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Stellungnahme - Landesbüro der Naturschutzverbände NRW

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LANDESBÜRO DER<br />

NATURSCHUTZVERBÄNDE <strong>NRW</strong><br />

KOORDINATIONSSTELLE FÜR PLANVERFAHREN NACH § 29 BNATSCHG<br />

Ripshorster Str. 306 46117 Oberhausen Tel. 0208 / 880 590 Fax 0208 / 880 5929<br />

e-Mail: LB.Naturschutz@t-online.de Internet: http://www.lb-naturschutz-nrw.de<br />

LANDESBÜRO DER NATURSCHUTZVERBÄNDE RIPSHORSTER STR. 306 46117 OBERHAUSEN<br />

Bezirksregierung Arnsberg<br />

Seibertzstraße 1<br />

59821 Arnsberg<br />

Planfeststellungsverfahren für den Neubau <strong>der</strong> A 445 AS Werl / Nord bis AS<br />

Hamm / Rhynern von Bau-km 0-163,5 bis Bau-km 7+910,0 und den Umbau <strong>der</strong> A 2<br />

Bau-km 399+260 bis 401+180 Fahrtrichtung Oberhausen und von Bau-km<br />

399+280 bis Bau-km 401+125 in Fahrtrichtung Hannover sowie den mit <strong>der</strong><br />

Straßenbaumaßnahme im Zusammenhang stehenden Än<strong>der</strong>ungsmaßnahmen am<br />

vorhandenen Straßen-, Wege- und Gewässernetz, Anlagen Dritter und<br />

Kompensationsmaßnahmen auf dem Gebiet <strong>der</strong> Städte Werl, Gemarkungen<br />

Budberg, Hilbeck, Sönnern und Hamm, Gemarkungen Rhynern, Freiske,<br />

Osterflierich<br />

Hier: <strong>Stellungnahme</strong> <strong>der</strong> gem. § 29 BNtSchG in NW anerkannten <strong>Naturschutzverbände</strong><br />

LNU(SDW), NABU und BUND<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

namens und in Vollmacht <strong>der</strong> in <strong>NRW</strong> anerkannten <strong>Naturschutzverbände</strong> nehme ich im<br />

o.g. Planfeststellungsverfahren wie folgt Stellung und erhebe die nachfolgenden<br />

Einwendungen und Bedenken:<br />

1. Unzureichende Darstellung <strong>der</strong> verkehrlichen Aspekte<br />

Unser Zeichen<br />

(bitte unbedingt angeben)<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Auskunft erteilt: Herr Mackmann<br />

Ihr Zeichen Ihr Schreiben vom Datum<br />

17.03.2011 Ma<br />

Der Neu- bzw. Weiterbau <strong>der</strong> A 445 zwischen Werl-Nord und Hamm-Rhynern wird laut<br />

Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Seite 4) damit begründet, dass die Baumaßnahme im<br />

Bedarfsplan (BPL) für die Bundesfernstraßen (Anlage zum Fünften Gesetz zur<br />

Än<strong>der</strong>ung des Fernstraßenausbaugesetzes – 5. FStrAbÄndG in <strong>der</strong> Fassung vom<br />

04.10.2004 – BGBl., Teil I, Nr. 54, S. 2574) in <strong>der</strong> Kategorie „vordringlicher Bedarf”<br />

eingestuft ist.<br />

Wir sind erreichbar: Mo. – Fr. : 9:00 – 12:30 Uhr<br />

Mo. – Do. : 13:30 – 16:00 Uhr


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 2 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Auch wenn <strong>der</strong> Weiterbau <strong>der</strong> A 445 zwischen Werl bis zur A 2 im Bedarfsplan für die<br />

Bundesfernstraßen als im „vordringlichen Bedarf“ stehend eingestuft ist, än<strong>der</strong>t dies<br />

nichts daran, dass es in Ansehung <strong>der</strong> sich mit ihm verbindenden nachteiligen<br />

Auswirkungen auf die im einzelnen betroffenen Umweltgüter allenfalls dann<br />

zulassungsfähig ist, wenn die zu seinen Gunsten streitenden Interessen <strong>der</strong>art<br />

gewichtig sind, dass sie eine abwägende Überwindung gegenläufiger Belange<br />

ermöglichen. Dieses ist hier nicht <strong>der</strong> Fall:<br />

1.1 Unklare Bedeutung des Neubauvorhabens<br />

Die überaus umfangreichen Unterlagen (sieben Ordner) enthalten nur spärliche<br />

Angaben, die es erlaubten, die Bedeutung des Neubauvorhabens einzuschätzen. Im<br />

Wesentlichen wird auf die Einstufung im Bedarfsplan, die „Wichtigkeit“ des<br />

Lückenschlusses im Fernstraßennetz sowie die Entlastungsfunktion im Hinblick auf die<br />

Ortsdurchfahrt Hilbeck verwiesen.<br />

Die Aufnahme in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen dokumentiert, dass das<br />

Vorhaben mit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG übereinstimmt, besagt für sich<br />

betrachtet aber nicht, dass es um jeden Preis verwirklicht werden müsste und schließt<br />

insbeson<strong>der</strong>e nicht aus, dass sich die zu seinen Gunsten ins Feld geführten Belange<br />

nicht als hinreichend gewichtig erweisen, um gegenläufige Belange in <strong>der</strong> Abwägung zu<br />

überwinden. Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass die A 445 keine „wichtige,<br />

überregionale und dem Fernverkehr dienende Nord-Süd-Spange“ ist (so aber Unterlage<br />

1, Seite 4).<br />

Stattdessen handelt es sich nach <strong>der</strong> Raumwirksamkeitsanalyse <strong>der</strong> PRINS-Daten<br />

(Projekt NW7067) um ein Projekt von verkehrlich nur regionaler Bedeutung („von<br />

mittlerer Bedeutung“). Diese Einschätzung führt dann auch folgerichtig zu dem<br />

Ergebnis, dass das Projekt vor<strong>der</strong>gründig lediglich lokal zu begründen ist.<br />

Dementsprechend werden lediglich 2 von 5 zu erreichenden Punkten <strong>der</strong><br />

raumordnerischen Bewertung erzielt. Im bundesweiten Vergleich bestehen im Vergleich<br />

mit ähnlich dimensionierten Projekten in dieser Relation weniger starke<br />

Erreichbarkeitsdefizite. Für ein Transitprojekt liegen eher nachrangige Argumente vor:<br />

Das Projekt hat verkehrlich lediglich regionale Bedeutung; eine Verbesserung <strong>der</strong><br />

Netzwirkung insbeson<strong>der</strong>e die Verbindung zwischen Werl (Mittelzentrum) und Kamen<br />

(Mittelzentrum) ist erreichbar. Das auf die Wichtigkeit des Vorhabens verweisende<br />

Argument des Lückenschlusses im Fernstraßennetz entbehrt daher bei Licht betrachtet<br />

je<strong>der</strong> Grundlage.<br />

Bedeutsamer ist allenfalls die sich mit dem Vorhaben verbindende Entlastungsfunktion<br />

für die Ortsdurchfahrt Hilbeck.<br />

Daher wird <strong>der</strong> Neubau <strong>der</strong> A 445 zwischen Werl-Nord und <strong>der</strong> Anbindung an die A 2<br />

bei Hamm-Rhynern auch folgerichtig unter Punkt 2 <strong>der</strong> Unterlage 1 - PLANERISCHE<br />

ZIELSETZUNG UND BEDARF und hier im Punkt - 2.1 Darstellung <strong>der</strong> unzureichenden<br />

Verkehrsverhältnisse ausschließlich mit <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit hohen Verkehrsbelastung von ca.<br />

14.500 KFZ/24h bis zu 18.600 KFZ/24h auf <strong>der</strong> B63 zwischen Hamm bzw. mit <strong>der</strong><br />

Entlastungswirkung auf <strong>der</strong> B 63 in <strong>der</strong> Ortslage Hilbeck begründet.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 3 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Nach <strong>der</strong> vom Verkehrsgutachter IGS, Ingenieurgesellschaft Stolz mbH vorgelegten<br />

Verkehrsprognose für die B63, ist im Jahr 2025 mit einer durchschnittlichen<br />

Verkehrsstärke von ca. 15.500 Kfz/ 24 h bis zu ca. 19.900 Kfz/ 24 h je nach<br />

Streckenabschnitt zu rechnen. Durch den Bau <strong>der</strong> A445 zwischen Hamm und Werl sei,<br />

je nach Streckenabschnitt, eine Entlastung <strong>der</strong> B63 zwischen ca. 68% und 80% im<br />

Bereich Hilbeck zu erwarten.<br />

Zur Entschärfung <strong>der</strong> dortigen Konfliktlage genügt allerdings eine Ortsumfahrung,<br />

während <strong>der</strong> Neubau einer Autobahn zur Problembewältigung nicht gefor<strong>der</strong>t ist. Davon<br />

abgesehen besteht Anlass, darauf aufmerksam zu machen, dass die zur Rechtfertigung<br />

<strong>der</strong> A 445 herangezogene Unfallgefahr (siehe Unterlage 1, Seite 5) bereits weitgehend<br />

entschärft ist. Einer Pressemitteilung des Kreises Soest vom 28.02.2011 ist zu<br />

entnehmen, dass nach dem erfolgten Umbau <strong>der</strong> Ortsdurchfahrt Hilbeck kein Anlass<br />

mehr zur Überprüfung von Geschwindigkeitsüberschreitungen besteht, weil sich im<br />

Jahre 2010 keine Verkehrsunfälle ereignet haben, die auf ein erhöhtes<br />

Geschwindigkeitsverhalten zurückzuführen sind. Die Problemlage hat sich so weit<br />

entschärft, dass <strong>der</strong> „Hilbecker Starenkasten“ nach Einschätzung des Sachgebietes<br />

„Verkehrssicherheit“ <strong>der</strong> Abteilung Straßenwesen nicht mehr für erfor<strong>der</strong>lich erachtet<br />

wird. Soweit zur Rechtfertigung des Baus <strong>der</strong> A 445 das Argument <strong>der</strong> Verkehrsunfälle<br />

in <strong>der</strong> Ortsdurchfahrt Hilbeck bemüht wird, entspricht offenbar auch nicht mehr den<br />

realen Gegebenheiten.<br />

Der Neubau <strong>der</strong> A 445 wird im Fazit also ausschließlich mit <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong><br />

Verkehrssicherheit und die Verbesserung <strong>der</strong> Verkehrsqualität im Zuge <strong>der</strong> B 63 in <strong>der</strong><br />

Ortslage Hilbeck begründet. Eine solche Begründung für den Neu- bzw. Weiterbau <strong>der</strong><br />

A 445 ist oberflächlich und unzureichend für die Abwägung, da für die Entlastung <strong>der</strong> B<br />

63 vom hohen Verkehrsaufkommen keine Autobahn erfor<strong>der</strong>lich wäre, son<strong>der</strong>n eine<br />

Umgehungsstraße im Zuge <strong>der</strong> B 63! Dieses ist aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong><br />

eine unlässige Begründung für den Neubau <strong>der</strong> A 445, denn diese Entlastungsziele<br />

können auch mit einer Ortsumgehung im Zuge <strong>der</strong> B 63 erreicht werden.<br />

Für die Bemessung <strong>der</strong> Gewichtigkeit <strong>der</strong> Verkehrsbelange und ihrer<br />

Durchsetzungsfähigkeit in Relation zu den durch das Vorhaben <strong>der</strong> A 445 nachteilig<br />

betroffenen Belangen spielt eine entscheidende Rolle, ob <strong>der</strong> Neubau <strong>der</strong> Autobahn <strong>der</strong><br />

Befriedigung eines öffentlichen Verkehrsinteresses dient, dem in Ansehung <strong>der</strong><br />

gegebenen Lage eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung zuzuerkennen ist. Das hängt nicht zuletzt<br />

von dem mit Blick auf den Planungshorizont zu erwartenden Verkehrsaufkommen im<br />

Untersuchungsraum ab.<br />

Die Planunterlagen verweisen in dieser Hinsicht auf steigende Verkehrsmengen, die<br />

nicht zuletzt im Bereich <strong>der</strong> Ortsdurchfahrt Hilbeck eine Verschärfung <strong>der</strong> Problemlage<br />

erwarten lassen. Die Prognose ist aber schon deshalb zu beanstanden, weil die<br />

zugrunde liegende Verkehrsuntersuchung die durch den Neubau <strong>der</strong> A 46 (Menden-<br />

Arnsberg-Neheim) hervorgerufenen Verkehre berücksichtigt (Unterlage 15.0, Seite 22).<br />

Für das Neubauvorhaben <strong>der</strong> A 46 ist noch nicht einmal die Linie bestimmt, zumal es<br />

seit Jahren wegen <strong>der</strong> zu erwartenden Lärmbelastung, <strong>der</strong> Zerschneidung von Orten<br />

und <strong>der</strong> unvertretbaren Inanspruchnahme von Natur und Landschaft (z.B. Querung <strong>der</strong><br />

Ruhr) keinen Konsens gibt.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 4 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Ob das Vorhaben jemals verwirklicht wird, ist ungewiss. Dann aber dürfen hiermit im<br />

Zusammenhang stehende Verkehre bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Null-Variante keine<br />

Berücksichtigung finden. Umgekehrt muss aber jedenfalls bedacht werden, dass die<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Verkehrzählungen an den Zählstellen 19, 20 auf einen kontinuierlichen<br />

Rückgang <strong>der</strong> Verkehrsmengen auf <strong>der</strong> A 44 verweisen.<br />

Davon abgesehen wird in <strong>der</strong> Verkehruntersuchung <strong>der</strong> Umstand nicht gebührend<br />

berücksichtigt, dass sämtliche relevanten Daten für den Zeitraum von 1995 bis 2005<br />

(siehe Unterlage 15.0, Seite 8 f., Punkt 3.1) negativ sind und eine Abnahme darstellen<br />

(vgl. alle Zählstellen an <strong>der</strong> B 63; die Zuwächse an den Zählstellen 21, 22 werden durch<br />

das interkommunale Gewerbegebiet Hamm-Bönen hervorgerufen, sind für die Relation<br />

Werl-Kamen aber nicht von Belang). Die hierzu führenden Umstände werden nicht<br />

analysiert, son<strong>der</strong>n kurzerhand darauf zurückgeführt, dass die vorhandenen Straßen<br />

die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben (siehe Unterlage 15.0, Seite 8 f.).<br />

Das lässt nur den Schluss zu, dass die dennoch prognostizierte Erhöhung des<br />

Verkehrsaufkommens erst durch den Neubau <strong>der</strong> A 445 hervorgerufen wird. Insoweit<br />

besteht Anlass daran zu erinnern, dass Autobahnen <strong>der</strong> Befriedigung eines<br />

vorhandenen bzw. zu erwartenden Verkehrsbedarfs dienen, während ihre Funktion<br />

nicht darin besteht, einen solchen Bedarf zu verursachen.<br />

Die prognostizierte Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum sieht sich auch<br />

deshalb Zweifeln ausgesetzt, weil den Strukturdaten und dem zu erwartenden<br />

Mobilitätsverhalten nicht die gebotene Aufmerksamkeit gewidmet wird. Die<br />

Bevölkerungszahl in Nordrhein-Westfalen ist rückläufig (- 2,2%). In <strong>der</strong> Stadt Werl<br />

entspricht die Entwicklung dem Landestrend (- 2,1%), während in Hamm sogar ein<br />

Rückgang von bis zu 4,6% prognostiziert wird. Schon dies erklärt, warum das<br />

Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum rückläufig.<br />

Die demographische Entwicklung trägt dazu ebenfalls bei, zumal die Fahrleistung im<br />

Alter deutlich abnimmt (Unterlage 15.0, Seite 20 f.) und sich zugleich die Anzahl <strong>der</strong><br />

Personenfahrten reduziert. Die steigenden Mobilitätskosten infolge <strong>der</strong> stetig<br />

ansteigenden Treibstoffpreise tragen bereits heute zur Reduzierung des<br />

Verkehrsaufkommens bei; diesem Umstand mit dem schlichten Hinweis auf einen<br />

künftig zu erwartenden Subventionsabbau im ÖPNV keinen Einfluss auf die<br />

Verkehrsmengenentwicklung beimessen zu wollen (siehe Unterlage 15.0, Seite 18),<br />

kann schwerlich als Ausdruck einer realitätsgerechten Annahme gewertet werden.<br />

Davon abgesehen leuchtet auch nicht ein, wieso die Anzahl <strong>der</strong> über 65 Jahre alten<br />

Frauen, die sich im Besitz eines Führerscheins befinden, für eine Zunahme des PKW-<br />

Bestandes verantwortlich zeichnen soll (siehe Unterlage 15.0, Seite 18).<br />

Selbst wenn es wegen <strong>der</strong> sich im nördlichen Untersuchungsbereich vollziehenden<br />

gewerblichen Entwicklungen zu einer maßvollen Erhöhung <strong>der</strong> Verkehre kommen und<br />

auch die Verschiebung von produzierendem Gewerbe zum Dienstleistungssektor dazu<br />

beitragen sollte, ist doch davon auszugehen, dass die Verkehrsmengenentwicklung<br />

deutlich niedriger ausfällt als dies in <strong>der</strong> Verkehrsuntersuchung prognostiziert wird.<br />

Bei <strong>der</strong> Anrechnung von Gewerbeansiedlungen muss zugleich <strong>der</strong> dauerhafte Verlust<br />

von Arbeitsplätzen durch Firmenschließungen und Kurzarbeit (z.B. Krisenjahr 2009)<br />

bedacht werden.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 5 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Da die Erwerbsarbeit im Sektor I und II in den zurückliegenden Jahren zunehmend mit<br />

Leiharbeitern und prekären Arbeitsverhältnissen verbunden ist, wird sich die<br />

arbeitsplatzbedingte Fahrleistung nicht wesentlich än<strong>der</strong>n. Im Untersuchungsbereich ist<br />

zudem mit einer Abnahme <strong>der</strong> Beschäftigungszahlen zu rechnen (siehe Unterlage 15.0,<br />

Seite 17). Spricht daher Überwiegendes für die Annahme, dass das prognostizierte<br />

Verkehrsaufkommen im Jahre 2025 geringer ausfällt, als dies in <strong>der</strong><br />

Verkehrsuntersuchung angenommen wird, reduziert dies das Gewicht <strong>der</strong> zugunsten<br />

des Vorhabens <strong>der</strong> A 445 ins Feld geführten verkehrlichen Interessen in maßgeblicher<br />

Weise.<br />

In diesem Zusammenhang ist auf die Bedeutung des <strong>der</strong>zeit gültigen Bedarfsplanes<br />

(BPL) für die Bundesfernstraßen (2001) hinsichtlich <strong>der</strong> Abwägung <strong>der</strong><br />

unterschiedlichen für o<strong>der</strong> gegen ein Straßenbauprojekt sprechenden Belange<br />

hinzuweisen. Bei dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen handelt es sich um eine<br />

Anlage zum FStrAbG und damit um einen bundesgesetzlichen Auftrag 1 . Die Projekte<br />

des Bedarfsplans sind damit verbindlich von den Straßenbauverwaltungen umzusetzen.<br />

Dieses gilt jedoch gem. dem Urteil des BVerwG v. 25.1.1996 2 zur Frage <strong>der</strong><br />

Konsequenzen für die Abwägungskontrolle unter dem Vorbehalt <strong>der</strong> Abwägung aller<br />

von dem Vorhaben betroffenen Belange. Demnach wird mit <strong>der</strong> Aufnahme eines<br />

Projektes in den Bedarfsplan die abschließende Entscheidung im<br />

Planfeststellungsbeschluss über die Zulässigkeit des Vorhabens nicht<br />

vorweggenommen. Mit <strong>der</strong> Aufnahme in den Bedarfsplan ist nur eine <strong>der</strong><br />

tatbestandlichen Zulassungsvoraussetzungen entschieden. Das heißt, dass auch eine<br />

dem Bedarf entsprechende, unter verkehrlichen Aspekten optimale Trasse, an<br />

entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen scheitern kann.<br />

Auf das Urteil des BVerwG v. 21.3.1996 3 zur Frage <strong>der</strong> Abwägungsbelange (u.a.) wird<br />

hingewiesen. Demnach ist die Bedarfsfrage in die Abwägung zur Zulassung des<br />

Vorhabens einzustellen. Hier ist es durchaus möglich, dass es dem Vorhaben<br />

entgegenstehende Belange geben kann, die den kraft gesetzgeberischer Entscheidung<br />

feststehenden Bedarf überwinden können.<br />

1.2 Unzulässige Beschränkung <strong>der</strong> untersuchten Alternativen<br />

Ist das öffentliche Interesse am Neubau des Autobahnteilstücks nicht von beson<strong>der</strong>em<br />

Gewicht, ist es schon aus Gründen des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots<br />

unerlässlich, nach räumlichen Alternativen zu suchen, die eine Verwirklichung des<br />

Vorhabens mit möglichst geringen Beeinträchtigungen an<strong>der</strong>er öffentlicher und privater<br />

Interessen erlauben.<br />

Ein Variantenvergleich wird in <strong>der</strong> UVS 2002 dokumentiert; die Unterlage ist aber<br />

veraltet und wurde noch nicht einmal unter Einbezug <strong>der</strong> im Erläuterungsbericht<br />

aufgeführten Gutachten (siehe Unterlage 1, Seite 12) aktualisiert.<br />

1<br />

Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) in <strong>der</strong> Fassung v. 15.11.1993 – BGBl. I S.1878 und seiner<br />

Berichtigung vom 29.12.1994 (BGBI.I1995 I S.13<br />

2<br />

BVerwG, Urteil v. 25.1.1996 – 4 C 5.95 – A 60, Eifelautobahn (Konsequenzen für die Abwägungskontrolle)<br />

3<br />

BVerwG, Urteil v. 21.3.1996 – 4 C 26.94 – A 99, Autobahnring München/Spange Eschenried (Bedarfsplan für<br />

Fernstraßen; Zielkonformität, Verkehrsbedarf, Abwägungsbelang)


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 6 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Diese vergleichende Varianten-Betrachtung wird aber auch aus an<strong>der</strong>en Gründen den<br />

aus rechtstaatlicher und fachplanerischer Sicht zu stellenden Anfor<strong>der</strong>ungen nicht<br />

gerecht. Hierzu kann auch die juristische Kommentierung des Straßenrechts von<br />

KODAL/Krämer (siehe Kap. 33, Pkt. 8.1) 4 herangezogen werden:<br />

„Die Festlegung <strong>der</strong> vorbereitenden Straßenplanung erfor<strong>der</strong>t angesichts <strong>der</strong> vielfältigen,<br />

einan<strong>der</strong> nicht selten wi<strong>der</strong>sprechenden Anfor<strong>der</strong>ungen einen Abwägungsprozess nach den<br />

gleichen Grundsätzen, wie sie für die rechtsverbindliche Planungsstufe von <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

herausgearbeitet worden sind. ... Dabei sind im Rahmen des Möglichen jede „nach Lage <strong>der</strong><br />

Dinge“ erkennbare Wirkungen zu erfassen, zu gewichten und in die Abwägung einzustellen. Nach<br />

den Abwägungsgrundsätzen ist auch die Frage von Planungsalternativen zu beantworten<br />

(BVerwG 22.3.85 – 4 C 15.83 – E 71, 166 = NJW 86,80), die sich nach dem Zweck <strong>der</strong><br />

Linienbestimmung gerade in diesem frühen Stadium <strong>der</strong> vorbereitenden Planung stellt. Zu<br />

erfassen sind Linienvarianten, die von <strong>der</strong> Sache her nahe liegen, sich ernsthaft anbieten o<strong>der</strong><br />

aufdrängen (vgl. BVerwG aaO; 20.12.88, NVwZ RR 89, 458). ... Im Rahmen <strong>der</strong> planerischen<br />

Abwägung sind alle „nach Lage <strong>der</strong> Dinge“ einzubeziehenden Belange zu berücksichtigen. ... Als<br />

zu berücksichtigende öffentliche Belange sind in § 16 Abs. 2 FStrG beispielhaft die<br />

Umweltverträglichkeit des Vorhabens und die Belange <strong>der</strong> Raumordnung, wie sie sich nach dem<br />

Ergebnis des Raumordnungsverfahrens darstellen, genannt, ... . „<br />

Während die sich mit den Varianten A, B, C/C2, D und E verbindenden Auswirkungen<br />

auf Umweltgüter unter Einbezug städtebaulicher Erfor<strong>der</strong>nisse gewürdigt werden, wird<br />

die in Unterlage 1, Seite 10 dargestellte Variante C1 von vornherein aus <strong>der</strong><br />

Betrachtung ausgeblendet. Zur Begründung wird darauf verwiesen, eine<br />

Trassenführung zwischen Hilbeck und Westhilbeck wäre aus ökologischen,<br />

wirtschaftlichen und städtebaulichen Gründen unvertretbar (siehe UVS 2002, Teil A,<br />

Seite 55 f.). Das ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil eine nähere<br />

Untersuchung des Trassenraums nicht vorgenommen wurde. Davon abgesehen verfügt<br />

die Variante C 1 im Unterschied zu allen übrigen Trassenvarianten über den<br />

unschätzbaren Vorteil, die ökologisch außerordentlich wertvollen Bereiche östlich<br />

Hilbecks (z.B. Strangbachbereich; Offenlandbereiche südlich und nördlich <strong>der</strong> K 19)<br />

nicht zu beeinträchtigen. Die in <strong>der</strong> UVS, Karte 3.1 dargestellten großen und<br />

unzerschnittenen Räume im Strangbachbereich bis zur Kreisstraße K 19 werden we<strong>der</strong><br />

berührt noch mittelbar (z.B. Lärm) in Mitleidenschaft gezogen. Konflikte mit dem im<br />

Landschaftsplan VI „Werl“ zum Ausdruck kommenden Ziel <strong>der</strong> Erhaltung und<br />

Entwicklung des dortigen Freiraums (siehe Unterlage 12.0, Seite 20 ff.) ruft die Variante<br />

C 1 nicht hervor.<br />

Stattdessen verläuft sie in einem Bereich von deutlich geringerer landschaftlicher und –<br />

nach <strong>der</strong>zeit bekannter Datenlage – (tier-)ökologischer Bedeutung und schont das<br />

Interesse an <strong>der</strong> Wahrung eines bedeutsamen Naherholungsraumes <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Beeinträchtigungen <strong>der</strong> Wohnbevölkerung können bei diesem Trassenverlauf durch<br />

Maßnahmen des aktiven Schallschutzes verhin<strong>der</strong>t werden (siehe UVS 2002, Teil A,<br />

Seite 55 f. – Lärmschutz auf 2.200 m).<br />

Das hat zwar seinen Preis, indessen besteht gerade in diesem Zusammenhang Anlass,<br />

die mahnenden Worte des Bundesverwaltungsgerichts in Erinnerung zu rufen:<br />

4 Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Auflage, Verlag C.H.Beck, München 1999


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 7 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

„Dass für zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen o<strong>der</strong> sonstige Vorkehrungen zum Schutz von<br />

Natur und Landschaft höhere Kosten entstehen, rechtfertigt es jedoch nicht, eine in <strong>der</strong><br />

Gesamtbetrachtung möglicherweise vorzugswürdige Alternative frühzeitig auszuscheiden“<br />

(BVerwG, Urt. v. 14.11.2002, 4 A 15.02, NuR 2003, 360, 364).“<br />

Mag die Anbindung an die bestehende A 445 auch nicht am <strong>der</strong>zeitigen nördlichen<br />

Ausbauende erfolgen können, ist kein Grund ersichtlich, warum es zu einem<br />

kostspieligen Rückbau des bestehenden Teilstücks kommen muss; stattdessen kann<br />

die Anbindung <strong>der</strong> Variante C 1 südlich des <strong>der</strong>zeitigen Ausbauendes erfolgen und das<br />

verbleibende Teilstück bis zum Ausbauende als Anschluss an die B 63 genutzt werden.<br />

Zieht man überdies in Betracht, dass die Variante C 1 nördlich Hilbecks noch optimiert<br />

werden kann, indem sie noch vor <strong>der</strong> Querung <strong>der</strong> K 19 auf den Verlauf <strong>der</strong> B 63<br />

einschwenkt o<strong>der</strong> zumindest in <strong>der</strong>en – ohnehin vorbelasteten – Nahbereich geführt<br />

wird, handelt es sich um eine ernst zu nehmende Trassenalternative, die ihrer<br />

genannten Vorzüge wegen nur um den Preis eines Abwägungsfehlers aus <strong>der</strong><br />

Betrachtung ausgeblendet werden kann. Ob eine projektbegleitende Arbeitsgruppe<br />

Einvernehmen über das frühzeitige Ausblenden dieser Variante erzielt hat (siehe<br />

Unterlage 1, Seite 9), ist aus rechtlicher Sicht nicht von Belang.<br />

Davon abgesehen kann selbst bei den in <strong>der</strong> UVS näher betrachteten Varianten eine<br />

weitere Optimierung erreicht werden, indem die östlich Hilbecks verlaufenden Trassen<br />

im Interesse einer möglichst weitgehenden Schonung des Offenlandbereichs<br />

(insbeson<strong>der</strong>e Strangbachbereich) näher an die Ortschaft herangerückt werden. Der<br />

hiermit einhergehende Verlust des an <strong>der</strong> K 38 gelegenen Wäldchens ist schmerzlich,<br />

aber verkraftbar, zumal dieser Waldbestand im Falle <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Varianten wegen des Eintrags verkehrsbedingter Nähr- und Schadstoffe ohnehin in<br />

absehbarer Zeit abgängig sein wird. Wird die Trasse Richtung Hilbeck verlagert,<br />

erfor<strong>der</strong>t dies fraglos einen aktiven Schallschutz, indessen ist dies <strong>der</strong> Preis, den es im<br />

Interesse eines wirksamen und möglichst weitgehenden Schutzes des östlich Hilbecks<br />

gelegenen Offenlandbereichs und des ökologisch beson<strong>der</strong>s wertvollen<br />

Strangbachbereichs zu zahlen gilt. Nördlich Hilbecks besteht Optimierungspotenzial,<br />

indem <strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong> B 63 genutzt o<strong>der</strong> die Trasse zumindest in dessen ohnehin<br />

vorbelasteten Nahbereich geführt wird.<br />

Werden die genannten Möglichkeiten im Verlauf des weiteren Verfahrens nicht mit <strong>der</strong><br />

gebotenen Ernsthaftigkeit überprüft, läuft dies den Anfor<strong>der</strong>ungen des<br />

