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Das abhängige Gehirn

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verzichten können. Allerdings macht auch Methadon selbst süchtig. Die Patienten bleiben also auch in<br />

einem Methadonprogramm abhängig, doch sie setzen sich keinen Gesundheitsgefahren mehr aus und<br />

entfliehen der Illegalität.<br />

Ein weiteres Medikament ist Naltrexon. Es blockiert die Wirkung des Heroins, ein Rückfall wird nicht mehr<br />

positiv belohnt. Allerdings nur solange die Patienten auch an der Therapie teilnehmen. Auch im<br />

Alkoholentzug wird inzwischen Naltrexon eingesetzt, schließlich überschneiden sich die Wirkungen der<br />

verschiedenen Drogen im <strong>Gehirn</strong>. Die Medikamente sind für Andreas Heinz aber keine Wundermittel.<br />

<strong>Das</strong> klappt auch ganz gut, aber nur wenn man motiviert ist, auch aufzuhören. Ich hatte einen Patienten,<br />

der sagte, das erste Bier kann ich im Rückfall stehen lassen, wenn ich das Naltrexon nehme, das<br />

schmeckt dann nicht so richtig, der mir aber auch gesagt hat, das Zweite oder Dritte ist dann wieder in<br />

Ordnung. <strong>Das</strong> heißt, diese Substanzen sind auch nie ein Ersatz für eine Psychotherapie oder für einen<br />

Versuch die Leute auch sozial wieder einzubinden und zu motivieren. Sie können aber helfen, wenn sie in<br />

eine solche Situation kommen, das der Rückfall nicht so schwer ist.<br />

Inzwischen können die Forscher mit Hilfe eines Gentests vorhersagen, wer gut auf das Medikament<br />

ansprechen wird. Zusätzlich zum Naltrexon verschreiben die Ärzte inzwischen auch Acamprosat, einen<br />

Wirkstoff, der die Grundaktivität der Nerven ähnlich wie Alkohol herunterregelt, und so die<br />

Entzugssymptome abmildert. Werden beide Substanzen gemeinsam angewandt, schaffen es doppelt so<br />

viele Patienten ohne Flasche zu leben. In einer deutschen Studie sank die Rückfallquote sogar unter 50<br />

Prozent.<br />

Neben diesen schon etablierten Medikamenten befinden sich noch eine ganz Reihe weiterer Wirkstoffe in<br />

der Erprobung. Viele von ihnen zielen weniger auf die spezifischen Besonderheiten einer Droge ab, als<br />

auf die Gemeinsamkeiten, die der Suchterkrankung zugrunde liegen.<br />

Ein erstes Beispiel für ein solches Medikament ist Rimonabant. Dieser Wirkstoff beeinflusst die<br />

Bindungsstelle für Cannabis im <strong>Gehirn</strong>. Marihuana ist bekannt dafür, Heißhunger auszulösen, umgekehrt<br />

senkt Rimonabant sozusagen als Nebenwirkung den Appetit. Große Studien belegen inzwischen, dass<br />

sich das Medikament erfolgreich in der Gewichtsreduktion bei extrem dicken Patienten einsetzen lässt.<br />

Pilotuntersuchungen an Alkohol<strong>abhängige</strong>n und Nikotinsüchtigen zeigen, dass Rimonabant auch die<br />

Rückfallrate nach einem Entzug senkt. Und Tierexperimente legen nahe, dass in Zukunft auch Kokser<br />

und Kiffer von der Pille profitieren könnten.<br />

Allerdings ist unklar, ob der Hersteller diese Anwendungsgebiete aktiv erforschen wird. Auch bei anderen<br />

Medikamenten, die einen Einfluss auf Suchterkrankungen haben, verhindert das Schmuddelimage der<br />

Drogen eine Weiterentwicklung für dieses spezielle Anwendungsgebiet. Medikamente allein heilen keinen<br />

Süchtigen. Schließlich, so Noras Volkow, ist eine Sucht zwar eine Erkrankung des <strong>Gehirn</strong>s aber eine, die<br />

eng mit der Lebenswelt des Abhängigen verknüpft ist.<br />

Ein Medikament alleine kann die Sucht nicht heilen. Die Abhängigkeit zerstört das Leben, man wird

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