />
Sammlung <strong>von</strong> Informationen über die Wirklichkeit eine Videokamera und ein<br />
Softwaresystem, dass die in der Videokamera erfasste Szenerie richtig erfasst, mit den<br />
digitalen Informationen abgleicht und die auf die gezeigte Szenerie zutreffenden Sachverhalte<br />
einblendet.<br />
Meist sind die Hardwarekomponenten (tragbare Computereinheiten wie PDAs und<br />
Smartphones) an eine Datenbrille angeschlossen, an der eine Mini-Videokamera angebracht<br />
ist. Die Datenbrille arbeitet mit zwei verschiedenen Systemen:<br />
- „see through“-Systeme<br />
Dies sind semi-transparente Displays in welche generierte Informationen eingespielt<br />
werden können<br />
- „video-see-through“-Systeme<br />
Das live Bild der Videokamera wird auf einem Display dargestellt und mit <strong>3D</strong>-Elementen<br />
überlagert.<br />
Die Videokamera ist bei beiden Systemen <strong>für</strong> das so genannte „Tracking“ verantwortlich.<br />
Hierbei registriert die Kamera Sichtposition und -orientierung in Bezug zur Umgebung. Dies<br />
führt zu einer Erfassung der Sicht des Anwenders und einer Echtzeitverarbeitung der Live<br />
Bilder der Videokamera. Durch eine Extrahierung <strong>von</strong> bestimmten Merkmalen aus den Bildern<br />
werden charakteristische Merkmale der Umgebung erfasst (Landmarks). Das System hat<br />
hierbei zwischen statischen (feststehenden) und dynamischen (beweglichen) Elementen zu<br />
unterscheiden. (vgl. Bullinger, 150ff.)<br />
Die Landmarks werden entweder in Bezug zu vorherigen Videobildern gesetzt oder mit<br />
digitalen <strong>3D</strong>-Modellen in realer Umgebung verbunden. Das Tracking ist hier<strong>für</strong> das wichtigste<br />
Element zur lagerichtigen Überlagerung <strong>von</strong> virtuellen und realen <strong>3D</strong>-Modellen. (vgl. Bullinger,<br />
150ff.)<br />
Diese Art der Visualisierung hat den Vorteil, dass der Betrachter unmittelbar den<br />
Zusammenhang zwischen dem IST-Zustand einer Szenerie und den zusätzlichen Informationen<br />
(nicht sichtbare Sachverhalte) herstellen kann. Der Nachteil ist jedoch der hohe technische<br />
Aufwand zur Erstellung des Modells sowie die hohen Anforderungen an die zur Präsentation<br />
vorhandene Technik. Noch dazu ist zu be<strong>für</strong>chten, dass Menschen mit wenig Berührungs-<br />
punkten zu moderner Technik <strong>von</strong> der Informationsfülle eines AR-Modells überfordert bzw.<br />
zeitweise vom eigentlichen Ziel der Darstellung abgelenkt werden. Die Eignung im Rahmen <strong>von</strong><br />
Partizipation in Entwicklungsländern ist somit eingeschränkt.<br />
227
228<br />
Fazit und Ausblick<br />
Eine einfache Methode zur Visualisierung <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> im Kontext der Augmented<br />
Reality ist die Nutzung des AR-Media Google-SketchUp Plug-Ins. Das Plug-In ermöglicht mit<br />
Hilfe einer einfachen Webcam und einem ausgedruckten QR-Codes die Darstellung eines <strong>3D</strong>-<br />
Modells in einer physischen Umgebung. In Bezug auf den <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> im<br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> in Entwicklungsländern kann im Rahmen einer Bürgerbeteiligung das<br />
Modell einfach „auf den Tisch“ gebracht werden, um es <strong>von</strong> allen Seiten zu betrachten.<br />
Weiterhin besteht die Möglichkeit während der Präsentation die einzelnen Layer des Modells<br />
ein- beziehungsweise auszublenden ohne dass ein Neuladen des Modells aus dem Quellcode<br />
erforderlich ist.<br />
Abb. 169: Darstellung eines Gebäudes mit dem AR-Media Google-SketchUp Plugin (inglobetechnologies 2012,<br />
online)<br />
18.3.3 Katalogisierung <strong>von</strong> Bildmaterial<br />
Eine weitere Möglichkeit der Visualisierung der <strong>3D</strong>-Stadtmodelle ist die Darstellung durch<br />
Fotomaterial. Bei dieser Methode sind die Anforderungen an technische Standards weitaus<br />
geringer als bei digitalen Visualisierungen. Gerade im Hinblick auf die Anforderungen <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<br />
Modellierungen <strong>für</strong> Entwicklungsländer ist die klassische Darstellung in Form <strong>von</strong> gedruckten<br />
Bildern, die unkonventionellste Methode die <strong>3D</strong>-Modelle zu visualisieren. Die Bilder können im<br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> einfach eingesetzt werden. Zwar ist die visuelle Erlebbarkeit der Stadt<br />
im digitalen Raum eingeschränkt, dennoch werden die eigentlichen Vorstellungen und Ziele<br />
einer Planungsalternative sichtbar. Um das Bildmaterial so realistisch wie möglich aussehen zu
Fazit und Ausblick<br />