Abwägungsgebots zuwi<strong>der</strong>.<br />

2. Mängel bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Auswirkungen auf die Schutzgüter<br />

2.1 Nicht ausreichende Wirkzonen<br />

We<strong>der</strong> in den UVPG-Unterlagen noch im LBP finden sich klare Aussagen zu den<br />

tatsächlichen Wirkzonen durch die Belastungen durch Schadstoffeinträge bzw. durch<br />

Verlärmungen von Menschen und <strong>der</strong> natürlichen Umwelt. Lediglich in <strong>der</strong> Unterlage<br />

12.0 (siehe Seite 114) finden sich Aussagen zu den möglichen Beeinträchtigungszonen<br />

durch die A 445.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 8 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Allerdings werden - auf <strong>der</strong> Grundlage des (von den <strong>Naturschutzverbände</strong>n kritisierten)<br />

„ELES-Erlasses“ 5 (siehe auch Punkt 8 dieser <strong>Stellungnahme</strong>) - keine weitergehenden<br />

ökologischen Beeinträchtigungen von mehr als 50 m quantifiziert. Selbst bei einem<br />

prognostizierten Verkehrsaufkommen von mehr als 40.000 Kfz/24h auf <strong>der</strong> A 445 - wird<br />

es für die Ermittlung <strong>der</strong> Neubelastung, z.B. durch Schadstoffeinträge, als ausreichend<br />

betrachtet, ein Belastungsband von 50 m ab Fahrbahnrand zugrunde zu legen, in dem<br />

eine Funktionsbeeinträchtigung von 25 % Berücksichtigung findet.<br />

Diese Annahme ist völlig unangemessen: <strong>der</strong> Einwirkungsbereich <strong>der</strong> Neu- und<br />

Zusatzbelastungen durch Schadstoffeinträge geht über die angegebenen 50 m links und<br />

rechts für die <strong>der</strong> geplanten Trasse hinaus. Durch das Bauwerk wie auch den Betrieb<br />

<strong>der</strong> A 445 sind zudem - auf Grund <strong>der</strong> überwiegenden Dammlage bis 2,50 m - weite<br />

Landschaftsbereiche - nicht nur durch Schadstoffe - son<strong>der</strong>n auch gerade durch eine<br />

gravierende Zusatz- und Neuverlärmung betroffen. Diese im Auswirkungsbereich <strong>der</strong> A<br />

445 liegenden Bereiche sind durch den pauschalen und fachlich nicht zu begründenden<br />

Einwirkungsbereich von 50 m bislang nicht erfasst, obwohl auch hier eine deutliche<br />

Verlärmung zu erwarten ist. Im Übrigen wirkt sich die Verlärmung nicht nur auf die<br />

Erholungseignung des Raumes (Menschen) aus, son<strong>der</strong>n auch auf die im Raum<br />

vorkommenden Tiere.<br />

Es ist hier darauf hinzuweisen, dass es im Vergleich <strong>der</strong> Methode nach ELES Verfahren<br />

gibt, mit denen die Auswirkungen von Straßen in die Fläche hinein deutlich besser<br />

erfasst und bewertet werden können und welche auch vom Vorhabensträger (Strassen<br />

<strong>NRW</strong>) bis 2009 erfolgreich angewandt wurde 6 . Im vorliegenden Fall (ca. 40.000 Kfz/24h<br />

gem. Verkehrsprognose) ist bei Anwendung dieses Verfahrens von einer<br />

Beeinträchtigungszone von mind. 250 m auszugehen 7 . Auch bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong><br />

Bedeutung / Empfindlichkeit des Landschaftsbildes bzw. bei <strong>der</strong> Entwicklung von<br />

Kompensationsmaßnahmen gibt es fachlich anerkannten Methoden, wie z.B.<br />

ADAM/NOHL/VALENTIEN (sog. „MURL-Verfahren“) 8 , mit denen die Auswirkungen des<br />

Neubauprojektes <strong>der</strong> A 445 fachlich angemessen beurteilt werden können. Die<br />

Methode ELES bietet dem gegenüber jedoch keine fachlich angemessene Möglichkeit<br />

sich mit den Auswirkungen auf das Landschaftsbild auseinan<strong>der</strong>zusetzen (zur Kritik an<br />

<strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Methode nach ELES siehe Punkt insbeson<strong>der</strong>e Punkt 7 dieser<br />

<strong>Stellungnahme</strong>).<br />

2.2 Unzureichende Ermittlung <strong>der</strong> Belastung <strong>der</strong> Wohnbevölkerung<br />

Bau und Betrieb <strong>der</strong> A 445 werden maßgebliche Beeinträchtigungen <strong>der</strong><br />

Wohnbevölkerung mit sich bringen:<br />

5 „Einführungserlass zum Landschaftsgesetz für Eingriffe durch Straßenbauvorhaben (ELES) in <strong>der</strong> Baulast des Bundes o<strong>der</strong> des<br />

Landes <strong>NRW</strong>“ gem. Run<strong>der</strong>lass des Ministeriums für Bauen und Verkehr (MBV) und des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) des Landes <strong>NRW</strong> vom 6.3.2009“<br />

6 Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bei Bundesfern- und Landesstraßen gem. BNtSchG und LG N W<br />

Eingriffsregelung Straße (E RegStra) Gem. RdErl. d. MWMEV – 611-13-16/17 – u.d. MUNLV – III B 4 –<br />

605.01.03.01/03 – v. 25.2.1999,<br />

7 Entwicklung eines einheitlichen Bewertungsrahmens für straßenbedingte Eingriffe in Natur und Landschaft und<br />

<strong>der</strong>en Kompensation, Arge Eingriff-Ausgleich <strong>NRW</strong> Froelich & Sporbeck, Landschaftswerkstatt Nohl, Smeets +<br />

Damascheck, Ing.-Büro W. Valentien Endbericht Dez. 1994 im Auftrag des MWMEV und MUNLV <strong>NRW</strong>, Seite 71<br />

8 Bewertungsgrundlagen für Kompensationsmaßnahmen bei Eingriffen in die Landschaft, MURL Düsseldorf 1986


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 9 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

(1) Schon während <strong>der</strong> Bauphase ist mit nächtlichen Lichtimmission und Baustellenlärm<br />

zu rechnen; Nachtbauverbote sind zum Schutz <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>mäuse, nicht aber zum<br />

Schutz <strong>der</strong> Wohnbevölkerung vorgesehen. In <strong>der</strong> Bauphase sind erhebliche<br />

Belästigungen <strong>der</strong> Wohnbevölkerung auch insoweit zu besorgen, als es gerade in den<br />

trassennahen Bereichen während regenarmer Phasen zu Staubbelastungen kommen<br />

wird. Im Übrigen lässt <strong>der</strong> Einsatz schwerer Baumaschinen Erschütterungen erwarten,<br />

die sich auf die Substanz trassennah gelegener sowie jener Gebäude schädigend<br />

auswirken, die sich im Nahbereich <strong>der</strong> zur Über- o<strong>der</strong> Unterführung vorhandener<br />

Straßen erfor<strong>der</strong>lichen Bauwerke befinden (z.B. Lindfeldweg, K 38, Querung B 63).<br />

(2) In <strong>der</strong> Betriebsphase spielt – neben <strong>der</strong> zumindest im Nahbereich <strong>der</strong> Trasse zu<br />

erwartenden Schadstoff- und Feinstaubbelastung (PM10 und PM2,5) – die<br />

verkehrsbedingte Verlärmung <strong>der</strong> zum Wohnen genutzten Gebäude eine wichtige Rolle.<br />

Insoweit ist daran zu erinnern, dass Lärm ein Stressor ist. Schon geringe nächtliche<br />

Lärmbelastungen führen zu einer erhöhten Freisetzung von Stresshormonen.<br />

Einschlägige Untersuchungen haben zu <strong>der</strong> Erkenntnis geführt, dass die Ausscheidung<br />

von Noradrenalin und Cortisol bei verkehrslärmbelasteten Personen (Lm = 53 bis 69<br />

dB(A) nachts) langfristig signifikant erhöht ist. Dies nährt die Befürchtung, dass Lärm<br />

das Risiko von Herz-Kreislauf- sowie Magen-Darm-Erkrankungen beför<strong>der</strong>t. Ebenso<br />

sind Schädigungen des Immunsystems zu besorgen. Nach den Erkenntnissen des<br />

Umweltbundesamtes und <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation (WHO) führen bereits<br />

Mittelungspegel ab 60 dB(A) zu einer Erhöhung und ab 65 dB(A) sogar zu einer<br />

erheblichen Erhöhung des Herzinfarktrisikos.<br />

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht dessen, dass Mittelungspegel von 60 dB(A)<br />

und mehr im Einwirkungsbereich <strong>der</strong> A 445 erreicht werden (Opsener Straße,<br />

Osterfliericher Straße, Am Maifeld), muss dem Aspekt <strong>der</strong> Verlärmung <strong>der</strong><br />

Wohnbevölkerung beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ausweislich <strong>der</strong><br />

Planunterlagen ist dies bislang nicht <strong>der</strong> Fall:<br />

Im Focus <strong>der</strong> Betrachtungen steht die Überschreitung <strong>der</strong> Grenzwerte <strong>der</strong> 16.<br />

BImSchVO. Da das Interesse <strong>der</strong> Wohnbevölkerung, nicht mit zusätzlichen<br />

Verkehrslärm belastet zu werden, auch unterhalb <strong>der</strong> normativ festgelegten Grenzwerte<br />

rechtlich bedeutsam ist, bedarf <strong>der</strong> Klärung, wie viele Wohngebäude (einschließlich<br />

Außenwohnbereiche) tatsächlich mit zusätzlichem Verkehrslärm beaufschlagt werden.<br />

Namentlich in Ansehung des Ortsteils Budberg sowie im Bereich des baulichen<br />

Zusammenhangs in Hilbeck ist zu besorgen, dass große Teile <strong>der</strong> dortigen<br />

Wohnbevölkerung in erheblichem Umfang zusätzlichen Verkehrslärm werden ertragen<br />

müssen. Mögen die vorhandenen Unterlagen auch keine Auskunft über die Dimension<br />

des Problems vermitteln, ist doch für einen Großteil <strong>der</strong> Wohnbevölkerung im<br />

Trassenbereich <strong>der</strong> A 445 von einer deutlichen Verschlechterung <strong>der</strong> Wohnsituation<br />

auszugehen. Erschwerend kommt hinzu, dass bislang nicht erkennbar ist, welcher<br />

Gesamtbelastung sich die Wohnbevölkerung namentlich in den Bereichen ausgesetzt<br />

sehen wird, in denen es zu einer Überlagerung <strong>der</strong> Verlärmungsbereiche von A 445 und<br />

B 63 kommen wird.<br />

Im Übrigen ist anzumerken, dass die einschlägige Beurteilung des Verkehrslärms den<br />

an sie zu stellenden Anfor<strong>der</strong>ungen nicht gerecht wird.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 10 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Die Berücksichtigung <strong>der</strong> Landschaftswälle (siehe Unterlage 11.0, Seite 4) lässt außer<br />

Acht, dass auf diese Wälle im Interesse einer Minimierung <strong>der</strong> Eingriffsfolgen zu<br />

verzichten sein wird; ihre lärmmin<strong>der</strong>nde Wirkung hat daher außer Betracht zu bleiben.<br />

Ob die Dammlage <strong>der</strong> A 445 (im Mittel 2,5 m) in die Berechnung eingegangen ist, wird<br />

im Erläuterungsbericht nicht erwähnt. Die Reflektionswirkung <strong>der</strong><br />

Fle<strong>der</strong>mausschutzwände sowie <strong>der</strong> vorgesehenen Gehölzanpflanzungen ist dagegen<br />

zu berücksichtigen; dies ist offenbar bislang nicht geschehen. Auch wenn in Ansehung<br />

<strong>der</strong> 16. BImSchVO grundsätzlich nur <strong>der</strong> neue bzw. wesentlich geän<strong>der</strong>te Verkehrsweg<br />

zu betrachten sein mag, hat doch an<strong>der</strong>es jedenfalls dann zu gelten, wenn – wie hier –<br />

zu dem Neubauvorhaben die wesentliche Än<strong>der</strong>ung eines vorhandenen Verkehrsweges<br />

(Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> B 63) hinzutritt (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 3.3.1999, 11 A 9.97. NVwZ-RR<br />

1999, 720, 723). Im Übrigen ist die Schutzwürdigkeit <strong>der</strong> vorhandenen Bebauung<br />

zumindest in Teilbereichen unzutreffend beurteilt worden. Das gilt sowohl für die<br />

organisch gewachsene Bebauung in den Bereichen „Am Windhügel“ und in <strong>der</strong><br />

Ortslage Kump (siehe UVS 2002, Karte 2.2) als auch für das im Außenbereich<br />

gelegene Gesundheitszentrum Pentling, dessen Schützwürdigkeit nicht hinter den in § 2<br />

Abs. 1 Nr. 1 16. BImSchVO genannten Einrichtungen zurückbleibt. Angesichts dessen<br />

ist davon auszugehen, dass sich die mit 53 angegebene Anzahl <strong>der</strong> Häuser, an denen<br />

es zu einer Überschreitung <strong>der</strong> Immissionsgrenzwerte kommt, deutlich erhöht, wenn die<br />

genannten Aspekte berücksichtigt werden.<br />

In Ansehung <strong>der</strong> eingangs skizzierten Auswirkungen des Verkehrslärms auf die<br />

menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden gibt zu Bedenken Anlass, wenn<br />

Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes kurzerhand für unverhältnismäßig erklärt<br />

werden. Angesichts dessen, dass Lärmbelastungen auch unterhalb <strong>der</strong> Grenzwerte <strong>der</strong><br />

16. BImSchVO zu berücksichtigen sind, muss ernstlich erwogen werden, ob durch eine<br />

Absenkung <strong>der</strong> Gradiente o<strong>der</strong> durch Einsatz offenporigen Asphalts eine Min<strong>der</strong>ung<br />

des Lärms an <strong>der</strong> Quelle erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang erscheint<br />

<strong>der</strong> Hinweis angebracht, dass es keinen Rechtssatz gibt, <strong>der</strong> eine<br />

Planfeststellungsbehörde daran hin<strong>der</strong>te, aktiven Lärmschutz zugunsten <strong>der</strong><br />

Wohnbevölkerung auch dann zu betreiben, wenn die fachplanerische<br />

Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten ist.<br />

Nicht unerwähnt bleiben darf schließlich, dass <strong>der</strong> Anschluss <strong>der</strong> A 445 an die<br />

Kreisstraße K 18 dazu führt, dass die Bestandsstrecke mit zusätzlichen Verkehren<br />

beaufschlagt wird (siehe Unterlage 15.0, Seite 27). Infolge <strong>der</strong> induzierten Verkehre ist<br />

in den Ortslagen von Budberg und Sönnern mit einem Anstieg <strong>der</strong> verkehrsbedingten<br />

Lärmbelastung zu rechnen, <strong>der</strong>en Ausmaße bislang noch nicht einmal ermittelt wurden.<br />

2.3 Verlust eines bedeutenden Naherholungsgebietes<br />

Der Bau <strong>der</strong> A 445 und ihr Betrieb werden schwerwiegende Beeinträchtigungen <strong>der</strong><br />

östlich und nordöstlich Hilbeck gelegenen Naherholungsbereiche hervorrufen.<br />

Entsprechendes gilt für die Bereiche im Umfeld Osterflierich westlich <strong>der</strong> B 63 und Allen<br />

/ Unterallen östlich <strong>der</strong> B 63.<br />

Die Wie<strong>der</strong>anbindung <strong>der</strong> zur stillen Erholung in besagtem Landschaftsraum genutzten<br />

Wege trägt kaum zur Abmil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verluste bei.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 11 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Entscheidend ist, dass <strong>der</strong> gegenüber Verän<strong>der</strong>ungen in sehr hohem Maße<br />

empfindliche Landschaftsraum (siehe UVS 2002, Karte 5) nicht bloß zerschnitten,<br />

son<strong>der</strong>n in weitem Umfang verlärmt wird. Auf diesem Wege geht seine<br />

Erholungsfunktion in den <strong>der</strong>zeit weitgehend beruhigten und daher zur stillen und<br />

naturbezogenen Erholung beson<strong>der</strong>s geeigneten Bereichen des Strangbachtales bis<br />

zur alten Bahnstrecke Welver-Königsborn verloren.<br />

Die Auswirkungen <strong>der</strong> A 445 auf den Menschen bestehen in erster Linie durch<br />

Verlärmung und Schadstoffbelastungen von Wohn- und Erholungsbereichen. Die<br />

Auswirkungen durch Lärm und Schadstoffeintrag sind in UVS und LBP nur teilweise<br />

erfasst und nicht nachprüfbar dargestellt: Wie hoch ist z.B. die Überschreitung <strong>der</strong><br />

Vorsorgewerte, und wie ist dieser Bereich abgegrenzt? Grundsätzlich ist jedenfalls<br />

festzustellen, dass die Verlärmung nicht als Beeinträchtigung <strong>der</strong> natürlichen<br />

Erholungseignung berücksichtigt wurde. Jedenfalls finden sich keine Aussagen zu<br />

verbleibenden Auswirkungen und <strong>der</strong>en Kompensation. Unklar sind aber auch bereits<br />

die Einschätzungen zur natürlichen Erholungseignung auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />

Bestandserfassung u. –Bewertung. Fakt ist, dass <strong>der</strong> gesamte Raum zur Erholung<br />

genutzt wird, was im Ballungsraum trotz <strong>der</strong> Vorbelastungen tatsächlich häufig <strong>der</strong> Fall<br />

ist, da die Bevölkerung für die wohnumfeldnahe Erholung die direkt vor <strong>der</strong> Haustür<br />

liegenden Freiraumbereiche nutzen muss, wenn nicht längere Wege für eine<br />

unvorbelastete Erholung in Kauf genommen werden sollen.<br />

Lärmschutzmassnahmen sind zwar auf <strong>der</strong> Basis von Lärmschutzberechnungen<br />

geplant. Das Problem von Lärmschutzberechnungen ist jedoch, dass von<br />

bestimmten, in <strong>der</strong> Örtlichkeit aber selten gegebenen Voraussetzungen<br />

ausgegangen wird, wie z.B. freie Schallausbreitung aufgrund angenommener ebener<br />

Lage, keine Bepflanzung etc.. Daher muss davon ausgegangen werden, dass auch<br />

im vorliegenden Fall die Berechnungen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten<br />

entsprechen. Die Lärmschutzberechnungen sind den <strong>Naturschutzverbände</strong>n nicht<br />

zur Verfügung gestellt worden.<br />

Fakt ist es zudem, dass die Lärmschutzmassnahmen Fremdkörper in <strong>der</strong> Landschaft<br />

darstellen und somit das Landschaftsbild stören. Zudem wirkt sich die Trennwirkung<br />

<strong>der</strong> A 445 aufgrund <strong>der</strong> vorliegenden landschaftlichen Situation und <strong>der</strong> Lage <strong>der</strong> A<br />

445 in Dammlage massiv auf die durchschnittenen Freiraumbereiche aus.<br />

3. Unzureichen<strong>der</strong> Habitatschutz<br />

3.1 Plangebiet als „faktisches Vogelschutzgebiet“<br />

Aus Sicht des Naturschutzes ist die Planung <strong>der</strong> A 445 schon deshalb zu beanstanden,<br />

weil die Trasse <strong>der</strong> Vorzugsvariante A – zugleich aber auch alle an<strong>der</strong>en<br />

Trassenvarianten mit Ausnahme von C 1 – östlich Hilbecks bis zur Querung <strong>der</strong> B 63<br />

einen Bereich des Freiraums zerschneidet, <strong>der</strong> sich nach seiner räumlichen Lage,<br />

seiner Habitatstruktur und seines Arteninventars aus ornithologischer Sicht als<br />

integraler Bestandteil des Europäischen Vogelschutzgebietes „Hellwegbörde“ (DE-<br />

4415-401) darstellt.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 12 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Das <strong>der</strong> Planung zugrunde liegende Untersuchungsgebiet befindet sich im<br />

Landschaftsraum <strong>der</strong> Hellwegbörde (siehe Unterlage 1, Seite 6). Es schließt an eine<br />

weiter östlich gelegene, rund 350 ha umfassende „Exklave“ des Vogelschutzgebietes<br />

an, <strong>der</strong>en nächstgelegene Stelle bis auf ca. 450 m an die Trasse <strong>der</strong> A 445 heranreicht.<br />

Die Landschaftsstruktur dieses Gebietsteils entspricht weitgehend jener, die auch im<br />

Umfeld des Strangbachbereichs vorherrscht. Im Landschaftspflegerischen Begleitplan<br />

wird zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass <strong>der</strong> Strangbachbereich<br />

Habitatstrukturen aufweist, die in hohem Maße den Charakterarten des<br />

Vogelschutzgebietes „Hellwegbörde“ entsprechen (siehe Unterlage 12.0, Seite 31).<br />

Noch bedeuten<strong>der</strong> ist, dass für die Auswahl des Vogelschutzgebietes maßgebliche<br />

Arten auch in dem durch Offenheit und Weite geprägten Raum östlich Hilbecks als<br />

Brutvögel auftreten und diese Bereiche als Nahrungsräume nutzen. Das gilt in erster<br />

Linie für die Wiesenweihe, die südlich des Strangbaches brütet und im Jahre 2010<br />

erfolgreich reproduziert hat (4 flügge Jungvögel). Der Umstand, dass offenbar bereits in<br />

2003 eine Brut erfolgte („Beuteübergabe in Horstnähe“) und mindestens für 2004 ein<br />

Brutverdacht bestand, belehrt darüber, dass es sich um ein traditionelles Brutrevier<br />

handelt. Hinzuweisen ist daneben auf die Rohrweihe, die regelmäßig im<br />

Strangbachbereich brütet und im Jahre 2010 sogar mit zwei Brutpaaren vertreten war,<br />

wobei eines <strong>der</strong> Paare mit vier sehr früh flüggen Jungen ein herausragendes<br />

Brutergebnis erreichte. Überdies darf an den Wachtelkönig erinnert werden, <strong>der</strong> im<br />

Strangbach verschiedentlich festgestellt wurde. Gerade <strong>der</strong> über einen längeren<br />

Zeitraum nachgewiesene Aufenthalt von mindestens zwei Rufern verweist auf eine<br />

beson<strong>der</strong>e Eignung des Gebietes.<br />

Neben diesen für die Gebietsauswahl beson<strong>der</strong>s bedeutsamen Vogelarten kommen<br />

weitere Arten des Anhangs I sowie des Art. 4 Abs. 2 <strong>der</strong> Vogelschutz-Richtlinie im<br />

Strangbachbereich vor, die im Standarddatenbogen des Vogelschutzgebietes<br />

aufgeführt sind. Dies gilt für folgende Arten, die als Brutvögel (Baumfalke, Wachtel,<br />

Kiebitz, Rebhuhn, Hohltaube, Feldlerche, Wiesenpieper und Neuntöter) o<strong>der</strong> als<br />

Nahrungsgäste bzw. Rastvögel (u.a. Rotmilan, Wiesen- und Rohrweihe,<br />

Wespenbussard, Sumpfohreule, Kiebitz, Raubwürger und Feldlerche) im Raum östlich<br />

Hilbeck nachgewiesen wurden. Zu den sonstigen Arten, die ebenfalls im<br />

Standarddatenbogen genannt sind, zählen <strong>der</strong> Steinkauz, die Schleiereule und die<br />

Waldohreule.<br />

Das Arteninventar des östlich Hilbeck gelegenen Strangbachbereichs entspricht daher<br />

weitgehend dem Artenspektrum des Vogelschutzgebietes. Aus ornithologischer Sicht<br />

unterliegt daher – auch und gerade <strong>der</strong> Reproduktionsnachweise von Wiesenweihe und<br />

Rohrweihe wegen – keinem Zweifel, dass sich die Offenlandbereiche des<br />

Untersuchungsgebietes <strong>der</strong> A 445 als eine natürliche Verlängerung des<br />

Vogelschutzgebietes nach Westen und als ein integraler Bestandteil dieses Gebietes<br />

darstellen, <strong>der</strong> eine Einbeziehung in die Kulisse <strong>der</strong> Schutzgebietes „Hellwegbörde“<br />

unausweichlich macht. Dies gilt umso mehr, als offensichtlich zumindest bei einigen<br />

Arten funktionale Bezüge zwischen Brutvorkommen innerhalb <strong>der</strong> „Exklave“ des<br />

Vogelschutzgebietes und den Bereichen des Strangbaches bestehen. Ausweislich <strong>der</strong><br />

Angaben des Artenschutzbeitrages Vögel und Amphibien (siehe Unterlage 12, Anlage<br />

1b) gehören die innerhalb und außerhalb <strong>der</strong> „Exklave“ des Vogelschutzgebietes<br />

nachgewiesenen Brutpaare einzelner Arten <strong>der</strong>selben lokalen Population an.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 13 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Das gilt für den Wachtelkönig (Unterlage 12, Anlage 1b, Tabelle Seite 20), den Kiebitz<br />

(Unterlage 12, Anlage 1b, Tabelle Seite 43), das Rebhuhn (Unterlage 12, Seite 52), vor<br />

allem aber für die Rohrweihe (Unterlage 12, Anlage 1b, Tabelle, Seite 85) und die<br />

Wiesenweihe (Unterlage 12, Anlage 1b Tabelle, Seite 95).<br />

Die östlich und nordöstlich Hilbecks gelegenen Teile des Untersuchungsgebietes <strong>der</strong> A<br />

445 hätten daher in Erfüllung <strong>der</strong> Pflicht aus Art. 4 Abs. 1, 2 <strong>der</strong> Vogelschutz-Richtlinie<br />

in die Kulisse des Vogelschutzgebietes „Hellwegbörde“ einbezogen werden müssen.<br />

Solange dies nicht geschehen ist, erfahren diese Flächen den Schutz des Art. 4 Abs. 4<br />

S. 1 <strong>der</strong> Vogelschutz-Richtlinie. Mit dieser Schutzvorschrift ist es unvereinbar, die<br />

Lebensräume <strong>der</strong> Wiesen- und Rohrweihe sowie <strong>der</strong> sonstigen genannten Arten im<br />

Strangbach und seinem Umfeld durch den Bau einer Autobahn und die sich hiermit<br />

verbindenden Effekte (Flächeninanspruchnahme, Zerschneidung <strong>der</strong> Brut- und<br />

Nahrungsräume, Verlärmung, Eintrag von Schadstoffen und Nährstoffen, Erhöhung des<br />

Kollisionsrisikos für wertgebende Arten) zu zerstören bzw. so zu schädigen, dass die<br />

Brutvögel, rastende Durchzügler und Nahrungsgäste einen wichtigen Teil ihres<br />

Lebensraums verlieren.<br />

Während alle geprüften Varianten des A 445 daher an zwingenden Vorgaben des<br />

europäischen Habitatschutzes scheitern, bleibt einzig die vom Vorhabensträger nicht<br />

näher untersuchte Variante C 1 von dem Vorwurf <strong>der</strong> Verletzung des<br />

Habitatschutzrechts verschont.<br />

3. 2 Mängel <strong>der</strong> FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)<br />

Die im Hinblick auf die Betroffenheit des Vogelschutzgebietes „Hellwegbörde“<br />

angefertigte Unterlage (siehe Unterlage 12, Anlage 2), auf <strong>der</strong>en Basis über die<br />

Vereinbarkeit des Vorhabens <strong>der</strong> A 445 mit den normativ in § 48c Abs. 5 LG NW i.V.m.<br />

dem Ministerialblatt vom 26.01.2005 (SMBl.<strong>NRW</strong> Gl-Nr. 1000 vom 17.12.2004)<br />

festgelegten Erhaltungszielen befunden werden soll, entspricht nicht den rechtlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen (§ 34 Abs. 1 BNatSchG).<br />

(1) Zur Ermittlung <strong>der</strong> von den Erhaltungszielen umfassten Arten wurden im Jahre 2006<br />

insgesamt 8 Begehungen in <strong>der</strong> Zeit vom 21.03.2006 bis zum 22. Juli 2006<br />

durchgeführt (siehe Unterlage 12, Anlage 2, Seite 24). Die Untersuchungen decken die<br />

Zug- und Überwinterungsphasen nur in unzureichendem Umfang ab. Ob und inwieweit<br />

die den Erhaltungszielen unterfallenden Durchzügler (z.B. Feldlerche, Kiebitz,<br />

Goldregenpfeifer) und Wintergäste (z.B. Kornweihe, Merlin, Rauhfußbussard,<br />

Sumpfohreule) unter den verkehrsbedingten Einwirkungen (z.B. Lärm) zu leiden haben<br />

werden, lässt sich daher anhand <strong>der</strong> Unterlage nicht ermessen. Auch bleibt ungewiss,<br />

ob die im Vogelschutzgebiet überwinternden Greifvögel im Trassenraum <strong>der</strong> A 445<br />

jagen und dort einem erhöhtem Kollisionsrisiko ausgesetzt sein werden.<br />

(2) Die Verträglichkeitsprüfung beruht überwiegend auf Erkenntnissen und<br />

Sachinformationen, die im Verlauf <strong>der</strong> im Jahre 2006 durchgeführten Erfassungen<br />

gewonnen wurden.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 14 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Die Heranziehung vor allem <strong>der</strong> Ergebnisse des Jahres 2006 ist für die<br />

naturschutzfachliche Bewertung nicht zuletzt deshalb problematisch, weil die<br />

Brutperiode dieses Jahres durch Mäusemangel und ungünstige Witterungsbedingungen<br />

in <strong>der</strong> gesamten Hellwegbörde insbeson<strong>der</strong>e für die Weihenarten und an<strong>der</strong>e<br />

Mäusejäger nicht repräsentativ ist. Der genannten Umstände wegen schritten nur<br />

wenige Weihenpaare zur Brut und erlitten zumeist auch noch einen frühen Brutverlust<br />

(siehe Weihenbericht <strong>der</strong> ABU). So brütete auch in <strong>der</strong> Exklave des<br />

