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ALKOHOLISMUSGEN", der Einfluss des Erbguts setzt sich aus vielen kleinen Mosaiksteinen zusammen. So<br />
gibt es Gene, die den Abbau von Alkohol beeinflussen, Gene für die Feinjustierung des Dopaminsystems<br />
und Gene, die die Reaktion auf Stress verstärken. Von jedem dieser Gene gibt es Varianten, die das<br />
Suchtrisiko entweder erhöhen oder senken. Dabei ist der Effekt jedes einzelnen Gens gering, erst die<br />
Summe der vielen Erbvarianten hat einen maßgeblichen Einfluss auf die individuelle Empfindlichkeit für<br />
Drogen.<br />
Doch selbst ein hohes genetisches Risiko bedeutet nicht, dass ein Mensch zur Sucht verdammt ist. Die<br />
eigne Lebensgeschichte ist genauso entscheidend. Wichtig sind zum einen die Freunde. Jeder hustet bei<br />
der ersten Zigarette. Die Erfahrung wird nur wiederholt, wenn ein Glimmstängel im Mundwinkel in der<br />
Gruppe als absolut cool gilt. Die von den anderen geweckten Erwartungen können sogar direkt das<br />
sinnliche Erleben des ersten Rauschs oder des ersten Zuges beeinflussen. Der zweite wichtige<br />
Umweltfaktor ist der Stress. Zu großer äußerer Druck kann dazu verleiteten, nicht Probleme zu lösen<br />
sondern sie mit Drogen beiseite zu schieben. Ängstliche Persönlichkeiten suchen dabei eher Entspannung<br />
im Alkohol, während Menschen mit niedrigem eigenen Dopaminspiegel versuchen, über Kokain ihre<br />
Leistungs- und Erlebnisfähigkeit zu steigern.<br />
Die Gene, die Freunde, der Stress machen einen Menschen bereit für Drogenerfahrungen. Er oder sie<br />
beginnt vielleicht zu rauchen, regelmäßig zu trinken oder Kokain zu schnupfen. Anfangs ist der Rausch<br />
noch unter Kontrolle. Es ist kein Problem "Nein" zu sagen.<br />
Auf Dauer aber verändern die Drogen das <strong>Gehirn</strong>. Alkoholmissbrauch erhöht die Empfindlichkeit des<br />
Stresssystems. Schon kleine Störungen werden plötzlich als bedrohlich erlebt und legen den nächsten<br />
Griff zur Flasche nahe. <strong>Das</strong> Überangebot an Dopamin durch die dauernde Reizung der Motivationszentren<br />
führt zu Gegenreaktionen im <strong>Gehirn</strong>. Es antwortet weniger stark auf natürliche Reize, auf ein leckeres<br />
Essen, oder ein gutes Gespräch. Die Welt beginnt blass zur wirken, nur das Kokain oder der Joint lösen<br />
noch deutliche Gefühle aus.<br />
<strong>Das</strong> Motivationssystem in den Gefühlzentren baut das Verlangen nach einem Genuss jetzt und hier auf.<br />
Gebremst wird es von den höheren Denkzentren im Stirnhirn, die in der Lage sind, auch langfristige<br />
Konsequenzen abzuschätzen. Die Balance aus Stärke des Verlangens und Kontrolle durch die Vernunft<br />
bestimmt letztlich die Handlung. Wer nur mal so abnehmen will, wird bei einer leckeren Schokotorte<br />
schon mal schwach. Wer sich dagegen fest für eine Diät entschlossen hat, kann der süßen Versuchung<br />
meist wiederstehen. Bei Suchtkranken sind diese Kontrollmechanismen aber geschwächt, das konnte<br />
Nora Volkow direkt im <strong>Gehirn</strong> nachweisen.<br />
Einer der beständigsten Befunde lautet, dass Suchtkranke, egal ob sie von Kokain abhänig sind, von<br />
Alkohol oder von Methamphetamin, dass sie eine herabgesetzte Aktivität im Stirnhirn zeigen. Und zwar<br />
sowohl in einem Gebiet, dass mit den Gefühlszentren zusammenarbeitet, als auch in einer Region, die für<br />
höhere Denkleistungen zuständig ist. Beide werden durch dauernden Drogengebrauch gestört.<br />
Und währen die bewusste Kontrolle, das Abwägen von Konsequenzen durch die Sucht geschwächt