lassen bieten sich Photorenderings an. Diese sind <strong>für</strong> Google SketchUp als Plug-Ins durch<br />
geringe Investitionskosten zu erhalten.<br />
18.4 Eignung des <strong>Einsatz</strong>es <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong> die GIZ<br />
Für die GIZ eignet sich der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> bestens, da sie als<br />
Präsentationsmedium sowohl in der nationalen- wie auch in der internationalen<br />
(beispielsweise bei Projektvorstellungen) Kommunikation eingesetzt werden können. Des<br />
Weiteren dienen sie auch zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Behörden, in denen<br />
nicht alle Beteiligten fachkundig sind.<br />
18.5 Weiterführende Aufgabenfelder zum <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> in Shibam und Zabid<br />
Vergleicht man die beiden erstellten <strong>3D</strong>-Stadtmodelle <strong>von</strong> Shibam und Zabid, so lässt sich ein<br />
Unterschied im Detaillierungsgrad feststellen. Durch den vorangeschrittenen Projektverlauf<br />
der GIZ und der räumlichen Größe <strong>von</strong> Shibam sind zahlreiche detaillierte Informationen<br />
(Pläne; Bildmaterial etc.) zu einzelnen Objekten vorhanden. Dies erleichtert ein detailliertes<br />
Modellieren mit Google SketchUp. Durch den vielfach größeren Planungsraum und eine<br />
Vielzahl an Gebäuden in Zabid, verbunden mit einem jungen Projektstatus, ist die Datenbasis<br />
weniger ausgereift als die <strong>von</strong> Shibam. Des Weiteren erschwert die verschachtelte Bauweise<br />
der Gebäudeblöcke eine detaillierte objektbezogene Bestandsaufnahme. Um ein detailliertes<br />
<strong>3D</strong>-Stadtmodell <strong>für</strong> Zabid zu generieren gibt es somit <strong>für</strong> die Zukunft weiteren<br />
Handlungsbedarf um die Datengrundlagen auszubauen. Für die Weiterverwendung des im<br />
Rahmen dieser Arbeit erstellten <strong>3D</strong>-Stadtmodells <strong>von</strong> Zabid empfiehlt sich zunächst die<br />
Modifizierung im Rahmen eines konkreten Projektes in der Entwicklungszusammenarbeit. Dies<br />
ermöglicht eine sukzessive Bearbeitung <strong>von</strong> Teilbereichen des Modells und dessen <strong>Einsatz</strong> im<br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong>. Im Laufe der Zeit entsteht so ein gesamtstädtisches Modell in der<br />
LOD3 Ebene.<br />
Das erstellte digitale <strong>3D</strong>-Stadtmodell <strong>von</strong> Shibam, mit seiner detaillierten Ausgestaltung, eignet<br />
sich künftig <strong>für</strong> den <strong>Einsatz</strong> in städtebaulichen Projekten. Dabei sollte in Betracht gezogen<br />
werden, im Hinblick auf die Datenmenge der <strong>3D</strong>-Ausgabedatei in Verbindung mit der zur<br />
Verfügung stehenden Hardware vor Ort, nur den Bereich der Stadt im <strong>3D</strong>-Modell zu<br />
bearbeiten, welcher <strong>für</strong> das Projekt Relevanz hat. Durch den <strong>Einsatz</strong> des <strong>3D</strong>-Modells im<br />
<strong>Partizipationsverfahren</strong> ist eine Evaluierung des nachhaltigen Erfolges der durchgeführten<br />
Planungen -unter <strong>Einsatz</strong> des entwickelten Modells anzustreben. Dieser Ansatz kann<br />
grundsätzlich auf andere Projekte und Länder der Entwicklungszusammenarbeit übertragen<br />
werden.<br />
229
230<br />
Fazit und Ausblick<br />
Ferner ist zu überprüfen ob der <strong>Einsatz</strong> <strong>von</strong> Visualisierungsmethoden in Echtzeit (vgl. hierzu<br />
Kap. 18.3.2) einen Mehrwert <strong>für</strong> Bürgerbeteiligungsverfahren liefern könnte oder ob eine rein<br />
bildliche Darstellung der Modelle in Form <strong>von</strong> Rendering-Bildern zum <strong>Einsatz</strong> ausreichend ist.<br />
Die dauerhafte Implementation der Modelle in Google-Earth ist in zweierlei Hinsicht sinnvoll.<br />
Zum einen kann das Stadtmodell <strong>für</strong> Visualisierungszwecke in seinem gesamträumlichen<br />
Kontext dargestellt werden und zum anderen spricht es durch die freie Zugänglichkeit eine<br />
breite Masse an Internetnutzern an. Letzteres ist, eine zukünftige stabile innenpolitische Lage<br />
vorausgesetzt, ein interessanter Ansatzpunkt beispielsweise <strong>für</strong> die Vermarktung des Jemen im<br />
Tourismusbereich. Google-Earth bietet die Möglichkeit durch Placemarks weiterführende<br />
Informationen in den Raum zu integrieren. Ein Fotovergleich zwischen Realität und erstelltem<br />
<strong>3D</strong>-Stadtmodell wäre hier denkbar. Darüber hinaus wäre auch das Einfügen <strong>von</strong><br />
weiterführenden Informationen zu den erstellten Landmarks oder zu bevorstehenden<br />
Planungen möglich. So können Informationen zu verschiedensten Themenbereichen einem<br />
internationalen Publikum verfügbar gemacht werden.