Vogelschutzgebietes nördlich von Sönnern in 2006 nur ein Paar <strong>der</strong> Wiesenweihe, das<br />

einen frühen Verlust von wenigen Tagen alten Jungvögeln erlitt. Dadurch ergeben sich<br />

für die Erfassungen aus dem Jahr 2006 stark unterrepräsentierte Ergebnisse vor allem<br />

zu den wichtigen Arten Wiesen- und Rohrweihe. Umso wichtiger wäre es gewesen,<br />

vorhandene Datenbestände aus an<strong>der</strong>en Jahren einzubeziehen, was aber versäumt<br />

wurde. Zu nennen sind hier Datenrückläufe namentlich aus dem ehrenamtlichen<br />

Naturschutz o<strong>der</strong> Daten aus an<strong>der</strong>weitig verfügbaren Quellen (z.B. publizierte<br />

Ornithologische Jahresberichte über die Stadt Hamm [W. Pott]; jährliche Greifvogel-<br />

und Eulenberichte für die Stadt Hamm [A. Nagel]; ornithologische Beobachtungen auf<br />

den Websites <strong>der</strong> OAG Unna und <strong>der</strong> ABU e.V.) sowie Daten aus an<strong>der</strong>en<br />

Fachgutachten (z.B. Stelzig 1997). Anfragen nach aktuellen faunistischen Daten<br />

wurden allerdings bereits seit 2008 nicht mehr an den ehrenamtlichen Naturschutz<br />

(ABU e.V.) gerichtet. Die Selektivität des zur Erstellung <strong>der</strong> Unterlage genutzten<br />

Informationsmaterials bietet Anlass daran zu erinnern, dass eine FFH-VP auf einer<br />

sorgfältigen Bestandserfassung und Bestandsbewertung beruhen muss, die den<br />

Standards <strong>der</strong> „besten wissenschaftlichen Erkenntnisse“ entspricht (eindringlich<br />

BVerwG, Urt. v. 12.3.2008, 9 A 3.06, BVerwGE 130, 299 Rn. 68, 72 f.). Das erfor<strong>der</strong>t<br />

methodisch einwandfreie Untersuchungen vor Ort sowie eine Auswertung und<br />

Berücksichtigung des aus an<strong>der</strong>en Quellen stammenden Daten- und<br />

Informationsmaterials. Diesen Sorgfaltserfor<strong>der</strong>nissen wurde bei <strong>der</strong> Erarbeitung <strong>der</strong><br />

„FFH-Verträglichkeitsprüfung“ nicht die gebührende Beachtung geschenkt.<br />

(3) Nicht zuletzt deshalb können die gutachterlichen Angaben in mancher Beziehung<br />

nur noch als schlicht unzutreffend bezeichnet werden. Die Annahme, dass im<br />

Untersuchungsgebiet kein Brutpaar des Wespenbussards nachweisbar ist (siehe<br />

Unterlage 12, Anlage 2, Seite 26), entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten,<br />

zumal ein Brutpaar <strong>der</strong> Art seit Jahren (letztmalig 2010) im Pentlinger Wald brütet.<br />

Brutvorkommen <strong>der</strong> Hohltaube sind nicht nur bei Pröbsting (Unterlage 12, Anlage 2,<br />

Seite 28), son<strong>der</strong>n an Standorten nachgewiesen, die einen Abstand von 100 m bzw.<br />

500 m zur Trasse halten. Die nächsten Brutplätze <strong>der</strong> Rohrweihe im ausgewiesenen<br />

Vogelschutzgebiet befinden sich in einem Abstand von nur 1,5 km zur Trasse<br />

(Unterlage 12, Anlage 2, Seite 36 gibt 3 km an). Der Rotmilan brütet entgegen den<br />

Angaben <strong>der</strong> Gutachter (Unterlage 12 Anlage 2, Seite 36) im Pentlinger Wald. Es sind<br />

keineswegs nur 1-2 Brutpaare <strong>der</strong> Wiesenweihe seit 1998 im detailliert untersuchten<br />

Bereich belegt (Unterlage 12, Anlage 2, Seite 37); tatsächlich brüteten in <strong>der</strong> Feldflur<br />

bei Sönnern bis zu 4 Brutpaare <strong>der</strong> Wiesenweihe (2004). Unzutreffende Angaben <strong>der</strong><br />

hier nur exemplarisch genannten Art zählen zu den prägenden Merkmalen <strong>der</strong><br />

Unterlage 12, Anlage 2, auf <strong>der</strong>en Basis daher nicht in verantwortbarer Weise über die<br />

Verträglichkeit <strong>der</strong> A 445 mit den Erhaltungszielen des Europäischen<br />

Vogelschutzgebietes befunden werden kann.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 15 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

(4) Dem Bereich des Strangbaches wird für die Erhaltung <strong>der</strong> im Vogelschutzgebiet<br />

brütenden Greifvögel eine allenfalls untergeordnete Bedeutung als „nicht essentielles<br />

Nahrungshabitat“ zuerkannt (siehe Unterlage 12, Anlage 2, Seite 25, 36 – Rohrweihe;<br />

Seite 26, 37 - Rotmilan; Seite 27, 37 - Wiesenweihe). Diese Einschätzung ist nicht<br />

nachvollziehbar. Der Strangbachbereich bietet für Greifvögel günstige<br />

Jagdbedingungen. Beobachtungen <strong>der</strong> beiden Weihenarten, des Rot- und<br />

Schwarzmilan sowie des Wespenbussards während <strong>der</strong> Untersuchungen im Jahre<br />

2006 zeugen bereits hinlänglich davon, dass dieser Bereich für Greifvögel attraktiv ist<br />

und zur Nahrungssuche aufgesucht wird. Vergleichbare Beobachtungen des<br />

ehrenamtlichen Naturschutzes bestätigen diesen Befund.<br />

Der Bereich des Strangbaches ist vor allem für Wiesen- und Rohrweihen von<br />

erheblicher Bedeutung. Während sich die Eignung <strong>der</strong> ackerbaulich genutzten Bereiche<br />

<strong>der</strong> Feldlandschaft als Nahrungsareal für diese Arten im Laufe <strong>der</strong> Reproduktionsphase<br />

wegen des aufwachsenden Getreides verschlechtert, sind die Weihen vor allem in <strong>der</strong><br />

Fütterungsphase <strong>der</strong> Jungvögel darauf angewiesen, Kleinsäuger und Kleinvögel auf<br />

Brachflächen, extensiv genutzten Grünlän<strong>der</strong>eien, Feldrainen, Grünwegen und<br />

Randstreifen zu erbeuten. Der Strangbachbereich bietet solche Strukturen und ist –<br />

selbst in mäusearmen Jahren – wegen des Vorkommens zahlreicher Kleinvögel ein<br />

attraktiver Nahrungsraum. Nahrungsflüge <strong>der</strong> Wiesenweihe in den Strangbachbereich<br />

sind belegt (siehe Unterlage 12, Anlage 2, Seite 26, 37). Dass die Rohrweihe im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Untersuchungen des Jahres 2006 dort nicht bei <strong>der</strong> Nahrungssuche<br />

beobachtet werden konnte, ist erstaunlich, än<strong>der</strong>t aber nichts daran, dass diese Art die<br />

attraktiven Nahrungsflächen des Strangbachbereichs regelmäßig aufsucht. Es ist daher<br />

ernstlich zu besorgen, dass <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> A 445 die Qualität dieses von extensivem<br />

Feuchtgrünland und Brachflächen geprägten Bereichs als Jagdgebiet für die im<br />

Vogelschutzgebiet „Hellwegbörde“ brütenden Weihenarten in einer Weise min<strong>der</strong>t, die<br />

sich negativ auf das Brutvorkommen in <strong>der</strong> „Exklave“ und auf dessen<br />

Reproduktionserfolg auswirkt. Den Fachgutachtern blieb dieser Zusammenhang<br />

offenbar nicht zuletzt deshalb verborgen, weil sie ihre Einschätzung allein auf ihre im<br />

Jahr 2006 erhobenen Daten glauben stützen zu können. Mit einer <strong>der</strong>artigen<br />

„Momentaufnahme“, die gerade einmal 8 Begehungen umfasst, die zudem bei teilweise<br />

ungünstiger Witterungslage durchgeführt wurden, kann es sein Bewenden aber aus den<br />

genannten Gründen nicht haben.<br />

(5) In <strong>der</strong> FFH-Verträglichkeitsprüfung wird beinahe durchgehend die Behauptung<br />

aufgestellt, es bestünde zwischen den Brutvögeln im Strangbachbereich und den<br />

Brutpaaren <strong>der</strong>selben Art, die innerhalb <strong>der</strong> Kulisse des Vogelschutzgebietes<br />

(„Exklave“) brüten, „keine funktionale Verflechtung“ (z.B. Kiebitz, Steinkauz). Das ist<br />

schon deshalb bemerkenswert, weil die Gutachter – wie bereits bemerkt – die<br />

Brutpaare innerhalb und außerhalb <strong>der</strong> „Exklave“ sogar <strong>der</strong>selben lokalen Population<br />

zuordnen und alle Brutpaare daher zutreffend als Teil einer Fortpflanzungsgemeinschaft<br />

bewerten.<br />

Davon abgesehen lässt sich diese Behauptung des Fehlens funktionaler<br />

Verflechtungen nicht ernstlich aufrechterhalten. Die durch den im Auftrag des Landes<br />

<strong>NRW</strong> tätigen Weihenbetreuer und an<strong>der</strong>e Ornithologen häufig festgestellten Jagdflüge<br />

<strong>der</strong> Wiesen- und Rohrweihen im räumlichen Umfeld des Strangbaches belegen den<br />

Funktionalen Zusammenhang zwischen den im Vogelschutzgebiet gelegenen und den<br />

daran westlich angrenzenden Räumen.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 16 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Der mit <strong>der</strong> Erstellung <strong>der</strong> Verträglichkeitsprüfung betraute Gutachter hat selbst in dem<br />

schlechten Mäusejahr 2006 mit nur einem erfolglosen Brutpaar <strong>der</strong> Wiesenweihe<br />

nördlich Sönnern vereinzelt Flugbewegungen von dort zum Raum östlich Hilbeck<br />

beobachtet. Auch die umgekehrte Beziehung ist belegt. Im Jahr 2010 wurde mehrmals<br />

beobachtet, dass das südlich vom Strangbach brütende Männchen <strong>der</strong> Wiesenweihe<br />

sowohl nach Nordosten (Sönnern-Scheidingen) als auch Südwesten (Holtum-<br />

Hemmerde) in das ausgewiesene Vogelschutzgebiet hinein Jagdflüge unternahm.<br />

Auch das Beispiel des Kiebitzes belehrt über die funktionalen Beziehungen. Die Art<br />

verliert gerade auf konventionell bewirtschafteten Ackerflächen häufig ihr erstes Gelege<br />

und verlagert nach bewirtschaftungsbedingten Verlusten ihren Brutplatz. Wenn solches<br />

Ungemach einem Kiebitzbrutpaar in <strong>der</strong> „Exklave“ des Vogelschutzgebietes wi<strong>der</strong>fährt,<br />

werden sich die Tiere von Aussagen eines Fachgutachters nicht daran hin<strong>der</strong>n lassen,<br />

in geeignete Flächen im Bereich des Strangbaches umzusiedeln. Haben sie innerhalb<br />

<strong>der</strong> „Exklave“ Bruterfolg, führen sie ihre Jungvögel gern in geeignete Grünlandbereiche,<br />

in denen die Nahrungsbedingungen (Insekten) günstig sind. Der Bereich des<br />

Strangbaches mit seinen Feuchtwiesen ist für die Tiere ohne weiteres erreichbar, bietet<br />

geeignetes Grünland und insektenreiche Brachen und wird daher für den<br />

Reproduktionserfolg <strong>der</strong> Kiebitze fraglos bedeutsam sein. Die Vorstellung, dass<br />

<strong>der</strong>artige Zusammenhänge trotz <strong>der</strong> räumlichen Nähebeziehung nicht bestehen, mag<br />

den Wünschen <strong>der</strong> Fachgutachter entsprechen, hat mit den realen Gegebenheiten<br />

jedoch kaum etwas zu tun<br />

(6) Es ist zu begrüßen, dass in <strong>der</strong> Unterlage 12 Anlage 2 kumulative Effekte durch<br />

an<strong>der</strong>e Pläne und Projekte berücksichtigt werden, die sich auf die Schutzgüter des<br />

Vogelschutzgebietes nachteilig auswirken. Hinzuweisen ist freilich darauf, dass die<br />

vergleichsweise geringe Zahl <strong>der</strong> in die Betrachtung einbezogenen Vorhaben das<br />

Spektrum <strong>der</strong> berücksichtigungspflichtigen Pläne und Projekte bei weitem nicht<br />

abdeckt. Allein im Kreis Soest wurden in <strong>der</strong> Zeit von 2007 bis 2010 nach Angaben <strong>der</strong><br />

Kreisverwaltung 86 Projekte (3 Funkmasten, 2 WKA, 47 Tierhaltungsanlagen, 21<br />

Hallen, 7 Biogasanlagen, 6 Wohnhäuser) innerhalb <strong>der</strong> Kulisse des<br />

Vogelschutzgebietes genehmigt, von denen – soweit bekannt – keines als erheblich<br />

beeinträchtigend bewertet wurde. In <strong>der</strong> Gesamtheit sind freilich nachteilige<br />

Auswirkungen auf Wiesenweihe und Rohrweihe zu gewärtigen, zumal die von Offenheit<br />

geprägten Räume eine fortschreitende Verkleinerung erfahren und auf diesem Wege<br />

die zur Brut geeigneten und als Nahrungsflächen fungierenden Feldfluren zunehmend<br />

verkleinert werden. Vergleichbare Erkenntnisse über die Situation im Kreis Unna liegen<br />

nicht vor, indessen wird sich die Lage auch dort nicht wesentlich an<strong>der</strong>s darstellen.<br />

Vielfältige Vorbelastungen namentlich durch Windkraftanlagen (WKA) und Windfarmen<br />

innerhalb <strong>der</strong> Kulisse des Vogelschutzgebietes bzw. in seinem räumlichen Umfeld<br />

wurden nicht gewürdigt. Exemplarisch sein verwiesen auf den Windpark zwischen<br />

Wiehagen und Schlückingen (vier WKA), nach dessen Errichtung im Umfeld keine<br />

Wiesenweihenbruten mehr stattfanden, den Windpark südlich Mawicke (fünf WKA), an<br />

dessen Standort bis zur Errichtung <strong>der</strong> Anlagen Wiesenweihen gebrütet haben und den<br />

Windpark westlich und östlich Merklingsen, <strong>der</strong> in Teilen (neun WKA) in <strong>der</strong> Kulisse des<br />

Vogelschutzgebietes errichtet wurde.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 17 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Festzuhalten ist daher zunächst, dass die im Rahmen <strong>der</strong> „Verträglichkeitsprüfung“ für<br />

die A 445 vorgenommene Betrachtung <strong>der</strong> Summationswirkungen an einer<br />

beträchtlichen Unvollständigkeit leidet und schon aus diesem Grunde den<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen des § 34 BNatSchG nicht gerecht wird.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass die Auswirkungen <strong>der</strong> betrachteten Vorhaben in Teilen<br />

fehlerhaft dargestellt wurden: Die Brutplätze <strong>der</strong> Wiesenweihe befinden sich nicht in<br />

einer Entfernung zwischen 900 m und 1.500 m zum Neubau <strong>der</strong> B 1n – Ortsumgehung<br />

Salzkotten (siehe Unterlage 12, Anlage 2, Seite 53), son<strong>der</strong>n in einem Abstand von nur<br />

weniger hun<strong>der</strong>t Metern (vgl. Schreiben an Straßen <strong>NRW</strong> vom 06.05.2010). Die sich auf<br />

das Rahmenkonzept „Industriestraße Süd“ beziehende Aussage, das Plangebiet hätte<br />

nur geringe Bedeutung für die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes (siehe<br />

Unterlage 12, Anlage 2, Seite 47) verschweigt, dass es hier bin in die 1980er Jahre<br />

hinein bis zu zwei Bruten <strong>der</strong> Wiesenweihe nachgewiesen wurden. Unvollständig sind<br />

schließlich die Angaben zum VEP „Windpark Ostbürener Straße“ (siehe Unterlage 12,<br />

Anlage 2, Seite 44), wird hier doch verschwiegen, dass die Wiesenweihe bis zur<br />

Errichtung <strong>der</strong> WKA am Standort gebrütet hat.<br />

Überdies wurden nicht sämtliche Auswirkungen <strong>der</strong> in die Betrachtung einbezogenen<br />

Pläne und Projekte gewürdigt. Wörtlich heißt es in <strong>der</strong> Unterlage: „Die verbleibenden,<br />

unter <strong>der</strong> Erheblichkeitsschwelle liegenden Beeinträchtigungen werden in <strong>der</strong> Regel<br />

benannt, aber selten spezifiziert o<strong>der</strong> quantifiziert. Zur Ermittlung, ob im Zuge aller<br />

verbleibenden Beeinträchtigungen, die jeweils unter <strong>der</strong> Erheblichkeitsschwelle liegen,<br />

diese nicht doch überschritten wird, kann im folgenden somit nur auf jene Gutachten<br />

eingegangen werden, die dies entsprechend aufführen (siehe Unterlage 12, Anlage 2,<br />

Seite 57). Im Klartext bedeutet dies, dass die Würdigung kumulativer Effekte davon<br />

abhängig gemacht wird, ob die für unerheblich erklärten Beeinträchtigungen an<strong>der</strong>er<br />

Pläne und Projekte in den jeweils einschlägigen Fachgutachten quantifiziert und<br />

spezifiziert wurden. Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, wird das jeweilige Vorhaben kurzerhand aus<br />

<strong>der</strong> Betrachtung ausgeblendet. Es liegt auf <strong>der</strong> Hand, dass ein solches Vorgehen den<br />

rechtlichen Anfor<strong>der</strong>ungen nicht entspricht.<br />

Auf Basis dieser unzureichenden Zusammenstellung gelangen die Fachgutachter zu<br />

<strong>der</strong> Erkenntnis, dass insgesamt eine Flächeninanspruchnahme von 33 ha zu<br />

konstatieren sei, die nur 0,07% des Vogelschutzgebietes ausmacht und daher<br />

unerheblich sein soll (siehe Unterlage 12, Anlage 2, Seite 59). Einmal abgesehen<br />

davon, dass gesamtgebietsbezogene Relativierungen rechtlich nicht zulässig sind (vgl.<br />

nur BVerwG, Urt. v. 1.4.2004, 4 C 2.03, NuR 2004, 524, 528), leuchtet nicht ein, wieso<br />

die Gutachter die von ihnen als „Randwirkungen“ bezeichneten mittelbaren Effekte nicht<br />

berücksichtigen wollen. Das führt zwangsläufig zu einer massiven Unterschätzung, weil<br />

– um es am Beispiel zu verdeutlichen – eine Biomasseanlage für sich betrachtet einen<br />

geringen Flächenverlust hervorruft, <strong>der</strong> zum Betrieb <strong>der</strong> Anlage erfor<strong>der</strong>liche Maisanbau<br />

aber ganze Feldfluren <strong>der</strong>art beeinträchtigen kann, dass sie für Wiesenweihen und<br />

an<strong>der</strong>e Offenlandarten nicht mehr nutzbar sind. Ähnliche Wirkungen rufen im Übrigen<br />

auch vertikale Strukturen hervor (z.B. Gebäude). Sie bringen es mit sich, dass die<br />

angrenzenden Bereiche, die mehrere Hun<strong>der</strong>t Meter betragen können, gemieden<br />

werden (Griesenbrock 2006 Diplomarbeit Uni Münster).


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 18 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Schließlich unterliegt <strong>der</strong> Beanstandung, dass sich die Betrachtung auf den Verlust von<br />

Nahrungsflächen <strong>der</strong> Wiesenweihe beschränkt (siehe Unterlage 12, Anlage 2, Seite<br />

57). Insoweit ist nochmals darauf zu verweisen, dass auch die Rohrweihe im Bereich<br />

des Strangbaches Nahrungsräume von hoher Qualität verliert und daher gleichfalls in<br />

die Betrachtung <strong>der</strong> kumulativen Effekte hätte einbezogen werden müssen.<br />

(7) Die vorgelegte „FFH-Verträglichkeitsprüfung“ vernachlässigt die Beurteilung weiterer<br />

negativer Effekte einer im Osten von Hilbeck verlaufenden Autobahn auf Vogelarten,<br />

die im Vogelschutzgebiet Hellwegbörde brüten o<strong>der</strong> rasten. Vor allem Mäuse jagende<br />

Vogelarten unterliegen bekanntlich an Autobahnen einer hohen Sterblichkeit durch<br />

Kollisionen mit Fahrzeugen. Dies gilt beson<strong>der</strong>s für die Milane, die meisten Eulenarten,<br />

aber auch Wiesen- und Rohrweihen. Die in <strong>der</strong> Nähe des bereits ausgewiesenen<br />

Vogelschutzgebietes geplante Autobahn erzeugt für dort brütende Greifvogel- und<br />

Eulenarten eine signifikant erhöhte Kollisionsgefahr gegenüber <strong>der</strong> jetzigen<br />

Bundesstraße, da vor allem die Fahrzeug-Geschwindigkeiten auf einer Autobahn<br />

erheblich steigen würden, zumal diese in weiten Teilen auf einem die Kollisionsgefahr<br />

zusätzlich steigernden Damm verläuft. Diese hohe Gefährdung gilt vor allem in <strong>der</strong><br />

Phase nach Inbetriebnahme einer Autobahn, in <strong>der</strong> begleitende Gehölzbän<strong>der</strong> noch<br />

nicht in hinreichen<strong>der</strong> Höhe aufgewachsen sind. Aber auch danach ist von einem hohen<br />

Kollisionsrisiko bei einigen Arten auszugehen, weil namentlich Rotmilane und<br />

Schwarzmilane auch dann noch häufig tote Beute von den Fahrbahnen aufnehmen<br />

o<strong>der</strong> Eulen, Turmfalken und Mäusebussarde an den mäusereichen, gemähten o<strong>der</strong> im<br />

Winter schneefreien Fahrbahnbanketten konzentriert nach Nahrung suchen. Zudem<br />

werden durch nötig werdende Pflegeschnitte immer wie<strong>der</strong> für einige Jahre Abschnitte<br />

geöffnet.<br />

Im Übrigen wird die Zerschneidungswirkung <strong>der</strong> Autobahn in den Unterlagen nicht<br />

thematisiert. Standorttreue Arten mit geringer Flugbereitschaft und -höhe (Rebhuhn,<br />

Wachtel) werden durch eine in Dammlage geführte und von Gehölzbän<strong>der</strong>n begleitete<br />

Autobahn an <strong>der</strong> Ausbreitung gehin<strong>der</strong>t. Ein Individuenaustausch zwischen den<br />

Vorkommen des Vogelschutzgebietes und den westlich <strong>der</strong> Trasse <strong>der</strong> A 445<br />

ansässigen Populationsteilen findet nicht mehr statt. Dies gilt umso mehr, als <strong>der</strong><br />

Bereich zwischen Hilbeck und <strong>der</strong> K 18 <strong>der</strong> einzige verbliebene Offenland-Korridor im<br />

weiteren Umfeld darstellt.<br />

(8) Nach alledem bildet die „FFH-Verträglichkeitsprüfung“ keine Basis, auf <strong>der</strong>en<br />

Grundlage in verantwortbarer Weise über die habitatschutzrechtliche Zulässigkeit des<br />

Vorhabens des A 445 befunden werden könnte.<br />

4. Unzureichende Berücksichtigung des Artenschutz<br />

Die den beson<strong>der</strong>en Artenschutz betreffende Unterlage lässt erhebliche Mängel<br />

erkennen und liefert vor allem nicht die Informationen, <strong>der</strong>er die<br />

Planfeststellungsbehörde bedarf, um die einschlägigen Bestimmungen <strong>der</strong> §§ 44 ff.<br />

BNatSchG korrekt anwenden zu können.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 19 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

4.1 Mängel in den Unterlagen zum Artenschutz<br />

(1) Der artenschutzrechtliche Beitrag zu Vögeln und Amphibien leidet in erster Linie<br />

daran, dass die zugrunde liegenden Erfassungen in methodischer Hinsicht zu<br />

beanstanden sind. Der Unterlage ist zu entnehmen, dass zur Erfassung (2003) <strong>der</strong><br />

Avifauna „die Revierkartierungsmethode“ in Verbindung mit einer Linientaxierung nach<br />

Maßgabe eines erst später veröffentlichten Methodenhandbuchs eingesetzt wurde<br />

(siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 15 f.). Was damit gemeint sein könnte, ist schon<br />

deshalb unklar, weil das Methodenhandbuch nach Südbeck et.al. erst im Jahre 2005<br />

erschien. Die Linientaxierung ist eine relative Erfassungsmethode, die nicht auf die<br />

Erfassung von Gesamtbeständen abzielt, um die es hier geht. Angaben darüber,<br />

welcher Flächenanteil des Untersuchungsgebietes mit <strong>der</strong> zur Unterschätzung <strong>der</strong><br />

Bestände führenden Methodik <strong>der</strong> Linientaxierung bearbeitet wurde, sind <strong>der</strong> Unterlage<br />

nicht zu entnehmen. Auch fehlen Angaben darüber, in welcher Entfernung die<br />

Linientaxierungsrouten zueinan<strong>der</strong> lagen. Unter methodischen Gesichtspunkten kann<br />

daher von einer vollständigen Erfassung <strong>der</strong> Bestände nicht gesprochen werden.<br />

Darüber belehrt nicht zuletzt auch die Ergebnistabelle mit ihren fast ausschließlich<br />

qualitativen Angaben („Brutvogel“ bzw. „häufiger Brutvogel“).<br />

Die zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Kontrollgänge gibt zu erheblichen Bedenken Anlass. Enden<br />

die regulären Kontrollen bereits am 16. bzw. 22.06.2003 können schwer erfassbare<br />

Arten (z.B. Baumfalke, Weihen, Waldohreule) nicht richtig erfasst werden. Um dies zu<br />

vermeiden, sind Erfassungen im Zeitraum Juli und August unverzichtbar, zumal Beute<br />

tragende und warnende Altvögel sowie bettelnde Jungvögel dann Hinweis auf<br />

Brutstandorte geben. Ob mit den durchgeführten Erfassungen Spechtarten erfasst<br />

werden konnten, darf im Übrigen bezweifelt werden. Anlass hierzu bietet <strong>der</strong> Umstand,<br />

dass sich in den Unterlagen keine Hinweise auf Vorkommen des Kleinspechts und des<br />

Mittelspechts finden, obwohl diese Arten im Untersuchungsgebiet nachgewiesen sind.<br />

Da für die reguläre Erfassung des gesamten Untersuchungsgebietes tagsüber jeweils 2<br />

Kartierungstage angegeben werden, beläuft sich die effektive Kartierungszeit<br />

(ausreichende Gesangsaktivität ist bis maximal mittags gegeben) insgesamt auf nicht<br />

mehr als 12 bis 14 Stunden für eine komplette Tagbegehung bei 8 km²<br />

Untersuchungsgebiet. Die Erfassungszeit beläuft sich daher auf 1,5 bis 1,75 h pro 100<br />

ha untersuchter Fläche, während nach Südbeck et.al. etwa 5 h für die Revierkartierung<br />

von 100 ha Fläche anzusetzen sind (Mittelwert von 2,5 h für Acker und Mittelwert von<br />

7,5 h für Wald und Siedlungen).<br />

Durch Aktualisierung im Jahre 2008 (siehe Unterlage 12 Anlage 1b, Seite 16) konnten<br />

die Mängel nicht kompensiert werden, zumal die Erfassungen „in einem engeren<br />

Untersuchungsgebiet“ durchgeführt wurden. Selektive Erfassungen erfolgten zudem im<br />

Jahre 2010. Welche Teilbereiche des Untersuchungsgebietes hierbei untersucht<br />

wurden, welche Methodik zum Einsatz gelangte und welcher zeitliche Aufwand<br />

betrieben wurde, ist unklar. Vor diesem Hintergrund liegt auf <strong>der</strong> Hand, dass die<br />

Brutbestände des Untersuchungsgebietes systematisch unterschätzt wurden. Darauf<br />

wird noch zurückzukommen sein.<br />

(2) Die avifaunistischen Erfassungen unterliegen auch deshalb <strong>der</strong> Beanstandung, weil<br />

im Herbst und Winter keine Kartierungen erfolgten. Es fehlen daher verlässliche<br />

Angaben über die Nutzung des Raumes durch Rastvögel und Wintergäste.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 20 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Einzelfeststellungen (z.B. Trupps <strong>der</strong> Bekassine, Sumpfohreule, Raubwürger, große<br />

Braunkehlchentrupps im Strangbachbereich; Waldohreulenschlafplatz in Hilbeck)<br />

zeugen von einer hohen Wertigkeit des Raumes während <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ungs- und<br />

Überwinterungszeiten. Die Beobachtung rasten<strong>der</strong> Kraniche (zuletzt 21 Ex. am<br />

08.03.2011) auf Ackerflächen, die durch die Trasse <strong>der</strong> A 445 in Anspruch genommen<br />

werden sollen, erhärten diesen Befund. Angesichts <strong>der</strong> unzulänglichen<br />

Erfassungsintensität belehrt <strong>der</strong> Nachweis von bis zu 20 Bekassinen, die sich über<br />

einen längeren Zeitraum (15.03 bis 18.04.2003) im Bereich des Strangbaches<br />

aufhielten, über dessen hohe avifaunistische Bedeutung, zumal Trupps solcher Größe<br />

im westlichen Teil des Kreises Soest abseits <strong>der</strong> Lippe und Ahseaue<br />

Ausnahmecharakter haben. Die herausragende Bedeutung des Strangbachbereichs<br />

wird durch den Nachweis des Raubwürgers (April 2003) unterstrichen. Bei <strong>der</strong><br />

Sumpfohreule wären deutlich höhere Bestände erfasst worden, hätte man sich <strong>der</strong><br />

Mühe unterzogen, eine Erfassung im Winter durchzuführen. Auch ist davon<br />

auszugehen, dass die im Vogelschutzgebiet alljährlich überwinternden Kornweihen und<br />

Merline das Untersuchungsgebiet zur Jagd nutzen, das im Übrigen für Arten mit großen<br />

