56 <strong>Daimler</strong> 360 GRAD – <strong>Magazin</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nachhaltigkeit</strong> <strong>2008</strong>
stuttGARt 49°N/9°E ——— Es gibt so ein paar Zahlen, die treiben ihn um: 30 Prozent der deutschen Angestellten sind unzu- frieden. 30 Prozent der Zeit beschäftigen sie sich gedanklich mit sich selbst. Das hat er im Managerseminar gehört. Dann saß Ralph Lambright in einem Workshop für <strong>Daimler</strong>-Führungskräfte. Es ging um Diversity, die Vielfalt der Menschen und den Umgang damit. Ein Kurs für Führungspersonal, aber ihm war klar: „Das ge- hört runter auf Produktionsebene.“ „Diversity erlebe ich jeden Tag“, sagt der Leiter einer Abteilung der Montage Großserie, der für 1.100 Mitarbeiter zuständig ist. Jeder fünfte Kollege kommt aus dem Ausland. Die Zahl der über Fünfzigjährigen steigt, die Zahl der Mitarbeiter mit gesundheit- lichen Einschränkungen auch. Und die Frauen – immerhin 14 Prozent der Belegschaft – müssen sich in der von Männern dominierten Produktionswelt behaupten. „Wir wollen die besten Autos der Welt bauen, da brauchen wir auch die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Welt!“, be- tont Ralph Lambright. Als die Bänder in der Umbauphase von der aktuellen auf die neue E-Klasse stillstanden, setzte er sich mit verschiedenen Kollegen zusammen: Frauen, Männer, Deutsche, Italiener, Türken, junge und alte, fitte und gesundheitlich angeschlagene. „Wie gehen wir miteinander um?“, fragte er in die Runde, und sie hatten viele Beispiele, gute wie schlechte: Da ist der Monteur, der Epilepsie hat – und auf den immer einer mit achtet. Der junge Mann, der gerade einen Herzinfarkt überstanden hat und jetzt je nach seiner momentanen Belastbarkeit eingesetzt wird. Der Mus- lim, der am Ramadan Gelegenheit zum Beten bekommt. Da sind aber auch die Mitarbeiter, die glauben, Teilzeit sei nur eine „halbe Sache“. Das größte gemeinsame Vielfache 57 Das größte gemeinsame Vielfache Moral, Mut, Macht, Alter, Charakter, Humor – jeder Mensch hat sein ganz persönliches Profil. Das <strong>Daimler</strong>-Diversity-Management nutzt die Potenziale und Möglichkeiten, die aus der Vielfalt der Belegschaft resultieren. Bis 2010 will <strong>Daimler</strong> zu den angesehensten Unternehmen in dieser Managementdisziplin gehören. text Kirsten Wörnle Illustration Ioannis Karanasios Vielleicht muss man wie Ralph Lambright als Sohn eines schwarzen Amerikaners und einer Deutschen auf die Welt gekommen sein, um zu wissen, wie einseitig die Umwelt bisweilen tickt. „Da- bei ist Diversity ein Fakt“, sagt er, der als junger Mann die Vorurteile mit Sport wettmachte. „Unternehmen können entweder ver- suchen, alle auf eine Linie zu trimmen, oder sie managen die Vielfalt zu ihren Gunsten.“ Anmerkungen zu Diversity [1] Diversity ist mehr als ein Frauenthema. Diversity heißt, die Vielfalt der Menschen zu respektieren und unternehmerisch zu nutzen. Es geht weit über das Thema „Mann oder Frau“ hinaus. <strong>Daimler</strong> sieht in der Vielfalt seiner Belegschaft ein wichtiges Potenzial. Diversity ist seit 2005 Chef- sache: „Für uns zählt ein effektives Diversity-Management zu den wichtigsten Aufgaben – und zwar nicht, weil es politisch korrekt wäre, sondern weil es sozial und geschäftlich sinnvoll, ja notwendig ist“, sagt Dieter Zetsche. Bis spätestens 2010 will der Automobilkonzern in puncto Diversity zu den angesehensten Unternehmen gehören. Als eines der ersten Unternehmen in Deutschland unter- zeichnete <strong>Daimler</strong> die sogenannte „Charta der Vielfalt“ – eine deutschlandweite Initiative – und verpflichtete sich damit zu einer Kultur des Respekts und der Wertschätzung eines jeden Einzelnen. „Unsere Zukunft hängt stark davon ab, wie es gelingt, Talente zu rekrutieren, zu entwickeln und zu fördern“, erklärt Günther Fleig, <strong>Daimler</strong>-Personalvorstand und Arbeitsdirektor. „Schon in wenigen Jahren sieht Europa vergleichsweise alt aus.“ Bis 2015 wird das Durchschnittsalter der Deutschen auf 44 Jahre klettern, in Frankreich wird es bei 40 liegen, in Irland bei 36 und in Indien bei >