231
232
Glossar<br />
<strong>3D</strong> Dreidimensional<br />
BMZ Bundesministerium <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung<br />
GIZ Gesellschaft <strong>für</strong> internationale Zusammenarbeit<br />
EZ Entwicklungszusammenarbeit<br />
GALSUP General Autoritiy of Lands, Survey and Urban Planning<br />
GOAMM General Organisation for the Antiquities, Monuscripts and<br />
Monuments<br />
Glossar<br />
GOPHCY General Organisation for the Preservation of historic Cities of<br />
Yemen<br />
MEDINA Project for the Economic Development of historic Cities in Yemen<br />
Kubaturenmodell Volumenkörpermodell<br />
LOD Level of Detail<br />
Medina bedeutet Altstadt<br />
MHUUC Ministry of Housing, Utilities and Urban Communities<br />
MOPWH Ministry of Public Works and Highways<br />
NGO Non Governmental Organization<br />
PDHCY Project for the Development of historic Cities in Yemen<br />
Qat Strauch, der im Jemen als leichtes Rauschmittel konsumiert wird<br />
Rendering Übertragung einer <strong>3D</strong>-Szene in eine <strong>3D</strong>-Computergrafik<br />
Suq Marktbereich<br />
Texturierung Bildmaterial, dass im Modell (z. B. Häuserfassaden) integriert<br />
wird<br />
233
234<br />
Glossar<br />
UNESCO United Educational Scientific and cultural Organization<br />
Wadi Flussbett
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1: Grafische Darstellung zum Aufbau der Arbeit (eigene Darstellung) ................................................................ 10<br />
Abb. 2: Karte des Jemen und ehem. Grenze zwischen dem Nord- und Südjemen (KfW-Entwicklungsbank 2011,<br />
online, eigene Darstellung) .......................................................................................................................................... 14<br />
Abb. 3: Übersicht über die verschiedenen Stämme und deren Verteilung im Land (nachrichten-politik 2011, online)<br />
..................................................................................................................................................................................... 18<br />
Abb. 4: Landesüberblick Ägypten (Ryser/Franchini 2008; 10 ff) .................................................................................. 22<br />
Abb. 5: Regionen und Baustoffe (eigene Darstellung nach Hirschi) ............................................................................. 24<br />
Abb. 6: Links: Häuserform in der Wüstenebene (Shibam); rechts: Häuserform Tihama Region (Zabid) (Böhler 2007)<br />
..................................................................................................................................................................................... 24<br />
Abb. 7: Tihama-Hütte (abenteuer-reisen 2012, online) ............................................................................................... 26<br />
Abb. 8: Kaufmannshaus in Zabid (Böhler 2007) ........................................................................................................... 27<br />
Abb. 9: Modell einer traditionellen islamisch-orientalischen Stadt (eigene Darstellung, nach: Breuer, Hallermann,<br />
Starke, Seydlitz Geographie II, entnommen aus Lappe 2005) ...................................................................................... 28<br />
Abb. 10:Institutionen (eigene Darstellung) .................................................................................................................. 32<br />
(UNESCO-Manual 2008, 82) ......................................................................................................................................... 35<br />
Abb. 11: Logo des UNESCO-Welterbes (UNESCO-Manual 2008, 82) ........................................................................... 35<br />
Abb. 12: Logo der UNESCO (UNESCO-Manual 2008, 82) ............................................................................................. 36<br />
Abb. 13: Kriterien <strong>für</strong> die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste (UNESCO-Manual , 2008) .................................... 37<br />
Abb. 14: A Ladder of Citizen Participation (Lithgow and Schmidt 2006a, online) ........................................................ 52<br />
Abb. 15: Partizipationsdreieck (vgl.Zimmermann 2006, 8) .......................................................................................... 56<br />
Abb. 16: <strong>Einsatz</strong>felder und Zielgruppen <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-<strong>Stadtmodellen</strong> (nach Albert, Bachmann, Hellmeier 2004) ............... 72<br />
Abb. 17: Kategorisierung der Mitgestaltungsmöglichkeiten (eigene Darstellung) ....................................................... 74<br />
Abb. 18: Erstellung des physischen Modells (iapad 2011, online) ............................................................................... 76<br />
Abb. 19: Darstellung Zielzustandes des Ortskern High Springs (Kim 2005, 39) ............................................................ 77<br />
Abb. 20: Kombiniertes <strong>3D</strong>-Modell und Satellitenfoto der realisierten Variante (GoogleEarth) ................................... 78<br />
Abb. 21: Beispielhafte Modelle (SketchUp Warehouse 2012a, online) ....................................................................... 82<br />
Abb. 21: Boundary Representation Modell (eigene Darstellung) ................................................................................ 83<br />
Abb. 22: Constructive Solid Geometry Modell (Eigene Darstellung) ............................................................................ 84<br />
Abb. 23: Lage <strong>von</strong> Shibam im Hadramaut (KfW-Entwicklungsbank 2011, online; eigene Darstellung) ....................... 89<br />
Abb. 24: Straßensystem Shibam (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam, Thematic Map 10<br />
„Tourism & Administrative Related Activities”, GIZ) ) .................................................................................................. 91<br />
235
236<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 25: Route der Weihrauchstraße (Neue Züricher Zeitung 2008, online) ............................................................... 92<br />
Abb. 26: Anzahl an Personen pro Haus (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam, Conservation<br />
Map A-F, GIZ) ............................................................................................................................................................... 93<br />
Abb. 27: Erhaltungszustand <strong>von</strong> Gebäuden (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam, Synthesis<br />