Aktionsräumen, die ihres artspezifischen Verhaltens wegen in beson<strong>der</strong>em Maße unter<br />

dem Straßenverkehr leiden (z.B. Greifvögel und Eulen), deutlich zu eng abgegrenzt<br />

wurde.<br />

(3) Die Erfassung <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>mäuse des Untersuchungsraums stammt aus dem<br />

Jahre 2004 (siehe Unterlage 12, Anlage 1a, Seite 1). Die Daten sind daher nicht mehr<br />

hinreichend aktuell. Daran vermag die im Januar 2010 durchgeführte<br />

Geländebegehung, die nur dazu diente, das Vorhandensein <strong>der</strong> aus Sicht des<br />

Fachgutachters bedeutsamen „fle<strong>der</strong>mausgerechten Strukturen“ zu überprüfen (siehe<br />

Unterlage 12, Anlage 1a, Seite 7), nichts zu än<strong>der</strong>n.<br />

Die Fle<strong>der</strong>mauserfassungen leiden daran, dass <strong>der</strong> Blick von vornherein auf 18<br />

Bereiche gerichtet wurde, die aus Sicht des Fachgutachters von Fle<strong>der</strong>mäusen genutzt<br />

werden (siehe Unterlage 12, Anlage 1a, Seite 2). Eine Identifikation <strong>der</strong> tatsächlich von<br />

den Fle<strong>der</strong>mäusen im Trassenraum <strong>der</strong> A 445 genutzten Flugwege zur Feststellung<br />

eines erhöhten Kollisionsrisikos ist auf diesem Wege nicht möglich. Hierzu hätten<br />

zumindest einige <strong>der</strong> gefangenen Tiere besen<strong>der</strong>t werden müssen. Die in <strong>der</strong> Praxis<br />

übliche Telemetrie wurde nicht durchgeführt (siehe Unterlage 12, Anlage 1a, Seite 2 Fn.<br />

1). Nicht zuletzt deshalb spricht <strong>der</strong> Gutachter verschiedentlich auch nur von den<br />

„vermuteten Flugbahnen“. Ohne Telemetrie lassen sich die Quartiere <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>mäuse<br />

nicht vollständig erfassen. Die durchgeführten Befragungen und selektiven<br />

Untersuchungen (siehe Unterlage 12, Anlage 1a, Seite 5) legen die Befürchtung nahe,<br />

dass Quartiere schlicht übersehen wurden. Vorhandene Daten und Informationen<br />

werden in unzulänglicher Weise berücksichtigt. Die Gutachter greifen lediglich auf die<br />

Ergebnisse einer Voruntersuchung (Höller), auf das Naturschutzfachinformationssystem<br />

FIS des LANUV sowie auf eine ältere Veröffentlichung von Schröpfer et.al. 1984 zurück<br />

(Unterlage 12, Anlage 1a, Seite 11). Beispielsweise liegt eine gutachterliche<br />

<strong>Stellungnahme</strong> von Loske (<strong>Stellungnahme</strong> zum Bebauungsplan Nr. 03.079 „An <strong>der</strong><br />

Bever/Wambeler Straße, 2008) vor, die Erkenntnisse über Vorkommen <strong>der</strong> Zwerg- und<br />

Fransenfle<strong>der</strong>maus sowie ein Winterquartier des Abendseglers (15 Ex.) im Bereich<br />

Unterallen vermittelt. Die Rückfrage beim ehrenamtlichen Naturschutz hätte dem<br />

Gutachter die Erkenntnis vermittelt, dass in Werl in früherer Zeit eine Wochenstube des<br />

Großen Mausohrs bestand.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 21 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Auch ist angesichts <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong> im Umfeld des Planungsraums vorhandenen<br />

Herrenhäuser nicht fern liegend, dass diese Art im näheren Umfeld eine Wochenstube<br />

hat. Der Fang und die Besen<strong>der</strong>ung des im Funktionsraum 7 detektierten Exemplars<br />

hätte Aufschluss gegeben.<br />

Bei seiner Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen greift<br />

<strong>der</strong> Gutachter auf die Ergebnisse eines vom BMVBS beauftragten Forschungsprojekts<br />

(BMVBW, Projekt-Nr. 02.0256/2004/LR) zurück. Die Rückfrage beim Auftraggeber<br />

ergab, dass <strong>der</strong> Endbericht noch nicht abgenommen wurde, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>zeit in einem<br />

begleitenden Arbeitskreis diskutiert wird. Die Tragfähigkeit <strong>der</strong> in diesem Endbericht<br />

dokumentierten Ergebnisse ist daher wissenschaftlich bislang nicht bewertet. Der<br />

Rückgriff auf <strong>der</strong>artige Papiere, die we<strong>der</strong> geprüft noch von einem größeren Kreis <strong>der</strong><br />

Fachwissenschaften bewertet wurde, wird ausdrücklich beanstandet.<br />

(4) Zu den Artengruppen <strong>der</strong> Reptilien, Libellen, Tagfalter und Heuschrecken liegen<br />

keine Untersuchungen vor (siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 9). Das ist zu<br />

beanstanden, zumal in <strong>der</strong> UVS 2002 Teil A (Tabelle Seite 35 f.) ausdrücklich auf ein<br />

Vorkommen <strong>der</strong> Zauneidechse im Bereich <strong>der</strong> ehemaligen Bahnlinie aufmerksam<br />

gemacht wird. Angesichts solcher Anhaltspunkte sind entsprechende Untersuchungen<br />

erfor<strong>der</strong>lich, weil im Bereich <strong>der</strong> alten Bahnlinie bauliche Maßnahmen durchgeführt<br />

werden, die zur Tötung von Individuen und zur Vernichtung geschützter Lebensstätten<br />

dieser in Anhang IV <strong>der</strong> FFH-Richtlinie gelisteten Art führen können.<br />

Der UVS 2002 Teil A (Seite 35 f.) ist zu entnehmen, dass <strong>der</strong> „Wasserfrosch“ im<br />

Untersuchungsgebiet vorkommt. Im artenschutzrechtlichen Beitrag wird <strong>der</strong> Teichfrosch<br />

angegeben, <strong>der</strong> nördlich <strong>der</strong> ehemaligen Bahnlinie östlich <strong>der</strong> B 63 nachgewiesen<br />

wurde (siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 218). Da <strong>der</strong> Teichfrosch ein Hybride aus<br />

dem Seefrosch und dem Kleinen Wasserfrosch ist, und sich die herpetologischen<br />

Untersuchungen bereits bei an<strong>der</strong>en Arten (Kammmolch) nicht als son<strong>der</strong>lich tragfähig<br />

erwiesen haben, besteht Anlass zu <strong>der</strong> Annahme, dass <strong>der</strong> Teichfrosch mit dem<br />

Kleinen Wasserfrosch (Rana lessonae) verwechselt wurde. Insoweit sind<br />

Nachuntersuchungen erfor<strong>der</strong>lich, in <strong>der</strong>en Rahmen zu prüfen ist, ob die Art dort<br />

vorkommt und welche Beeinträchtigungen ihr durch den Autobahnbau drohen. Zu<br />

denken ist namentlich an eine Inanspruchnahme des Landlebensraums (z.B.<br />

Bahndamm) und an eine Verschlechterung <strong>der</strong> Fortpflanzungsgewässer durch<br />

Stoffeinträge. Sollte sich <strong>der</strong> Landlebensraum im Baufeld befinden, wäre die Tötung <strong>der</strong><br />

Individuen unausweichlich.<br />

Die Amphibienerfassung unter Einsatz von Fangzäunen wurde mangelhaft<br />

durchgeführt. So wurden mehrere Fangeimer nicht ebenerdig eingegraben o<strong>der</strong><br />

befanden sich zum Teil 5 cm vom Zaun entfernt; kreuzende Gräben wurden von den<br />

Fangzäunen ausgespart, die im Übrigen lückig aufgebaut wurden. Dadurch kommt es<br />

zu einer starken Min<strong>der</strong>erfassung von Amphibien.<br />

Bedenklich stimmt vor allem, dass das Untersuchungsgebiet nicht auf Vorkommen des<br />

Eremiten überprüft wurde. Mit <strong>der</strong> Behauptung, es fänden sich für diese Art im<br />

Untersuchungsgebiet keine geeigneten Habitatstrukturen (siehe Unterlage 12.0, Seite<br />

47) kann es sein Bewenden nicht haben.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 22 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Diese Kritik wird noch dadurch verstärkt, da geeignete Gehölze mit starkem Baumholz<br />

und zum Teil hohem Totholzanteil im Landschaftspflegerischen Begleitplan<br />

dokumentiert werden (siehe Unterlage 12.0, Seite 34 ff., Biotoptypen Nr. 1, 3, 14, 15,<br />

16, 19). Sollten in diesen Waldbereichen Eremiten vorkommen, ist nicht<br />

auszuschließen, dass die Trennwirkung <strong>der</strong> Trasse zur Verinselung <strong>der</strong> Vorkommen<br />

führt (Behin<strong>der</strong>ung und Unterbindung des Schwärmfluges) und die<br />

Vorkommensbereiche durch weitere Stickstoffbelastungen geschädigt werden.<br />

4.2 Systematische Unterschätzung des Bestandes europäischer Vogelarten<br />

Wie bereits bemerkt, haben die methodischen Unzulänglichkeiten <strong>der</strong> avifaunistischen<br />

Erfassungen eine deutliche Unterschätzung <strong>der</strong> im Untersuchungsgebiet<br />

anzutreffenden Vogelbestände zur Folge. Mit Blick auf die Angaben <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong><br />

erfassten Vogelarten (siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 11 ff.) erscheint <strong>der</strong> Hinweis<br />

angebracht, dass die nachfolgend genannten Arten – soweit nichts an<strong>der</strong>es vermerkt ist<br />

– mindestens mehr als doppelt so häufig im dem rund 8 km² umfassenden<br />

Untersuchungsgebiet vorkamen (2003) bzw. vorkommen, als dies in <strong>der</strong> Unterlage<br />

angegeben ist. Bei 37 von 71 kartierten Brutvogelarten werden von den Gutachtern<br />

überhaupt keine quantitativen Angaben gemacht. Außerdem werden in <strong>der</strong> folgenden<br />

Tabelle 12 Vogelarten aufgeführt, die im besagten Untersuchungsraum als Brutvogel<br />

nachgewiesen sind, in den vorgelegten Unterlagen aber nicht o<strong>der</strong> nur als<br />

Nahrungsgast o<strong>der</strong> Durchzügler erwähnt wurden. Die in <strong>der</strong> Tabelle enthaltenen<br />

Angaben und Schätzungen beruhen auf Erfassungen des ehrenamtlichen<br />

Naturschutzes; einbezogen wurden zudem die Erkenntnisse, die im Rahmen des <strong>NRW</strong><br />

Modellvorhabens „Extensivierte Ackerstreifen im Kreis Soest“ und des im Auftrag des<br />

Landes <strong>NRW</strong> durchgeführten Weihenschutzprogramms gewonnen werden konnten<br />

sowie an<strong>der</strong>weitige Gutachten (z.B. Stelzig 1997). Im Folgenden steht „keine Angabe“<br />

für fehlende quantitative Brutpaarangaben <strong>der</strong> Gutachter in ihrer Ergebnistabelle und<br />

Unterschätzung steht für mehr als doppelt so hoch geschätzte Brutbestände. Von den<br />

häufigeren Vogelarten ohne Rote Liste-Status, <strong>der</strong>en Brutbestände von den Gutachtern<br />

nicht quantifiziert wurden, ist in <strong>der</strong> folgenden Tabelle nur ein Teil <strong>der</strong> Arten aufgeführt.<br />

Tabelle 1: Vogelarten im räumlichen Umfeld <strong>der</strong> A 445<br />

Vogelart Bemerkung<br />

Amsel keine Angabe, mindestens 50 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Bachstelze starke Unterschätzung des Bestandes<br />

Baumfalke mindestens 2 Brutpaare im nördlichen Teil des UG<br />

Bluthänfling Unterschätzung des Bestandes<br />

Buntspecht keine Angabe, mindestens 15 Brutpaare<br />

Eisvogel mindestens ein weiteres Brutpaar an <strong>der</strong> Seseke westlich Kump<br />

Feldlerche ca. 15 Brutpaare angegeben, wahrscheinlich mehr als dreifach höherer<br />

Bestand; allein im Bereich zwischen Hilbeck und Pentling rund 10 Brutpaare<br />

im Ackerstreifenprogramm<br />

Feldschwirl Unterschätzung des Bestandes; allein am Strangbach mindestens 2 Reviere<br />

Feldsperling mindestens fünffach höherer Bestand<br />

Fitis Unterschätzung des Bestandes<br />

Gelbspötter Unterschätzung des Bestandes<br />

Goldammer Unterschätzung des Bestandes<br />

Grauschnäpper keine Angabe, mindestens 10 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Habicht im 2 km-Korridor wahrscheinlich 3 Brutpaare


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 23 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Hausrotschwanz keine Angabe, mindestens 15 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Hohltaube nicht als Brutvogel angegeben, brütet aber u.a. in Waldkauz-Nistkasten<br />

weniger als 100 m neben <strong>der</strong> Trasse; insgesamt mindestens 5 Brutpaare<br />

(fachkundige Schätzung)<br />

Kiebitz die in <strong>der</strong> Unterlage angegebene Zahl <strong>der</strong> Brutpaare deckt gerade den<br />

Bestand im Teilbereich Nordhilbeck und Pentling ab (Nachmeldung <strong>der</strong> ABU<br />

2005)<br />

Klappergrasmücke Unterschätzung des Bestandes<br />

Kleiber keine Angabe, mindestens 8 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Kleinspecht nicht als Brutvogel angegeben, einzelne Nachweise, mindestens 3 Brutpaare<br />

(fachkundige Schätzung)<br />

Kuckuck Wenn im Trassenbereich an 8 Stellen rufende Exemplare festgestellt werden,<br />

kann nicht von nur einem Revier ausgegangen werden, mindestens 3<br />

„Brutpaare“ (fachkundige Schätzung) .<br />

Mauersegler Unterschätzung des Bestandes<br />

Mäusebussard nur als Nahrungsgast angegeben, mindestens 3 Brutpaare (fachkundige<br />

Schätzung)<br />

Mehlschwalbe keine Angabe, mindestens 30 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Misteldrossel Unterschätzung des Bestandes<br />

Mittelspecht nicht als Brutvogel angegeben, aber einige Nachweise, z.B. im südlichen<br />

Pentlinger Wald, mindestens 2 Brutpaare im 1 km-Korridor (fachkundige<br />

Schätzung),<br />

Nachtigall Unterschätzung des Bestandes<br />

Neuntöter Am Strangbach 2 Brutpaare festgestellt; ein Brutpaar im Nordteil bei Allen<br />

nicht berücksichtigt. Insgesamt wahrscheinlich 4 Brutpaare<br />

Nilgans Brutvogel seit mindestens 2009<br />

Pirol nur als Nahrungsgast angegeben, mindestens 1 Brutpaar (fachkundige<br />

Schätzung)<br />

Rauschwalbe keine Angabe, mindestens 30 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Rebhuhn mindestens 20 Brutpaare; bei Standard-Revierkartierung, die zudem<br />

unzureichend ist, ist grundsätzlich eine starke Bestandsunterschätzung<br />

gegeben<br />

Rohrammer Unterschätzung des Bestandes, allein am Strangbach mindestens drei Reviere<br />

Rohrweihe Unterschätzung des Bestandes, 2 Brutpaare in 2010 am Strangbach<br />

Rotmilan nur als Nahrungsgast angegeben; mindestens 1 Brutpaar im 1 km-Korridor. Zu<br />

Gastvögeln: 2 km östlich ist die Mülldeponie Werl, wo bis über 5 Expl. zu<br />

zählen sind; außerdem westlich Herbstschlafplatz im Jahr 2010 mit 15 Expl.,<br />

die bis Hilbeck jagen<br />

Schleiereule für die Behauptung, die Art hätte einen starken Rückgang erlitten, fehlt je<strong>der</strong><br />

Beleg. Die Schleiereulendaten für den Hammer Teil zeigen eine<br />

Bestandssteigerung seit 1997 (A. Nagel)<br />

Schwanzmeise keine Angabe, mindestens 20 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Schwarzmilan keine Angabe, vermutlich 1 Brutpaar im 1 km-Radius<br />

Singdrossel keine Angabe, mindestens 20 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Sperber nur als Nahrungsgast angegeben, mindestens 2 Brutpaare im 1 km-Korridor;<br />

im 2 km-Korridor bis zu 4 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Star Unterschätzung des Bestandes, mindestens 30 Brutpaare (fachkundige<br />

Schätzung)<br />

Stieglitz keine Angabe, mindestens 25 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Stockente nur als Nahrungsgast angegeben; mindestens 5 Brutpaare (fachkundige<br />

Schätzung)<br />

Sumpfrohrsänger keine Angabe, mindestens 80 Brutpaare, allein am Strangbach mindestens 10<br />

Reviere (fachkundige Schätzung)<br />

Turmfalke mindestens 5 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Uhu nicht als Brutvogel angegeben; Beobachtung im Pentlinger Wald im 1 km-<br />

Korridor; außerdem Brutverdacht 2 km westlich im Steinerholz<br />

Wachol<strong>der</strong>drossel keine Angabe, mindestens 50 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Wachtel nicht als Brutvogel angegeben; Einzelbeobachtungen, jährlich schwankend<br />

zwischen 0 und 3 Brutpaaren (fachkundige Schätzung)<br />

Wachtelkönig nur als Nahrungsgast angegeben; wahrscheinlicher Brutvogel, weil


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 24 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

mindestens 2 Rufer im optimalen Habitat von mind. 10.6 bis 22.6.2003<br />

anwesend waren<br />

Waldohreule Des heimlichen Verhaltens <strong>der</strong> Art wegen gelingen sichere Nachweise meist<br />

erst durch bettelnde Jungvögel; da <strong>der</strong> Erfassungszeitraum die maßgebliche<br />

Phase nur zum Teil abdeckt, ist von einer Unterschätzung des Bestandes<br />

auszugehen. Tatsächlich dürften jahrweise schwankend 2 bis 4 Brutpaare im<br />

Untersuchungsraum vorkommen<br />

Wespenbussard nicht als Brutvogel angegeben; im 1 km-Korridor mindestens 1 Brutpaar<br />

(Pentlinger Wald), vermutlich 2 Brutpaare im 2 km-Korridor<br />

Weißstorch Nahrungsgast<br />

Wiesenschafstelze keine Angabe, mindestens 5 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Zaunkönig keine Angabe, mindestens 25 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

Zilpzalp keine Angabe, mindestens 50 Brutpaare (fachkundige Schätzung)<br />

4.3 Schädigung und Tötung geschützter Individuen<br />

Der in den artenschutzbezogenen Unterlagen zum Ausdruck kommende Annahme,<br />

dass es im Zuge <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> A 445 sowie nach <strong>der</strong>en Inbetriebnahme nicht zu<br />

einer den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllenden Schädigung<br />

und Tötung von Individuen geschützten Arten käme, ist zu wi<strong>der</strong>sprechen.<br />

(1) Die Vorstellung, das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG würde nur<br />

aktiviert, sowie sich die bau- und betriebsbedingte Schädigung und Tötung von<br />

Individuen „nicht signifikant auf die betroffene Population auswirkt“ geht von einem<br />

unzutreffenden rechtlichen Ansatz aus. Das Zugriffsverbot ist individuenbezogen und<br />

als solches einer populationsbezogenen Relativierung unzugänglich (BVerwG, Urt. v.<br />

16.3.2006, 4 A 1075, NVwZ 2008, Beil. Heft 8, S. 54 Rn. 563). Es kommt stets dann<br />

zum Tragen, wenn sich das Risiko <strong>der</strong> Schädigung o<strong>der</strong> Tötung einzelner Individuen in<br />

signifikanter Weise erhöht. Das ist bei Straßenbauvorhaben namentlich <strong>der</strong> Fall, wenn<br />

regelmäßig genutzte Flugkorridore und Jagdareale (z.B. Fle<strong>der</strong>mäuse), Wan<strong>der</strong>wege<br />

(z.B. Amphibien) o<strong>der</strong> Aktionsräume (z.B. Greifvögel, Eulen) geschützter Individuen<br />

gequert o<strong>der</strong> durchschnitten werden. Etwas an<strong>der</strong>es gilt allenfalls, wenn ein<br />

bestehendes und in signifikanter Weise erhöhtes Risiko durch geeignete Maßnahmen<br />

auf ein in keinem Fall zu vermeidendes „Normalmaß“ abgesenkt wird.<br />

Durch den Bau und Betrieb <strong>der</strong> A 445 wird <strong>der</strong> Verbotstatbestand aus noch zu<br />

erläuternden Gründen verwirklicht. Insoweit darf das Vorhaben allenfalls unter<br />

Inanspruchnahme einer artenschutzrechtlichen Ausnahme zugelassen werden. Für<br />

diese Entscheidung fehlt es aber an hinreichenden Informationen, auf <strong>der</strong>en Basis<br />

beurteilt werden könnte, ob die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG erfüllt<br />

sind.<br />

4.3.1 Fle<strong>der</strong>mäuse<br />

Im Untersuchungsgebiet wurden insgesamt 10 Fle<strong>der</strong>mausarten nachgewiesen (siehe<br />

Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 12), zu denen u.a. seltene Arten wie die Große und<br />

Kleine Bartfle<strong>der</strong>maus, die Teichfle<strong>der</strong>maus und das Große Mausohr gehören.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 25 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Auch wenn die sich auf bestimmte Teilbereiche des Unersuchungsraums<br />

beschränkenden Erfassungen nicht geeignet waren, sämtliche Flugwege und zur Jagd<br />

genutzten Areale gerade in den Offenlandbereichen zu identifizieren, wird die<br />

Zerschneidung beson<strong>der</strong>s hochwertiger Flugrouten sowie Nahrungsräumen eingeräumt<br />

(siehe z.B. Unterlage 1, Seite 19). Das betrifft namentlich Flugwege am stillgelegten<br />

Bahndamm, am Windmühlenweg, am Lindfeldweg und am Mühlenweg sowie<br />

Jagdhabitate an <strong>der</strong> Kumper Vöhde und im Umfeld <strong>der</strong> Feldgehölze und Waldflächen<br />

im Bereich Sutenkamp. Dem in diesen Bereichen deutlich erhöhten Risiko <strong>der</strong><br />

Individuen, im Straßenverkehr zu Tode zu kommen, soll durch<br />

Schutzgehölzpflanzungen, Fle<strong>der</strong>mausschutzwände und Fle<strong>der</strong>mausschutzzäune<br />

sowie durch eine Grünbrücke (Lindfeldweg) als Querungshilfe begegnet werden. Diese<br />

Maßnahmen erweisen sich in ihrer konkreten Ausgestaltung als nicht geeignet, um das<br />

Risiko auf „Normalmaß“ zu reduzieren.<br />

Grünbrücken sind prinzipiell geeignet, um Fle<strong>der</strong>mäusen eine weitgehend gefahrlose<br />

Querung viel befahrener Straßen zu ermöglichen. Der mit einer Verkehrsüberführung<br />

über den Lindfeldweg verbundenen „Grünbrücke“ (BW 14) kann eine hinreichende<br />

Eignung freilich nicht attestiert werden. Einerseits genügt die Breite von 20 m nicht;<br />

erfor<strong>der</strong>lich wäre eine Breite von mindestens 30 bis 50 m (Brinkmann et.al. 2008, S.<br />

77). An<strong>der</strong>erseits bringt die Verbindung mit dem Lindfeldweg es mit sich, dass die<br />

Fle<strong>der</strong>mäuse die A 445 überqueren, aber in den Verkehr auf dem Lindfeldweg geleitet<br />

werden. Auch wenn <strong>der</strong> nächtliche Verkehr auf solchen Überführungen gering sein<br />

mag, meiden Fle<strong>der</strong>mäuse solche Querungsmöglichkeiten doch schon bei vereinzelten<br />

„Negativerfahrungen“ (Brinkmann et.al., 2008, S. 79). Um den Fle<strong>der</strong>mäusen eine<br />

gefahrlose Querung <strong>der</strong> A 445 zu ermöglichen, hätten daher auf <strong>der</strong> Strecke nördlich<br />

Hilbecks mehrere geeignete Bauwerke geplant werden müssen, die überdies an<strong>der</strong>en<br />

Arten (z.B. Säugetieren) die Möglichkeit böten, über die Autobahn zu wechseln.<br />

Fle<strong>der</strong>mausschutzzäune, wie sie zwischen Bau-km 3+740 bis 4+145, 5+645 bis 5+860<br />

bzw. 5+655 bis 5+860 geplant sind, tragen zur Min<strong>der</strong>ung des Risikos nicht bei.<br />

Querende Fle<strong>der</strong>mäuse können an Zäunen zu Tode kommen. Werden die Zäune<br />

frühzeitig erkannt, mögen sie überflogen werden, indessen lassen sich die Tiere<br />

hernach wie<strong>der</strong> in den breiten (RQ 28) Straßenraum fallen und kommen dort im Verkehr<br />

zu Tode (Limpens et.al. 2005); das gilt umso mehr, als eine vergleichbare Überflughilfe<br />

auf dem Mittelstreifen nicht vorgesehen ist. U.U. werden die Zäune als Leitlinien genutzt<br />

o<strong>der</strong> – bei bewachsenen Zäunen - sogar gezielt nach Nahrung abgesucht. Geschieht<br />

dies auf <strong>der</strong> Innenseite, geraten die Fle<strong>der</strong>mäuse in die Gefahrenzone.<br />

Nach Einschätzung von Experten sind Schutzzäune mit einer Höhe von 4,5 m kaum<br />

geeignet (Brinkmann et.al, Tab. 7 auf S. 102); die an <strong>der</strong> A 445 geplanten Zäune<br />

erreichen nicht einmal diese Höhe.<br />

Dieselben Probleme bestehen bei den Fle<strong>der</strong>mausschutzwänden, die – gemeinsam mit<br />

den Landschaftswällen, auf denen sie errichtet werden sollen – eine Höhe von gerade<br />

einmal 4 m erreichen. Die Vorstellung, dass solche Wände tatsächlich geeignet wären,<br />

querenden Fle<strong>der</strong>mäusen einen sicheren Überflug in gefahrloser Höhe zu ermöglichen,<br />

wird in <strong>der</strong> Wissenschaft bislang zumeist mit deutlicher Skepsis bewertet.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 26 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass Schutzwände in Teilbereichen nicht beidseitig <strong>der</strong><br />

Trasse errichtet werden sollen (z.B. Bau-km 3+150 bis 3+350) o<strong>der</strong> sich nur teilweise<br />

überlappen (z.B. Bau-km 5+510 bis 5+645 (West) sowie 5+520 bis 5+655 (Ost)). Im<br />

ersten Fall werden Fle<strong>der</strong>mäuse, die von <strong>der</strong> „falschen“ Seite kommen, durch die<br />

Schutzwand womöglich gehin<strong>der</strong>t, den Trassenraum zu verlassen. In abgeschwächter<br />

Form tritt dieser Effekt auch auf, wenn sich beidseits errichtete Wände nicht<br />

gegenüberstehen.<br />

Beson<strong>der</strong>s problematisch ist, dass in Teilbereichen <strong>der</strong> Trasse keinerlei geeignete<br />

Überflughilfen vorgesehen sind, obwohl auch dort Überflugbeziehungen bestehen<br />

können. Wildsschutzzäune halten Fle<strong>der</strong>mäuse nicht von ihren Transferflügen ab.<br />

Selbst wenn in den ungesicherten Bereichen keine viel beflogenen Flugstraßen<br />

identifizierbar wären, ist doch angesichts des festgestellten Artenspektrums mit<br />

unterschiedlichen Habitatansprüchen nicht auszuschließen, dass sich dort Jagdräume<br />

befinden, die zumindest von einzelnen Arten regelmäßig aufgesucht werden, zumal<br />

nachts die Lichter <strong>der</strong> Fahrzeuge Fluginsekten anziehen.<br />

4.3.2 Europäische Vogelarten<br />

Die Vorstellung, dass im Trassenbereich das Tötungsrisiko für europäische Vogelarten<br />

nicht in signifikanter Weise erhöht wäre, mutet vor dem Hintergrund <strong>der</strong> reichen<br />

Greifvogel- und Eulenvorkommen des Planungsraums einigermaßen abson<strong>der</strong>lich an.<br />

Es darf daran erinnert werden, dass gerade Greifvögel und Eulen zu den Arten zählen,<br />

die auf viel befahrenen Straßen häufig zu Tode kommen (vgl. nur Garniel/Mierwald,<br />

2010, Tab. 2, S. 10). Wissenschaftliche Langzeitstudien messen den verkehrsbedingten<br />

Verlusten bei bestimmten Arten eine populationsrelevante Bedeutung bei. Allein im<br />

Raum Soest wurden seit dem Bau <strong>der</strong> A 44 unzählige Greifvögel und Eulen auf <strong>der</strong><br />

Fahrbahn tot aufgefunden. Neben Steinkäuzen, Schleiereulen, Uhus, Mäusebussarden<br />

und Turmfalken zählten sogar – trotz ihrer relativen Seltenheit – mindestens 4<br />

Wiesenweihen zu den Verkehrsopfern. Auf Basis seiner langjährigen Erfassung von<br />

Eulen, die auf Straßen im Messtischblatt Werl (Nr. 4413) verunglückten, berechnete H.<br />

Illner eine Mindestzahl von vier Eulen, die jährlich auf den 8-9 km langen<br />

Trassenvarianten <strong>der</strong> A 445 verunglücken würden (<strong>Stellungnahme</strong> <strong>der</strong> ABU vom 15.<br />

Mai 1997). Da die Trassenvarianten durch ein von Eulen sehr dicht besiedeltes Gebiet<br />

führen und Autobahnen durchschnittlich höhere Tötungsraten als Landstraßen<br />

aufweisen, ist realistischerweise davon auszugehen, dass auf <strong>der</strong> A 445 bei den Eulen<br />

(vor allem Steinkauz, Schleiereule, Waldohreule und Waldkauz) mit sehr hohen<br />

Verlusten zu rechnen ist. Dies umso mehr, als die genannten Arten im Nahbereich <strong>der</strong><br />

Trasse brüten und daher unerfahrene Jungvögel im Verkehr umkommen werden.<br />

Da im Untersuchungsbereich <strong>der</strong> A 445 zugleich zahlreiche Greifvogelarten (z.B.<br />