Map F „State of Conservation of Individual Buildings and Monuments“, GIZ) ............................................................ 94<br />
Abb. 28: Öffentliche Plätze, Suq und andere Geschäfte (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam,<br />
Thematic Map 9 „ Existing Services and Commercial Aktivities“, GIZ) ......................................................................... 95<br />
Abb. 29: Architektonischer Wert <strong>von</strong> Gebäuden (eigene Darstellung nach Urban Conservation Plan of Shibam,<br />
Synthesis Map E „Architectual Valus of protected Buildings”, GIZ) ............................................................................. 96<br />
Abb. 30: Lage <strong>von</strong> Zabid (KfW-Entwicklungsbank 2011, online; eigene Darstellung) .................................................. 97<br />
Abb. 31: Einteilung Zabids in Stadtviertel entlang der Stadttore (eigene Darstellung nach UNESCO 2007) .............. 101<br />
Abb. 32: Funktionale Aufteilung Suq (GIZ, eigene Darstellung) ................................................................................. 103<br />
Abb. 33: Gebäudezustand Suq (GIZ, eigene Darstellung)........................................................................................... 104<br />
Abb. 34: Gebäudeauslastung Suq (GIZ, eigene Darstellung) ...................................................................................... 105<br />
Abb. 35 Anforderungen an die <strong>3D</strong>-Stadtmodelle (eigene Darstellung)...................................................................... 111<br />
Abb. 36: Detaillierungsstufen <strong>von</strong> <strong>3D</strong>-Modellen (Initiative Geodaten Infrastruktur NRW, 3, eigene Darstellung) .... 112<br />
Abb. 37: Übersicht zu den detaillierten Darstellungen in Zabid (eigene Darstellung) ............................................... 117<br />
Abb. 38: Panorama <strong>von</strong> Shibam (GIZ) ........................................................................................................................ 119<br />
Abb. 39: Südfront <strong>von</strong> Shibam in Google Earth (eigene Darstellung) ........................................................................ 119<br />
Abb. 40: Südost- Seite <strong>von</strong> Shibam entlang der Mauer in Google Earth (eigene Darstellung) ................................... 120<br />
Abb. 41: Blick auf Shibam <strong>von</strong> oben in Google Earth (eigene Darstellung) ................................................................ 120<br />
Abb. 42: Blick auf die Nordseite <strong>von</strong> Shibam in Richtung Süden (eigene Darstellung) .............................................. 121<br />
Abb. 43: Blick <strong>von</strong> Osten nach Westen über Shibam (eigene Darstellung) ................................................................ 121<br />
Abb. 44: Blick <strong>von</strong> Südosten auf Shibam (eigene Darstellung) ................................................................................... 122<br />
Abb. 45: Ost Seite <strong>von</strong> Shibam entlang der Stadtmauer (eigene Darstellung) ........................................................... 122<br />
Abb. 46: Blick <strong>von</strong> der Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee) Richung Süden (eigene Darstellung).......................... 123<br />
Abb. 47: Blick über die Al-Jamas Moschee Richtung Osten (eigene Darstellung) ...................................................... 123<br />
Abb. 48: Blick vom Stadttor auf die Stadt Shibam (eigene Darstellung) .................................................................... 124<br />
Abb. 49: Bebauungsdichte in den Gassen <strong>von</strong> Shibam (eigene Darstellung) ............................................................. 124<br />
Abb. 50: Schlossplatz in Shibam (eigene Darstellung) ................................................................................................ 125<br />
Abb. 51: Landmarks in Shibam (eigene Darstellung).................................................................................................. 126<br />
Abb. 52: Maruf al-Jamal Moschee ,gerendert (eigene Darstellung) .......................................................................... 126<br />
Abb. 53: Maruf al-Jamal Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) ................................................................... 127<br />
Abb. 54: Maruf al-Jamal Moschee und Sultanspalast im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) ...................................... 127
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 55: Maruf al-Jamal Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ............................. 128<br />
Abb. 56: Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee), gerendert (eigene Darstellung) ...................................................... 128<br />
Abb. 57: Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee) im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) ............................................... 129<br />
Abb. 58: Al-Jamas Moschee (Freitagsmoschee) im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ......... 129<br />
Abb. 59: Al-Koqah Moschee, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................... 130<br />
Abb. 60: Al-Khoqah Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) ........................................................................... 131<br />
Abb. 61: Al-Khoqah Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ..................................... 131<br />
Abb. 62: Bathajb Moschee, gerendert (eigene Darstellung) ...................................................................................... 132<br />
Abb. 63: Bathajb Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) ............................................................................... 132<br />
Abb. 64: Bathajb Moschee im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ..................................... 133<br />
Abb. 65: Bajarisch Moschee, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................... 133<br />
Abb. 66: Bajarisch Moschee im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) ............................................................................. 134<br />
Abb. 67: Bajarisch Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ....................................... 134<br />
Abb. 68: Moschee des Ibn Ahmad, gerendert (eigene Darstellung) .......................................................................... 135<br />
Abb. 69: Moschee des Ibn Ahmad im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) ................................................................... 135<br />
Abb. 70: Moschee des Ibn Ahmad im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ............................. 136<br />
Abb. 71: Al-Hara Moschee, gerendert (eigene Darstellung) ...................................................................................... 136<br />
Abb. 72: Al-Hara Moschee (GIZ) ................................................................................................................................. 137<br />
Abb. 73: Minarett der Al-Hara Moschee vor- und nach der Renovierung durch das PDHCY (GIZ) ............................ 137<br />
Abb. 74: Al-Hara Moschee im städtebaulichen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ......................................... 138<br />
Abb. 75: Stadttor <strong>von</strong> Shibam im gesamtstädtischen Kontext (GIZ) .......................................................................... 139<br />
Abb. 76: Eingangsbereich Stadttor im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ........................ 139<br />
Abb. 77: Grundriss der Altstadt Shibams (eigene Darstellung, GIZ) ........................................................................... 140<br />
Abb. 78: Beispiel Extrudieren eines Hauses (eigene Darstellung) .............................................................................. 141<br />
Abb. 79: Karte mit Informationen über Anzahl Stockwerke (GIZ) .............................................................................. 142<br />
Abb. 80: Maßangaben <strong>für</strong> modellhafte Stockwerke (GIZ) .......................................................................................... 142<br />
Abb. 81: <strong>3D</strong>-Modell der Stufe LOD1 (eigene Darstellung) .......................................................................................... 143<br />
Abb. 82: links Lehm-Textur, rechts Kalk-Textur (eigene Darstellung) ........................................................................ 143<br />
Abb. 83: Beispielhafte Dachstruktur in Shibam (GIZ) ................................................................................................. 144<br />
Abb. 84: Dachstruktur gezeigt im LOD3 Modell in Google SketchUp (eigene Darstellung) ....................................... 145<br />
Abb. 85: <strong>3D</strong>-Modell der Stufe LOD2 (eigene Darstellung) .......................................................................................... 145<br />
Abb. 86: Häuserfassaden (GIZ) ................................................................................................................................... 146<br />
237
238<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 87: Entzerrte Version der Fassade (eigene Darstellung) .................................................................................... 146<br />
Abb. 88: Häuserfassade mit Fototextur im <strong>3D</strong>-Modell, gerendert (eigene Darstellung) ........................................... 147<br />
Abb. 89: Vorlage und Modell einer Moschee (GIZ, eigene Darstellung) .................................................................... 147<br />
Abb. 90: Zweidimensionales Fassadenmodell (GIZ) ................................................................................................... 148<br />
Abb. 91: Arbeiten mit Komponenten (eigene Darstellung) ........................................................................................ 149<br />
Abb. 92: Linienmodell eines Fensters (eigene Darstellung) ....................................................................................... 149<br />
Abb. 93: Detail-Modell eines Fensters (eigene Darstellung) ...................................................................................... 150<br />
Abb. 94: <strong>3D</strong>-Modell der Stufe LOD3 (eigene Darstellung) .......................................................................................... 151<br />
Abb. 95: Höhendaten als zweidimensionales Modell (GIZ, eigene Darstellung) ........................................................ 152<br />
Abb. 96: Erstellung des DGM (eigene Darstellung nach autolisp tutorials 2002, online) ........................................... 154<br />
Abb. 97: Höhendaten als <strong>3D</strong>-Punktewolke in AutoCAD (eigene Darstellung) ....................................................... 154<br />
Abb. 98: fertiges TIN in SketchUp (eigene Darstellung) ............................................................................................. 155<br />
Abb. 99: Grundriss über geglätteten Geländemodell schwebend (eigene Darstellung) ............................................ 156<br />
Abb. 100: Haus wird auf dem schwebenden Grundriss platziert (eigene Darstellung) ............................................. 156<br />
Abb. 101: Bodenplatte wird vorbereitet, um sie auf dem Geländemodell zu platzieren (eigene Darstellung) ......... 157<br />
Abb. 102: Bodenplatte wird in das Gelände geschnitten (eigene Darstellung) .......................................................... 157<br />
Abb. 103: Haus wird auf der Bodenplatte platziert (eigene Darstellung) .................................................................. 158<br />
Abb. 104: Häuser exemplarisch auf dem Gelände platziert (eigene Darstellung) ...................................................... 158<br />
Abb. 105: Gesamtstädtisches Modell <strong>von</strong> Zabid mit Landmarks, gerendert (eigene Darstellung) ............................ 161<br />
Abb. 106: Gesamtstädtisches Modell <strong>von</strong> Zabid mit Landmarks in Google Earth (eigene Darstellung) .................... 162<br />
Abb. 107: Gesamtstädtisches Modell <strong>von</strong> Zabid in LOD1, gerendert (eigene Darstellung) ....................................... 162<br />
Abb. 108: Teilausschnitt gesamtstädtisches Modell Zabid mit Blick auf den Nordteil der Stadt, gerendert (eigene<br />
Darstellung) ................................................................................................................................................................ 163<br />
Abb. 109: Teilausschnitt gesamtstädtisches Modell Zabid mit Blick auf den Westteil der Stadt, gerendert (eigene<br />
Darstellung) ................................................................................................................................................................ 163<br />
Abb. 110: Die Landmarks und ihre Lage im Stadtbild (GIZ, eigene Dartsellung) ........................................................ 164<br />
Abb. 111: Freitagsmoschee im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ................................... 165<br />
Abb. 112: Freitagsmoschee im gesamtstädtischen Kontext 2, gerendert (eigene Darstellung) ................................ 166<br />