Rohrweihe, Wiesenweihe, Mäusebussard, Habicht, Sperber, Rotmilan, Schwarzmilan,<br />

Mäusebussard) nachgewiesen sind, die regelmäßig in beachtlicher Individuenzahl im<br />

geplanten Bereich <strong>der</strong> Trasse <strong>der</strong> A 445 jagen, liegt auf <strong>der</strong> Hand, dass sich die<br />

Wahrscheinlichkeit <strong>der</strong> Tötung einzelner Exemplare dieser Arten im Falle <strong>der</strong><br />

Realisierung des A 445 deutlich erhöht. Das gilt nicht zuletzt auch in Kälteperioden mit<br />

Schneelagen, wenn Mäusejäger Fahrbahnrän<strong>der</strong> nach Mäusen absuchen (siehe auch<br />

Unterlage 12, Anlage 1b, S. 158/159), die u.a. aufgrund des Einsatzes von Tausalzen<br />

früher schneefrei werden.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 27 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Die Tötung von Mäusejägern in solchen Notzeiten ist beson<strong>der</strong>s nachteilig, weil es oft<br />

beson<strong>der</strong>s fitte Individuen einer schon durch Witterungseinflüsse dezimierten<br />

Population trifft (Flaschenhalssituation).<br />

Die Schutzgehölzpflanzungen (siehe Unterlage 5, Teil 3, Nr. 5.417, 5.401, 7.4049.408,<br />

10.415, 11.401) richten dagegen nichts aus. Die von vornherein schmal ausgeprägten<br />

Pflanzungen sind nur auf Teilstrecken <strong>der</strong> Trasse vorgesehen. Die zwischen den<br />

Pflanzungen verbleibenden Freiräume werden von niedrig fliegenden Greifvögeln und<br />

Eulen gequert. An <strong>der</strong> A 44 wurden solche Beobachtungen oftmals gemacht. Die<br />

Gefährdung an solchen Stellen liegt offen zu Tage, wenn man sich nur des Umstandes<br />

besinnt, dass verunglückte Uhus auf <strong>der</strong> A 44 an Stellen aufgefunden wurden, an<br />

denen Gehölze fehlen. Gerade Mäusejäger wie Schleiereule, Waldohreule, Turmfalke<br />

und Mäusebussard o<strong>der</strong> nach Aas (Verkehrsopfern) suchende Arten wie Rot- und<br />

Schwarzmilan nutzen die regelmäßig gepflegten Fahrbahnbankette o<strong>der</strong> die<br />

Fahrbahnen selbst dort zur Nahrungssuche, wo es einen zusätzlichen Gehölzmantel<br />

gibt. Gelegentlich dienen die Gehölze sogar als Sitzwarten. Bei an<strong>der</strong>en Arten mögen<br />

Gehölzpflanzungen einen gewissen Beitrag zur Min<strong>der</strong>ung des Kollisionsrisikos<br />

erbringen, indessen ist zu bedenken, dass dies erst <strong>der</strong> Fall ist, wenn die Pflanzungen<br />

eine ausreichende Höhe erreicht haben. Über Jahre hinweg bieten sie daher keinen<br />

Schutz. Auch insoweit darf wie<strong>der</strong>um auf das Beispiel <strong>der</strong> A 44 verwiesen werden,<br />

zumal gerade in <strong>der</strong> zeitlichen Phase nach dem Bau zahlreiche Unfallopfer festgestellt<br />

wurden. Im Übrigen bieten Schutzpflanzungen keinen dauerhaften Schutz, da sie in<br />

gewissen zeitlichen Abständen gepflegt werden. Soweit sie nicht völlig auf den Stock<br />

gesetzt werden, erfolgt jedenfalls eine Ausdünnung <strong>der</strong> Gehölze. Infolge dessen<br />

verlieren sie ihre Schutzfunktion o<strong>der</strong> dieselbe wird bei einer Auslichtung <strong>der</strong> Gehölze<br />

gemin<strong>der</strong>t.<br />

Wildschutzzäune tragen zur Minimierung des Risikos gleichfalls nicht bei. Stattdessen<br />

bieten sie Mäusejägern geeignete Sitzwarten, von denen aus Jagdflüge in den<br />

Trassenraum unternommen werden, dessen Randstreifen gerade Kleinsäugern<br />

geeigneten Lebensraum bietet.<br />

Im Übrigen darf mit Blick auf Singvögel, die sich oftmals im Nahbereich <strong>der</strong> Trasse zur<br />

Brut einfinden, daran erinnert werden, dass diese Arten einem deutlich erhöhten<br />

verkehrsbedingten Tötungsrisiko ausgesetzt sind. Sie wechseln oft von <strong>der</strong> einen<br />

Gehölzseite zur an<strong>der</strong>en und verunglücken dadurch beson<strong>der</strong>s häufig. In Nester an<br />

Straßenrandgehölzen Englands erbrütete und beringte Drosseln wurden nach dem<br />

Ausfliegen innerhalb weniger Wochen zum großen Teil als Opfer des Straßenverkehrs<br />

im engeren Nestumfeld nachgewiesen. Zu den häufigen Verkehrsopfern zählen zudem<br />

Rebhühner (Garniel/Mierwald, 2010, S. 67), für die sich Straßen als weitgehend<br />

unüberwindliche Hin<strong>der</strong>nisse darstellen, weil sie zumeist im Verkehr zu Tode kommen.<br />

Eine Schädigung gerade <strong>der</strong> Greifvögel und Eulen wird nicht nur durch<br />

verkehrsbedingte Kollisionen im Straßenverkehr, son<strong>der</strong>n auch auf eher indirektem<br />

Weg hervorgerufen. Verkehrsbedingt kommt es zu Immissionen von Blei, Kadmium,<br />

Zink o<strong>der</strong> Quecksilber, die sich im Boden sowie in den im Wirkraum vorkommenden<br />

Organismen akkumulieren. Da in Leber und Niere von Hausmäusen an stark<br />

verkehrsbelasteten Straßen bereits signifikant erhöhte Blei- und Kadmiumwerte<br />

festgestellt wurden (siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 133; Unterlage 12, Anlage 2,<br />

Seite 18), ist davon auszugehen, dass entsprechendes für an<strong>der</strong>e Beutetiere <strong>der</strong><br />

Greifvögel und Eulen gilt.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 28 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Die Schwermetalle reichern sich in <strong>der</strong> Nahrungskette an und können gesundheitliche<br />

Schädigungen <strong>der</strong> Vögel verursachen.<br />

4.3.3 Amphibien und Reptilien<br />

Während <strong>der</strong> Bauphase ist mit <strong>der</strong> Tötung einer beachtlichen Anzahl von Amphibien<br />

und Reptilien zu rechnen. Bauliche Maßnahmen im Bereich <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Bahntrasse lassen befürchten, dass es dort zur Tötung und Verletzung von<br />

Zauneidechsen kommt.<br />

Beson<strong>der</strong>s problematisch sind die baulichen Maßnahmen im Strangbachbereich. Das<br />

dortige Vorkommen des Kammmolchs, das nach den Untersuchungen von Stelzig rund<br />

130 Individuen umfasst, wird im Zuge <strong>der</strong> Baufeldräumung und <strong>der</strong> sich anschließenden<br />

Maßnahmen zwangsläufig einen erheblichen Individuenverlust erleiden. Die<br />

vorgesehene „Evakuierung“ <strong>der</strong> Amphibien (siehe Unterlage 12, Anlage 1 b, Seite 240<br />

f.) verspricht keinen nachhaltigen Erfolg. Das geplante Aufstellen von Amphibienzäunen<br />

hat schon bei <strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong> Amphibien nicht funktioniert (vgl. Unterlage 12.0, Seite<br />

55); aus diesem Grunde wurde <strong>der</strong> deutliche größere Bestand des Kammmolchs<br />

massiv unterschätzt (24 bis 40 Individuen). Die vorübergehende Anlegung von Tümpeln<br />

im Baubereich lassen den gewünschten „Falleneffekt“ nicht erwarten. Kammmolche<br />

besiedeln Gewässer erst, wenn sich nach einigen Jahren eine geeignete<br />

Unterwasservegetation eingestellt hat; sollte sich in den „Fangtümpeln“ dennoch ein<br />

Kammmolch einfinden, darf dieses Individuum getrost als „Irrläufer“ begriffen werden.<br />

Das Auslegen von „Schlangenbrettern“ mag dazu führen, das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Individuum absammeln zu können, die vorgesehene Umsiedlung verspricht allerdings<br />

keinen Erfolg. Untersuchungen <strong>der</strong> Universität Bielefeld (Kammmolch-Monitoring<br />

Greiffenhorst-Park Krefeld) belehren darüber, dass auf diesem Wege stabile<br />

Populationen vernichtet werden können.<br />

Ganz ähnlich stellt sich die Situation beim Laubfrosch dar, <strong>der</strong> durch den Baubetrieb am<br />

Strangbach, aber auch im Bereich <strong>der</strong> Kumper Vöhde Individuenverluste erleiden wird<br />

(Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 238). Bei beiden Amphibienarten ist daher von <strong>der</strong><br />

baubedingten Tötung einer beachtlichen Anzahl von Individuen auszugehen, ohne dass<br />

die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen daran etwas än<strong>der</strong>n könnten. Auch wenn<br />

es aus rechtlicher Sicht nicht darauf ankommt, muss davon ausgegangen werden, dass<br />

die Population des Kammmolchs im Bereich des Strangbaches <strong>der</strong> Vernichtung anheim<br />

gegeben wird, sollte die A 445 dort realisiert werden.<br />

Eine Tötung <strong>der</strong> Amphibien im Straßenverkehr ist wegen <strong>der</strong> vorgesehenen<br />

Amphibienleiteinrichtungen nicht zu besorgen. Die Leiteinrichtungen lenken die<br />

Amphibien allerdings zu Durchlässen, die – mit einer Ausnahme (Bau-km 5+215 und<br />

5+265) – über eine Länge von 50 m verfügen (siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite<br />

242). Die Länge <strong>der</strong> Durchlassbauwerke bringt es mit sich, dass die Tiere unterwegs<br />

vertrocknen o<strong>der</strong> angesichts <strong>der</strong> Ost-West-Ausrichtung und <strong>der</strong> daher zu erwartenden<br />

Zugluft in die Kältestarre verfallen. Lebend werden sie „das Ende des Tunnels“ allenfalls<br />

ausnahmsweise erreichen.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 29 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

4.4 Erhebliche Störungen<br />

(1) Der artenschutzrechtliche Beitrag vermittelt nicht die Erkenntnisse, <strong>der</strong>er es bedarf,<br />

um die Einschlägigkeit des in § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG geregelten Störungsverbots<br />

abschließend beurteilen zu können. Verantwortlich zeichnet dafür in erster Linie, dass<br />

bei den meisten Vogelarten keine Angaben zur lokalen Population und <strong>der</strong>en<br />

Erhaltungszustand gemacht werden. Es mag sein, dass die Gutachter nicht über das<br />

hierzu erfor<strong>der</strong>liche Informations- und Datenmaterial verfügen und vor allem nicht im<br />

Stande sind, die Größe <strong>der</strong> lokalen Populationen abzuschätzen (so ausdrücklich<br />

Unterlage 12, Anlage 1 b, Seite 132). Das än<strong>der</strong>t aber nichts daran, dass es solcher<br />

Informationen bedarf, um feststellen zu können, ob <strong>der</strong> Tatbestand des Störungsverbots<br />

erfüllt ist.<br />

(2) Da es ihnen an notwendigen Sachinformationen mangelt, versuchen die Gutachter<br />

das Problem zu lösen, indem sie störungsbedingte Einwirkungen kurzerhand in<br />

Revierverluste umrechnen, die dann durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen<br />

kompensiert werden. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Verlärmung von Teilen<br />

eines Brutreviers wohl als Störung, nicht aber – gleichsam automatisch – als<br />

Schädigung einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte zu begreifen ist. Beide Tatbestände<br />

können im Einzelfall gleichzeitig durch eine störende Handlung verwirklicht werden; das<br />

ist namentlich in einem Abstandsband von 100 m beidseits <strong>der</strong> Trasse anzunehmen,<br />

zumal es im Hinblick auf die dortigen Reviere zu einem 100%igen Funktionsverlust und<br />

daher zur Aufgabe <strong>der</strong>selben kommt. Jenseits dieses Korridors hat man es bis zur<br />

Grenze <strong>der</strong> artspezifisch festzulegenden Effektdistanz im Regelfall aber nur mit<br />

Störungen zu tun. Da <strong>der</strong> artenschutzrechtliche Beitrag dies nicht berücksichtigt und<br />

jene Informationen nicht bereithält, <strong>der</strong>er es bedarf, um die Erheblichkeit <strong>der</strong> Störungen<br />

beurteilen zu können, kann auf Basis dieser Unterlage über die Einschlägigkeit des<br />

Störungsverbots nicht abschließend befunden werden. Daran aber führt kein Weg<br />

vorbei, ergibt sich doch aus § 44 Abs. 5 BNatSchG mit großer Deutlichkeit, dass<br />

vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen lediglich den Eintritt <strong>der</strong> Rechtsfolgen des § 44<br />

Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, nicht aber jene des artenschutzrechtlichen Störungsverbots<br />

ausschließen.<br />

(3) Unabhängig davon, dass die im Untersuchungsgebiet durchgeführte<br />

avifaunistischen Erhebungen <strong>der</strong> genannten methodischen Mängel wegen unzulänglich<br />

sind und daher die Größe <strong>der</strong> Brutvogelbestände deutlich unterschätzen, darf jedenfalls<br />

festgehalten werden, dass es bei zahlreichen Vogelarten mindestens zu Störungen<br />

durch verkehrsbedingte Verlärmung ihrer Reviere sowie durch die autobahnbedingte<br />

Verän<strong>der</strong>ung ihrer Habitate kommt. Das betrifft namentlich alle Vogelarten, die in<br />

Unterlage 12, Anlage 1b, Blatt 5 und 6 angegeben und <strong>der</strong>en Reviermittelpunkte<br />

innerhalb <strong>der</strong> artspezifisch zu bemessenden Effektdistanz verortet wurden.<br />

Exemplarisch darf auf die Feldlerche verwiesen werden, die störungsbedingt aus Sicht<br />

<strong>der</strong> Gutachter mindestens vier Brutreviere im Abstand von 100 m zur Trasse verlieren<br />

wird, während es bei weiteren zehn Brutpaaren innerhalb <strong>der</strong> mit 500 m zu<br />

bemessenden Effektdistanz zu mehr o<strong>der</strong> weniger großen Störungen kommt.<br />

Unabhängig davon, wie die lokale Population abzugrenzen ist und welche Anzahl von<br />

Brutpaaren sie umfasst, ist schon allein <strong>der</strong> Revierverluste wegen mit einer Min<strong>der</strong>ung<br />

des Reproduktionserfolges des örtlichen Bestandes zu rechnen.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 30 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Werden zudem weitere 10 Brutreviere verlärmt, kann dies die Partnerfindung,<br />

Reviermarkierung und die akustische Wahrnehmung von Nestfeinden erschweren und<br />

auf diesem Wege ebenfalls den Reproduktionserfolg des lokalen Bestandes min<strong>der</strong>n.<br />

Zieht man überdies in Betracht, dass die Feldlerche generell im Rückgang begriffen und<br />

daher in den Roten Listen <strong>der</strong> gefährdeten Arten geführt wird, lässt sich die Erfüllung<br />

des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nicht in Abrede stellen. Da §<br />

44 Abs. 5 BNatSchG im Falle des Störungsverbotes nicht zum Tragen kommt, darf das<br />

Vorhaben <strong>der</strong> A 445 allenfalls unter Inanspruchnahme einer artenschutzrechtlichen<br />

Ausnahme zugelassen werden. Das wird aber schon deshalb kaum möglich sein, weil<br />

es – wie eingangs erwähnt – einen alternativen Trassenverlauf gibt, <strong>der</strong> weniger<br />

schwerwiegende Beeinträchtigungen hervorrufen wird.<br />

Was <strong>der</strong> Feldlerche recht ist, kann dem Kiebitz sowie an<strong>der</strong>en in den genannten<br />

Unterlagen im Einzelnen aufgeführten Vogelarten nur billig sein. Von einer detaillierten<br />

Behandlung aller betroffenen Arten wird aus Zeitgründen (§ 17a Nr. 3 FStrG i.V.m. § 73<br />

Abs. 4 VwVfG) abgesehen, indessen darauf hingewiesen, dass bei den in Unterlage 12<br />

Anlage 1b, Blatt 1 bis 10 im Einzelnen dargestellten Brutrevieren aller Arten, <strong>der</strong>en<br />

Mittelpunkt sich innerhalb <strong>der</strong> jeweiligen kritischen Effektdistanz liegt, von einer die<br />

Reproduktion min<strong>der</strong>nden Störung ausgegangen wird. Außerdem ist vorsorglich bei<br />

allen Vogelarten, die in den vorgelegten Unterlagen keine Behandlung erfahren haben,<br />

im Untersuchungsraum aber vorkommen (siehe Tabelle), zumindest von <strong>der</strong> Erfüllung<br />

des Störungstatbestandes auszugehen, zumal die verkehrsbedingte Verlärmung des<br />

gesamten Landschaftsraums im Falle <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> A 445 für die meisten Arten<br />

im Nahbereich eine Vergrämungswirkung entfaltet.<br />

(4) Störungen des Kammmolchs und des Laubfrosches ergeben sich während <strong>der</strong><br />

Bauphase durch die Erschütterungen, die sich mit dem Einsatz schwerer<br />

Baumaschinen in den Vorkommensbereichen dieser Arten naturgemäß verbinden.<br />

Gleichfalls als Störung ist es zu bewerten, dass die A 445 die Aufspaltung <strong>der</strong><br />

Population des Kammmolchs in 2 Teilpopulationen verursacht (eingehende<br />

Beschreibung in Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 236 bis 238) und zugleich<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Habitat des Laubfrosches herbeiführt (siehe hierzu Unterlage 12,<br />

Anlage 1b, Seite 239 bis 243). Das Evakuierungsmaßnahmen aus den genannten<br />

Gründen nicht die ihnen zugedachte Wirkung entfalten und beim Kammmolch sogar<br />

kontraproduktiv sind („Umsiedlung“), ist zu erwarten, dass es zu Verschlechterungen<br />

des Erhaltungszustandes <strong>der</strong> ohnehin gefährdeten Arten kommt. Auch beim Laubfrosch<br />

sind anlagebedingte Störungen zu erwarten, zumal die A 445 die Metapopulation in<br />

zwei Teilpopulationen westlich und östlich <strong>der</strong> Trasse teilt. Störungen ergeben sich im<br />

Bereich des Bewerbaches und <strong>der</strong> Kumper Vöhde vor allem auch aus <strong>der</strong><br />

verkehrsbedingten Maskierung <strong>der</strong> Rufe (siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 239).<br />

5. Schädigung geschützter Lebensstätten<br />

5.1 Geschützte Fortpflanzungs- und Ruhestätten<br />

Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG wird zunächst im Hinblick auf<br />

sämtliche Brutreviere europäischer Vogelarten verwirklicht, <strong>der</strong>en Mittelpunkt innerhalb<br />

eines Abstandes von 100 m beidseits <strong>der</strong> A 445 liegt (Garniel et.al. 2007, S. 226;<br />

Garniel/Mierwald, 2010, S. 2).


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 31 -<br />

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In diesen Fällen ist von einem vollständigen Revierverlust auszugehen, da die bau-,<br />

anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen <strong>der</strong> A 445 die betroffenen Brutpaare dazu<br />

veranlassen, ihr Revier zu räumen. Von solchen Revierverlusten sind u.a. folgende<br />

Arten betroffen: Kiebitz, Rohrweihe, Baumfalke, Mäusebussard, Turmfalke, Rebhuhn,<br />

Schleiereule, Steinkauz, Waldohreule, Hohltaube, Buntspecht, Kleinspecht, Kuckuck,<br />

Feldlerche, Braunkehlchen, Rohrammer, Goldammer, Nachtigall, Feldschwirl,<br />

Rauschwalbe, Fitis, Sumpfrohrsänger, Feldsperling, Grauschnäpper und Neuntöter.<br />

Eine genaue Angabe <strong>der</strong> betroffenen Brutpaare dieser Arten ist <strong>der</strong>zeit wegen <strong>der</strong><br />

starken Unterschätzung o<strong>der</strong> gänzlichen Unkenntnis <strong>der</strong> Bestandsgrößen <strong>der</strong><br />

allermeisten Vogelarten nicht möglich. Entsprechendes wird zugleich auch für die Arten<br />

gelten, die in den Planunterlagen nicht erwähnt werden, aber im 1-km-Korridor<br />

vorkommen und in <strong>der</strong> oben stehenden Tabelle genannt sind.<br />

Jenseits dieses Korridors kommt es im Regelfall zu Störungen, die nicht unbedingt zur<br />

Aufgabe des Reviers führen, aber – in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Entfernung zur Trasse –<br />

nachteilige Auswirkungen auf den Bruterfolg haben werden. Eine Ausnahme gilt für den<br />

Wachtelkönig, <strong>der</strong> im Strangbachbereich mit zwei Rufern nachgewiesen wurde. Da die<br />

Art beson<strong>der</strong>s lärmsensibel ist, wird sie ihre dortigen Reviere nicht mehr nutzen und in<br />

<strong>der</strong> Maßnahme-Fläche VA8 wegen <strong>der</strong> dortigen Lärmbelastung auch keinen<br />

Ausweichraum finden. Eine weitere Ausnahme bildet die Wiesenweihe. In <strong>der</strong><br />

Hellwegbörde sind die Horststandorte von jährlich 15 bis 40 Brutpaaren seit 1993<br />

punktgenau dokumentiert. Die A 44 führt an drei regelmäßig von mehreren Brutpaaren<br />

besetzten Brutgebieten bei Ense-Ruhne, Neuengeseke und Erwitte-Völlinghausen<br />

vorbei. Im achtzehnjährigen Zeitraum hat trotzdem nur einmal eine Wiesenweihe näher<br />

als 400 m an <strong>der</strong> A 44 gebrütet, und zwar in 310 m Entfernung vom Fahrbahnrand bei<br />

Ostönnen (hier verläuft die A 44 unter Niveau). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen<br />

Reck/Hänel/Jeßberger/Lorenzen (2008) für Schleswig-Holstein. Es ist daher mit großer<br />

Sicherheit zu prognostizieren, dass Brutvorkommen <strong>der</strong> Wiesenweihe im<br />

Strangbachbereich erlöschen, wenn die A 445 auf <strong>der</strong> geplanten Trasse realisiert wird.<br />

Dies umso mehr, als sich <strong>der</strong> Abstand zwischen <strong>der</strong> Trasse und dem Neststandort im<br />

Jahre 2010 nur auf 210 m belief.<br />

Die Feuchtwiesen im Strangbachbereich werden schon während <strong>der</strong> Bauphase,<br />

jedenfalls aber während <strong>der</strong> Betriebsphase <strong>der</strong> A 445 von <strong>der</strong> Bekassine und <strong>der</strong><br />

Sumpfohreule nicht mehr als Rastplatz (Ruhestätte) genutzt werden können.<br />

Entsprechendes gilt für die in diesem Bereich u.a. festgestellten Kiebitztrupps und die<br />

dort in größerer Zahl im Frühjahr festgestellten rastenden Braunkehlchen und<br />

Steinschmätzer. Hier wären weitere Arten wie z.B. Kornweihe und Goldregenpfeifer<br />

anzuführen, die mit großer Wahrscheinlichkeit dort erfasst worden wären, wenn es eine<br />

Kartierung von Vögeln in den Zugzeiten und im Winter gegeben hätte.<br />

Von Quartierverlusten ist jedenfalls die Zwergfle<strong>der</strong>maus betroffen (Gebäudeabriss am<br />

Sutenkamp). Wochenstubenquartiere des Braunen Langohrs werden am Sutenkamp,<br />

am Windmühlenweg und am Lindfeldweg durch Lichteinwirkungen während <strong>der</strong> Bau-<br />

und Betriebsphase in ihrer ökologischen Qualität in Mitleidenschaft gezogen. Störungen<br />

während <strong>der</strong> Bauphase werden durch das angeordnete Nachtbauverbot nicht wirksam<br />

ausgeschlossen, zumal den Angaben des Bauwerksverzeichnisses entnommen werden<br />

kann, dass das Nachtbauverbot durch Abschirmungen des Wäldchens substituiert<br />

werden kann (siehe z.B. Unterlage 5, Teil 3, Nr. 2.406); eine wirksame Abschirmung<br />

gegen Lichteinfall ist praktisch ausgeschlossen.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 32 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Das Langohrenquartier im Alteichenbestand an <strong>der</strong> Einmündung Lindfeldweg/K38 wird<br />

ebenfalls bau- und betriebsbedingt geschädigt. Männchenquartiere des Großen<br />

Abendseglers werden im Bereich <strong>der</strong> Hofanlage Renninghoff und Göckenjan sowie in<br />

den Baumbeständen an <strong>der</strong> Kumper Vöhde geschädigt; die Angaben <strong>der</strong><br />

Fle<strong>der</strong>mauserfassung nähren den Verdacht, dass es sich im Bereich Renninghoff sogar<br />

um ein Wochenstubenquartier handeln könnte (siehe Unterlage 12, Anlage 2, Seite 5;<br />

an<strong>der</strong>s allerdings Seite 84). Beeinträchtigt werden überdies Quartiere <strong>der</strong><br />

Rauhautfle<strong>der</strong>maus und <strong>der</strong> Bartfle<strong>der</strong>maus (Planungsabschnitt Kumper Vöhde bis<br />

Lindfeldweg), vergleiche Unterlage 12, Anlage 2, Seite 80, 82). Ob es in sonstigen<br />

Bereichen des Trassenraumes zur Zerstörung o<strong>der</strong> Schädigung von Quartieren kommt,<br />

lässt sich abschließend nicht beurteilen, weil sich diese nur durch Telemetrie sicher<br />

auffinden lassen. Zumindest im Bereich <strong>der</strong> gehölzbestandenen ehemaligen<br />

Bahntrasse ist mit weiteren Quartieren zu rechnen.<br />

Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Kammmolchs und des Laubfrosches werden<br />

vornehmlich im Bereich des Strangbaches bereits durch den Bau <strong>der</strong> Autobahn,<br />

daneben aber auch durch Schadstoff- und Nährstoffeinträge geschädigt. Diese Einträge<br />

vollziehen sich zum Teil auf dem Wasserpfad über die Einleitestellen 11a, b, daneben<br />

aber auch auf dem Luftpfad. Das gilt namentlich für Stickstoffeinträge in dem bis 200 m<br />

reichenden Belastungsband. Vergleichbare Einwirkungen erleidet <strong>der</strong> Laubfrosch auch<br />

in seinen weiteren Vorkommensbereichen (vgl. hierzu Unterlage 12, Anlage 1b, Seite<br />

239).<br />

5.2 Ausweichmöglichkeit und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen<br />

Der gerade bei Fle<strong>der</strong>mäusen gelegentlich von gutachterlicher Seite gegebene Hinweis<br />

auf an<strong>der</strong>weitig nutzbare Ausweichquartiere (z.B. Abendsegler) schließt den Eintritt <strong>der</strong><br />

Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht aus, solange nicht <strong>der</strong> positive<br />

Nachweis <strong>der</strong> Existenz und Nutzbarkeit solcher Quartiere geführt wird. Der Umstand,<br />

dass ein Gutachter ohne nähere Untersuchung annimmt, dass die Tiere schon einen<br />

Ersatzwohnraum finden werden, genügt nicht, um von <strong>der</strong> Einschlägigkeit des § 44 Abs.<br />

5 S. 2 BNatSchG ausgehen zu können.<br />

Nicht zuletzt deshalb werden verschiedene vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen<br />

vorgesehen. Das Aufhängen geeigneter Fle<strong>der</strong>mauskästen für Zwergfle<strong>der</strong>mäuse mag<br />

noch akzeptabel sein, indessen leiden die für Vögel vorgesehenen Maßnahmen an<br />

erheblichen Mängeln, die einzelne Maßnahmen sogar als gänzlich untauglich<br />

erscheinen lassen.<br />

In erster Linie ist daran zu erinnern, dass die Ermittlung des Ausgleichsflächenbedarfs<br />

in doppelter Hinsicht zu beanstanden ist. Einerseits gingen in die Berechnung reine<br />

Störwirkungen ein, was zu einer Überschätzung des Flächenbedarfs führt, an<strong>der</strong>erseits<br />

wurden die Bestände <strong>der</strong> meisten Vogelarten deutlich unterschätzt, was zu einer<br />

Unterschätzung des Flächenbedarfs führt. Insoweit bedarf es in jedem Fall einer<br />

Neuberechnung, die aber erst vorgenommen werden kann, wenn die Mängel <strong>der</strong><br />

Erfassungen behoben sind.<br />

Zu den Maßnahmen ist im Einzelnen folgendes zu bemerken:


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 33 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Die für den Kiebitz vorgesehene Maßnahme VA 9 (ca. 10 ha) soll so bewirtschaftet<br />

werden, dass höhere und niedrigere Grasbestände sowie vegetationsfreie Flächen<br />

verfügbar sind. Letzteres ist fraglos ein wichtiges Element, setzt aber voraus, dass Teile<br />

<strong>der</strong> Fläche auch tatsächlich extensiv genutzt bzw. bearbeitet werden (z.B. nur<br />

extensiver Viehbesatz; Flächen müssen gelegentlich gegrubbert werden).<br />

Erfahrungsgemäß lässt sich das in <strong>der</strong> Praxis nicht bzw. nicht dauerhaft sicherstellen<br />

(siehe auch Punkt 7.2.4 dieser <strong>Stellungnahme</strong>).<br />

Die Maßnahme VA 8 fällt in die Kategorie „Wir basteln uns ein Biotop“. Auf 21,1 ha<br />

Fläche werden Maßnahmen für Offenlandarten (z.B. Feldlerche) vorgesehen, <strong>der</strong>en<br />

Funktionstauglichkeit aber dadurch wie<strong>der</strong> zunichte gemacht wird, dass zugleich<br />

Gehölzpflanzungen (z.B. Wildobst) und Pflanzungen von Dornensträuchern für<br />

Neuntöter sowie im Randbereich eine Heckenpflanzung vorgesehen wird. Gleichzeitig<br />

sollen auf <strong>der</strong> Fläche Amphibienlaichgewässer angelegt und für die Rohrweihe<br />

geeignete Habitatstrukturen geschaffen werden. Es darf daran erinnert werden, dass<br />

die Habitatansprüche <strong>der</strong> Arten, die von <strong>der</strong> Maßnahmefläche VA 8 profitieren sollen,<br />

unterschiedlich sind und im Zweifel keine <strong>der</strong> Arten profitiert, wenn für alle Arten<br />

(Kuckuck, Turteltaube, Rebhuhn, Braunkehlchen, Feldlerche, Nachtigall, Neuntöter,<br />

Wiesenpieper, Baumfalke, Rohrweihe, Wiesenweihe) „etwas dabei ist“. Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass die Fläche VA 8 im Einwirkungsbereich <strong>der</strong> Trasse liegt. Sie wird in<br />

weiten Teilen nachts bis zu 47 dB(A) beschallt, während tagsüber eine Lärmbelastung<br />

bis zu 55 dB(A) auf etwa <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> Fläche zu verzeichnen ist. Große Teile <strong>der</strong><br />

Maßnahmefläche liegen innerhalb <strong>der</strong> bis 500 m reichenden Effektdistanzen (z.B.<br />

Feldlerche). Als bemerkenswertes Detail ist bei <strong>der</strong> Maßnahmen VA 8 darauf<br />

hinzuweisen, dass es sich dabei um eine vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für den<br />

Kuckuck handelt (siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 149 f.). Durch Verlagerung <strong>der</strong><br />

Wirtsvögel soll für diese Art „in einem ersten Schritt“ eine funktionsgerechte<br />

Aufrechterhaltung des Reviers gewährleistet werden. Ob das überhaupt gelingen kann,<br />

ist mehr als fraglich. Insoweit ist <strong>der</strong> Hinweis angebracht, dass eine Maßnahme<br />

allenfalls dann den Anfor<strong>der</strong>ungen des § 44 Abs. 5 S. 3 BNatSchG genügt, wenn die<br />

Funktionserhaltung gesichert ist. Schließlich wäre es fraglos sinnvoll, wenn die<br />

Wegeflächen im Bereich <strong>der</strong> VA 8 aufgehoben würden, indessen erweist sich dies als<br />

„frommer Wunsch“, weil zumindest die eingeschlossene Ackerfläche über eine<br />

Zuwegung verfügen muss.<br />

Die Maßnahme VA 7 liegt im Wirkbereich <strong>der</strong> Trasse. Sie wird weitgehend von <strong>der</strong> 47<br />

dB(A)-Isophone überlagert und ihr westlicher Teil befindet sich in einem Abstand von<br />

zum Teil unter 500 m zur Trasse. Verkehrsbedingte Störungen sind daher<br />

vorprogrammiert und lassen Zweifel hinsichtlich <strong>der</strong> Eignung dieser Maßnahme<br />

aufkommen. Entgegen <strong>der</strong> Darstellung in <strong>der</strong> Unterlage handelt es sich im Übrigen nicht<br />

um Ackerland, son<strong>der</strong>n aktuell bereits um eine Grünlandfläche.<br />

Die Maßnahme VA 5 liegt etwa zur Hälfte innerhalb <strong>der</strong> Effektdistanz von 500 m und<br />

wird vollständig von <strong>der</strong> 47 dB(A)-Isophone überlagert. Auch hier sind verkehrsbedingte<br />

Störungen zu erwarten, die Zweifel an <strong>der</strong> Eignung <strong>der</strong> Maßnahme aufkommen lässt.<br />

Ob es <strong>der</strong> für den Schwarzspecht vorgesehenen Maßnahme VA 6 bedarf, lässt sich<br />

<strong>der</strong>zeit nicht beurteilen. Entgegen den Angaben des Artenschutzbeitrags ist zwar davon<br />

auszugehen, dass das Revier des Schwarzspechts eine Funktionsmin<strong>der</strong>ung im<br />

Umfang von 40% erleidet, dabei handelt es sich allerdings um eine Störung, die dem §<br />

44 Abs. 5 BNatSchG nicht unterfällt.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 34 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Baubedingt wird ein Teil des Feldgehölzes nordöstlich Hilbecks in Anspruch genommen<br />

(siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 154 ff.); sollte es dabei zur Zerstörung einer vom<br />

Schwarzspecht genutzten Fortpflanzungsstätte kommen (Höhlenbaum), trüge die<br />

Maßnahme VA 6 zwar zur Verbesserung <strong>der</strong> Revierqualität bei, än<strong>der</strong>te aber nichts an<br />

dem endgültigen Verlust <strong>der</strong> geschützten Lebensstätte.<br />

Die Maßnahme VA 4 liegt außerhalb des Wirkraums <strong>der</strong> Trasse. Die Maßnahme soll<br />

unter an<strong>der</strong>em dem Kiebitz als Ausweichraum dienen, ist hierzu aber nur begrenzt<br />

geeignet, weil Wildobstbäume und einzelne Strauchstrukturen auf <strong>der</strong> Fläche gepflanzt<br />

werden sollen. Als Offenlandart meidet <strong>der</strong> Kiebitz solche Strukturen. Das gilt in gleicher<br />

Weise für die Feldlerche, <strong>der</strong>en Ansiedlung dort aber ohnehin nur dazu dient, um die<br />

Attraktivität <strong>der</strong> Fläche als Nahrungsraum für die Wiesenweihe und Rohrweihe zu<br />

erhöhen. Die Aufhebung <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Wege ist nicht möglich, weil einzelne<br />

Landwirte an<strong>der</strong>nfalls den Zugang zu ihren Betriebsflächen verlören. Die daher<br />

bestehen bleibende Zerschneidung <strong>der</strong> Fläche min<strong>der</strong>t naturgemäß ihren ökologischen<br />

Wert.<br />

Die Maßnahme VA 3 liegt im Wirkraum <strong>der</strong> Trasse. Etwa die Hälfte <strong>der</strong> Fläche befindet<br />

sich in einem Abstand von 300 – 500 m zur A 445, wird daher <strong>der</strong>art stark verlärmt,<br />

dass eine Ansiedlung des Kiebitzes, des Rebhuhns und des Wiesenpiepers nicht<br />

ernstlich zu erwarten ist. Erschwerend kommt hinzu, dass sich direkt südlich <strong>der</strong> Fläche<br />

an <strong>der</strong> Kumper Vöde ein Geflügelmaststall mit 40.000 Hühnern befindet; die<br />

Genehmigung für einen weiteren Maststall für 40.000 Tiere ist bereits erteilt. Überdies<br />

befindet sich etwas weiter östlich ebenfalls ein Maststall mit 30.000 Hühnern. Der<br />

Betrieb dieser Anlagen zieht verkehrbedingte Störungen nach sich, die noch dadurch<br />

verstärkt werden, dass <strong>der</strong> landwirtschaftliche Verkehr (zum Landhandel an <strong>der</strong> B 63)<br />

künftig von <strong>der</strong> K 19 auf die Kumper Vöhde verlagert wird; verantwortlich zeichnet dafür,<br />

dass die Unterführung an <strong>der</strong> Kreisstraße K 19 mit 2,5 m lichter Höhe eine Durchfahrt<br />

mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen ausschließt. Wird die Kumper Vöhde mit<br />

erheblichen zusätzlichen Verkehren beaufschlagt, sind an diese Straße angrenzende<br />

Ausgleichsflächen einer Belastung ausgesetzt, die ihre Eignung als Ausweichfläche für<br />

störungssensible Vogelarten ausschließt. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem<br />

Zusammenhang, dass die betriebsbedingten Emissionen <strong>der</strong> Mastställe zu einer<br />

Eutrophierung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Fläche VA 3 geplanten Amphibienlaichgewässer führen wird.<br />

Das entspricht we<strong>der</strong> den Bedürfnissen des Laubfrosches noch wird sich <strong>der</strong><br />

Zwergtaucher dort ansiedeln, zumal auch diese Art verkehrsbedingte Störungen nicht<br />

schätzt.<br />

6. Sonstige unzureichend betrachtete Einwirkungen<br />

6.1 Stickstoffeinträge<br />

Zu den wesentlichen Problemen des Biotop- und Artenschutzes zählt in Deutschland<br />

<strong>der</strong> Stickstoffeintrag in die Landschaft, <strong>der</strong> bereits dem 6 bis 10fachen <strong>der</strong><br />

natürlicherweise erfolgenden Stickstoffeinträge entspricht. Die Stickstoffeinträge in<br />

Deutschland liegen im Freiland bei 7 bis 30 kg/ha/a und im Wald bei 8 bis 60 kg/ha/a.<br />

Nach den Angaben <strong>der</strong> Datenbank des Umweltbundesamtes, die sich allerdings noch<br />

auf dem Stand von 2004 befindet, besteht im Planungsraum <strong>der</strong> A 445 eine<br />

Vorbelastung, die im bundesweiten Vergleich bereits im oberen Drittel anzusiedeln ist.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 35 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Im Grünland werden Werte von 26 bzw. 27 kg/ha/a erreicht, im Laubwald beläuft sich<br />

<strong>der</strong> Vorbelastungswert auf 55 kg/ha/a, beim Mischwald liegen die Werte bei 56 kg/ha/a<br />

und Wasserflächen unterliegen einer Vorbelastung von 16 kg/ha/a.<br />

In diesem bereits unter einer hohen Vorbelastung leidenden Raum wird die A 445 zu<br />

einer maßgeblichen Verschlechterung <strong>der</strong> Situation führen. Innerhalb eines<br />

Belastungsbandes von 200 m beidseits <strong>der</strong> Autobahn ist bei einer Verkehrsmenge von<br />

40.000 Kfz/24 h und einem Schwerverkehrsanteil von 17% mit einer Zusatzbelastung<br />

von mehreren kg/ha/a zu rechnen. Das wirkt sich in hohem Maße nachteilig auf<br />

nährstoffsensible Lebensräume aus, wie sie namentlich im Bereich <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Bahntrasse anzutreffen sind („Trockenrasen“). Überdies sind hiervon die hochwertigen<br />

Grünland- und Grünlandbrachebereiche im Strangbachbereich betroffen.<br />

Erheblich beeinträchtigt werden durch Stickstoff- sowie Schadstoffeinträge die im<br />

Wirkbereich gelegenen und zum Teil sehr hochwertigen Gehölzbestände (siehe z.B.<br />

Unterlage 12.0 ab Seite 119, Konflikte K 5, K 6, K 7, K 11, K 14, K 20), die bereits heute<br />

unter einer hohen Stickstoffbelastung zu leiden haben. Hierdurch wird <strong>der</strong><br />

Nährstoffhaushalt gestört, die Vegetation verän<strong>der</strong>t sich, die Bäume werden geschädigt<br />

(„schwere Kronen, schwache Wurzeln“) und die Tier- und Pflanzenartengemeinschaft<br />

verarmt. Betroffen wären schließlich die Laichgewässer <strong>der</strong> Amphibien, die sich nach<br />

den Angaben des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags ohnehin stetig verschlechtern<br />

(siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 219). Zusätzliche verkehrsbedingte<br />

Stickstoffeinträge führen zu einer zunehmenden Eutrophierung <strong>der</strong> Gewässer, die<br />

irgendwann „umkippen“ und ihre Funktion als Laichgewässer nicht mehr erfüllen<br />

können. Das ist naturgemäß zugleich unter artenschutzrechtlichen Aspekten zu<br />

würdigen, zumal es keinen Unterschied macht, ob solche Gewässer verfüllt o<strong>der</strong> durch<br />

Stoffeinträge so stark geschädigt werden, dass sie ihrer Funktion nicht mehr gerecht<br />

werden können.<br />

6.2 Belastung <strong>der</strong> Gewässer<br />

Belastungen des Grundwassers sind vor allem im nördlichen Verlauf <strong>der</strong> A 445 zu<br />

erwarten, zumal die Autobahn im Bereich 0-163 bis etwa 1+000 im Einschnitt geführt<br />

wird. Während <strong>der</strong> Bauphase muss mit Schadstoffeinträgen ins Grundwasser gerechnet<br />

werden; erhebliche Beeinträchtigungen sind überdies während <strong>der</strong> Betriebsphase zu<br />

erwarten (Schadstoffe, Versalzung).<br />

Im Verlauf <strong>der</strong> A 445 werden verschiedene Oberflächengewässer (z.B. Katzenbach,<br />

Bewerbach, Kuhlbach, Strangbach) gequert (siehe z.B. Unterlage 12.0 ab Seite 130,<br />

Konflikte K 12, K 15, K 17). Selbst dort, wo die Querungsbauwerke aufgeweitet sind,<br />

werden erhebliche Gewässerstrecken überbaut und so weit verschattet, dass eine<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Vegetation nicht mehr o<strong>der</strong> nur noch in eingeschränktem Umfang<br />

möglich ist. Zugleich wird die Funktion <strong>der</strong> Gewässer als Wan<strong>der</strong>strecken für Tiere in<br />

Mitleidenschaft gezogen. Mögen einige Säugetiere die Durchlässe auch noch nutzen,<br />

hat doch an<strong>der</strong>es für Libellen zu gelten, die an den Fließgewässern vorkommen (UVS<br />

2002, Teil A, Seite 35 f.), die vorgesehenen Brücken aber nicht durchfliegen. Dasselbe<br />

gilt für Schmetterlinge und auch für die - im Übrigen nicht einmal untersuchten –<br />

Schneckenarten, für die sich Brückenbauwerke <strong>der</strong> geplanten Art als unüberwindliche<br />

Wan<strong>der</strong>hin<strong>der</strong>nisse darstellen.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 36 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Für solche Arten, die namentlich im Bereich des Strangbaches vorkommen, wird sich<br />

die A 445 als Ausbreitungshin<strong>der</strong>nis erweisen, das zur Verinselung <strong>der</strong> Vorkommen<br />

beiträgt.<br />

Bei den Oberflächengewässern kommt erschwerend hinzu, dass sie einer zusätzlichen<br />

Schadstoff- und Nährstoffbelastung (z.B. organische Verbindung, Schwermetalle, Salz;<br />

eingehend zu den Belastungsfaktoren siehe Unterlage 12, Anlage 1b, Seite 133 f.)<br />

ausgesetzt sein werden. Auf <strong>der</strong> Straße anfallende Schadstoffe werden mit dem<br />

anfallenden Oberflächenwasser abgeschwemmt und an den vorgesehenen<br />

Einleitestellen in den Rhynerschen Bach/Flutgraben (RRB 1), den Katzenbach<br />

(Einleitestelle 5a, 5b), den Kuhlbach (Einleitestelle 6), den Echeltenbach (Einleitestelle<br />

7, RRB 2), einen zum Bewerbach führenden Vorfluter (Einleitestelle 8), einen zum<br />

Salzbach führenden Vorfluter (Einleitestelle 9) und den Strangbach (Einleitestelle 10,<br />

RRB 3) abgeführt. Mit welchen Belastungen auf welchen Gewässerstrecken zu rechnen<br />

ist, lässt sich schwer abschätzen, indessen ist zu erwarten, dass sich die standörtlichen<br />

Eigenschaften unter dem Einfluss <strong>der</strong> eingebrachten Schad- und Nährstoffe<br />

grundlegend verän<strong>der</strong>n. Eine Verarmung des Tier- und Pflanzenarteninventars ist die<br />

zwangsläufige Folge.<br />

6.3 Beeinträchtigung des Bodens<br />

Die Trasse befindet sich in einem Raum mit guten Bodenqualitäten. Dies drückt sich in<br />

einer Bonitierung <strong>der</strong> Böden mit bis zu 80 Bodenpunkten aus. Der sich mit dem Bau <strong>der</strong><br />

A 445 verbindende Verlust <strong>der</strong>art ertragsstarker Böden sowie die im Trassenbereich zu<br />

erwartenden Belastungen durch Schadstoffeinträge wirken daher beson<strong>der</strong>s schwer. Es<br />

kommt hinzu, dass die während <strong>der</strong> Bauphase in Anspruch genommenen Bauflächen<br />

nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeiten wegen <strong>der</strong> Lagerung von Baumaterialien und dem Einsatz<br />

schwerer Baugeräte <strong>der</strong>art verdichtet sein werden, dass die betroffenen Bereiche die<br />

natürlichen Funktionen des Bodens voraussichtlich nie mehr vollen Umfangs werden<br />

erfüllen können. Das gilt vor allem dort, wo Gleyeböden betroffen sind, <strong>der</strong>en<br />

Verdichtung kaum zu beheben ist; auf diesen Flächen wird sich Staunässe dauerhaft<br />

einstellen.<br />

Durch den Bau <strong>der</strong> Autobahn werden östlich vom Kump voraussichtlich<br />

Altablagerungen angeschnitten, über <strong>der</strong>en genaue Zusammensetzung nichts bekannt<br />

ist. Eine Ablagerung befindet sich nördlich <strong>der</strong> Kumper Vöhde (südöstlich Rauxloh),<br />

während sich <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Ablagerungsort östlich <strong>der</strong> B 63 zwischen Kumper Vöhde und<br />

<strong>der</strong> Kreisstraße K 19 befindet. Es ist zu befürchten, dass dort womöglich im Boden<br />

gelagerte Schadstoffe im Zuge des Autobahnbaus mobilisiert werden und zu<br />

weitergehen<strong>der</strong> Verschmutzung des Bodens und des Grundwassers führen.<br />

6.4 Beeinträchtigung von Kultur- und Sachgütern<br />

Den Aspekten des Schutzes von Kultur- und Sachgütern wird in den Planunterlagen zur<br />

A 445 nicht die gebührende Beachtung geschenkt.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 37 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Es darf daran erinnert werden, dass unter den Aspekten des Denkmalschutzes nicht<br />

bloß direkte Einwirkungen, son<strong>der</strong>n auch Verän<strong>der</strong>ungen im räumlichen Umfeld<br />

bedeutsam sind, wenn sie das Erscheinungsbild eines Denkmals und seine visuelle<br />

Wahrnehmbarkeit in Mitleidenschaft ziehen.<br />

Da die A 445 auf weiter Strecke in Dammlage bis 2,5 m Höhe geführt und im Übrigen<br />

mit Landschaftswällen und in Teilbereichen mit Wänden in einer Gesamthöhe von 4 m<br />

versehen wird, wird sie künftig in dem von ihr betroffenen Bereich eine optische<br />

Dominanz erlangen, denen sich Denkmäler im Umfeld unterordnen. Die Verlärmung<br />

des Raumes, die sich mit dem Straßenverkehr verbindet, trägt gleichfalls zur<br />

Verän<strong>der</strong>ung des Umfeldes <strong>der</strong> Denkmäler bei. Dieser Aspekt ist in Ansehung <strong>der</strong> A<br />

445 vor allem deshalb von Belang, weil sich im Umfeld <strong>der</strong> Trasse zahlreiche<br />

Baudenkmäler befinden, die in ihrem <strong>der</strong>zeitigen Erscheinungsbild in Mitleidenschaft<br />

gezogen werden. Hinzuweisen ist auf folgende Objekte, die in den Denkmallisten <strong>der</strong><br />

Städte Hamm und Werl verzeichnet sind:<br />

Tabelle 2 Schutzwürdige Objekte (Denkmallisten)<br />

Inv-Nr.<br />

Stadt Hamm<br />

Lage des Denkmals Objekt<br />

403 An <strong>der</strong> Bewer ehemalige Wassermühle, 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

341 Gobel-von Drechen-Straße Hofanlage, 1 Hälfte 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

402 Hellweg Wassertürme, 1920er Jahre<br />

353- Kumper Landstraße Gut Schulze-Kump, um 1800<br />

357<br />

364-<br />

367<br />

Kumper Landstraße<br />

Stadt Werl<br />

Hof 1850<br />

42 Allener Straße 8 Haus Hilbeck<br />

168 Allener Straße Totengedenkstätte<br />

201 Lindfeldweg 2 Hofanlage Lindfeldweg<br />

Werler Landstraße Ehemalige Ziegelei Kump, 1903<br />

6.5 Landschaftsbild<br />

Das visuell und sinnlich wahrnehmbare Gefüge <strong>der</strong> Landschaft wird vor allem östlich<br />

und nordöstlich Hilbecks, zugleich aber auch im weiteren Verlauf <strong>der</strong> Trasse <strong>der</strong> A 445<br />

massiv geschädigt. Die geführte Autobahn zerteilt den gesamten Landschaftsraum, <strong>der</strong><br />

durch die Offenheit und Weite seiner ackerbaulich genutzten Flächen, eingestreute<br />

Feldgehölze und verschiedene Fließgewässer sowie oftmals eingegrünte o<strong>der</strong> mit<br />

Streuobstbeständen umgebene Einzelgehöfte geprägt wird.<br />

Auf den Betrachter wirkt die beinahe durchgängig auf einem bis zu 2,5 m hohen Damm<br />

geführte Autobahn, die in einzelnen Bereich zusätzlich mit Landschaftswällen (2 m) und<br />

aufstehenden Fle<strong>der</strong>mausschutzwänden (2 m) versehen werden soll, wie eine<br />

Trennwand. Zieht man überdies die mit dem Betrieb <strong>der</strong> Autobahn einhergehende<br />

Verlärmung in Betracht, darf durchaus von einer großräumigen Verschandelung <strong>der</strong><br />

Landschaft gesprochen werden.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 38 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

6.6 Trennwirkung<br />

Auch wenn dies bereits verschiedentlich angesprochen wurde, sei doch nochmals<br />

ausdrücklich erwähnt, dass die A 445 mit ihrer Trennwirkung einen maßgeblichen<br />

Beitrag zur Verinselung <strong>der</strong> Landschaft erbringt. Es darf daran erinnert werden, dass<br />

relativ große und gering belastete Gebiete in <strong>der</strong> in Rede stehenden Art in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland immer seltener werden. Im artenschutzrechtlichen<br />

Fachbeitrag wird zutreffend darauf hingewiesen, dass „ … insbeson<strong>der</strong>e Arten mit<br />

Ansprüchen an weitläufiges Offenland und/o<strong>der</strong> störungsempfindliche Arten mit engen<br />

Standortansprüchen … <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Verinselung (unterliegen), da das Dargebot an den für<br />

sie wichtigen Habitatstrukturen immer seltener wird …“ (siehe Unterlage 12, Anlage 1b,<br />

Seite 130).<br />

Die A 445 verschärft das Problem, indem sie den Landschaftsraum mit einem<br />

„Sperrriegel“ versieht, <strong>der</strong> für zahlreiche Tierarten nicht überwindbar ist. Die ergriffenen<br />

Maßnahmen (Amphibiendurchlässe, nur eine Grünbrücke, Durchlässe für Gewässer)<br />

richten dagegen nichts aus, zumal diese Vorrichtungen von zahlreichen Arten nicht<br />

genutzt werden können. Während Amphibien in den bis zu 50 m langen Durchlässen<br />

vertrocknen, werden sie von Dachsen allenfalls ausnahmsweise und vom Rehwild<br />

überhaupt nicht genutzt. Für Hühnervögel (Rebhuhn, Wachtel) ist die Autobahn eine<br />

nahezu unüberwindliche Barriere. Reptilien, Schmetterlinge und Libellen werden<br />

gleichfalls keinen Weg finden, um die Autobahn lebend zu überwinden. Beson<strong>der</strong>s<br />

augenfällig ist die Verinselung in dem Raum zwischen <strong>der</strong> B 63 und <strong>der</strong> A 445 östlich<br />

Hilbecks. Amphibien, die in diesem Bereich verbleiben, haben dauerhaft keine<br />

Überlebenschance, weil <strong>der</strong> hierzu erfor<strong>der</strong>liche genetische Austausch nicht mehr<br />

möglich ist.<br />

7. Eingriffswirkungen auf Arten, Vermeidung und Kompensation<br />

(1) Auch wenn die allein nach nationalem Recht geschützten Tier- und Pflanzenarten<br />

durch die Bestimmungen des beson<strong>der</strong>en Artenschutzrechts nicht mehr vor<br />

eingriffsbedingter Ingerenz geschützt werden, bedeutet dies nicht, dass ihnen keinerlei<br />

Aufmerksamkeit zu widmen wäre. Stattdessen muss ihr Schutz durch die Mechanismen<br />

des Fachplanungsrechts (Abwägungsgebot) und die naturschutzrechtliche<br />

Eingriffsregelung gewährleistet werden. Das setzt in erster Linie eine sorgfältige<br />

Erfassung <strong>der</strong> betroffenen Arten voraus, die ausweislich <strong>der</strong> Unterlagen <strong>der</strong> A 445 bis<br />

heute nicht geleistet wurden.<br />

Die Gruppe <strong>der</strong> Schmetterlinge und Libellen wurde nicht betrachtet, obwohl die Arten<br />

ausweislich <strong>der</strong> – allerdings veralteten – UVS 2002 im Plangebiet vorkommen (z.B. im<br />

Strangbachbereich). Die Arten werden vor allem unter <strong>der</strong> Trennwirkung durch die A<br />

445 leiden. Daneben spielen Lebensraumverluste und Verschlechterungen geeigneter<br />

Habitatflächen durch Schadstoffeinträge (Luft- und Wasserpfad) und Nährstoffeinträge<br />

eine Rolle. Überdies ist damit zu rechnen, dass Individuen beim Überfliegen <strong>der</strong> Trasse<br />

getötet werden.<br />

Eine Untersuchung <strong>der</strong> Reptilien steht bis heute aus. Auf das mögliche Vorkommen <strong>der</strong><br />

Zauneidechse im Bereich <strong>der</strong> ehemaligen Bahntrasse wurde bereits hingewiesen.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 39 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Es ist bekannt, dass diese Trasse von Waldeidechsen und Blindschleichen besiedelt ist.<br />

Während <strong>der</strong> Bauphase werden fraglos Individuen getötet. Schädigungen des<br />

Lebensraums durch bauliche Maßnahmen und durch Auswirkungen des Verkehrs<br />

(Einträge von Schadstoffen und Nährstoffen) führen zu einer Verschlechterung <strong>der</strong> für<br />

Reptilien bedeutsamen Trockenrasenbereiche.<br />

Die Vegetation hat jenseits <strong>der</strong> Biotoptypenkartierung wenig Aufmerksamkeit erfahren.<br />

Das ist vor allem deshalb nicht akzeptabel, weil aus dem Untersuchungsraum<br />

Vorkommen gefährdeter Pflanzenarten bekannt sind. Im Strangbachbereich wurden bei<br />

einer einmaligen Begehung am 14.07.2009 rund ein Dutzend typische Arten des<br />

Feuchtgrünlandes festgestellt.<br />

Tabelle 3: Hinweise zur Vegetation im Bereich des Strangbaches<br />

Carex otrubae Falsche Fuchssegge<br />

Filipendula ulmaria Mädesüß<br />

Juncus inflexus Blaugrüne Binse<br />

Eurpatarium cannabinum Wasserdost<br />

Iris pseudacorus Schwertlilie<br />

Nasturtium officinale Brunnenkresse<br />

Geranium pratense Wiesen-Storchschnabel<br />

Myosotis scorpioides Sumpf-Vergissmeinicht<br />

Cirsium palustre Sumpfkratzdistel<br />

Vicia tetrasperma Viersamige Wicke<br />

Circaea lutetiana Hexenkraut<br />

Stachys palustris Sumpf-Ziest<br />

Lycopus europaeus Wolfstrapp<br />

Menta aquatica Wasser-Minze<br />

Lysimachia Gewöhnlicher Gilbwei<strong>der</strong>ich<br />

Lythrum salicaria Blutwei<strong>der</strong>ich<br />

In einer Brachfläche nördlich des Strangbaches findet sich ein großer Bestand <strong>der</strong> in<br />

Nordrhein-Westfalen gefährdeten Verwechselten Trespe (Bromus commutatus). Im<br />

Gebiet des Bebauungsplans Nr. 03.079 wurde im August 2008 an einer leerstehenden<br />

Hofstelle im nördlichen Trassenbereich ein Vorkommen <strong>der</strong> Breitblättrigen Stendelwurz<br />

(Epipactis helleborine) festgestellt.<br />

Da sich am ehemaligen Bahndamm Trockenrasengesellschaften finden, ist auch dort<br />

mit dem Vorkommen von Pflanzenarten zu rechnen, die gefährdet sind und unter den<br />

baulichen Maßnahmen und/o<strong>der</strong> verkehrsbedingten Einträgen von Schadstoffen und<br />

Nährstoffen zu leiden haben werden.<br />

(2) Unter dem Aspekt des Vermeidungsgebotes ist zunächst zu bedenken, dass <strong>der</strong><br />

ursprünglich für hinreichend erachtete RQ 26 (nach RAS-Q) aus Anlass einer schlichten<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungsvorschrift zu einer Verbreiterung <strong>der</strong> A 445 um 2 m auf RQ<br />

28 (nach RAA) geführt hat. Da hiermit eine zusätzliche und offenbar zur Erreichung <strong>der</strong><br />

Planungsziele nicht erfor<strong>der</strong>liche Flächeninanspruchnahme verbunden ist, bestehen<br />

erkennbar Min<strong>der</strong>ungspotenziale, die es aus Gründen des § 15 Abs. 1 BNatSchG<br />

auszuschöpfen gilt.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 40 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Die in einzelnen Trassenabschnitten geplanten Landschaftswälle nehmen ebenfalls<br />

Fläche in Anspruch, ohne dass es dessen zur Verwirklichung des Vorhabens bedarf.<br />

Soweit erkennbar besteht ihre Funktion nur darin, Gewähr dafür zu bieten, dass die mit<br />

2 m Höhe bemessenen Fle<strong>der</strong>mausschutzwände insgesamt eine Höhe von 4 m<br />

erreichen. Dafür bedarf es keines flächenverbrauchenden Walles. Stattdessen können<br />

die Schutzwände von vornherein in einer Höhe von 4 m errichtet werden.<br />

Bekanntermaßen verunglücken nicht flugfähige Säugetiere (Igel, verschiedene<br />

Mäusearten, Mar<strong>der</strong>artige, Feldhasen, Rehe) häufig an stark befahrenen Straßen, was<br />

sogar zu anhaltenden Bestandsrückgängen führen kann. Diese Artengruppe fand<br />

erkennbar keine Beachtung. Im Trassenraum sind aber nach Kenntnissen ansässiger<br />

Jäger und des ehrenamtlichen Naturschutzes namentlich folgende Arten nachgewiesen:<br />