Abb. 113: Freitagsmoschee mit Minarett und Blick auf den Innenhof, gerendert (eigene Darstellung) ................... 166<br />
Abb. 114: Freitagsmoschee mit Blick vom Innenhof auf Minarett, gerendert (eigene Darstellung) .......................... 167<br />
Abb. 115: Freitagsmoschee , gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................... 167<br />
Abb. 116: Bab-al-Quturb Rückseite (GIZ) ................................................................................................................... 168<br />
Abb. 117: Bab-al-Quturb Front (GIZ) .......................................................................................................................... 169
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 118: Bab al Quturb Frontansicht, gerendert (eigene Darstellung)..................................................................... 169<br />
Abb. 119: Fensterfront Bab al Quturb, gerendert (eigene Darstellung) ..................................................................... 170<br />
Abb. 120: Frontansicht Bab al Quturb 2, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................. 170<br />
Abb. 121: Rückansicht Bab al Quturb, gerendert (eigene Darstellung)...................................................................... 171<br />
Abb. 122: Bab-al-Quturb im gesamtstädtischen Kontext, Ansicht Front auf Stadtmauer (nicht realitätsgetreu),<br />
gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................................................................. 171<br />
Abb. 123: Blick in den Suq 1, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................... 172<br />
Abb. 124: Sicht auf den Suq im gesamtstädtischen Kontext, gerendert (eigene Darstellung) ................................... 173<br />
Abb. 125: Blick in den Suq 2, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................... 173<br />
Abb. 126: Blick in den Suq 3, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................... 174<br />
Abb. 127: Blick in den Suq 3, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................................... 174<br />
Abb. 128: Bab-al-Siham Fronansicht (Böhler, 2007) ................................................................................................. 175<br />
Abb. 129: Bab al Siham Rückansicht, gerendert (eigene Darstellung) ....................................................................... 175<br />
Abb. 130: Bab al Siham Rückansicht 2, gerendert (eigene Darstellung) .................................................................... 176<br />
Abb. 131: Frontansicht Bab al Siham, gerendert (eigene Darstellung) ...................................................................... 176<br />
Abb. 132: Rückansicht Bab al Siham mit eingefügtem Hintergrund, gerendert (eigene Darstellung) ....................... 177<br />
Abb. 133: Gebäude der Wohnparzelle (Böhler, 2007) ............................................................................................... 178<br />
Abb. 134: Wohnbeispiel, gerendert (eigene Darstellung) .......................................................................................... 178<br />
Abb. 135: Wohnbeispiel 2 (auf sandigem Untergrund), gerendert (eigene Darstellung) .......................................... 179<br />
Abb. 136: Wohnbeispiel 3 (auf sandigem Untergrund), gerendert (eigene Darstellung) .......................................... 179<br />
Abb. 137: Wohnbeispiel 4 (auf sandigem Untergrund), gerendert (eigene Darstellung) .......................................... 180<br />
Abb. 138: Moschee: Iskanderya (GIZ) ........................................................................................................................ 180<br />
Abb. 139: Moschee Iskanderya, gerendert (eigene Darstellung) .............................................................................. 181<br />
Abb. 140: Blick in den Innenhof der Moschee al Ghusainiya (GIZ)............................................................................. 181<br />
Abb. 141: Moschee Ghusainiya im gesamtstädtischen Kontext mit Blick auf die Zitadelle, gerendert (eigene<br />
Darstellung) ................................................................................................................................................................ 182<br />
Abb. 142: Moschee Ghusainiya, gerendert (eigene Darstellung) ............................................................................... 182<br />
Abb. 143: Blick <strong>von</strong> der Zitadelle auf die Moschee Iskanderya, real (GIZ) ................................................................. 183<br />
Abb. 144: Zitadelle mit Blick auf Iskanderya im gesamtstädtischen Kontext mit Blick Richtung Norden, gerendert<br />
(eigene Darstellung) ................................................................................................................................................... 183<br />
Abb. 145: Zitadelle mit Blick auf Iskanderya, gerendert (eigene Darstellung) ........................................................... 184<br />
Abb. 146: Grundriss der Stadt Zabid mit allen dargestellten Layern (eigene Darstellung) ........................................ 185<br />
Abb. 147: Grundriss der Stadt Zabid mit allen sichtbaren Layern (eigene Darstellung)............................................. 186<br />
239
240<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 148: Benötigte Layer (eigene Darstellung) ........................................................................................................ 186<br />
Abb. 149: Umrandeter Block (eigene Darstellung) .................................................................................................... 187<br />
Abb. 150: Flächen umkehren (eigene Darstellung) .................................................................................................... 188<br />
Abb. 151: <strong>3D</strong>-Körper nach dem Extrudieren (eigene Darstellung) ............................................................................. 188<br />
Abb. 152: LOD1 der Stadt Zabid (eigene Darstellung) ................................................................................................ 189<br />
Abb. 153: Gebäudegrundriss eines einfachen Wohnhauses in Zabid (Böhler 2007).................................................. 190<br />
Abb. 154: Gebäude im LOD1 (eigene Darstellung) ..................................................................................................... 190<br />
Abb. 155: Frontansicht eines Wohnhauses in Zabid (Böhler 2007) ........................................................................... 191<br />