Hermelin, Mauswiesel, Igel, Dachs, Feldhase, Wildkaninchen und Rehe. Durch eine<br />

Autobahn und <strong>der</strong>en Verkehr wird es unter diesen Tierarten zu erheblichen Verlusten<br />

kommen, denen durch Vermeidungsmaßnahmen bislang nur unzulänglich begegnet<br />

wird. Wildschutzzäune sind bei diesen Arten ungeeignet.<br />

8. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung - Unzulässige Anwendung ELES<br />

Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§§ 13 ff Bundesnaturschutzgesetz) wird in<br />

<strong>der</strong> Unterlage 12.0 (LBP) zur Planfeststellung des Neubaus <strong>der</strong> A 445 zwischen <strong>der</strong><br />

Anschlussstelle Werl-Nord und <strong>der</strong> Anbindung an die A 2 bei Hamm-Rhynern auf<br />

Grundlage des so genannten „ELES-Erlasses“ 9 - abgearbeitet.<br />

Im Folgenden werden die naturschutzfachlichen und naturschutzrechtlichen<br />

Konsequenzen <strong>der</strong> ELES-Anwendung aufgezeigt, die im Ergebnis zu einem nicht<br />

vollständigen Ausgleich und Ersatz <strong>der</strong> beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts<br />

und des Landschaftsbildes führen. Der LBP zum Weiterbau <strong>der</strong> A 445 erfüllt damit nicht<br />

die Anfor<strong>der</strong>ungen des Allgemeinen Grundsatzes zur Eingriffsregelung in § 13<br />

Bundesnaturschutzgesetz, <strong>der</strong> zwingend eine Vollkompensation <strong>der</strong> Beeinträchtigungen<br />

von Natur und Landschaft verlangt. Der LBP weist darüber hinaus weitere rechtlichfachliche<br />

Mängel auf, wie fehlerhafte Bewertungen <strong>der</strong> Biotopwertigkeiten von Eingriffs-<br />

und Ausgleichsflächen und unzureichende Maßnahmen zur Vermeidung von Eingriffen.<br />

Die <strong>Naturschutzverbände</strong> for<strong>der</strong>n aufgrund dieser Mängel eine Überarbeitung des LBP<br />

zur A 445 (siehe auch Punkt 9 dieser <strong>Stellungnahme</strong>). Dabei sollte das<br />

Planfeststellungsverfahren solange ausgesetzt werden, bis das Land <strong>NRW</strong> die<br />

angekündigte Überarbeitung des ELES-Erlasses 10 vorgenommen hat, um dann auf<br />

hoffentlich mit dem Bundesnaturschutzgesetz vereinbaren methodisch-rechtlichen<br />

Vorgaben eine Bewertung <strong>der</strong> Eingriffe und eine Ermittlung des<br />

Kompensationsumfangs vornehmen zu können.<br />

9 „Einführungserlass zum Landschaftsgesetz für Eingriffe durch Straßenbauvorhaben (ELES) in <strong>der</strong> Baulast des<br />

Bundes o<strong>der</strong> des Landes <strong>NRW</strong>“ gem. Run<strong>der</strong>lass des Ministeriums für Bauen und Verkehr (MBV) und des<br />

Ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) des Landes <strong>NRW</strong> vom<br />

6.3.2009“<br />

10 ELES – Eine Zwischenbilanz, Tagungsbericht zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei<br />

Straßenbauvorhaben in <strong>NRW</strong>, in: Natur in <strong>NRW</strong> Nr. 4/2010, LANUV 2010; Seite 43


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 41 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

8.1 Rechtlich begründete Unzulässigkeit ELES<br />

Der Erlass ELES ist in einer ganzen Reihe von Punkten mit dem<br />

Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009, das zum 1.3.2010 in Kraft getreten ist,<br />

unvereinbar:<br />

(1) Für die Eingriffsregelung schreibt <strong>der</strong> abweichungsfeste Allgemeine Grundsatz im §<br />

13 BNatSchG die Vollkompensation von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft<br />

vor. Dieses bedeutet, dass bei Eingriffen durch die Kompensationsmaßnahmen <strong>der</strong><br />

eingriffsbedingte Wertverlust des Naturhaushalts o<strong>der</strong> des Landschaftsbilds vollständig<br />

zu kompensieren ist. Da aber die Bundeslän<strong>der</strong> von den abweichungsfesten<br />

Grundsätzen und damit in <strong>der</strong> Eingriffsregelung von <strong>der</strong> Vollkompensation nicht<br />

abweichen dürfen, sind sowohl <strong>der</strong> ELES-Erlass als auch die zugrunde liegenden<br />

Vorschriften des LG <strong>NRW</strong> 2010 mit <strong>der</strong> bundesrechtliche Verpflichtung zur<br />

Vollkompensation nicht zu vereinbaren.<br />

Auch einige <strong>der</strong> weggefallenen <strong>NRW</strong>-Son<strong>der</strong>regelungen wurden durch die LG <strong>NRW</strong><br />

Novelle 2010 am 31.3.2010 in modifizierter Form als Abweichungsgesetz wie<strong>der</strong><br />

eingeführt. Diese verstoßen jedoch gegen das Gebot <strong>der</strong> Vollkompensation und des<br />

strikten Vorrangs von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor Ersatzgeldzahlungen:<br />

(2) Der Erlass ELES dient <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung des LG <strong>NRW</strong> vom<br />

6.7.2007 eingeführten Neuerungen unter an<strong>der</strong>em hinsichtlich <strong>der</strong> Begrenzung <strong>der</strong><br />

Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen für Ausgleichs- und<br />

Ersatzmaßnahmen, die in <strong>der</strong> Regel nicht größer als die direkte<br />

Flächeninanspruchnahme durch den Eingriff sein sollen (s. ELES, Einleitung). Die<br />

Vorschriften im LG <strong>NRW</strong> zur Beschränkung <strong>der</strong> Kompensationsfläche („1:1-Ausgleich“)<br />

soll dabei selbst bei Eingriffen auf ökologisch höherwertigen Flächen (§ 4a Abs. 3 S. 4<br />

LG <strong>NRW</strong>) angewendet werden. Diese Regelungen des LG 2007 sind mit Inkrafttreten<br />

des BNatSchG 2010 am 1.3.2010 zunächst außer Kraft getreten. Das neue BNatSchG<br />

sieht dagegen zu Gunsten <strong>der</strong> Landwirtschaft nur eine allgemeine Berücksichtigungspflicht<br />

vor (§ 15 Abs. 3 BNatSchG).<br />

(3) Nach § 4a Abs. 1 S. 3 LG <strong>NRW</strong> (Stand 2010) soll die Flächeninanspruchnahme von<br />

landwirtschaftlich genutzten Flächen im Rahmen <strong>der</strong> Gesamtkompensation auch bei<br />

Eingriffen auf ökologisch höherwertigen Flächen „möglichst nicht größer“ als die<br />

Eingriffsfläche sein. § 4a Abs. 1 S. 3 LG <strong>NRW</strong> gestattet damit einen Verzicht auf<br />

Vollkompensation zur Schonung landwirtschaftlicher Nutzflächen. Dies ist unvereinbar<br />

mit dem durch § 13 BNatSchG 2010 umrissenen allgemeinen Grundsatz des<br />

Naturschutzes zur Eingriffsregelung, <strong>der</strong> von einer unbedingten Pflicht zu<br />

Vollkompensation erheblicher Beeinträchtigungen ausgeht.<br />

An <strong>der</strong> Unvereinbarkeit mit § 13 BNatSchG än<strong>der</strong>t sich nichts durch die Formulierung<br />

als „Soll-Vorschrift“: Ist ein Abweichungsgesetz als Soll-Vorschrift gestaltet, dann<br />

müssen sowohl die Regel als auch die Ausnahme verfassungskonform sein.<br />

(4) Der ELES-Erlass dient auch <strong>der</strong> Umsetzung des § 5 LG Abs. 1 Satz LG <strong>NRW</strong>.<br />

Danach kann für einen über die Eingriffsfläche hinausgehenden Teil Ersatz in Geld<br />

geleistet werden.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 42 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Auch wenn aus den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen sich nicht ergibt, dass<br />

<strong>der</strong>zeit eine Anwendung dieser Regelung des § 5 LG Abs. 1 Satz LG <strong>NRW</strong> beabsichtigt<br />

ist, kann im weiteren Verlauf des Verfahrens und <strong>der</strong> Umsetzung des LBP eine<br />

Anwendung dieser Regelung nicht ausgeschlossen werden, z.B. dann, wenn nicht alle<br />

im LBP geplanten Kompensationsmaßnahmen umsetzbar sind, weil die Flächen von<br />

den Grundeigentümern nicht zur Verfügung gestellt werden. Nach Informationen <strong>der</strong><br />

<strong>Naturschutzverbände</strong> stehen nicht alle Maßnahmeflächen zur Verfügung und es ist<br />

auch absehbar damit nicht zu rechnen.<br />

(5) Nach dem ELES-Erlass soll die Ersatz-Regelung angewendet werden, „soweit im<br />

Kompensationsraum Kompensationsmaßnahmen nicht möglich sind o<strong>der</strong> eine<br />

Vollkompensation <strong>der</strong> Eingriffsfolgen durch eine Sachregelung nicht erzielbar ist“ (siehe<br />

ELES Ziffer 2.3). Sollten also Ausgleichs- o<strong>der</strong> Ersatzmaßnahmenflächen des<br />

vorgelegten LBP nicht verfügbar sein, könnte die Ersatzgeldregelung des § 5 Abs. 1<br />

Satz 1 LG <strong>NRW</strong> zum Tragen kommen. Diese vom ELES-Erlass eröffnete Option für<br />

Ersatz in Geld für den über die Eingriffsfläche hinausgehenden Teil ist rechtlich NICHT<br />

zulässig. Denn wenn zur Schonung landwirtschaftlich genutzter Flächen auf mögliche<br />

Ausgleichs- o<strong>der</strong> Ersatzmaßnahmen verzichtet und eine Ersatzgeldzahlung eröffnet<br />

wird, wird die bundesrechtlich vorgegebene „Prüfkaskade“ <strong>der</strong> Eingriffsregelung<br />

umgangen.<br />

(6) Die Methode ELES eröffnet auch die Möglichkeit zur Begrenzung <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />

Kompensationsmaßnahmen (siehe Nr. 4.2.1 ELES). Danach ist bei einer Umsetzung<br />

von Maßnahmen durch Verträge die Dauerhaftigkeit gesichert sein, wenn vertraglich<br />

eine Laufzeit von 30 Jahren vereinbart ist. Diese Regelung ist recht unzulässig, da die<br />

Kompensation genau so lange wirken muss wie <strong>der</strong> Eingriff. Mögliche Vertragliche<br />

Regelungen zur Umsetzung <strong>der</strong> Kompensationsmaßnahmen für den Neubau und den<br />

Betrieb <strong>der</strong> A 445 zwischen <strong>der</strong> Anschlussstelle Werl-Nord und <strong>der</strong> Anbindung an die A<br />

2 bei Hamm-Rhynern werden deshalb von den <strong>Naturschutzverbände</strong>n strikt abgelehnt.<br />

8.2 Fachlich begründete Unzulässigkeit ELES<br />

Durch folgende Vorgaben des ELES-Erlasses zur Erfassung und Bewertung des<br />

Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes sowie zur Ermittlung des<br />

Kompensationsbedarfs kommt es zu erheblichen Mängeln:<br />

Grundlegende pauschalierte Regelfallbetrachtung mit reduziertem<br />

Einwirkungsbereich von vormals bis zu 250 m 11 auf pauschal 50 m und<br />

Reduzierung des Beeinträchtigungsfaktors auf 25 % in diesem Bereich: Die<br />

Eingriffs-/Kompensationsbewertung erfolgt in standardisierter Form. Der<br />

Einzelfall wird gem. ELES nur dann betrachtet, wenn bestimmte Funktionen<br />

aufgrund ihrer beson<strong>der</strong>en Bedeutung und Empfindlichkeit o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ausprägung<br />

des Vorhabens über den Regelfall hinaus erheblich beeinträchtigt werden<br />

können.<br />

11 Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bei Bundesfern- und Landesstraßen gemäß Bundesnaturschutzgesetz<br />

und Landschaftsgesetz NW - Eingriffsregelung Straße (ERegStra), Gem. RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und<br />

Mittelstand, Technologie und Verkehr - 611 - 13-16 (17) (1.1.2003: MVEL) u. d. Ministeriums für Umwelt,<br />

Raumordnung und Landwirtschaft - III B 4 - 605.01.03.01/03 (1.1.2003: MUNLV) v. 25.2.1999


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 43 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Auch direkte o<strong>der</strong> indirekte Projektwirkungen (siehe ELES Punkt 3.2.3) können<br />

aufgrund <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en räumlichen Situation unterdurchschnittlich zum Tragen<br />

kommen.<br />

Im LBP zur A 445 wird dem entsprechend nur ein 50-m-Auswirkungsband<br />

betrachtet. Nicht berücksichtigt sind hierbei die darüber hinaus gehenden<br />

Wirkungen in empfindliche Biotope wir Tieflandbäche (siehe Konflikt K 7) o<strong>der</strong><br />

Feucht- und Nassgrünlandbereiche (siehe Konflikt K 21) die außerhalb <strong>der</strong> 50-m-<br />

Zone liegen o<strong>der</strong> darüber hinaus reichen (Einzelfallbetrachtung gem. ELES).<br />

Zudem ergibt sich das Problem, dass Eingriffe durch Schadstoffeinträge in<br />

empfindliche Biotope o<strong>der</strong> vorgeschädigte Biotope (z.B. Eichenlaubwald, Feucht-<br />

und Nassgrünland) die außerhalb <strong>der</strong> 50m-Zone liegen weiter geschädigt<br />

werden, aber nicht als Eingriff gewertet und daher auch nicht kompensiert<br />

werden (insbeson<strong>der</strong>e beachtlich unter Konflikt K 20 – Verlust und<br />

Beeinträchtigung Eichenlaubwald).<br />

Anwendung <strong>der</strong> „Numerischen Bewertung von Biotoptypen für die<br />

Eingriffsregelung in <strong>NRW</strong>“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und<br />

12<br />

Verbraucherschutz (LANUV) : durch die hierdurch entfallende<br />

Berücksichtigung von Zeitfaktoren für altere nicht „ausgleichbare“ Biotoptypen. In<br />

<strong>der</strong> Eingriffsbewertung zum Neubau und Betrieb <strong>der</strong> A 445 führt dieses zu einer<br />

zu geringer Bewertung von Waldbereichen und einem Kompensationsdefizit für<br />

die Biotoptypen <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong>; insbeson<strong>der</strong>e von alten Laubwaldbereichen (Konflikt<br />

K 20) sowie von ökologisch hochwertigen Gehölzbeständen (Konflikte K 5, K 6, K<br />

11); dieses Defizit steht in einem engen kumulativen Zusammenhang mit dem<br />

Ersatz des Additivitätsgrundsatzes (siehe nachfolgende Einzelkritik).<br />

Ersatz des Additivgrundsatzes bei erheblicher Beeinträchtigung<br />

beson<strong>der</strong>er Wert- und Funktionselemente durch das Prinzip <strong>der</strong><br />

Multifunktionalität von Kompensationsmaßnahmen im Regelfall: in <strong>der</strong><br />

konkreten Anwendung führt dieses zu einem Kompensationsdefizit, denn es wird<br />

hier ausschließlich <strong>der</strong> pauschalierte Regelfall angewendet, obwohl hier<br />

hochwertige Biotope mit beson<strong>der</strong>er Wert- und Funktionsvielfalt mit Wertpunkten<br />

zwischen 6 und 9, z.B. Eichenlaubwald (Konflikt K 20), Gehölzbestände<br />

(Konflikte K 5, K 6, K Baumbestände (Konflikt K 7), Tieflandbäche (Konflikt 7)<br />

sowie Feucht- und Nassgrünland (Konflikt K 21).<br />

Verzicht auf eine rechnerische Herleitung des Kompensationsbedarfs für<br />

erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie auf Verzicht<br />

auf ein zusätzliches Kompensationserfor<strong>der</strong>nis im Regelfall: für die neu zu<br />

bauende A 445 bis nach Hamm-Rhynern führt dieses zu einer unzureichenden<br />

Kompensation <strong>der</strong> Eingriffe in das Landschaftsbild. Dieses gilt um so mehr, da<br />

<strong>der</strong> überwiegende Teil <strong>der</strong> A 445 in Dammlage bis 2,50 m Höhe geführt wird und<br />

weit einsehbar sein wird.<br />

Pauschalierte Bonusberechnung bei Maßnahmen auf entsiegelten Flächen<br />

und Maßnahmen im Rahmen von Fließgewässerrenaturierungen:<br />

12 Numerische Bewertung von Biotoptypen für die Eingriffsregelung in <strong>NRW</strong>; LANUV, Recklinghausen 09/2008


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 44 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Im LBP zum Neubau <strong>der</strong> A 445 werden hierzu generell Rückbauten von Straßen-<br />

und Wegeabschnitten sowie die entsprechenden Rekultivierungen in Ansatz<br />

gebracht (ca. 2,28 ha) – allerdings spielt auch hier die reduzierte 50-m-<br />

Einwirkungszone eine entscheidende Rolle bei <strong>der</strong> Ermittlung des<br />

Kompensationserfor<strong>der</strong>nisses, wobei es sich bei einem großen Teil <strong>der</strong><br />

betroffenen Böden immerhin um Gleye handelt, die vom zuständigen<br />

Geologischen Dienst aufgrund Ihrer Funktionen im Naturhaushalt als<br />

schutzwürdig bewertet wurden (Wert- und Funktionselement mit beson<strong>der</strong>er<br />

Bedeutung gem. ELES). Eine entsprechend angemessene Kompensation als<br />

Einzelfallbetrachtung (und über die 50m-Zone hinausgehend) erfolgt im LBP zur<br />

A 445 jedoch nicht (siehe Konflikt KBo1, Unterlage 12.0, Seite 144).<br />

In <strong>der</strong> Eingriffsbewertung des Landschaftspflegerischen Begleitplans zur A 445 führt<br />

dieses zu einer unzureichenden Berücksichtigung <strong>der</strong> Beeinträchtigungen des<br />

Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes. Diese durch die Methodik des Erlasses<br />

ELES bedingten erheblichen Defizite bei Ausgleich und Ersatz werden im Folgenden<br />

noch näher ausgeführt.<br />

8.2.1 Unzureichende Maßnahmen zur Vermeidung und Min<strong>der</strong>ung<br />

Nach <strong>der</strong> Eingriffsregelung <strong>NRW</strong> ist für die geringstmögliche Beeinträchtigung <strong>der</strong><br />

Schutzgüter Sorge zu tragen, d.h. es ist die ökologisch günstigste Planungsvariante zu<br />

realisieren, sofern ihr keine unüberwindbaren Hin<strong>der</strong>nisse entgegenstehen. Aufgrund<br />

<strong>der</strong> durch die A 445 betroffenen hochwertigen Biotoptypen (alte Baumbestände,<br />

Hecken, Feldgehölze und Waldbereiche, Grünland in teilweise feuchter bis nasser und<br />

magerer Ausprägung, Brachen, Säume, Quellbereiche, Fließ- und Stillgewässer) zu<br />

nennen (siehe Unterlage 12.0, ab Seite 119, Konflikte K 5, K 6, K 7, K 11, K 17, K 20, K<br />

22). Darüber hinaus kommt es zur Beeinträchtigung beson<strong>der</strong>s bedeutsamer<br />

faunistischer Funktionsräume durch die bau- und anlagebedingte Inanspruchnahme<br />

und Zerschneidung sowie durch betriebsbedingte Immissionen, vor allem Lärm- und<br />

Licht-Immissionen (siehe Unterlage 12, Anlage 1a). Für die hierbei festgestellte<br />

Beeinträchtigung von artenschutzrechtlich beson<strong>der</strong>s geschützten Arten muss dem<br />

Vermeidungsgebot in beson<strong>der</strong>em Maße Rechnung getragen werden. Dieses ist in <strong>der</strong><br />

beantragten Planfeststellung nicht im erfor<strong>der</strong>lichen Umfang erfolgt.<br />

8.2.2 Defizite Eingriffsermittlung und Kompensationserfor<strong>der</strong>nis<br />

Durch ELES wurde die <strong>der</strong> Eingriffsbewertung zugrunde zulegende Belastungszone auf<br />

50 m zurückgenommen. Der Beeinträchtigungsfaktor wird pauschal auf 25 %<br />

festgesetzt, zuvor wurden im bislang geltenden ERegStra 13 differenzierte Faktoren je<br />

nach Entfernung und Verkehrsstärken angewandt. Nach Ziffer 3.2.3.2 des ELES soll<br />

durch diese pauschalierte Belastungszone alle Projektwirkungen erfasst sein. Dazu<br />

gehört auch die allgemeine Störung <strong>der</strong> Fauna durch visuelle und akustische Störreize;<br />

insbeson<strong>der</strong>e für die Artengruppen Amphibien, Fle<strong>der</strong>mäuse und Vögel.<br />

13 siehe Fußnote 11


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 45 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Beson<strong>der</strong>s deutlich zeigen sich die Auswirkungen bei Brutvögeln: Nach <strong>der</strong> „Arbeitshilfe<br />

Vögel und Straßenverkehr“ gibt es eine Vielzahl an Arten sowohl des<br />

Offenlandes/Halboffenlandes als auch <strong>der</strong> Feldgehölze/Wäl<strong>der</strong>, für die bei einem<br />

Straßenbauvorhaben in Zonen bis 200 m und teilweise auch darüber hinaus erhebliche<br />

Beeinträchtigungen festzustellen sind. Die Auswirkungen auf die Fauna durch die neue<br />

A 445 mit einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von über 40.000 Kfz/24h<br />

bestehen durch erhebliche Beeinträchtigungen von Lebensraumfunktionen dieser<br />

Vogel-Arten.<br />

Im LBP wird darauf hingewiesen, dass die Belastungszone bis zu 700 m reicht, da hier<br />

auch offene, bislang nicht o<strong>der</strong> nur wenig vorbelastete Flächen tangiert werden mit<br />

entsprechendem Vorkommen von Arten mit hohen Fluchtdistanzen (siehe Unterlage<br />

12.0, Seite 114).<br />

Es wird also deutlich, dass Beeinträchtigungen <strong>der</strong> Lebensraumfunktion sowohl von<br />

Biotopen im Offenland, aber die Beeinträchtigung von an<strong>der</strong>en naturhaushaltlichen<br />

Funktionen deutlich über die von ELES zugrunde gelegte Wirkzone von 50 m<br />

hinausgehen, z.B. durch Stickstoffeinträge mindestens bis 200 m (siehe auch Punkt 5.1<br />

dieser <strong>Stellungnahme</strong>).<br />

Die Begrenzung <strong>der</strong> Wirkzonen von bis zu 250 m 14 auf pauschal 50 m in <strong>der</strong><br />

Eingriffsbewertung nach ELES ist naturschutzfachlich jedenfalls nicht begründet. So<br />

kommt es auch bei <strong>der</strong> hier vorgelegten Beurteilung <strong>der</strong> Auswirkungen des Weiterbaues<br />

<strong>der</strong> A 445 auf eine lediglich 50 m breite Wirkzone zu einer unzureichenden<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> Beeinträchtigungen <strong>der</strong> Lebensraumfunktionen durch die ELES-<br />

Vorgaben und damit letztlich zu einer unvollständigen Kompensation <strong>der</strong><br />

Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft. Immerhin liegen auch Fliessgewässer,<br />

wie <strong>der</strong> Bewerbach und das dort entsprechend abgegrenzte NSG „Oberer Bewerbach“<br />

(Nr. N 26 Landschaftsplan Hamm-Süd) innerhalb <strong>der</strong> 250m-Zone!<br />

8.2.3 Nicht-Berücksichtigung von Zeitfaktoren<br />

Die Methodik nach ELES führt zur Bewertung das „Numerische Biotopwertverfahren“<br />

des LANUV ein. Danach entfallen Zeitfaktoren, die in an<strong>der</strong>en Bewertungsverfahren -<br />

wie auch <strong>der</strong> Methodik „Eingriff - Ausgleich“ nach ERegStra - dazu dienen, die zeitliche<br />

Wie<strong>der</strong>herstellbarkeit <strong>der</strong> nicht ausgleichbaren Biotoptypen in <strong>der</strong> Ableitung des<br />

Kompensationsbedarfes zu berücksichtigen.<br />

Die Berücksichtigung des Kriteriums <strong>der</strong> zeitlichen Wie<strong>der</strong>herstellbarkeit ist Bestandteil<br />

anerkannter Methoden zur Eingriffbewertung, um das so genannte time-lag im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Bilanzierung zu berücksichtigen. Dieses erfolgte nach <strong>der</strong> bisherigen Methode<br />

„Eingriff-Ausgleich“ im Straßenbau durch gestaffelte Zeitfaktoren je nach<br />

Entwicklungszeit, nach an<strong>der</strong>en Methoden durch einen beson<strong>der</strong>s hohen<br />

Bewertungsanteil 15 .<br />

14 siehe Fußnote 11<br />

15 ADAM, NOHL, VALENTIN 1986, Bewertungsgrundlagen für Kompensationsmaßnahmen bei Eingriffen in die<br />

Landschaft


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 46 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Auch bei vereinfachten Bewertungsmethoden für kleinere Eingriffe wird bei einem<br />

Eingriff in ältere Biotope ein pauschal höherer Ausgleichsbedarf festgesetzt, wie<br />

Vorgaben von unteren Landschaftsbehörden zum Ausgleich bei Bauvorhaben belegen<br />

(Kompensationsverhältnis von 1:1 bei Eingriffen in sehr jungen Gehölzbestände, bei<br />

älteren und somit ökologisch wertvolleren Gehölzen wird ein Mehrfaches <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong><br />

beseitigten Gehölze gefor<strong>der</strong>t 16 ).<br />

Es ist unstrittig, dass eingriffsbedingten Beeinträchtigungen von Funktionen, <strong>der</strong>en<br />

Entwicklungsdauer mehr als 25 bis 30 Jahre beträgt, zu einer Erhöhung des<br />

Maßnahmenumfangs führen 17 .<br />

Das Bewertungsverfahren des LANUV berücksichtigt den Zeitfaktor nur unzureichend,<br />

indem die Ersetzbarkeit/Wie<strong>der</strong>herstellbarkeit ein Kriterium unter mehreren zur<br />

Festlegung <strong>der</strong> Biotopwertzahl ist. Dieses ist nicht ausreichend. Im LANUV-<br />

Biotopwertverfahren sind Biotoptypen mit langen Entwicklungszeiten (> 100 Jahre) und<br />

beson<strong>der</strong>en Standortfaktoren markiert. Sofern <strong>der</strong>en Inanspruchnahme nicht<br />

vermieden werden kann, und eine funktional gleichartige Wie<strong>der</strong>herstellung außerhalb<br />

von landwirtschaftlichen Flächen nicht möglich ist (z. B. Umbau von Waldbeständen in<br />

einen naturnäheren Zustand), ergibt sich ein zusätzlicher Kompensationsbedarf, <strong>der</strong><br />

detailliert zu begründen ist.<br />

Daran mangelt es hier im LBP zur A 445; ein zusätzlicher Kompensationsbedarf wird<br />

erst gar nicht begründet, son<strong>der</strong>n es werden nur Ersatzmaßnahmen geplant. Diese<br />

stehen dann auch noch teilweise ohne funktionalen Zusammenhang (siehe<br />

insbeson<strong>der</strong>e Konflikt K 20 bzw. Maßnahme E3VA4 (Unterlage 12.0 Seite 140 und<br />

Seite 186). Zudem fehlen entsprechende Zeitfaktoren zur Berücksichtigung <strong>der</strong> hohen<br />

ökologischen Wertigkeit bzw. des timelag, bis die Kompensationsmaßnahmen die volle<br />

Funktionsfähigkeit erlangt haben.<br />

Diese mangelhafte Berücksichtigung alter bzw. ökologisch hochwertiger Biotoptypen in<br />

<strong>der</strong> Bewertungsmethode nach ELES ist bei <strong>der</strong> Planung <strong>der</strong> A 445 ein Grund für<br />

unzureichende Kompensationsmaßnahmen für die Eingriffe in hochwertige<br />

Baumbestände (Unterlage 12, Seite 121, Konflikt K 7), eines Laubwaldbestandes (siehe<br />

Unterlage 12, Seite 138 Konflikt K 20), ökologisch hochwertiger Gehölzbestände<br />

(Unterlage 12, Seite 120, Konflikt K 6; Seite 127 Konflikt K 11), sowie hochwertiger<br />

Tieflandbäche (Unterlage 12, Seite 135 Konflikt K 17).<br />

8.2.4 Kompensationsdefizit durch mangelhafte Kompensationsmaßnahmen<br />

(1) Durch den geplanten Neubau <strong>der</strong> A 445 werden ökologisch hochwertige Baum- und<br />

Gehölzbestände durch Versiegelung, Böschungen und Baustreifen sowie durch<br />

Beeinträchtigungen im Bereich <strong>der</strong> Belastungszone bis 50 m in Anspruch genommen;<br />

gehen also zum größten Teil verloren.<br />

16 Vgl. zum Beispiel „Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung“, Kreis Gütersloh<br />

www.kreisguetersloh.de/medien/bindata/Eingriff_Text.pdf<br />

17 Vgl. "Grundsatzpapier zur Eingriffsregelung nach den §§ 18-21 BNatSchG" <strong>der</strong> LANA-AG Eingriffsregelung 2000,<br />

S.23: "Insbeson<strong>der</strong>e bei einer langfristigen Entwicklungsdauer <strong>der</strong> Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen aber auch<br />

bei Zeiträumen von weniger als 25 Jahren kann es erfor<strong>der</strong>lich sein, den auftretenden Zeitverzug (time lag) durch<br />

eine Erhöhung des Maßnahmenumfangs abzugelten."