Abb. 156: Mit Adobe Photoshop entzerrte und retuschierte Fassade (eigene Darstellung) ..................................... 192<br />
Abb. 157: Texturiertes Gebäude mit Palme aus dem Warehouse (eigene Darstellung) ............................................ 193<br />
Abb. 158: Iskanderya (GIZ) ......................................................................................................................................... 194<br />
Abb. 159: Iskanderya in SketchUp (eigene Darstellung) ............................................................................................ 194<br />
Abb. 160: Frontansicht Bab al Quturb (GIZ) ............................................................................................................... 195<br />
Abb. 161: Frontansicht Bab al Quturb in Google SketchUp (eigene Darstellung) ...................................................... 195<br />
Abb. 162: Frontansichten des Suq (GIZ) ..................................................................................................................... 196<br />
Abb. 163: Erstellte Komponenten der Frontansichten des Suq (eigene Darstellung) ................................................ 196<br />
Abb. 164: modellierter und eingefärbter Bereich (eigene Darstellung) ..................................................................... 197<br />
Abb. 165: Voreinstellungen zur Verwendung <strong>von</strong> Tastenkürzeln (eigene Darstellung) ............................................. 200<br />
Abb. 166: Internetseite zum Herunterladen <strong>von</strong> Plug-Ins (crai.archi 2012, online) ................................................... 201<br />
Abb. 167: Auswahlbereich des Suq (eigene Darstellung) ........................................................................................... 213<br />
Abb. 168: Übersicht der genutzten und ungenutzten Gebäude des Suq mit Abgrenzung des Bereichs, in dem sich das<br />
Gemeinschaftshaus später befinden soll (GIZ, eigene Darstellung) ........................................................................... 216<br />
Abb. 169: Darstellung eines Gebäudes mit dem AR-Media Google-SketchUp Plugin (inglobetechnologies 2012,<br />
online) ........................................................................................................................................................................ 228
Abbildungsverzeichnis<br />
241
242
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253
254<br />
Internetquellen
Internetquellen<br />
255
256
Anhang<br />
Merkmale islamisch-orientalischer Städte mit Vergleich zur europäischen Stadt<br />
Anhang<br />
Name Eigenschaften Besonderheiten im Vergleich zur<br />
europäischen Stadt<br />
Freitagsmoschee - Hofmoschee nach Vorbild des<br />
Wohnhauses des Propheten<br />
- Innenraum als multifunktionale<br />
Fläche, später auch als<br />
selbstständiges Element<br />
ausgegliedert (Bsp.: Koranschule)<br />
Elemente:<br />
- Gebetsraum<br />
- Brunnen/ Wasseranschluss<br />
- Minarett<br />
- In Städten zusätzlich Hamams<br />
(öffentliche Badehäuser)<br />
Suq - Trennung <strong>von</strong> Wohnen und<br />
Arbeiten<br />
- Kann nach Öffnungszeiten separat<br />
verschlossen werden<br />
- Warenangebot folgt Hierarchie:<br />
Gold/ Silber, Textilien, Gewürze in<br />
der Nähe des Suq; störende oder<br />
geruchsintensive Gewerbe in<br />
peripherer Lage<br />
- Raum öffentlichen Lebens, so auch<br />
ausgestattet mit Moscheen,<br />
Hamams, Brunnen, Kaffeehäusern<br />
und Garküchen<br />
Quartiere - Stadträumliche Abgrenzung und<br />
eigenständig verwaltete Einheit<br />
inmitten des urbanen<br />
Gesamtgefüges<br />
- Gefahren nicht nur <strong>von</strong> außerhalb,<br />
auch innerhalb der Quartiere<br />
bestehen Gefahren durch<br />
rivalisierende Bevölkerungsgruppen<br />
- Basierend auf<br />
Familiengemeinschaften, ethnischer<br />
und religiöser Zughörigkeit<br />
- Eigene Infrastruktur, kleiner als die<br />
der Medina (Altstadt)<br />
Sackgassensystem - Hauptstraßen als Verbindungsglied<br />
zwischen Toren, Stadtmauer,<br />
Hauptmoschee und Suq<br />
- Breite ca. 4-8 Meter<br />
- Hauptstraße dient auch als<br />
- Trennung erfolgte erst<br />
nach Industrialisierung<br />
- Funktionale Ähnlichkeit<br />
mit europäischem<br />
Geschäftszentrum,<br />
strukturell jedoch<br />
erhebliche Unterschiede<br />
- nicht gleichzusetzen mit<br />
europäischem<br />
Stadtviertel<br />
- europäische Stadtviertel<br />
sind durch soziale<br />
Unterschiede und<br />
Durchmischung geprägt<br />
- kein gradliniger Straßenverlauf<br />
in islamischen Städten<br />
257
258<br />
Anhang<br />
Müllsammelstraße, da dies<br />
öffentlicher Raum ist<br />
- Verbindungsstraßen zwischen<br />
Quartieren oder in Quartieren selbst<br />
sind privat und Unbefugten ist der<br />
Zutritt grundsätzlich nicht gestattet<br />
- Wege zu Wohnhäusern enden in<br />
Sackgassen<br />
Innenhofhaus - Introvertierte Bauweise<br />
- Von außen nach innen<br />
- Raumfolge ebenfalls <strong>von</strong> außen<br />
(den öffentlichen Bereichen) nach<br />
innen<br />
- Innenhofhaus <strong>für</strong> Jemen typisch,<br />
Ausnahme sind die Turmhäuser in<br />
den Bergregionen und im<br />
Hadramaut<br />
- In Turmhäusern sind die privaten<br />
Räumlichkeiten immer in den<br />
höheren Stockwerken angeordnet<br />
Stadtmauer,<br />
Stadttore, Zitadelle<br />
Alle Angaben vgl. Böhler 2007, 18 ff.<br />
- Bau einer Stadtmauer zur<br />
Verteidigung<br />
- Stadtmauer bildet Grenze zwischen<br />
Stadt und Land und ist<br />
Prestigeobjekt<br />
- Besondere architektonische<br />
Gestaltung<br />
- Einziger Zugang zur Stadt<br />
- Kürzester Weg in den Suq<br />
- Umschlagpunkt <strong>für</strong> Waren<br />
- Zitadelle liegt immer an oder in der<br />
Stadtmauer<br />
- Dient als Rückzugsort bei Angriffen<br />
und spiegelt Herrschaftszeichen der<br />
Machthaber wieder
Erlässe zur Denkmalpflege 2001 und 2006<br />
PRIME MINISTER'S DECREE NO. (27) OF 2001<br />
REGARDING THE REGULATION ON CONSTRUCTION CONTROLS AND<br />
The Prime Minister:<br />
After perusal of:<br />
VIOLATIONS IN HISTORICAL CITIES<br />
Anhang<br />
- The Constitution of the Republic of Yemen;<br />
- Republican Decree in the Law No. (20) of 1991 regarding the Council of Ministers;<br />
- Republican Decree in the Law No. (17) of 1994 regarding the General Provisions on<br />
Violations;<br />
- Republican Decree No. (129) of 1997 regarding the Establishment of the General<br />
Organization for Preservation of Historical Cities (GOPHC); and<br />
- Republican Decree No. (46) of 2001 regarding the Formation of the Government and<br />
Naming of its Members; and<br />
-<br />
After the approval of the Council of Ministers, as based on a proposal by the Minister of<br />
Culture:<br />
Resolves as follows:<br />
Chapter (1)<br />
Citation and Objectives<br />
Article 1): This Regulation shall be cited as "Regulation on Construction Controls and<br />
Violations in Historical Cities".<br />
Article 2): This Regulation aims at realizing the following objectives:<br />
a- Protection and preservation of historical cities, landmarks and sites;<br />
b- Preservation of buildings and their cultural historical features;<br />
c- Prohibiting impingement upon, demotion of and construction in historical cities with<br />
materials else than traditional materials permitted by GOPHC.<br />
259
260<br />
Anhang<br />
Article 3):<br />
Chapter (2)<br />
Construction Restriction in Historical Cities<br />
a- No construction, repair and demolition works may be carried out in buildings, sites and<br />
landmarks in historical cities without first obtaining a written permit from GOPHC;<br />
b- The applicant for construction, repair or demolition work in a historical city shall have<br />
to submit a bank guarantee at not less than YR50.000 as security to adhere to the<br />
construction and repair conditions and controls in historical cities.<br />
Article 4): The owner of a historical building, landmark or site shall pursue the sound<br />
techniques when carrying out any construction and repair works, the execution of which shall<br />
have to be under the supervision of GOPHC and adherence to the following controls:<br />
1- Use of traditional materials in construction and repair works of historical<br />
buildings and landmarks, compatible with general surroundings that prevail in<br />
the historical city;<br />
2- Stoppage of construction works, demotion of such works and reconstruction of<br />
the demolished historical buildings, unless constructed in the same traditional<br />
materials and architectural style of the historical city;<br />
3- Maintaining the spaces between the buildings, non-construction of appended<br />
structures and preserving the green areas (such as gardens and farms), which<br />
form a significant component of the historical city, its architectural style and<br />
cultural landmarks.<br />
4- Maintaining the functions of the historical buildings and landmarks and<br />
avoiding assigning any other functions to them that may prove detrimental to<br />
their characteristics or style.<br />
5- Preserving the nature and kind of activities of the traditional suqs (markets) in<br />
the historical cities;<br />
6- Stopping creation, or opening, of any commercial shops in the residential areas<br />
of historical cities and their surrounding areas, as shall be identified by<br />
GOPHC;<br />
7- Stopping any additions to historical buildings that may lead to change in their<br />
architectural style.<br />
Chapter (3)<br />
Restricted Acts<br />
Article 5): It shall be prohibited to undertake any of the following works:<br />
1- Addition of structures or appurtenances or extension of a building, neither vertically nor<br />
horizontally, that may deform the architectural style or features of a historical city;<br />
2- Demolition, deformation, changes or damages to historical buildings and landmarks;<br />
3- Use of construction mate4rials else than the traditional ones, such reinforced cement<br />
concrete or metal doors instead of the wooden doors or aluminum windows instead of
Anhang<br />
the wooden windows or other materials that may lead to deformation of, and change to,<br />
the traditional architectural style of the historical city;<br />
4- Malicious destruction or demolition of landmarks, facilities and buildings in historical<br />
sites and cities;<br />
5- Demolition, change or erasure of any inscriptions or decoration on historical buildings;<br />
6- Erection of new structures appended to a historical building or landmark;<br />
7- Undertaking any construction works in the campus of historical cities, landmarks and<br />
sites;<br />
8- Building in public areas, opens spaces or green areas (such as gardens and farms);<br />
uprooting trees or using any of the above areas as solid waste dumping sites, regardless<br />
of who owns or acquires them;<br />
9- Carrying out any alterations or changes to the features of buildings and landmarks in<br />
historical cities, detaching any part of them or sticking posters and advertisements on<br />
their facades.<br />
10- Creation of commercial or non-commercial openings in the residential areas of<br />
historical cities;<br />
11- Changing the function of a historical building or part thereof without obtaining a written<br />
consent from GOPHC;<br />
12- Deforming or covering bricks with deforming colors , such as paint …etc.<br />
Chapter (4)<br />
Penalties<br />
Article 6): Without prejudice to any severer penalty provided for under the effective Laws,<br />
whosoever violates the provisions of this Regulation shall be penalized with the following fines:<br />
1- Financial fine not exceeding YR10.000, together with removal of the object of<br />
violation, whosoever violates the provision of paragraph (a) of Article (3) of this<br />
Regulation;<br />
2- Financial fine of YR10.000, together with removal of the object of violation and<br />
restoring the situation to the state in which it was before committing the violation,<br />
whosoever violates any provision of those indicated under Article (5) of this<br />
Regulation;<br />
Chapter (5)<br />
Final Provisions<br />
Article 7): The bank guarantee indicated under item 3-b of this regulation shall be returned to its<br />
owner after confirming his adherence to the construction and repair controls and soundness of<br />
execution of work.<br />
261
262<br />
Anhang<br />
Article 8): GOPHC may, in coordination with the Public Prosecution, implement the demolition<br />
decision to the account of the violating party, in the event of refraining of such party from<br />
removing the violation.<br />
Article 9): Engineers and Inspectors of GOPHC shall, in coordination with the Public<br />
Prosecution, follow up and monitor the violations committed in historical cities.<br />
Article 10): GOPHC may stop any construction or repair works that are in contravention with<br />
the provisions of this Regulation;<br />
Article 11): This decree shall come into force with effect from the date of its issue and shall be<br />
published in the official gazette.<br />
Issued in Chairmanship of the Council of Ministers in 2001.<br />
Signed:<br />
Prime Minister Minister of Culture<br />
Abdulkader Ba-Gammal Abdulwahab Mohammed Al-Rowhani
Anhang<br />
263