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 47 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Ein Ausgleich ist nicht möglich (siehe Unterlage 12, ab Seite 120). Darüber hinaus wird<br />

in hochwertiges Feucht- und Nassgrünland eingegriffen und ökologisch hochwertige<br />

Fliessgewässer werden überbaut:<br />

Konflikt K 5: hochwertige Gehölzbestände - AB, 100, ta1-2, m / BD3, 100, ta3-5 /<br />

BB0, 100; 6 Punkte)<br />

Konflikt K 6: hochwertige Gehölzbestände - AB, 100, ta1-2, g / BD3, 100, ta-1-2 /<br />

BE, 100, ta1-2 / AM, 100, ta1-2, m; 7 Punkte<br />

Konflikt K 7: hochwertige Bäume - BF1, 90, ta1-2; 7 Punkte<br />

Konflikt K 11 : hochwertige Gehölzbestände - AB, 100, ta, m / BA,100, ta, g /<br />

BD3, 100, ta1-2 / BE, 100, ta; 8 Punkte<br />

Konflikt K 20: sehr hochwertiger Eichenwaldbestand - AB, 100, ta, g; 9 Punkte<br />

Konflikt K 21: hoch wertvolles Feucht- und Nassgrünland – EE3, veg3 / EC,<br />

veg2; 7 Punkte<br />

Konflikt K 17: hochwertige Tieflandbäche - FM, wf3; 8 Punkte<br />

(2) Ob z.B. die geplante Kompensationsmaßnahme A5VA9 für die unter <strong>der</strong> Nr. K 21<br />

identifizierten und beschriebenen Eingriffe in Feucht- und Nassgründlandflächen<br />

innerhalb des - mit 50 m allerdings deutlich zu eng abgegrenzten -<br />

Einwirkungsbereiches (siehe Kritik an <strong>der</strong> ELES-Anwendung unter Punkt 8.2)<br />

tatsächlich funktionieren werden, muss hinterfragt werden. Bekanntlich ist es äußerst<br />

schwierig die entsprechenden Voraussetzungen auf den heutigen intensivst genutzten<br />

Ackerflächen (HA0, aci) zur Wie<strong>der</strong>vernässung zu schaffen, in dem Drainage entfernt<br />

werden (siehe Unterlage 12, Seite 139, Konflikt K 21; hier insbeson<strong>der</strong>e Beschreibung<br />

Maßnahme A5VA9) und sich das Feucht- bzw Nassgrünland entsprechend <strong>der</strong><br />

Eingriffsflächen entwickelt hat.<br />

(3) Im LBP fehlt auch jegliche Auseinan<strong>der</strong>setzung zu den offensichtlich fehlenden<br />

Ausgleichs- o<strong>der</strong> Ersatzmaßnahme für die Eingriffe an den hochwertigen<br />

Fliessgewässern Bewerbach und Strangbach (Konflikt K 19, Unterlage 12.0, Seite 137).<br />

(4) Kritisch zu hinterfragen sind auch die Aussagen im LBP zur notwendigen<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Funktionen älterer Waldbestände (Eichenlaubwald, siehe Konflikt<br />

K 20, Unterlage 12.0, Seite 138). Insbeson<strong>der</strong>e ist nicht nachzuvollziehen, warum keine<br />

Neubegründung von Laubwald erfolgen kann, son<strong>der</strong>n stattdessen eine<br />

Ersatzmaßnahme geplant ist. Die dem Konflikt K 20 zugeordnete Maßnahmen E3VA4<br />

= Entwicklung Grünland mit Brachestreifen, Anlage von Wildobstbäumen und/o<strong>der</strong><br />

bodenständigen Laubbäumen sowie einzelnen Strauchstrukturen (siehe<br />

Maßnahmeblatt Unterlage 12.0 Seite 186) ist völlig ungeeignet den Konflikt K 20 mit<br />

dem Eingriff in einen mit 9 (!) ökologischen Wertpunkten bilanzierten Eichenlaubwald zu<br />

kompensieren. Die Maßnahme ist auch als Ersatzmaßnahme ungeeignet, da auch<br />

Ersatzmaßnahmen im funktionalen Zusammenhang stehen sollen 18 19 20 .<br />

18 Ergänzende Hinweise zur Planung und Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (§§ 4 und 5 LG NW)<br />

bei Bundesfern- und Landesstraßen, Gem. RdErL. d. MSV – III A 1 – 13 – 16 (16) u. d. MURL – III B 4 – 1.05.01 v.<br />

13.2.1992 (MBl. NW. 1992 S. 460)<br />

19 Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und <strong>der</strong> Landschaftspflege beim Bundesfernstraßenbau (HNL-<br />

S 99), Ausgabe 1999, ARS Nr. 9/1999, BMVBW – S 13/14.87.02-01/5 Va 99<br />

20 siehe Fußnote 11


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 48 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Die Begründung eines neuen standortgerechten Laubwalds mit Arten <strong>der</strong> heutigen<br />

potentiell natürlichen Vegetation ist auch deshalb sinnvoll, da es sich bei dem<br />

betroffenen Landschaftsraum um einen intensivst ackerbaulich genutzten und<br />

geprägten Raum handelt, mit einen relativ geringen Waldanteil.<br />

Das Kompensationsdefizit ist durch eine Überarbeitung <strong>der</strong> Bilanzierung und<br />

zusätzliche Maßnahmen zu beheben, da hier nur Maßnahmen zur Entwicklung von<br />

Offenland-Biotopen geplant sind. Ein Faktor zur Berücksichtigung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />

ökologischen Qualität des betroffenen Eichenlaubwaldbestandes ist einzubeziehen<br />

(z.B. gem. Methode ERegStra 21 ).<br />

Kritisch zu hinterfragen sind darüber hinaus auch die Einschätzungen im LBP zu den<br />

Eingriffen in ökologisch hochwertiges Gründland:<br />

Konflikt K 21: hochwertiges Feucht- und Nass-(Grünland)-brachen (EE3, veg3 /<br />

EC, veg2; 7 Punkte<br />

Konflikt K 22: hochwertige brachgefallene artenreiche Wiesen (EE1, xd1, veg2 /<br />

EE3, veg3; 6 Punkte)<br />

Diese Eingriffe durch Überbauung und Beeinträchtigung im (völlig unzureichenden) 50m-Streifen<br />

sollen nach Aussage im LBP (siehe Unterlage 12.0, Seite 139, 140)<br />

kompensierbar sein, soweit gleiche o<strong>der</strong> ähnliche Bodenverhältnisse vorliegen.<br />

Der Nachweis, dass diese Verhältnisse vorliegen, wird nicht erbracht. Unabhängig von<br />

<strong>der</strong> Frage, ob hier tatsächlich geeignete Bodenverhältnisse für solche hochwertigen<br />

Feucht- und Nassgründland, wie sie im Falle des Konfliktes K 21 verloren gehen o<strong>der</strong><br />

erheblich beeinträchtigt werden, vorliegen, können bekanntlich auf jahrzehntelang<br />

intensivst genutzten Ackerflächen mittelfristig keine so wertvollen Grünlandflächen<br />

entwickelt werden, wie sie vernichtet o<strong>der</strong> erheblich beeinträchtigt werden.<br />

Versuche haben gezeigt, dass es nur schwer gelingt naturschutzrelevantes Extensiv-<br />

Grünland auf Standorten zu etablieren, die zuvor langjährig als Acker genutzt wurden.<br />

Dabei kam es nicht zu <strong>der</strong> erhofften floristischen Artenvielfalt. Standardisierte<br />

Futtermischungen, wie sie im Handel preisgünstig erhältlich sind, eigneten sich nicht für<br />

die anschließende Extensivnutzung. Zu geringe Schnitthäufigkeit unter Null-Düngung<br />

begünstigte für lange Zeit sehr labile Pflanzengemeinschaften mit geringer<br />

Bestandesdichte. Diese waren anfällig für das Einwan<strong>der</strong>n von Nicht-Grünlandpflanzen,<br />

u.a. von Gehölzen. Noch lebensfähige Rhizome <strong>der</strong> Acker-Kratzdistel im Boden<br />

brachten es mit sich, dass sich diese Pflanze geradezu explosionsartig vermehren<br />

konnte, was eine anschließende Verwendung <strong>der</strong> Aufwüchse als Viehfutter ausschloss.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e lückige Grasnarben führten stets zu Verkrautung. Nur durch häufigeres<br />

Nutzen des Bestandes (intensiv und nicht mehr extensiv!) – zumindest in den ersten<br />

drei Jahren – erhöhte die Narbendichte. Beson<strong>der</strong>s Futtergräser benötigten eine<br />

häufige Nutzung, um überhaupt konkurrenzfähig zu bleiben. Fazit: An die Planung und<br />

Entwicklung solche Extensivierungsflächen sind hohe Anfor<strong>der</strong>ungen zu stellen. Es<br />

kommt insbeson<strong>der</strong>e darauf an, auf die Standortverhältnisse abgestellte<br />

Artenkombinationen <strong>der</strong> Ansaatmischung sowie die Nutzung bzw. Nutzungsintensität<br />

an.<br />

21 Siehe Fußnote 11


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 49 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Soll sofort eine artenreiche Wiese entstehen, sind spezielle kräuterreiche Mischungen<br />

erfor<strong>der</strong>lich, die aber das 10- bis 15-Fache <strong>der</strong> üblichen Ansaatmischungen kosten! 22 .<br />

Soll eine Wiese aus einem langjährigen Acker entwickelt werden, in dessen<br />

Nachbarschaft sich keine <strong>der</strong> angestrebten Wiesengesellschaften befindet, ist ein<br />

Entwicklungspflegezeitraum von 20 Jahren erfor<strong>der</strong>lich. 23<br />

Im Fall <strong>der</strong> dem Konflikt K 22 zugeordneten Maßnahme A5VA9 sind noch nicht einmal<br />

die Standortverhältnisse eindeutig geklärt; so ist u.a. unklar, ob Drainagen vorhanden<br />

sind und ob diese beseitigt werden können. Zudem ist zu klären, ob die<br />

Grundeigentümer mit einer solchen Extensivierung einverstanden sind; es sei denn es<br />

ist beabsichtigt zu enteignen, was aber bekanntlich nur bei Vorliegen bestimmter<br />

strenger Vorgaben möglich ist.<br />

Insgesamt muss die Extensivierung von bislang als Acker intensvist genutzten Flächen<br />

kritisch gesehen werden; dieses betrifft vor das Kompensationserfordenis für<br />

hochwertige und anspruchsvolle Biotoptypen wie Feucht- und Nassgründland.<br />

Die im LBP ab Seite 115 (siehe Unterlage 12.0) dargestellte ausgeglichene Bilanz ist<br />

schon allein aufgrund <strong>der</strong> zuvor gerügten Defizite und Fehler bei <strong>der</strong> Eingriffsbewertung<br />

nicht gegeben. Das Kompensationsdefizit erhöht sich weiter erhöhen da einige <strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Tabelle ab Seite 115 <strong>der</strong> Unterlage 12.0 aufgelisteten Maßnahmen den dort<br />

bilanzierten Kompensationsumfang aus den in dieser <strong>Stellungnahme</strong> genannten<br />

Gründen nicht o<strong>der</strong> nur teilweise erreichen.<br />

8.2.5 Fehlende Kompensationsmaßnahmen<br />

8.2.5.1 Fehlende Kompensation Landschaftsbild / Erholung<br />

Die Eingriffe in das Landschaftsbild durch die Trasse <strong>der</strong> A 445 zwischen <strong>der</strong><br />

Anschlussstelle Werl-Nord und <strong>der</strong> Anbindung an die A 2 bei Hamm-Rhynern und die<br />

Eingriffe durch die weitrechende Verlärmung von Erholungsbereichen sind nicht<br />

kompensierbar. Die erheblich beeinträchtigende Wirkung <strong>der</strong> Trasse <strong>der</strong> A 445 in fast<br />

ausschließlicher Dammlage bis 2,50 m Höhe auf die Erholungsfunktion, das<br />

Landschaftsbild und das natürliche Umfeld müssen aber in den Ausgleichs- und<br />

Ersatzmaßnahmen berücksichtigt werden. Die Ausführung <strong>der</strong> A 445 in Dammlage ist<br />

als zusätzliche Belastung des Landschaftsbildes zu werten mit <strong>der</strong> Folge zusätzlich<br />

notwendiger Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen.<br />

Die Eingriffe und Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes bzw. <strong>der</strong><br />

Erholungseignung (auch Wohnumfeld) werden im LBP gem. ELES-Methode<br />

multifunktional kompensiert durch Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen.<br />

22 BRIEMLE, G. 2000: Erfahrungen mit verschiedenen Ansaatmischungen für das Extensiv-Grünland. - in:<br />

Ministerium Ländlicher Raum (Hrsg.): Forschungsreport VII über die Agrarforschuchung in Baden-Württemberg,<br />

S. 19-20, Selbstverlag Schwäbisch Gmünd.<br />

23 Dauer <strong>der</strong> Fertigstellungs- und Entwicklungspflege von Ausgleichsmaßnahmen - Gegenüberstellung <strong>der</strong><br />

Mustersatzung und des Vorschlages des Arbeitskreises Landschaftsplanung und Grünordnung; GALK – Ständige<br />

Konferenz <strong>der</strong> Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag Arbeitskreis Landschaftsplanung; geän<strong>der</strong>ter<br />

Vorschlag gemäß den Anregungen aus <strong>der</strong> Umfrage Frühjahr 2003 und <strong>der</strong> Beratung im Umweltausschuss des DST im Mai<br />

2003


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 50 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Von einer Wie<strong>der</strong>herstellung des Landschaftsbildes kann jedoch nicht für den<br />

Neubauabschnitt <strong>der</strong> A 445 die Rede sein, da hier das Landschaftsbild nachhaltig<br />

durch die auf einem ca. 2,50 m hohen Damm geführte A 445 gestört ist. Die unter<br />

Vorgabe des ELES-Erlasses lediglich multifunktional bewerteten, vorgesehenen<br />

Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen können daher nicht als vollwertiger Ersatz für die<br />

Eingriffe angesehen werden (siehe z. B. Maßnahmen S3, G2, G3, G4, G5). Zudem ist<br />

ein “Ausgleich” für die Landschaftsbildbeeinträchtigung ausschließlich auf<br />

Straßenbegleitflächen funktional nicht ausreichend; außerdem wurden hier nach außen<br />

unwirksame Gestaltungsmaßnahmen (Innenböschungen, Bankette, Mittelstreifen) mit<br />

einbezogen (siehe z.B. Maßnahmen G2, G3).<br />

8.2.5.2 Fehlende Kompensation Klima<br />

Entsprechend den in dieser <strong>Stellungnahme</strong> vorgebrachten Argumenten zum Schutzgut<br />

Klima/Luft wird die Kompensation für Klimabeeinträchtigungen gefor<strong>der</strong>t. Für die hier<br />

genannten, bislang nicht kompensierten Eingriffe in die Klimatischen Schutzfunktionen<br />

sind entsprechende zusätzliche Kompensationsmaßnahmen vorzunehmen. Dieses<br />

betrifft insbeson<strong>der</strong>e die Bereiche im Raum Hamm-Rhynern. Hier werden Ortsteile<br />

durch die Zuführung von Kraftfahrzeugen über die neue A 445 stärker belastet als<br />

bislang.<br />

8.2.5.3 Fehlende Kompensation Verlärmung<br />

Die gem. 16. VO zum BImSchG 24 durchgeführte Schalltechnische Untersuchung<br />

(Unterlage 11.0) hat ergeben, dass an <strong>der</strong> A 2, entlang <strong>der</strong> neuen Trasse <strong>der</strong> A 445<br />

sowie im Bereich <strong>der</strong> B 63 zu Grenzwertüberschreitungen sowohl <strong>der</strong> zulässigen<br />

Immissions-Tag- als auch <strong>der</strong> -Nachtwerte kommt (siehe Unterlage 11.0, Seite 6 ff).<br />

Um diese Grenzwertüberschreitungen auf die zulässigen Werte zu reduzieren, ist als<br />

aktive Lärmschutzmaßnahme nur im Bereich <strong>der</strong> A 445 die Errichtung einer<br />

Lärmschutzwand in einer Länge von 970 m und in einer Höhe von bis zu 4,5 m<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Gleichwohl wird aber keine Lärmschutzwand geplant, son<strong>der</strong>n es sollen<br />

aus Kostengründen (siehe Unterlagen 11.0, Seite 8) Lärmschutzwände als passive<br />

Lärmschutzmaßnahme realisiert werden. Dieses wird von den <strong>Naturschutzverbände</strong>n<br />

abgelehnt, denn aktive Lärmschutzmassnahmen können die Lärmbelastung auch<br />

reduzieren, wenn die Fenster geöffnet sind. Schallschutzfenster wirken nur, wenn Sie<br />

geschlossen sind!<br />

Gefor<strong>der</strong>t wird zudem die Verlängerung des an <strong>der</strong> A 2 (Nordseite) bei Hamm-<br />

Rhynern vorhandenen Lärmschutzwalls nach Westen. Die dann immer noch<br />

vorhandene Lücke im Bereich <strong>der</strong> Brücke über die B 63 - zwischen bestehen<strong>der</strong><br />

Lärmschutzwand östlich <strong>der</strong> Werler Straße und dem zu verlängernden Lärmschutzwall<br />

- ist mit einer Lärmschutzwand zu schließen, um die Wohnbevölkerung in Hamm-<br />

Rhynern vor den zunehmenden Lärmbelastungen in Folge <strong>der</strong> Anbindung <strong>der</strong> A 445<br />

an die A 2 zu schützen.<br />

24 16. BImSchV v.12.6.1990 (BGBl. 1990 S. 1036)


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 51 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

8.2.5.4 Fehlende Kompensation Eingriffe Oberflächengewässer<br />

Laut LBP (Unterlage 12.0, Seite 135) werden mit <strong>der</strong> Überbauung von Bewerbach<br />

und Strangbach ökologisch hochwertige bislang nur wenig vorbelastete<br />

Tieflandbäche überbaut und beeinträchtigt (Konflikt K 17). Die hierfür notwendig<br />

werdenden Kompensationsmaßnahmen (funktional und räumlich dem Eingriffsort<br />

zugeordnet) können angeblich nicht umgesetzt werden; we<strong>der</strong> räumlich noch<br />

funktional. Dafür ist als Ersatzmaßnahme ein Teilbereich <strong>der</strong> Maßnahme E1VA1<br />

zugeordnet; wobei die Zuordnung dieser Teilfläche zum Konflikt 17 nicht eindeutig<br />

ist im Text und im entsprechenden Plan 12.2, Blatt 1 abgegrenzt ist. Es ist <strong>der</strong><br />

Nachweis zu erbringen, dass keine adäquaten Maßnahmen an Fliessgewässern<br />

Bewerbach und Strangbach möglich sind. Sicherlich wird die zuständige Untere<br />

Wasserbehörde Vorschläge unterbreiten können.<br />

8.2.6 Ökologisch unsinnige Kompensation im Einwirkungsbereich <strong>der</strong> Trasse<br />

Die Mehrzahl <strong>der</strong> Kompensationsmaßnahmen sind entlang <strong>der</strong> Trasse im unmittelbaren<br />

Einwirkungsbereich des Kfz-Verkehrs vorgesehen. Die kompensatorischen<br />

Maßnahmen VA 3, VA 4, VA 5, VA 7 und VA8 liegen zumindest teilweise im<br />

Einwirkungsbereich <strong>der</strong> A 445 (siehe auch Punkt 5.2 dieser <strong>Stellungnahme</strong>). Die<br />

Bereiche sind dem entsprechend verlärmt bzw. durch Schadstoffeinträge vorbelastet.<br />

Schadstoffe können in den Boden und das Grundwasser bzw. die<br />

Oberflächengewässer gelangen. Zukünftig werden noch zusätzliche Belastungen durch<br />

den Betrieb <strong>der</strong> A 445 einwirken. Neben <strong>der</strong> Tatsache, dass die gepflanzten Gehölze<br />

Jahre brauchen, bis sie heranwachsen und eine angemessene Wertigkeit erlangen<br />

haben, bestehen für die Fauna eingeschränkte Lebensbedingungen. Dieses betrifft im<br />

Übrigen auch die zur Kompensation von Eingriffen in das Schutzgut Boden<br />

vorgesehenen kompensatorischen „ … Bodenverbesserungsmaßnahmen von ca. 1,42<br />

ha im Bereich <strong>der</strong> vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme am Kuhlbach … „ (siehe<br />

Unterlagen 12.0 Seite 213). Hier ist allerdings unklar, welche Maßnahme damit gemeint<br />

ist und welche Konflikte dieser Maßnahme zugeordnet sind.<br />

8.2.7 Fertigstellungszeitpunkt <strong>der</strong> Kompensationsmaßnahmen fehlt<br />

Der zeitliche Ablauf <strong>der</strong> unterschiedlichen Bauvorbereitungs- und Bauorte und<br />

Baustraßen sowie <strong>der</strong> Bauphasen ist in den Planfeststellungsunterlagen nicht<br />

angegeben und muss nachgereicht werden. Auch fehlen Vorgaben zu den<br />

Umsetzungsfristen für die Fertigstellung <strong>der</strong> Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen sowie<br />

insbeson<strong>der</strong>e die Funktionsfähigkeit <strong>der</strong> artenschutzrechtlich begründeten Maßnahmen.<br />

Die Kompensationsmaßnahme sind soweit es sich um artenschutzrechtlich<br />

erfor<strong>der</strong>liche vorgezogene kompensatorische Maßnahmen handelt (sog. „CEF-<br />

Maßnahmen“), bereits vor Beginn <strong>der</strong> eigentlichen Bauarbeiten fertig zu stellen, um<br />

neuen Lebensraum zu schaffen, um eine Umsiedlung zu ermöglichen, z. B. für die<br />

Amphibien und die Avifauna, siehe z.B. Kuckuck, Maßnahme VKu zugeordnet VA8;<br />

Schleiereule, Maßnahme V1Se und V2Se = vorgezogene Ausgleichsmaßnahme<br />

Pentling / Pieper-Schulte Pentling; Schwarzspecht, Maßnahme VSsp, zugeordnet<br />

VA6; Steinkauz, Maßnahme SStk und VStk zugeordnet VA2; Turteltaube, Maßnahme<br />

V1Tut, V2Tut zugeordnet VA4 und VA5 sowie V3Tut zugeordnet VA8.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 52 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Nur mit erheblichem Aufwand werden auch die insgesamt 7 neuen Fortpflanzungs-<br />

und Ruhestätten (3 ha) für den Kiebitz im Bereich nördlich des Kuhlbaches (V1+2Ki)<br />

(in VA1), am Bewerbach (V3Ki) (in VA3), an <strong>der</strong> Bahnlinie östlich <strong>der</strong> K 38 (V4+5Ki)<br />

(in VA4) sowie östlich von Pröbsting (V6+7Ki) (in VA9). (siehe Unterlage 12, Anlage<br />

1b, Seite 146 ff) zu verwirklichen sein. Auf jeden Fall ist hier bei allen diesen<br />

Maßnahmen ein Monitoring vor und während des Baues <strong>der</strong> A 445 und zeitlich<br />

darüber hinaus erfor<strong>der</strong>lich, um den Nachweis <strong>der</strong> Funktionalität <strong>der</strong> geplanten<br />

Maßnahmen nachweisen zu können.<br />

8.2.8 Fehlende Kontrolle <strong>der</strong> fertiggestellten Kompensationsmaßnahmen<br />

Es fehlen auch Angaben über die Durchführung und Kontrolle <strong>der</strong> Kompensationsmaßnahmen<br />

Eingriffsregelung und Artenschutzrecht. Es wird lediglich in <strong>der</strong> Unterlage<br />

12, Anlage 1b auf Seite 138 und 139 darauf hingewiesen, dass Erfolgskontrollen <strong>der</strong><br />

vorgezogenen Artenschutzrechtlichen Maßnahmen, <strong>der</strong> Ausgleichsmaßnahmen, sowie<br />

<strong>der</strong> Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen durch Fachgutachter erfolgen sollen. Auch<br />

wird auf den Zeitrahmen für die ökologische Baubegleitung sowie das dazugehörige<br />

Monitoring definiert. Demnach soll die Baubegleitung 3 Jahre vor Baubeginn eingeleitet<br />

werden. Der Bau <strong>der</strong> A 445 wird ca. 5 - 7 Jahre in Anspruch nehmen. Die ökologische<br />

Baubegleitung umfasst demnach einen Zeitraum von 8 - 10 Jahren. Es fehlen jedoch<br />

Aussagen dazu, was geschehen soll, wenn Maßnahmen nicht umgesetzt werden<br />

können o<strong>der</strong> nicht funktionieren. Dieses ist nachzuarbeiten.<br />

8.2.9 Fehlende Pflege und Sicherstellung <strong>der</strong> Kompensationsmaßnahmen<br />

Es fehlen zudem Angaben darüber, wer für Pflegemaßnahmen und wie lange und auf<br />

wessen Kosten verantwortlich ist. Die Pflege <strong>der</strong> Kompensationsmaßnahmen ist von<br />

Bedeutung für die Funktionsfähigkeit <strong>der</strong> Maßnahmen. Insbeson<strong>der</strong>e bei den<br />

Kompensationsmaßnahmen mit relativ hohem Pflege- und Unterhaltungsaufwand, wie<br />

z.B. Wildobstwiesenkomplex (E2VA2), Grünland mit Amphibiengewässern (A4VA8),<br />

Feucht- und Nassgrünland (siehe Maßnahme A5VA9) ist eine beständige (extensive)<br />

Nutzung zu gewährleisten. In <strong>der</strong> Regel sollten sich die Flächen im Eigentum des<br />

Nutzers befinden. Gegebenenfalls sind langfristige Pachtverträge zur rechtlichen<br />

Sicherung <strong>der</strong> Ziele <strong>der</strong> Kompensationsmaßnahmen notwendig. Eine Kontrolle, ob<br />

z.B. die Obstwiesen tatsächlich, so wie im LBP festgelegt, bewirtschaftet werden und<br />

ob bei extensivem Grünland auch tatsächlich keine Düngung erfolgt, ist sicher zu<br />

stellen (siehe z.B. Maßnahme A2VA1, A3VA4).<br />

8.2.10 Nicht nachgewiesene Verfügbarkeit <strong>der</strong> Kompensationsflächen<br />

Notwendig ist zudem <strong>der</strong> Nachweis, dass die Flächen für alle Vermeidungs-,<br />

Min<strong>der</strong>ungs- und Kompensationsmaßnahmen auch tatsächlich und dauerhaft zur<br />

Verfügung stehen. Ansonsten sind die Kompensationsmaßnahmen und damit <strong>der</strong><br />

erfor<strong>der</strong>liche Nachweis nach § 4 bis 6 LG NW, dass die Eingriffe kompensiert<br />

werden können und <strong>der</strong> Zustand von Natur und Landschaft nach Durchführung <strong>der</strong><br />

Baumassnahme wie<strong>der</strong>hergestellt ist, grundsätzlich nicht möglich. Dieses betrifft<br />

auch alle Maßnahmen welche durch das Artenschutzrecht ausgelöst werden.


<strong>Landesbüro</strong> <strong>der</strong> <strong>Naturschutzverbände</strong> <strong>NRW</strong> - 53 -<br />

SO/HAM95-5.91ST<br />

Bezüglich <strong>der</strong> hier dargestellten Problemlage ist eine angemessene Nachbesserung<br />

<strong>der</strong> Planfeststellungsunterlagen erfor<strong>der</strong>lich. Dieses gilt auch für an<strong>der</strong>e Ausgleichs-<br />

bzw. Ersatzmaßnahmen, die einen relativ hohen Pflegeaufwand o<strong>der</strong> einen<br />

beson<strong>der</strong>en Pflegeaufwand erfor<strong>der</strong>n, siehe z.B. Maßnahme A2VA1 als<br />

Kompensation des zugeordneten Konfliktes K 22.<br />

Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Nacharbeitung von Kompensationsmaßnahmen verweise<br />

ich auf die Ergebnisse <strong>der</strong> 9. Fachtagung Eingriff-Ausgleich des<br />

Landschaftsverbandes Rheinland. 25<br />

9. <strong>Naturschutzverbände</strong> for<strong>der</strong>n Aussetzung des Planfeststellungsverfahrens<br />

Fachliche und rechtliche Mängel beim Erlass ELES hat offensichtlich auch die<br />

Landesregierung erkannt. In einer Veröffentlichung in „Natur in <strong>NRW</strong>“ (H. 4/10) heißt<br />

es, „dass zur Zeit Regelungen des Erlasses gemeinsam durch das<br />

Verkehrsministerium und das Umweltministerium überprüft werden. Neben<br />

naturschutzfachlichen Fragen seinen auch rechtliche Fragen zu klären. Der Umfang<br />

<strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungen werde von den Empfehlungen eines dafür zu beauftragenden<br />

Gutachters abhängig gemacht“. Nach <strong>der</strong> Ausschreibung für die fachgutachterliche<br />

Prüfung von ELES sollen Ergebnisse bis zum 31. Juli 2011 vorliegen.<br />

Die <strong>Naturschutzverbände</strong> for<strong>der</strong>n die Aussetzung des Planfeststellungsverfahrens<br />

zum Neubau <strong>der</strong> A 445 zwischen <strong>der</strong> Anschlussstelle Werl-Nord und <strong>der</strong> Anbindung<br />

an die A 2 bei Hamm-Rhynern bis zur Klärung <strong>der</strong> naturschutzfachlichen und<br />

rechtlichen Fragen zur Eingriffsregelung (ELES-Erlass). Eine Fortführung des<br />

Planfeststellungsverfahrens ist aufgrund <strong>der</strong> für den Sommer 2011 zu erwartenden<br />

neuen gutachterlichen Ergebnisse nicht zu rechtfertigen, da eine Anpassung des LBP<br />

dann zwingend erfor<strong>der</strong>lich wird. Auch sollte Erörterung erst nach Klärung <strong>der</strong><br />

strittigen ELES-Regelungen durch das Land und dann auf Grundlage eine<br />

aktualisierten LBP erfolgen. Eine Aussetzung des Verfahrens erspart zudem auch<br />

Verwaltungs- und Planungskosten.<br />

Mit freundlichen Grüssen<br />

Im Auftrag<br />

Mackmann<br />

25 9. Fachtagung Eingriff-Ausgleich – Standortbestimmung zum LBP, Tagungsbericht zur Fachtagung am 21. –<br />

22.10.1999, Landschaftsverband Rheinland, Köln, Selbstverlag des Umweltamtes beim Landschaftsverband<br />

Rheinland Köln 2000 (Strasse, Landschaft, Umwelt Heft 9/2000) siehe insbeson<strong>der</strong>e Seite 89 bis 126

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